Die Balanced Scorecard als Instrument des strategischen Managements aus Sicht eines mittelständischen Logistikunternehmens
Zusammenfassung
In der heutigen Zeit stehen mittelständische Logistikunternehmen, insbesondere Transportunternehmen und Lagerhalter, die im nachfolgenden Kapitel noch näher erläutert werden, unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Belegt wird dies durch eine große Anzahl an Insolvenzen in diesem Marktsegment. Dieser Wettbewerbsdruck resultiert zum einen aus der Öffnung der Grenzen für ausländische Unternehmer aus der Europäischen Union und aus Drittländern sowie aus einer Reihe von zusätzlichen Belastungen, die den deutschen Logistikunternehmen vom Gesetzgeber auferlegt werden.
Während Transportunternehmen aus osteuropäischen Drittländern aufgrund wesentlich geringerer Kosten, insbesondere im Bereich der Personalkosten sowie der Besteuerung, mit ihren Angeboten deutlich unter dem deutschen Marktpreis liegen, sind auch die Rahmenbedingungen für Logistikunternehmen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten noch nicht ausreichend harmonisiert. Beispielsweise sind die Kraftfahrzeug-Steuern in den Niederlanden deutlich niedriger als in Deutschland.
Die fünfte und vorerst letzte Stufe der Öko-Steuer ist zu Beginn des Jahres 2003 in Kraft getreten. Auch die Personalnebenkosten haben sich erhöht und die Kraftfahrzeug-Versicherungsprämien für gewerblich genutzte Lastkraftwagen sind Anfang 2003 um dreißig Prozent gestiegen. Zudem wird voraussichtlich im August 2003 die LKW-Maut je nach Schadstoffklasse des Fahrzeugs mit 0,15 bis 0,21 Euro pro Autobahnkilometer eingeführt. Zwar betreffen diese Mautgebühren auch ausländische Transportunternehmen und können größtenteils auf den Kunden abgewälzt werden, jedoch zeigt sich hier, wie wichtig eine Vermeidung von Leerfahrten und somit eine Verbesserung der Prozesse zukünftig sein wird.
Es wird deutlich, dass ein Logistikunternehmen nur dann bestehen und sich entwickeln kann, wenn es ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit an die sich mit immer größerer Geschwindigkeit verändernden Rahmenbedingungen aufweist.
Dadurch werden die Führungskräfte von mittelständischen Logistikunternehmen vor neue Aufgaben gestellt, die immer schnellere Handlungen und Entscheidungen beinhalten, um auch bei sich ändernden Rahmenbedingungen weiterhin erfolgreich agieren zu können.
Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, ist die Einführung eines neuen strategischen Managementsystems.
Auch im Hinblick auf den Ausgleich von Finanzierungsengpässen ist ein aussagefähiges und transparentes Managementsystem von Vorteil. Die neue […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung, Motivation
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Gang der Arbeit
2. Begriffserläuterungen und –abgrenzungen.
2.1 Das strategische Management
2.1.1 Grundsätzliches
2.1.2 Differenzierung des Managementbegriffs
2.1.3 Merkmale und Objekte des strategischen Managements
2.1.4 Prozess und Ebenen des strategischen Managements
2.1.5 Einordnung des strategischen Managements
2.2 Die Balanced Scorecard
2.2.1 Grundsätzliches
2.2.2 Grundkonzeption der Balanced Scorecard
2.2.3 Die Intentionen der Balanced Scorecard
2.3 Der Logistikbegriff
2.3.1 Grundsätzliches
2.3.2 Definitionen der Logistik
2.3.3 Ziele und Funktionen der Logistik
2.3.4 Konkretisierung des Logistikbegriffs
2.4 Das mittelständische Logistikunternehmen
2.4.1 Grundsätzliches
2.4.2 Das Logistikunternehmen
2.4.3 Abgrenzung zu großen Logistikunternehmen
3. Strategisches Management mit der Balanced Scorecard – Überblick
3.1 Gründe für die Erstellung einer Balanced Scorecard
3.2 Voraussetzungen
3.3 Der organisatorische Rahmen
3.4 Die Entwicklung einer Balanced Scorecard
3.4.1 Die Ableitung der strategischen Ziele
3.4.2 Aufbau von Ursache-/Wirkungsbeziehungen
3.4.3 Die Auswahl der Messgrößen
3.4.4 Die Festlegung der Zielwerte
3.4.5 Die Bestimmung von strategischen Aktivitäten
3.4.6 Die Erstellung eines Umsetzungsplans
3.5 Die Implementierung der Balanced Scorecard
3.6 Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard
3.6.1 Die finanzwirtschaftliche Perspektive
3.6.1.1 Grundsätzliches
3.6.1.2 Strukturierung nach Entwicklungsphasen
3.6.1.3 Strategische finanzwirtschaftliche Themen
3.6.2 Die Kundenperspektive
3.6.2.1 Grundsätzliches
3.6.2.2 Die Spätindikatoren der Kundenperspektive
3.6.2.3 Die Frühindikatoren der Kundenperspektive
3.6.3 Die interne Prozessperspektive
3.6.3.1 Grundsätzliches
3.6.3.2 Die Wertkette der internen Geschäftsprozesse
3.6.4 Die Lern- und Entwicklungsperspektive
3.6.4.1 Grundsätzliches
3.6.4.2 Die Spätindikatoren der Lern- und Entwicklungsperspektive
3.6.4.3 Die Frühindikatoren der Lern- und Entwicklungsperspektive
3.7 Kritische Würdigung
4. Die Balanced Scorecard in einem mittelständischen Logistikunternehmen
4.1 Die derzeitige Situation im Unternehmen
4.2 Die Voraussetzungen im Unternehmen
4.3 Der organisatorische Rahmen
4.3.1 Die Festlegung der Balanced Scorecard-Architektur
4.3.2 Die Festlegung der Projektorganisation
4.3.3 Die Gestaltung des Projektablaufs
4.3.4 Die Sensibilisierung der Mitarbeiter
4.4. Die Wahl der Perspektiven
4.5. Die Entwicklung einer Balanced Scorecard
4.5.1 Die Ableitung der strategischen Ziele
4.5.2 Der Aufbau von Ursache-/Wirkungsbeziehungen
4.5.3 Die Auswahl der Messgrößen
4.5.4 Die Festlegung der Zielwerte
4.5.5 Die Bestimmung strategischer Aktivitäten
4.5.6 Die Erstellung eines Umsetzungsplans
5. Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Eidesstattliche Versicherung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2-1: Differenzierung des Managementbegriffs
Abb. 2-2: Objekte des strategischen Managements
Abb. 2-3: Prozess des strategischen Managements
Abb. 2-4: Modell des Managements
Abb. 2-5: Die Balanced Scorecard gemäß Kaplan/Norton
Abb. 3-1: Ursache-/Wirkungskette der Balanced Scorecard
Abb. 3-2: Die Kernkennzahlen der Kundenperspektive
