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Entwicklung eines Instruments zur Abschätzung von Transportkosten bei der Belieferung von Kleinkunden

Gezeigt am Beipiel der Firma Gourmet Menü Service GmbH & Co KG

©2002 Diplomarbeit 116 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Das Modell, das in dieser Arbeit entwickelt und in Visual Basic Applications als Prototyp realisiert wurde, dient dem Logistikmanager als Instrument zur Ermittlung von Transportkosten. Durch die Zusammenarbeit mit der österreichischen Firma Gourmet Menü Service entstand ein praxisorientiertes Programm.
Der entwickelte Algorithmus berechnet die variablen und fixen Transport-kosten für die Belieferung eines Absatzgebietes (auf Postleitzahlenbasis) mit einem Transportmittel, das frei konfiguriert werden kann. Als Kosten werden Personalkosten (inklusive Überstunden) und Transportmittelkosten (inklusive Bereitstellungs- , Instandhaltungs- und Treibstoffkosten) berücksichtigt.
In dieser Arbeit wurden Ideen aus Theorie und Praxis kombiniert. Die automatisierte Entfernungsberechnung zum Beispiel, die ohne die Verwendung von Koordinaten oder Entfernungsmatrizen Entfernungen durch Postleitzahlenflächen abschätzen kann. Durch die Kombination dieser Berechnung mit Algorithmen aus der Graphen-theorie ließen sich so die kürzesten Verbindungen zwischen Postleitzahlen be-rechnen.
Aufbauend auf diese Ideen wurde die Entfernung innerhalb einer Postleitzahl durch die empirische Ermittlung einer Funktion, die die Strecke in Abhängigkeit der Kundenanzahl berechnet, abgeschätzt. Diese Funktion war somit die Schnittstelle zur Entfernungsberechnung zwischen Postleitzahlen.
Folgende Berechnungen und Studien waren die Basis für die Ermittlung der Anzahl der einzusetzenden Transportmittel:
- die durch die automatisierte Entfernungsberechnung ermittelten Strecken zwischen Postleitzahlen,
- die durch die logarithmischen Funktionen ermittelten Strecken innerhalb von Postleitzahlen und
- die durch eine empirische Studie ermittelten Stoppzeiten.
Diese Anzahl der Transportmittel wurde in der Tourenermittlung berechnet, die mit Zeit- und Kapazitätsrestriktionen eine Route zwischen den Postleitzahlen ermittelte.
Um die Transportkosten berechnen zu können, waren die Anzahl der Transportmittel und die zurückgelegten Strecken nötig, die aus der Tourenermittlung übernommen wurden. Die auftretenden Fixkosten, kombiniert mit der Anzahl der Touren, den variablen Kosten und der zurückgelegten Strecke, lieferten schließlich die gesamten Transportkosten.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Eidesstattliche […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Formelverzeichnis

I. Einleitung
1. Ausgangslage
2. Unternehmensbeschreibung
3. Zielsetzung

II. Transportsystem
1. Aktuelles Transportsystem
a. Informationsfluss
b. Materialfluss
2. Geplantes Transportsystem

III. Instrument zur Abschätzung von Transportkosten
1. Vorgangsweise
2. Reale Abläufe
3. Formalisierung der realen Abläufe
a. Modellierungsgenauigkeit
b. Formalisierung der Infrastruktur
c. Formalisierung der Transportmittel, Fahrer und Kunden
d. Aufbau des Modells

IV. Ermittlung der Stoppzeit
1. Vorgangsweise
2. Aufteilung in Teilprozesse
a. Umladen
b. Gehweg
c. Warten
d. Abladen
e. Kontrolle
f. Pause
3. Prozentuelle Aufteilung der Teilprozesse
4. Durchschnittliche Stoppzeit
5. Verringerungspotentiale
a. Gehweg
b. Kontrolle
c. Umladen
d. Pause
6. Parametereinstellung
a. Gehweg
b. Kontrolle
c. Umladen
d. Pause
e. Gesamtbetrachtung der Teilprozesse

