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The way they communicate

Jugendliches Kommunikationsverhalten via Handy und E-Mail aus konsumsoziologischer und identitätstheoretischer Sicht

©2002 Magisterarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wenn die Massenmedien sich über den Einfluß technischer Innovationen, speziell im Kommunikationsbereich, auf jugendliche Lebenswelten und Verhaltensweisen äußern, wurde bislang gerne das Bild des einsamen Computerfreaks gezeichnet. Seit der massenhaften Verbreitung des Mobiltelefons jedoch betont man lieber das gesteigerte Kommunikationsbedürfnis Jugendlicher. Ihre permanente Kommunikationsbereitschaft ist unübersehbar. Es macht sogar den Eindruck, junge Leute erfreuten sich an der Möglichkeit, ihre private Kommunikation in die Öffentlichkeit tragen zu können. Überall und permanent haben sie ihren Blick auf die Handytastatur gerichtet, um sogleich ihre geübten Finger auf dieselbe drücken zu lassen. Scheinbar zweitrangig sind dann plötzlich die anwesenden Freunde, wenn das Handy klingelt oder piepst. Moderne Kommunikationsmedien ergänzen herkömmliche, direkte oder telefonische Kommunikationsweisen und sie wirken auf die Jugendlichen besonders faszinierend. Jungsein heute bedeutet multimedial aufzuwachsen. Die Jugendlichen fühlen sich davon jedoch nicht überfordert, sondern aus dieser Vielfalt ziehen sie die Befriedigung des Bedürfnisses nach Erlebnis, Abwechslung und Kommunikation. Nicht zuletzt dienen ihnen neue Kommunikationsmedien und deren teilweise recht eigenwillige Aneignung zur Abgrenzung, entweder von der Erwachsenenwelt oder untereinander. Das Internet bietet Chat-Räume als Treffpunkte Gleichgesinnter und die Option des E-Mailens an. Aber unter soziologischen Gesichtspunkten relevanter, weil ortsungebunden und somit ständig und überall verfügbar, ist das Handy samt seiner SMS-Funktion, der anfangs niemand eine solche massenhafte Verbreitung vorausgesagt hätte. Vor allem via Handy stehen Jugendliche permanent in Verbindung mit Gleichaltrigen. Diese Feststellungen und die Tatsache, daß Jugendliche die Gesellschaft von morgen entscheidend prägen werden, hat mein Interesse an dieser Thematik geweckt. Ziel der Arbeit ist die soziologische und sozialpsychologische Herausarbeitung der sozialen Bedeutung des Mobiltelefons unter Zuhilfenahme konsumsoziologischer, identitätstheoretischer und kommunikationswissenschaftlicher Herangehensweisen. Fragen nach den Ursachen für das ausgeprägte Kommunikationsbedürfnis und solche nach den sozialen Auswirkungen medial vermittelter Kommunikation bilden die Grundlage des theoretischen Teils, der der Einführung in verschiedene Problembereiche und der Hinführung zu einer empirischen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6962
Dahm, Laura: The way they communicate - Jugendliches Kommunikationsverhalten via
Handy und E-Mail aus konsumsoziologischer und identitätstheoretischer Sicht
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Universität, Magisterarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

INHALTSVERZEICHNIS
0. EINLEITUNG 1
Teil I - Theorie
1. DIE JUGEND 5
1.1. S
TRUKTURWANDEL DER
J
UGENDPHASE
6
1.2. J
UGEND ALS SOZIALE
A
LTERSGRUPPE
7
2. DER MODERNE KONSUM 1 2
2.1. S
OZIALPSYCHOLOGISCHE
E
RKLÄRUNGSANSÄTZE DES MODERNEN
K
ONSUMS
1 6
2.1.1. P
RESTIGE
-
UND
S
TATUSSTREBEN
1 8
2.1.2. I
MAGINATIVER
H
EDONISMUS
1 9
2.1.3. K
ONSUMSYMBOLIK
2 0
2.1.4. E
RLEBNISORIENTIERUNG
2 4
2.1.5. P
SYCHISCHE UND SOZIALE
D
ETERMINANTEN DES
K
ONSUMENTENVERHALTENS
2 5
2.2. J
UGEND UND
K
ONSUM
2 6
2.2.1. S
OZIOÖKONOMISCHE
R
ESSOURCEN
: E
INKÜNFTE UND
A
USGABEN
J
UGENDLICHER
2 8
2.2.2. G
ÜTER
-
UND
D
IENSTLEISTUNGSKONSUM VON
J
UGENDLICHEN
2 8
2.3. D
AS
M
OBILTELEFON ALS
G
EBRAUCHSGUT
3 0
2.4. D
IE
V
ERWENDUNG DES
I
NTERNETDIENSTES
E-M
AIL
3 8
3. DIE MODERNE IDENTITÄT 4 1
3.1. G
ELUNGENE
I
DENTITÄTSBILDUNG ODER
P
ATCHWORK
-I
DENTITÄT
?
4 3
3.2. I
DENTITÄTSARBEIT MITTELS
K
ONSUM
4 8
3.3. I
DENTITÄTSARBEIT DURCH
K
OMMUNIKATION
5 2
4. DIE MODERNE KOMMUNIKATION 5 5
4.1. M
EDIENVERMITTELTE INTERPERSONALE
K
OMMUNIKATION
5 7

4.2. H
ANDY UND
SMS
IM
S
PIEGEL REPRÄSENTATIVER
U
NTERSUCHUNGEN
6 0
Teil II - Empirische Analyse der Handynutzung von Jugendlichen
5. FRAGESTELLUNG UND DURCHFÜHRUNG DER EMPIRISCHEN UNTERSUCHUNG
6 6
5.1. P
ROBLEMAUFRIß UND
F
RAGESTELLUNG
6 6
5.2. W
AHL DER
E
RHEBUNGSMETHODE
6 7
5.3. D
ATENBASIS DER
U
NTERSUCHUNG
6 8
5.4. T
ECHNIK DER
A
USWERTUNG
7 0
5.5. T
YPENBILDUNG
7 1
6. ERGEBNISSE 7 3
6.1. D
ARSTELLUNG UND
I
NTERPRETATION WICHTIGER
E
RGEBNISSE
7 3
6.1.1. H
ANDY
-B
ESITZ
,
FINANZIELLE
A
UFWENDUNGEN UND
N
UTZUNGSINTENSITÄT
7 4
6.1.2. B
EDEUTUNG IDENTITÄTSRELEVANTER
P
ARAMETER
(M
ARKE
, O
PTIK
,
EXPRESSIVE
F
UNKTION UND
A
NERKENNUNG
)
7 7
6.1.3. S
TELLENWERT
, V
OR
-
UND
N
ACHTEILE VON
H
ANDY UND
SMS
8 1
6.1.4. N
UTZUNG VON
H
ANDY UND
SMS
8 4
6.1.5. H
ANDYNUTZUNG IN
A
NWESENHEIT
D
RITTER
(M
ETAKOMMUNIKATION
)
8 6
6.1.6. A
USWIRKUNGEN DES
H
ANDYS AUF DAS SOZIALE
Z
USAMMENLEBEN
8 7
6.1.7. M
EDIENNUTZUNG ALLGEMEIN
8 8
6.1.8. F
REUNDE UND SOZIALES
N
ETZWERK
8 8
6.1.9. E
INSTELLUNGEN ZUM
M
OBILFUNKMARKT
8 9
6.2. T
YPENBILDUNG
9 0
6.3. R
EFLEXION DER EMPIRISCHEN
E
RGEBNISSE
101
7. SCHLUßBETRACHTUNG 104
8. LITERATURVERZEICHNIS 107
Anhang

1
0. Einleitung
Wenn die Massenmedien sich über den Einfluß technischer Innovationen, speziell im
Kommunikationsbereich, auf jugendliche Lebenswelten und Verhaltensweisen äußern,
wurde bislang gerne das Bild des einsamen Computerfreaks gezeichnet. Seit der
massenhaften Verbreitung des Mobiltelefons jedoch betont man lieber das gesteigerte
Kommunikationsbedürfnis Jugendlicher. Ihre permanente Kommunikationsbereitschaft
ist unübersehbar. Es macht sogar den Eindruck, junge Leute erfreuten sich an der
Möglichkeit, ihre private Kommunikation in die Öffentlichkeit tragen zu können. Überall
und permanent haben sie ihren Blick auf die Handytastatur gerichtet, um sogleich ihre
geübten Finger auf dieselbe drücken zu lassen. Scheinbar zweitrangig sind dann plötzlich
die anwesenden Freunde, wenn das Handy klingelt oder piepst.
Moderne Kommunikationsmedien ergänzen herkömmliche, direkte oder telefonische
Kommunikationsweisen und sie wirken auf die Jugendlichen besonders faszinierend.
Jungsein heute bedeutet multimedial aufzuwachsen. Die Jugendlichen fühlen sich davon
jedoch nicht überfordert, sondern aus dieser Vielfalt ziehen sie die Befriedigung des
Bedürfnisses nach Erlebnis, Abwechslung und Kommunikation. Nicht zuletzt dienen
ihnen neue Kommunikationsmedien und deren teilweise recht eigenwillige Aneignung zur
Abgrenzung, entweder von der Erwachsenenwelt oder untereinander. Das Internet bietet
Chat-Räume als Treffpunkte Gleichgesinnter und die Option des E-Mailens an. Aber
unter soziologischen Gesichtspunkten relevanter, weil ortsungebunden und somit
ständig und überall verfügbar, ist das Handy samt seiner SMS-Funktion, der anfangs
niemand eine solche massenhafte Verbreitung vorausgesagt hätte. Vor allem via Handy
stehen Jugendliche permanent in Verbindung mit Gleichaltrigen. Diese Feststellungen
und die Tatsache, daß Jugendliche die Gesellschaft von morgen entscheidend prägen
werden, hat mein Interesse an dieser Thematik geweckt. Ziel der Arbeit ist die
soziologische und sozialpsychologische Herausarbeitung der sozialen Bedeutung des
Mobiltelefons unter Zuhilfenahme konsumsoziologischer, identitätstheoretischer und
kommunikationswissenschaftlicher Herangehensweisen. Fragen nach den Ursachen für
das ausgeprägte Kommunikationsbedürfnis und solche nach den sozialen Auswirkungen
medial vermittelter Kommunikation bilden die Grundlage des theoretischen Teils, der der
Einführung in verschiedene Problembereiche und der Hinführung zu einer empirischen
Analyse der Kommunikation via Handy und SMS dient. Ebenso hätte man die Online-

