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Methoden zur Online-Unterstützung des Vertriebs von komplexen Versicherungsprodukten

©2002 Diplomarbeit 109 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Tatsache, dass Kunden im Kaufprozess von Versicherungsprodukten zunehmend das Internet zur Informationsbeschaffung einsetzen, macht die Notwendigkeit des gezielten Einsatzes dieses Mediums als Vertriebs- bzw. vertriebsunterstützenden Kanal deutlich. Dazu ist im Internet eine kundenindividuelle Informationsbereitstellung notwendig, die dem qualitativen Standard klassischer Vertriebskanäle möglichst nahe kommt. Dies gilt insbesondere für die Unterstützung des Vertriebs von ‚komplexen’ Versicherungsprodukten. Die Informationsbereitstellung sollte dabei an den intellektuellen Fähigkeiten, den Vorkenntnissen sowie am individuellen Kaufverhalten einzelner Kundentypen ausgerichtet sein.
In dieser Arbeit wird aufgezeigt, wie durch den Einsatz geeigneter Methoden und Instrumente im Rahmen des Webauftritts eines Versicherungsunternehmens eine kundenindividuelle Informationsbereitstellung gewährleistet werden kann. Ziel ist dabei die Vertriebsunterstützung durch Unterstützung des Kunden im Entscheidungsprozess.
Inhalt und Aufbau der Arbeit
Ausgehend von drei etablierten wissenschaftlichen Versicherungsproduktkonzepten werden wesentliche Eigenschaften eines Versicherungsproduktes abgeleitet. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Immaterialität von Versicherungsprodukten und die daraus resultierende Erklärungsbedürftigkeit im Kaufprozess. Einen Schwerpunkt in dieser Arbeit stellt die Untersuchung der Faktoren dar, die die Komplexität eines Versicherungsprodukts aus Kundensicht beeinflussen. Hierbei wird dargestellt, dass Komplexität keine Determinante, sondern das Ergebnis individueller Wahrnehmung des Kunden im Kaufprozess ist. Gleichzeitig werden an dieser Stelle verschiedene Ansatzpunkte zur möglichen Komplexitätsreduzierung aufgezeigt. Um Aussagen über das Komplexitätsempfinden einzelner Kundentypen im Kaufprozess treffen zu können, ist eine geeignete Kundentypologie notwendig. Aus diesem Grund werden in dieser Arbeit verschiedene Kundentypologien auf ihre Eignung hin überprüft.
Im Anschluss werden verschiedene, auf einer Versicherungswebsite anwendbare, Methoden und Instrumente vorgestellt, die komplexitätsreduzierend wirken können und somit zur Vertriebsunterstützung beitragen. Dabei wird insbesondere auf die Wirkung dieser Methoden und Instrumente auf ausgewählte Kundentypen eingegangen. Neben generellen Eigenschaften des Internets mit komplexitätsreduzierendem Potenzial werden folgende wichtige […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7000
Heise, Marko: Methoden zur Online-Unterstützung des Vertriebs von komplexen
Versicherungsprodukten
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
Das Potenzial des Internet als Vertriebskanal für "komplexe" Versiche-
rungsprodukte wird immer noch nicht ausgeschöpft.
Hauptursache dafür ist die mangelnde Ausrichtung der Informationsbe-
reitstellung am einzelnen Kunden.
Eine intelligente Gestaltung der Benutzerschnittstelle sowie eine kun-
denindividuelle Informationsbereitstellung, bspw. durch Personalisie-
rung und Visualisierung können den Erfolg des Internet als Vertriebs-
kanal für "komplexe" Versicherungsprodukte maßgeblich steigern.
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wurden Ursachen für die Komplexität eines
Versicherungsproduktes aus Kundensicht untersucht und Methoden und In-
strumente zur Komplexitätsreduzierung aufgezeigt.

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ...I
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis... VI
Abkürzungsverzeichnis ... VII
1
Einleitung...1
1.1
Motivation der Arbeit ...1
1.2
Aufbau der Arbeit...2
1.3
Begriffliche Abgrenzungen und Eingrenzung des
Betrachtungsraumes ...3
1.3.1
Kunde ...3
1.3.2
Kaufverhalten...4
1.3.3
Komplexität...4
1.3.4
Vertrieb...4
1.3.5
Vertriebsunterstützung ...5
1.3.6
Methoden zur Unterstützung des Vertriebs...6
2
Das Versicherungsprodukt...7
2.1
Überblick über Produktkonzepte ...7
2.2
Das produktionstheoretische Konzept ...7
2.3
Das systemorientierte Produktkonzept ...8
2.4
Das Informationskonzept der Versicherung ...9
2.5
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen...9
3
Komplexität von Versicherungsprodukten als Ergebnis
individueller Wahrnehmung ...11
3.1
Vorüberlegungen...11
3.2
Der Kaufprozess aus Kundensicht ...11
3.3
Wahrgenommene Komplexität im Kaufprozess ...15
3.3.1
Komplexitätsbeeinflussende Kundenmerkmale (kognitive
Komplexität)...16

