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Finanzwirtschaftliche Auswirkungen des Basler II Abkommens auf Banken und mittelständische Unternehmen

Unter besonderer Berücksichtigung interner und externer Ratingverfahren

©2002 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
In der Diplomarbeit wird untersucht, welche Vorteile, Probleme oder Änderungen für Banken und Unternehmen durch die Neuen Basler Eigenkapitalrichtlinien entstehen können. Weiters wird die häufig diskutierte Frage erörtert, ob die Kreditversorgung des Mittelstandes durch Basel II auch wirklich gefährdet ist. Das Rating ist dabei der entscheidende Begriff des heutzutage viel diskutierten Themas und hat eine weitreichende Bedeutung bei Finanzierungsvorgängen.
Nach der Einführung im Kapitel 1 wird im Kapitel 2 wird zunächst die Definition und eine Abgrenzung des Begriffes „Rating“ im Bankwesen und der Versicherungswirtschaft vorgenommen. Weitere Gegenstände der Abgrenzung des Begriffes „Rating“ sind die Rating Symbole, verschiedene Arten und Komponenten des Ratings, sowie die, im Zusammenhang mit Basel II, wichtige Unterscheidung: „interne Ratings“ und „externe Ratings“.
Nach den ersten beiden Kapiteln der Diplomarbeit folgt im Kapitel 3 neben der Erklärung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht eine kurze Vorstellung der Ersten Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I).
Kapitel 4 beschäftigt sich mit den Neuen Basler Eigenkapitalvorschriften (Basel II) und einer Abhandlung der drei Konsultationspapiere. Nach dem Willen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht sollen Kredite (nach der Bonität des Kunden) künftig unterschiedlich hoch mit Eigenkapital unterlegt werden. Da Eigenkapital für die Banken teurer ist als Fremdkapital, haben Änderungen in den Unterlegungsvorschriften unmittelbare Konsequenzen für die Kreditkonditionen. Die unterschiedlich hohe Eigenkapitalunterlegung könnte sich auf die Kreditbereitschaft und die Kreditkosten niederschlagen. Beweggründe, Ziele und Anwendungsbereiche vervollständigen das Kapitel der Neuen Basler Eigenkapitalrichtlinien.
Im 5. und wichtigsten Kapitel dieser Arbeit folgt eine Beschreibung der drei Säulen der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung. Bei den Mindestkapitalanforderungen werden die internen Ratings der Banken in zwei Kategorien aufgeteilt, d.h. in den Foundation Approach und den Advanced Approach Ansatz. Der Unterschied der beiden Ansätze besteht darin, dass im einfachen Ansatz einfache Standardwerte vorgegeben werden, während im entwickelten Ansatz die Banken eigene bankinterne Schätzungen ansetzen können. Die Überprüfung durch die Aufsicht und die Marktdisziplin als zweite und dritte Säule ergänzen den neuen Basler Eigenkapitalakkord, um die Stabilität des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Verlauf der Arbeit

2 Abgrenzungen des Begriffs „Rating“
2.1 Ratings im Bankwesen
2.2 Ratings in der Versicherungswirtschaft
2.3 Rating Symbole und ihre Bedeutung
2.4 Arten von Ratings
2.5 Komponenten des Rating, Ratingskalen und Ratingysteme
2.5.1 Ratinganalysen
2.5.2 Der Ratingprozess
2.6 Bankinternes versus externes Rating
2.6.1 Interne Ratings
2.6.2 Externe Ratings
2.7 Kriterien zur Bewertung von Ratings
2.8 Rating versus Ranking
2.9 Ratings für kleinere und mittlere Unternehmen

3 Die BIZ und die Erste Basler Eigenkapitalvereinbarung
3.1 Basler Ausschuss für Bankenaufsicht
3.2 Erste Basler Eigenkapitalvereinbarung

4 Die Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarungen
4.1 Das erste Konsultationspapier zur Neuen Eigenkapitalvereinbarung
4.2 Das zweite Konsultationspapier
4.3 Das dritte Konsultationspapier
4.4 Beweggründe für eine Neue Eigenkapitalvereinbarung
4.5 Ziele der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung
4.6 Anwendungsbereich der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung
4.7 Das Eigenkapital
4.8 Erläuternde Angaben zur neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung

5 Die drei Säulen der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung
5.1 Die erste Säule: Mindesteigenkapitalanforderungen
5.1.1 Die Standardmethode zu Bemessung für das Kreditrisiko
5.1.2 Der auf internen Ratings basierende Ansatz (IRB-Ansatz)
5.1.3 Operationelles Risiko
5.1.4 Gesamtkapital
5.2 Die zweite Säule: Überprüfung durch die Aufsicht
5.3 Die dritte Säule: Marktdisziplin

6 Folgen von Basel II
6.1 Bedeutung für die Banken
6.2 Bedeutung für die Kapitalmarkt- und Leasingfinanzierung
6.3 Bedeutung für die (Kredit-)versicherung
6.4 Bedeutung für den Mittelstand
6.4.1 Chancen und Risiken für den Mittelstand
6.4.2 Neuerungen über Auswirkungen auf den Mittelstand
6.5 Schlussbemerkungen
6.6 Anhang (Studie von KPMG)

7 Abkürzungsverzeichnis

8 Abbildungsverzeichnis

9 Literaturverzeichnis
9.1 Monographien, Bücher und Zeitschriften
9.2 Weiterführende Literatur
9.3 Elektronische Quellen

1 Einführung

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“. Diese Feststellung des deutsch-amerikanischen Physikers Albert Einstein sollte bei der Bewältigung der umfangreichen Literatur zu diesem aktuellen Thema behilflich sein.

Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der wachsenden Bedeutung der Ratings im Hinblick auf die Vorschläge des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, dass künftig jeder Kredit mit Eigenmitteln in unterschiedlicher Höhe unterlegt werden muss. Die Höhe der Eigenmittelunterlegung richtet sich nach der Bonität des Kreditnehmers und wird in den beschriebenen Neuen Basler Eigenkapitalvorschriften für alle Kapitalmarktteilnehmer festgehalten.

Die richtige Einschätzung des Finanzrisikos ist eine wesentliche Erfolgskomponente für ein wertschaffendes Unternehmen. Dies setzt wiederum die richtige Einschätzung des Geschäftsrisikos voraus. Dem Geschäftsrisiko ist das Branchenrisiko vorgelagert und diesem das Länderrisiko. Die umfassende Beurteilung, die mit der Wahrnehmung in die Zukunft gerichteter unternehmerischer Chancen, Risiken und Entscheidungen entsteht, ist die Aufgabe des Ratings, unabhängig davon, ob das Rating intern von einer Bank oder extern von einer Agentur durchgeführt wird.[1] In den USA beispielsweise finanzieren sich Unternehmen heute nur noch zu 26% über Bankkredite, in Teilen Europas sind es hingegen bis zu 70%. Hauptgrund dafür ist die schwache Eigenkapitalausstattung, auch der österreichischen KMU’s, und die relativ günstige Fremdfinanzierung als Folge des scharfen Bankenwettbewerbs. Durch die in der Schweizer Hauptstadt erarbeiteten Vereinbarungen wird das Rating aller Kreditkunden dabei von zunehmender Bedeutung.[2]

Abbildung 1 zeigt den Anteil der KMU’s (in %), die Bankkredite als Finanzierungsmöglichkeit nutzen, und deren Anteil der Finanzierung durch Kredite größer als der Durchschnitt der gesamten Europäischen Union ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Finanzierung durch Kredite.

Quelle: Vgl. o. V.(Eigenkapitalknappheit), S. 17.

Bislang mussten die Banken pauschal für ihre gesamte aushaftende Kreditsumme 8% Eigenkapital nachweisen. Nach Basel II werden es im Falle eines schlechten Ratings bis 50% und mehr sein. Bonitätsbeurteilungen von Banken und Ratingagenturen sind nicht gegensätzlicher Natur, sie könnten sich vielmehr zum Nutzen von Unternehmen und Anlegern ergänzen, wenn die internen Ratings einem gemeinsamen Standard folgen. Mit Basel II wollen internationale Bankenaufsichtsbehörden das Kreditgeschäft über Ländergrenzen hinweg vereinheitlichen. Ziel ist es dabei, eine differenzierte Bewertung von Finanzierungsrisiken zu finden, die dann das Kriterium für die Eigenkapitalhinterlegung bilden.[3]