2
Nutzung Jugendlicher mit dem Fokus auf die E-Mail zum Forschungsgegenstand machen
können. Jedoch ist dieser Bereich wesentlich besser erforscht als die Handy-Nutzung,
die mich zudem aufgrund ihres kometenhaften Aufstiegs innerhalb weniger Jahre stärker
interessiert. Die E-Mail wird an manchen Stellen zur Kontrastierung herangezogen, denn
für sie gelten völlig andere Bedingungen als für das Handy.
Die intensive Handy-Nutzung Jugendlicher verweist auf lebensphasenspezfische
Bedingungen. Ihre aktuellen Lebensphase muß zudem vor dem Hintergrund gewandelter
gesellschaftlicher Rahmenbedingungen im Zuge von Individualisierungsprozessen
gesehen werden. Die Jugendphase ist gekennzeichnet durch eine intensive
Auseinandersetzung mit der Identitätsfindung. Aus identitätstheoretischer Sicht gilt es
deshalb zu klären, ob das jugendliche Kommunikationsbedürfnis mit der
Identitätsfindung zusammenhängt. Inwiefern beeinflußt die Kommunikation und
Interaktion mit anderen den Prozeß der Identitätsbildung ? Bedarf sie möglicherweise
anerkennungsstiftender Momente? Einen weiteren Erklärungsansatz liefert vielleicht die
Konsumsoziologie. Wenn Konsumprodukte einen sekundären Nutzen haben, dann
könnte der des Handys möglicherweise in seiner darstellenden Funktion nach außen
bedeutsam sein, womit wiederum die Ebene der Kommunikation als eine mögliche
Bedingung für Identität angesprochen wäre. Die Umwelt zollt dem Handybesitzer
Anerkennung, denn das Handy ist ein sozial sichtbares und geachtetes Konsumprodukt.
Ebenso kann der Konsument sich mit einem Produkt identifizieren und daraus einen
Nutzen für seine Identitätsarbeit ziehen. Diese Überlegungen auf der Objektebene lassen
sich auch auf die Verwendungsebene übertragen, denn der Gebrauch hat eine
signalisierende und somit wiederum kommunikative Funktion für andere. Hierbei dürfte
der oben angesprochene Aspekt der Handy-Kommunikation in der Öffentlichkeit eine
Rolle spielen. Beabsichtigen die Handynutzer eine Art Metakommunikation mit
physisch Anwesenden, während sie gleichzeitig telefonieren oder SMS versenden? Die
bisher erwähnte kommunikative Bedeutung des Handys rückt vor allem seinen
Sekundärnutzen ins Zentrum. Schon hier lassen sich deutliche Differenzen zur E-Mail
ausmachen, die zwar ebenfalls der interpersonalen Kommunikation dient, jedoch kaum
Bedürfnisse metakommunikativer Art befriedigen kann, da sie nicht in der Öffentlichkeit
stattfindet.
Weiterhin in dieser Arbeit zentral sind die Auswirkungen, die das Handy auf den
zwischenmenschlichen Umgang hat. Angesichts der rasanten Verbreitung des Handys,

3
mittlerweile haben 55 Mio. Deutsche ein Handy, der Anteil der Handybesitzer bei den
unter 30jährigen beträgt sogar 85%, sind soziale Konsequenzen unvermeidlich. Sie
werden zum einen im öffentlichen Raum spürbar, zum anderen verändern sie eventuell
die Interaktionsweisen. Man könnte z.B. annehmen, daß die mobile Unterhaltung durch
Flüchtigkeit gekennzeichnet ist. Daraus würde möglicherweise eine Vervielfältigung der
Kontakte auf Kosten einer Verflachung ihrer Intensität resultieren. Menschliche
Kommunikation würde sich auf einen oberflächlichen und knappen Austausch
untereinander reduzieren. Gesteigert wäre dies wegen ihrer Kürze bei der SMS denkbar.
Gerade Jugendliche scheinen diese Funktion zu favorisieren. Hat das eher pragmatische
Gründe oder ist dies ein Indiz für ihre Geschwätzigkeit? Die hier vermuteten sozialen
Folgen können eher auch für die E-Mail-Kommunikation angenommen werden.
Aufbauend auf diesen forschungsleitenden Gedanken ergibt sich der Aufbau der Arbeit.
Vorangestellt ist ein ausführlicher Theorieteil, der sich in vier Teile gliedert. Zunächst
soll Jugend als Lebensphase (1.1.) und soziale Altersgruppe (1.2.) vor allem unter den
spezifischen Bedingungen einer individualisierten Gesellschaft betrachtet werden. Es
werden an dieser Stelle bereits Überlegungen zur Bedeutung der peergroups einfließen,
die für die empirische Studie relevant sind. Anschließend werden konsumsoziologische
Betrachtungsweisen herangezogen, die zum einen die Rahmenbedingungen einer
Konsumgesellschaft (2.) beschreiben, und vor diesem Hintergrund sozialpsychologische
Erklärungsansätze des modernen Konsums liefern (2.1.). Zentral wird dabei die
identitätsstiftende Bedeutung der Konsumsymbolik sein (2.1.3.). Die Beschreibung des
jugendlichen Konsumverhalten soll Aufschluß über jugendliche Ressourcen (2.2.1.) und
Konsumpräferenzen (2.2.2.) geben. Da das Handy hier vor allem unter dem Aspekt
eines Gebrauchsguts thematisiert wird, wird seine soziale und kulturelle Implikation in
Kapitel 2.3. im Mittelpunkt stehen. Dieses Kapitel ist besonders wichtig für die
Herleitung empirischer Fragestellungen. In Abgrenzung dazu findet die Nutzung von E-
Mail unter 2.4. Erwähnung. Schließlich laufen im Identitätskapitel die Theoriestränge
zusammen: Die Kapitel Identitätsarbeit mittels Konsum (3.2.) und Kommunikation
(3.3.) bündeln die Ausführungen zu einem sich gegenseitig beeinflussenden Komplex. Ein
Überblick über die Identitätsforschung (3.) und die Gegenüberstellung eines klassischen
Identitätskonzepts (Erikson) und einem modernen (Keupp) wird vorangestellt (3.1.).
Keupps Ausführungen zur Patchwork-Identität und die Ausführungen des
Symbolischen Interaktionismus zum Thema Anerkennung dürften von besonderem

4
Interesse sein. Bevor Handy und SMS im Spiegel repräsentativer Untersuchungen (4.2.)
thematisiert
werden, werde ich
knapp in den Forschungsbereich der
Kommunikationswissenschaft einführen (4.) und insbesondere die medienvermittelte
interpersonale Kommunikation fokussieren (4.1.).
Aufgrund des Forschungsdefizits bezüglich mobiler Telefonkommunikation - auch die
von mir verwendeten, kommerziellen Studien unter 4.2. bleiben für meine Zielsetzung zu
sehr an der Oberfläche - wird
meine Untersuchung
ihren
Platz im
Entdeckungszusammenhang haben und demzufolge qualitativ ausgerichtet sein. Die
Fragestellungen und die Auswertung sind theoriegeleitet, dienen aber nicht der
Überprüfung konkreter Hypothesen. Einstellungen zu, die konkrete Nutzung von und
die Bedeutungszuschreibung des Handys und der SMS stehen im Mittelpunkt. Auf der
Basis der Ergebnismaterials sollen Typen gebildet werden, die eine Kategorisierung
jugendlicher Handynutzer erlaubt. Die Typenbildung zentriert sich um einige
identitätsrelevante Aspekte, die durch sekundär strukturierende Aussagen der Befragten
ergänzt werden. Sie sollen jeweils auch auf ihre soziodemographische Zusammensetzung
hin überprüft werden. Gibt es mögliche Zusammenhänge? Die gewonnenen Ergebnisse
sollen in die Theorie rückgebunden werden, die Generierung von Hypothesen
ermöglichen und weitere Forschungsrichtungen aufweisen.

