Lade Inhalt...

Faktoren einer gesundheitssportlichen Motivationsstruktur

©2001 Doktorarbeit / Dissertation 232 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die veränderte Bewegungssituation in unserer Gesellschaft geht mit einem veränderten Krankheits- oder Beschwerdepanorama einher, was zu einer nicht unerheblichen finanziellen Belastung unserer Sozialsysteme führt. Sport und Bewegung, im Sinne von gesundheitssportlicher Aktivität, könnten zu einer Entschärfung dieser Situation beitragen. Damit jedoch Sport und Bewegung als wesentliche Faktoren zur Unterstützung in unser Gesundheitssystem integriert werden, ist es erforderlich, vermehrt Wirksamkeitsmessungen vorzunehmen. Neben der Sicherung von Qualitätsstandards bezüglich Programminhalten und Übungsleiterausbildungen, sind es besonders ökonomische Aspekte, wie, trotz aller dabei auftretenden methodischen Probleme, Kosten-Nutzen-Analysen, die zu einer Integration des Gesundheitssports in das Gesundheitssystem beitragen können.
Darüber hinaus sollte das Hauptaugenmerk neben der intentionalen Phase vor allem auf motivationale Strukturen hinsichtlich der Drop-out-Problematik gelegt werden. Dazu müssen interdisziplinäre Sichtweisen in die Lösungsansätze einfließen, mit dem Schwerpunkt in den Bereichen Verhaltenspsychologie und Pädagogik. Denn durch die fehlende Anwendung systematischer Verhaltensmodifikation bleibt zumeist eine langfristige Bindung an das Programm aus und somit auch der mögliche Erfolg. Wie schon in den 80er Jahren in den USA geschehen, können Verfahren und Methoden der Verhaltensbeeinflussung und Lerntheorien, wie zur Nikotinentwöhnung, Sicherung von Kontinuität der Medikamenteneinnahme oder Vorsorgeuntersuchung auf den Bereich der Trainingsdurchführung übertragen werden.
Die Erforschung der Faktoren einer gesundheitssportlichen Motivationsstruktur und die Möglichkeiten ihrer Beeinflussung durch pädagogische oder motivationspsychologische Maßnahmen wird in einer eigenen Längsschnittstudie erfasst, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie die Bindung breiterer Bevölkerungskreise an regelmäßige und dauerhafte sportliche Betätigung erreicht werden kann.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis6
Tabellenverzeichnis8
Einleitung, allgemeine und themenspezifische Problemstellung12
Teil ITheoretischer Teil
1.Sport und Gesundheit16
1.1Historische Aspekte des Gesundheitsbegriffs16
1.2Gesundheit: Annäherung an einen komplexen Begriff17
1.3Gesundheit zwischen Risikofaktoren- und Salutogenesemodell19
1.4Gesundheitsbildung, Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung20
1.5Zusammenfassende […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6819
Unger, Edgar: Faktoren einer gesundheitssportlichen Motivationsstruktur
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Köln, Sporthochschule, Dissertation / Doktorarbeit, 2001
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

1
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
6
Tabellenverzeichnis
8
Einleitung, allgemeine und themenspezifische Problemstellung
12
Teil I
Theoretischer Teil
1
Sport und Gesundheit
16
1.1
Historische Aspekte des Gesundheitsbegriffs
16
1.2
Gesundheit: Annäherung an einen komplexen Begriff
17
1.3
Gesundheit zwischen Risikofaktoren- und Saluto-
genesemodell
19
1.4
Gesundheitsbildung, Gesundheitserziehung und
Gesundheitsförderung
20
1.5
Zusammenfassende Betrachtung
24
1.6
Gesundheit aus der Sichtweise verschiedener
Disziplinen
24
1.7
Zusammenfassende Annäherung an einen
interdisziplinären Gesundheitsbegriff
26
1.8
Zugeschriebene und erwiesene positive Auswirkungen
von Sport und Bewegung auf die Gesundheit
29
2
Gesundheitssport
37
2.1
Entstehung eines neuen Segments in der
Sportlandschaft
37
2.2
Definitionsversuche und Kritik am Begriff
,,Gesundheitssport"
38
2.3
Inhaltliche Analyse des Gesundheitssports
39
2.3.1
Zur Frage der Trainingslehre
39
2.3.2
Das Beispiel Funktionsgymnastik
43
2.3.3
Das Modell Rückenschule
44
2.3.4
Zum Problem der Verhaltensänderung
46
2.3.5
Zum Problem der Monotonie in Rückenschulkursen
50
2.4
Zusammenfassung
51

2
3
Das Kreuz mit dem Kreuz: ein ungelöstes
volkswirtschaftliches Problem
53
3.1
Spezielle Problemstellung: Folgen und Kosten von
Dorsopathien
53
3.2
Ätiologie von Rückenschmerzen
54
3.3
Krankheitsverlauf und Verbreitung von Dorsopathien
54
3.4
Perspektiven
55
4
Motivationale Zusammenhänge bei der Aufnahme
und Aufrechterhaltung gesundheitssportlicher
Aktivitäten
56
4.1
Allgemeines zu Motiv, Motivation/Motivierung
56
4.2
Motive und Sinnorientierungen im Sport
58
4.3
Vulnerabilität als wichtiger Faktor zur Aufnahme
einer gesundheitssportlichen Aktivität
60
4.4
Grundlegende Sportmotive und ihr Bezug zum
Gesundheitssport
62
4.5
Wertewandel in Gesellschaft, Freizeit und Sport und
sein Einfluss auf motivationale Strukturen der
Sportpartizipation
65
4.5.1
Wandel im Bereich Arbeitszeit und Einkommen
66
4.5.2
Wandel in der Sportlandschaft
67
4.5.3
Motive im Wandel: Die Gesundheitsorientierung im Sport 68
4.6
Zentrale Faktoren der Bindung und des Drop-outs im
Gesundheitssport
69
4.6.1
Modelle zum Prozess der Realisierung und Aufrecht-
erhaltung gesundheitsbezogener Handlungen
71
4.6.2
Erklärungsversuch des Drop-outs unter
besonderer Berücksichtigung des deutschen
Gesundheitssystems
73
4.7
,,Why people stay": Neueste Erkenntnisse der
Mitgliederbindung in amerikanischen ,,health-clubs"
76
4.8
Zusammenfassung der Faktoren, die für eine Verhaltens-
änderung hinsichtlich der Aufnahme und regelmäßigen,
dauerhaften Durchführung von gesundheitssportlichen
Aktivitäten eine wesentliche Rolle spielen
80

3
Teil II
Empirische Studie
5
Auswertung vorliegender Teilnehmerlisten/Fragebögen
zur Drop-out-Analyse während der laufenden Kurse
83
6
Methodik der Untersuchung
83
6.1
Untersuchungsansatz
83
6.2
Fragestellungen
86
6.3
Zielsetzung
87
6.4
Ablauf der Untersuchung ­ Datenzugang
87
6.4.1
Auswahl der Kurse ­ Datenerhebung
88
6.5
Erhebungsinstrument und Interviewmethodik
89
6.6
Interviewleitfaden
90
6.7
Exemplarisches Interviewbeispiel mit Herrn D.
93
6.8
Datenauswertung
95
7
Auswertung von Abbruchfaktoren in vorliegenden
Untersuchungen zur Erstellung von eigenen Kategorien
für die Antworten der Follow-up-Befragung
95
7.1
Struktur zum Auswertungsmodus der Follow-up-
Untersuchung
97
Teil III
Ergebnisse und zusammenfassende Diskussion
8
Darstellung der Ergebnisse
99
8.1
Allgemeine Ergebnisse der Interviewstudie
101
8.1.1
Soziodemografische Daten der Teilnehmer
101
8.1.1.1
Geschlecht
101
8.1.1.2
Alter
103
8.1.2
Phase der Entscheidungsbildung
105
8.1.2.1
Motivation zur Kursteilnahme
106
8.1.2.2
Erfolgte die Entscheidung zur Kursteilnahme spontan
oder länger geplant?
109
8.1.2.3
Erfolgte die Entscheidung zur Kursteilnahme
selbstständig, über Ihren Arzt/Therapeuten oder das
soziale Umfeld?
111
8.1.2.4
Wie stufen Sie Ihr bisheriges Bewegungsverhalten ein?
114
8.1.3
Phase der Kurspartizipation
117

4
8.1.3.1
Welches war für Sie das wichtigste Resultat der
Kursteilnahme?
119
8.1.3.2
Konnten Sie im Kurs Erlerntes im Alltag anwenden?
122
8.1.3.3
Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen
Gegebenheiten des Kurses
124
8.1.3.4 Zufriedenheit mit der Gruppenzusammensetzung
127
8.1.3.5
Zufriedenheit mit dem Übungsleiter
130
8.1.3.6
Einfluss des sozialen Kontexts auf das Bindungsverhalten 132
8.1.4 Konzeptionelle Vorstellungen der Teilnehmer für die
zukünftige Aktivität
135
8.1.4.1 Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten sechs
Monate gesetzt?
136
8.1.4.2
Organisationsform der zukünftigen Aktivität
138
8.2
Allgemeine Ergebnisse der Follow-up-Untersuchung
140
8.2.1
Organisatorische Merkmale der Aufrechterhaltung der
Aktivität
143
8.2.1.1
Wo haben Sie Ihre Aktivität fortgesetzt?
143
8.2.2
Die größten Störfaktoren bei der Aufrechterhaltung
der Aktivität
145
8.2.3
Motivationale Merkmale der Aufrechterhaltung der
Aktivität
148
8.2.4
Gründe für den Drop-out
151
8.2.5
Faktoren, die den Drop-out unter Umständen verhindert
hätten
155
8.3 Vergleich zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
160
8.3.1
Unterschiede in der Phase der Intentionsbildung
160
8.3.1.1 Motivation zur Kursteilnahme
160
8.3.1.2
Beitrittsentscheidung: spontan versus länger geplant
165
8.3.1.3
Beitrittsentscheidung: selbstständig versus
fremdbestimmt
168
8.3.1.4
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden in
Bezug auf das habituelle Bewegungsverhalten zum
Zeitpunkt der Beitrittsentscheidung
171
8.3.2
Unterschiede beim Erleben des Kurses und des
Kursumfelds
176
8.3.2.1
Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen Gegebenheiten
des Kurses
176
8.3.2.2 Zufriedenheit mit der Gruppenzusammensetzung
179
8.3.2.3
Zufriedenheit mit dem Übungsleiter
183
8.3.2.4
Wichtige Resultate der Kursteilnahme
187
8.3.2.5
Transfer der Kursinhalte
189
8.3.3
Unterschiede bei der Unterstützung durch das soziale
Umfeld
192
8.3.4
Unterschiede hinsichtlich der zukünftigen Zielsetzung
195

5
8.3.4.1
Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten sechs
Monate gesetzt?
196
8.4
Kurzzusammenfassung der Ergebnisse
198
8.4.1
Ergebnisse der Interviewstudie
198
8.4.2
Ergebnisse der Follow-up-Untersuchung
200
8.4.3
Ergebnisse der Verknüpfung beider Studien
201
9
Zusammenfassende Diskussion und Schlussfolgerungen 203
10
Implikationen für Forschung und Praxis
207
10.1
Personale, soziale und programmspezifische Faktoren
207
10.2
Gesundheitssportliche Aktivität als zukünftiger Faktor
in der Gesundheitsförderung
209
Literaturverzeichnis
213

6
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Anteil Männer und Frauen an der Studie
101
Abb. 2:
Altersverteilung an der Studie
103
Abb. 3:
Altersabhängige Geschlechterverteilung
104
Abb. 4:
Motivation zur Kursteilnahme
107
Abb. 5:
Kriterium: spontane oder länger geplante
Kursteilnahme
109
Abb. 6:
Kriterium: selbstständige oder fremdbestimmte
Entscheidung zur Kursteilnahme
111
Abb. 7:
Persönliche Einstufung des habituellen
Bewegungsverhaltens
114
Abb. 8:
Resultate der Kursteilnahme
120
Abb. 9:
Transfer der Kursinhalte in den Alltag
122
Abb. 10: Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen
Gegebenheiten des Kurses
125
Abb. 11: Bewertung der Kursgruppe
128
Abb. 12: Bewertung des Übungsleiters
130
Abb. 13: Unterstützung der Aktivität durch das soziale Umfeld
133
Abb. 14: Zielsetzung der Teilnehmer für die nächsten sechs
Monate
136
Abb. 15: Wo werden Sie Ihre Aktivität fortsetzen?
138
Abb. 16: Ziel erreicht ­ ja/nein
140
Abb. 17: Ort der Aktivität bei Ziel erreicht
143
Abb. 18: Störfaktoren bei der Fortführung der Aktivität
146
Abb. 19: Was hat Sie besonders motiviert, Ihre Aktivität
fortzusetzen?
149
Abb. 20: Unterschiede zwischen Abbrechern und Fortführenden
in Bezug auf die Motivation zur Kursteilnahme
161
Abb. 21: Unterschiede zwischen Abbrechern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Beitrittsentscheidung zur Kursteilnahme 165
Abb. 22: Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden in
Bezug auf die Beitrittsentscheidung zur Kursteilnahme
168
Abb. 23: Habituelles Bewegungsverhalten zum Zeitpunkt der
Kursteilnahme
172
Abb. 24: Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen Gegebenheiten
des Kurses ­ Vergleich zwischen Abbrechern und
Fortführenden
177
Abb. 25: Zufriedenheit mit der Gruppenzusammensetzung des
Kurses ­ Vergleich zwischen Abbrechern und
Fortführenden
180
Abb. 26: Zufriedenheit mit dem Übungsleiter des Kurses ­
Vergleich zwischen Abbrechern und Fortführenden
184