V. Ermittlung der Entfernung zwischen Postleitzahlen
1. Vorgangsweise
2. Ermittlung des Korrekturfaktors
3. Entfernung zwischen benachbarten Postleitzahlen
a. Ermittlung der Flächen
b. Ermittlung der Radien
c. Ermittlung der Entfernung
d. Ermittlung der Fahrzeit
4. Entfernung zwischen beliebigen Postleitzahlen
a. Algorithmus von Dijkstra
b. Verkürzung der Berechnungszeit
5. Realisierung der Entfernungsberechnung

VI. Ermittlung der Entfernung innerhalb einer Postleitzahl
1. Vorgangsweise
a. Fläche der Postleitzahlen
b. Anzahl der Kunden
2. Intervallbildung
3. Stichprobenziehung
a. Aufteilung der Postleitzahlen
b. Ziehung von Stichproben
c. Zusammenführung der Stichproben
4. Streckenberechnung
5. Ergebnis der Entfernungsermittlung
6. Darstellung durch Funktionen

VII. Ermittlung der Touren
1. Vorgangsweise
2. Restriktionen
3. Startpostleitzahl

VIII. Ermittlung der Kosten
1. Vorgangsweise
2. Outsourcing-Entscheidungsregel
3. Transportkosten
4. Personalkosten
5. Transportmittelkosten
a. Bereitstellungskosten
b. Instandhaltungskosten
c. Energiekosten
d. Steuer- und Versicherungskosten
6. Gesamtbetrachtung der Eigenlogistikkosten
a. Fixkosten
b. Variable Kosten
c. Eigenlogistikkosten
7. Fremdlogistikkosten
8. Transportkosten
9. Eingabefelder im Programm

IX. Zusammenfassung

Referenzliste

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Leitzonen

Abbildung 2: Standardtour

Abbildung 3: Tourenbegleitliste

Abbildung 4: Logistikprozess

Abbildung 5: Postleitzahlengebiete

Abbildung 6: Modell zur Abschätzung von Transportkosten

Abbildung 7: Teilprozesse der Stoppzeit

Abbildung 8: Prozentuelle Aufteilung der Stoppzeit

Abbildung 9: Karton-Stoppzeit Streudiagramm

Abbildung 10: Gehzeit-Stoppzeit Streudiagramm

Abbildung 11: Karton-Kontrollzeit Streudiagramm

Abbildung 12: Karton-Umladezeit Streudiagramm

Abbildung 13: Karton-Gewicht Umrechnungstabelle

Abbildung 14: Standardkarton

Abbildung 15: Parametereinstellungen der Stoppzeit

Abbildung 16: Darstellung der Postleitzahlen mittels Kreisen

Abbildung 17: Gerade Straßenverbindung

Abbildung 18: Kurvige Straßenverbindung

Abbildung 19: Berechnung der Radien der Postleitzahlen

Abbildung 20: Infrastrukturmatrix

Abbildung 21: Parametereinstellungen der Geschwindigkeiten

Abbildung 22: Nachbarschaft von Postleitzahlen

Abbildung 23: Darstellung der Postleitzahlen mittels Knoten und Kanten

Abbildung 24: Wege zwischen den Knoten i und j

Abbildung 25: Aufteilung in Anfahr- und Zielgebiet

Abbildung 26: Autobahnpfad

Abbildung 27: Eingabefelder für Postleitzahlen

Abbildung 28: Nachbarschaft von Postleitzahlen im Anfahrgebiet

Abbildung 29: Nachbarschaft von Postleitzahlen im Zielgebiet

Abbildung 31: Flussdiagramm der schnellsten Verbindung

Abbildung 30: Produktionspunkt entspricht Bezugspunkt

Abbildung 32: Kumulierte Häufigkeitsverteilung der Postleitzahlenflächen

Abbildung 33: Prozentuelle Aufteilung der Firmenkunden

Abbildung 34: Zusammenführung der Adressen

Abbildung 35: Kunden-Kilometer Funktionen 1

Abbildung 36: Kunden-Kilometer Funktion 2

Abbildung 37: Logarithmische Kunden-Kilometer Funktionen 1

Abbildung 38: Logarithmische Kunden-Kilometer Funktion 2

Abbildung 39: Auswertung Nr. 1

Abbildung 40: Auswertung Nr. 2

Abbildung 41: Auswertung Nr. 3

Abbildung 42: Ermittlung der Startpostleitzahl

Abbildung 43: Auswertung Nr. 4

Abbildung 44: Kostenermittlung

Abbildung 45: Logistikkostenarten

Abbildung 46: Personaleinsatzzeit

Abbildung 47: Transportmittelkosten

Abbildung 48: Fixe und variable Logistikkosten

Abbildung 49: Parametereinstellungen des Transportmittels

Abbildung 50: Parametereinstellungen der Personalkosten

Abbildung 51: Eingabemaske für Transportkosten

Abbildung 52: Auswertung der Transportkosten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Fuhrpark