5
1. Die Jugend
Jugend ist ein widersprüchliches Phänomen, weil sie einerseits biologisch vorgegeben,
andererseits stark gesellschaftlich durchformt ist.
,,Mit dem Begriff Jugend wird entweder eine soziale Altersgruppe als Teilpopulation einer
Bevölkerung oder ein Entwicklungsphase im Lebenslauf eines Menschen definiert. Das jeweilige
soziokulturelle Gesellschaftssystem bestimmt die Rahmenbedingungen (...) von Jugend als sozialer
Gruppe und Lebensphase (...)" (Bernart 1998, S. 352).
Die Phase zwischen dem 13. und 25. Lebensjahr kann als Statuspassage zwischen
Kindheit und Erwachsenenalter interpretiert werden. Die Jugendzeit hat sich verlängert,
weil die Kindheit heute früher aufhört - bedingt durch eine früher einsetzende biologische
Reifung und soziale Phänomene, besonders die Verschulung - und das Erwachsensein
später anfängt. Mein Augenmerk gilt der zentralen Phase zwischen dem 13. und 18.
Lebensjahr. Hurrelmann bezeichnet diese Zeitspanne als ,,pubertäre Phase", deren Ziel
die Gewinnung von Ich-Identität und das Erwachsenwerden ist. Jugendliche sind
einerseits mit den erheblichen Veränderungen der körperlichen, geistigen und emotionalen
Entwicklung beschäftigt, andererseits findet eine produktive Auseinandersetzung mit
der Umwelt bei gleichzeitiger Lösung vom Elternhaus statt. Hier müssen die wichtigsten
Hürden bezüglich Identitätsbildung und Persönlichkeitswerdung genommen werden und
die ,,kids" machen neben den Ablösungsprozessen erste Erfahrungen, demonstrativer
Abgrenzung und Autonomiestreben einerseits, und Erfahrungen innerhalb der
peergroups sowie mit dem Anschluß an Jugendszenen andererseits. Aus ihren
Orientierungs- und Identitätsproblemen entsteht das Bedürfnis nach eigenem
Sozialerleben, nach Kommunikation und Information innerhalb selbstgewählter
Beziehungen.
Die Jugendphase ist im soziologischen Sinne als eigenständige Lebensphase anzusehen,
weil in ihr der Prozeß des Einrückens in zentrale gesellschaftliche Mitgliedsrollen
eingeleitet und zum Ende gebracht wird. In der Wahrnehmung der Jugendlichen ist sie
nicht mehr nur eine Phase der Vorbereitung und des Übergangs. Die Erfüllung
gesellschaftlicher Anforderungen und lebenslaufbezogener Aufgaben im Zusammenhang
mit der Persönlichkeitsentwicklung wird angesichts der Widersprüche unter den
Bedingungen der Modernisierung in den Sozialisationsinstanzen zunehmend schwieriger,
u.a. aufgrund der Fülle von Möglichkeiten und Entscheidungen und der
Unkalkulierbarkeit der Übergänge.

6
Im Freizeit- und Konsumsektor bietet sich den Jugendlichen die Chance, sich als
selbständig zu erleben, während sich die Familien- und Erwerbsrolle mehr und mehr nach
hinten verlagert und Jugendliche länger ökonomisch abhängig bleiben. Dementsprechend
gerne begeben sich junge Menschen in die Konsumentenrolle. Sie dient zum einen der
Selbstdarstellung nach außen und dem Finden eines Lebensstils, zum anderen ist ihr ein
großer Stellenwert bezüglich der Identitätsbildung einzuräumen (s. Kapitel 3) (vgl.
Bernart 1998, S. 352-358; Ferchhoff 1999, S. 9-19, 173-183; Hurrelmann 1994, S. 11-
52; Vogelgesang 1994, S. 466f).
1.1. Strukturwandel der Jugendphase
Die moderne Jugendphase entstand im Zuge der modernen Industriegesellschaft an der
Wende zum 19. Jahrhundert, ist aber erst seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts eine
allgemeine gesellschaftliche Kategorie für beide Geschlechter und alle Schichten. Ein
neues soziales Verständnis von Jugend sowie Verschiebungen des Erwachseneneintritts
sorgten für eine Ausdifferenzierung der Jugendphase. Einer Akzeleration der
biologischen Entwicklung steht
eine kulturelle Retardierung, bedingt durch
Bildungsexpansion und Arbeitsmarktveränderungen, gegenüber, in der Jugend zu einem
psychosozialen Moratorium wird.
Trotz einer Angleichung durch Verschulung mit einem Zugewinn an freier Zeit und
Freizeitmöglichkeiten existieren dennoch unterschiedliche Lebensbedingungen und
entsprechend eine große Vielfalt an jugendlichen Lebenswirklichkeiten und
Freizeitinteressen. Mit der Ausweitung der Freizeit wächst die Bedeutung informeller
Peerbeziehungen und die Wahlmöglichkeit für Lebensstile. Gegenläufig zur
Verallgemeinerung zeichnet sich eine Entstrukturierung der Jugendphase ab, d.h. der
Übergang ins Erwachsenenalter differenziert sich in eine Abfolge von Teilübergängen aus
und die Grenzen verschwimmen zunehmend. Während der Beginn der Jugend durch die
Pubertät relativ eindeutig bestimmbar ist, bleiben Verlauf und Ende der Jugendphase
uneindeutig. Der Freisetzung von Erwerbsarbeit und die verlängerte Phase der
ökonomischen Abhängigkeit steht eine Vorverlagerung der soziokulturellen Partizipation
gegenüber. Brechen traditionelle Sicherheiten auf, müssen Biographien selbst geplant
werden. Für die personale Entwicklung bedeutet dies, daß Identitätsbildung zunehmend
vom Individuum selbst gelöst werden muß. Darauf reagieren junge Menschen mit einer
Vielfalt kultureller Ausdrucksmöglichkeiten, die allerdings keine Garantie gelingender

7
Identitätsfindung ist. Tillmann bringt die massiven Umstrukturierungen auf einen
Nenner:
,,Der Individualisierungsschub bringt weniger äußere Verbindlichkeiten mit sich, statt dessen kann
man von einer Pluralisierung der Jugend als Lebensform sprechen. Dieser Strukturwandel der Jugend
resultiert zum einen aus der Verlängerung von Jugend durch `Verschulung´. Zum zweiten trägt die
Verunsicherung von Jugend durch Arbeitsmarktrisiken zu einem massiven Konkurrenzdruck bei. Ein
dritter Grund für den Strukturwandel ist die Vervielfältigung des Übergangs in das Erwachsenenalter"
(Tillmann 1993, S. 263).
Jugendliche sind mit den Umbrüche in den Sozialisationsbedingungen und dem
gleichzeitigen aber ungleichgewichtigen Leben in Familien-, Schul-, Medien- und
Peergroup-Wirklichkeiten konfrontiert. Aufgrund einem Mehr an ökonomischen,
kulturellen und sozialen Ressourcen können Jugendliche heute früher selbstbestimmt an
der Konsum- und Freizeitwelt teilnehmen. Freizeit, Konsum, Medien, Moden und das
gesamte Outfit erfahren einen enormen Bedeutungsgewinn. Er bietet einen
Entfaltungsspielraum für Identitätsbildung und Lebensstilentfaltung und stellt zudem ein
Experimentierraum geringer biographischer Relevanz dar. Individualisierung und
Auflösung traditioneller Sozialformen und normativer Regelungen bringen einerseits
Vorteile von Selbständigkeit und individueller Lebensplanung mit sich, haben aber
andererseits auch Schattenseiten in Form von Verhaltensunsicherheiten und
verschiedenster Belastungen. Im Rückzug in Jugendkulturen und der dortigen
stilbildenden Geltung von Medien, Mode und Konsum drückt sich die Suche nach
Auswegen aus Verzweiflung und Unsicherheit aus.
Abschließend sei festgehalten, daß sich die
Jugendphase in einem
Destandardisierungsprozeß befindet. Allerdings kann nicht von ihrer Auflösung sondern
lediglich von ihrer Umstrukturierung die Rede sein. Dieser Strukturwandel impliziert das
Entstehen
eines
Entfaltungsspielraumes
für den Individuations- und
Identifikationsprozeß verbunden mit einem hohen Autonomiegrad im Freizeit- und
Konsumbereich und den damit fortschreitendem Prozeß
der (paradoxen)
Individualisierung der Jugendphase (vgl. Ferchhoff 1997, S. 65-81; ders. 1999, S. 9-19,
173-248; Ferchhoff/Neubauer 1997, S. 7-9; Hurrelmann 1994, S. 26-31, 287-293;
Gudjons 1999, S. 132-139; Nolteernsting 1998, S. 9-20; Olk 1989, S. 179-200; Tillmann
1993, S. 263-269).
1.2. Jugend als soziale Altersgruppe
Der Spiegel titelte Ende der 90er Jahre: ,,Die jungen Milden". Der Artikel zeigt, daß die
heutige Jugend als soziale Altersgruppe,
ihre
Freundschaftsbeziehungen,