Abb. 3-3: Das Wertangebot an den Kunden
Abb. 3-4: Die interne Prozessperspektive – das generische Wertkettenmodell
Abb. 3-5: Rahmen für Kennzahlen der Lern- und Entwicklungsperspektive
Abb. 4-1: Organigramm des Logistikunternehmens
Abb. 4-2: Hierarchieebenen des Logistikunternehmens
Abb. 4-3: Ablaufplan für das Balanced Scorecard-Projekt
Abb. 4-4: Balanced Scorecard mit IT-Perspektive
Abb. 4-5: Ursache-/Wirkungskette des Logistikunternehmens
Tabellenverzeichnis
Tab. 2-1: Definitionen der Logistik
Tab. 2-2: Führungsfunktionen und operative Funktionen in der Logistik
Tab. 2-3: Leistungen von Logistikunternehmen
Tab. 3-1: Messung und Bewertung strat. finanzwirtschaftlicher Themen
Tab. 3-2: Erläuterungen zu den Kernkennzahlen der Kundenperspektive
Tab. 3-3: Erläuterungen zu dem Wertangebot an den Kunden
Tab. 4-1: Projektorganisation des Logistikunternehmens
Tab. 4-2: Zielvorschläge für die finanzwirtschaftliche Perspektive
Tab. 4-3: Zielvorschläge für die Kundenperspektive
Tab. 4-4: Zielvorschläge für die interne Prozessperspektive
Tab. 4-5: Zielvorschläge für die Lern- und Entwicklungsperspektive
Tab. 4-6: Zielvorschläge für die IT-Perspektive
Tab. 4-7: Strategische Ziele der Balanced Scorecard
Tab. 4-8: Mögliche Messgrößen in der finanzwirtschaftlichen Perspektive
Tab. 4-9: Mögliche Messgrößen in der Kundenperspektive
Tab. 4-10: Mögliche Messgrößen in der internen Prozessperspektive
Tab. 4-11: Mögliche Messgrößen in der Lern- und Entwicklungsperspektive
Tab. 4-12: Mögliche Messgrößen in der IT-Perspektive
Tab. 4-13: Messgrößen der Balanced Scorecard
Tab. 4-14: Zielwerte der Balanced Scorecard
Tab. 4-15: Die strategischen Aktivitäten im Logistikunternehmen
1. Einleitung
1.1 Problemstellung, Motivation
In der heutigen Zeit stehen mittelständische Logistikunternehmen, insbesondere Transportunternehmen und Lagerhalter, die im nachfolgenden Kapitel noch näher erläutert werden, unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Belegt wird dies durch eine große Anzahl an Insolvenzen in diesem Marktsegment. Dieser Wettbewerbsdruck resultiert zum einen aus der Öffnung der Grenzen für ausländische Unternehmer aus der Europäischen Union und aus Drittländern sowie aus einer Reihe von zusätzlichen Belastungen, die den deutschen Logistikunternehmen vom Gesetzgeber auferlegt werden.
Während Transportunternehmen aus osteuropäischen Drittländern aufgrund wesentlich geringerer Kosten, insbesondere im Bereich der Personalkosten sowie der Besteuerung, mit ihren Angeboten deutlich unter dem deutschen Marktpreis liegen, sind auch die Rahmenbedingungen für Logistikunternehmen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten noch nicht ausreichend harmonisiert. Beispielsweise sind die Kraftfahrzeug-Steuern in den Niederlanden deutlich niedriger als in Deutschland.
Die fünfte und vorerst letzte Stufe der Öko-Steuer ist zu Beginn des Jahres 2003 in Kraft getreten. Auch die Personalnebenkosten haben sich erhöht und die Kraftfahrzeug-Versicherungsprämien für gewerblich genutzte Lastkraftwagen sind Anfang 2003 um dreißig Prozent gestiegen. Zudem wird voraussichtlich im August 2003 die LKW-Maut je nach Schadstoffklasse des Fahrzeugs mit 0,15 bis 0,21 Euro pro Autobahnkilometer eingeführt. Zwar betreffen diese Mautgebühren auch ausländische Transportunternehmen und können größtenteils auf den Kunden abgewälzt werden, jedoch zeigt sich hier, wie wichtig eine Vermeidung von Leerfahrten und somit eine Verbesserung der Prozesse zukünftig sein wird.
Es wird deutlich, dass ein Logistikunternehmen nur dann bestehen und sich entwickeln kann, wenn es ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit an die sich mit immer größerer Geschwindigkeit verändernden Rahmenbedingungen aufweist.
Dadurch werden die Führungskräfte von mittelständischen Logistikunternehmen vor neue Aufgaben gestellt, die immer schnellere Handlungen und Entscheidungen beinhalten, um auch bei sich ändernden Rahmenbedingungen weiterhin erfolgreich agieren zu können.
Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, ist die Einführung eines neuen strategischen Managementsystems.
Auch im Hinblick auf den Ausgleich von Finanzierungsengpässen ist ein aussagefähiges und transparentes Managementsystem von Vorteil. Die neue Rating-Strategie der Kreditinstitute nach „Basel II“ verlangt eine Einschätzung des Bonitätsrisikos durch ein so genanntes Rating. Je schlechter das Ergebnis des Ratings, umso höher ist der Kreditzins. Eine Beschäftigung mit diesem Rating wird daher zum unverzichtbaren Bestandteil des Controllings.[1]
Die Entwickler der Balanced Scorecard behaupten, dass mit Hilfe dieses strategischen Managementsystems einem erhöhten Wettbewerbsdruck, dem ein Unternehmen gegenübersteht, standgehalten werden kann. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden können, neue Erfolgspotentiale zu identifizieren, zu analysieren und auszubauen, so dass die Wettbewerbsposition gegenüber der Konkurrenz erhalten bleibt oder noch weiter verbessert werden kann.
Ein mittelständisches Logistikunternehmen entscheidet sich für eine Erneuerung des Controllings mit Hilfe der Balanced Scorecard. Es ist aufzuzeigen, wie der Einsatz einer Balanced Scorecard in einem mittelständischen Logistikunternehmen diese Ziele unterstützen kann.
1.2 Ziel der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, inwieweit der Einsatz einer Balanced Scorecard als ein strategisches Managementsystem dazu beitragen kann, die Wettbewerbsposition eines mittelständischen Logistikunternehmens zu erhalten und zu verbessern. Aus einer Vielzahl von Einflussgrößen werden diejenigen ausgewählt, die als Erfolgsfaktoren das Erreichen der strategischen Unternehmensziele maßgeblich beeinflussen. Zudem werden die für die Zielerreichung relevanten Handlungsfelder aufgezeigt. Die Prozesse werden transparent gemacht, damit ein Plan zur Umsetzung der Balanced Scorecard in einem mittelständischen Logistikunternehmen entwickelt werden kann.
