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Prostitution in Augsburg

Fallstudie über die Situation von Prostituierten und den Umgang mit der Prostitution

©1999 Magisterarbeit 258 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Kaum ein Gewerbe konnte sich über so lange Zeit und über alle Krisen hinweg halten wie die Prostitution. Aber auch kaum ein Gewerbe, das einen nicht zu vernachlässigenden Erfolg zu verzeichnen hat, ist von der Gesellschaft derart geschmäht. Gerade heute, in Zeiten von sexueller Präsens allerorts, mutet der ambivalente Umgang mit dem „ältesten Gewerbe der Welt“ seltsam an.
Die Prostitution und die Damen und Herren, die dieses Gewerbe ausüben, beziehungsweise in Anspruch nehmen, dienten unzähligen Büchern aller Genres, von wissenschaftlich bis belletristisch, als Vorlage und Material. Immer wieder wurde auf allen Wegen versucht, herauszufinden, warum Frauen ihre Körper verkaufen und was Männer dazu bewegt, sich die Illusion von Liebe und Zuneigung zu erkaufen. Auch das Fernsehen, füllt seine Abendprogramme nach 22:00 Uhr ständig mit dem voyeuristischen Blick ins Milieu, streng getarnt unter dem Deckmantel objektiver und wissenschaftlicher Reportagen.
Es wird einen Glauben gemacht, die Prostitution und die Damen, die diesem Beruf nachgehen, seien ein ganz normaler Bestandteil der Gesellschaft, der nun endlich auch als ein solcher akzeptiert werde. In der Bevölkerung mag dies sogar der Fall sein. Solange man selbst nicht tangiert wird, ist es dem einzelnen prinzipiell tatsächlich egal, welchen Beruf eine Dame ausübt. Manchmal geht die Akzeptanz sogar weiter und endet in wahrer Toleranz. Sieht man sich die Entwicklung des Umganges mit der Prostitution an, so muss man allerdings sehr bald feststellen, dass der größeren Toleranz der Bevölkerung eine veraltete und keineswegs tolerante Umgangsweise der Behörden gegenübersteht.
Eine Dame, die offiziell der Prostitution nachgeht, dies vielleicht sogar als Haupttätigkeit ausführt, hat eine Unmenge von Pflichten gegenüber den Behörden zu erfüllen und kann kaum Rechte nutzen. Steuern darf eine Prostituierte zahlen, weil sie ein „normales“ Gewerbe ausübt, das dazugehörende Gewerberecht, darf die Dame allerdings nicht in Anspruch nehmen, da sie es aufgrund der Sittenwidrigkeit ihrer Tätigkeit nicht nutzen darf, dies sei nur ein Beispiel.
Die Notwendigkeit der Existenz der Prostitution wird zwar eingesehen und das Überdauern vieler Jahrhunderte und Jahrtausende zeigt auch, dass der Bedarf immer da war und immer da sein wird, dennoch ist es verwunderlich, dass man eigentlich nie einen Kunden, einen Gast oder Freier findet, der offen zugibt, die Dienste der Damen zu nutzen. Die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6965
Rebel, Nadine: Prostitution in Augsburg - Fallstudie über die Situation von Prostituierten
und den Umgang mit der Prostitution
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Universität, Magisterarbeit, 1999
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

1
INHALTSVERZEICHNIS
1.)
Vorwort
4
2.)
Einleitung
6
3.)
Methodischer Teil
9
3.1.)
Vorüberlegungen
9
3.2.)
Zugangsprobleme
10
3.3.)
Umfrage in der Bevölkerung
16
3.4.)
Die Fragestellung
19
4.)
Einführende Beschreibung der Stadt Augsburg
21
4.1.)
Beschreibung der Stadt als solches
21
4.2.)
Beschreibung der Stadt hinsichtlich der Prostitution
23
4.3.)
Vorstellung der befragten Prostituierten
31
5.)
Grundlegendes Wissen
58
5.1.)
Geschichte der Prostitution
58
5.2.)
Prostitution und Recht
65

2
6.)
Prostitution und Gesellschaft
73
6.1.)
Einschätzung der Prostituierten und ihres Berufes durch die
Bevölkerung in Augsburg
73
6.2.)
Selbstbild der Prostituierten Augsburgs
80
6.3.)
Funktion der Prostitution für die Gesamtgesellschaft
86
6.4.) Vergleich zwischen der Augsburger Situation und der allgemeinen Einschätzung
88
6.5.) Prostituierte betrachtet unter dem Aspekt der sozialen Randgruppe
92
7.)
Behörden im Umgang mit der Prostitution
96
7.1.)
Auftrag der verschiedenen Behörden
96
7.1.1.)
Polizei
96
7.1.2.)
Ordnungsamt
97
7.1.3.)
Gesundheitsamt
98
7.2.)
Behördensituation in Augsburg
99
7.2.1.)
Polizei
99
7.2.2.)
Ordnungsamt
104
7.2.3.)
Gesundheitsamt
108
8.)
Der Sozialstaat und die Prostitution
113
9.)
Vorstellung von Selbsthilfegruppen und sozialarbeiterischen
Projekten
118
10.)
Schluß
123
11.)
Literaturliste
125

3
12.1.)
Interviews Behörden
12.1.1.)
Ordnungsamt
132
12.1.2.)
Polizei
149
12.1.2.1.)
Interview mit dem Pressesprecher der Polizeidirektion Augsburg
149
12.1.2.2.)
Interview mit dem zuständigen Beamten vom Sittendezernat
159
12.1.3.)
Gesundheitsamt
176
12.2.)
Interviews Prostituierte
193
12.2.1.)
Anna und Bärbel (Straßenprostituierte)
193
12.2.2.)
Ellen (Wohnungsprostituierte)
223
12.2.3.) Evelyn (Clubprostituierte)
237
12.2.4.)
Gigi (Prostituierte aus der Hasengasse)
245
12.3.) Fragebögen
258
12.4.)
Auszug aus Behördenordnungen
259
12.5.)
Stadtplan Augsburg
260
12.6.)
Kopie des Deckblattes ,,Heim und Welt"
261
12.7.)
Kopie des Untersuchungsnachweisheftchens der Prostituierten
262

4
1.) Vorwort
Das Vorwort möge zum ersten dem Dank aller dienen, die zur Erstellung
dieser Arbeit wesentlich oder unwesentlich beigetragen haben.
Zum zweiten möchte ich mich hier auch bei sämtlichen Interviewpartnern
und Interviewpartnerinnen bedanken, die bereit waren, mir ihre Zeit zu
opfern, um mir offen Rede und Antwort zu stehen.
Außerdem den Personen, die die von mir in Umlauf gebrachten Fragebö-
gen beantwortet haben.
Des Weiteren bedanke ich mich ausdrücklich für die freundliche Unterstüt-
zung von Frau Nepit, einer Beschäftigten des Gesundheitsamtes Augs-
burg Stadt, die es mir ermöglichte, Interviews mit Prostituierten zu führen
und die sich bei den Damen im Vorfeld für mich einsetzte, so daß diese
erst bereit waren, mit mir zu sprechen und die ihrerseits sogar darauf ach-
tete, daß ich aus jedem Bereich der Prostitution etwas erfahren konnte.
Ihr verdanke ich es auch, daß ich mit Kriminaloberkommissar Dobler spre-
chen konnte, dem zuständigen Beamten beim Sittendezernat Augsburg,
denn auf offiziellem Wege wurde mir keine Möglichkeit gewährt, mit ihm zu
sprechen.
Auch an Herrn Dobler ergeht ein sehr großes Dankeschön, denn durch
seine offene Beantwortung der Fragen und durch seinen Einsatz für mich
und die Bereitstellung von umfangreichem Informationsmaterial war es mir
erst möglich, mir einen genauen Überblick über die Augsburger Gesamtsi-
tuation zu verschaffen.
Außerdem bedanke ich mich bei Prof. Gostomzyk, bei Herrn Sulzberger
und Herrn Gottschalk für ihre freundliche Unterstützung.

5
Sicherlich kann diese Fallstudie kein genaues Gesamtbild für jedes Detail
der Prostitution in der Stadt Augsburg geben und ist auch nicht als voll-
kommen repräsentativ anzusehen, doch ist sich die Verfasserin sicher, mit
dieser Arbeit zumindest eine Möglichkeit zu liefern, die eigene Heimatstadt
auch in einem unbekannten Bereich ein wenig besser kennenzulernen und
auf einige soziale Probleme und Sachverhalte einer Randgruppe aufmerk-
sam zu machen.