Tabelle 2: Parametereinstellungen der Stoppzeit

Tabelle 3: Klassierung der Postleitzahlen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Formelverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung

1. Ausgangslage

Diese Arbeit ist die Weiterentwicklung eines Modells für Logistikmanager, das die Anzahl von Transportmitteln bei der Belieferung einer bestimmten Anzahl von Kunden berechnet. Das Modell wurde im Rahmen des Seminars „Management von Logistikprojekten“ im Wintersemester 2001/2002 für die Firma Daily erstellt und von Univ.-Ass. Mag. Dipl.-Ing. Dr. Michael Wasner, Johannes Kepler Universität Linz, sowie von Anton Glockner, MBA, Firma Gourmet Menü Service, betreut. Es war ein in Excel VBA (Excel Visual Basic Application) realisiertes Programm (Held 2000).

Das beschriebene Modell ist als Basis- bzw. Versuchsmodell für diese Arbeit zu sehen, das Erkenntnisse über grundsätzliche Zusammenhänge liefert, in der Praxis jedoch nicht eingesetzt werden kann. Gründe dafür sind Ungenauigkeiten bei der Strecken- und Fahrzeitberechnung, sowie der Parametereinstellung und in Folge bei der Berechnung der Anzahl von Fahrzeugen. Außerdem wurde es nur für ein bestimmtes Gebiet entworfen, was eine Verallgemeinerung schwierig macht.

Das realisierte Modell basiert auf einer Infrastrukturmodellierung auf Grundlage von Orten, d.h. jeder Kunde wird einem Ort zugeordnet. Die Firma Gourmet Menü Service teilt Kunden nicht Orten, sondern Postleitzahlen zu. Eine Umrechnung auf Orte wäre zwar möglich, aber umständlich. Kosten wurden nicht berücksichtigt, die eine wichtige Basis für Entscheidungen zur Auswahl des Transportmittels und bezüglich Eigen- bzw. Fremdvergabe sind.

Aus diesen Gründen ist eine Weiterentwicklung des beschriebenen Modells notwendig.

2. Unternehmensbeschreibung

Gourmet Menü Service ist seit 1999 zu 100% ein Tochterunternehmen der Vivatis Holding AG, das zu den größten österreichischen Unternehmen in der Nahrungs- und Genussmittelbranche gehört. Vivatis führt die Geschäfte als Konzern über operative, selbständig und dezentral geführte Gesellschaften unter der Leitung einer schlanken Führungsholding. Im Jahr 2001 beträgt der Gesamtumsatz 399 Millionen Euro, die Exportquote der Konzerngesellschaften mit österreichischem Firmensitz beträgt 7% (Vivatis 2002).

Zu den Vivatis Konzerngesellschaften gehören folgende Firmen: Landhof (Linz), Fleisch & Wurstwaren Trading (Linz), Daily (Asten), Maresi Foodbroker (Wien), Maresi Markenartikelvertrieb (Wien), Senna (Wien), Burgenländische TKV (Unterfrauenhaid), Steirische TKV (Ehrenhausen), Karnerta (Klagenfurt), Eximo (Hamburg), Alibest (Prag), Dunabest (Budapest), Imex (Bratislava) und Szigetközi (Hedervar) (Vivatis 2002).

Gourmet Menü Service GmbH & Co KG wurde 1975 von der Maresi Markenartikel Vertriebsgesellschaft und Hansa Tiefkühlmenü gegründet und der Sitz des Unternehmens ist in St. Pölten. Derzeit sind 300 Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahr 2001 beträgt der Umsatz von Gourmet Menü Service 31 Millionen Euro. Zur Gourmet Menü Service Gruppe gehören die beiden Tochterunternehmen GCS Gourmet Menü Service Catering Service GmbH & Co KG und GFG Menü-Systeme GmbH & Co KG (Vivatis 2002).