1.3 Gang der Arbeit
Zunächst werden das strategische Management sowie die Balanced Scorecard erläutert. Neben einer Spezifizierung der Begriffe Logistik und mittelständisches Logistikunternehmen erfolgt auch eine Abgrenzung von mittelständischen zu großen Logistikunternehmen. Im Anschluss daran wird das Grundmodell der Balanced Scorecard von Kaplan und Norton eingehend erläutert. Begonnen wird mit einer Nennung der Gründe vieler Unternehmen für die Erstellung einer Balanced Scorecard. Anschließend werden die Voraussetzungen sowie der nötige organisatorische Rahmen für die Einführung einer Balanced Scorecard behandelt.
Nach einer ausführlichen Darstellung der Entwicklung einer Balanced Scorecard sowie einer Erwähnung der wichtigsten Schritte zur Implementierung erfolgt eine kritische Würdigung des Balanced Scorecard-Ansatzes.
Schließlich wird die Balanced Scorecard mit den bereits gewonnenen Erkenntnissen auf ein mittelständisches Logistikunternehmen übertragen, um eine IT-Perspektive erweitert und ausführlich diskutiert. Abschließend erfolgt eine kurze Darstellung über Chancen und Risiken des Einsatzes der Balanced Scorecard in einem mittelständischen Logistikunternehmen.
2. Begriffserläuterungen und –abgrenzungen
2.1 Das strategische Management
2.1.1 Grundsätzliches
Das strategische Management gehört zu den Themen, welche in Theorie und Praxis eine immer größere Aufmerksamkeit finden. Diese immer noch zeitgemäße Idee der strategischen Führung von Unternehmen lässt sich bis zu den ersten beiden Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts verfolgen.[2]
Die Überlegungen zu einem strategischen Management, die fest in der unternehmerischen Praxis verankert sind, betreffen die Entwicklung des Unternehmens und manifestieren sich insbesondere in der Wahl der produzierten Güter oder Dienstleistungen, der Positionierung gegenüber Wettbewerbern, dem Erwerb knapper Ressourcen sowie der Organisation betrieblicher Strukturen und Prozesse.[3]
2.1.2 Differenzierung des Managementbegriffs
Zunächst empfiehlt sich eine Differenzierung in den funktionalen und in den institutionellen Managementbegriff, wie sie die Abbildung 2-1 beschreibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Becker/Fallgatter [2002], S. 14.
Abbildung 2-1: Differenzierung des Managementbegriffs
Der funktionale Managementbegriff beinhaltet die einzelnen Aufgaben der mit dem Management beauftragten Person. Dagegen richtet sich der institutionelle Managementbegriff an die Personen respektive Gremien und ihre Rollen als Träger der Unternehmensführung, und zwar auf allen Hierarchieebenen.[4]
2.1.3 Merkmale und Objekte des strategischen Managements
Strategische Entscheidungen des Managements bestimmen die grundsätzliche Richtung der Unternehmensentwicklung oder beeinflussen sie maßgeblich. Sie sollen den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sichern. Dazu ist es erforderlich, Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern aufzubauen und zu verteidigen. Diese Vorteile entstehen beispielsweise durch eine höhere Qualität, niedrigere Preise oder schnellere Lieferungen. Die strategischen Entscheidungen bestimmen die externe und interne Ausrichtung des Unternehmens, damit der zukünftige Erfolg gesichert werden kann. Im Vordergrund stehen hier die Marktpositionierung des Unternehmens sowie die Ausgestaltung seiner Ressourcenbasis. Mit Hilfe von strategischen Entscheidungen sollen Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden, von denen der zukünftige Erfolg des Unternehmens abhängt. Insbesondere sollen Erfolgspotentiale geschaffen werden, die es im Unternehmensalltag zu nutzen gilt. Eine grundlegende Beeinflussung der Ausrichtung eines Unternehmens ist nur möglich, wenn die strategischen Entscheidungen nicht nur einzelnen Organisationseinheiten zuzuordnen sind. Vielmehr müssen sie aus einer übergreifenden Perspektive heraus getroffen werden.[5]
In der Literatur werden drei Arten von strategischen Entscheidungen unterschieden, und zwar, wie in Abbildung 2-2 dargestellt, Entscheidungen über Strategien, Strukturen und Systeme von Unternehmen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Hungenberg [2001], S. 7.
Abbildung 2-2: Objekte des strategischen Managements
Den Ausgangs- und Mittelpunkt des strategischen Managements bilden die Strategien. Sie bestimmen die geschäftliche Ausrichtung eines Unternehmens. Dagegen sind die Strukturen für die Zusammenarbeit der Menschen im Unternehmen verantwortlich. Als Systeme werden die Instrumente bezeichnet, die für die Unternehmensführung benötigt werden.[6]
2.1.4 Prozess und Ebenen des strategischen Managements
Die Abbildung 2-3 beschreibt die Teilschritte eines strategischen Managementprozesses:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Hungenberg [2001], S. 9.
Abbildung 2-3: Prozess des strategischen Managements
Die Auswahl der Strategie steht im Mittelpunkt des Managementprozesses. Doch zunächst muss die dafür notwendige Informationsbasis erarbeitet werden. Anschließend können Strategiealternativen entwickelt und beurteilt werden, die eine erfolgreiche Marktpositionierung versprechen. Nach der Strategieauswahl kann mit den Umsetzungsarbeiten im Unternehmen begonnen werden.[7]
Das strategische Management erfolgt in einem Unternehmen auf zwei Ebenen, und zwar auf der Geschäftsfeld- und auf der Unternehmensebene. Auf der Geschäftsfeldebene hat das strategische Management die Aufgabe, Wettbewerbsvorteile in einem Geschäft aufzubauen und umzusetzen. Die Auswahl der richtigen Geschäfte sowie die Führung aus der Gesamtperspektive heraus obliegen dagegen dem strategischen Management auf Unternehmensebene.[8]
2.1.5 Einordnung des strategischen Managements
Das Management eines Unternehmens ist, wie in Abbildung 2-4 dargestellt, in drei Teilaufgaben gegliedert, und zwar in einem normativen, einem strategischen und einem operativen Management:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Hungenberg [2001], S. 21.