7
Abb. 27: Resultate des Kursbesuchs ­ Vergleich zwischen
Abbrechern und Fortführenden
187
Abb. 28: Transfer der Kursinhalte ­ Vergleich zwischen
Abbrechern und Fortführenden
190
Abb. 29: Soziale Unterstützung ­ Vergleich zwischen Abbrechern
und Fortführenden
193
Abb. 30: Zielsetzung für die nächsten sechs Monate ­ Vergleich
zwischen Abbrechern und Fortführenden
196

8
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:
Sozio-ökologische Bedingungen gesundheits-
sportlicher Betätigung
28
Tab. 2:
Hemmnisse für gesundheitsorientiertes Verhalten
94
Tab. 3:
Altersstatistik AOK-Bodenseekreis,
Kursprogramm (99/00)
103
Tab. 4:
Motivationale Ausgangslage in Abhängigkeit vom
Geschlecht
108
Tab. 5:
Motivationale Ausgangslage in Abhängigkeit vom
Alter
108
Tab. 6:
Kriterium spontan versus länger geplant in
Abhängigkeit vom Geschlecht
110
Tab. 7:
Kriterium spontan versus länger geplant in
Abhängigkeit vom Alter
110
Tab. 8:
Kriterium selbstständige versus fremdbestimmte
Entscheidung in Abhängigkeit vom Geschlecht
112
Tab. 9:
Kriterium selbstständige versus fremdbestimmte
Entscheidung in Abhängigkeit vom Alter
113
Tab. 10:
Habituelles Bewegungsverhalten in Abhängigkeit
vom Geschlecht
115
Tab. 11:
Habituelles Bewegungsverhalten in Abhängigkeit
vom Alter
116
Tab. 12:
Resultate der Kursteilnahme in Abhängigkeit vom
Geschlecht
120
Tab. 13:
Resultate der Kursteilnahme in Abhängigkeit vom
Alter
121
Tab. 14:
Transfer von Kursinhalten in den Alltag in
Abhängigkeit vom Geschlecht
123
Tab. 15:
Transfer von Kursinhalten in den Alltag in
Abhängigkeit vom Alter
124
Tab. 16:
Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen Gegeben-
heiten in Abhängigkeit vom Geschlecht
126
Tab. 17:
Zufriedenheit mit den räumlich-zeitlichen Gegeben-
heiten in Abhängigkeit vom Alter
127
Tab. 18:
Bewertung der Kursgruppe in Abhängigkeit vom
Geschlecht
129
Tab. 19: Bewertung der Kursgruppe in Abhängigkeit vom
Alter
129
Tab. 20:
Bewertung des Übungsleiters in Abhängigkeit vom
Geschlecht
131
Tab. 21:
Bewertung des Übungsleiters in Abhängigkeit vom
Alter
132
Tab. 22:
Unterstützung durch das soziale Umfeld in
Abhängigkeit vom Geschlecht
134

9
Tab. 23:
Unterstützung durch das soziale Umfeld in
Abhängigkeit vom Alter
134
Tab. 24:
Zielsetzung für die nächsten sechs Monate in
Abhängigkeit vom Geschlecht
137
Tab. 25:
Zielsetzung für die nächsten sechs Monate in
Abhängigkeit vom Alter
137
Tab. 26:
Ort der künftigen Aktivität in Abhängigkeit vom
Geschlecht
139
Tab. 27:
Ort der künftigen Aktivität in Abhängigkeit vom Alter
139
Tab. 28:
Ziel erreicht ­ ja/nein ­ in Abhängigkeit vom
Geschlecht
141
Tab. 29:
Ziel erreicht ­ ja/nein ­ in Abhängigkeit vom Alter
141
Tab. 30:
Ort der Aktivität bei Ziel erreicht in Abhängigkeit vom
Geschlecht
144
Tab. 31:
Ort der Aktivität bei Ziel erreicht in Abhängigkeit vom
Alter
144
Tab. 32:
Störfaktoren bei der Fortführung der Aktivität in
Abhängigkeit vom Geschlecht
147
Tab. 33:
Störfaktoren bei der Fortführung der Aktivität in
Abhängigkeit vom Alter
147
Tab. 34:
Motive der Fortführenden in Abhängigkeit vom
Geschlecht
150
Tab. 35:
Motive der Fortführenden in Abhängigkeit vom Alter
151
Tab. 36:
Ausstiegsursachen
152
Tab. 37:
Ausstiegsursachen in Abhängigkeit vom Geschlecht
154
Tab. 38:
Ausstiegsursachen in Abhängigkeit vom Alter
154
Tab. 39:
Faktoren, die einen Drop-out eventuell verhindert hätten 155
Tab. 40:
Factors that Would Encourage Personal Participation
in Physical Activity
157
Tab. 41:
Faktoren, die einen Drop-out eventuell verhindert hätten
in Abhängigkeit vom Geschlecht
158
Tab. 42:
Faktoren, die einen Drop-out eventuell verhindert hätten
in Abhängigkeit vom Alter
159
Tab. 43:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Motivation zur Kursteilnahme ­
Vergleich zwischen Männern und zwischen Frauen
163
Tab. 44:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Motivation zur Kursteilnahme ­
Vergleich der Altersgruppen
164
Tab. 45:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Beitrittsentscheidung ­ Vergleich
zwischen Männern und zwischen Frauen
166
Tab. 46:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Beitrittsentscheidung zur Kursteilnahme
­ Vergleich zwischen den Altersgruppen
167

10
Tab. 47:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Beitrittsentscheidung ­ Vergleich
zwischen Männern und zwischen Frauen
169
Tab. 48:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Beitrittsentscheidung zur Kursteilnahme
­ Vergleich zwischen den Altersgruppen
170
Tab. 49:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf das habituelle Bewegungsverhalten zum
Zeitpunkt der Kursteilnahme ­ Vergleich zwischen
Männern und zwischen Frauen
173
Tab. 50:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf das habituelle Bewegungsverhalten
zum Zeitpunkt der Kursteilnahme ­ Vergleich
zwischen den Altersgruppen
175
Tab. 51:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit den räumlich-
zeitlichen Gegebenheiten des Kurses ­ Vergleich
zwischen Männern und zwischen Frauen
178
Tab. 52:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit den räumlich-
zeitlichen Gegebenheiten des Kurses ­ Vergleich
zwischen den Altersgruppen
179
Tab. 53:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit der
Gruppenzusammensetzung des Kurses ­ Vergleich
zwischen Männern und zwischen Frauen
181
Tab. 54:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit der
Gruppenzusammensetzung des Kurses ­ Vergleich
zwischen den Altersgruppen
182
Tab. 55:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Übungsleiter
des Kurses ­ Vergleich zwischen Männern und
zwischen Frauen
185
Tab. 56:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Übungsleiter
des Kurses ­ Vergleich zwischen den Altersgruppen
186
Tab. 57:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Resultate des Kursbesuchs ­ Vergleich
zwischen Männern und zwischen Frauen
188
Tab. 58:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf die Resultate des Kursbesuchs ­ Vergleich
zwischen den Altersgruppen
189
Tab. 59:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf den Alltagstransfer der Kursinhalte ­
Vergleich zwischen Männern und zwischen Frauen
191

11
Tab. 60:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf den Alltagstransfer der Kursinhalte ­
Vergleich zwischen den Altersgruppen
191
Tab. 61:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf Unterstützung durch das soziale
Umfeld ­ Vergleich zwischen Männern und zwischen
Frauen
193
Tab. 62:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
in Bezug auf Unterstützung durch das soziale
Umfeld ­ Vergleich zwischen den Altersgruppen
194
Tab. 63:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
hinsichtlich der Zielsetzung für die nächsten sechs
Monate - Vergleich zwischen Männern und zwischen
Frauen
197
Tab. 64:
Unterschiede zwischen Aussteigern und Fortsetzenden
hinsichtlich der Zielsetzung für die nächsten sechs
Monate ­ Vergleich zwischen den Altersgruppen
198

12
Einleitung, allgemeine und themenspezifische Problemstellung
Die aktuellen Schlagworte, wie z.B. Kostenexplosion im Gesundheitswesen
und die daraus resultierende Notwendigkeit einer ,,Gesundheitsreform",
signalisieren die Grenzen der sozialstaatlichen Möglichkeiten zur
Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Fortschritte in der Medizin haben
dazu beigetragen, die Lebenserwartung deutlich zu steigern und damit
den Menschen in die Lage versetzt, verschiedene Zivilisations-
erkrankungen überhaupt zu erleben (vgl. ROST 1994). Dies belastet
natürlich unser Gesundheitssystem. Prävention sollte deshalb eine soziale
Verpflichtung sein. Durch monotone und einseitige Arbeits-belastungen
und durch Bewegungsmangel, der am Arbeitsplatz und in der Freizeit
festzustellen ist, entstehen Krankheiten, die immense Kosten verursachen.
Deshalb werden Gesundheitsförderungsmaßnahmen immer häufiger
durchgeführt.
Gesundheitserhaltung und Krankheitsvorbeugung werden nicht nur zu
einer individuellen, sondern auch zu einer gesellschaftspolitischen
Aufgabe, die sich aus der sozialen Verpflichtung ergibt, eine für alle
Menschen bestmögliche Gesundheitsversorgung zu gewährleisten (DSB
1993). Gesundheitsförderung gehört schon seit jeher zu den wichtigen
Zielen im Sport, wurde jedoch nie so explizit herausgestellt wie
heutzutage.
Dem Sport kommt gerade in der zweiten Lebenshälfte eine hohe
Bedeutung zu. Die zunehmende Lebenserwartung und eine abnehmende
Arbeitszeit bieten die Möglichkeit, Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die
Motivation zum Sport, die früher in Wettkampf und Leistung bestand, hat
sich gewandelt. Insbesondere bei den über 40-Jährigen, die mehr als die
Hälfte der Bevölkerung repräsentieren, stehen eher gesundheitliche und
soziale Motivstrukturen im Vordergrund.
Das Interesse, durch geeignete Bewegungs- und Sportprogramme für
mehr Volksgesundheit zu sorgen, ist von Seiten der Leistungsträger
natürlich groß.
Im präventiven Bereich können Sport und Bewegung eine große Rolle
spielen. Sport ist nach wie vor für viele nicht nur mit Gesundheit, sondern
auch mit Leistung verbunden. Leistung muss, auch für den älteren
Menschen, nichts Negatives oder Gesundheitsschädliches bedeuten. Jeder
Mensch, der sich bewegt, erbringt eine körperliche Leistung; Leistung und
Leistungsfähigkeit sollten allerdings aufeinander abgestimmt sein. Je älter
die Menschen werden, desto häufiger treten chronische Erkrankungen in
den Vordergrund. Die zunehmende Lebenserwartung erfordert eine
Trendwende im medizinischen Verhalten (HOLLMANN 1996). Den
Menschen (Patienten) muss bewusst werden: Gesundheit kann man nicht
auf Rezept in der Apotheke abholen, sondern muss u.a. durch Sport und
körperliche Aktivitäten aktiv erworben und erhalten werden.

13
Was am Sport gesund ist, ob er per se gesund ist, oder ob es zu
differenzieren gilt, für wen er unter welchen Voraussetzungen gesund ist
und ob dazu noch der Begriff ,,Sport" passt oder man hier besser von
Aktivität oder Bewegung spricht, soll im Rahmen dieser Arbeit untersucht
und diskutiert werden. Ausgehend von einem umfassenden und positiven,
an die Ottawa-Charta der WHO angelehnten Gesundheitsverständnis,
dürfen die Lebensumstände des Individuums bei der Gleichung Sport =
gesund nicht außer Acht gelassen werden: Joggen oder Rad fahren in
einem smogverseuchten Lebensraum oder die stereotype Durchführung
funktionsgymnastischer Übungen bei Rückenschmerzen mit psycho-
somatischen Ursachen ergibt wenig Sinn.
Der Begriff ,,Gesundheit" hat im Sport in den letzten Jahren eine
beachtliche Karriere durchlaufen. Gesundheit und damit eng verknüpft, für
einige sogar gleichbedeutend, Fitness und Wohlbefinden, steht ganz oben
in der Motivhierarchie. Bei einer Studie der DSHS Köln nannten 97 % der
Sporttreibenden Gesundheit als wichtigstes Motiv für ihre
Bewegungsaktivitäten.
Bewegungs- und sportliche Aktivierungsprogramme, häufig zusammen-
gefasst unter dem Oberbegriff ,,Gesundheitssport", dessen Bedeutung im
Rahmen dieser Arbeit noch diskutiert wird, sind wesentliche Inhalte
heutiger Angebote zur Gesundheitsförderung.
Zielgruppe dieser gesundheitssportlichen Programme und Angebote, die
zumeist im Kurssystem durchgeführt werden, sind in erster Linie 30-60
Jährige, die den Zugang zum Sport im Verein oder ganz allgemein
verloren, oder noch nie bekommen haben.
Diese Programme scheinen auf breite Resonanz in der Bevölkerung zu
stoßen, was die immer höheren Zulaufraten in den letzten Jahren im
Gesundheits- und Fitnesssportbereich verdeutlichen (BREHM/EBERHARDT
1995). Der Zulauf kommerzieller Sportanbieter, wie z.B. Fitness-Center,
lässt sich allerdings nicht nur über die Zugkraft des Gesundheitsmotivs
erklären, sondern hängt mit Sicherheit mit der heutzutage häufig
anzutreffenden Ablehnung sozialer Verantwortung (im Verein) zusammen
sowie einem veränderten Körperbild, nämlich dem Versuch, im
Fitnessstudio Identität in eigener Regie zu entwerfen.
,,Weil allgemeinverbindliche Normen fehlen, nehmen die Menschen ihre
Identitätsbildung konkret, gleichsam physisch, selbst in die Hand und statten sich
durch körperliche Eigenschaften, Fähigkeiten und Philosophien aus, von denen sie
glauben, daß sie damit den Belastungen der Industriegesellschaft gewachsen
seien" (MRAZEK/RITTNER 1986, 64f).
Gesundheitlich orientierte Sportangebote in Kursform, wie sie von
Volkshochschulen, Krankenkassen, kommerziellen Klubs etc. angeboten
werden, lassen eine langfristige Perspektive vermissen und damit den
Aufbau von Bindungen an eine dauerhafte sportliche Aktivität. Die
Bindung (im Sinne eines längerfristigen und regelmäßigen Sporttreibens)
an solche gesundheitsorientierten Sportprogramme ist gering, die