II
3.3.2
Komplexitätsbeeinflussende Umweltmerkmale
(Umweltkomplexität)...17
3.3.2.1
Informationskomplexität...17
3.3.2.1.1
Die quantitativen Faktoren der Informationskomplexität ...18
3.3.2.1.2
Die qualitativen Faktoren der Informationskomplexität ...19
3.3.2.2
Situationskomplexität ...23
3.3.2.2.1
Grad der Eigeninitiative des Versicherungskunden (Involvement)..24
3.3.2.2.2
Erwartungen des Versicherungskunden bezüglich positiver oder
negativer Konsequenzen...26
3.3.2.2.3
Zeitdruck ...26
3.3.2.2.4
Atmosphärische Umfeldeinflüsse...27
3.3.2.2.5
Erfahrungen mit ähnlichen Entscheidungssituationen ...28
3.4
Fazit - Zusammenhang zwischen wahrgenommener Komplexität
und Unsicherheiten im Kaufprozess...28
4
Vertrieb von ,komplexen' Versicherungsprodukten...30
4.1
Funktion des Vertriebs...30
4.2
Vorgehensweise im Vertrieb am Beispiel eines persönlichen
Verkaufsgesprächs ...31
4.3
Fazit - Vertriebsunterstützung durch Komplexitätsreduzierung ...32
5
Kundentypologie als Voraussetzung zur Anwendung
komplexitätsreduzierender Maßnahmen ...34
5.1
Notwendigkeit einer Kundentypologie...34
5.2
Auswahl einer verhaltensrelevanten Kundentypologie...34
5.3
Zuordnung von Verhaltensweisen zu den ausgewählten
Kundentypen ...39
5.4
Probleme bei der Merkmalserhebung ...41
5.5
Persönlichkeitsmerkmale als Indikatoren für Verhaltens- und
Bedürfnismerkmale ...42
5.5.1
Demografische Merkmale ...42
5.5.2
Sozioökonomische Merkmale ...43
5.5.3
Geografische Merkmale ...45
5.5.4
Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen zur Identifizierung
von Lebensphasen ...45
5.6
Zusammenfassung ...46

III
6
Komplexitätsreduzierende Maßnahmen zur Online-Unterstützung
des Vertriebs von komplexen Versicherungsprodukten...47
6.1
Eigenschaften des Internet mit komplexitätsreduzierendem
Potenzial ...47
6.2
Ausgewählte Maßnahmen / Mechanismen zur
Komplexitätsreduzierung im Internet...49
6.2.1
Die Gestaltung der Benutzerschnittstelle ...49
6.2.1.1
Navigation...50
6.2.1.2
Interaktion...52
6.2.1.3
Informationspräsentation...57
6.2.1.4
Konsistenz ...58
6.2.1.5
Zusammenfassung ...59
6.2.2
Personalisierung ...60
6.2.2.1
Personalisierung als Voraussetzung zur individuellen
Kundenansprache ...60
6.2.2.2
Kunden-Profiling als Voraussetzung zur Personalisierung
60
6.2.2.3
Grad der Personalisierung ...61
6.2.2.4
Reduzierung der Situationskomplexität durch anonyme
Kundenprofile ...63
6.2.2.5
Reduzierung des Zeitdrucks durch Kundenprofile ...65
6.2.2.6
Reduzierung der Informationskomplexität durch
Entscheidungsunterstützung auf Basis von Kundenprofilen...65
6.2.3
Beratungsmodule...67
6.2.3.1
Einsatz von Beratungsmodulen ...67
6.2.3.2
Konzept eines Beratungsmoduls ...68
6.2.3.2.1
Situationsbefragung ...69
6.2.3.2.2
Problemdialog ...70
6.2.3.2.3
Bedarf-Produkt-Matching ...74
6.2.3.2.4
Produktpräsentation ...74
6.2.3.2.5
Abschluss...75
6.2.4
Virtuelle personifizierte Versicherungsberater ...76
6.3
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen...79

IV
7
Ansatzpunkte für die Integration der beschriebenen Maßnahmen in
das unternehmerische Gesamtkonzept...81
7.1
Einordnung in den Dienstleistungsprozess ...81
7.2
Einordnung in den Marketing-Mix...82
7.3
Komplexitätsrelevante Gestaltungsfragen im Marketing-Mix...83
7.3.1
Produktpolitik...83
7.3.2
Preispolitik...84
7.3.3
Kommunikationspolitik ...85
7.3.4
Distributionspolitik...85
8
Zusammenfassung und Ausblick ...87
Anhang... VIII
Literaturverzeichnis ... IX
Verzeichnis der Internetquellen ...XV

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Der Kaufprozess...11
Abbildung 2: Ursachen für die empfundene Komplexität im Kaufprozess ...15
Abbildung 3: Neuartigkeit von Informationen ...22
Abbildung 4: Zusammenhang zwischen wahrgenommener Komplexität
und Unsicherheiten im Kaufprozess...29
Abbildung 5: Verkaufsgespräch ...31
Abbildung 6: Risikohandhabungsstrategien im Entscheidungsprozess ...39
Abbildung 7 : Knowledge Segmentation...51
Abbildung 8: Klassifizierung von Interaktionsformen...52
Abbildung 9: Die interaktive Demonstration einer Rentenversicherung ...55
Abbildung 10.: Stufen der personalisierten Ansprache im Internet ...61
Abbildung 11: Rückkopplungsschleife bei der Erstellung von
Kundenprofilen...63
Abbildung 12: Konzept eines Beratungsmoduls ...68
Abbildung 13: vereinfachter Zyklus des Fallbasierten Schließens ...70
Abbildung 14: Navigationskonzept für den Problemdialog ...73
Abbildung 15: Bedarf-Produkt-Matching ...74
Abbildung 16: Virtueller Verischerungsberater ...78
Abbildung 17: Shared Browsing ...79
Abbildung 18: Gegenüberstellung von Kauf- und Dienstleistungsprozess ...81
Abbildung 19: Sreenshot visuelle interaktive Rentensimulation... VIII
Abbildung 20: Screenshot visuelles Beratungsmodul ... VIII

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Informationsbereitstellung in Abhängigkeit vom Involvement...25
Tabelle 2: Com-Acting-Typen...35
Tabelle 3: Kundentypen nach intellektuellen und
Beschaffungsverhaltensmerkmalen ...36
Tabelle 4: Vorgehensweisen eines Beratungsmoduls in Abhängigkeit von
Kundentypen ...72