Abbildung 2-4: Modell des Managements
Im normativen Management werden von den Trägern des Unternehmens Entscheidungen vorgegeben. Diese sind nicht durch übergeordnete Unternehmensentscheidungen sachlich begründet. Das operative Management entscheidet über konkrete Handlungen des Unternehmens. Hier geht es insbesondere um die Realisierung von Zielen und Maßnahmen in den einzelnen Funktionsbereichen. Das strategische Management liegt genau zwischen normativem und operativem Management. Die normativen Ansprüche der Unternehmensträger werden in strategische Ziele und Maßnahmen umgesetzt. Diese Ziele determinieren dann die Inhalte des operativen Managements. Dieser Prozess findet auch in umgekehrter Richtung statt. Hierbei wird das strategische Management von den operativen Aufgaben beeinflusst und wirkt seinerseits auf die normative Ausrichtung des Unternehmens ein.[9]
2.2 Die Balanced Scorecard
2.2.1 Grundsätzliches
Anfang der neunziger Jahre wurde die Balanced Scorecard von Robert S. Kaplan und David P. Norton im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Harvard Business School als neuartiges Kennzahlen- und Führungssystem entwickelt. Die Balanced Scorecard begann Ihren Siegeszug Anfang 1992 in den angelsächsischen Ländern, nachdem der erste Artikel in der Harvard Business Review veröffentlicht wurde.[10]
Die Kritik an klassischen Kennzahlensystemen, die Probleme bei einer Strategieumsetzung und das unzureichende Berichtswesen, da häufig viele Informationen aus dem operativen Controlling stammen, sind Gründe für die Einführung einer Balanced Scorecard im Unternehmen. Hinzu kommen die Vereinfachung des Planungsprozesses sowie die Verbesserung der externen Berichterstattung durch den Einsatz der Balanced Scorecard im Unternehmen.[11]
2.2.2 Grundkonzeption der Balanced Scorecard
Eine Hauptaufgabe der Unternehmensführung ist die Entwicklung von Unternehmensstrategien und die Sicherstellung der optimalen Umsetzung dieser Strategien durch den gezielten Einsatz von Führungsinstrumenten. Insbesondere bei der Umsetzung von Strategien treten immer wieder Mängel auf, so dass der angestrebte Wert der entwickelten Strategie nicht realisiert werden kann. Genau hier setzt die Balanced Scorecard an. Sie soll als ein umfassendes Managementsystem die Verknüpfung von Unternehmensstrategie und operativen Aktionen gewährleisten.[12]
Die Balanced Scorecard liefert einen Rahmen für die Zustimmung zur Strategie in der Gesamtorganisation. Sie sorgt für eine Transparenz der Unternehmensstrategie für die Führungskräfte und Mitarbeiter. Zudem ermöglicht die Balanced Scorecard eine Erfolgsmessung nicht nur im Nachhinein, sondern auch regelmäßig während der Periode.[13]
Eine an der Strategie ausgerichtete Unternehmenssteuerung soll, wie bereits erwähnt, durch die Balanced Scorecard unterstützt werden. Mit Hilfe von gegenwarts- und zukunftsorientierten Kennzahlen kann die Unternehmensleistung aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und beurteilt werden. Die Grundkonzeption beinhaltet, wie die Abbildung 2-5 beschreibt, vier Perspektiven zur Messung und Steuerung der Unternehmensleistung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Gleißner [2000], S. 160.[14]
Abbildung 2-5: Die Balanced Scorecard gemäß Kaplan/Norton
In der Kundenperspektive steht die Frage im Vordergrund, wie das betreffende Unternehmen gegenüber den Kunden auftreten soll, um seine Vision zu verwirklichen. In der Lern- und Entwicklungsperspektive wird der Frage nachgegangen, wie das Unternehmen Fähigkeiten zum Wandel, zu Innovationen und zu Verbesserungen erhält und steigern kann, um die Vision zu erreichen. In der internen Prozessperspektive soll ermittelt werden, in welchen Geschäftsprozessen besonders gute Leistungen erbracht werden müssen, um die Teilhaber und Kunden zu befriedigen. In der Finanzperspektive stellt sich die Frage, wie sich das Unternehmen aus Investorensicht darstellt.[15]
Ausgehend von der Unternehmens- oder Geschäftsbereichsstrategie sind zur Festlegung der Kennzahlen innerhalb der Perspektive strategische Ziele zu formulieren. Damit die Realisierung der strategischen Ziele überprüft werden kann, ist eine Überführung dieser Ziele in Kennzahlen sowie eine Konkretisierung durch Vorgabewerte erforderlich. Dadurch wird ein Soll-Ist-Vergleich bezüglich der strategischen Ziele ermöglicht, wobei gemäß Kaplan/Norton eine Konzentration auf die wirklich strategierelevanten Kennzahlen erfolgen soll. Im Anschluss daran werden Maßnahmen festgelegt, durch welche die Vorgabewerte und damit die strategischen Ziele erreicht werden sollen.[16]
2.2.3 Die Intentionen der Balanced Scorecard
Die Balanced Scorecard erfasst die Komplexität des Betriebsgeschehens und reduziert sie auf für alle Mitarbeiter transparente Teilaspekte. Sie gibt dem Unternehmen neue Impulse und unterstützt die strategische Planung, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Stärken und Schwächen des Unternehmens können herausgefunden und definiert werden. Die Balanced Scorecard ermöglicht, aufbauend auf die strategische Zielsetzung, eine operative Planung, die einerseits steigende Kosten aufhalten und andererseits neue Märkte erschließen soll, um die Gewinne zu steigern. Durch die Kommunikation der strategischen Ziele mit den Mitarbeitern und der Verankerung dieser Ziele im Unternehmensalltag können die Mitarbeiter besser geführt und motiviert werden. Die Kunden stehen konsequent im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns.[17]
2.3 Der Logistikbegriff
2.3.1 Grundsätzliches
Die Bedeutung der Logistik wächst ständig. Daher hat fast jedes Industrieunternehmen eine Abteilung oder ein Geschäftsleitungsressort für Logistik. Die Folge ist, dass eine ständig wachsende Zahl an Unternehmen Logistikdienstleistungen anbietet.[18]
Der Begriff „Logistik“ wird teilweise auch heute noch als ein Synonym für den einfachen Transport verwendet. Jedoch spiegelt der Transport nur eine von zahlreichen Aufgaben der Logistik wider.[19]
2.3.2 Definitionen der Logistik
Es existiert eine Vielzahl von Definitionen für den Begriff „Logistik“, die jedoch weitgehend identische Elemente enthalten. Pfohl unterscheidet je nach Betrachtungsweise drei Definitionsansätze, den flussorientierten, den lebenszyklusorientierten sowie den dienstleistungsorientierten Definitionsansatz:[20]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Pfohl [1996], S. 12 f.[21]
Tabelle 2-1: Definitionen der Logistik
Die in Wissenschaft und Praxis am meisten verbreitete Definition ist der flussorientierte Ansatz. Dagegen erweist sich die lebenszyklusorientierte Definition nur bei einer Diskussion bezüglich der Kalkulation, Analyse und dem Entwurf der Lebenszykluskosten als relevant. Wenn logistische Leistungen in engem Zusammenhang mit anderen Dienstleistungen erbracht werden, ist es sinnvoll, auf den dienstleistungsorientierten Ansatz zurückzugreifen.[22]
2.3.3 Ziele und Funktionen der Logistik
Die Zielsetzung der Logistik ist die Bereitstellung der richtigen Materialien oder Güter, in der richtigen Menge, mit der richtigen Qualität, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und zu minimalen Kosten.[23]
Die Logistik als wissenschaftliche Lehre von Planung, Gestaltung, Steuerung und Kontrolle der Material- und Informationsflüsse in Systemen basiert auf Technik, Informatik sowie auf Betriebs- und Volkswirtschaft. Dabei steht die Technik für die fertigungs-, transport- und lagertechnische Komponente, die Informatik für die Elemente des Güterflusses und die Betriebs- und Volkswirtschaft für die wirtschaftliche Komponente. Bei den technischen, informatorischen und den betriebswirtschaftlichen Funktionen handelt es sich, wie die Tabelle 2-2 beispielhaft zeigt, um Führungsfunktionen sowie um operative Funktionen:[24]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Martin [2000], S. 3.