14
Aussteigerquoten liegen bei 50-70 % (BREHM/PAHMEIER 1990;
PAHMEIER 1994a; DISHMAN 1988).
Anhand der Rückenschulbewegung in Deutschland kann man
verdeutlichen, dass es als gesellschaftspolitische Aufgabe angesehen
wurde, die Menschen dieses Landes in eine Handlungsfähigkeit zu
versetzen, ihnen in Bezug auf ihren Rücken in Theorie und Praxis die
Fähigkeiten zu vermitteln, denen es nach Überzeugung aller Fachleute
bedarf, um weitestgehend (Rücken)schmerzfrei seinen Alltag zu
bewältigen. Das Problem bestand sicher nicht darin, die Kurse zu belegen
bzw. auszulasten. Die Bezuschussung durch die Krankenkassen oder die
überwiegend komplette Übernahme der Kosten ließ die Rückenschulkurse
aus dem Boden schießen. Die Problematik, die jedoch nach wie vor nicht
zu lösen war, zeigte sich nach Beendigung dieser im Schnitt auf insgesamt
8-10 Stunden terminierten Kurse. In einer eigenen Auswertung
vorliegender Teilnehmerlisten von Rückenschulen, Rückengymnastik- und
Osteoporosekursen im Jahr 1994 wurden die Kursabbrüche registriert und
hinterfragt. Fast alle (genauere Darstellung der Untersuchung unter Punkt
5) haben diese Kurse durchgehalten, doch wie sieht es im Anschluss
daran aus? Jeder weiß nun, welche Übungen und Verhaltensweisen ihm
gut tun und für ihn wichtig sind, nur er befolgt sie nicht.
Person A führt noch drei Wochen zu Hause auf der Matte einige Übungen
durch, dann schlafen die Aktivitäten ein, Person B kriegt die Kurve nach
offiziellem Kursende überhaupt nicht. Person C hat im Sportverein eine
geeignete Gruppe gefunden und freut sich schon Tage vorher auf die
kommende Aktivität. Person D ackert jeden Morgen nach dem Aufstehen
20 Minuten ganz alleine hart und effektiv für die Gesundheit und
Leistungsfähigkeit.
Bisherige Untersuchungen zu Aussteigern aus Sportprogrammen führten
zu dem Ergebnis, dass Gesundheit kein überdauerndes Motiv für die
regelmäßige und dauerhafte Durchführung von gesundheitlich orientierten
Sportangeboten darstellt, und dass Überzeugungen zur gesundheits-
fördernden Wirkung sportlicher Aktivität allein nicht vor vorzeitigem
Abbruch eines Sportprogramms schützen (ABELE/BREHM 1990).
Beschwerden und Schmerz führen häufig zum Einstieg, ein Nachlassen
bzw. Verschwinden der akuten Symptome lassen die Aktivität rasch
wieder einschlafen.
Erfahrungsgemäß haben Informationskampagnen zu Gesundheit und
Bewegung, wie sie seit Jahren von den Krankenkassen über die Medien
und Broschüren mit großem Aufwand betrieben werden, nur geringe
Erfolge zu verzeichnen. An die Vernunft zu appellieren reicht offenbar
nicht aus, um Verhaltensänderungen zu bewirken. Die statistisch
abgesicherte Gesundheitsbedrohung durch Bewegungsmangel wird
durchaus verstanden, aber nicht als persönliches Risiko in vielleicht
unbestimmter Zukunft akzeptiert. Außerdem gibt es für das
gesundheitsbewusste Bemühen keine direkte Belohnung, sondern
vermeintlich das Gegenteil, Anstrengung und Verzicht.

15
Den meisten Menschen ist heute bewusst, dass sie sich mehr bewegen
sollten, dass sie aufgrund ihrer sitzenden Tätigkeit Übungen für die
Rumpfmuskulatur in den Tagesablauf integrieren sollten, nur, viele tun es
nicht. Nicht etwa, weil sie an der Wirksamkeit dieser Aktivitäten zweifeln,
sondern weil ihnen die entsprechende Einstellung bzw. Motivation dazu
fehlt. Und bei denjenigen, die sich durchgerungen haben, im Verein,
Fitness-Center, VHS oder KKK einen entsprechenden Kurs zu belegen oder
Mitglied zu werden, ist die Wahrscheinlichkeit des Ausstiegs (Drop-out)
sehr groß, wie verschiedene Untersuchungen belegen (BRUCE/BRUCE/
FISHER 1976; OLDRIDGE 1982, 1984; DISHMAN 1988).
Vor dem Hintergrund der wissenschaftlich hinlänglich belegten
Erkenntnisse, dass eine regelmäßige und dauerhafte körperliche Aktivität
die körperliche wie psychische Gesundheit verbessern, stabilisieren und
sogar zurückbringen kann (HOLLMANN 1996), - die am häufigsten
genannten Einstiegsmotive der oben aufgeführten Zielgruppe für diese
Sportangebote - ist die Frage nach den Faktoren, die eine solche Bindung
an eine regelmäßige sportliche Betätigung begünstigen oder aber
verhindern doch von entscheidender Bedeutung. Wovon hängt es ab, dass
manche Menschen sich regelmäßig und dauerhaft sportlich betätigen,
während andere ihren bewegungsarmen Lebensstil beibehalten? Auch
Erkenntnisse über Abbruchgründe einer begonnenen sportlichen Aktivität
sind eine bislang wenig beachtete Erkenntnisquelle (PAHMEIER 1996).
Diese Zusammenhänge, insbesondere vor dem Hintergrund der nach wie
vor ungelösten Kostenproblematik im Gesundheitswesen, machen
deutlich, wie wichtig die Fragestellung nach den Faktoren ist, die dafür
sorgen oder verantwortlich sind, Sport zu treiben bzw. an gesundheitlich
orientierten Bewegungsprogrammen teilzunehmen und diese, wo auch
immer eigenverantwortlich im Sinne einer langfristigen, regelmäßigen und
dauerhaften Aktivität fortzuführen.
Die Erforschung der Faktoren einer gesundheitssportlichen Motivations-
struktur und die Möglichkeiten ihrer Beeinflussung durch pädagogische
oder motivationspsychologische Maßnahmen soll in einer eigenen
Längsschnittstudie erfasst werden, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie die
Bindung breiterer Bevölkerungskreise an regelmäßige und dauerhafte
sportliche Betätigung erreicht werden kann.

16
Teil I: Theoretischer Teil
1
Sport und Gesundheit
1.1 Historische Aspekte des Gesundheitsbegriffes
Gesundheit hat im Leben der Völker schon immer eine dominierende Rolle
gespielt, wie man an diversen Sprichwörtern, Wünschen, Trinksprüchen
etc. vieler Völker erkennen kann. Der Gesundheitsbegriff ist dennoch
diffus und äußerst schwer zu definieren. Etymologisch stammt das
Adjektiv ,,gesund" wohl von dem germanischen ,,gasunda" ab, was so viel
wie ,,kräftig", ,,stark" bedeutet.
Der Sport, und damit verbunden körperliches Training, fand seinen ersten
bekannten Höhepunkt in der griechischen Antike. Dies geschah nicht nur
zur Steigerung der Form und Kraft der Athleten sondern auch zur
Vorbeugung, Heilung oder Erhaltung der Gesundheit der Bürger. PLATON
prägte das Bild von Sport und Medizin als kunstfertige Schwestern, das
hellenische Ideal war die Leib-Seele-Harmonie.
Der Medizinhistoriker SCHIPPERGES (1985) beschreibt Gesundheit vor der
Neuzeit als auf ein übergeordnetes System bezogenes Dasein, gesund
waren damals die Menschen dann, wenn es ihnen gelang, sich in die
natürliche Ordnung einzufügen.
Betrachten wir ROUSSEAUS Erziehungslehre, begegnen wir einer
Auffassung von Gesundheit, die sehr stark von subjektiver Einschätzung
geprägt ist. Gleichzeitig sieht er Gesundheit in enger Abhängigkeit von
einem inneren Gleichgewicht des Menschen. Die Balance von Wollen und
Können und die Übereinstimmung von Kräften und Bedürfnissen
ermöglichen eine glückliche Existenz und damit Gesundheit (vgl. SCHULZ
1991).
Bereits vor über 200 Jahren wollte der Philanthrop SALZMANN den
Menschen mit Hilfe von gesundheitsfördernden Übungen den Himmel auf
Erden schenken und nicht erst im leidensfreien Jenseits (GRUPE 1988).
Die Philanthropen, als Wegbereiter der Leibeserziehung im Deutschland,
orientierten sich an den Gedanken ROUSSEAUS. Gesundheit und
Leistungsfähigkeit entwickeln sich nach ihrer Auffassung durch Bewegung
und Abhärtung, Verhätschelung lässt den Körper kränkeln. GUTSMUTHS
betonte in seinem Werk die Harmonie zwischen Körper und Geist und gab
Ratschläge für einen vernünftigen und natürlichen Umgang mit dem
Körper.
Turnvater JAHN wollte mit seinen Übungen der einseitigen Vergeistigung
ein entsprechendes Gegengewicht bieten, um die Menschen gesund zu
erhalten. Allerdings war schon bei JAHN nicht mehr das Individuum das
Maß aller Dinge, sondern die Gesundheit und Stärke des ganzen Volkes
auch im Hinblick auf zu erwartende militärische Auseinandersetzungen. In
der Folgezeit wurden Trainingsformen entwickelt und deren Wirkung mit

17
objektiven Messmethoden überprüft. Besonders bei SPIESS rückte dann
die individuelle, für die Pädagogik so wichtige, Komponente der
Gesundheit, in den Hintergrund. Sein Turnen diente
gesellschaftspolitischen Interessen, insbesondere der Wehrhaftigkeit.
Dies floss in die rassistische Ideologie des Dritten Reiches ein und in den
Versuch, eine gesunde, überlegene, nordisch-germanische Rasse zu
züchten (SCHULZ 1991).
Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpfte man wieder an das Modell der
Ganzheitlichkeit an, zu dem auch eine adäquate Leibeserziehung gehört,
wobei aus gegebenem Anlass jegliche militärische Ausrichtung entfiel.
1960 wurde der ,,Goldene Plan" für Gesundheit, Spiel und Erholung ins
Leben gerufen. Er beinhaltete den systematischen Ausbau von
Sportstätten, nachdem die Zivilisationskrankheiten sich mehrten und die
Volksgesundheit sich immer beängstigender verschlechterte.
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung erlebte das subjektive Befinden, das
,,Sich-Wohl-Fühlen", in der Gesundheitsdiskussion eine Renaissance.
Insbesondere GRUPE (1976, 1995) prägt den Begriff des ,,Wohlbefindens",
der Ordnung zwischen allen Kräften des Menschen, als Synonym für
Gesundheit.
Heutzutage argumentiert man häufig mit dem desolaten Gesundheits-
zustand der Bevölkerung, um die Notwendigkeit von vermehrtem
Sporttreiben als Allheilmittel zu betonen: Z.B. wird mit dem Hinweis auf
Haltungsschäden bei Heranwachsenden die Forderung nach Ausweitung
des Schulsports laut, ohne dass darüber Klarheit herrscht, ob der
Schulsport für die Behebung dieser Probleme geeignet ist oder nicht.
In die aktuelle Diskussion um den Begriff ,,Gesundheit" fließen weit mehr
Faktoren ein: Wohngegend, Arbeitsplatz, soziales Umfeld etc.
1.2 Gesundheit: Annäherung an einen komplexen Begriff
Durch die unterschiedliche Wahrnehmung von Gesundheit in den
verschiedenen Zeitepochen, verschiedenen Kulturkreisen und sogar
innerhalb einer Gesellschaft existiert keine allgemein gültige oder ­
verbindliche Definition. Für unterschiedliche Zielsetzungen wird wahlweise
ein engerer oder weiter gefasster Gesundheitsbegriff eingesetzt. Das
Spektrum reicht vom utopischen Zustand des vollständigen körperlichen,
geistigen und sozialen Wohlbefindens bis zu engen funktionalistischen
Definitionen, die durch arbeits- oder sozialversicherungsrechtliche
Notwendigkeiten geprägt sind.
In der Medizin der Neuzeit kennt man zwei Prinzipien: Kuration und
Prävention. Die Perfektionierung der Kuration war und ist oberstes Ziel
unserer Gesellschaft. Wir haben zur Zeit die höchste Lebenserwartung seit
Menschengedenken und ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht in
Sicht. Dieses Ziel der Lebensverlängerung sollte jedoch in Einklang mit der
Lebensqualität stehen. Die moderne Medizin reduziert Krankheiten auf
pathophysiologische Abläufe, der Hintergrund, nämlich die Lebensführung
des Menschen, bleibt meist unbeachtet. Es geht nur noch um die