6
2.)
Einleitung
Allerdings ist es ein objektiver Übelstand,
daß es Prostituierte gibt und Nachfrage nach ihnen,
allein ganz abzustellen wird er niemals sein;
so, wie die Menschennatur einmal beschaffen ist,
kann kein Versuch, den außerehelichen Geschlechtsverkehr
zu unterdrücken, glücken, wird jeder aufgehobene Übelstand
durch einen neuen, häufig schlimmeren ersetzt.
Ist es da nicht besser, dem Übel dadurch zu begegnen, daß man
ihm, wie in Japan, den Charakter eines solchen nimmt?
Keyserling, Reisetagebuch eines Philosophen, 6, Japan, Kyoto
1
Solange die geschlechtliche Reinheit
der ,,anständigen Frauen" als etwas Lebenswichtiges
angesehen wird, muß die Institution ergänzt werden,
die man ruhig als einen Teil davon bezeichnen kann -
ich meine die Prostitution.
Bertrand Russell, Marriage and Morals, 11
2
Kaum ein Gewerbe konnte sich über so lange Zeit und über alle Krisen
hinweg halten, wie die Prostitution.
1
Peltzer, Karl: Das treffende Zitat. Gedankengut aus drei Jahrtausenden und fünf Kontinenten.
Thun. Ott Verlag. 1992. S.542
2
siehe oben, S. 542

7
Aber auch kaum ein Gewerbe, das einen nicht zu vernachlässigenden Er-
folg zu verzeichnen hat, ist von der Gesellschaft derart geschmäht.
Gerade heute, in Zeiten von sexueller Präsens allerorts, mutet der ambiva-
lente Umgang mit dem ,,ältesten Gewerbe der Welt" seltsam an.
Die Prostitution und die Damen und Herren, die dieses Gewerbe ausüben,
beziehungsweise in Anspruch nehmen, dienten unzähligen Büchern aller
Genres, von wissenschaftlich bis belletristisch, als Vorlage und Material.
Immer wieder wurde auf allen Wegen versucht, herauszufinden, warum
Frauen ihre Körper verkaufen und was Männer dazu bewegt, sich die Illu-
sion von Liebe und Zuneigung zu erkaufen.
Auch das Fernsehen, füllt seine Abendprogramme nach 22:00 Uhr ständig
mit dem voyeuristischen Blick ins Milieu, streng getarnt unter dem Deck-
mantel objektiver und wissenschaftlicher Reportagen.
Es wird einem Glauben gemacht, die Prostitution und die Damen, die die-
sem Beruf nachgehen, seien ein ganz normaler Bestandteil der Gesell-
schaft, der nun endlich auch als ein solcher akzeptiert werde.
In der Bevölkerung mag dies sogar der Fall sein. Solange man selbst nicht
tangiert wird, ist es dem einzelnen prinzipiell tatsächlich egal, welchen Be-
ruf eine Dame ausübt. Manchmal geht die Akzeptanz sogar weiter und
endet in wahrer Toleranz.
Sieht man sich die Entwicklung des Umganges mit der Prostitution an, so
muß man allerdings sehr bald feststellen, daß der größeren Toleranz der
Bevölkerung eine veraltete und keineswegs tolerante Umgangsweise der
Behörden gegenübersteht.
Eine Dame, die offiziell der Prostitution nachgeht, dies vielleicht sogar als
Haupttätigkeit ausführt, hat eine Unmenge von Pflichten gegenüber den
Behörden zu erfüllen und kann kaum Rechte nutzen.

8
Steuern darf eine Prostituierte zahlen, weil sie ein ,,normales" Gewerbe
ausübt, das dazugehörende Gewerberecht, darf die Dame allerdings nicht
in Anspruch nehmen, da sie es aufgrund der Sittenwidrigkeit ihrer Tätigkeit
nicht nutzen darf, dies sei nur ein Beispiel.
Die Notwendigkeit der Existenz der Prostitution wird zwar eingesehen und
das Überdauern vieler Jahrhunderte und Jahrtausende zeigt auch, daß
der Bedarf immer da war und immer da sein wird, dennoch ist es verwun-
derlich, daß man eigentlich nie einen Kunden, einen Gast oder Freier fin-
det, der offen zugibt, die Dienste der Damen zu nutzen.
Die Gesellschaft schämt sich, trotz aller anders lautenden Behauptungen,
der Prostitution.
Nur so läßt sich erklären, warum die Prostitution immer noch in die Rand-
gebiete der Städte verdrängt wird.
Wie die Situation der Prostituierten in den Großstadtmetropolen aussieht,
wurde häufig und aufs Ausführlichste beschrieben, wie sich die Situation in
einer Stadt wie Augsburg gestaltet, soll die folgende Arbeit darstellen.

9
3.) Methodischer
Teil
3.1.) Vorüberlegungen
Die Allgegenwärtigkeit des Themas Prostitution in allen Medien, gerade in
letzter Zeit, weckte auch das Interesse der Verfasserin.
Schnell wurde sie auf die Unstimmigkeiten und die Doppelmoral im Um-
gang mit der Prostitution aufmerksam. Die Ungerechtigkeiten stießen so-
fort ins Auge, weshalb dies auch der ausschlaggebende Punkt war, sich
näher mit diesem Thema zu befassen.
Im Interesse der Verfasserin liegt es vor allem zu untersuchen, woher die
Unstimmigkeiten und Ungerechtigkeiten, die gesamte Ambivalenz im Um-
gang mit dem Thema der Prostitution und mit den Menschen, die dieser
Tätigkeit nachgehen, kommt.
Die zahlreichen Mißstände und Miseren sind allerdings schon bestens,
auch in soziologischer Hinsicht, dokumentiert.
Hier galt es nun, eine neue Frage aufzuwerfen, beziehungsweise einem
Problem nachzugehen, was in dieser Form noch nicht aufgegriffen worden
war.
Zu den Vorüberlegungen und zum Interesse der Verfasserin gehörte es
allerdings auch, die Scheu vor einer Randgruppe, die immer mehr im Inte-
resse der Öffentlichkeit zu stehen scheint, zu überwinden.
Der Reiz des Themas lag auch daran, sich einen direkten Zugang zu einer
Bevölkerungsgruppe zu schaffen, über die man zwar immer mehr zu wis-
sen scheint, der man aber im Alltagsleben kaum begegnet, zumindest
nicht wissentlich, oder der man, vielleicht auch unabsichtlich, aus dem
Weg geht.

10
Durch die Wahl eines nicht einfachen Themas will die Verfasserin auch
ihre eigenen Horizonte erweitern und Toleranz Anderen gegenüber nicht
nur propagieren, sondern selbst üben.
Zielsetzung war von Anfang an, sich nicht mit dem Studium der umfas-
senden Literatur zu begnügen, sondern den direkten Draht zum Thema
und somit auch zum Milieu, zu Prostituierten und ihrer Lebenssituation zu
finden;
Um die Situation gebührend zu beschreiben, war allerdings nicht nur der
direkte Draht zu Damen des horizontalen Gewerbes notwendig, sondern
auch der direkte Draht zu sämtlichen Institutionen und Behörden, die mit
der Prostitution konfrontiert werden.
Die Behörden, die die Verfasserin zur Situation interviewte, waren das
Ordnungsamt, das Gesundheitsamt , die Polizei, und am Rande die Kir-
che.
Außerdem galt es, die Meinung der Bevölkerung gegenüber dieser Rand-
gruppe zu erforschen. Hat sich auch in der Bevölkerung der Umgang mit
dem Thema der Prostitution geändert und wie stehen die Gesellschafts-
mitglieder aller Schichten der Prostitution, den Prostituierten, den Zuhäl-
tern und den Freiern gegenüber?
3.2.) Zugangsprobleme
Nachdem die Zielsetzung der Verfasserin nun hinreichend bekannt war,
noch lange allerdings nicht die Fragestellung, galt es, einen Weg zu fin-
den, der den direkten Kontakt zu Damen aus dem Milieu ermöglichte.
Die Schwierigkeiten hierbei gestalteten sich größer, als gedacht.

11
Die erste Möglichkeit, mit Prostituierten direkt Kontakt aufzunehmen be-
stand darin, die Telefonnummern der Inserate aus der ,,Stadtzeitung" zu
wählen.
Hier war es allerdings so, daß man die betreffenden Damen nur in ihrer
Arbeitszeit erreichen konnte und diese dann, gelinde gesagt, etwas ver-
wundert darüber waren, nicht einen potentiellen Kunden am anderen Ende
der Leitung zu haben, sondern eine weibliche Person, die anscheinend mit
bekannten voyeuristischen Interesse etwas über das Privatleben der Da-
men erfahren wollte, laut ihr, aus wissenschaftlichem Interesse für eine
Abschlußarbeit an der Universität.
Die Erfolgsquote auf diesem Weg Interviewpartnerinnen zu gewinnen ging
gegen Null.
Die Damen hatten keine Ahnung, wer sich am anderen Ende der Leitung
befand und waren deshalb nicht bereit, einen Termin für ein Interview zu
vereinbaren.
Was der Verfasserin bei allen Telefongesprächen auffiel, waren zwei Din-
ge: Zum einen, die feindliche Abweisung der Damen, die so reagierten, als
ob man sie, zum wiederholten Male angreifen würde, zum anderen (wenn
die Damen einmal nicht feindlich waren), die Ausrede, es würde nichts
bringen, mit ihnen ein Interview zu führen, da sie sowieso aufhören wür-
den.
Auch wäre die Auswahl der Damen, hätte es geklappt, auf diesem Wege
Interviewpartnerinnen zu gewinnen, sehr einseitig gewesen, da die Da-
men, die in der ,,Stadtzeitung" inserieren, der Prostitution in einer Woh-
nung nachgehen und somit nur eine Gruppe der Prostituierten darstellen.
Auch die Möglichkeit, direkt in die Hasengasse, Augsburgs bekanntester
,,Meile" des horizontalen Gewerbes mit langer Tradition, zu marschieren,
erschien der Verfasserin nicht gerade professionell, zumal diese Straße