VII
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
Abb.
Abbildung
AG
Aktiengesellschaft
Aufl.
Auflage
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
f.
folgende
ff.
fortfolgende
hrsg.
herausgegeben
Hrsg.
Herausgeber
Kap.
Kapitel
Kfz-Haftpflicht
Kraftfahrzeug-Haftpflicht
MEZ
mitteleuropäische Zeit
o.A.
ohne Angaben
S.
Seite
u.a.
und andere
URL
uniform resource locator
vgl.
vergleiche
VVG
Versicherungsvertragsgesetz
VW
Versicherungswirtschaft
z.B.
zum Beispiel
ZVersWiss
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

1
1 Einleitung
1.1 Motivation der Arbeit
Obwohl sich anfängliche Erwartungen in den Vertrieb von Versicherungspro-
dukten über das Internet nicht erfüllt haben, kann das Potenzial dieses Medi-
ums zumindest als vertriebsunterstützender Kanal nicht von der Hand gewie-
sen werden. Dafür spricht sowohl die steigende Anzahl der Internetnutzer,
als auch die Tatsache, dass Kunden im Bezug auf Versicherungen immer
selbständiger werden und aktiv Informationen einholen.
1,
2
Gleichzeitig wird es aufgrund der kontinuierlich ansteigenden Informations-
menge für den Kunden immer schwieriger, die für ihn relevanten Informatio-
nen zu finden.
3
Verursacht wird diese Informationsflut beispielsweise durch die aus der De-
regulierung resultierende Vielfalt an Versicherungsprodukten und -tarifen.
Diese Vielfalt wird durch das zunehmende Angebot an Alternativprodukten
branchenfremder Unternehmen
4
noch erhöht und verursacht beim Kunden
ein Bedürfnis nach einer strukturierten und individuell angepassten Informati-
onsbereitstellung.
5
Hierin besteht eine zentrale Aufgabe von
Versicherungsvermittlern.
Da Kunden im Kaufprozess zunehmend das Internet zur Informationsbe-
schaffung einsetzen
6
, wird die Notwendigkeit der gezielten Nutzung dieses
Mediums als vertriebsunterstützenden Kanal deutlich. Dazu ist im Internet
eine kundenindividuelle Informationsbereitstellung notwendig, die dem quali-
tativen Standard klassischer Vertriebskanäle möglichst nahe kommt.
Dies gilt insbesondere für die Unterstützung des Vertriebs von ,komplexen'
Versicherungsprodukten. Die Informationsbereitstellung sollte dabei an den
voneinander abweichenden intellektuellen Fähigkeiten, den Vorkenntnissen
1
vgl. Erdmann, G.: Individuelle Risikovorsorgeberatung, Wiesbaden 1999, S. 1
2
vgl. Leidigkeit, W. A.: Internetpräsenz wichtiger denn je, URL:
http://www.versicherungsjournal.de/mehr_fs.asp?Nummer=2179&archiv=ja
,
Stand 11.01.2002, Abruf: 11.01.2002, MEZ 12.15 Uhr
3
Probst, G. / Raub, S. / Romhardt, K.: Wissen managen, 3. Aufl., Wiesbaden 1999, S. 24
4
vgl. Köhne, T. / Koch, G.: Die Virtuelle Versicherung ­ ein Phänomen zwischen Organisati-
onsform, Electronic Commerce und Virtueller Realität, in: Versicherungswirtschaft,
(54) 1999, S. 1820
5
vgl. Erdmann, G.: Individuelle Risikovorsorgeberatung, a.a.O., S. 17
6
vgl. NFO Infratest (Hrsg.): Europa im Internet, URL:
http://www.ecommerce-
trends.de/0143_04.htm
, Stand: 25.10.2001, Abruf: 14.03.2002, MEZ: 17.21 Uhr

2
sowie am individuellen Kaufverhalten einzelner Kundentypen ausgerichtet
sein.
Diesem Aspekt werden viele Webauftritte von Versicherungsunterne hmen
zur Zeit nicht gerecht.
7
In dieser Arbeit wird aufgezeigt, wie durch den Einsatz geeigneter Online-
Methoden im Rahmen des Webauftritts eines Versicherungsunternehmens
eine kundenindividuelle Informationsbereitstellung gewährleistet werden
kann. Ziel ist dabei die Vertriebsunterstützung durch Unterstützung des Kun-
den im Entscheidungsprozess.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach einem einleitenden Überblick über die aktuelle Marktsituation we rden
im zweiten Kapitel verschiedene wissenschaftliche Versicherungsproduk t-
konzepte vorgestellt und daraus wesentliche Eigenschaften eines Versiche-
rungsproduktes abgeleitet. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zu-
sammenhang die Immaterialität von Versicherungsprodukten und die daraus
resultierende Erklärungsbedür ftigkeit.
Im dritten Kapitel wird untersucht, welche Faktoren die Komplexität eines
Versicherungsprodukts beeinflussen. Dabei wird dargestellt, dass Komplexi-
tät keine Determinante, sondern das Ergebnis individueller Wahrnehmung
des Kunden im Kaufprozess ist. Diese Wahrnehmung wird durch seine inte l-
lektuellen Fähigkeiten und Umweltfaktoren beeinflusst. An dieser Stelle wird
verdeutlicht, dass die Voraussetzung für eine Vertriebsunterstützung eine
ausreichende Reduzierung dieser empfundenen Komplexität ist.
Im vierten Kapitel werden verschiedene Vertriebskanäle dargestellt. Insbe-
sondere wird auf die Bedeutung des persönlichen Beratungsgespräches für
eine kundenindividuelle Komplexitätsreduzierung eingegangen.
7
vgl. CSC Ploenzke AG (Hrsg.):
Unterschiede im Internetauftritt von Versicherungen,
URL:
http://www.cscploenzke.de/de/press/20020129_internetauftritt_versicherungen/index.cfm
,
Stand: 22.01.2002, Abruf: 03.02.2002, MEZ 22.30 Uhr