Tabelle 2-2: Führungsfunktionen und operative Funktionen in der Logistik
2.3.4 Konkretisierung des Logistikbegriffs
In Bezug auf die Themenstellung empfiehlt sich eine Konkretisierung des Logistikbegriffs. Diese bezieht sich insbesondere auf die Abgrenzung von interner und externer Logistik. Die interne Logistik beschäftigt sich mit den Transport- und Lagerungsvorgängen innerhalb eines Betriebes. Dagegen befasst sich die externe Logistik einerseits mit der Frage, wie benötigte Zulieferungen physisch in das eigene Unternehmen kommen (Beschaffungslogistik), und andererseits, wie die eigenen Fertigprodukte zu den Abnehmern gelangen (Distributionslogistik).[25]
Da im Rahmen dieser Arbeit die Balanced Scorecard als Instrument des strategischen Managements aus Sicht eines mittelständischen Logistikunternehmens untersucht und diskutiert wird, gilt das Hauptinteresse der externen Logistik.
Die für diese Arbeit relevanten logistischen Prozesse sind Transport- und Lagerungsprozesse sowie das zugehörige Be- und Entladen, das Ein- und Auslagern (Umschlag) und das Kommissionieren. Inhaltlich sind diese logistischen Prozesse auf eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit von Objekten ausgerichtet, das heißt als Raumüberbrückung (Transport), Zeitüberbrückung (Lagerung) oder Veränderung der Anordnung (Kommissionierung). Logistische Objekte sind hierbei Sachgüter, also Material und Produkte im Industriebetrieb, und Informationen.[26]
2.4 Das mittelständische Logistikunternehmen
2.4.1 Grundsätzliches
Die im vorgenannten Kapitel auszuführenden logistischen Leistungen werden nicht immer oder nur teilweise vom produzierenden Gewerbe selbst erbracht. Vielmehr geht der Trend zum Outsourcing von logistischen Leistungen. So entstehen immer mehr Logistikunternehmen, die diese Aufgaben wahrnehmen.
2.4.2 Das Logistikunternehmen
Wie bereits erwähnt, liegt der Hauptzweck von Logistikunternehmen in der Erbringung logistischer Leistungen. In dieser Arbeit stehen die logistischen Funktionen der Spediteure, der Frachtführer und der Lagerhalter im Vordergrund. Spediteure sind als Organisatoren der Transportketten anzusehen, während die Frachtführer nur den reinen Transport durchführen. Sofern der Spediteur den Transport selbst übernimmt, spricht man vom Selbsteintritt. Der Lagerhalter übernimmt gewerbsmäßig die Lagerung und Aufbewahrung von Gütern.[27]
Die Legaldefinitionen der Begriffe Spediteure, Frachtführer und Lagerhalter sind in den §§ 407, 416 und 425 des Handelsgesetzbuches zu finden.[28]
Der Wandel von einem reinen Transportunternehmen zu einem Logistikunternehmen führte dazu, dass über die eigentliche Güterverteilung hinaus auch Ergänzungsleistungen angeboten werden. Hinzu kommen die nicht-logistischen Leistungen als Sonderleistungen, die im Zusammenhang mit der Güterverteilung erbracht werden, wie die Tabelle 2-3 auf der nächsten Seite zeigt.[29]
Das dieser Arbeit zugrunde liegende Logistikunternehmen ist auf den LKW-Transport und die Lagerung von Stahlerzeugnissen spezialisiert. Aufgrund der Charakteristik des jeweiligen Ladungsumfangs werden primär Teil- und Komplettladungsverkehre durchgeführt.
2.4.3 Abgrenzung zu großen Logistikunternehmen
Die Abgrenzung von mittelständischen zu großen Unternehmen erfolgt anhand qualitativer sowie quantitativer Merkmale.[30]
In qualitativer Hinsicht muss es sich zunächst einmal um ein erwerbswirtschaftlich orientiertes Unternehmen handeln, welches dem Gewinnstreben seiner Eigentümer dient. Eine einzige natürliche Person oder eine eng begrenzte Gruppe natürlicher Personen besitzt die Eigentumsmehrheit an dem Unternehmen. Hinzu kommt, dass mindestens einer der Eigentümer entscheidend an der Unternehmensleitung beteiligt ist. Außerdem muss die wirtschaftliche Existenz mindestens eines Eigentümers vom Unternehmen abhängen.[31]
Das quantitative Abgrenzungskriterium zu großen Unternehmen ist die Zahl der im Unternehmen Beschäftigten. Nach herrschender Meinung spricht man von einem mittelständischen Unternehmen, wenn das Unternehmen maximal 500 Mitarbeiter beschäftigt.[32]
Alle qualitativen Kriterien treffen auf das Logistikunternehmen, das dieser Arbeit zugrunde liegt, zu. Auch das quantitative Kriterium ist mit einer Beschäftigtenanzahl von 102 erfüllt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Pfohl [1996], S. 277.[33]
Tabelle 2-3: Leistungen von Logistikunternehmen
3. Strategisches Management mit der Balanced Scorecard - Überblick
3.1 Gründe für die Erstellung einer Balanced Scorecard
Die Gründe für die Entwicklung einer Balanced Scorecard sind bereits in Kapitel 2.2.1 kurz erläutert worden. Es sind insbesondere die Kritik an klassischen Kennzahlensystemen, die Probleme bei der Umsetzung einer Unternehmensstrategie sowie der Bedarf an einer Vereinfachung und Verbesserung der externen Berichterstattung, die ein Unternehmen dazu veranlassen, eine Balanced Scorecard zu entwickeln.[34]
Unternehmensstrategien müssen so formuliert sein, dass eine direkte Verbindung zwischen ihnen und den Abteilungs- oder Projektzielen sichtbar wird. In vielen Unternehmen stehen die Strategien meist unverbunden nebeneinander. Diese Tatsache führt dazu, dass Projekte ohne klare Ausrichtung auf die Unternehmensstrategie gestartet werden, statt die Ressourcen auf diejenigen Anstrengungen zu konzentrieren, die tatsächlich zum gewünschten Erfolg führen. Rein finanzielle Steuerungsgrößen sind zum einen vergangenheitsorientiert und zum anderen häufig sehr stark aggregiert, so dass sie häufig zu spät greifen.[35]
Dieses Problem löst die Balanced Scorecard, indem sie die traditionellen finanziellen Kennzahlen durch eine Kunden-, eine interne Prozess- und eine Lern- und Entwicklungsperspektive ergänzt. Die Kennzahlen dieser Perspektiven werden über Ursache-/Wirkungsbeziehungen mit den finanziellen Zielen des Unternehmens verknüpft. Das Kennzahlensystem wird durch die Verbindung mit den finanziellen Zielen des Unternehmens zum Bindeglied zwischen Strategieentwicklung und Strategieumsetzung. Der strategische Führungsprozess wird durch strategiebezogene Kennzahlen sowie durch weitere Maßnahmen unterstützt. Das Problem bei der Strategieumsetzung, welches aus einer mangelnden Verknüpfung von Strategie und operativer Planung resultiert, kann so beseitigt werden.[36]
Investoren und Kapitalgeber zeigen häufig nur Interesse an Finanzkennzahlen. Hinzu kommt, dass tief greifende Strukturänderungen und langfristige Entwicklungen in vielen Fällen nicht ausreichend vermittelt werden können.[37]