8
Lebenssituationen, Einstellungen und Interessen und das Spektrum der Jugendkulturen
schwer zu fassen sind. Allen gemeinsam ist der Pragmatismus, wenn es um die
individuelle Verwirklichung vom Lebensglück geht. Konkurrenz und Wettkampf stehen
der Angst vor Einsamkeit und der Suche nach Anerkennung gegenüber. Konsum wird
zum Lebensstil erhoben und zur aktiven Selbstinszenierung als Gegenmittel zur
allgemeinen Orientierungslosigkeit eingesetzt. Freunde treffen, Sport und Musik gehören
zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen, aber auch die Medienwelt hat ihre jungen
Mitglieder vollständig durchdrungen. Und sie nutzen aktiv Medien zur Kommunikation:
Handys rangieren auf dem Wunschzettel ganz oben. Bei allem Egozentrismus ist dies ein
Indiz für die Bedeutung der Zugehörigkeit zu Peergroups: Kleidung und Musik sind
Symbole dafür, der jeweilige Stil - geprägt von Marken - ist Erkennungszeichen (vgl.
Beyer u.a. 1999, S. 94-108).
Der Spiegel-Artikel, der auf Ergebnissen einer Emnid-Umfrage (ca. 1000 Jugendliche)
beruht, bringt alle wesentlichen Aspekte zur Sprache, die auch in der wissenschaftlichen
Literatur genannt werden
1
. Pointiert betrachtet M. Stolz die heutige Jugend unter dem
für diese Arbeit relevanten Aspekt der Konsum,- Marken- und Medienwelt. Viele
Jugendstudien plagen sich mit der Widersprüchlichkeit junger Konsumenten, die
scheinbar alles durchschauen. Junge Menschen orientieren sich immer mehr an inneren
Befindlichkeiten und dem Selbsterleben. Sie sind egoistisch, selbstbewußt, optimistisch,
zumindest bezüglich der persönlichen Perspektiven und wollen das Leben genießen. Ihr
Bedürfnis nach Individualismus ist deutlich ausgeprägt. Auf der anderen Seite stellt die
Gemeinschaft einen Schutzraum für Erlebnisse und die Befriedigung eines wachsenden
Harmoniebedürfnisses dar. Ein Großteil der Jugendlichen gehört einer Clique an und
schätzt die Vision von Familie und Partnerschaft. Sich selbst beschreiben die
Jugendlichen von heute als selbstkritisch, nüchtern, materialistisch und selbstsüchtig.
Gleichzeitig betonen sie aber auch ihre Toleranz, Ehrlichkeit und ihren Realismus.
Ebenso ambivalent ist das Verhältnis zu Medien, Marken und Werbung, von denen sie
sich gleichermaßen angezogen wie abgestoßen fühlen. Amüsement und Abwechslung
sind erwünscht, bemühte Jugendsprache und Anbiederung verpönt. Marken- und
1
Z.B. bietet die aktuelle Shell-Studie ein zeitgemäßes Abbild heutiger Jugend. Die Autoren zeichnen die
gesellschaftlichen Wandlungstendenzen der neunziger Jahre in den veränderten Lebenshaltungen von
Jugendlichen nach. In allen Kategorien haben sich deutlich Veränderungen ergeben und speziell die
Betonung der Individualität und Eigenständigkeit hat eine enorme Aufwertung erfahren (vgl. Fritzsche
2000, S. 181-191).

9
kommunikationsemanzipiert wird gezielt selektiert und eigenwillig kombiniert, um sich
gegen kommerzielle Vereinnahmung zu wehren (vgl. Fritzsche 2000, S. 181-191; Stolz
1996, S. 15-24).
Bedeutung der Gleichaltrigen
Jungsein vollzieht sich im Anschluß an Sozialbeziehungen in informellen Jugendkulturen
und Cliquen, die sich aus situationsspezifischen Bedürfnissen oder bestimmten
Anlässen heraus bilden. Die Gleichaltrigengruppe bietet Vertraulichkeit und
Unterstützung und ermöglicht den kommunikativen Austausch. Auch wenn Peergroups
im Anschluß an die nach Altersgruppen organisierten Schule entstehen, ist ihr
Haupttätigkeitsfeld die Freizeit. Speziell bei der Orientierung im Freizeit- und
Konsumbereich haben sie eine große sozialisatorsiche Bedeutung. Seine freie Zeit mit
Freunden zu verbringen rangiert auf der Prioritätenliste Jugendlicher ganz oben. Dies ist
bereits ein Indikator für die Relevanz der Kommunikation untereinander. Inwieweit auch
die (neuen) Kommunikationsmedien hierbei eine Bedeutung haben, wird an anderer Stelle
theoretisch erörtert und schließlich empirisch untersucht.
Die Gleichaltrigengruppe und der selbstgewählte Freundeskreis nehmen als Bezugs- und
Orientierungspunkte eine immer größere Bedeutung ein: Sie entlasten teilweise vom
Druck der Selbstorganisation und stillen die Sehnsucht nach Sicherheit und Identität
Neben der Erfahrung von sozialer Anerkennung und Zusammengehörigkeit erleben
Jugendliche Spannungen und Rivalitäten. Gleichaltrigengruppen sind aufgrund dieser
Erfahrungen enorm wichtig für die Lebensbewältigung und Persönlichkeitsentwicklung.
Sie bieten Möglichkeiten der Identifikation und Selbstverwirklichung sowie die Chance,
Handlungskompetenzen und Rollen einzuüben, die ihnen andernorts vorenthalten
werden. Dabei wird die Besonderheit der Ich-Erfahrung im Rahmen einer vollwertigen
Teilnahme betont. Die Gleichaltrigen bereiten sich gegenseitig auf das Erwachsenenleben
vor, in dem sie notwendige gesamtgesellschaftliche und für die persönliche Entwicklung
im Jugendalter zentrale Funktionen übernehmen. Die strukturell gleiche Lebenslage und
die gemeinsame Definition ihrer Lebenswelt gewährleistet Verhaltens- und
Statussicherheit und Unterstützung bei der Ablösung vom Elternhaus und der
Bewältigung jugendspezifischer Entwicklungsaufgaben. Die Abgrenzung gegenüber
Erwachsenen
und
anderen
Jugendkulturen
mithilfe
gemeinsamer
Handlungsorientierungen und Sinnbezüge sowie gemeinsamer jugendkultureller Symbole
unterstützt die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit und eines eigenen Lebensstils

10
(vgl. Hurrelmann 1994, S. 150-155; Ferchhoff 1999, S. 216-220; Fritzsche 2000, S. 208-
213; Nolteernsting 1998, S. 137-140).
Jugendkulturen und Stile
Die unter dem Aspekt ,,Strukturwandel" beschriebenen Modernisierungsprozesse haben
mittlerweile auch die jugendlichen Lebensformen erfaßt. Patchworkorientierte
Bastelbiographie, durch Freisetzung bedingte Freiheiten, eine zeitliche Ausdehnung der
Jugendphase sowie eine Individualisierung der Lebensentwürfe lösen ein verbindliches
Jugendbild auf. Die Jugendszenen verändern sich permanent: In den 90er Jahren sind
neue Jugendkulturen und Stile entstanden, alte haben sich ausdifferenziert und
vermischt. Sie differenzieren sich im Zuge des Trends weg vom sozialmilieuspezifischen
hin zu individualitätsbezogenen Jugendkulturen vor allem nach dominanten
Verhaltensbereichen wie Freizeit, Medien und Konsum. Aus den heute sich eröffnenden
Wahl- und Entfaltungsmöglichkeiten entsteht eine breite Palette von Gruppenkulturen
mit spezifischen Stilvarianten, in denen sich Jugendliche mit ähnlichen Lebenslagen und
Interessen sammeln. Im dichter gewordenen sozialen Netzwerk sind gleichzeitiges
Partizipieren und Fluktuation zwischen den einzelnen Szenen mit geringer Trennschärfe
durchaus normal. Identität ergibt sich aus der Vielzahl von Gruppenzugehörigkeiten.
Angesichts des zunehmenden Individualisierungsdrucks und der Pluralisierung der
kulturellen Identifikationsangebote wird die Identitätsfindung riskanter. Auf ihre
medienwirksame und kommerzielle Idealisierung (,,Jugendkult") reagieren Jugendliche,
indem sie immer neue Stile, Moden und Freizeitaktivitäten entwickeln. Demnach hat
eine soziale Abgrenzung der Jugendlichen von der Erwachsenenwelt auch eine kulturelle
Differenzierung zur Folge. Diese Heterogenität eröffnet den mit Identitässuche und
Herausbildung von Individualität beschäftigten Jugendlichen Handlungsräume und
Selbstdarstellungspotentiale, die eine Erprobung von Lebens- und Selbstentwürfen
ermöglichen. Gleichaltrige dienen der Orientierung am Konsum erlebnis- und
ausdrucksbetonter Freizeitangebote und an medialen Vorgaben sind. Die Zugehörigkeit
zu Gleichgesinnten bietet Hilfe bei der Alltags- und Lebensbewältigung und liefern den
sonst rar gewordenen Sinn. Dennoch werden individuelle Lösungen gefordert, in dem die
Jugendlichen sich selektiv verhalten müssen. Die Variationsbreite an Lebensstilen
verweist auf die Vielfalt jugendlicher Lebenssituationen, die die Disposition für oder
gegen bestimmte Jugendkulturen verstärken.