3
Durch die Anwendung geeigneter Methoden im Rahmen des Webauftritts
eines Versicherungsunternehmens ist eine solche kundenindividuelle Kom-
plexitätsreduzierung auch im Internet möglich. Voraussetzung dafür ist eine
Kundentypologie, die Aussagen über das individuelle Komplexitätsempfinden
eines Kunden im Kaufprozess zulässt.
Die Auswahl einer geeigneten Kundentypologie erfolgt in Kapitel 5.
Im Anschluss daran werden im Kapitel 6 verschiedene, auf einer Versiche-
rungswebsite anwendbare, Maßnahmen und Mechanismen vorgestellt, die
komplexitätsreduzierend wirken können und somit zur Vertriebsunterstützung
beitragen. Dabei wird insbesondere auf die Wirkung dieser Maßnahmen und
Mechanismen auf die definierten Kundentypen eingegangen.
Um den Erfolg dieser vertriebsunterstützenden Maßnahmen sicherzustellen,
müssen bestimmte Rahmenbedingungen im Unternehmen erfüllt werden. Auf
diese wird ansatzweise im Kapitel 7 eingegangen.
Das abschließende Kapitel 8 fasst die wichtigsten Maßnahmen und Mecha-
nismen zur Komplexitätsreduzierung noch einmal zusammen und gibt einen
Ausblick in die Zukunft des Internets als Vertriebskanal ,komplexer Versiche-
rungsprodukte.
1.3 Begriffliche Abgrenzungen und Eingrenzung des Betrachtungs-
raumes
1.3.1 Kunde
Grundsätzlich ist der Begriff ,,Kunde" durch eine bestehende Geschäftsbe-
ziehung zu einem Unternehmen definiert.
8
Davon abzugrenzen sind pote n-
zielle Kunden bzw. Interessenten.
Im Versicherungsgeschäft unterscheidet man weiterhin zwischen Neukunden
und Bestandskunden, wobei diese wiederum Bestandskunden im Neuge-
schäft oder Bestandskunden im Erweiterungsgeschäft sein können.
9
8
vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, Karlsruhe 1995, S. 85
9
vgl. Mertens, M.: Kundentypologien im Versicherungsgeschäft mit Privatkunden, Bergisch
Gladbach / Köln 1992, S. 60 f.

4
Die in dieser Diplomarbeit dargestellten Zusammenhänge gelten für Neu-
und Bestandskunden gleichermaßen und machen somit eine solche Unter-
scheidung nicht zwingend erforderlich. Aus diesem Grund und aus Gründen
der Verständlichkeit wird deshalb der Begriff ,,Kunde" oder ,,Versicherungs-
kunde" synonym für alle oben genannten Begriffe verwendet.
Sollte einen genaue Unterscheidung der Begriffe erforderlich sein, wird diese
an den betreffenden Stellen explizit vorgenommen.
1.3.2 Kaufverhalten
Das Kaufverhalten beschreibt das Informationsbeschaffungs- und
-verarbeitungsverhalten eines Kunden im Kaufprozess und wird durch kogni-
tive Fähigkeiten beeinflusst. In diesem Zusammenhang werden auch die
Begriffe ,,Entscheidungsprozess" und ,,Entscheidungsverhalten" gebraucht,
weil am Ende eines Kaufprozesses in der Regel einen Entscheidung steht.
(siehe Kapitel 3.2)
1.3.3 Komplexität
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird aufgezeigt, dass Komplexität keine ab-
solute Größe ist, sondern das Ergebnis individueller Wahrnehmung des Kun-
den im Kaufprozess. Sie wird von seinen intellektuellen Fähigkeiten und vo r-
handenen Umweltfaktoren beeinflusst und ist damit für jeden Kunden unter-
schiedlich. (siehe Kapitel 3)
Damit wird ersichtlich, dass die Bezeichnung ,,komplexes Versicherungspro-
dukt" nicht eindeutig ist. Um auf diesen Sachverhalt hinzuweisen und aus
Vereinfachungsgründen wird im Folgenden der Begriff ,komplex' in Anfüh-
rungszeichen gesetzt, wenn er in Verbindung mit dem Begriff ,,Versiche-
rungsprodukt" gebraucht wird.
1.3.4 Vertrieb
Laut Farny kann der Vertrieb als ,,... Verwertung der im Versicherungsunter-
nehmen erstellten Leistungen in Form von Versicherungsschutz am Absatz-

5
markt"
10
verstanden werden. Gleichbedeutende Bezeichnungen für den Ver-
trieb sind auch Absatz oder Verkauf.
11
,Komplexe' Versicherungsprodukte können über verschiedene Kanäle ver-
trieben werden. Hier seien insbesondere die indirekten Vertriebskanäle wie
der persönliche Vertrieb über Ausschließlichkeitsvermittler, Versicherungs-
makler und Banken sowie der Direktvertrieb über firmeneigene Call-Center
und firmeneigene Websites erwähnt.
12
1.3.5 Vertriebsunterstützung
Vertriebsunterstützung
13
umfasst nach Farny alle Maßnahmen, besonders
kommunikativer Art, die den Vertrieb von Versicherungsprodukten fördern.
14
Im Sinne dieser Arbeit wird die Definition folgendermaßen konkretisiert:
Vertriebsunterstützung umfasst alle Maßnahmen bis zum Zeitpunkt der
Kaufentscheidung, die zu einer Reduzierung der wahrgenommenen Komple-
xität im Kaufprozess führen.
Da Kunden sowo hl direkt angesprochen werden können als auch indirekt
über Versicherungsvermittler, unterscheidet man bei der Vertriebsunterstüt-
zung zwischen Maßnahmen, die direkt auf den Kunden ausgerichtet sind und
solchen, die auf den Vermittler gerichtet sind.
Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit werden ausschließlich kun-
denbezogene Maßna hmen zur Vertriebsunterstützung betrachtet.
Des weiteren wird aufgrund der Themenstellung dieser Arbeit eine Fokussie-
rung auf die Online-Unterstützung des Vertriebs vorgenommen. Der Begriff
,,Online" deutet in diesem Zusammenhang auf eine mittels Telekommunikati-
onsnetzwerk hergestellte Verbindung zu einem System, womit ein Datenaus-
tausch in Echtzeit verbunden ist.
15
10
Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S. 573
11
vgl. ebenda, S. 573
12
vgl. ebenda, S. 622 ff.
13
Farny spricht in diesem Zusammenhang auch von Absatzförderung.
vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S. 573 und 618
14
vgl. ebenda, S. 618
15
vgl. o.V.: Online Datenaustausch zwischen Bund und Kantonen - Untersuchungsbericht
der Verwaltungskontrolle des Bundesrates der Schweiz,
URL:
http://www.admin.ch/ch/d/vkb/berichte/29/29ubd-13.html
,
Stand: 1997, Abruf: 23.02.2002, MEZ: 19.33 Uhr