12
tagsüber nicht sehr gut besetzt ist und nachts das Gefahrenpotential zu
hoch lag, die Straße nicht mehr unversehrt zu verlassen.
Ähnlich gestalteten sich die Bedenken, die Damen des Straßenstrichs di-
rekt anzusprechen, obwohl hier genügend Plätze bekannt wären.
Es mußte eine Möglichkeit gefunden werden, den Damen glaubhaft ein
wirkliches und wissenschaftliches Interesse zu vermitteln und ihnen
gleichzeitig das Gefühl zu geben, daß ihre Informationen mit größtmögli-
cher Seriosität behandelt werden würden und das Interview dazu dienen
würde, ihnen die Möglichkeit zu geben, über alles zu sprechen, was sie
gerne einmal loswerden wollen würden und welche Probleme der Beruf
der Prostituierten mit sich brächte.
Die Gestaltung des Interviews sollte so offen wie möglich sein, wobei hier
am ehesten die Methode des problemzentrierten Interviews passend
schien.
Hier schreibt auch Mayring, Philipp in seinem Buch ,,Einführung in die qua-
litative Sozialforschung":
,,(...)
Das Interview läßt den Befragten möglichst frei zu Wort kommen, um einem offe-
nem Gespräch nahezukommen. Es ist aber zentriert auf eine bestimmte
Prob-
lemstellung, die der Interviewer einführt, auf die er immer wieder zurückkommt.
Die Problemstellung wurde vom Interviewer bereits vorher analysiert; er hat be-
stimmte Aspekte erarbeitet, die in einem Interviewleitfaden zusammengestellt
sind und im Gesprächsverlauf von ihm angesprochen werden."
3
Gleichzeitig sollten die Damen von vornherein wissen, daß die Fragen des
Interviews sich nicht auf intime Details ihrer Berufsausübung beziehen
würden, sondern eher das Leben als Prostituierte allgemein betreffen soll-
ten und daß die Möglichkeit der relativ freien Gestaltung des Interviews
gegeben sein würde.
3
Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung: eine Anleitung zu qualitativen
Denken / Philipp Mayring. Psychologie - Verlag - Union. München. 1990. S.46

13
Am Telefon kam die Verfasserin allerdings nie dazu, auch nur annähernd
dies alles zu beschreiben.
Nach den ersten Tiefschlägen hinsichtlich des direkten Zugangs zu den
Damen des horizontalen Gewerbes, wandte sich die Verfasserin dem Zu-
gang zu den Behörden zu.
Auch dieser gestaltete sich zwar nicht einfach, dennoch wesentlich leich-
ter.
Auch hier wählte die Interviewerin die Form des problemzentrierten Inter-
views.
So legte sie sich zwar einen Leitfaden mit Fragen zurecht, die auf jeden
Fall beantwortet werden sollten, ließ den jeweiligen Interviewpartner aller-
dings erzählen und das Interview frei gestalten, wobei sie gleichzeitig dar-
auf achtete, welche der zu stellenden Fragen bereits beantwortet waren
und auf welche sie noch einmal extra eingehen mußte.
Die Aufzeichnung der Interviews auf Tonband eröffnete der Interviewerin
so die Möglichkeit, während der Gesprächspartner redete, auf ihren Fra-
genkatalog zu achten, weil sie nicht Angst haben mußte, einen wichtigen
Satz zu verpassen.
Die erste Behörde, mit der die Verfasserin Kontakt aufnahm, war das Ord-
nungsamt.
Hier bekam sie einen Termin mit dem Amtsleiter Herrn Sulzberger, der zu
einem Interview bereit war und auch nichts dagegen hatte, dieses Inter-
view auf Tonband aufzeichnen zu lassen.
Ähnlich einfach erschien zunächst der Zugang zur Polizei.
Man versicherte der Verfasserin jegliche Unterstützung und war direkt be-
reit, einen Interviewtermin zu vereinbaren.

14
Bereits im Vorfeld hatte ich aber von einer freundlichen Prostituierten er-
fahren, daß ich mich bei der Polizei nach einem gewissen Herrn Dobler
erkundigen sollte, der der zuständige Beamte des Sittendezernats sei und
mir meine Fragen am besten beantworten könne.
So bat ich also sofort um einen Termin mit diesem Herrn.
Man bestätigte mir einen Termin, allerdings führte kein Weg zu Herrn Dob-
ler, sondern man vertröstete mich mit dem zweiten Pressesprecher Herrn
Gottschalk.
Dementsprechend gestaltete sich auch das Interview.
Die Fragen mußten schon vorab geschickt werden, die Antworten des
Pressesprechers waren ausgefeilt, ohne Ecken und Kanten und auswen-
dig gelernt.
Zwar wurde jede Frage beantwortet, doch die Ergiebigkeit ließ sehr zu
wünschen übrig.
Fürs erste mußte sich die Verfasserin aber damit begnügen.
Letzte Anlaufstelle unter den Behörden war das Gesundheitsamt, zu dem
die Verfasserin zwar nicht sofort Zugang bekam, da der Amtsleiter und
zuständige Herr für mein Interview, Professor Gostomzyk ebenfalls sehr
genau wissen wollte, wie sich denn das Interview gestalten sollte, aber
nach etlichen Telefongesprächen und Briefen, stand auch hier ein Inter-
viewtermin fest.
Das Interview war ergiebig und der Kontakt zum Gesundheitsamt öffnete
mir, wider Erwarten, sehr viele Türen.
Durch die Möglichkeit in den Warteräumen für die zweiwöchentlichen Un-
tersuchungen der Prostituierten, Handzettel mit meiner Bitte um Interview-
partnerinnen zu verteilen und durch die Unterstützung von Herrn Professor
Gostomzyk und seinen Mitarbeiterinnen gelang es mir, durch das Ge-
sundheitsamt, an die Damen des horizontalen Gewerbes zu gelangen.
Den Damen wurde im Vorfeld bei den Untersuchungen erklärt, worum es
ging und daß es nichts unseriöses sei und so gelang es doch noch Inter-
viewpartnerinnen zu bekommen.

15
Alle Interviews mit den Damen des horizontalen Gewerbes gestalteten
sich so, wie es sich die Interviewerin gewünscht hatte.
Nicht einer Dame mußte man die Informationen mühsam entlocken, alle
erzählten frei und flüssig von ihrer Arbeit und ihrem Leben als Prostituierte
und viele der Fragen, die die Forscherin in ihrem Leitfaden aufgelistet hat-
te, mußte sie nicht gesondert stellen, da diese im Zuge der Erzählungen
der Damen schon beantwortet waren.
Wie bereits oben erwähnt bezogen sich die Fragen nicht auf intime Details
der Arbeit als Prostituierte, sondern auf den Alltag dieses Berufes, auf den
Einstieg in diesen Beruf, auf die Lebensläufe der Damen, auf die Proble-
me, die der Beruf mit sich bringt, auf die allgemeine Arbeitsmarktsituation,
auf die Einschätzung der sozialen Situation, auf Zukunftsängste, auf den
Umgang in Bezug auf die ehrliche Eingestehung der Tätigkeit der Damen
gegenüber der Bevölkerung, auf die Einschätzung der verschiedenen Be-
hörden und ähnliches.
Durch die Unterstützung des Gesundheitsamtes war es der Verfasserin
sogar möglich, Damen aus allen Bereichen der Prostitution zu sprechen.
Weiterhin stellte sich heraus, daß mir Frau Nepit, eine Mitarbeiterin des
Gesundheitsamtes, einen Termin mit Herrn Dobler vermitteln konnte.
Für die Interviews stellte mir das Gesundheitsamt einen Raum zur Verfü-
gung, was die Frage nach einem geeigneten Platz zur Durchführung löste.
Alles in allem stellte sich die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt
als äußerst fruchtbar für die Forschungsergebnisse dar und diente der Lö-
sung zahlreicher Zugangsprobleme.
Keine der durch das Gesundheitsamt vermittelten Damen hatte etwas ge-
gen die Aufnahme des Interviews auf Band, was die Authentizität der In-
terviews gewährleistete.

16
Die Interviewerin achtete weiterhin darauf, sich so wenig wie möglich in
den Ablauf der Interviews einzumischen, um die Verfälschungen möglichst
gering zu halten.
Sie bemühte sich den Damen das Gefühl zu geben eine aufmerksame
Zuhörerin zu sein, die allerdings nicht vorhatte, das Interview in irgendeine
vorgegebene Bahn zu lenken.
Die Bewältigung der zu Anfang sehr groß erscheinenden Zugangsproble-
me verdankt die Verfasserin größtenteils der guten Zusammenarbeit mit
dem Gesundheitsamt.
Über die Geschichte der Prostitution informierte sich die Verfasserin, in-
dem sie unzählige Akten im Stadtarchiv wälzte.
Da das Thema allerdings damals auch nicht gerne in die Öffentlichkeit ge-
rückt wurde, konnte sie die Geschichte nur bis 1813 zurückverfolgen, dies
allerdings auch nur bruchstückhaft.
Es darf außerdem nicht vergessen werden zu erwähnen, daß die Erfor-
schung der Geschichte der Prostitution in Augsburg auch deswegen nicht
gerade einfach war, da sämtliche alte Akten in altdeutscher Schrift, hand-
schriftlich abgefaßt worden waren und die Verfasserin des Lesens dieser
Schrift nicht sehr mächtig ist.
3.3.) Umfrage in der Bevölkerung
Im Interesse der Verfasserin lag es auch, die Meinung der Bevölkerung
über die Prostitution, die Prostituierten, die Zuhälter, das Milieu und auch
die Meinung über homosexuelle Prostitution zu erforschen.
Bei vorliegender Forschung wurde wie folgt vorgegangen:
Nachdem es die zeitlichen, sowie finanziellen Mittel nicht ermöglichten, bei
der Erforschung der Meinung der Bevölkerung rein qualitativ vorzugehen,
das heißt für die Forscherin in diesem Sinne, zahlreiche narrative Einzelin-