18
Behebung von körperlichen Funktionsstörungen. Bei einer solchen
Sichtweise, die Gesundheit als optimale Funktionsfähigkeit definiert,
trainierbar und damit herstellbar ist, wächst die Gefahr, alle Schuld im
Krankheitsfall dem Kranken zuzuweisen, der ja sein Schicksal nach dieser
Auslegung selbst in der Hand hat. Dabei gibt es, wie bereits
angesprochen, viele Faktoren im sozialen Umfeld, die sich einer direkten
Beeinflussung durch das Individuum entziehen und die Gesundheit
nachhaltig beeinträchtigen können.
Dazu die Position der WHO, die so genannte Ottawa-Charta (TROSCHKE et
al. 1996, 186):
,,Gesundheit wird von den Menschen in ihrer alltäglichen Lebenswelt geschaffen
und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht
dadurch, daß man sich um sich selbst sorgt und für andere sorgt, daß man in die
Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die
eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, daß die Gesellschaft, in der
man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen."
Bei der Kuration liegt die Verantwortung beim Arzt, bei der Prävention
hingegen liegt die Eigenverantwortung beim Individuum. Von seiner
Einsicht und Handlungsbereitschaft hängt der Erfolg ab. Die drei Stufen
der Prävention werden in den folgenden Kapiteln besprochen, die
Untersuchung von Einflussfaktoren auf die Einsicht und
Handlungsbereitschaft und deren Dauerhaftigkeit werden in den Kapiteln
2.3.4 und 4 innerhalb der Themenbereiche Motivation und
Verhaltensänderung behandelt. Die Schwierigkeiten bei der Definition von
Gesundheit ziehen sich durch den ganzen Theorieteil. HECKER (1989,
114) stellte bereits vor über zehn Jahren fest, dass die Begriffe
,,Gesundheit" und ,,Krankheit" nicht exakt definierbar sind, weil sie sich
nicht präzisieren lassen. Als Bedingungen für Gesundheit nennt er
Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit. Im Folgenden
betont HECKER die Prozesshaftigkeit von Gesundheit und Krankheit,
charakterisiert durch fließende Übergänge, wobei
Interventionsmöglichkeiten bestehen.
Würde man zur Messung subjektiven Befindens einen Zahlenstrahl mit
positiven und negativen Zahlen vorlegen, könnte man die eine Richtung
mit vollkommener körperlicher, seelischer und sozialer Gesundheit
belegen und die Gegenrichtung mit absolutem Missbefinden. Beide
Zustände werden vermutlich nie erreicht, wie auch der Zahlenstrahl in
beiden Richtungen in die Unendlichkeit führt. Angaben zur Befindlichkeit
können immer nur subjektiv gegeben werden und sind zeitlich instabil.
Aus diesem Grund erscheint es notwendig ,,zwischen dem aktuellen und
habituellen Gesundheitszustand eines Individuums zu unterscheiden"
(BECKER 1997, 519). Gesundheit und Krankheit bilden bei BECKER die
beiden Pole eines G/K-Kontinuums, auf welchem sein Modell
Gesundheitsförderung und Prävention basiert. Ähnliche Gedankengänge
dominieren bei BRODTMANN (1993, zitiert nach HARTMANN 1995, 33)

19
nach dessen Verständnis sich Gesundheit als ,,ein Balanceakt auf einem
Befindlichkeitskontinuum" darstellen lässt, dessen einen Pol er mit
,,absolut uneingeschränktem sich wohlfühlen" und den anderen ,,als
schwerste, mit völliger Verzweiflung verbundene Erkrankung" beschreibt.
Drei Charakteristika für Gesundheit nennt SCHULKE (1992, 23):
,,Ganzheit im Sinne des Zusammenhangs aller innerorganismischen, psychischen
und somatischen, wie auch der sozialen und ökologischen Lebenszu-
sammenhänge, Prozesshaftigkeit im Sinne des historischen Charakters von
Gesundheit im Verlauf der Menschheitsgeschichte wie auch der individuellen
Lebensbiographie, weshalb es Gesundheit jeweils neu zu bestimmen und auch
durch die eigene Aktivität in jeweils neuer Weise immer wieder zu erlangen gilt."
1.3 Gesundheit zwischen Risikofaktoren- und Salutogenese-
modell
Die gegenwärtige Gesundheitswelle mit steigender Nachfrage nach
gesundheitsbildenden (Bewegungs-)Angeboten wirft Probleme mit den
unterschiedlichsten Auffassungen bezüglich Gesundheit und Gesundheits-
bildung auf. In der Bevölkerung wird Gesundheit zumeist mit Beschwerde-
und Symptomfreiheit assoziiert.
Für BECKERS (1991) sind Gesundheit und Krankheit Anzeichen für ein
mehr oder minder gelungenes Ausbalancieren von individuellen
Möglichkeiten und äußeren Anforderungen. Krankheiten machen demnach
auf ungesunde Lebensumstände aufmerksam und beinhalten die Chance
zu qualitativer Lebensänderung. Gesundheitsförderung zielt auf einen
Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre
Lebensumstände und Umwelt zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung
ihrer Gesundheit zu befähigen. Auch GRUPE (1995) lehnt den engen
Gesundheitsbegriff als Gegenteil oder Abwesenheit von Krankheit ab und
nennt ihn überholt.
HARTMANN (1995) betont ebenfalls die Notwendigkeit, sich von der
funktional medizinischen, am Risikofaktorenmodell festgemachten
Sichtweise von Gesundheit und Krankheit zu lösen. Verdeutlicht wird dies
am Beispiel des so verstandenen Gesundheitssports: Wird ein Fehler im
System Körper festgestellt, so muss zur Beseitigung dieses Problems nur
das entsprechende Bewegungsprogramm eingesetzt werden. Diesem
Wirkmechanismus fehlen allerdings wissenschaftlich fundierte Erkennt-
nisse.
Ein veränderter Denkansatz liegt der Fragestellung zugrunde, was den
Menschen gesund bleiben lässt. Die umgekehrte, jetzt positive, Sichtweise
möchte klären, warum Individuen trotz aller Risikofaktoren gesund
bleiben, obwohl sie unter Umständen in keiner intakten Umwelt leben,
beruflich einer erhöhten Schadstoff- oder Stressbelastung ausgesetzt sind
und außer vor dem Fernseher nie mit Sport und Bewegung in Berührung
kommen.

20
In Anlehnung an das Salutogenesemodell von ANTONOVSKY (1987)
formuliert BRODTMANN (1993, zitiert nach HARTMANN 1995, 34) hierfür
vier grundlegende Faktoren:
,,Aufbau von Widerstandsfaktoren (u.a. körperliche Konstitution und Fitneß,
gesundheitlich bedeutsame Einsichten und Kenntnisse, Stressbewältigungsstrategien)
Entwicklung eines dynamischen Gefühls der Zuversicht
Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
Vertrauen auf soziale Unterstützung bzw. diese mobilisieren zu können."
Sport, insbesondere als Spiel- und Mannschaftserlebnis betrieben, kann
dazu beitragen, diese bestimmenden Elemente zu entwickeln und damit
den gesundheitlichen Status positiv beeinflussen.
Wer gesund ist strahlt Kraft, Leistungs- und Widerstandsfähigkeit aus.
Gesundheit ist nicht mehr nur das Fehlen von Krankheit, Gesundheit wird
über das gesamte Lebensumfeld mit definiert und ist wesentliche
Voraussetzung für Lebensqualität. Gesundheit hängt wohl auch stark mit
der subjektiven Empfindung des Einzelnen zusammen. Sie ist Ausdruck
einer bestimmten Lebenslage, individueller Werthaltung, sozialer
Vorstellung, persönlicher Erfahrung und Einstellung.
GADAMER (1994) betont, dass Gesundheit Ausdruck eines gelungenen
und gelingenden Lebens, eines befriedigenden Erfülltseins von den
eigenen Aufgaben und der Zuwendung zu anderen Menschen sei.
Wesentliche Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen, nach TREUTLEIN
(1995, 234):
·
Der Lebensraum und seine Gestaltung.
·
Die Ernährung.
·
Der Alltag und seine Ordnung.
·
Den Kräftehaushalt und seinen Ausgleich (Arbeit und Muße,
Belastung und Erholung, Anspannung und Entspannung).
·
Den Körper und seine Pflege (Hygiene, Leibesübungen etc.).
·
Das Gefühlsleben und seine Dynamik.
Damit liegt man recht nahe bei den schon in der altgriechischen
Philosophie aufgeführten zentralen Elementen des Gesundverhaltens,
nämlich Hygiene, Ernährung, Entspannung und Bewegung.
1.4 Gesundheitsbildung, Gesundheitserziehung und
Gesundheitsförderung
Ob Gesundheit als optimale Selbstverwirklichung der menschlichen
Fähigkeiten in möglichst vielen Bereichen (ROST 1987) gesehen werden
kann oder als gelungenes Ausbalancieren von individuellen Möglichkeiten
und äußeren Anforderungen (BECKERS 1995) betrachtet wird, gemeinsam
ist die lebenslange Prozesshaftigkeit, der Wandel. Gesundheit ist mit

21
Lernerfordernissen verbunden und deshalb auch auf Bildungsmaßnahmen
angewiesen.
Gesundheitsbildung findet auf einer völlig anderen Interaktionsebene statt
als Gesundheitserziehung. Gesundheitsbildung will Lernprozesse in Gang
setzen, damit Teilnehmer einen eigenen Zugang zu einem
Gesundheitsbewusstsein finden und Handlungsschritte für gesundheits-
fördernde Lebensweisen selbst erproben können. Gesundheitsbildung
unterscheidet sich von Gesundheitserziehung insbesondere durch die
implizierte Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung.
Gesundheitserziehung hingegen ist in ihrer Anwendung gerade im
Erwachsenenbereich problematisch und stößt aufgrund der impliziten
Unselbstständigkeit und Bevormundung auf Ablehnung.
Mit den Begriffen ,,Gesundheit" und ,,Gesundheitsbildung" wird die
Prävention in Verbindung gebracht. Unterschieden wird in primäre,
sekundäre und tertiäre Prävention.
Unter primärer Prävention versteht man die Gesundheitsförderung des
sich gesund fühlenden Menschen, bei dem keine Indikationen vorliegen,
mit der Zielsetzung, Krankheiten bereits im Vorfeld zu verhindern. Bei der
Sekundärprävention liegen bereits Risikofaktoren vor (wie Adipositas,
Hypertonie), sie setzt im frühen Stadium einer beginnenden oder
befürchteten Erkrankung ein, wenn die Aussicht auf Heilung noch sehr gut
ist. Ziel ist der langfristige Abbau der Risikofaktoren und eine adäquate
Verhaltensänderung. Die Tertiärprävention verhütet das Fortschreiten der
Erkrankung bzw. soll nach einer konkreten Schädigung ein
Wiederauftreten oder eine Verschlechterung derselben verhindern.
Person A nimmt beispielsweise an einem Rückenschulkurs teil, weil er
aufgrund seiner überwiegend sitzenden Tätigkeit überzeugt ist, etwas für
seinen Rücken tun zu müssen, B spürt nach längeren Autofahrten schon
leichte Beschwerden und C hat wahrscheinlich schon die ersten
Orthopädenbesuche wegen Lumbalgien hinter sich.
WALLER (1995) unterscheidet darüber hinaus noch zwischen spezifischer
und unspezifischer, individueller und systemorientierter Prävention.
Spezifische Prävention im Sinne einer Vermeidung von Rückenschmerzen
durch Rückenschule, unspezifische wäre eine allgemeine Unterstützung
gesundheitsfördernder Lebensweisen. Individuelle Prävention zielt auf die
Veränderung gesundheitsgefährdender Verhaltensweisen durch die
betroffenen Personen selbst ab.
Systemorientierte Maßnahmen befassen sich z.B. mit der
Trinkwasserkontrolle, Schadstoffmessungen in der Luft etc.
Gesundheitsbildung möchte Gesundheit und Gesundheitsverhalten gezielt
beeinflussen.
In der Gesundheitsbildung geht es um personale und sozio-ökologische
Bedingungen, die Personen veranlassen und befähigen, gesundheitlich
relevantes Verhalten und Handlungen dauerhaft durchzuführen
(SCHLICHT/SCHWENKMEZGER 1995). Bei übergeordneten Zielsetzungen,
wie die sinnvolle Gestaltung der eigenen Lebenswelt, deren wesentlicher
Bestandteil die Gesundheit ist, muss die Sportdidaktik rein sportzentrierte

22
Orientierungen aufgeben (KLEINE 1992). Um Gesundheitssport didaktisch
aufzubereiten, müssen verschiedenste, miteinander in Verbindung
stehende Informationen unterschiedlicher Disziplinen zusammengefasst
werden (vgl. KLEINE 1992).
Diesen interdisziplinären Ansatz setzt BREHM (1997, 13, Abb.1) in seinem
Modell: ,,Qualitäten und Konzepte einer Gesundheitsförderung durch
sportliche Aktivierung" um.
Gesundheitsförderung durch sportliche Aktivierung führt:
a)
zur Bewältigung von Beschwerden und Missbefinden durch
Veränderung der
·
Beschwerdewahrnehmung,
·
Stresswahrnehmung,
·
Gesundheitsbewertung,
·
Formen der Beschwerdebewältigung.
b)
zur Verminderung von Risikofaktoren durch Veränderung von
·
Übergewicht,
·
Hypertonie,
·
Hypercholesterinämie,
·
Hyperglykämie,
·
muskulären Dysbalancen.
c)
zur Stärkung von physischen* Gesundheitsressourcen durch
Verbesserung der
·
Ausdauerfähigkeit,
·
Kraftfähigkeit,
·
Dehnfähigkeit,
·
Koordinationsfähigkeit,
·
Entspannungsfähigkeit.
d) zur Stärkung von psychosozialen Gesundheitsressourcen durch
Beeinflussung der
·
emotionalen Situation (Stimmung),
·
kognitiven Situation (Sinnzuschreibung, Selbstwirksamkeits-
erwartungen),
·
sozialen Situation (soziale Unterstützung).