11
Jugendkulturen bieten eine ideale Plattform zur Selbstinszenierung mittels Stilcollage und
exzentrischer Ausdrucksweisen. Identität wird auf die Ebene der Darstellung des Stils
verlagert und kann ausprobiert werden. Stil zu haben, bedeutet eine einheitliche
Interpretation seiner Person anbieten zu können. Die Stilelemente ergeben sich aus den
dem alltäglichen Leben entnommenen, konventionellen Symbolen der dominanten Kultur
und deren origineller Aneignung und Umgestaltung. Sie fungieren als Erkennungszeichen
und Verständigungsbasis. Outfit, Musik, Medien, Sprache und Manieren als Embleme
und
exklusive
Identitätszeichen
etablieren
ein
eigenes
jugendkulturelles
Kommunkationssystem, das Identifizierungs- und Abgrenzungschancen eröffnet. Neben
den Wunsch nach individueller Differenzierung im Stil tritt das Bedürfnis nach
Zugehörigkeit. Identifikation mit einer Gruppe geschieht ebenfalls über Stil in Form
gruppenspezifischer Symbole. Der Stil erlaubt es gleichzeitig, sich innerhalb der Gruppe
individuell zu differenzieren. Jugendkultureller Stil ist sowohl Ausdruck, Instrument und
Ergebnis sozialer Orientierung. Die expressiven Ausdrucksmöglichkeiten sind wichtigste
Differenzierungsmerkmale nach außen und wichtigste Zeichen der Zugehörigkeit nach
innen. Zugehörigkeit bzw. Abgrenzung gegenüber der Erwachsenenwelt, dem allgemein
gültigen Jugendkult oder anderen Jugendkulturen wird über stilbildende Konsummuster
versucht. Inwieweit dabei auch der Kauf und die Verwendung von
Kommunikationsmedien eine Rolle spielt, wird im Laufe der Arbeit erörtert (vgl. Baacke
1999, S. 16-18, 40-112, 141-161, 223-231; Baacke/Ferchhoff 1988, S. 291-325; Brake
1981, S. 161-176; Ferchhoff 1990, S. 9-13, 54-64, 145-163; Ferchhoff 1999, S. 5-19, 85-
115, 173-183; Janke 1995, S. 17-39; Olk 1989, S. 179-200; Silbereisen 1997, S. 14f, 57-
59, 74-83; Strzoda u.a. 1997, S. 57-83; Vogelgesang 1994, S. 467-487; ders. 1997, S. 13-
27; Vollbrecht 1997b, S. 7, 22-29).

12
2. Der moderne Konsum
Die Bedeutung des privaten Konsums ist unübersehbar. Ein Großteil unserer Wünsche,
Interessen und Handlungen ist verbunden mit dem Kauf und Verbrauch von Gütern und
Dienstleistungen. Dank der Einkommenssteigerung der privaten Haushalte hat sich der
Konsum zu einer sozialpsychologisch komplexen Komponente moderner Gesellschaften
jenseits existenzsichernder Funktionen entwickelt. Prestige, Erlebnisintentensität und
Kompensation innerer Defizite stehen heute im Vordergrund von Kaufentscheidungen,
während der Gebrauchsnutzen unbedeutend und die Befriedigung existentieller
Grundbedürfnisse selbstverständlich ist. Hintergrund eines solchen Konsumverhaltens
ist eine bisher kaum beachtete ,,Konsumrevolution", die zeitgleich mit der Industriellen
Revolution im 18. Jahrhundert stattfand und einen Wandel des Lebensstils nach sich
zog.
Unter Konsum versteht man sämtliche Verhaltensweisen, die auf die Erlangung und
private Nutzung wirtschaftlicher Güter und Dienstleistungen gerichtet sind. Aus
soziologischer Sicht stellt das Konsumhandeln einen dynamischen, mehrphasigen Prozeß
dar: Dem Kauf sind psychische und soziale Enstehungsbedingungen der Nachfrage (die
Motivbildung
bzw.
Bedürfnisgenese),
die
Informationsbeschaffung und
Entscheidungsfindung vorangestellt, die sozial relevanter sein dürften als der Kaufakt
selbst. An ihn schließt sich die Nutzung bzw. der Verbrauch von Gütern und
Dienstleistungen an.
Neben dem Charakter von sozialem Handeln und auf andere gerichteter Kommunikation
kann Konsumieren von Individuen auf sich selbst bezogen sein. Auf dieser individuellen
Ebene dient der Konsum zunehmend der Identitätsgewinnung und -sicherung, der
Kompensation, der Selbsterhöhung, der Selbstbelohnung, dem Erleben und Genuß und er
bestimmt das Ansehen, denn Erwerb, Besitz und Nutzung von Gütern und
Dienstleistungen verleihen Status und Sinn. Der Gebrauch von Gütern und
Dienstleistungen berührt außerdem Aspekte des Lebensstils. Unter soziologischer
Perspektive ist deshalb die gesellschaftliche Einbettung des Konsums bedeutsam.
Konsum ist in zweierlei Hinsicht sozial: Konsumbedürfnisse und -stile sind Ausdruck
einer spezifischen sozialen Prägeform. Zum anderen ist Konsum auf andere Personen
und deren Reaktionen gerichtet.

13
Während die Ökonomie die sozialen und psychischen Bedingungen des Verbrauchs lange
Zeit übersah, hat die deutschsprachige Soziologie sich mit dem Thema ,,Konsum" in den
letzten 25 Jahren wenig befaßt und dies trotz seiner Bedeutung für Gesellschaft und
Individuum. Auf der Makroebene wurde lediglich kulturpessimistisch argumentiert,
während mikrosoziologische Fragen der Psychologie und Ökonomie überlassen wurden.
Die
Verflechtung
von Konsum und Lebensstil sowie die
subjektive
Bedeutungsbesetzung von Konsumgütern und die durch sie gestifteten Daseinsverortung
wurde weitestgehend ignoriert. Faktoren der Bedürfnisentstehung, der sozialen Formung
von Konsumverhalten, der Entstehung und Wirkung von Konsumnormen etc. gehören zu
den soziologisch und psychologisch relevanten Gebieten der Konsumforschung. Die
konsumsoziologischen Fragestellungen spiegeln sich besonders in den folgenden fünf
Problemfeldern wider:
1) Soziale Aspekte der Konsumverhaltens: Von sozialen Lernvorgängen ausgehend wird
Konsumverhalten im lebenslangen Sozialisationsprozeß geprägt. Besonderes Augenmerk
verdient das Jugendalter, in dem die Peergroups als Bezugsgruppen erheblichen Einfluß
auf das Konsumverhalten erlangen. Dies hängt damit zusammen, daß die peers auf die
expressiven Aspekte des Konsumstils, die identitätsfördernd sind, Einfluß haben,
während der Elterneinfluß mit dem Aufbau einer personalen und sozialen Identität
kollidiert. Dieser Annahme wird im empirischen Teil auf den Grund zu gehen sein.
Die Kontextabhängigkeit sozialen Handelns macht sichtbar, daß das Konsumverhalten in
den gesamten Lebenszusammenhang einbezogen werden sollte. Eine Verbindung zu
anderen soziologischen Teilbereichen ist ratsam, ,,um jene gesellschaftlichen Bezüge
herzustellen, ohne die der Stellenwert des Konsums unserer Tage nicht mehr angemessen
charakterisiert werden kann" (Kutsch/Wiswede 1986, S. 212).
2) Zusammenhänge zwischen Konsumverhalten und Sozialstruktur: Bei der Analyse
bestimmter sozialer Einflüsse auf das Verhalten des Konsumenten wird die soziale
Umwelt des Konsumenten nach ihrer Nähe unterschieden: vom engsten Umfeld
konstanter Interaktionen bis zum kulturellen Gesamtsystem samt seiner sozialen
Normen. Konsumnormen sind konsumrelevante Regelungssysteme mit Verbindlichkeits-
und Erwartungscharakter und sie sind sanktionell abgesichert. Das Anspruchsniveau ist
orientiert am Standard der attraktivsten Gruppe und unterliegt dem Einfluß
konsumrelevanter Bezugsgruppen. Die sozialstrukturellen Bedingungen engen die

14
Variabilität des Verbraucherverhaltens ein, so daß spezifische, gesellschaftstypische
Konsummuster entstehen.
3) Die besondere Position des Konsumenten auf dem Markt: Das Konzept der
Konsumentensouveränität ist zu problematisieren, denn der Verbraucher unterliegt einer
strukturellen Benachteiligung u.a. aufgrund mangelnder Information, fehlender
Definitionsmacht und unübersichtlichen Warenangebots. Andererseits ist mit dem
zunehmenden Ermessensspielräumen von disponiblen Konsumentscheidungen die
Macht des Verbrauchers erheblich gewachsen, zumal er auch kritischer geworden ist.
4) Die signalisierende und symbolisch artikulierte Funktion des Konsums, insbesondere
die sozial adäquate Verwendung von Konsumgütern, die zu gesellschaftlichen
Bedeutungsträgern werden: Die Ausweitung der Güterwelt impliziert die Generierung
neuer Bedürfnisse und das Vordringen der Güterwelt in bisher nicht konsumierbare
Gebiete (,,Konsumfelderweiterung") - auch in die Welt der Gefühle und des Erlebens.
Durch den Siegeszug von Wunschkonsum tritt der Gebrauchswert hinter anderen, über
Symbole vermittelten, Nutzungsqualitäten zurück. Güter signalisieren und symbolisieren
neue Ausdrucksmöglichkeiten und Lebensstile. Der Signalcharakter von Konsumgüter
und -handlungen gründet auf Signifikanz (Eindeutigkeit der Distinktion und kollektiv
geteilte Bedeutungszuschreibung) und Visibilität (Mitteilbarkeit über sichtbare Zeichen).
Drei auf Signifikanz
und
Visibilität gründende Signalwirkungen
sind die
Expressionsfunktion nach außen oder die eigene Identität fokussierend, die
Kompetenzfunktion (die Kennerschaft der kleinen Unterschiede im Sinne von
Geschmack) und die Positionsfunktion (Zugehörigkeit und Distinktion). Dies sind
wichtige Elemente bei der Konstitution von Lebensstilen. Lebensstile werden häufig über
Konsumstile v.a. auf der Verwendungsebene definiert, denn Grundmuster des
Konsumverhaltens als materielle Symbole des Selbstkonzepts können als prägende
Elemente der Lebensführung angesehen werden. Einerseits lassen sich
gruppenspezifische Konsumnormen häufig als Ausdrucksformen oder Elemente des
Lebensstils ausmachen und zur Basis sozialer Gruppenbildungen werden. Umgekehrt
können selbstgewählte Gruppenzugehörigkeiten auf die Ausformung von Lebensstilen
und Konsumpräferenzen wirken.
5) Aspekte der Konsumgesellschaft: Der Konsumsektor ist nicht das einzige
herausragende Kennzeichen dieser Gesellschaft, sondern Konsum hat hier nur eine
größere Bedeutung hat als in anderen Gesellschaften. Konsum und Konsumverhalten