Die 3.500 Kunden von Gourmet Menü Service befinden sich hauptsächlich in den Ballungszentren Wien, Linz, Salzburg und Graz, wo vor allem Schulen, Kindergärten und Sozialorganisationen mit mehr als 80.000 Essen täglich beliefert werden. Der Umsatz im Kleinkundenbereich wächst stark, und so beliefert Gourmet Menü Service immer mehr Kunden, die Waren mit einem Gewicht kleiner als 35 kg pro Bestellung nachfragen, wie zum Beispiel Pubs, Cafés oder private Haushalte (Vivatis 2002).

Gourmet Menü Service bietet Tiefkühlkost an, die von Köchen zubereitet und schockgefrostet werden. Bei der Zubereitung werden nur natürliche Zutaten, frei von Geschmacksverstärkern, Konservierungsmitteln und Farbstoffen, verwendet. Kontrolliert wird nach IS0 9001 Normen und HACCP Standard (Vivatis 2002).

Der Eigenfuhrpark von Gourmet Menü Service besteht aus 15 Lastkraftwagen mit Platz für jeweils 21 Rollcontainer bzw. 10 Paletten. Die schockgefrosteten Waren werden im tiefgekühlten Zustand transportiert. Um Kunden auch mit Frisch- und Trockenware (wie zum Beispiel Müsliriegel) beliefern zu können, befindet sich ein beheizter Kühlschrank in jedem Fahrzeug, in den genau ein Rollcontainer passt (Leitner 2002). Daten zu den Fahrzeugen sind in Tabelle 1 aufgelistet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Fuhrpark (Quelle: Leitner 2002)

3. Zielsetzung

Diese Arbeit hat folgendes Ziel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Leitzonen (In Anlehnung an: Post und Telekom Austria 1999)

II. Transportsystem

1. Aktuelles Transportsystem

Transportsysteme dienen der Überwindung von Entfernungen (Gudehus 1999). Ein Transportsystem besteht aus Transportgut, Transportmittel und Transportprozess (Pfohl 1996). In dieser Arbeit wird der Fokus auf das Transportmittel und den Transportprozess gelegt. Um den Transportprozess in den gesamten Logistikprozess einordnen zu können, wird zuerst der Logistikprozess visualisiert und dabei in den Informations- und Materialfluss aufgeteilt.

Der aktuelle Logistikprozess für Kleinkunden teilt sich in den Informations- und Materialfluss auf. Bei der Darstellung des Prozesses wurde die Technik des „Big Picture Mapping“ von Hines und Taylor (2000) verwendet. Das „Big Picture Mapping“ ist ein Instrument zur Visualisierung von Prozessen am Papier. Diese Technik wird reduziert angewendet, weil nicht der Gesamtprozess abgebildet wird, sondern nur relevante Aktivitäten aus Sicht der Logistik abgebildet werden.

a. Informationsfluss

Der Informationsfluss beginnt mit dem Auftrag des Kunden, der im Regelfall per Telefon oder Fax bestellt. Die nötigen Daten werden bei Gourmet Menü Service manuell in das AS 400 System eingegeben und stehen zur Abfrage zur Verfügung. Der Produktionsplanungsprozess und das Zusammenspiel von produzierten und lagernden Waren werden nicht abgebildet.

Aus logistischer Perspektive wird ein neuer Kunde in bestehende Standardtouren eingefügt. Standardtouren sind Rahmentouren, die nach einer bestimmten Anfahrreihenfolge angefahren werden. Bei der Tourenplanung sind Kundennummer, Name, Adresse, Tag der Belieferung, Lieferfrequenz und Anfahrreihenfolgenummer zu berücksichtigen. Die Nummern der Anfahrreihenfolge werden in 10er Schritten gewählt, um neue Kunden einfügen zu können (Linauer 2002). Abbildung 2 zeigt einen Auszug aus einer typischen Standardtour:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Standardtour (Quelle: Linauer 2002)

Die Tourenplanung wird manuell mit Hilfe von Straßenkarten und der Erfahrung der Fahrer durchgeführt.