17
terviews zu führen, wurde auf die Methode des Fragebogens zurückgegrif-
fen.
Im Buch ,,Methoden der empirischen Sozialforschung" von Peter Atteslan-
der wird der Fragebogen als stark strukturierte Kommunikationsform be-
schrieben, die dem Erfassen quantitativer Aspekte dient
4
.
Atteslander schreibt über den Fragebogen weiter:
,,Die Vorteile sind vor allem finanzieller Art; sie ( die schriftliche Befragung) ist in
der Regel kostengünstiger; es kann meist in kürzerer Zeit mit weniger Personal-
aufwand eine größere Zahl von Befragten erreicht werden. Zudem fällt der Inter-
viewer als mögliche Fehlerquelle weg, aber auch als Kontrollinstanz.
(...) Die Nachteile und Einschränkungen sind beträchtlich. Die Befragungssituati-
on ist kaum hinreichend kontrollierbar. Es können andere Personen die Antwor-
ten des Befragten beeinflussen. Da dem schriftlich Befragten kein Interviewer zur
Seite steht, muß jede der Frage zweifelsfrei verständlich sein, was von vornher-
ein komplizierte Fragen ausschließt.
Die Gefahr, daß einzelne Fragen unsorgfältig und unvollständig, ja überhaupt
nicht ausgefüllt werden, ist groß.
Die Repräsentativität der schriftlichen Befragung wird vor allem dadurch in Frage
gestellt, daß die Zahl der Ausfälle, also jener Befragten, die den Fragebogen
nicht beantworten, meist erheblich ist.
(...)
Die schriftliche Befragung bedarf einer besonders sorgfältigen Organisation.
Ein Begleit- und Einführungsbrief muß die Befragten darüber informieren, wer für
die Befragung verantwortlich ist, warum die Untersuchung durchgeführt wird, was
der Befragte selbst für Interesse an der Beantwortung des Fragebogens hat. Der
Fragebogen muß leicht ausgefüllt werden können. Der Hinweis, daß die Antwor-
ten anonym verwertet werden darf nicht fehlen.
Um die Zahl der Ausfälle gering zu halten, ist die Rücksendung des Fragebogens
möglichst zu erleichtern. (...)."
5
Die Verfasserin der vorliegenden Arbeit ist bei der Erstellung der Fragebö-
gen und deren Verteilung folgendermaßen vorgegangen:
4
Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung / Peter Atteslander. Verlag de
Gruyter. Berlin / New York. 1991. S.159 ff.

18
Der Umfang des Fragebogens betrug 2 Seiten. Die Fragen waren so auf-
gebaut, daß von allgemeinen, unverfänglichen Fragen, die jeder ohne Zö-
gern beantworten konnte, zu direkteren und intimeren Fragen übergegan-
gen wurde.
Die Möglichkeit zur Beantwortung der Fragen waren unterschiedlich.
Die meisten Fragen ließen eine offene Beantwortung zu. Zum Beispiel
wurden Fragen gestellt wie ,,Was verbinden Sie mit den Begriffen Prostitu-
tion und Zuhälterei?" oder auch ,,Was halten Sie von Personen, die diese
Berufe ausüben?".
Nur wenige Fragen waren geschlossen gestellt und konnten nur mit ,,Ja"
oder ,,Nein" beantwortet werden, wobei dann meist eine Erweiterungsfrage
im Anschluß gestellt wurde, die erklären sollte, warum der Befragte mit
,,Ja" oder ,,Nein" geantwortet hat.
Angeheftet an den Fragebogen war ein kleiner Brief, der die nötige Erklä-
rung zum Fragebogen enthielt.
In diesem Brief erklärte die Forscherin, warum sie diese Befragung durch-
führte, vorher stellte sie sich und den Grund ihrer Forschung vor.
Der Anreiz der Befragten, an der Umfrageaktion teilzunehmen war aller-
dings reine Hilfsbereitschaft. Die Verfasserin der Arbeit erklärte im Einfüh-
rungsbrief, daß sie ihre Arbeit nur dann fertigstellen könne, wenn sie auf
die Mithilfe der Befragten zählen könne.
Weiterhin wurde die Anonymität der Angaben den Befragten zugesichert,
die einzigen Angaben, die bei dieser Forschung von den Befragten gege-
ben werden sollten, waren Alter, Konfession, Geschlecht, Schulbildung,
Staatsangehörigkeit, ausgeübter und erlernter Beruf.
Die Verteilung der Fragebögen verlief folgendermaßen:
Zur Zeit der Aktion wohnte die Verfasserin der Arbeit in einem großen
Wohnblock mit insgesamt 137 Wohneinheiten.
5
Atteslander, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung / Peter Atteslander. Verlag de
Gruyter. Berlin / New York. 1991. S.167 f.

19
Die Zusammensetzung der Bewohner war sehr unterschiedlich, sie reichte
von Rentnern, Sozialhilfeempfängern, Arbeitslosen, Akademikern, Arbei-
tern, Studenten bis hin zu Schülern.
Somit war eine gewisse Repräsentativität gewährleistet.
Die Fragebögen wurden in allen Briefkästen verteilt, mit dem Hinweis im
Einführungsbrief, die ausgefüllten Fragebögen bitte in den Briefkasten der
Verfasserin einzuwerfen.
Somit umging man bei dieser Forschung die Probleme der Rücksendung.
Keiner der Befragten mußte den ausgefüllten Bogen zur Post bringen oder
sonstige Extrawege auf sich nehmen. Zudem wurde das Rückporto ge-
spart.
Außerdem verteilte die Verfasserin zahlreiche Fragebögen in dem Fit-
neßstudio, in dem sie selbst trainiert. Die Fragebögen konnten hier von
den Befragten in den Trainingspausen ausgefüllt werden und einfach an
der Theke wieder abgegeben werden.
Auch hier lag der Vorteil für die Repräsentativität in der Unterschiedlichkeit
des Publikums.
Leider ließ das Ergebnis dennoch zu wünschen übrig, da die Gesamtrück-
laufquote nur 35 % betrug, wobei die meisten Fragebögen schon in den
ersten drei Tagen nach Verteilung wieder zurückkamen.
3.4.) Die
Fragestellung
Sämtliche beschriebenen Vorarbeiten und jegliche Recherche wurde ohne
eine genaue Fragestellung durchgeführt, da sich die Verfasserin offenhal-
ten wollte, wohin sie die Recherche und die Beschäftigung mit dem Thema
lenken würde.

20
Gewisse Punkte des Interesses waren natürlich von Anfang an klar, was
auch schon hinreichend in Einleitung und Vorwort und dem Kapitel Vor-
überlegungen beschrieben wurde.
Wohin diese allerdings im Endeffekt führen würden und wie die Fragestel-
lung aussehen würde, wurde ebenso bewußt offengelassen.
Zeitweise schien die Frage interessant, ob das Zuhälterwesen zurückge-
he, doch, alles in allem, war für eine Fragestellung an sich, zu wenig Sub-
stanz vorhanden.
Ebenso empfand es die Verfasserin als fast lächerlich, einer Fragestellung
nachzugehen, die in der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur schon
mehr als genügend und auch sehr gut behandelt worden war.
So rückte der Blick auf die eigene Heimatstadt hinsichtlich des Themas
der Prostitution und der Kontakt zu Augsburger Prostituierten in den Mit-
telpunkt des Interesses.
Wie bereits erwähnt, wurden Großstadtmetropolen in Hinsicht auf die
Prostitution schon eingehend beschrieben, eine Beschreibung einer mittle-
ren Großstadt wie Augsburg, sucht man allerdings noch vergeblich.
So wurde aus Ermangelung einer direkten Fragestellung die Forschung
dahingehend gelenkt, eine Fallstudie über die eigene Heimatstadt anzufer-
tigen.

21
4.) Einführende Beschreibung der Stadt Augsburg
In diesem Kapitel soll dem Leser die Möglichkeit gegeben werden, sich ein
grobes Bild über die Stadt Augsburg zu machen.
Hierzu wird die Stadt erst als solches beschrieben, mit Informationen, die
man auch einem interessierten Touristen geben würde.
Erst dann wird die Stadt hinsichtlich der Prostitution vorgestellt, indem
Fragen wie ,,Wo befinden sich die Brennpunkte der Prostitution, wie ges-
taltet sich die Zuhälterszene?" und ähnliches beantwortet wird.
Im Anschluß an beide Sichtweisen der Stadt, werden die Prostituierten
vorgestellt, mit denen die Verfasserin sprechen konnte.
4.1.) Beschreibung der Stadt als solches
Augsburg ist die Hauptstadt des bayerischen Regierungsbezirkes Schwa-
ben, die zwischen den Flüssen Lech und Wertach liegt.
Die Einwohnerzahl von Augsburg beträgt 258.000.
Augsburg zählt als Verkehrs- und Handelsmittelpunkt des Alpenvorlandes.
Bezeichnend für Augsburg ist seine Textil- und Maschinenindustrie und
auch die Bierbrauerei, wobei die Textilindustrie in den letzten Jahren sehr
zurückgegangen ist.
Der Landkreis Augsburg umfaßt 1101 Quadratkilometer und hat 175.000
Einwohner.
Augsburg wurde 15 v. Christus als Römersiedlung (augusta vindelicorum)
gegründet.
Drusus und Tiberius, Söhne des Kaisers Augustus in Rom, errichteten auf
dem Gebiet der heutigen Stadt ein Militärlager.