6
Das Internet, als ein offener Netzwerkverbund zwischen Computern auf der
Basis des Netzwerkprotokolls TCP/IP weist die zentralen Merkmalen des
Begriffs ,,online" auf. Es basiert auf einem Telekommunikationsnetzwerk, das
verschiedene Systeme (Computer) miteinander verbindet und so den Date n-
transfer in Echtzeit ermöglicht.
16
In der Praxis ist häufig ein synonymer Gebrauch der Begriffe ,,online" und ,,im
Internet" zu beobachten.
Zur Eingrenzung der Thematik und um dem sprachlichen Gebrauch des Be-
griffs ,,online" gerecht zu werden, werden unter Online-Unterstützung des
Vertriebs alle Maßnahmen verstanden, die im Internet durchgeführt werden
können. Dabei wird insbesondere auf Gestaltungsfragen des Webauftritts
eines Versicherungsunternehmens fokussiert, weil die Website die Schnitt-
stelle zum Kunden darstellt.
1.3.6 Methoden zur Unterstützung des Vertriebs
Ziel dieser Arbeit ist es, Methoden zur Online-Unterstützung des Vertriebs
von ,komplexen' Versicherungsprodukten aufzuzeigen.
Unter dem Begriff ,,Methode" werden Wege, Verfahren und Vorgehensweisen
zur Erreichung eines definierten Zieles subsumiert.
17
Im Sinne dieser Arbeit beschreibt der Begriff ,,Methode" den Einsatz und die
Kombination bestimmter Maßnahmen, Mechanismen und Instrumente zur
Reduzierung der Komplexität im Kaufprozess.
16
vgl. Deutsch, M.: Electronic Commerce, 2. Aufl., Braunschweig / Wiesbaden 1999,
S. 17 ff.
17
vgl. o.V.: Stichwortverzeichnis Enzyklopädie,
URL:
http://encarta.msn.de/find/search.asp?search=methode&x=21&y=10
,
Stand: o.A., Abruf: 22.01.2002, MEZ: 14.33 Uhr

7
2 Das Versicherungsprodukt
2.1 Überblick über Produktkonzepte
Um sich mit der Problematik des Online-Vertriebs von ,komplexen' Versiche-
rungsprodukten auseinander setzen zu können, ist im Vorfeld zu klären, was
ein Versicherungsprodukt generell auszeichnet und wodurch die Komplexität
bei speziellen Ausprägungen von Versicherungsprodukten zu Stande kommt.
Dazu werden in einem ersten Schritt wissenschaftliche Ansätze zur generel-
len Beschreibung eines Versicherungsproduktes vorgestellt.
In der Versicherungsbetriebslehre, die überwiegend durch Ableitungen der
allgemeinen Betriebswirtschaftslehre entwickelt wurde
18
, haben sich drei Ba-
siskonzepte zur wissenschaftlichen Beschreibung des Versicherungsproduk-
tes etabliert:
1. das produktionstheoretische Konzept,
2. das systemorientierte Produktkonzept und
3. das Informationskonzept der Versicherung.
19
2.2 Das produktionstheoretische Konzept
Im produktionstheoretischen Konzept wird davon ausgegangen, dass Versi-
cherungsschutz durch den Einsatz und die Kombination spezieller Produkti-
onsfaktoren hergestellt wird.
20
Das Versicherungsprodukt als solches wird
durch die Bestandteile Risikogeschäft, Spar- / Entspargeschäft (optional) und
Dienstleistungsgeschäft determiniert.
21
Das Risikogeschäft bildet dabei den Kern des Versicherungsproduktes und
umfasst den Transfer individueller Risiken vom Versicherungsnehmer zum
Versicherer gegen Zahlung einer Prämie.
22
Spezielle Versicherungsformen, insbesondere in der Lebens - und Kranken-
versicherung, sind mit Spar- / Entspargeschäften
23
verbunden.
24
18
Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S. 2
19
vgl. ebenda, S. 2 ff.
20
vgl. Haller, M.: Produkt- und Sortimentsgestaltung, in: Handwörterbuch der Versicherung
HdV, hrsg. von Farny, D. u.a., Karlsruhe 1988, S. 561
21
vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S. 14
22
vgl. ebenda, S. 25