Als nächstes werden die Tourenbegleitpapiere vorbereitet, zu den wichtigsten gehören Lieferschein und Tourenbegleitliste:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Tourenbegleitliste (Quelle: Linauer 2002)

Die in Abbildung 3 dargestellte Tourenbegleitliste beinhaltet unter anderem die Anfahrreihenfolge der Kunden, deren Adresse und Zusatzinformationen. Diese Liste unterstützt den Fahrer während der Fahrt. Besonders „Springer“, die viele Touren nicht regelmäßig fahren, sind auf die Tourenbegleitliste und ihre Korrektheit angewiesen (Linauer 2002).

b. Materialfluss

Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, treffen die bestellten Waren und Rohmaterialien beim Wareneingang ein, werden kontrolliert, zu Speisen verarbeitet, wieder kontrolliert, verpackt, schockgefrostet im Tiefkühllager eingelagert und anschließend laut Kommissionierliste auf Rollcontainer geladen und zum Warenausgang gebracht. Dort beginnt die Beladung und der anschließende Transport. Betrachtet man das Transportsystem der Firma Gourmet Menü Service aus der Sicht des Materialflusses, so reduziert es sich auf die Verteilung des Transportguts Tiefkühlkost und Trockenkost mit den derzeit vorhandenen Transportmitteln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Logistikprozess

Bei der Firma Gourmet ist die Transportkette eingliedrig aufgebaut. Eine eingliedrige Transportkette bedeutet laut Pfohl (1996), dass das Transportmittel nicht gewechselt wird. Die Lenker fahren im Direktverkehr von der Produktion bzw. Quelle zu den Kunden, die auch als Senke bezeichnet werden.

2. Geplantes Transportsystem

Die Firma Gourmet Menü Service will Kosten senken, indem das aktuelle Transportsystem an Kleinkunden angepaßt wird. Es wird nicht das ganze System umgestellt, sondern es werden nur die Transportmittel verändert. Laut geplantem Transportsystem werden anstelle von Lastkraftwagen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen Lastkraftwagen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu 3,5 Tonnen eingesetzt.

Vorteile der neuen Transportmittel sind:

- Leichtere Parkmöglichkeiten und größere Wendigkeit der Fahrzeuge im Straßenverkehr, besonders in Ballungszentren.
- Schnelle Zustellung des Transportguts insbesonders durch die höhere Geschwindigkeit, die zum Beispiel auf Autobahnen möglich ist.
- Kosteneinsparungen beim Personal. Für Kraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht kleiner als 3,5 Tonnen ist kein C-Führerschein nötig. Daher müssen keine LKW Fahrer eingestellt werden, die kostenintensiv sind, sondern Personen mit B-Führerschein.

III. Instrument zur Abschätzung von Transportkosten

1. Vorgangsweise

Das Modell, das in dieser Arbeit entwickelt und realisiert wird, dient der Firmenleitung als Instrument zur Kostenermittlung des geplanten Transportsystems.

Um die vielen Einflussfaktoren auf die Transportkosten miteinbeziehen zu können, wird ein Modell konstruiert, das die in der Realität auftretenden Abläufe bzw. Bedingungen formalisiert. Die Modellierung ist die „Umsetzung des realen Systems in die Formel- und Zeichensprache des Simulators“ (Schmidt & Triemer, 1993, S. 31) einschließlich der Umsetzung in einer Programmiersprache. Durch Variation der auf das Modell wirkenden Einflussfaktoren sowie der einzelnen Systemelemente selbst können die Auswirkungen auf die Transportkosten simuliert werden.

Die realen Abläufe und Rahmenbedingungen werden in Kapitel 2 „reale Abläufe und Rahmenbedingungen“ analysiert. In Kapitel 3 „Formalisierung der Realität“ werden sie formalisiert und im Modell abgebildet. Die von einem Modell gelieferten Ergebnisse können nur so gut sein wie die zur Verfügung gestellten Eingabedaten. Das Modell wird durch die Einstellung der Eingabedaten speziell an die Firma Gourmet angepasst. Die Parameter werden durch empirische Studien, rechnerisch oder aus vorhandenen Datensätzen ermittelt.