Auch hier greift die Balanced Scorecard ein, indem sie alle wesentlichen Entwicklungen und Entscheidungen sowie deren Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg überschaubar darstellt. Zudem können auch nicht-monetäre Messgrößen einbezogen werden, wie beispielsweise die Managementqualität, die Qualität der Kundenzufriedenheit, die Stärke der Marktposition, die Produktivität von Forschung und Entwicklung, die Bedeutung der Unternehmenskultur oder die Produkt-/Servicequalität.[38]
3.2 Voraussetzungen
Die Kernvoraussetzung für die Einführung einer Balanced Scorecard ist die Veränderungsbereitschaft und die Offenheit für Neues im Unternehmen. Die Balanced Scorecard stellt einen entscheidenden Eingriff in die Gewohnheiten dar, so dass ein gewisses Maß an Flexibilität und Offenheit zwingend erforderlich ist. Eine weitere Voraussetzung sind die strukturellen Faktoren wie die Stabilität des Unternehmensaufbaus beziehungsweise des Aufbaus der Geschäftseinheiten, damit beispielsweise zu starke Anpassungen an das Grundgerüst vermieden werden können. Außerdem sollte die Einführung einer Balanced Scorecard nicht gleichzeitig mit anderen wichtigen Projekten erfolgen, welche die Aufmerksamkeit des Topmanagements zusätzlich beanspruchen. Des Weiteren ist eine klare Strategiedefinition erforderlich. Bei den Strategieverantwortlichen muss ein breiter Konsens über die Strategie bestehen. Hinzu kommt, dass das oberste Management von der Notwendigkeit der Einführung einer Balanced Scorecard überzeugt sein muss. Letztlich benötigt das Unternehmen eine klare und unmissverständliche Zielsetzung, damit dieser Prozess nicht ins Endlose ausufert.[39]
3.3 Der organisatorische Rahmen
Um den organisatorischen Rahmen für die Einführung einer Balanced Scorecard zu schaffen, ist es zunächst erforderlich, die Balanced Scorecard-Architektur zu bestimmen. Sie legt fest, welche organisatorischen Einheiten ihre Strategie nach den Prinzipien der Balanced Scorecard gestalten sollen und welche Zusammenhänge zwischen diesen Bereichen bestehen. Im Anschluss daran muss die Projektorganisation festgelegt werden. Die Rollen und Zuordnungen der Mitarbeiter werden hierbei exakt definiert. Die mit der Strategieumsetzung betrauten Mitarbeiter und Organisationseinheiten müssen bereits vor der Strategieentwicklung involviert sein, damit ein fließender Übergang zwischen Strategieentwicklung und -umsetzung gewährleistet ist. Nun kann der Projektablauf gestaltet werden. Basierend auf eine klare, eindeutige und für alle Beteiligten verständliche Zielfestlegung ist eine gründliche Ablaufplanung, aus der einzelne Phasen und Arbeitsschritte erkennbar sind, zu erstellen. Eine umfassende Information und Kommunikation der Mitarbeiter über den Balanced Scorecard-Ansatz ist sicherzustellen, um die nötige Motivation und Akzeptanz und damit eine bessere Integration des Projekts in der Unternehmenslandschaft zu erreichen. Ebenso ist die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Zielsetzung von zentraler Bedeutung. Bei einer unternehmensweiten Einführung der Balanced Scorecard müssen die Methoden und Inhalte frühzeitig standardisiert werden, damit ein Mehraufwand und Inkompatibilitäten durch Mehrfachentwicklungen vermieden werden können. Die Standardisierung umfasst insbesondere das Verständnis der Philosophie, die Ausgestaltung des Einführungsprozesses, die Art und Weise der Dokumentation sowie die verwendeten Begriffe.[40]
3.4 Die Entwicklung einer Balanced Scorecard
3.4.1 Die Ableitung der strategischen Ziele
Die Reduktion und Selektion von einer Vielfalt möglicher strategischer Ziele auf die wirklich relevanten strategischen Ziele stehen hier im Vordergrund.[41]
Damit Handlungspotentiale, welche die Umsetzung der Balanced Scorecard beeinflussen, berücksichtigt werden können, müssen im Vorfeld die Perspektiven zur Strukturierung ausgewählt werden, da sie für die Verwirklichung der Strategie mit verantwortlich sind.[42]
Zur Entwicklung der strategischen Ziele ist es zunächst sinnvoll, entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. In Betracht kommen die Durchführung von Interviews sowie die Durchsicht von bestehenden Dokumenten, um erste Vorschläge für strategische Ziele zu sammeln. Im Anschluss daran sollten die Ergebnisse in einem Team besprochen und erste Zielvorschläge für den Workshop auf- bereitet werden.[43]
Durch die Workshop-Teilnehmer müssen nun aus einer Vielfalt an Zielvorschlägen die wirklich relevanten Zielvorschläge ausgewählt werden. Dabei empfehlen sich die inhaltliche Klärung, das Hinterfragen der strategischen Bedeutung sowie die Feststellung des Konkretisierungsgrades der Zielvorschläge. Zudem sollte eine Zuordnung des strategischen Ziels, ergänzt um eine Clusterung mit ähnlichen Zielvorschlägen, zur entsprechenden Perspektive erfolgen.[44]
Die Balanced Scorecard verlangt eine knappe und prägnante Formulierung der strategischen Ziele. Daher ist es zum besseren Verständnis und zur besseren Kommunikation oftmals notwendig, diese strategischen Ziele in Form einer Dokumentation ausführlich zu erläutern. Diese Dokumentation sollte das Ziel, die Zieldefinition sowie Zielerläuterungen enthalten. Zudem sollte der Verantwortliche und der Termin der Zielerreichung dokumentiert werden.[45]
3.4.2 Der Aufbau von Ursache-/Wirkungsbeziehungen
Die Erarbeitung und Dokumentation von Ursache-/Wirkungsbeziehungen zwischen den strategischen Zielen stellt eines der zentralen Elemente der Balanced Scorecard dar. Die Kausalität der strategischen Überlegungen wird durch entstehende Ursache-/Wirkungsketten widergespiegelt. Mit Hilfe von Ursache-/Wirkungsketten werden die Interdependenzen zwischen den nicht-finanziellen und der finanziellen Perspektive abgebildet. Nur eine genaue Kenntnis dieser Verknüpfungen ermöglicht die Verwendung der richtigen Steuerungsgrößen. Es wird deutlich, dass die strategischen Ziele nicht losgelöst und unabhängig nebeneinander stehen, sondern miteinander verknüpft sind und sich gegenseitig beeinflussen.[46]
Eine präzise Abbildung der Ursache-/Wirkungsbeziehungen impliziert, dass zum einen die Beziehungen zwischen den einzelnen Perspektiven und zum anderen auch innerhalb der Perspektiven transparent gemacht und auf dieser Basis fortlaufend überprüft werden müssen.[47]
Die nachfolgende Abbildung 3-1 beschreibt eine Ursache-/Wirkungskette gemäß Kaplan/Norton:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entnommen aus: Kaplan/Norton [1997], S. 29.