22
Von 1276 bis 1803 war Augsburg Reichsstadt, im Mittelalter zählte Augs-
burg zu einer der wohlhabendsten Städte, was vor allem der Familie der
Fugger und der Welser zu verdanken war ( Vergl.: Das moderne Lexikon.
Lexikon Institut Bertelsmann.).
6
1514 wird von der Familie Fugger die sogenannte Fuggerei gegründet, die
als älteste Sozialsiedlung der Welt gilt.
Die Siedlung ist eine Stiftung Jakob Fuggers und umfaßt einen Gebäude-
komplex in dem ca. 350 Personen wohnen. Die Miete beträgt seit über
400 Jahren einen rheinischen Gulden, heute 1,72 DM. Die Bewohner
müssen Augsburger, katholisch, unbescholten und arm sein.
1620 stellte Elias Holl das Rathaus fertig, ein Wahrzeichen Augsburgs.
Das Rathaus gilt als glänzendes Symbol selbstbewußter Bürgermacht und
stärkste weltliche Bauleistung der deutschen Renaissance. Auf dem Gie-
bel findet sich die Zirbelnuß, die man auch im Wappen Augsburgs sieht.
Im Rathaus befindet sich der einzigartige Goldene Saal.
Als weitere Sehenswürdigkeit Augsburgs zählt der Dom mit seiner Vielfalt
an Baustilen, dessen älteste Partien aus dem 11. Jahrhundert stammen.
Augsburg Prachtmeile, die Maximilianstraße zeichnet sich durch die alten
Fuggerhäuser aus.
In einem der Fuggerhäuser befindet sich der Damenhof, ein von Arkaden
gesäumter Innenhof im Stile der Renaissance, errichtet von Jakob Fugger,
dem Reichen. Der Damenhof ist der künstlerisch wichtigste der Innenhöfe
in den Fuggerhäusern.
Augsburg zählt als moderne Industriestadt mit einer gut erhaltenen Alt-
stadt, zahlreichen kunsthistorischen und städtebaulichen Sehenswürdig-
keiten, sowie einer modernen Kongreßhalle.
6
Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH: Das moderne Lexikon. Lexikothek Verlag GmbH. Güters-
loh. 1970. S. 91 f.

23
In Augsburg haben zahlreiche Verwaltungen ihren Sitz und sie ist schuli-
sches Zentrum mit einer Universität, die 1970 gegründet wurde.
Seit 1400 Jahren ist die Stadt ein Bischofssitz. Augsburg ist die Heimat-
stadt der Malerfamilie Holbein, der väterlichen Ahnen von Wolfgang Ama-
deus Mozart, der im Haus Nr. 14 der Fuggerei gewohnt hat, und des Dich-
ters Bert Brecht.
Hier wurde der Dieselmotor erfunden, die erste Linde Kältemaschine ge-
baut und von Messerschmitt das schnellste Propellerflugzeug und das ers-
te Strahlflugzeug der Welt in Serie hergestellt.
Großen Bekannheitsgrad hat auch die Augsburger Puppenkiste erlangt,
die sich ebenfalls in einem Renaissancebau befindet und 1998 schon ih-
ren 50. Geburtstag feiern konnte.
7
4.2.) Beschreibung der Stadt hinsichtlich der Prostitution
Die hier wiedergegebenen Informationen basieren auf den Aussagen, so-
wie auf den Materialien Herrn Doblers.
Es handelt sich sowohl um polizeiinterne Informationen, sowie auch um
Informationen, die jedem frei zugänglich sind.
Um allerdings verwertbare Informationen aus der Rotlichtszene zu erlan-
gen, war es bei der polizeilichen Ermittlungsarbeit auch wichtig V-
Personen einzusetzen und sich Insiderwissen anzueignen.
Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum zwischen Juli 1997 bis Sep-
tember 1998 und sind somit so aktuell wie möglich.
Allerdings betreffen die Daten nur den Bereich der legalen, und somit re-
gistrierten Prostitution, allerdings lag es auch nicht im Interesse die illegale
Prostitution zu untersuchen.
7
Die Informationen über die Stadt Augsburg entstammen Broschüren der Augsburger Tourist
Information, Bahnhofstraße 7, 86150 Augsburg

24
Es darf der Hinweis nicht fehlen, daß die hier gegebenen Zahlen nicht als
absolut gelten dürfen, da man die Zahlen immer auch vor dem Hintergrund
der Dunkelfeldproblematik sehen muß.
Die Gesamtzahl der legal in Augsburg arbeitenden Prostituierten lag in
den letzten 4 Jahren zwischen 300 und 450 Personen.
Darunter fallen auch etwa zwischen 50 und 150 sogenannte Terminfrauen,
so werden die Prostituierten genannt, die jeweils ein bis zwei Wochen in
Terminwohnungen ihrem Gewerbe nachgehen, um anschließend ihren
Arbeitsbereich wieder auf eine andere Stadt zu verlegen.
Auch vom Gesundheitsamt liegt statistisches Material über die Anzahl der
Prostituierten vor:
So waren es im Dezember 1997 397 Prostituierte, wovon 150 Terminfrau-
en waren, im März 1998 waren es 296 Prostituierte, davon 53 Terminfrau-
en, im Juni 1998 waren es 406 Prostituierte, davon 106 Terminfrauen und
schließlich im September 1998 430 Prostituierte, davon 152 Terminfrauen.
Für die beträchtlichen Schwankungen fand man allerdings keine Erklä-
rung.
Auch sind die Zahlen, die der Polizei vorliegen, manchmal unterschiedlich
zu den Zahlen, die dem Gesundheitsamt vorliegen, was daran liegt, daß
sich die Prostituierten bei der Polizei nicht melden, wohl aber der Untersu-
chungspflicht beim Gesundheitsamt nachgehen müssen, weshalb die Zah-
len des Gesundheitsamt durchaus als zuverlässiger gelten können.
Von drei Transsexuellen abgesehen, sind alle in Augsburg registrierten
Prostituierten weiblich.
Auf den Bereich der männlichen Prostitution wird später gesondert einge-
gangen.

25
Das Alter der Damen des horizontalen Gewerbes lag bei durchschnittlich
35 Jahren, wobei die älteste arbeitende Prostituierte 72 Jahre alt ist, die
jüngste 19.
Ein Babystrich ist in Augsburg bis zu diesem Zeitpunkt nicht auszuma-
chen.
Knapp 80 % der Prostituierten haben die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die stärkste Gruppe ausländischer Frauen kam aus Thailand, danach folg-
ten Österreicherinnen und Italienerinnen. Einige Prostituierte kamen auch
aus Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Gana, Tansania, der Tür-
kei, Griechenland, Jugoslawien, Ungarn und der Tschechischen Republik.
Die Zusammenstellung ist laut Polizei zufällig und könnte auch vollkom-
men anders aussehen.
Vom Ausländeramt werden Arbeitserlaubnisse in der Regel nur an Perso-
nen aus EU-Staaten erteilt, so, und durch die enge Zusammenarbeit mit
der Polizei konnte der Zustrom ausländischer Prostituierter in einem über-
schaubaren Rahmen gehalten werden.
Die Ausnahme zur Regel bildet hier der Aufgriff zweier illegaler Ungarin-
nen in einem Haus mit Terminwohnungen. Die Personen wurden abge-
schoben und die Betreiberin des Hauses wegen Beihilfe zu arbeits- und
ausländerrechtlichen Verstößen verurteilt.
Mit der männlichen Prostitution sieht es in Augsburg wie folgt aus:
Direkte Angebote findet man in Zeitungen selten, hin und wieder bietet der
eine oder andere Callboy seine Dienste in Zeitungsannoncen an, erfah-
rungsgemäß dauert diese Tätigkeit der Männer meist aber nur wenige
Wochen.
Einen Schwulenstrich, der auf der Straße zu finden ist, gibt es allerdings in
Augsburg auch.
Der Schwulenstrich befindet sich in Oberhausen in der Schwimmschul-
straße, ebenso sind sämtliche öffentlichen Bedürfnisanstalten Treffs aller
männlichen Homosexuellen Prostituierten.

26
Auch im Innenstadtbereich finden sich Orte, auch hier die öffentlichen Be-
dürfnisanstalten, an denen die männlichen homosexuellen Prostituierten
ihre Dienste anbieten, obwohl der Innenstadtbereich zum Sperrbezirk
zählt.
Ein weiterer Brennpunkt des Schwulenstrichs stellt die Bedürfnisanstalt
am roten Tor dar, man konnte schon Fälle verzeichnen, bei denen junge
Männer ihren Körper für 20 DM verkauften.
Die Frequention bei dieser Bedürfnisanstalt ist enorm, obwohl man das
eigentlich von jeder öffentlichen Toilette in Augsburg in Bezug auf die An-
gebote männlicher Prostituierter sagen kann, eine Ausnahme bildet hier
nur die öffentliche Toilette am Rathausplatz, was mit daran liegen mag,
daß hier eine Toilettendame engagiert ist, die ein wachsames Auge auf
die Personen wirft, die die Toilette benützen. Brennpunkte des Schwulen-
strichs sind die Toiletten an der Barfüßerbrücke, am Schwall, am Stephin-
gerberg und an der Wertachbrücke.
Die Bedürfnisanstalt am roten Tor ist mit entsprechenden Parolen und Te-
lefonnummern beschmiert.
Im Sommer befindet sich ein weiterer Brennpunkt des Schwulenstrichs
zwischen Schwimmschulstraße und Wertachbrücke, am Abend finden sich
hier zwischen acht und zehn Männer auf einer Länge von ca. 200 m ein,
die im freien ihre Dienste anbieten.
Vollzogen wird der Geschlechtsverkehr dann teilweise direkt in den an-
grenzenden Büschen.
Auffällig ist, daß viele der Freier männlicher Prostituierter verheiratet sind
und Familie haben, dennoch aber nicht einsehen, warum ihre Frau dar-
über Bescheid wissen müßte.
Bei rund 10% aller registrierten Prostituierten bestehen einschlägige krimi-
nalpolizeiliche Unterlagen über den Konsum von Betäubungsmitteln.
Aber auch hier bleibt die Dunkelziffer zu bedenken, somit dürfte die Zahl
der tatsächlich Konsumierenden um einiges höher liegen.