2. Reale Abläufe

Die realen Abläufe des Transportprozesses wurden während mehrerer Firmenbesichtigungen vom Autor beobachtet. Das Transportgut Tiefkühlkost wird von der Produktion in St. Pölten zu den Kunden im Zielgebiet befördert. Das Transportgut ist tiefgefroren, aus diesem Grund darf die Kühlkette während des gesamten Transportes nicht unterbrochen werden. Als Transportmittel dient der Lastkraftwagen, der Kosten verursacht und eine beschränkte Ladekapazität hat. Er wird von einem Fahrer gelenkt, der ebenfalls Kosten verursacht und durch seine begrenzte Arbeitszeit eingeschränkt ist.

Als Infrastruktur wird das Straßennetz mit dem Verkehrsträger Straße gewählt, wofür eine Benützungsgebühr bezahlt werden muss. Nachtfahrverbote und andere Verbote beschränken die Benützung der Straße, die Geschwindigkeit wird gesetzlich geregelt und die Höchstgeschwindigkeit darf nicht überschritten werden. Kunden befinden sich in unterschiedlichen Gebieten, die dicht oder weniger dicht besiedelt sind. Oft wohnen oder arbeiten sie an schwer zugänglichen Orten, wie zum Beispiel im dritten Stock eines Altbaus ohne Lift in der Wiener Innenstadt mit wenig Parkmöglichkeiten.

3. Formalisierung der realen Abläufe

a. Modellierungsgenauigkeit

Das Modell kann keine exakte Kopie der Realität sein und ab einem bestimmten Punkt wird der Fall erreicht sein, „dass jede weitere Verfeinerung die Interpretation des Modellverhaltens erschwert und damit Nutzen und Aussagefähigkeit der Simulation sinken“ (Schmidt & Triemer 1993, S. 81). Somit müssen wesentliche Teile, die für den Zusammenhang wichtig sind, herausgearbeitet und so wirklichkeitsgetreu wie nötig abgebildet werden.

b. Formalisierung der Infrastruktur

Die Basis für die Formalisierung der Infrastruktur ist eine Einteilung in Postleitzahlen. Abbildung 5 zeigt die Aufteilung von Österreich in etwa 2.042 Postleitzahlen. Aus einem Postleitzahlengebiet wird ein Graph abgeleitet, in dem jede Postleitzahl einen Knoten darstellt und alle Knoten miteinander verbunden werden, wenn eine Straßenverbindung in der Realität zwischen den Postleitzahlen besteht (Wasner 2001). Postleitzahlen im Zentrum von Österreich sind zum Beispiel oft nicht miteinander verbunden, da sich Berge zwischen ihnen befinden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Postleitzahlengebiete (Quelle: Schwarzer 2002)

Durch die Formalisierung der Infrastruktur auf Basis von Postleitzahlen wird der Grundstein für folgende Berechnungen gelegt:

- Entfernung und Fahrzeit zwischen zwei benachbarten Postleitzahlen, zum Beispiel zwischen 1010 Wien und 1020 Wien.
- Entfernung und Fahrzeit zwischen beliebigen Postleitzahlen, zum Beispiel zwischen 4020 Linz und 3100 St. Pölten.
- Schnittstelle zur Berechnung der Entfernung bzw. Fahrzeit innerhalb einer Postleitzahl.

Diese Berechnungen stützen sich auf die Graphentheorie, die laut Gudehus (1999) die Strukturen und Verknüpfungen von Netzwerken klassifiziert, analysiert und quantifiziert. Aus der Graphentheorie lassen sich Methoden, wie zum Beispiel die zur Berechnung der kürzesten Wege zwischen zwei Knoten, einsetzen und deren Algorithmen auch in Programmiersprachen umsetzen. Die bei dieser Arbeit verwendete Programmiersprache ist die in Microsoft Excel implementierte Sprache VBA (Visual Basic Application).

c. Formalisierung der Transportmittel, Fahrer und Kunden

Um eine Kostenberechnung durchführen zu können, müssen außer der Infrastruktur auch folgende Daten formalisiert werden: Kapazität, Kosten der Transportmittel und Fahrer, sowie Anzahl und Bedarf der Kunden.

d. Aufbau des Modells

Abbildung 6 gibt einen Überblick über den Aufbau des Modells, das aus den fünf Abschnitten IV, V, VI, VII und VIII besteht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Modell zur Abschätzung von Transportkosten

In Abschnitt VI wird die Strecke innerhalb jeder Postleitzahl des Zielgebiets berechnet. Dazu sind die Postleitzahlen des Zielgebiets und die Anzahl der Kunden pro Postleitzahl nötig.