23
e)
zur Reduzierung von Barrieren und Aufbau von Bindung durch
·
Stärkung des Selbstvertrauens,
·
Motivierung zur Aktivität,
·
Ermutigung und Unterstützung,
·
durch Hilfe beim Zeitmanagement.
*(im Original auf S.13 psychischen)
In dieses Konzept fließen Erkenntnisse, Modelle und Determinanten aus
der Verhaltens- und Gesundheitspsychologie, Sportmedizin, Pädagogik
und Trainingslehre mit ein. BREHM fasst hier das Ressourcenmodell, das
Risikofaktorenmodell, das Bewältigungsmodell und sein Modell der
Bindung an Gesundheitsverhaltensweisen zusammen. Die Modelle
überschneiden sich teilweise oder sind miteinander verflochten, was vor
dem Hintergrund der Interdisziplinarität durchaus wünschenswert ist. Die
Stärkung der physischen Gesundheitsressourcen beeinflusst zugleich
Risikofaktoren wie Adipositas, Hypertonie, Hypercholesterinämie positiv
und kann zu deren Einregulierung auf Durchschnittsniveau beitragen.
Die Stärkung psychosozialer Gesundheitsressourcen führt durch die
Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartungen und dadurch auch des
Selbstvertrauens zur Reduzierung von Barrieren bei der Aufnahme einer
gesundheitssportlichen Aktivität.
Damit könnten die Vorgaben weitestgehend erfüllt werden, die sich aus
dem ersten, einleitenden Teil der WHO-Definition von 1986 zum Thema
,,Gesundheitsförderung" ergeben (TROSCHKE et al. 1996, 182):
,,Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozeß, allen Menschen ein höheres Maß an
Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur
Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassendes körperliches,
seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, daß sowohl
einzelne als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und
Hoffnungen wahrnehmen und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern,
beziehungsweise verändern können. In diesem Sinne ist Gesundheit als ein
wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens zu verstehen und nicht als
vorrangiges Lebensziel."
Sportmedizinische Vorgaben, wie 20 Jahre lang 40 bleiben, können zu
überzogenen Erwartungen und Auswüchsen in der Sportausübung führen.
Sport oder Gesundheitssport darf nicht zum Lebensinhalt auf der Suche
nach der ewigen Jugend oder der Spitzengesundheit werden, wenn ich
den Schlusssatz des WHO-Zitates richtig interpretiere.

24
1.5
Zusammenfassende Betrachtung
Diese verschiedenen Denkansätze und Erklärungsversuche sollten dazu
beitragen, das traditionelle Risikofaktorenmodell aufgrund seiner Mängel
bei der Erfassung der komplexen Lebensumstände des Einzelnen
abzulehnen. Gesundheit sollte nicht als Zustand eines Menschen gesehen
werden, sondern als seine Fähigkeit zur Situationsbewältigung. Die ersten
wesentlichen Entwicklungslinien der Salutogenesevorstellung, die auf den
israelischen Mediziner und Soziologen A. ANTONOVSKY zurückgehen,
wurden insbesondere vom Trierer Gesundheitspsychologen P. BECKER
(1992) fortgeführt. An zentraler Stelle im Salutogenesemodell steht das
individuelle Lebensgefühl, die Lebenseinstellung des Einzelnen.
Wesentliche Grundeigenschaft ist das Zutrauen oder Selbstvertrauen,
·
dass die im Lauf des Lebens auftretenden Belastungen strukturiert,
vorhersehbar und erklärbar sind.
·
dass man über Möglichkeiten verfügt, den Anforderungen, die durch
diese Belastungen ausgelöst werden, gerecht zu werden.
·
dass diese Belastungen Herausforderungen darstellen, die es wert
sind etwas zu investieren und sich zu engagieren.
Gesundheit ist also ganz entscheidend das Ergebnis von Lebenseinstellung
und persönlichen Werten. Die Mehrzahl der Krankheiten heute sind sehr
stark verhaltens- und situationsbedingt (HURRELMANN 1991). Wo wir
wohnen, wie wir bauen, wo wir aufwachsen, wo wir arbeiten, wie und wo
wir uns bewegen können, sind prägende Einflussgrößen auf unsere
Gesundheit. Unsere Verhaltensweisen, unsere Lebensgewohnheiten,
Lebensstile und Lebenschancen (vgl. ABEL 1995), das berufliche und
soziale Umfeld, die Natur und Umwelt, spielen eine entscheidende Rolle
für unsere Gesundheit.
Gesundheitsförderung rückt die Stärkung von Gesundheitsressourcen und
­potenzialen des Menschen in den Mittelpunkt und versucht, Maßnahmen
zu identifizieren, die das individuelle und kollektive Gesundheitsverhalten
fördern (Verhaltensprävention) und gegebenenfalls die Rahmen-
bedingungen verändern helfen, wie die Gestaltung einer gesundheitlich
verträglichen Umwelt oder des Arbeitsplatzes (Verhältnisprävention).
1.6 Gesundheit aus der Sichtweise verschiedener Disziplinen
Biomedizinisch orientierte Definitionen sehen Gesundheit als Abwesenheit
pathologisch-organischer Prozesse, die auf spezifischen, prinzipiell
naturwissenschaftlich erklärbaren Ätiologien beruhen oder einfacher, als
optimale Funktionsfähigkeit aller Organe. In sozialwissenschaftlichen
Ansätzen dominiert die Sichtweise des Angepasstseins des Organismus an
seine Umwelt.
Psychologen stellen selbstverständlich die psychische und seelische
Gesundheit in den Vordergrund und sehen in Bewältigungskompetenz,

25
Sinnfindung und Lebenszufriedenheit die entscheidenden Faktoren für
Gesundheit.
Aus pädagogischer Sicht gilt es, zunächst einmal zu prüfen, ob
Gesundheit, deren Herkunft, Erhalt und Wiederherstellung
naturwissenschaftlich durch die Medizin geklärt ist und die Aufgabe der
Pädagogik darin liegt, dieses Wissen didaktisch angemessen
weiterzugeben oder ob Gesundheit nicht auch eine Frage der gesamten
Lebensführung ist und damit eng mit Erziehung und Bildung, den
Grundthemen der Pädagogik, verknüpft ist. Gesundheit und Krankheit sind
als fließende Übergänge zu sehen, als lebenslanger Prozess, in dem man
sich Gesundheit immer wieder neu erarbeiten muss (HECKER 1989).
Gesundheit kann als Balance zwischen individuellen Möglichkeiten und
situativen Gegebenheiten und Herausforderungen bezeichnet werden.
BECKERS (1995) sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen der
Verengung des Gesundheitsbegriffs und einem Bedeutungsverlust der
Pädagogik im Hinblick auf dieses Thema, der gekennzeichnet ist durch den
Verlust des präventiven Denkens.
Gesundheit wird vielfach als unser höchstes Gut bezeichnet. Dieses
volkstümliche Sprichwort wird bei näherer Betrachtung insofern
problematisch, als dass man unter einem Gut eine veräußerbare Sache
versteht (ERDMANN 1991). Damit fehlt der unteilbare Persönlichkeits-
bezug und der vom Krankheitsfall Betroffene hat scheinbar andere Dinge
über sein höchstes Gut, seine Gesundheit, gestellt, was man ihm
persönlich anlasten kann.
Eine ähnliche Argumentation kommt von PILZ (1991), der in der
Präventivmedizin eine durchaus problematische Komponente sieht: Das
für seine Gesundheit selbst verantwortliche Individuum hat so zu leben,
dass es nicht krank wird. Tritt der Krankheitsfall trotzdem ein, hat es sich
falsch verhalten. Beklagenswert aus soziologischer Sicht ist ferner die
Wandlung der Medizin, in der nicht der Kranke, sondern die Krankheit im
Mittelpunkt von Diagnostik und Therapie steht. Er sieht in diesem
subjektlosen Verständnis von Krankheit und Gesundheit eine der
Hauptursachen für Fehlentwicklungen im Gesundheitssport, die in der
Vorstellung gipfeln, Gesundheit sei beispielsweise durch
Funktionsgymnastik herstellbar ,,wie ein Ikearegal". Es dominiert ein auf
körperliche Fitness reduziertes Gesundheitsverständnis, soziale und
psychische Determinanten von Gesundheit und Gesundheitssport werden
vernachlässigt (MRAZEK/RITTNER 1986). Aus sportsoziologischer Sicht
lässt sich Gesundheit nicht allgemein, sondern nur im Zusammenhang mit
der Lebenswelt der jeweiligen Zielgruppe und unter Berücksichtigung ihrer
Bedürfnisse beschreiben. Ziel ist die Herstellung einer Balance zwischen
physischer, psychischer und sozialer Gesundheit (vgl. PILZ 1991).
Aus psychosozialer Sicht ist jeder Mensch in ein kompliziertes Netz an
Beziehungen zu seiner natürlichen und sozialen Umwelt eingewoben.
Dieses Netz wird täglich durch überwiegend unbewusste Handlungen
erlebt, beeinflusst und teilweise gezielt gestaltet. Gesund ist der Mensch
dann, wenn er es schafft, dieses Netz an Beziehungen in einem stabilen

26
Gleichgewicht zu halten. Diesen Zustand erlebt er als psychisches,
physisches und soziales Wohlbefinden, der sich jedoch nicht dauerhaft
herstellen lässt, weil er ständigen Einflüssen und Veränderungen
unterliegt. Krank wird der Mensch dadurch, dass sein Netz an bestimmten
Stellen reißt. Sport ist deshalb nicht automatisch gesund, weil es den
Sport nicht gibt. Ausgehend von der Sichtweise, Sport als
Bewegungsantwort des Menschen auf seine Lebensbedingungen zu
definieren, stellt sich die Frage, welche Bewegungsantworten gegenwärtig
gefunden werden können, um Stabilität in das oben beschriebene Netz zu
bringen. Diese Antwort kann pauschal nicht gegeben werden, sondern ist
abhängig von individuellen Voraussetzungen und Gegebenheiten.
Für WEINBERG (1992) sind Lebensvorgänge grundsätzlich
Bewegungsvorgänge, wobei Bewegungen eine direkt heilende oder
indirekt versorgende Funktion zukommt. Da Sport auf jeden Fall mit
Bewegung zu tun hat und Bewegung die naturgeschichtliche und
anthropologisch-gesellschaftliche Konstante im menschlichen Leben
darstellt, schließt sich der Kreis der Begriffe ,,Sport", ,,Bewegung" und
,,Gesundheit".
,,Der Systemzustand des Lebens, der Gesundheit, beruht auf Bewegungsantworten
und kann durch diese hergestellt werden", so WEINBERG (1992, 45).
Im weiteren Verlauf seines Referates verdeutlicht er mit Hilfe
evolutionstheoretischer Modelle Zusammenhänge und sich bedingende
Gemeinsamkeiten zwischen den Begriffen ,,Gesundheit", ,,Bewegung" und
,,Sport". Bewegungen, ob motorische Anpassung oder verbesserte
Koordinationsfähigkeit, sind Antworten auf die Fragen oder Anforderungen
der Umwelt.
1.7 Zusammenfassende Annäherung an einen interdisziplinären
Gesundheitsbegriff
In Anlehnung an die Ottawa-Charta könnte man Gesundheit als
prozessuales Geschehen auffassen, das körperliche, psychische und
soziale Aspekte umfasst. Gesundheit befähigt zur effizienten und
angemessenen Bewältigung von Belastungen, woraus eine hohe
Kontrollüberzeugung, ein positives Befinden und Lebenszufriedenheit
resultieren. Gesundheit ist zureichend nur aus einer subjektiven Position
zu bestimmen. Diese individuumzentrierte Definition stellt Bemühungen
um die Förderung und Erhaltung von Gesundheit, statt deren
Wiederherstellung und Reparatur in den Vordergrund (vgl. SCHLICHT/
SCHWENKMEZGER 1995).
Der biomedizinische, auf körperliche Symptome ausgerichtete
Gesundheitsbegriff hat sich in Richtung auf ein biopsychosoziales
Gesundheitsverständnis gewandelt.
Negative Begriffsbestimmungen, die Gesundheit als Abwesenheit von
Krankheit definieren, werden durch positive Elemente wie Wohlbefinden
und Lebenszufriedenheit ergänzt. Vom Ist-Soll-Zustand zum prozessualen,

27
dynamischen Charakter. Nicht mehr nur objektiv messbare, sondern
subjektive Einschätzungen rücken in den Mittelpunkt.
Auf gesundheitspolitischer Ebene wird der Versuch unternommen, sich
vom kurativen System ein Stück weit zu lösen und sich in Richtung
Gesundheitsförderung zu bewegen, die die Lebens-, Arbeits- und
Umweltbedingungen mit einbezieht. Das Hauptaugenmerk des Interesses
liegt auf den gesundheitlichen Protektivfaktoren, denn es besteht zur Zeit
zunehmendes Interesse an der Tatsache, dass Personen trotz
Risikoverhaltens oder der Konfrontation mit sehr negativen
Lebensereignissen und Stress gesund bleiben. Die Gesundheits-
psychologie legt großen Wert auf die Erforschung dieser so genannten
,,Protektivfaktoren", die in erster Linie in der Persönlichkeitsdisposition
vermutet werden. Unter ,,Protektivfaktoren" sind personale, interne, das
heißt, verhaltensbezogene, kognitive und emotionale Widerstandskräfte
sowie soziale oder externe Bedingungen zu verstehen, die dazu beitragen,
dass Individuen (trotz Belastungssituationen) gesund bleiben bzw. diese
Situationen bewältigen.
Komponenten gesundheitlicher Protektivfaktoren:
·
Überzeugung, dass sich Dinge gut entwickeln werden
·
Zuversicht Lebensaufgaben meistern zu können
·
Selbstverantwortlichkeit des Handelns und die Möglichkeit, durch
selbstbestimmte Aktivitäten negative Auswirkungen von
Belastungen zu reduzieren.
Wie bereits erwähnt, wird die strikt biomedizinische Sichtweise den
komplexen Zusammenhängen zwischen Verhaltensweisen und Gesundheit
nicht gerecht. Zu vielfältig sind die Ursachen, die, teils in unterschiedlicher
Gewichtung, verantwortlich für kurz- oder längerfristig auftretende
Erkrankungen sind. Um diesem Sachverhalt angemessen begegnen zu
können, haben sich neben der Medizin weitere Wissenschaften des
Themas angenommen. Dazu zählen insbesondere Ökologie, Psychologie,
Soziologie und eben auch die Sportwissenschaft. Daraus resultiert das
biopsychosoziale Modell, in welchem soziale, kulturelle, ökologische und
wirtschaftliche Faktoren zu einem System krankheitsauslösender oder
gesundheitsförderlicher Bedingungen gehören, wie auch körperliche oder
psychische Voraussetzungen, wobei jedoch beides ineinander greift.