8
Das Dienstleistungsgeschäft umrahmt die genannten Bestandteile eines Ver-
sicherungsproduktes und operationalisiert diese.
Generell wird das Versicherungsprodukt im produktionstheoretischen Kon-
zept als ein reales immaterielles Wirtschaftsgut betrachtet, das auf perma-
nenten Produktionsprozessen basiert. Die Produktwahrnehmung des Kunden
umfasst vor allem die Absatz- und Serviceleistungen sowie die Bearbeitung
von Versicherungsverträgen und -fällen.
25
2.3 Das systemorientierte Produktkonzept
Dem systemorientierten Produktkonzept liegt die Betrachtung des Versiche-
rungsunternehmens als ein offenes System zu Grunde. Aus internen und
externen Einflüssen resultieren kontinuierliche Anpassungen des Versiche-
rungsunternehmens und seiner Marktleistungen, die durch die Produktpolitik
gesteuert werden. Grundlage der Produktpolitik ist dabei die Beschreibung
des Versicherungsproduktes durch drei aufeinander aufbaue nde Ebenen.
Die erste Ebene stellt das Kernprodukt dar und wird als eigentlicher Versi-
cherungsschutz (inkl. Spar- / Entspargeschäften) verstanden. Der Versiche-
rungsschutz wird hierbei als die Versicherungsdeckung im Schadensfall (ma-
terielle Komponente) und ein dadurch entstehendes inneres Sicherheitsge-
fühl beim Versicherungsnehmer (immaterielle Komponente) charakterisiert.
In der zweiten Ebene wird untersucht, welc he Leistungen des Versicherers
die Bedürfnisse des Kunden erfüllen können und welche Kombinationen aus
Versicherungsschutz und Dienstleistungen dafür geeignet sind. Da sich diese
Problemlösung ausschließlich auf das Kernprodukt ,,Versicherungsschutz"
bezieht, wird sie als Kern-Marktleistung bezeichnet.
Die dritte Ebene erweitert die Kern-Marktleistung um zusätzliche Leistungs-
funktionen durch die Kombination mit verschiedenartigen Produkten und
23
Ein Spar- / Entspargeschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass in der Gesamtprämie neben
der reinen Risikoprämie ein Sparanteil enthalten ist, der zur Bildung einer Alterungsrückstel-
lung verwendet wird. In späteren Lebensjahren wird diese Altersrückstellung wieder aufge-
löst. Dadurch ist es möglich, die Gesamtprämie trotz steigender Risikoprämie konstant zu
halten.
siehe hierzu: Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S. 41 f.
24
vgl. ebenda, S.16
25
vgl. Haller, M.: Produkt- und Sortimentsgestaltung, a.a.O., S. 561

9
Dienstleistungen. Hierbei geht es um eine umfassende Befriedigung der
Kundenbedürfnisse.
26
2.4 Das Informationskonzept der Versicherung
Das Informationskonzept interpretiert das Versicherungsprodukt auf eine
Weise, die sich von den oben genannten Ansätzen unterscheidet. Aus-
gangspunkt ist die Informationsökonomik, die eine asymmetrische Informati-
onsverteilung bei den Marktparteien zu Grunde legt.
Versicherungsschutz wird in diesem Zusammenhang als ein Informations-
produkt angesehen. Demnach gibt der Versicherer dem Versicherungsne h-
mer die sichere Information über den Erhalt eines spezifischen Zustandes
seiner Wirtschaftslage. Beim Versicherungsnehmer wird damit die Unsicher-
heit über die Auswirkungen von zukünftigen Ereignissen auf versicherte Ob-
jekte reduziert. Selbstverständlich können zukünftige Schadenfälle nicht aus-
geschlossen werden. Jedoch verpflichtet sich der Versicherer, durch die ab-
gegebene Zustandsgarantie, Vermögensverluste, die durch den Eintritt eines
Schadens entstehen, auszugleichen.
27
Das Informationsdefizit über zukünfti-
ge wirtschaftliche Zustände wird dadurch beim Versicherungsnehmer redu-
ziert.
2.5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die obengenannten wissenschaftlichen Ansätzen weisen einige Gemein-
samkeiten im Hinblick auf Besonderheiten von Versicherungsprodukten auf.
Sie betrachten das eigentliche Versicherungsprodukt grundsätzlich als ein
immaterielles Wirtschaftsgut, das faktisch ein weitgehend juristisches Gebil-
de ist. Die Grundlage dafür bilden die gesetzlichen Bestimmungen des Ver-
sicherungsvertragsgesetzes (VVG) und die vertraglichen Vereinbarungen der
Versicherungsbedingungen.
28
26
vgl. Haller, M.: Produkt- und Sortimentsgestaltung, a.a.O., S. 562
27
vgl. Köhne, T.: Zur Konzeption des Versicherungsproduktes ­ neue Anforderungen in
einem deregulierten Markt, in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft,
Heft 1 / 2 1998, S. 161
28
vgl. Mertens, M.: Kundentypologie im Versicherungsgeschäft, a.a.O., S. 35

10
Da Versicherungsprodukte, bis auf das Trägermedium, keine physische Sub-
stanz haben, können sie dementsprechend nur bedingt sinnlich wahrge-
nommen werden. Sie müssen vielmehr intellektuell durch Verstehen erfasst
werden. Des weiteren ist der Nutzen eines Versicherungsproduktes für den
Versicherungskunden, aufgrund seiner Zukunftsorientierung und der daraus
resultierenden Zufälligkeit, nur schwer zu bewerten.
Um schon im Vorfeld die Notwendigkeit eines solchen Sicherungsinstrumen-
tes zu erkennen, muss der Versicherungskunde seine wirtschaftliche Risiko-
situation rational einschätzen können. Der Mehrheit der Bevölkerung ist dies,
aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren und Umweltbedingungen, objektiv
nur teilweise möglich. Erschwerend kommt die meist komplizierte Gestaltung
und Beschreibung der Versicherungsprodukte in den oben genannten Ver-
tragsbedingungen hinzu. An dieser Stelle wird der Erklärungs- und Bera-
tungsbedarf erkennbar.
29, 30
In der Praxis wird, insbesondere aus Kundensicht, oftmals zwischen einfa-
chen Versicherungsprodukten (z.B. eine Reisekrankenversicherung) und
komplexen Versicherungsprodukten (z.B. eine Rentenversicherung) unter-
schieden. Festgemacht wird eine solche Einordnung meist an einer mehr
oder weniger großen Anzahl von Produktmerkmalen, die einen geringeren
oder höheren Kommunikationsaufwand zwischen Versicherer und Versiche-
rungsnehmer erfordern. Eine genaue Zuordnung einzelner Versicherungs-
produktformen kann auf dieser Basis jedoch nicht vorgenommen werden.
Komplexität ist keine Determinante, sondern eine individuell wahrgenomme-
ne Empfindung.
31
Speziell im Kaufprozess variiert das Komplexitätsempfin-
den stark zwischen einzelnen Kundentypen und beeinflusst damit das Ver-
ständnis bezüglich Nutzen und Verwendung eines Versicherungsproduk-
tes.
32
Im Folgenden werden Ansatzpunkte zu Erklärung dieses individuell
variierenden Komplexitätsempfindens aufgezeigt.
29
vgl. Mertens, M.: Kundentypologie im Versicherungsgeschäft, a.a.O., S. 30
30
vgl. Farny, D.: Versicherungsbetriebslehre, a.a.O., S.15
31
vgl. Bosselmann, E.H.: Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
Frankfurt a. M. 1993, S. 39 f.
32
vgl. Reither, F.: Komplexitätsmanagement ­ Denken und Handeln in komplexen Situatio-
nen, München 1997, S. 11