Abbildung 3-1: Ursache-/Wirkungskette der Balanced Scorecard
Für jede Perspektive sollten am Ende des Workshops drei bis vier strategische Ziele festgelegt, mittels Ursache-/Wirkungsbeziehungen miteinander verbunden und dokumentiert sein.[48]
3.4.3 Die Auswahl der Messgrößen
Messgrößen dienen dazu, strategische Ziele klar und unmissverständlich auszudrücken. Nur mit Hilfe dieser Messgrößen kann die Entwicklung der Zielerreichung verfolgt werden.[49]
Ähnlich wie bei der Ableitung strategischer Ziele sind auch hier zunächst Interviews durchzuführen, um Vorschläge für Messgrößen als Grundlage für den Workshop zu sammeln. In den einzelnen, gegebenenfalls nach Perspektiven unterteilten, Arbeitsgruppen des Workshops sind jene Messgrößen zu identifizieren, welche die Absicht der Zielsetzungen am besten zum Ausdruck bringen. Dabei sind für alle Messgrößen mögliche Informationsquellen sowie Maßnahmen zur Abrufbarkeit dieser Informationen zu ermitteln. Auch hier sind die Ursache-/ Wirkungsbeziehungen zwischen den Messgrößen offen zu legen. Die anschließende Dokumentation sollte eine genaue Erläuterung der Messgröße, das jeweils zugehörige strategische Ziel sowie die Einbettung in die Ursache-/Wirkungsbeziehungen enthalten.[50]
3.4.4 Die Festlegung der Zielwerte
Im Anschluss an die Auswahl der Messgrößen sind die Zielwerte für jede Messgröße zu bestimmen. Ein strategisches Ziel ist erst durch die Festlegung eines Zielwertes vollständig beschrieben. Voraussetzung ist die Ermittlung eines Basiswertes, damit eine Vergleichbarkeit hergestellt werden kann. Auch die Akzeptanz der Zielwerte wird durch eine Vergleichsbasis ermöglicht. Es empfiehlt sich, den zeitlich entferntesten Zielwert zu bestimmen, damit daraus die Werte für die näher liegenden Zeitpunkte abgeleitet werden können, sofern der Zeithorizont, wie allgemein üblich, mehrere Perioden umfasst. Im Anschluss daran müssen für die Zielwerte Schwellenwerte festgelegt werden, damit Aussagen über Tendenzen zur Zielerreichung oder Zielverfehlung getroffen werden können. Zudem können unter Berücksichtigung des Schwellenwertes beispielsweise die Ziele der Balanced Scorecard in das Zielvereinbarungs- und Entlohnungssystem integriert werden. Eine Dokumentation der Ziel- und Schwellenwerte für jede Messgröße schließt die Phase der Zielwertbestimmung ab.[51]
3.4.5 Die Bestimmung von strategischen Aktivitäten
Vorbereitend wird zunächst wieder mit Interviews begonnen. Das Ergebnis dieser Interviews ist eine Liste laufender und bereits geplanter Projekte sowie weitere Ideen für strategische Projekte. Diese Liste fließt in den Workshop ein, damit nach Bestimmung der strategischen Aktivitäten eine Zuordnung dieser Projekte zu den einzelnen strategischen Zielen erfolgen kann. Damit bei der Umsetzung von strategischen Aktivitäten eine Überbeanspruchung von Ressourcen vermieden werden kann, sind diese beispielsweise anhand von Kosten-Nutzen-Überlegungen zu priorisieren. Bevor die abschließende Dokumentation aller getroffenen Entscheidungen erfolgt, sollte noch jeder strategischen Aktivität ein Verantwortlicher zugeordnet werden.[52]
3.4.6 Die Erstellung eines Umsetzungsplans
Im abschließenden Workshop werden die Teilnehmer noch einmal mit allen Ergebnissen vertraut gemacht und eventuelle Unstimmigkeiten beseitigt. Das Ergebnis ist ein endgültiger Konsens über die strategischen Zielsetzungen, Messgrößen, Zielwerte und strategischen Aktivitäten. Anschließend ist ein Umsetzungsplan zu erstellen, indem alle bestimmten Ziele, Messgrößen, Zielwerte und Aktivitäten präzise ausformuliert und die Verknüpfung der Messgrößen mit Datenbanken oder anderen Informationsquellen, die Messfrequenz und der Messverantwortliche aufgezeigt sind.[53]
3.5 Die Implementierung der Balanced Scorecard
Da diese Arbeit die Erarbeitung eines Konzepts zur Umsetzung der Balanced Scorecard in einem mittelständischen Unternehmen zum Inhalt hat, wird die Implementierung nur der Vollständigkeit halber kurz erläutert.