28
SCHLICHT/SCHWENKMEZGER (1995) nennen als sozio-ökologische
Bedingungen gesundheitssportlicher Betätigung:
Demografische
Variablen
Geografische
Variablen
Soziokulturelle
Variablen
Alter
Erreichbarkeit von
Sportstätten
Sozioökonomischer
Status
Geschlecht
Landschaftliche
Gegebenheiten
Erlebnismilieu
Beruf
Verkehrs-Infrastruktur
Sozialer Rückhalt
Einkommen
Luft- und Gewässer-
Reinheit
Soziale Normen
Erlebnisangebote
Beratungskompetenz
Vereine und Verbände
Tab.1: Sozioökologische Bedingungen gesundheitssportlicher Betätigung
(nach SCHLICHT/SCHWENKMEZGER 1995, 12)
Diese vielfältigen Bedingungen, die in anderen Arbeiten auch als
,,Lebensstil", ,,Lebenschancen" (s. ABEL 1995) oder ,,Gesundheits-
ressourcen" bezeichnet und in unterschiedlicher Gewichtung und
Abhängigkeit diskutiert werden, zeigen, dass ein Rückschluss der
individuellen Herstellbarkeit von Gesundheit und eine entsprechende
Schuldzuweisung im Versagensfall nicht gestattet sein darf. Als konkretes
Beispiel möge der GEK-Gesundheitsreport (1999) dienen, der sich
hauptsächlich mit der Darstellung der gesundheitlichen Situation von
Arbeitslosen befasst. Danach haben Arbeitslose ein doppelt so hohes
Sterberisiko und mussten sich acht mal häufiger psychiatrischer
Behandlung unterziehen, als die Nicht-Arbeitslosen. Projekte, wie
,,Gesunde Städte", machen deutlich, dass geografische und soziokulturelle
Variablen vermehrt in die Unterstützung gesundheitsförderlicher
Lebensweisen mit einbezogen werden, um dem Menschen ,,in seiner
konkreten Lebenswelt Hilfen anzubieten bei der selbständigen Gestaltung
seiner individuellen Lebensweise" (BECKERS 1991, 44).
Gesundheit als funktionale Norm orientiert sich daran, ob eine Person in
der Lage ist, die durch ihre sozialen Rollen gegebenen Aufgaben zu
erfüllen und sich an veränderte Lebenssituationen oder
Umweltbedingungen anzupassen.
FRANKE (1990) beispielsweise unterscheidet bei seiner Definition von
Gesundheit verschiedene Hauptdimensionen wie Störungsfreiheit,
Leistungsfähigkeit, Rollenerfüllung, Gleichgewichtszustand, Flexibilität,
Anpassung und Wohlbefinden.
Jede dieser Dimensionen muss jedoch hinsichtlich der zugrunde gelegten
Norm kritisch betrachtet werden. Für BANDURA (1998) sind psychisches

29
Wohlbefinden, hohes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Indikatoren
positiver Gesundheit.
Handlungstheoretische Betrachtungsweisen bezeichnen Gesundheit als
eine handlungsbezogene Entwicklungsfähigkeit, als Fähigkeit, sich
langfristige Ziele zu setzen und zu verfolgen. Dazu kommt die Fähigkeit,
stabil-flexible Handlungsstrategien einzusetzen und Rückmeldungen des
Körpers wahrzunehmen.
1.8 Zugeschriebene und erwiesene positive Auswirkungen von
Sport und Bewegung auf die Gesundheit
Ist sportliche Betätigung nachweislich gesundheitlich positiv wirksam?
Man sollte doch zumindest für die rein körperliche Gesundheit eindeutige,
wissenschaftlich gesicherte Beweise finden. Die Recherche ist
ernüchternd, sogar enttäuschend. Renommierte Sportmediziner stellen
dem vermuteten Nutzen der Bewegungsaktivität (Beispiel: Joggen) die
Risiken gegenüber. Hier haben wir aus internistischer Sicht das Risiko
eines kardialen Zwischenfalls, der siebenfach höher ist als beim
Nichtjogger und aus orthopädischer Sicht Schäden an Knorpeln, Knochen
und Bändern. ROST (1994) stellt fest, dass Sport nur so gesund ist, wie er
betrieben wird. Seine Zweifel spiegeln sich auch im Untertitel seines
Buches ,,Sport und Gesundheit" wider: ,,Gesund durch Sport ­ Gesund
trotz Sport".
Wir finden jedoch u.a. bei ROST (1991) nachgewiesene indirekte Belege
eines regelmäßigen, moderaten Ausdauertrainings auf den Organismus,
die zu einer verbesserten Ausdauerleistungsfähigkeit führen und als
gesundheitliche Protektivfaktoren gewertet werden können:
·
Ökonomisierung der Herzarbeit.
·
Vergrößerung des Herzvolumens.
·
Die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität nimmt zu.
·
Normalisierung des Blutdrucks.
·
Abnahme des gefäßschädigenden LDL, Zunahme des
gefäßprotektiven HDL.
Diese Anpassungen des Herzens bzw. des Organismus gelten als Schutz
vor Arteriosklerose und damit vor dem Herzinfarkt. Aus diesem Grund war
die Rede von indirekten Belegen, denn der direkte Nachweis, dass
sportliche Aktivität der körperlichen Gesundheit dient, kann nicht
eindeutig erbracht werden. Bewegungsmangel gilt als Risikofaktor der
koronaren Herzkrankheit, ist aber im Vergleich zum Rauchen oder der
Adipositas fast zu vernachlässigen.
Im Juli 1996 veröffentlichte die Surgeon General (medizinische Behörde
der USA) ihren Gesundheitsbericht für die Vereinigten Staaten. Der Report
beinhaltet Ergebnisse mehrjähriger Forschung bezüglich des Einflusses

30
von körperlicher Aktivität auf die Gesundheit und publizierte folgende
Erkenntnisse:
Schon körperliche Aktivität mit geringer Intensität kann bei inaktiven
Menschen Gesundheit und Wohlbefinden verbessern. Der gesundheitliche
Nutzen ergibt sich vorrangig aus der Regelmäßigkeit und dem Umfang,
nicht aus der Intensität der körperlichen Aktivität.
Regelmäßige körperliche Aktivität
·
reduziert das Risiko zu erkranken oder vorzeitig zu sterben und die
·
Anfälligkeit für Verletzungen aller Art.
·
verbessert das psychische Wohlbefinden, die Kontrolle des
Körpergewichts und den Zustand des Bewegungsapparats.
Die Empfehlungen werden für den Faktor körperliche Bewegung gegeben
(physical activity). Es erfolgt keine Differenzierung, ob dies durch
gesundheitssportliche Aktivität (exercise) oder Gartenarbeit geschehen
soll.
SCHLICHT/SCHWENKMEZGER (1995) ziehen folgendes Fazit:
Bewegungsmangel schadet der körperlichen Gesundheit, moderate
körperliche Betätigung schützt tendenziell die koronare Gesundheit.
Unter dem Stichwort psychische Gesundheit stellt sich die Frage, ob man
durch sportliche Betätigung Wohlbefinden und Zufriedenheit erlangen
kann. Eine Untersuchung von SCHLICHT (1994) konnte keinen
empirischen Nachweis bringen. Zu sehr sind personale und situative
Bedingungen maßgebend, deren Ausdifferenzierung in entsprechenden
Studien nicht möglich ist. Tendenziell fühlte sich die Gruppe der
Ausdauersportler im Alter von 30-50 Jahren psychisch gesünder, als die
nicht trainierende Kontrollgruppe. Verschiedene Untersuchungen belegen
die stressreduzierende Wirkung des Ausdauersports (CREWS/LANDERS
1987; McDONALD/HODGDON 1991).
In einer aufwendige Literaturanalyse kommt KRAUS (1987) zu der
Erkenntnis, dass zwischen Sport treiben und psychischer Gesundheit
allenfalls ein mäßiger Zusammenhang besteht. Signifikante Unterschiede
im Hinblick auf verschiedene Variablen psychischer Gesundheit bestehen
zwischen Sporttreibenden und Sportabstinenten insbesondere im Bereich
,,niedrige Depressivität" und ,,emotionale Stabilität" (Tab. 2, 116).
Tendenziell scheint sportliche Aktivität Ängste und Depressionen
abzubauen sowie die Befindlichkeit und das Selbstkonzept zu steigern.
Grundsätzlich sieht KRAUS seine Hypothese, dass Sport treiben die
psychische Gesundheit positiv verändert, nach Sichtung umfangreichen
Datenmaterials bestätigt, mit der Einschränkung, dass durch häufige
methodische Mängel in den Studien eine sichere Verifizierung der
Annahmen nicht möglich sei.
KLEINE/HAUZINGER (1990) untersuchten vier Jahre lang anhand
unterschiedlicher Projekte im Bereich Depressionen und Schlafstörungen
den Einfluss von Sport, insbesondere Ausdauertraining, auf das psychische

31
Wohlbefinden. Obwohl ein eindeutiger wissenschaftlicher Nachweis fehlt,
der aufgrund der Komplexität des Themas wohl in der Form auch nicht
erbracht werden kann, kommen KLEINE/HAUZINGER zu dem Ergebnis,
dass sich sportliche Aktivitäten positiv auf das Befinden und antidepressiv
auswirken, weil Sport, so HAUZINGER (1990, 31)
·
,,von negativen Gedanken und Grübeln ablenkt,
·
aktiviert und positive Erfahrungen ermöglicht,
·
durch den sozialen Rahmen positiv wirkt und
·
positive physiologisch-vegetative Veränderungen bewirkt".
Was ist gesund am Sport? Wie bereits erörtert, stützt sich das hier
verwendete, weit gefasste Begriffsverständnis von ,,Gesundheit" auf die
neue WHO-Definition und geht demnach von einem ganzheitlichen
Menschenverständnis aus. Ein Teilnehmer an einem Wirbelsäulenkurs ist
weder Patient noch biologisches Konstrukt, sondern eine Einheit aus
Körper, Geist und Seele. Das funktionale Verständnis: Sport ist gesund,
ohne die seelischen Zusammenhänge zu berücksichtigen, funktioniert so
nicht (SCHLICHT 1994). In diesem Zusammenhang verwendet FRANKE
(1995) die Unterscheidung zwischen ,,implizitem" und ,,explizitem
Gesundheitsversprechen". Sport treiben kann Gesundheit implizit erhalten
oder verbessern, wenn wir nochmals an die WHO-Definition denken,
besondere Bewegungsangebote können explizit körperliche Schwächen
ausgleichen und Mängeln langfristig vorbeugen.
BRODTMANN (1994) stützt die weite Auslegung des Gesundheitsbegriffs
und damit auch die Möglichkeiten des Sports, indem er die psychosoziale
Bedeutung in den Vordergrund stellt und den rein körperlichen Aspekt
relativiert. Nach seinen Vorstellungen sollte der sozialen Dimension des
Sporttreibens besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn Sport
kann soziale Integration, soziale Anerkennung und Geselligkeit
ermöglichen, was zu seelischer Entlastung beitragen kann.
Der Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit muss nach
BRODTMANN im Bereich der Entwicklung eines positiven Selbstwertgefühls
und positiver sozialer Identität gesehen werden.
GRUPE (1995) nennt Sport ein universales Verhaltensmuster mit einem
weit dehnbaren Verhaltensmotiv, in das sich Wünsche und Erwartungen
wie Gesundheit, Wohlbefinden, Fitness (Leistungsfähigkeit), Vitalität,
Spaß, Abenteuer und vieles mehr einfügen lassen. Alle bisherigen
Motivuntersuchungen zeigen, dass der Wunsch nach Gesundheit und
Wohlbefinden das meistgenannte Einstiegsmotiv in Bewegungsangebote
darstellt. Diese beiden gehören jedoch nicht so eng zusammen, wie uns
der weit gefasste Definitionsversuch von Gesundheit vermitteln möchte.
Man kann völlig gesund sein und sich trotzdem nicht wohl fühlen und
umgekehrt.
Ebenfalls sehr kritisch sehen MADER/ULLMER (1995) die zu positiven
Bewertungen von längerfristigen Trainingseffekten auf den Organismus.
Die durch Training steigerbare körperliche Leistungsfähigkeit, für viele ja
ein Synonym für Gesundheit, hat nichts mit einer Verbesserung der
Gesundheit zu tun. Der Leistungsfähigere ist nicht immer der Gesündere,