11
3 Komplexität von Versicherungsprodukten als Ergebnis
individueller Wahrnehmung
3.1 Vorüberlegungen
Um die im Kaufprozess wahrgenommene Komplexität untersuchen zu kön-
nen, ist der schematische Ablauf eines Kaufprozesses zu betrachten. Dazu
ist im Vorfeld zu klären, welche Bedeutung Informationen im Kaufprozess
haben.
Informationen können auch als beseitigte Unsicherheiten verstanden werden
bzw. entstehen Unsicherheiten durch fehlende Informationen.
33
Ein Versiche-
rungskunde befindet sich demnach in einer Unsicherheitssituation, wenn er
im Entscheidungsprozess unvollständig über relevante Produktmerkmale und
Umweltfaktoren informiert ist. Werden Entscheidungen unter Unsicherheit
getroffen, entsteht für den Versicherungskunden eine Risikosituation, da er
mögliche Konsequenzen der Kaufentscheidung nicht ausreichend einschät-
zen kann.
34
3.2 Der Kaufprozess aus Kundensicht
Der Kaufprozess eines ,komplexen' Versicherungsproduktes beschränkt sich
nicht auf die eigentliche Kaufentscheidung, sondern besteht aus vor- und
nachgelagerten Einzelprozessen. (siehe Abbildung 1)
Abbildung 1: Der Kaufprozess
(Quelle: Kotler, P. / Bliemel, F.: Marketing Management, 8. Aufl., Stuttgart 1995, S. 309)
33
vgl. Goldammer, G.: Informatik für Wirtschaft und Verwaltung, 1. Auflg., Wiesbaden 1994,
S.13
34
vgl. Bosselmann, E.H.: Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
a.a.O., S. 9
Verhalten
nach dem
Kauf
Bedürfniser-
kennung
Informati-
onssuche
und -
verarbeitung
Bewertung
von Alterna-
tiven
Kaufent-
scheidung

12
1. Bedürfniserkennung:
Zu Beginn eines Kaufprozesses steht die Bedürfniserkennung, indem der
Kunde einen Mangel in seiner momentanen Situation verspürt. Im Zusam-
menhang mit Versicherungsprodukten äußert sich dieses Bedürfnis meist in
einem mangelnden Sicherheitsgefühl.
35
Gründe für das Entstehen eines Ab-
sicherungsbedürfnisses können bspw. die Marketingaktivitäten eines Versi-
cherungsunternehmens oder rechtliche Vorgaben (z.B. die Kfz-Haftpflicht)
sein. Auch die Veränderung der aktuellen Lebensphase, die bspw. durch den
Eintritt in das Berufsleben hervorgerufen wird, kann zu einer Veränderung
der Risikosituation und damit zu einem veränderten Absicherungsbedürfnis
führen. Berichterstattungen in den Medien verursachen zusätzlich eine Risi-
kosensibilisierung der Bevölkerung.
36
Das gesteigerte Sicherheitsbedürfnis
äußert sich in einer erhöhten Nachfrage nach Versicherungsschutz und - in
diesem Zusammenhang - nach bedarfsgerechter Informationsbereitste l-
lung.
37
2. Informationssuche und -verarbeitung:
Durch eine mehr oder weniger gezielte Informationssuche und -verarbeitung
versucht der Versicherungskunde im nächsten Schritt, Lösungen für die Be-
friedigung eines bestehenden Bedürfnisses zu finden. An dieser Stelle kon-
kretisiert sich das Bedürfnis zu einem speziellen Bedarf.
Umfang und Art der einbezogenen Informationen hängen dabei stark vom
Kaufverhalten des jeweiligen Kunden und den entstehenden Suchkosten
ab.
38
Eine individuelle Präsentationsform und möglichst geringe Suchkosten
der Informationen führen tendenziell dazu, dass mehr Informationen in den
Entscheidungsprozess einbezogen we rden.
39
35
Nach Maslow sind menschliche Bedürfnisse hierarchisch strukturiert, wobei den Hierar-
chieebenen verschiedene Prioritäten hinsichtlich der Bedürfniserfüllung zugeordnet werden.
In der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit werden physiologische, Sicherheits- und soziale Bedürf-
nisse sowie Anerkennungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnisse unterschieden.
siehe hierzu: Kotler, P. / Bliemel, F.: Marketing Management, 8. Aufl., Stuttgart 1995,
S. 297 f.
36
vgl. Erdmann, G.: Individuelle Risikovorsorgeberatung, Wiesbaden 1999, S. 3
37
vgl. ebenda, S. 3
38
vgl. Tölle, K.: Das Informationsverhalten der Konsumenten, Frankfurt a.M. 1983, S. 110 f.
39
vgl. Kroeber-Riel, W.: Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992,
S. 262