Zu Beginn der Implementierung ist eine rasche Information beziehungsweise Schulung der Mitarbeiter erforderlich, damit die abgebildete Strategie des Unternehmens umgesetzt werden kann. Dazu kann die Einführung von Kommunikations- und Schulungsprogrammen im Unternehmen sehr hilfreich sein.[54]
Es erscheint sinnvoll, die Balanced Scorecard auf nachgelagerte Einheiten herunterzubrechen. So können dann Teilziele für diese nachgelagerten Einheiten erarbeitet, der Strategiebeitrag der einzelnen Einheiten und die Aufgaben sowie Verantwortlichkeiten delegiert werden. Die Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmens- und Abteilungszielen steigt, so dass das strategiebezogene und eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeiter verbessert werden kann.[55]
Jetzt kann die Balanced Scorecard mit einem Anreizsystem, zum Beispiel mit einem Prämiensystem, verknüpft werden. Anschließend ist die Balanced Scorecard in den Planungs- und Budgetierungsprozess zu integrieren, damit neben der Ausrichtung der Mitarbeiterziele auf die Strategie auch die finanziellen und materiellen Ressourcen eines Unternehmens mit der Strategie abgestimmt werden können. Die Überarbeitung und Vermittlung der Balanced Scorecard muss regelmäßig erfolgen, um die strategischen Ziele und Wege zu deren Umsetzung dauerhaft im Bewusstsein der Mitarbeiter zu verankern und damit ihr Verhalten zu beeinflussen.[56]
3.6 Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard
3.6.1 Die finanzwirtschaftliche Perspektive
3.6.1.1 Grundsätzliches
Ein Unternehmen sollte durch eine Balanced Scorecard dazu ermutigt werden, Geschäftseinheiten mit den finanzwirtschaftlichen Zielen des Unternehmens zu verbinden. Die finanzwirtschaftlichen Themen stellen für die meisten Organisationen das notwendige Bindeglied zwischen allen Perspektiven dar. Die finanziellen Erwartungen der Kapitalgeber sind Grundlage für die Zielsetzungen der finanzwirtschaftlichen Perspektive. Für gewerbliche Unternehmen sind langfristige Einnahmeüberschüsse zur Existenzsicherung erforderlich. Daher gelten die finanziellen Ziele als zentraler Erfolgsparameter für ein Unternehmen.[57]
Diese legen den notwendigen Handlungsbedarf für finanzwirtschaftliche Prozesse, Kunden sowie interne Prozesse fest. Schließlich werden sie mit Mitarbeitern und Systemen zur Erreichung der langfristigen ökonomischen Leistung verknüpft.[58]
Gemäß Kaplan und Norton müssen finanzwirtschaftliche Ziele und Kennzahlen eine Doppelrolle spielen. Zum einen definieren sie die finanzielle Leistung, die von der Strategie erwartet wird, und zum anderen dienen sie auch als Endziele für die Ziele und Kennzahlen aller anderen Perspektiven der Balanced Scorecard. Kaplan und Norton empfehlen, bei der Entwicklung der finanzwirtschaftlichen Perspektive die Phase zu berücksichtigen, die das Unternehmen in seinem Lebenszyklus gerade durchläuft. Zur Vereinfachung beschränken sie sich auf die drei Phasen Wachstum, Reife und Ernte.[59]
[...]
[1] Vgl. Busse [2002], S. 1 f.
[2] Vgl. Brauchlin/Wehrli [1991], S. 2.
[3] Vgl. Müller-Stewens/Lechner [2001], S. 7.
[4] Vgl. Becker/Fallgatter [2002], S. 14.
[5] Vgl. Hungenberg [2001], S. 5 f.
[6] Vgl. ebenda, S. 7 f.
[7] Vgl. Hungenberg [2001], S. 8 f.
[8] Vgl. ebenda, S. 13 f.
[9] Vgl. Hungenberg [2001], S. 20 ff.
[10] Vgl. Kumpf [2001], S. 13.
[11] Vgl. Horváth/Gaiser [2000], S. 19 f.
[12] Vgl. Hoch/Langenbach/Meier-Reinhold [2000], S. 56.
[13] Vgl. Endholzer/Juranek/Vokoun/Wundsam [2001], S. 40.
[14] Das Layout der Abbildung wurde geändert und Pfeile hinzugefügt.
[15] Vgl. Zimmermann/Jöhnk [2001], S. 520.
[16] Vgl. Zimmermann/Jöhnk [2001], S. 520.
[17] Vgl. Endholzer/Juranek/Vokoun/Wundsam [2001], S. 41.
Vgl. Friedag/Schmidt [2000], S. 19.
[18] Vgl. Arnold [2002], S. A 1-3.
[19] Vgl. Odrich [1998], S. 11.
[20] Vgl. Pfohl [1996], S. 12.
[21] Die Tabelle beruht auf die Zusammenstellung eines Textes.
[22] Vgl. Pfohl [1996], S. 14.
[23] Vgl. Martin [2000], S. 2.
[24] Vgl. ebenda, S. 2 f.
[25] Vgl. Odrich [1998], S. 15.
[26] Vgl. Arnold, Wiendahl [2002], S. A 1-3 f.
[27] Vgl. Vahrenkamp [1998], S. 57.
[28] Vgl. Freichel [1992], S. 10.
[29] Vgl. Pfohl [1996], S. 276.
[30] Da diese Merkmale keine branchenspezifischen Kriterien enthalten, erfolgt eine branchen- neutrale Abgrenzung.
[31] Vgl. Schneeloch [1997], S. 8.
[32] Vgl. ebenda, S. 9.
[33] Die Tabelle ist um die einzelnen Funktionsträger gekürzt, da das Logistikunternehmen als Ganzes betrachtet wird.
[34] Vgl. Schedl [2002], S. 38 f.
[35] Vgl. Kappler [2000], S. 34.
[36] Vgl. Weber/Schäffer [2000b], S. 3.
[37] Vgl. Schedl [2002], S. 39.
[38] Vgl. Klingebiel [2000], S. 176 f.
[39] Vgl. Schedl [2002], S. 39 ff.
[40] Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 73 ff.
[41] Vgl. ebenda, S. 144.
[42] Vgl. Grieseler [2002], S. 30.
[43] Vgl. Schedl [2002], S. 55.
[44] Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 151 ff.
[45] Vgl. ebenda, S. 167 f.
[46] Vgl. Bornheim/Stüllenberg [2002], S. 287.
Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 179.
[47] Vgl. Sure/Haselgruber [1999], S. 6.
[48] Vgl. Schedl [2002], S. 58 f.
[49] Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 197.
[50] Vgl. Schedl [2002], S. 59 ff.
[51] Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 213 ff.
[52] Vgl. Schedl [2002], S. 65 ff.
[53] Vgl. ebenda, S. 67 f.
[54] Vgl. ebenda, S. 68 f.
[55] Vgl. Fink/Gaiser/Greiner [2001], S. 246.
[56] Vgl. Schedl [2002], S. 71 ff.
[57] Vgl. Allerstorfer/Mayr/Obereder/Steinparz/Szczesniak [2001], S. 51.
[58] Vgl. Müller [2000], S. 105.
[59] Vgl. Kaplan/Norton [1997], S. 46 f.