In Abschnitt VII wird die Belieferungsdauer für jede ausgewählte Postleitzahl berechnet. Dazu sind die ermittelte Strecke innerhalb jeder Postleitzahl, die Stoppzeit beim Kunden, die in Abschnitt IV beschrieben wird, und die Durchschnittsgeschwindigkeiten, die in Abschnitt V beschrieben werden, zur Umrechnung der Entfernung auf Fahrzeiten nötig. Der Durchschnittsbedarf pro Postleitzahl wird ermittelt, indem der Durchschnittsbedarf pro Kunde mit der Anzahl der Kunden pro Postleitzahl kombiniert wird.

Es folgt nun in Abschnitt VII die Ermittlung der nötigen Touren, um die Kunden mit der eingestellten Menge zu beliefern. Daten dafür sind die ermittelte Belieferungsdauer für jede im Zielgebiet liegende Postleitzahl, der ermittelte Durchschnittsbedarf für jede Postleitzahl, die Strecken zwischen den Postleitzahlen und die Strecke von relevanten Postleitzahlen zurück zur Produktion, die in Abschnitt V beschrieben wird. Zusätzlich werden die Personaleinsatzzeit und die Kapazität des Transportmittels berücksichtigt.

Die Personaleinsatzzeit und die Kapazität des Transportmittels bilden zusammen in Abschnitt VII die Restriktionen für die Ermittlung der benötigten Touren. Normalerweise würde im Kleinkundenbereich die Personaleinsatzzeit als Restriktion genügen, da bei vielen Kunden, die wenig nachfragen, die Zeit schneller zum Engpass wird.

In diesem Modell wird auch die Veränderung der Kapazität des Transportmittels berücksichtigt. Würde zum Beispiel ein „kleines“ Transportmittel ausgewählt werden, so könnte nach einigen wenigen Kunden keine Ware mehr zur Verfügung stehen, da die Kapazität schneller als die Zeit zum Engpass werden würde. Output der Tourenermittlung sind die Anzahl der Touren und die gefahrenen Kilometer bzw. die Gesamtfahrzeit.

In Abschnitt VIII wird unter Verwendung der Outsourcing-Entscheidungsregel entschieden, welche Transportmittel zum Eigenbedarf und welche zum Fremdbedarf zählen. Nach der unterschiedlichen Kostenberechnung für die Eigen- und Fremdvergabe der Fahrzeuge und der Aufteilung in fixe und variable Kosten steht das Ergebnis der Gesamttransportkosten für das gewählte Zielgebiet zur Verfügung.

IV. Ermittlung der Stoppzeit

1. Vorgangsweise

Grundlage für die Ermittlung der Stoppzeit ist eine empirische Studie, deren Daten durch Mitfahrten bei Touren im Raum Wien und Umgebung gewonnen wurden. Ziel ist, die Stoppzeit und deren Teilprozesse im Modell zu integrieren und für die verwendeten Parameter Voreinstellungen anzugeben. Um dieses Ziel erreichen zu können, sind genaue Kenntnisse über den Prozess der Warenzustellung nötig.

Die Analyse der derzeitigen Zustellung bei der Firma Gourmet Menü Service ergibt, dass sowohl Kleinkunden als auch Großkunden mit demselben Transportmittel beliefert werden. Es wird nun speziell die Stoppzeit betrachtet, der Prozess der Warenzustellung vom Zeitpunkt des Abstellen des Fahrzeuges bis zum Weiterfahren in Teilprozesse aufgeteilt und eine durchschnittliche Stoppzeit berechnet.

Nach der Analyse der Ist-Situation werden Möglichkeiten zur Reduktion der Stoppzeit durch die Verwendung von „kleineren“ Fahrzeugen oder anderen Maßnahmen aufgezeigt. Aus der reduzierten Stoppzeit werden anschließend die Parametervoreinstellungen für das Modell abgeleitet.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832468484
ISBN (Paperback)
9783838668482
DOI
10.3239/9783832468484
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz – unbekannt, Industrie- und Fertigungswirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Mai)
Note
1,0
Schlagworte
logistikkosten postleitzahlen tourenplanung infrastrukturmodellierung entfernungsberechnung
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