32
im Gegenteil, er bezahlt den Preis der höheren strukturellen Belastung
seiner Funktionsproteine und der höheren Beanspruchung seiner
Anpassungsreserve, die ihm dann im Alter fehlt (vgl. MADER 1990).
ULMER (1991) verweist auf die Verletzungshäufigkeit in verschiedenen
Sportarten, um die gesundheitlich positiven Auswirkungen des Sports zu
relativieren. Er sieht den gesundheitlichen Wert des Sports im Erleben von
Spaß und Wohlbefinden, was der Psyche zugute kommt.
Ziehen wir die Zahlen der Herzinfarktsterblichkeit in den USA heran, so
fällt auf, dass von 1964-1994 die Zahl der Herzinfarkttoten der
Altersgruppe der 40-70-Jährigen im Vergleich zu 1963 um über 50%
zurückgegangen ist. Dies führen Sportmediziner insbesondere auf die
Joggingwelle sowie auf gezielte Bewegungsprogramme für das Herz-
Kreislauf-System zurück. Ein ganz anderes Bild, als bspw. MADER oder
SCHWENKMEZGER, zeichnet HOLLMANN (1996) in seinen Ausführungen.
Er stellt fest, dass man durch geeignetes körperliches Training zahlreichen
Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen sowie verschiedenen
Krebskrankheiten entgegenwirken kann. HOLLMANN konnte nach eigenen
Angaben enge Verbindungen zwischen muskulärer Aktivität und
Wohlbefinden nachweisen. Er führt dies neben der Freisetzung von
endogenen opioiden Peptiden auf komplexe biochemische Vorgänge
zurück, die diese trainingsbedingte Stimmungsverbesserung bewirken.
Speziell beim älteren und alten Menschen kann durch geeignete
muskuläre Aktivitäten einem altersbedingten Dendritenverlust und einer
Synapsenhypotrophie sowie der Abnahme von Spines entgegengewirkt
werden.
Gesundheitsfördernd sind Bewegungsprogramme und Sportspiele dann,
wenn sie nach dem Prinzip der Oszillation vielseitig und sensibel gestaltet
werden. Ihr Wert für die Gesundheit hängt weniger von der Quantität als
von der Qualität des Bewegungshandelns ab. Auf der Grundlage dieser
Überlegungen gewinnt die, eigentlich streng funktional ausgerichtete,
frühe Erkenntnis von ROUX (1890), modifiziert von HOLLMANN et al.
(1983, 11) an Bedeutung:
,,Struktur und Leistungsfähigkeit eines Organs werden bestimmt vom Erbgut, von
der Qualität und Quantität seiner Beanspruchung."
Sport im Sinne von körperlicher Aktivität ist in den hoch technisierten
Ländern deshalb eine biologische Notwendigkeit, weil der tägliche
Kalorienverbrauch ein Minimum unterschritten hat. Die Alltagstätigkeiten
bzw. -belastungen entsprechen nicht mehr dem Kalorienverbrauch
biologischer Grundbedürfnisse.
Der Weltkonsensuskongress hat in Toronto 1992 folgende Deklaration
verabschiedet: Geeignetes körperliches Training kann die Wahrschein-
lichkeit des Auftretens eines Herzinfarkts um 50% vermindern. Das Wort
kann reicht als Beweis nicht aus.
GRUPE (1995) sieht neben den durch Trainingswissenschaft und
Sportmedizin gesicherten positiven Auswirkungen der Übungen auf den
Organismus im Sport in erster Linie die Chance, sozialkommunikative
Einflüsse auf das Befinden zu nutzen. Dies steht im Einklang mit der weit

33
gefassten Definition von Gesundheit, die neben körperlichen auch
psychische und soziale Faktoren beinhaltet.
Diese sind jedoch im Gegensatz zu den Trainingswirkungen schlecht
planbar.
Bewegung, Sport und Spiel können im psychosozialen Bereich wirksam
werden und Zuversicht, Selbstvertrauen und Geborgenheit vermitteln. Es
muss hier nicht ein spezielles Gesundheitsprogramm durchgeführt werden.
Ein generelles Gesundheitsversprechen des Sports erscheint dennoch
fragwürdig, einmal durch die Tatsache, dass Sport treiben auch
gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann, zum anderen durch die
allgemein übliche Reduzierung des Gesundheitsbegriffs auf (körperliche)
Leistungsfähigkeit.
Gesundheit als körperliches Heil, das an die Stelle des seelischen tritt,
sieht RITTNER (1989) als Zeichen diesseitsorientierter Lebenseinstellung,
mit dem Verlust traditioneller Sinnperspektiven und entschwundener
Werthorizonte. Der eigene Körper, dessen Training, Pflege und
Präsentation rückt in den Mittelpunkt. Das Fitnesstraining, ursprünglich
mit dem Ziel, etwas für seine Gesundheit zu tun, also den immanenten
Bewegungsmangel zu kompensieren, begonnen, ist längst zum Lebensstil
mit entsprechender Hautbräunung und Bekleidung geworden - der
Waschbrettbauch zum Lebensinhalt. Eine solche Philosophie wird zu
Problemen mit der Akzeptanz von Krankheiten und des eigenen
Alterungsprozesses führen.
Dazu KOLB (1995, 30):
,,Wer sich in gesundheitlicher Absicht dem Sport zuwendet, übernimmt gleichzeitig
die unterschwellige normative Vorstellung eines fitten, leistungsfähigen,
selbstdisziplinierten Menschen, der über eine den gesellschaftlichen Ansprüchen
reibungslos genügende, funktionierende Körpermaschine verfügt und sich für die
eigene Gesundheit verantwortlich zeigt."
Für viele Läufer ist die (koronare) Gesundheit das Einstiegsmotiv in ein
regelmäßiges Programm. Das seelische Gleichgewicht und das Hochgefühl,
das im Laufe der Zeit entsteht, führt zum Laufen immer längerer
Strecken, was eine erhöhte Belastung der Gelenke zur Folge hat und
damit den rein physischen Gesundheitsaspekt ins Gegenteil verkehrt
(KLEINE 1990).
Kritik übt BECKERS (1995) an dem Synonym ,,Wohlbefinden" für
,,Gesundheit", weil dadurch ,,ein indifferenter Gefühlszustand zum Ziel
erhoben wird".
Die aus dieser ganzen Problematik entstandene Diskussion muss sich noch
differenzierter mit der Frage auseinander setzen, welche Form der
Bewegung, des Sports in welchem Umfang, für welchen Personenkreis,
Gesundheit fördern kann.
Ist Gesundheit, oder deren Steigerung, durch gezielte Trainingsformen,
Ernährungsweisen und oder Anhäufung gesundheitsrelevanter Kenntnisse
erreichbar? Gibt es eine normierte, trainierbare Gesundheit mit
physiologischen Parametern?

34
Sport kann und sollte dazu beitragen,
·
die biologische Funktionsfähigkeit zu erhalten (z.B. durch Angebote
zur Krankheitsbewältigung und zur Wiederherstellung organischer
Funktionsfähigkeit).
·
die soziokulturelle Leistungsfähigkeit zu verbessern bzw. zu
erhalten.
·
die individuelle Gestaltungsfähigkeit zu entwickeln, um alltägliche
Lebenssituationen zu bewältigen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Argumente für ein
Gesundheitsverständnis, das sich auf das Salutogenesemodell von
ANTONOVSKY stützt, überzeugender sind und dem komplexen Begriff
,,Gesundheit" eher gerecht werden.
Die Umkehrung der bisherigen Sichtweise ,,was macht krank" in ,,welche
Faktoren lassen Gesundheit" entstehen, rücken die Fähigkeit des
Einzelnen in den Mittelpunkt, die alltäglichen Belastungen (Stressoren)
auszubalancieren. Die Aufgabe der Pädagogik ist es, den Menschen zu
befähigen, die gesundheitliche Balance sinnvoll zu beeinflussen, wobei mit
sinnvoll der Einsatz von Bewegung, Sport und Spiel gemeint ist.
Langfristig wirksame Erziehungs- und Bildungsprozesse sollten darauf
ausgerichtet sein, Bewegung, Sport und Spiel als Möglichkeiten der
Verbesserung von Gesundheit zu vermitteln und dazu beitragen, diese in
den eigenen Lebensstil zu integrieren (vgl. KÜPPER 1995).
Der primäre Sinn des Sports, der traditionell Komponenten wie
Wettkampf, Leistung und Leistungsvergleich beinhaltet, ist sicher nicht
Gesundheit. Im Gegenteil, für Bestleistungen werden und wurden selbst
gesundheitliche Schädigungen in Kauf genommen. Trotzdem beinhaltet
auch der traditionelle Sport gesundheitlich positive Aspekte, wenn wir an
die Stärkung des Selbstvertrauens nach einer guten Leistung oder nach
einem gewonnenen Spiel und an die soziale Einbindung mit dem
Vertrauen auf sozialen Rückhalt im Mannschaftssport denken.
Doch die Motivation zum Sport wandelt sich, denn über die Hälfte der
Bundesbevölkerung ist heute über 40 Jahre alt. Bei den Menschen im
mittleren und höheren Alter stehen eher gesundheitliche und soziale
Interessen im Vordergrund.
Durch monotone und einseitige Arbeitsbelastungen und durch den
Bewegungsmangel, der am Arbeitsplatz und in der Freizeit festzustellen
ist, entstehen Krankheiten, die hohe Kosten verursachen. Im Jahr 1999
haben bundesdeutsche Unternehmen allein für krankheits- und
unfallbedingte Fehlzeiten rd. 45,5 Mrd. DM an direkten Kosten
ausgegeben. Bei den kurzfristigen Diagnosen zur Arbeitsunfähigkeit lagen
zwar die Krankheiten der Atemwege (31,6% bei den Männern und 35,2%
bei den Frauen) deutlich vor den Krankheiten des Bewegungsapparats
(20,3% m und 15,5% w), zieht man jedoch als Kriterium die Dauer der
Arbeitsausfallzeit hinzu, wandelt sich das Bild enorm. Hier bilden die

35
Krankheiten des Bewegungsapparates mit großem Abstand die
bedeutungsvollste Gruppe (GEK-Gesundheitsreport 1999).
Deshalb werden Gesundheitsförderungsmaßnahmen immer häufiger
durchgeführt. Doch die Aussage, dass durch Prävention Gesundheit
optimal (wirkungsvoll) gefördert wird, zweifeln viele Experten an (z.B.
BECKERS 1991; BRODTMANN 1994). Grundsätzlich ist eine rein
ökonomische Bewertung von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung im
Sinne eines Abwägens von Kosten und Nutzen unangebracht. Zum einen
lassen sich viele Effekte von gesundheitssportlichen Programmen nicht in
Morbiditäts- oder Mortalitätsstatistiken erfassen, wenn wir an deren
sekundäre Auswirkungen, wie bspw. Wohlbefinden, Selbstwirksamkeit und
Erleben von Leistungsfähigkeit sowie Sozialkontakte und soziale
Unterstützung denken. Zum anderen erscheint es mir wenig sinnvoll,
potenziell gesundheitsökonomisch positive Auswirkungen von Walking-
Treffs, Rückenschulen oder Herzsportgruppen mit riskanten und
verletzungsintensiven Sportarten wie Gleitschirmfliegen, Snowboarden
oder Fußball gegenzurechnen (siehe auch HUBER 1999).
Prävention bedeutet Vorbeugen von Krankheiten und stellt körperliche
Funktionseinbußen in den Mittelpunkt. Die Ursachen von Krankheiten
werden im Sinne der Prävention oft nur monokausal (physiologisch)
erklärt, andere Ursachen werden in der Diagnose kaum berücksichtigt. Die
präventiven Interventionsmaßnahmen beschränken sich somit häufig auf
die körperliche Dimension. Dieser Ansatz kann die Komplexität von
Krankheit und Gesundheit jedoch nur ungenügend erfassen und deshalb
nur einige wenige Krankheiten bekämpfen. Außerdem orientieren sich
präventive Maßnahmen am ,,negativen" Krankheitsbegriff und finden vor
allem bei Jugendlichen wenig Akzeptanz.
Sinnvoller ist es, einen ganzheitlichen, positiven Gesundheitsbegriff als
Basis für die pädagogische Umsetzung eines Gesundheitsprogramms
festzulegen. Das Gesundheitsprogramm muss aktive und teilnehmer-
spezifische Handlungsmöglichkeiten einer gesundheitsbewussten
Lebensweise aufzeigen und den Einzelnen auf seinem Weg lange
begleiten.
Der pädagogische und psychologische Ansatz der Gesundheitsbildung
versucht dies so zu realisieren, dass der gesundheitsgebildete Mensch in
der Lage ist, aus der Entfaltung der in ihm angelegten Potenziale,
Maximen des individuellen Handelns zu entwickeln (SCHIPPERGES 1984;
BECKERS/KRUSE 1986).
Die Gesundheitsbildung bietet außerdem eine gute Möglichkeit, den
jungen Menschen in seiner körperlichen, seiner seelisch-geistigen, seiner
soziokulturellen und seiner ökologischen Dimension zu erfassen und ihm
ein ganzheitliches Gesundheitsverständnis aufzuzeigen. Der gestalt-
theoretische Ansatz stellt den Menschen als Subjekt in den Mittelpunkt
wobei er intensiv und bewusst seinen Körper in verschiedenen
Alltagssituationen erfahren soll. So wird er durch das Verständnis seiner
Situation eine für ihn gesunde Form der Alltagsbewältigung im Beruf und

36
in der Freizeit finden und diese länger beibehalten, sofern sie aus seiner
internen Motivation erwachsen ist.
Das subjektive Wohlbefinden soll ein wichtiges Kriterium sein, seinen
eigenen Gesundheitszustand, der nicht durch Normen und Skalenwerte
geprägt ist, zu vergegenwärtigen (ERDMANN 1991).
Es ist selten zu früh und nie zu spät mit dem Sport zu beginnen. Dem
Sport kommt gerade in der zweiten Lebenshälfte eine hohe Bedeutung zu.
Zunehmende Lebenserwartung und abnehmende Arbeitszeit rufen nach
sinnvoller Freizeitgestaltung.
Viele Zivilisationserkrankungen sind auch eine Folge der immer effektiver
arbeitenden Medizin, die den Menschen in die Lage versetzt, solche
Erkrankungen überhaupt zu erleben. Dies führt in unserem
Gesundheitssystem zu einer sehr großen Belastung. Prävention sollte
deshalb nicht nur das Interesse des Einzelnen für sich selbst sein, sondern
eine soziale Verpflichtung.
Im präventiven Bereich können Sport und Bewegung eine große Rolle
spielen. Sport ist nach wie vor für viele nicht nur mit Gesundheit, sondern
auch mit Leistung verbunden. Wie beurteilt dies die Sportmedizin?
Leistung ist auch für den älteren Menschen nichts Negatives. Jeder
Mensch, der sich bewegt, muss eine körperliche Leistung erbringen.
Leistung und Leistungsfähigkeit müssen aufeinander abgestimmt sein. Je
älter die Menschen werden, umso mehr treten chronische Erkrankungen in
den Vordergrund. Die zunehmende Lebenserwartung erfordert eine
Trendwende im medizinischen Verhalten. Durch Sport und körperliche
Aktivitäten kann dem Patienten bewusst gemacht werden, dass
Gesundheit nicht auf Rezept in der Apotheke abgeholt werden kann,
sondern dass man sich diese durch eine gesundheitsbewusste
Lebensführung aktiv erwerben und erhalten muss.
Weitere, neuere Arbeiten zum Thema ,,Sport und Gesundheit" widmen sich
verstärkt der Umweltbelastung durch den Sport in Bezug auf
·
weite Fahrten zu Auswärtsspielen
·
Mountainbiking, Skifahren, Kanu
·
Materialmüll (Schuhe, Trikots, Sporttaschen etc.)
sowie Gesundheitsbelastung beim Sport durch Umwelteinflüsse (z.B. hohe
Ozonwerte). Diese Forschungen können hier nur der Vollständigkeit halber
erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt werden.