15
breiter Bevölkerungsschichten sind zu einer tragenden Kategorie des gegenwärtigen
Zeitalters geworden. Die Entwicklung von Freizeit und Konsum zu eigenständigen Wert-
und Lebensbereichen sowie die Betrachtung des Konsumenten als soziale Kategorie
müssen vor dem Hintergrund verblassender Normen und Werte historisch gesehen
werden, denn in dem Maße, in dem sich das kulturelle Wertesystem ändert, entstehen
u.a. auch neue Strukturen und Verhaltensweisen im Konsumbereich, die sich nach
Wiswede in den Faktoren Hedonisierung, Sublimierung (Distinktion und Alltagsästhetik
in der Güterverwendung) und Individualisierung ausdrücken. Umwälzungen im
Konsumgeschehen sind vor allem auf den gestiegenen Umfang und veränderten Inhalt der
Nachfrage und auf gewandelte Einstellungen zu Konsum, Genuß und Luxus
zurückzuführen.
Die
weltweite
Ausbreitung
dieser konsumgesellschaftlichen
Strukturmerkmale basiert auf einer Steigerung disponibler Einkünfte und einer
Ausweitung des Warenangebots (Riesman: ,,Konsumfelderweiterung"). Gemeint ist
damit u.a. die Ausdifferenzierung der Produktpalette und die Erschließung neuer
Absatzmärkte, die Ausweitung des Konsummarktes auf vormals nicht konsumierbare
Lebensbereiche und die Aufladung der Güter mit Emotionen und sozialer Symbolik
(Zusatznutzen). Schließlich sind die Veränderungen der sozialen Bedeutung des
Konsums zu nennen. Nicht die Konsumgüter an sich sondern deren Symbolgehalt spielt
bei der Selbstdarstellung und Positionierung eine bedeutende Rolle. Daneben dient
Konsum auch zur Konstruktion von Gleichheit, indem Gruppenzugehörigkeit hergestellt
wird. Gekonnt konsumieren demonstriert zugleich Gleichheit und Individualität. Das
gegenwartsorientierte Konsumverhalten ist gekennzeichnet durch das Prinzip der
Erregung und des Erlebens, so daß differentielle Lebensstile eher Unterschiede im
Bereich der Güterverwendung als den Lebensstandard reflektieren. Ebenfalls verlagern
sich die Distinktionsmöglichkeiten des Konsums auf die Verwendungsebene.
Die Konsumgesellschaft birgt ambivalente Entwicklungen: gefeiert wird ein hohes
Wohlstandsniveau, die Optionsvielfalt und freie Zugänglichkeit zum Konsummarkt;
gewarnt wir vor den Folgen des Massenkonsums und der Konsummentalität für
Umwelt, Kultur, Gesellschaft und zwischenmenschliche Beziehungen. Materieller
Wohlstand und die Erfahrung von Glück und Identität durch Konsum läßt die Menschen
die ökologischen und sozialen Folgen ignorieren. Zudem begreift die Kritischen Theorie
den Konsumenten als willfähriges Objekt des Wirtschaftssystems, der der Befriedigung
künstlich erzeugter Bedürfnisse nachstrebt. Ignoriert wird hierbei, daß Konsum ein

16
manipulativer und ein aktiver Prozeß ist, denn er setzt voraus, das Richtige
auszuwählen, anzueignen und zu gestalten, um einen individuellen distinkten Lebensstil
zu konstituieren. Dadurch nutzt und schafft man den Symbolgehalt von Dingen. Im
Kontext strukturell gewandelter Konsummuster im Rahmen der Konsumgesellschaft
bildet Konsum ein eigenständiges gesellschaftliches Teilsystem und wird zur
gesellschaftlichen Pflicht erhoben, an dem allerdings nicht alle gesellschaftlichen
Gruppen in gleicher Weise teilhaben können. Ein großer Teil der Konsumsoziologie steht
dem Konsum und der Konsumgesellschaft entsprechend kritisch gegenüber. Die
Konsumkritik betrifft das Konsumsystem selbst, die Anbieter- und Nachfrageseite.
Dennoch erweist sich die oftmals elitäre Kritik am Massenkonsum als wenig hilfreich:
Zum einen sind die Folgen der Konsumgesellschaft derart ambivalent, daß jede voreilige
kulturkritisch negative Auslegung verfehlt wäre. Zum anderen sind die Bedürfnisse nach
Gütern nur Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse (vgl. Bögenhold 2000, S. 95-112;
Hütten/Sterbling 1994, S. 122-134; Jäckel/Kochhan 2000, S. 73-90; Klein 1993, S. 149-
161; Kutsch/Wiswede 1986, S. 207-226; Lüdtke 1992, S. 135-154; ders. 2000, S. 117-
131; Reusswig 1994, S. 23-35, 79-113; Schneider 2000, S. 9-21; Wiswede 1990, S. 25-
41; ders. 2000, S. 23-65).
Im folgenden soll untersucht werden, worin die Konsummotivationen bestehen, daß sie
derart bestimmend für einzelne Individuen und die Gesellschaft als Ganzes sind.
2.1. Sozialpsychologische Erklärungsansätze des modernen Konsums
Laut der mikroökonomischen Theorie wird Konsum durch Einkommen und Güterpreise
determiniert. Die Bedürfnisse nach Konsumgütern drücken sich im Ausgabenprofil aus.
Aus soziologischer Sicht wird Konsum als ein Aspekt der alltäglichen Lebensführung
und als grundlegender Bestandteil des Lebensstil angesehen. Das Zusammenwirken von
Modeorientierung,
Geschmack, Erlebnis, Status, Gebrauchsnutzen und
Markenidentifikation bestimmt das subjektive Konsumprogramm. Auch der soziale
Wandel spielt beim Konsum eine Rolle, denn dadurch haben sich die
Gestaltungsmöglichkeiten erweitert. Der demonstrative Konsum als Mittel der
Selbstinszenierung ist heute wichtiger als seine Funktion als Statusindikator. Der
konsumrelevante Wertewandel drückt sich in expressiven und hedonistischen
Orientierungen im Lebensstil aus.

17
Insbesondere die psychosozialen Funktionen des Konsums sind für die Erklärung des
modernen Konsumverhaltens von hoher Bedeutung, denn die konsumrelevanten
Bedürfnisse und Werte orientieren sich am Zusatznutzen von Konsumgütern. Waren
dienen der Symbolisierung von Zugehörigkeit und Abgrenzung, von erreichtem Status
und sie sind Träger von Werten und Bedeutungen, die den Käufern Identitätskonzepte
vermitteln. Produkte sollen Individualität und Authentizität durch Kennerschaft und
Selektivität auszudrücken, um mit Gleichgesinnten zu kommunizieren und um sich
selbst zu definieren. Die Dimension der subjektiven Präferenzen wird durch die
subjektive Bedeutung von Konsumgütern ergänzt und kann als treibende Kraft für
Konsumaktivitäten betrachtet werden. Es wird zu zeigen sein, daß die Konsumnachfrage
einer sozialen Logik folgt und Güter als soziale Signale wirken. Im folgenden soll dies
anhand sozialpsychologischer Erklärungsansätze des Konsums präzisiert wird, die
insbesondere von A. Stihler herausgearbeitet werden (vgl. Bögenhold 2000, S. 107-110;
Papastefanou 1999, S. 266-271).
Zur Entwicklung des Konsumverhaltens und zur Darstellung von Erklärungsansätzen für
das moderne Konsumverhalten ist zunächst eine konsumhistorische Betrachtung
naheliegend, die auf die Interdependenz von angebots- und nachfrageseitigen
Entwicklungen eingeht. Einerseits verbreiteten sich neue Konsummuster durch Imitation
seitens
der jeweils unteren Schichten,
andererseits verstärkten die
Differenzierungsbestrebungen der jeweils höheren Schichten die Nachfrage nach
Produktinnovationen und Moden. Entsprechende Reaktionen auf der Angebotsseite
förderten eine ,,Demokratisierung des Luxus" und schafften damit die Voraussetzungen
für die weitere Entwicklung im 20. Jahrhundert. Mit der Lockerung der
Einkommensrestriktionen und durch Produktsteigerung ging Konsum über den
Grundbedarf hinaus. Dieser Strukturwandel des Konsums zog eine Umorientierung bei
der Nutzenbewertung von Gütern nach sich: Auf die Ausrichtung auf sensuale und
emotionale Anregung, auf Hedonismus und Erlebnisorientierung der Nachfrageseite
reagierten die Anbieter wiederum mit erlebnisbezogenem Marketing. Diese
ökonomischen Entwicklungen fanden in einem komplexen geistigen und sozialen Umfeld
statt. Insbesondere individualistische und materialistische Tendenzen sind markant. Die
Besinnung auf eine eigene Identität verlangte eine neue soziale Positionierung, die über
Konsummuster zu erlangen war. Dadurch entstand eine gesellschaftliche Mobilität, die
die Entfaltung des sozial-psychologischen Motivs des Strebens nach Status und Prestige