13
Für die Kaufentscheidung bezüglich eines Versicherungsproduktes werden
meist Informationen über den Produktnutzen, den Preis und die Qualität he-
rangezogen.
40
Werden diese Informationen ungenügend oder in ungeeigne-
ter Weise angeboten, kann das Risikoempfinden des Versicherungskunden
im Kaufprozess nicht reduziert werden. In solchen Fällen wird es nicht zum
Vertragsabschluss kommen.
41
Das Engagement (siehe auch Kapitel 3.3.2.2.1), mit dem sich der Versiche-
rungskunde dem Kaufprozess widmet, wirkt sich ebenfalls auf die Intensität
der Informationsaufnahme aus. Steigende Kundenbeteiligung erhöht auch
das Niveau von Informationssuche und -verarbeitung.
42
3. Bewertung von Alternativen:
Die zur Verfügung stehenden Informationen werden vom Versicherungskun-
den permanent auf ihre Entscheidungsrelevanz hin überprüft. Da die
menschliche Informationsverarbeitungskapazität eingeschränkt ist,
43
redu-
ziert der Versicherungskunde die Informationen auf eine Menge, die das
empfundene Entscheidungsrisiko ausreichend minimiert.
44
In den meisten
Fällen werden die Informationen auf die oben genannten Merkmale Produk t-
nutzen, Qualität und Preis beschränkt.
45
Anhand dieser Kriterien werden
mögliche Alternativen gewählt und bewertet. Welche Produktmerkmale vor-
rangig kaufentscheidend sind, hängt dabei stark vom Kundentypen und des-
sen Lebenssituation ab.
4. Kaufentscheidung und Verhalten nach dem Kauf:
Die endgültige Entscheidung über den Kauf basiert letztendlich auf der Beur-
teilung der Produkteignung zur Bedürfnisbefriedigung, des Preis-Leistungs-
Verhältnisses und der noch bestehenden Risikoempfindung. Die Stärke des
empfundenen Risikos hängt wesentlich davon ab, inwieweit die Unsicherhei-
ten, die vor der Informationssuche und -verarbeitung bestanden haben, re-
40
vgl. Bosselmann, E.H., Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
a.a.O., S. 157 f.
41
vgl. ebenda, S. 8 f.
42
vgl. Kroeber-Riel, W.: Konsumentenverhalten, a.a.O., S. 89
43
vgl. Reither, F.: Komplexitätsmanagement, a.a.O., S. 14
44
vgl. Kotler, P. / Bliemel, F.: Marketing-Management, a.a.O., S. 311 f.
45
vgl. Bosselmann, E.H.: Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
a.a.O., S. 157

14
duziert wurden.
46
Hat der Versicherungskunde sich für den Kauf des Produk-
tes entschieden, folgt die letzte Phase des Kaufprozesses ­ das Verhalten
nach dem Kauf.
47
Hier stellt sich beim Versicherungskunden ein Maß an Zu-
friedenheit oder Enttäuschung (kognitive Dissonanz) ein, das davon abhängt,
inwieweit das Produkt den Erwartungen des Kunden gerecht wurde.
48
Beim
Versicherungsprodukt besteht die Besonderheit, dass es dem Versiche-
rungskunden direkt nach dem Vertragsabschluss nicht abschließend möglich
ist, die Qualität des Produktes zu beurteilen, da diese sich auch über die
Qualität der Schadenbearbeitung definiert.
49
Innerhalb der ersten Phasen des Kaufprozesses bis zum Zeitpunkt der Kauf-
entscheidung entsteht für den Versicherungskunden ein mehr oder weniger
stark ausgeprägtes Komplexitätsempfinden bezüglich der Entscheidungssi-
tuation.
50
Dieses Komplexitätsempfinden wird dabei auch durch die Intensi-
tät, mit der die einzelnen Phasen durchlaufen werden, beeinflusst. Die Inte n-
sität kann dabei in Abhängigkeit vom Preis eines Versicherungsproduktes
variieren. Das bedeutet, dass die Höhe des Preises den Aufwand des Kun-
den innerhalb der einzelnen Phasen des Kaufprozesses bestimmen kann.
Insbesondere die Phase ,,Informationssuche und ­verarbeitung" kann bei
geringen relativen Produktpreisen
51
verkürzt sein, weil der Aufwand im Ver-
hältnis zum Preis subjektiv nicht gerechtfertigt ist. Demzufolge wird eine
Auseinandersetzung des Kunden mit einer möglicherweise komplexen Prob-
lemstellung umgangen.
52
Zur Präzisierung des Begriffs Komplexität muss im Folgenden der Frage
nachgegangen werden, welche Faktoren die Komple xität einer Entschei-
dungssituation und damit auch die Informationsverarbeitungsprozesse des
Versicherungskunden beeinflussen. Zu diesem Zweck kann auf den komple-
46
vgl. Bosselmann, E.H.: Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
a.a.O., S. 33 f.
47
vgl. Kotler, P. / Bliemel, F.: Marketing-Management, a.a.O., S. 316 f.
48
vgl. ebenda, S. 316
49
vgl. Gericke, S.: Customer Relationship Management in der Assekuranz, a.a.O., S. 5
50
vgl. Bosselmann, E.H.: Versicherungsmakler und deregulierte Versicherungsmärkte,
a.a.O., S. 35 f.
51
Zur Beurteilung der Höhe eines Preises ist dieser im Zusammenhang mit dem verfügbaren
Einkommen des Kunden bzw. mit seinem Gesamtvermögen zu betrachten (relativer Preis).
52
vgl. Tölle, K.: Das Informationsverhalten der Konsumenten, a.a.O., S. 112 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832470005
ISBN (Paperback)
9783838670003
DOI
10.3239/9783832470005
Dateigröße
751 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
usability komplexitätsreduzierung kundentyp personalisierung versicherung
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