37
2 Gesundheitssport
2.1 Entstehung eines neuen Segments in der Sportlandschaft
Eine der grundlegendsten und vielleicht am häufigsten genannte
Zielsetzung, deren Erfüllung durch Sport erreicht werden soll, ist sicherlich
Gesundheit.
RITTNER formulierte bereits 1985, dass neben einem Breiten-, Leistungs-,
Freizeit- oder Vereinssport eine weitere eigenständige Richtung entsteht,
die man als ,,Gesundheitssport" bezeichnen könne. Krankenkassen wie die
AOK entwickeln oder übernehmen Sportprogramme und nennen sich
fortan ,,Gesundheitskassen" (KLEINE 1990).
Nach Jahren euphorischen Funktionsdenkens in der Sportwissenschaft und
vor allem der Sportmedizin, mehren sich die Stimmen, die zur Vorsicht bei
der Propagierung der gesundheitlichen Effekte des Sports raten.
Dennoch kommen, nicht zuletzt durch den kontinuierlich ansteigenden
Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung, immer mehr
Menschen mit Gesundheitsmotiven zum Sport. Den Bedürfnissen dieser
wachsenden Gruppe von Menschen im mittleren und höheren Lebensalter
muss sich der Sport(verein) anpassen.
Abhängig von der Einstellung und Erziehung werden verschiedene
gesundheitssportliche Aktivitäten ausgesucht. Der eine tendiert zum
Training im Fitness-Center oder zum Gruppenkurs an der
Volkshochschule, während der andere Tai-Chi oder Yoga bevorzugt.
Joggen, Schwimmen und Fahrrad fahren sind die beliebtesten individuellen
Bewegungsprogramme.
In den angloamerikanischen Staaten wird mit Sport meist Leistungs- und
Hochleistungssport assoziiert. In Deutschland benutzen wir verschiedene
Kategorien:
·
Freizeitsport (kennzeichnet im Grunde nur den Zeitrahmen, wann er
stattfindet und betont damit noch das Amateurhafte seiner
Teilnehmer).
·
Breitensport (hier wird die breite Basis zum Wortschöpfer, die den
Gegensatz zur mit wachsendem Leistungsniveau immer kleiner
werdenden Gruppe im Spitzensport darstellt).
·
Behindertensport, Rehabilitationssport (Sporttherapie, Bewegungs-
therapie)
·
Leistungs- und Hochleistungssport (löst keine, sondern schafft
häufig gesundheitliche Probleme).
Diese Kategorien lassen sich über Motivation und erreichte Leistung gut
voneinander trennen, wobei es sicherlich auch fließende Übergänge gibt.
Wo ist nun der Gesundheitssport anzusiedeln, falls es überhaupt möglich
ist, für die Verbindung zweier doch so komplexer Begriffe eine eigene
Kategorie oder Definition zu finden? Oder wäre es sinnvoller, mit

38
Konstruktionen wie gesundheitsorientierte Bewegung, gesundheits-
fördernde körperliche Aktivität o.Ä. zu arbeiten?
2.2 Definitionsversuche und Kritik am Begriff ,,Gesundheitssport"
Definition der ,,Kommission Gesundheit" des Deutschen Sportbundes und
des Deutschen Sportärztebundes vom April 1993:
,,Gesundheitssport ist eine aktive, regelmäßige und systematische körperliche
Belastung mit der Absicht, Gesundheit in all ihren Aspekten, d.h. somatisch wie
psychosozial, zu fördern, zu erhalten oder wiederherzustellen. Gesundheitssport
umfasst den Präventivsport, die Bewegungs- und Sporttherapie sowie den
Rehabilitationssport. Da Sport auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein
kann, müssen die Inhalte dosiert und in Anlehnung an die individuellen
Voraussetzungen ausgewählt werden."
Diese Definition beinhaltet auf den ersten Blick reichlich therapeutische
Intentionen. Das liegt eventuell daran, dass viele Wissenschaftler aus
diesem Bereich an deren Entstehung mitgewirkt haben.
Der Begriff ,,Gesundheitssport" hat in die Umgangssprache bereits Einzug
gehalten, ohne dass eine Definition der komplexen Einzelbegriffe zugrunde
gelegt wurde. Für BECKERS (1995) ist ,,Gesundheitssport" ein Begriff ohne
Inhalt. Dieser Inhalt muss erst entwickelt werden. Dies ist nur möglich,
wenn man zuerst nach Sinn und Inhalt von Gesundheit fragt. Ein einseitig
funktionales Gesundheitsverständnis führt zu Konsequenzen, die BECKERS
(1995) im Folgenden erklärt:
Die offizielle Definition, Gesundheitssport ist körperliche Belastung mit
dem Ziel, Gesundheit zu fördern, reduziert den Sport auf das rein
körperliche Segment und beinhaltet somit eine enge funktionale
Auslegung des Sports. Auch der LSB Nordrhein-Westfalen lehnt den so
definierten Begriff ,,Gesundheitssport" ab und bevorzugt stattdessen das
,,Lebensweltkonzept" von BECKERS/KRUSE (1986), Gesundheitsbildung
durch Wahrnehmungsentwicklung und Bewegungserfahrung.
Eine Reduzierung von gesundheitsorientierten Angeboten auf die Bereiche
,,Mittel zur Bewältigung von Krankheitsfolgen bzw. zur Krankheits-
vermeidung" und ,,Optimierung einer körperlichen Leistungsfähigkeit" wird
der Sache nicht gerecht.
Gesundheitssport sollte doch mehr sein als die Bearbeitung bestimmter
bedürftiger Körperregionen. Ziel ist das Erlernen eines Lebensstils, in den
Spiel und Bewegung integriert sind.
Gesundheitssport kann therapeutische Inhalte aufweisen, wobei der
Begriff ,,Prävention" nicht nur auf den therapeutischen Bereich beschränkt
bleiben darf. Funktionale Inhalte, die unbestreitbar, durch zielgerichtete
und entsprechend dosierte Bewegung, gesundheitlich positive Effekte
bewirken können, waren und sind, mittlerweile verstärkt, auch
Bestandteile des Freizeit- und Breitensports.

39
Doch dieser sollte, so TISCHBIER (1993, 315) ,,in erster Linie
Bewegungserlebnis und
-erfahrungsbereich in unterschiedlichen
Ausprägungs- und Sozialformen und Organisationsgraden" sein.
Scharf kritisiert DIGEL (1994) die Gesundheitssportkonzeption des DTB,
da sich Sport von seiner inneren Dynamik her nicht für die
Gesundheitsförderung eigne und er fürchtet, dass Sport unter dieser
Zielsetzung seine wesentlichen persönlichkeitsbildenden oder
kulturschöpfenden Wirkungen verlieren könnte. Des Weiteren befürchtet
er eine Spaltung in gesunden und ungesunden Sport.
Ebenfalls zur Vorsicht mahnt ERDMANN (1991): Die Gesundheit in den
Mittelpunkt des Sporttreibens zu stellen, führt zum Verlust wesentlicher
Komponenten, wie Spiel, Spaß, Spannung, Leistung, Erlebnis und er sieht
durch den fehlenden Erlebniswert wenig Chancen auf eine langfristig
,,stabile Übernahme gesundheitszuträglicher Handlungsweisen".
Dazu müsse man die eigene Bewegung erfahren und ,,sie als einen
freudvollen, wichtigen Teil des Lebens wahrnehmen ... (1991, 137).
Eine Kernfrage, die an dieser Stelle erlaubt sein muss, bezieht sich auf die
traditionellen Angebote des Gesundheitssports, wie Rückenschule,
Wirbelsäulengymnastik oder Osteoporoseprophylaxe. Die Frage lautet: Ist
das noch Sport, sind da noch konstitutive Merkmale des Sports vorhan-
den? Wo ist die Grenze zur Therapie, zur Krankengymnastik?
Es gibt ohne Zweifel Grenzbereiche, für die der Sport oder die
Sportwissenschaft nicht mehr zuständig ist und die Physiotherapie oder
die Medizin gefragt sind. Im weit gefassten Sinne, aufgebaut auf die unter
Punkt 2.3 näher bestimmten Ziele und Inhalte, weist gerade der
Gesundheitssport eine breite Palette an Möglichkeiten auf, auch
traditionellen Sportmodellen zu entsprechen. Gesundheitssport ist
bezüglich des Leistungs- und Wettkampfgeschehens sicherlich reduziert,
beides findet jedoch statt, so z.B. Wettkämpfe mit eigenem Regelwerk
und auf die erbrachte Leistung wird oft planvoller hintrainiert als im
Breitensport. Vereinszugehörigkeit kann kein Kriterium dafür sein, ob eine
körperliche Aktivität dem Sport zugeordnet werden kann oder nicht. Viele
dieser Kurse, wie ,,Kein Kreuz mit dem Kreuz" oder ,,Rücken-Fit" werden
von Vereinen initiiert, es gibt jedoch andere Institutionen, die qualitativ
ähnliche oder gleiche Angebote aufweisen.
Ein immer wieder auftauchendes Argument ist die Instrumentalisierung
des Sports, in diesem Fall zu Gesundheitszwecken. Das ist ein
Missverständnis. Gesundheitssport, so wie ich ihn sehe, will nicht den
Sport ausschließlich auf das Ziel Gesundheit festlegen, sondern
Gesundheit soll eine erhoffte, erwünschte Folge der langfristigen
Teilnahme an den Programmen sein. Auch die Frage, ob es in Zukunft
einen gesunden und einen ungesunden Sport geben wird, mit im
schlimmsten Fall einer Bonus- Malus-Klassifikation bei der Krankenkasse,
lässt sich so nicht stellen.
Für einen Drachenflieger mag sein Sport gesund sein, weil er sich in den
Lüften wohl fühlt, sich entspannt und ein einmaliges Naturerlebnis hat. In
den angesprochenen Kursen werden neben Spiel, Bewegung, Entspannung
eben zielgruppenorientiert, wie aus dem Titel der Veranstaltung

40
hervorgeht, spezielle Übungen für die Rückenmuskulatur durchgeführt,
was unter Umständen Beschwerdefreiheit und/oder Handlungsfähigkeit
zur Folge hat.
Gemeinsam ist allen gesundheitssportlichen Aktivitäten eine adäquate
Wahl der Inhalte und Intensitäten, sodass die Gefahr einer Verletzung und
damit eine Verschlechterung der Gesundheit nahezu ausgeschlossen ist.
Das reine Gesundheitsmotiv hilft jedoch wenig zur Übernahme langfristig
stabiler Verhaltensänderungen. Verschiedene empirische Untersuchungen
belegen: Die Drop-out Quote von Vereinssportlern mit dem
Gesundheitsmotiv ist besonders hoch. Daraus lässt sich schließen, dass
das Gesundheitsmotiv allein nicht ausreicht, um Sport treiben langfristig
in den Lebensalltag zu integrieren.
,,Der gesundheitsfördernde Wert des Sports ergibt sich wohl eher aus einem
Zusammenwirken vielfältiger motorischer, kognitiver wie sozial-affektiver
Komponenten, aus der Möglichkeit, sich als ,ganzer Mensch' und nicht als in
Detailfunktionen gegliederter Alltagsmensch einbringen zu können" (KLEINE 1992,
153).
Für die Sportpädagogik ist es wichtiger, statt rationalen Empfehlungen,
den Menschen nahe zu bringen, die eigene Bewegung als einen
freudvollen, wichtigen Teil des Lebens wahrzunehmen. Dies kann viel
effektiver und lang andauernder Verhalten beeinflussen.
,,Die pädagogische Perspektive ist in erster Linie darauf ausgerichtet, bei möglichst
vielen Menschen eine intrinsische Motivation für sportliche Aktivitäten zu
erzeugen" (HECKER 1989, 113).
Aus den vorangegangenen Überlegungen zu ,,sportlichen oder
nichtsportlichen" Teilbereichen des Gesundheitssports ergibt sich für mich
zwingend die Frage nach der Notwendigkeit einer gesundheitssportlichen
Trainingslehre.
2.3 Inhaltliche Analyse des Gesundheitssports
2.3.1
Zur Frage der Trainingslehre
Zunächst gilt es zu klären, ob die sportwissenschaftliche Trainingslehre für
den Gesundheitssport zuständig ist oder ob dies Sache der Medizin und
Physiotherapie ist. Ist es möglich, Sport im Sinne eines Rezepts zu
verordnen bzw. zu verabreichen, nachdem geklärt ist, welcher Sport für
welche Gesundheit zuständig ist. Franke (1995, 439) stellt hierzu ein
Dreiecksverhältnis vor, mit dem die Passfähigkeit geschaffen werden soll:
·
Akteur (als Senior, Fitnesssuchender, Wirbelsäulengeschädigter,
Herzpatient ...).
·
Sportart (nach Merkmalen bestimmt, wie: allgem. Kräftigung,
Entspannung, Leistungsverbesserung ...).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832468194
ISBN (Paperback)
9783838668192
DOI
10.3239/9783832468194
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Deutsche Sporthochschule Köln – Sportwissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Mai)
Schlagworte
bewegung programmpartizipation selbstmotivation instrumentalisierung
Zurück

Titel: Faktoren einer gesundheitssportlichen Motivationsstruktur
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
book preview page numper 41
232 Seiten
Cookie-Einstellungen