18
erst ermöglichte (2.1.1.). 2.1.2. rückt die Genußerlangung als Konsummotiv ins Zentrum.
Die Schaffung individueller Illusionen als Substitute für reale Stimuli mittels der
Bedeutungsinhalte und Symbolgehalte von Gütern (imaginärer Hedonismus) ist
verantwortlich für die Unersättlichkeit des Konsumdranges, denn mit dem Gütererwerb
ist Desillusionierung verbunden. Unter 2.1.3. wird die zunehmende Bedeutung der
Konsumsymbolik und der damit einhergehende Wandel der Bedeutung der Güter
thematisiert. Gütersymbole fungieren als Ausdrucksmittel des Selbst und beeinflussen
die Bildung der eigenen Identität. Schließlich werden sie zur Kompensation empfundener
Defizite eingesetzt. Der Suggestion von Idealzuständen und Problemlösungen durch
Konsum seitens der Anbieter folgt Enttäuschung, so daß die Defizitbekämpfung über
Konsumverhalten sich als Pseudo-Therapie entpuppt (vgl. Stihler 1997, S. 235-239).
2.1.1. Prestige- und Statusstreben
Dies ist eine Art subjektive Bewertung von Gütern in Abhängigkeit vom Konsum
anderer Menschen. Die Verbesserung der eigenen Position und das Bedürfnis, sich zur
Geltung zu bringen, sind gekoppelt an die Sichtbarmachung nach außen durch
konsumierbare Symbole des Wohlstands und der Macht. Demonstrativer Konsum ist im
Anerkennungs- und Geltungsstreben des Menschen begründet. Der Zusatznutzen eines
Produktes liegt besonders im Geltungsnutzen. Prestigeträchtige Güter besitzen hierbei
die entscheidende Funktion. Die Statussymbolhaftigkeit findet sich nur in materiellen
Objekten, die gesellschaftlich knapp, begehrt und sichtbar sind. Eine besondere
Bedeutung bei der Übermittlung von Prestige kommt der Signalwirkung von
Konsumgütern zu. Prestige kann zum einen durch erhöhten Aufwand in qualitativer und
quantitativer Hinsicht, zum anderen durch neue, noch unbekannte Güter und durch hohe
Preise von Produkten erlangt werden. Geeignet sind dabei auch die Exklusivität
bestimmter Marken und die Bezugsquelle.
Das Ausmaß des Status- und Prestigestrebens mittels Konsum ist heute ungebrochen.
Aber der Besitz zahlreicher exklusiver Gegenstände hat aufgrund seiner Ausbreitung
seine Fähigkeit als Statusindikator verloren. Der Trend der Individualisierung führt zu
einer Zunahme der distinktiven Funktion von Gütern. Zur Positionierung und
Selbstdarstellung dienen vor allem persönlicher Stil und origineller Geschmack, die durch
das Zeichenrepertoire von Konsumgütern zum Ausdruck kommen. Es entstehen
neuartigen Lebensstilgruppen, die eine horizontale Differenzierung der Gesellschaft

19
etablieren. Fungierten Produkte zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Statussymbole, so
haben sie seit den 80er Jahren den Charakter von Distinktionssymbolen. Es gibt drei
Hauptmotive der sozialen Unterscheidung mit Hilfe von Konsumgütern: Demonstration
der Produktbesonderheit (Geltungsmotiv), Demonstration der Persönlichkeit (Produkte
als Mittel der sozialen Abhebung) und Demonstration der Gruppenzugehörigkeit. Es
gibt verschiedene Produkttypen des Distinktionskonsums: die soziale Wahrnehmbarkeit,
die soziale Auffälligkeit der Produktbesonderheit aufgrund bestimmter Merkmale und
der Zusammenhang zwischen der Kenntnis des Distinktionswertes eines Produktes und
dessen Nachfrage (vgl. Stihler 1997, S. 177-193; Schuster 1994, S. 108-121).
Das Handy dürfte aufgrund seiner massenhaften Verbreitung seine Funktion als
Statussymbol weitestgehend eingebüßt haben. Jedoch ist es bei Jugendlichen denkbar,
daß es in dieser Hinsicht wirkt, da der Besitz noch nicht so selbstverständlich ist wie bei
Erwachsenen. Gerade bei den 13jährigen ist der Anteil der Handybesitzer noch nicht so
hoch, so daß es hier eine Prestigefunktion übernehmen könnte. Dies wird im empirischen
Teil zu klären sein.
2.1.2. Imaginativer Hedonismus
Die soziologische Theorie des imaginären Hedonismus stellt einen Zusammenhang
zwischen Tagträumen und der Unersättlichkeit der Bedürfnisse her.
Nicht die bloße Befriedigung der Bedürfnisse, sondern die genußbringende Befriedigung
steht im Vordergrund. Genuß ist der imaginäre Gebrauch von Gütern. Die ,,Sehnsucht"
des modernen Hedonismus ist Grund für das endlose Streben nach Neuem. Unbekannte
Konsumgegenstände ermöglichen hierbei die Entwicklung von Tagträumen, da deren
Genußpotential noch nicht bekannt ist und ihnen eingebildete Genüsse zugeordnet
werden. Das Luststreben des modernen Hedonisten drückt sich somit im Begehren von
etwas Unbekanntem aus. Demzufolge erfüllen Gegenstände ihren illusorischen Zauber
solange, bis der Konsum erfolgt. Die Konstruktion eine am Genuß orientierten
Menschen liefert eine Erklärung für moderne Konsumphänomene, wie die
Erlebnisorientierung (vgl. Stihler 1997, S. 194-202).
Dieser Erklärungsansatz ist für die empirische Studie weniger relevant. Denkbar wäre
jedoch, daß mit der Einführung immer neuer Handymodelle diese beschriebenen
Sehnsüchte entstehen. Mit einem ,,besseren" Handy könnte man ,,besser" telefonieren,
es sähe ,,besser" aus, es würde ,,besser" zu einem passen etc. Ebenso kann auch der

20
Konsum von Handy-Zubehör begründet werden: Alles, was man noch nicht besitzt,
könnte wichtig sein, könnte einem die Handy-Nutzung versüßen oder vereinfachen.
2.1.3. Konsumsymbolik
Auch wenn der Gebrauchsnutzen noch immer von großer Wichtigkeit ist, verlagert sich
die Funktion der Waren angesichts ihrer ähnlichen Qualität auf imaginativ-symbolische
Aspekte. Sie demonstrieren somit einen bestimmten Lebensstil. Beim Konsum stehen
Bedürfnisse mentaler Art, wie z.B. Identitätsfindung oder sozial Distinktion im
Vordergrund. Dies erklärt die stärkere Bedeutung des Symbolwertes der Güter.
Beginnen wir mit den Ausführungen zu Gütersymbolen und Diderot-Effekt. Ein Symbol
ist ein wahrnehmbares Zeichen, das stellvertretend für etwas nicht Wahrnehmbares
steht. Soziale und kulturelle Symbole sind mit anderen Symbolen verknüpft. Ein einziges
Objekt kann ideell für einen gesamten Lebensstil stehen, oder ein ganzes Güterbündel
steht für ein einziges Symbol. Güterbündel mit einer solchen symbolischen
Komplementarität werden von McCracken als Diderot-Einheiten bezeichnet. Ihr
symbolisches Zueinanderpassen beruht auf der Entsprechung zwischen kulturellen
Kategorien und Güterkategorien. Die Tendenz des Konsumenten, ein bestimmtes
Güterkomplement aufrechtzuerhalten, wird als Diderot-Effekt bezeichnet. Die
Werbetreibenden versuchen die Konsumenten zu Impulskäufen und anschließender
Harmonisierung des Konsumensembles zu verführen. Die Unersättlichkeit der
Konsumbedürfnisse wird dadurch gefördert.
Für diese Arbeit besonders relevant ist die expressiv-kommunikative und die
identitätsbildende Funktion der Gütersymbolik. Dieser Aspekt ist besonders für die
Hinführung zum empirischen Teil relevant, da anzunehmen ist, daß Jugendliche das
Handy neben seiner Bedeutung als Kommunikationsmedium als Konsumprodukt
verwenden, das eine expressiv-kommunikative und identitätsbildende Funktion hat. Die
Symbolwirkung der Güter ist dabei zum einen nach außen gerichtet und vermittelt die
entsprechenden Bedeutungsinhalte an die soziale Umwelt. Gegenstände fungieren als
Medien zur Darstellung von Fertigkeiten, Eigenschaften oder der sozialen Stellung.
Neben der Funktion als Ausdrucksmittel des Selbst, verkörpern sie die sozialen
Verhältnisse und Beziehungen. Der Konsum von Gütern ist Mittel der Bestimmung der
eigenen gesellschaftlichen Position. In der Konsumgesellschaft wird die eigene Identität
überwiegend durch Leistung und den Besitz materieller Güter determiniert, so daß der