27
Etwa die Hälfte der Prostituierten arbeitet in eigener Regie auf eigene
Rechnung, während die restlichen Damen mit Zuhältern in Verbindung
gebracht werden.
Zur Zuhälterszene:
Für Augsburg liegt die Zahl der aktiven Zuhälter bei 50.
Wobei auch diese Zahl einer Fluktuation unterliegt.
Die erfaßten Zuhälter haben ein Durchschnittsalter von ungefähr 40 Jah-
ren, wobei der älteste 62 Jahre und der jüngste 24 Jahre alt ist.
Noch deutlicher als im Prostituiertenbereich zeigt sich der hohe Anteil
deutscher Staatsangehöriger bei den Zuhältern.
Unter 50 festgestellten Zuhältern sind lediglich drei Ausländer (ein Türke,
ein Italiener, ein Grieche).
Es gibt momentan keinerlei Anzeichen auf Einflüsse ausländischer Zuhäl-
tergruppierungen in Augsburg.
Was auffällig ist, ist die Gruppenbildung und das Zusammenwirken inner-
halb der Zuhälterszene.
So zeigte sich, daß unter der Führung eines derzeit inhaftierten Deut-
schen, zehn Zuhälter eine engere Gemeinschaft bildeten und freund-
schaftlich verbunden waren.
Darüber hinaus gibt es noch 8 Zuhälter in loser Verbindung, die mit dieser
Gruppierung zusammenarbeiteten.
Hierbei handelte es sich um den größten erkannten Verbund innerhalb der
Augsburger Zuhälterszene.
Eine weitere Gruppe zeichnete sich um einen 45jährigen Deutschen ab,
der mit fünf Zuhältern kooperierte.
Darüber hinaus konnten noch fünf kleinere Gruppierungen von drei bis
fünf zusammenwirkenden Zuhältern festgestellt werden.
In der Regel arbeiten bis zu drei Prostituierte für einen Zuhälter, wobei
streckenweise auch vier und mehr Frauen beobachtet wurden.

28
Die legale Prostitution ist in und um Augsburg nur im Stadtgebiet Augs-
burg erlaubt, da nur hier die gesetzlich geforderte Größe von mehr als
30.000 Einwohnern erreicht wird.
Die Prostitution teilt sich, wie schon erwähnt, in die Bereiche der Clubs,
der Wohnungsprostitution und des Straßenstrichs auf.
Wie sich die verschiedenen Arten wo in Augsburg verteilen, wird noch er-
läutert werden, zur besseren Vorstellung findet der Leser im Anhang einen
Stadtplan von Augsburg.
Momentan existieren in Augsburg 10 Sexclubs. Die Clubs sind überwie-
gend im Norden Augsburgs zu finden.
Von den in den Clubs arbeitenden Damen, durchschnittlich etwa acht pro
Etablissement, werden zwischen 150 DM und 180 DM pro Tag verlangt.
Dieser relativ hohe Betrag ist im wesentlichen der Preis für die höhere Si-
cherheit gegenüber der Wohnungsprostitution.
2/3 der Einnahmen erzielt ein Clubbesitzer allerdings über den Ausschank
von Alkohol.
Dieser Ausschank von Alkohol ist eigentlich verboten, ohne ihn kann aber
kein Club überleben.
Zur Problematik des illegalen Alkoholausschanks mehr in folgenden Kapi-
teln.
Die Clubs sind wie folgt verteilt:
Massage Studio - Hirblinger Straße 280; Club Blue Velvet - Gubener Stra-
ße 3; Club Babylon - Donauwörther Straße 120; Club La Vie - Hammer-
schmiedweg 20a; Häschen Club - Ulmer Straße 209; Haus Ibiza -
Dinglerstraße 1½ ; Club Pretty Woman - Steinere Furt 58
1
/
3
Club d'Amour
- Ostrachstraße 15; Relax Studio - Pilsener Straße 9;
Club Venus - Unterer Talweg 119;
Club Love Lady - Königsbrunner Straße 120;

29
Die Wohnungsprostitution findet gegenwärtig in ungefähr 50 bis 70 Woh-
nungen statt. In für diese Zwecke vermieteten Wohnungen beträgt die
Miete zwischen 1.200 DM und 1.500 DM.
Die Mieten sind teilweise bis zu sieben mal höher, als die Mieten für nor-
male Wohnungen.
Auffällig war hier, daß mehr und mehr bekannte Zuhälter als Schnittstelle
zwischen Vermieter und dem Milieu in Erscheinung getreten sind.
Über derartige Verbindungen wird der Prostituierten als Untermieterin die
Wohnung verschafft, so kann der Zuhälter mit relativ geringen Einsatz und
Risiko verhältnismäßig viel Geld verdienen.
Einige Wohnungen sind allerdings auch direkt für die Zwecke der Prostitu-
tion ausgeschrieben und laufen so unter gewerblicher Wohnungsvermie-
tung, so wie die Vermietung der Zimmer in Clubs unter gewerblicher Zim-
mervermietung läuft.
Für die Wohnungsprostitution kann man keine genaue Verteilung der ein-
zelnen Wohnungen angeben.
Zur Wohnungsprostitution zählen auch die Dirnenwohnheime in der Ha-
sengasse, die jedoch im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung verlo-
ren haben.
Hier sind in 7 Häusern zur Zeit etwa 50 bis 70 Damen fest in einem
Tag-/Nachtschicht-ähnlichen Betrieb tätig.
Der Bereich der Hasengasse verwaltet sich größtenteils selbst ohne äuße-
re Einflüsse.
In Bezug auf die dort arbeitenden Prostituierten ist eine große Konstanz zu
erkennen, wobei ein auffällig großer Anteil aus München kommt.
Die wöchentliche Miete für ein Zimmer liegt bei 550 DM
(Mietpreis vor 20 Jahren: 30 DM)
Auffällig für die Hasengasse ist weiterhin, daß unter den dort arbeitenden
Damen eine gegenseitige Kontrolle herrscht.
So wird eine Dame, die sich nicht ordentlich zu benehmen weiß, die kör-
perliche Hygiene vernachlässigt, sich dem Alkohol hingibt oder in Unmen-

30
gen raucht von den anderen dort arbeitenden Damen geschnitten und
ausgeschlossen.
Eine dort arbeitende Prostituierte verglich die Hasengasse mit einem In-
ternat, wobei es hier keine Lehrer gäbe, die die Kontrollfunktion überneh-
men würden, sondern jeder jeden kontrollieren würde.
Im Gegensatz zur Hasengasse zeigt eine andere Art von Wohnungprosti-
tution einen stark ansteigende Tendenz: Terminwohnungen.
In Augsburg gibt es momentan vier Häuser dieser Art. Haupt- und Neben-
erwerbsprostituierte (Hausfrauen) rotieren im ein- bis zweiwöchigen
Rhythmus im gesamten Bundesgebiet und gehen an ständig wechselnden
Orten in derartigen Wohnungen der Prostitution nach.
Terminwohnungen befinden sich in Augsburg im Kobelweg 24,
in der Steineren Furt 47 und in der Eissackstraße 3.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, daß das vordergründig bie-
dere Magazin ,,Heim und Welt" (Kopie eines Deckblattes dieser Zeitung
findet sich im Anhang) unter der Rubrik ,,Stellenangebote" als bundesweit
feste Größe in der Prostitutionsvermittlung fungiert.
Die Örtlichkeiten, an denen die Damen des horizontalen Gewerbes auf der
Straße ihrer Tätigkeit nachgehen, sind über das gesamte Stadtgebiet ver-
teilt. Insgesamt existieren 15 bekannte Plätze.
Die Anzahl der Damen an einem Ort reicht von rund 15 Prostituierten im
Bereich Prinzregentenplatz / Holbeinstraße bis zu Orten, an denen ledig-
lich eine Dame tätig ist.
Die bestehenden Plätze sind größtenteils fest verteilt und werden von den
gleichen Prostituierten beansprucht.
Auf der Straße findet man die Damen in der Ackermann-/ Hessenbach-
straße; in der Austraße / Dieselstraße, auf dem Dehner Parkplatz, in der
Bürgermeister-Ackermann-Straße, auf dem Dehner Parkplatz in der Bür-
germeister-Wegele-Straße, bei Siemens in der Bürgermeister-Ulrich-
Straße, bei BMW-Klostermeier in der Donaustraße, bei der Esso-

31
Tankstelle in der Donauwörther-Straße, beim Pro-Markt in der Eichleit-
nerstraße, bei Fahrrad Böhm in der Inninger Straße, beim Schlachthof in
der Johannes-Haag-Straße, in der Mühlhauser Straße, in der Prinzregen-
tenstraße, in der Stuttgarter Straße, in der Stadtionstraße und in der Neu-
burger Straße.
4.3.) Vorstellung der befragten Prostituierten
Die Verfasserin konnte im Zuge ihrer Recherche mit insgesamt sechs
Prostituierten Interviews führen.
Die interviewten Damen können aufgrund der geringen Zahl natürlich nicht
repräsentativ für alle Prostituierten Augsburgs sein, zumindest kann man
aber einen Einblick in jeden Bereich der Prostitution gewinnen.
Im Verlauf der Forschung wurden zwei Wohnungsprostituierte, zwei Stra-
ßenprostituierte, eine Clubprostituierte und eine Dame, die ihrem Job in
der Hasengasse nachgeht, interviewt.
Bis auf eine Dame, die die Verfasserin im Verlauf der Telefonaktion zu
einem Interview bewegen konnte, sind alle Kontakte durch das Gesund-
heitsamt entstanden.
Alle Informationen, die im weiteren Verlauf der Vorstellung der Damen ge-
geben werden, sind aus den Interviews entnommen.
Die in Schriftform gefaßten Interviews befinden sich ausnahmslos im An-
hang.
Lena
Lena war nicht nur der einzige Kontakt, den die Verfasserin durch ihre Te-
lefonaktion erringen konnte, sie war auch die einzige, die einer Aufzeich-
nung des Interviews auf Tonband nicht zustimmte.

32
Lena ist eine 31jährige Prostituierte, die in der Stadtzeitung inseriert, um
an ihre Kunden zu gelangen.
Lena geht ihrem Job in der Wohnung, deren alleinige Mieterin sie ist,
nach.
Für das Appartement mit einer Größe von knapp 28 qm zahlt Lena mit
Nebenkosten und Heizung 1.200 DM. Diese überhöhte Miete nimmt sie
gerne in Kauf, nachdem sie bei der Anmietung einer ,,normalen" Wohnung
für diese Zwecke schon mehrfach schlechte Erfahrungen hinsichtlich der
Beschwerdehäufigkeit der Nachbarn und der schnellen Kündigung seitens
des Vermieters gemacht hat.
Das gemietete Appartement dient nur zu Arbeitszwecken, dem Privatleben
geht Lena in ihrer anderen Wohnung nach.
Neben der räumlichen Trennung zwischen Job und Privatleben, ist Lena
auch eine sonstige strikte Trennung von beiden Bereichen sehr wichtig.
Ihre Arbeitszeit beginnt um 11:00 Uhr und endet nachts gegen 1:00 Uhr.
Lena arbeitet von montags bis freitags, das Wochenende hält sie sich im-
mer frei.
Am Wochenende kümmert sie sich nur um ihren 13jährigen Sohn, der sich
unter der Woche in einem Internat aufhält.
Lena gibt sich vor ihren Kunden für 25 aus, ein Alter, das man ihr durch-
aus abnehmen kann.
Zum Interviewtermin, der an einem Mittwochmorgen um 8:00 Uhr in einem
Café stattfand erschien Lena vollkommen ungeschminkt und in sportlich-
eleganter Kleidung.
Lena arbeitet erst seit einem Jahr in diesem Beruf. Ihr Einstieg ins Milieu
war klassisch.
Nach der Scheidung von ihrem Mann, den sie heiratete, als sie mit ihrem
Sohn schwanger war und von dem sie sich trennte, weil er sie über Jahre
mißhandelte, stand Lena eigentlich vor dem Nichts.

33
Nachdem sie sich eine eigene Wohnung eingerichtet hatte und ihr freies
Leben genossen hatte, stand sie vor einem erheblichen Schuldenberg,
dessen Bewältigung ihr großes Kopfzerbrechen bereitete und für den es
keine Lösung zu geben schien.
Eine Bekannte aus dem Milieu machte die darauf aufmerksam, daß das
schnelle Geld für eine Frau nur in der Prostitution zu verdienen sei, eine
Meinung, die Lena heute ebenfalls voll und ganz vertritt.
Das erste Mal war zwar besonders schrecklich, aber nach einiger Zeit ler-
ne man, abzuschalten.
Lena arbeitet, wie jede Prostituierte, die in der Stadtzeitung inseriert, unter
falschen Namen.
Mit der Offenlegung ihres Berufes geht Lena unterschiedlich um, ihre El-
tern und früheren Freunde wissen nicht Bescheid und es liegt auch im wei-
teren Interesse, den jetzigen Beruf geheimzuhalten, was nicht weiter
schwerfällt, da Lena ursprünglich aus einem kleinen Dorf bei Karlsruhe
stammt, bei einigen Personen gibt sie offen zu, Prostituierte zu sein.
Innerhalb von Augsburg hält Lena ihren Beruf meist auch geheim, wenn
sie allerdings damit rechnen kann, daß man sie und ihren Beruf akzeptiert,
hat sie keine Probleme diesen zu offenbaren und offen darüber zu spre-
chen.
Lena's Sohn weiß über den Beruf der Mutter nicht Bescheid. Auf die Fra-
ge, wie sie das denn auch in Zukunft geheimhalten wolle, wußte Lena al-
lerdings keine Antwort, war sich aber gleichzeitig sicher, das irgend wie
hinzukriegen.
Da Lena erst seit einem Jahr als Prostituierte tätig ist, daß heißt in diesem
Bereich noch als ,,Frischfleisch" zählt, zudem sehr gut aussieht, für eine
Stunde 500 DM verlangt und genug Kunden hat, die bereit sind, dies zu
zahlen, verdient sie momentan sehr gut.

34
Im Jahr ihrer Tätigkeit hatte sie noch keine schlechten Erfahrungen mit
Freiern gemacht und wurde auch noch nie bedroht.
Alles das sind Punkte, die man sich vor Augen halten muß, wenn man
verstehen will, warum sie von ihrem Beruf und dem so schnell verdienten
Geld absolut begeistert ist.
Während des Interviews ließ sie sogar verlauten, daß sie es nicht verste-
hen könne, warum sich so viele junge Frauen und insbesondere Studen-
tinnen mit 620 DM-Jobs begnügen würden, wenn sie es doch viel einfa-
cher haben könnten.
Lena war der Meinung, die Prostitution sei der beste Job für eine Frau.
Anna
Anna interviewte die Verfasserin zusammen mit der folgenden Dame Bär-
bel.
Beide Damen arbeiten auf der Straße (Prinzregentenstraße und Prinzre-
gentenplatz).
Ihre Kunden bedienen sie in einer Absteige.
Den Damen war es wichtig, nicht unter ihren richtigen Namen genannt zu
werden, weshalb beim Interview die Pseudonyme Anna und Bärbel ver-
wendet wurden.
Anna ist 52 und schon seit über 30 Jahren im Beruf der Prostituierten tä-
tig.
Der Grund des Einstiegs war auch bei Anna eine Notlage, allerdings hat
sie keiner dazu gezwungen. Den Weg der Prostitution zu gehen, war allein
ihre Entscheidung.
Anna ist damals in die Halderstraße gegangen, weil sie wußte, daß dort
ein Straßenstrich ist und hat sich einfach dazugestellt.
Nachdem die Plätze aber unter allen arbeitenden Prostituierten verteilt
sind und jede sich ihren Platz erkämpfen muß, hatte es Anna nicht leicht.

35
Laut ihren eigenen Angaben ist sie erst einmal ein Jahr verprügelt worden,
bevor sie sich ihr Anrecht auf ihren Platz gesichert hatte.
Damals war Prostitution unter 21 verboten und so mußte Anna warten, bis
sie das 21. Lebensjahr erreicht hatte, bevor sie aufs Gesundheitsamt ge-
hen konnte, um sich offiziell als Prostituierte registrieren zu lassen und
den vorgeschriebenen Untersuchungen nachzugehen.
Früher wäre man als Prostituierte noch wie eine Aussätzige behandelt
worden, daß sei heute nicht mehr ganz so schlimm.
Aber auch die mangelnde Akzeptanz hatte Anna nie gestört, offen zu sa-
gen, womit sie ihr Geld verdient.
Anna wollte nie ihren Beruf verheimlichen, es war ihr immer wichtig, jedem
zu sagen, was sie tut.
Sie wollte nie mit Leuten verkehren, die sie ablehnen, und sie wollte auch
nie, daß hinter ihrem Rücken getuschelt werden könnte, weil man auf
Umwegen erfahren hatte, welchen Beruf sie ausübt.
Ihrer besten Freundin, einer Rechtsanwältin, hatte Anna damals ihren
neuen Beruf gleich zu Anfang gestanden und sie vor die Wahl gestellt, es
sich überlegen zu können, ob sie unter diesen Umständen noch etwas mit
ihr zu tun haben wolle.
Diese Freundschaft besteht heute noch.
Anna bekam die Ablehnung, die einer Prostituierten entgegenschlägt in
jungen Jahren stark zu spüren, was dazu führte, daß sie sich wegen ihrer
psychischen Probleme eine Gruppentherapie und eine Einzeltherapie un-
terzog.
Heute ist Anna der Meinung, daß die ,,normale Gesellschaft" mit Sex weit-
aus geringschätziger umgeht, als es die professionellen Damen des hori-
zontalen Gewerbes tun.
Ihre Meinung bekräftigen ihre Beobachtungen, die sie selbst machte.