21
Konsum von Gütern ein wichtiges Merkmal bei der Bildung und Bewahrung der eigenen
Identität ist. Gerade Jugendliche sind auf den Symbolgehalt von Produkten angewiesen,
weil sie ihre je eigene Rolle noch nicht genau kennen. Damit Güter eine
Unterstützungsfunktion bei der sozialen Positionierung leisten können, muß es
gemeinsame Vorstellungen über die symbolischen Bedeutungsinhalte materieller Objekte
geben. Die symbolische Ausdruckskraft im Sinne von Sprache ermöglicht die
Kommunikation miteinander
2
.
In einem zweiten, nach innen gerichteten Prozeß beeinflußt die Symbolwirkung
unmittelbar das Selbstbild des Individuums. Es handelt sich dabei um eine ,,symbolische
Hereinnahme der materiellen Wirklichkeit", durch die das Selbst erst seine Identität
gewinnt. In der Verknüpfung realer Objekte mit einer bestimmten Eigenschaft ist es
schwierig herauszufinden, wie weit der verwendete Gegenstand einen existenten
Charakterzug widerspiegelt oder eine nicht vorhandene Eigenschaft antizipiert oder
generiert.
,,Die expressive und symbolische Bedeutung eines Gegenstandes erschöpft sich also meistens nicht in
der Abbildung einer konkret existierenden Realität, sondern sie trägt auch dazu bei, diese Realität erst
herzustellen. Die Güterumwelt wirkt somit unmittelbar auf unser Selbstbild ein und erfüllt neben der
reflexiven auch eine produktive Funktion. Im ersten Fall zeigt die Gütersymbolik, was ist, im
zweiten deutet sie darauf hin, was sein könnte oder sein sollte" (Stihler 1997, S. 209).
Heute ist zu beobachten, daß die Funktion von Gütersymbolen als Botschaft sich mehr
und mehr von der Abbildung objektiver Realitäten hin zur Darstellung seiner
Wunschvorstellungen verlagert. Dies bedeutet, daß Güter über ihren Symbolgehalt einen
Ersatz für real nicht existierende Eigenschaften und Werte bieten. Die Kompensation
vermißter eigener Charakterzüge und eines schwachen Selbstwertes ist zur
Hauptfunktion der Gütersymbole geworden
3
.
Daran
knüpft
die
kompensatorische
Funktion der Gütersymbolik
an.
Kompensatorisches Verhalten liegt vor, wenn es Defizite ausgleichen soll, die aus
ungelösten Problemen entstanden sind. Kompensation geschieht häufig in Form von
Konsum bzw. mittels Gütersymbolen als Folge eines gestörten Selbstwertgefühls. Die
Person macht ihren Selbstwert von der Anerkennung durch andere abhängig und neigt
2
Die expressive Konsumsymbolik der Kleidung von Jugendlichen z.B. dient entweder der
Dokumentation der eigenen Individualität oder der Demonstration von Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Jugendkultur. Auch andere stark sozial sichtbare Konsumgüter sind geeignet als Ausdrucksmittel des
Selbst und der eigenen Identität.
3
Heubach bezeichnet diese psychologische Funktion heutiger Produkte als ,,heraldisch". Ein
,,heraldisches Gut" dient dazu, ein imaginäres Selbst zu entwerfen und auch seinen Mitmenschen
gegenüber zu kommunizieren, d.h. Produkte haben einen kommunikativen und imaginativen
Gebrauchswert (vgl. Heubach 1992, S. 177-198).

22
zur Kompensation durch von außen zugefügte Befriedigungen. Die erlebte Diskrepanz
zwischen Idealvorstellungen bezüglich einer sozialen Rolle und der Fähigkeit, diese zu
erfüllen, wird versucht durch den Einsatz von Gütersymbolen auszugleichen. Der
Konsum verschafft die Illusion eigener Stärke, in dem Gütern ein überhöhter
symbolischer Wert zugeteilt wird. Kompensatorisches Verhalten ist nicht prinzipiell
pathologisch, sondern stellt einen elementaren menschlichen Wesenszug dar. Resultiert
aus dem Kauf eine authentische Befriedigung, hat diese eine positive Wirkung auf das
eigene Wohlbefinden und Selbstwertgefühl. Problematisch ist die Beschränkung auf
Kaufaktivitäten, so daß andere Möglichkeiten des Ausgleichs nicht in Betracht gezogen
werden und Konsum nur noch Ersatzhandlung für nicht befriedigte Bedürfnisse ist.
Bei der Kaufsucht wird die Person vom Kauf als einziger Quelle der Befriedigung
abhängig. Diese Abhängigkeit liegt im Symbolgehalt eines Konsumguts. Er soll die
immateriellen Bedürfnisse befriedigen und Ersatz für die fehlende Selbstachtung liefern.
Stimulus- und Gütergebundenheit: Die Abhängigkeit von äußeren Stimuli äußert sich im
Verlangen nach immer neuen Güter. Von Gütergebundenheit spricht man, wenn
Gegenstände um ihrer selbst willen geschätzt werden und eine Bindung des Selbstwertes
an den Besitz und die Symbolgehalte neuer, materieller Güter besteht. Der
symbolbehaftete Gegenstand soll dem Individuum ein Ich-Erlebnis und einen stabilen
Selbstwert ermöglichen.
Erlebnisorientierung und Sensation-seeking: Erlebnisorientierung meint das Bedürfnis
nach sensualer Anregung, das im Streben nach emotional gefärbten Konsumerlebnissen
seinen
Niederschlag
findet. Konsumgüter werden mit gefühlsmäßigen
Bedeutungsinhalten belegt, die einen Beitrag zur Lebensqualität des Konsumenten
liefern. Subjektive Erlebniswerte werden durch exklusive Produkte und die
erlebnisorientierte Gestaltung von Einkaufsstätten vermittelt. Sie ermöglichen die Flucht
aus dem Alltag und die Teilhabe an einer Traumwelt. Der Aspekt der
Erlebnisorientierung im Konsum wird unter 2.1.4. weiter ausgeführt.
Ein permanenter Erlebnis- und Abenteuerhunger und die Suche nach persönlichen
Herausforderungen und Grenzerlebnissen nennt man Sensation-seeking. Diese
Betriebsamkeit soll den Ausbruch aus dem erlebnisarmen Alltag ermöglichen und Lust
verschaffen. Innere Leere und Verzweiflung werden nur kurzfristig verdrängt und die
Abhängigkeit von äußeren Stimulationen steigt.

23
Bleibt festzuhalten, daß immaterielle Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt werden.
Materieller Güterverzehr soll helfen, diese Bedürfnisse zu befriedigen, wobei es der
Übertragung von sozial anerkannten Symbolgehalten auf bestimmte Güter bedarf.
Werbung vermittelt solche Symbole und erzeugt Defizitempfinden. Durch die
Verbindung von Träumen mit Produkten verliert der Konsument die Fähigkeit, Glück
unabhängig vom Konsum zu erlangen (vgl. Stihler 1997, S. 202-233).
Die in Kapitel 2.1. dargestellten Ansätze weisen eine erstaunliche Entwicklung im
Erklärungsdenken auf. Die klassische Theorie erhebt das soziale Prestige und
Statusstreben zu Erklärungsvariablen des Konsumverhaltens. In der Theorie des
imaginären Hedonismus Träume des Konsumenten bei der Befriedigung seiner
Bedürfnisse im Vordergrund. Die Befriedigung erfolgt durch die mit den Gütern
verbundenen Symbolgehalte, die Ausgangspunkt für selbst-illusorische Erlebnisse
darstellen. Der Ansatz der Konsumsymbolik verweist darauf, daß von den
Symbolwerten materieller Güter auch die immateriellen Erfüllungen erhofft werden.
In ihrer Gesamtheit erweisen sich die Ansätze für die Erklärung der inneren Dynamik
und Unersättlichkeit modernen Konsumverhaltens als fruchtbar, weil sie erkennen
lassen, daß die Expansion der Konsumgüter von einem Zurücktreten des
Gebrauchswertes begleitet ist. Der moderne Mensch konsumiert die von Gütern
transportierten Symbole für Befriedigung und Erleben. Seine Beziehungen zu anderen
und zu sich selbst werden durch diese Symbole vermittelt. Die Symbole bringen ihm
Ansehen, Zuwendung und Erlebnisse ein. Dadurch daß Güter ihre Bedeutung von den
Symbol- und Erlebniswerten erhalten, gibt es keine Grenzen des Konsums. Man kann
immer mehr Güter anhäufen und deren symbolische Bedeutung unbegrenzt variieren oder
steigern. ,,Resultat ist ein Prozeß der Verengung auf materielle Stimulation, der
wiederum in die Präferenz für immer neue materielle Güter führt" (Stihler 2000, S.183).
Werbung und Medien unterstützen diese Entwicklung, indem sie suggerieren, daß es kein
Bedürfnis gibt, das sich nicht mit Hilfe materieller Güter befriedigen läßt. So wird die
Erkenntnis verhindert, das Glück im Leben jenseits materieller Güter suchen zu müssen.
Die Unersättlichkeit des modernen Konsums ist zugleich Motor und Resultat der
Konsumgesellschaft. Parallel strebt die Angebotsseite die Maximierung wirtschaftlichen
Wachstums an. Angesichts der Erschöpfbarkeit der natürlichen Ressourcen, des leeren
Glücksversprechens durch Konsum und der Gefahr für das Ökosystem wird Kritik am
Wachstumsziel laut. Fraglich bleibt, ob sich ein immaterielles Primat durchsetzen wird,

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2002
ISBN (eBook)
9783832469627
ISBN (Paperback)
9783838669625
Dateigröße
818 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Sozialwissenschaften
Note
1,7
Schlagworte
jugend identitätstheorien kommunikationstheorien kommunikation konsumzoziologie
Produktsicherheit
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Titel: The way they communicate
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