36
Viele ,,solide" Frauen würden ihre Sexualpartner viel öfter wechseln, als
sie es privat tun würde.
Auch viele junge Mädchen würden sich in der Öffentlichkeit sehr schlecht
benehmen, ein Verhalten, was dann immer den Prostituierten in die Schu-
he geschoben werde.
Anna selbst hat in ihrem Leben zwei Freunde gehabt, von ihrem ersten
Freund hat sie ein Kind und mit ihrem jetzigen Freund ist sie seit vielen
Jahren zusammen.
Weil Anna am eigenen Leib erlebt hat, wie man sich fühlt, wenn man nicht
akzeptiert wird, hat sie selbst immer große Toleranz gegenüber allen Leu-
ten geübt, auch, oder gerade besonders gegenüber denen, die andersartig
waren.
Insgesamt würden die Prostituierten aber untereinander offener umgehen,
als das in der Normalbevölkerung möglich sei.
Unter den Damen des horizontalen Gewerbes würden Altersunterschiede
nichts ausmachen.
Probleme würden gemeinsam besprochen und es würde versucht, ge-
meinsam eine Lösung zu finden; den erhobenen Zeigefinger suche man
unter den Damen vergebens.
Manchmal würden unter den Kolleginnen sogar Rollenspiele gemacht, um
sich beispielsweise auf mögliche Gefahrensituationen besser einstellen zu
können.
Anna lehnt das ,,Anschaffen gehen" unter Drogen- oder Alkoholeinfluß ab-
solut ab und verurteilt auch die Kolleginnen, die dies tun, weil sie ihren
Beruf wie jeden anderen Beruf einschätzt und es bei jedem Beruf wichtig
sei, mit Kopf und Verstand bei der Arbeit zu sein.
Die Psychologie gegenüber dem Kunden sei wichtig, man müsse dem
Kunden immer erzählen, was er hören wolle und dürfe ihn nie beleidigen,
vor allem nicht hinsichtlich des Genitalbereichs, denn das könnte unter
Umständen für die Prostituierte gefährlich werden, oder sogar tödlich sein.

37
Beim Arbeiten sei es wichtig, zuerst einen Preis auszumachen, diesen im
Voraus zu kassieren, den Geschlechtsakt oder das vom Kunden ge-
wünschte zu vollziehen und sich dann erst auf eine eventuelle Unterhal-
tung einzulassen.
Anna sieht ihren Beruf durchaus als ehestabilisierend an, da die Kunden
nach dem Besuch einer Prostituierten mit schlechten Gewissen nach Hau-
se zurückkehren und sich deswegen besser und liebevoller um ihre eigene
Frau kümmern würden.
Viele Kunden wünschten allerdings gar keinen Geschlechtsverkehr, son-
dern würden einen Gesprächspartner suchen, weil sie diesen zu Hause
nicht fänden.
Im Allgemeinen könne man aber sagen, daß, um die Kunden zu katalogi-
sieren, je höher die Machtausübung des Kunden im Beruf sei, desto nied-
riger und niederträchtiger wolle er behandelt werden.
Die Arbeitsmarktsituation hätte sich in den letzten Jahren sehr verschlech-
tert. Heute sei es kaum noch möglich, nur von der Prostitution zu leben.
An der Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation trägen vor allem auch
die Ausländerinnen Schuld, die die Preise kaputt machen würden und sich
für Dinge hergeben würden, die eine deutsche Prostituierte nie tun würde.
Die ausländischen Mädchen würden auch wieder vermehrt unter Zuhältern
arbeiten, das hätten die deutschen Frauen nicht nötig.
Anna hat ihren Beruf immer in Augsburg ausgeübt, auch in Augsburg sei
der Arbeitsmarkt schlechter geworden und man merke auch, daß die
Wünsche der Kunden in den letzten 30 Jahren immer aggressiver werden
würden. Einige Damen würden dann den Wünschen der Kunden entspre-
chen, auch wenn dies gefährlich sei, oder gegen die Ehre, den Ehrenko-
dex einer Prostituierten gehen würde.

38
Unter diesen Ehrenkodex falle beispielsweise auch, daß man dem Gast
nie das ganze Geld abnehmen dürfe, auch wenn er dazu bereit wäre.
Diese Dinge würde Anna auch den neuen Mädels beibringen und sie hätte
schon von einigen gehört, daß der Gast gesagt hätte, man würde merken,
daß Anna ihre Lehrerin gewesen sei.
Insgesamt hätte die offene Aggressivität zugunsten der verbalen Aggres-
sivität abgenommen.
Gegen die offene Aggressivität könnten sich die Prostituierten gut schüt-
zen, aber die verbale Aggressivität sei mitunter sehr verletzend.
Anna hat 1972 miterlebt, wie ihre beste Freundin mit 28 Messerstichen
umgebracht worden ist, kurz nachdem eine andere Kollegin in der Hasen-
gasse ermordet worden war.
Alles in allem fühle sich Anna allerdings schon einer sozialen Randgruppe
zugehörig, die diskriminiert werde.
Der Tagesablauf von Anna sei nicht viel anders, als der einer anderen be-
rufstätigen Frau. Tagsüber würde sie ihren Haushalt machen und abends
eben in die Arbeit gehen, so wie jede andere Berufstätige auch, nur zeit-
lich verschoben.
Annas Tochter kennt den Beruf ihrer Mutter, Anna hat ihr diesen gestan-
den, als ihre Tochter 16 war und sie dann vor die Wahl gestellt, ob sie lie-
ber zum Vater gehen würde, von dem Anna getrennt war, oder bei Anna
bleiben wolle. Ihre Tochter ist bei ihr geblieben.
Auf die Behörden ist Anna mit unterschiedlichen Gefühlen zu sprechen.
Die Polizei würde ihnen zwar oft helfen, doch sie auch oft sehr respektlos
behandeln, was man schon daran erkennen könne, daß viele Polizisten
die Bezeichnung ,,Nutte" benutzen würde, was unter den Damen verpönt
ist. Keine Prostituierte hätte etwas dagegen, Dirne oder Hure genannt zu
werden, aber Nutte sei beleidigend.

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Auch würde die Polizei nicht selten ihre Pflichten vernachlässigen, dann
beispielsweise, wenn sie eine an AIDS erkrankte Hure suchen sollten und
dies mit der Bemerkung abtun, daß es ja keinen falschen erwischen wür-
de, wenn sich da einer anstecken würde.
Die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt sei einwandfrei, auch die
Hausmeister vom Finanzamt am Prinzregentenplatz würden sie des
nachts unterstützen, die Arbeit des Ordnungsamt allerdings würden die
Damen manchmal nicht verstehen.
Das verstärkte Interesse der Medien in letzter Zeit am Beruf der Hure
würde Anna stören, da es rein voyeuristisch sei.
Auch von den Selbsthilfeorganisationen wie ,,Hydra" hält Anna nichts, sie
ist auch nicht der Meinung, daß man in ihrem Beruf etwas ändern müßte.
Man hätte gelernt, mit den sozialen Ungerechtigkeiten zu leben und wolle
da auch keine Änderung, auch aus der Angst heraus, daß es dann für vie-
le Kunden den Reiz verlieren würde, wenn man den Umgang mit der Pros-
titution behördlich derart verbessern würde.
Von den Behörden wünscht sich Anna nur, daß die Schikanen aufhören
und sie in Ruhe der Ausübung ihres Berufes nachgehen kann.
Anna arbeitet gerne auf der Straße und möchte auch nicht mit einer Club-
oder Wohnungsprostituierten tauschen.
Bärbel
Bärbel ist 27, übt den Beruf der Prostituierten seit mittlerweile 10 Jahren
aus und ist eine von Augsburgs transsexuellen Damen des horizontalen
Gewerbes.
Bärbel hatte zu der Zeit, als sie anfing, anschaffen zu gehen, einen ,,nor-
malen" Beruf und hätte es eigentlich gar nicht nötig gehabt, den Beruf der
Prostituierten zu ergreifen.

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Eine Bekannte von ihr ging allerdings anschaffen, was Bärbel faszinierte
und so wollte sie es ausprobieren.
Bärbel hat mit 17 angefangen und sich mit 18 dann die Karte, das Unter-
suchungsheft vom Gesundheitsamt geholt, vorher arbeitete sie illegal.
Hinter Bärbel's Wunsch, als Prostituierte zu arbeiten, stand nicht der Reiz
der Halbwelt oder des Milieus, sonder eher die Suche nach der Bestäti-
gung als Frau, nachdem Bärbel immer als Frau gearbeitet hat, auch als
sie vom Körperbau und biologisch noch ein Mann war.
Bis sie das Geld zusammen hatte, um sich operieren lassen zu können,
arbeitete Bärbel noch eine Zeit lang als halb Mann (biologisch) und halb
Frau (nach dem Aussehen).
Sie arbeitete hart und verdiente sich so ihr Geld für die Operation zur
Frau, die sie dann mit 21 in Holland machen ließ.
Am Milieu hat Bärbel auch gefallen, daß man sie eher und besser akzep-
tiert hat.
Nach ihrer Operation hatte Bärbel das Problem der Namensänderung, da
man in Bayern erst mit 25 Jahren seinen Namen umschreiben lassen darf.
All die Hürden, die sie nehmen mußte, ließen Bärbel nervlich desöfteren
zusammenbrechen. Bärbel wurde wieder für eine Zeit solide, um dann
doch in den Beruf der Prostituierten zurückzukehren, aus dem Grund der
Erkenntnis, daß dort doch die Leute waren, zu denen sie gehöre.
Bärbel hat nie bereut den Beruf der Prostituierten gewählt zu haben, noch
ihre Operation zur Frau.
Auch Bärbel hat im Zuge ihrer Berufsausübung viele Freunde verloren,
eine Tatsache, mit der sie zeitweise stark zu kämpfen hatte.
Große seelische Unterstützung fand Bärbel bei Anna, die sie mit 17 ken-
nenlernte und die sie bei ihrer Arbeit und privat unterstützte.
Bärbel wurde von der Großmutter aufgezogen, diese reagierte mitunter
sogar eifersüchtig auf das gute Verhältnis, das Bärbel zu Anna hat.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832469658
ISBN (Paperback)
9783838669656
DOI
10.3239/9783832469658
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Philosophische Fakultät I
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
3,8
Schlagworte
soziographie milieustudie gesellschaftskritik gewerbe
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Titel: Prostitution in Augsburg
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