1.1 Problemstellung

Kreditinstitute spielen eine große Rolle in modernen Volkswirtschaften. Sie sind nicht nur Mittler zwischen Kreditnehmern und Einlegern, sondern stellen darüber hinaus vielfältige nicht bilanzwirksame Finanzdienstleistungen zur Verfügung. Dabei ist der professionelle Umgang mit Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und anderen Risiken eine der bedeutsamsten Leistungen von Finanzintermediären. Diese Risiken dürfen jedoch nicht zum Ungleichgewicht im Finanzsektor führen. Über die eigene Risikovorsorge der Institute hinaus versucht man besondere Aufsichtsregeln für Kreditinstitute zu schaffen, unter denen die Eigenkapitalregeln und das Rating eine herausragende Rolle einnehmen.[4]

Die mit Basel II verbundenen neuen Eigenkapitalvorschriften sollen neue Herausforderungen für den Mittelstand bringen, stellen aber auch Bedrohungen dar. Mittelständische Unternehmen sind meist familiengeführte Unternehmen mit begrenzter Größe. Die Eigentümer-Unternehmer dominieren durch persönlichen Führungsstil nach innen wie nach außen. Sie sind der Schlüssel für die Marktbeziehungen und Entwicklung von Produkten und Verfahren.[5]

Die Amerikaner beharrten in Basel zunächst ausschließlich auf externe Ratings durch unparteiliche Agenturen. Dem widersetzten sich die Europäer erfolgreich. So werden zukünftig den externen Ratings der Ratingagenturen interne Ratings der Banken gegenüberstehen. Es stellt sich die Frage, ob das interne Rating vom Bankkunden früher oder später konkurrierend zum externen Rating gesehen wird, oder ob Banken nun doch gezwungen sein werden, ihr internes Rating der Qualität internationaler Ratingagenturen anzupassen. Bei Basel II geht es darum, den Banken verstärkt Anreize zu geben, ihre Kreditrisiken zum frühest möglichen Zeitpunkt zu erkennen und besser zu steuern. Die Risikomessung muss nach den vorliegenden Erfahrungen differenzierter erfolgen, dadurch ist auch eine differenzierte Kapitalunterlegung sicherzustellen.

Die Anforderungen an die Kapitalunterlegung sollen konsistent und vergleichbar sein. Basel II wird Mindestanforderungen an externe Ratingagenturen und an das interne Rating stellen (Objektivität, Unabhängigkeit, Transparenz, Ressourcen und die Glaubwürdigkeit). Die Anforderungen werden in Zukunft von der nationalen Bankenaufsicht geprüft werden und sind so angelegt, dass eine Erfüllung möglich sein soll.[6] Basel II sollte auch dazu beitragen, dass sich das kalkulierte Risiko (dieses Prinzip alleine interessiert den Kapitalmarkt) neben der Fähigkeit des Schuldners Sicherheiten zu stellen, durchsetzt. Die Schwierigkeit der Banken wird in Zukunft nicht darin liegen, die geeignete Ratingmethode auszuwählen, das wesentliche Problem der Kreditgeber wird die Einbindung der Methode in die betriebliche Praxis sein.[7]

1.2 Zielsetzung und Verlauf der Arbeit

Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es zu untersuchen, welche Vorteile, Probleme oder Änderungen für Banken und Unternehmen durch die Neuen Basler Eigenkapitalrichtlinien entstehen können. Weiters wird die häufig diskutierte Frage erörtert, ob die Kreditversorgung des Mittelstandes durch Basel II auch wirklich gefährdet ist. Es sollen dabei auch die Auswirkungen auf die Kapitalmarktfinanzierung berücksichtigt werden. Das Rating ist dabei der entscheidende Begriff des heutzutage viel diskutierten Themas und hat eine weitreichende Bedeutung bei Finanzierungsvorgängen.

Nach der Einführung im Kapitel 1 wird im Kapitel 2 wird zunächst die Definition und eine Abgrenzung des Begriffes „Rating“ im Bankwesen und der Versicherungswirtschaft vorgenommen. Weitere Gegenstände der Abgrenzung des Begriffes „Rating“ sind die Rating Symbole, verschiedene Arten und Komponenten des Ratings, sowie die, im Zusammenhang mit Basel II, wichtige Unterscheidung: „interne Ratings“ und „externe Ratings“.

Nach den ersten beiden Kapiteln der Diplomarbeit folgt im Kapitel 3 neben der Erklärung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht eine kurze Vorstellung der Ersten Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I). Kapitel 4 beschäftigt sich mit den Neuen Basler Eigenkapitalvorschriften (Basel II) und einer Abhandlung der drei Konsultationspapiere. Nach dem Willen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht sollen Kredite (nach der Bonität des Kunden) künftig unterschiedlich hoch mit Eigenkapital unterlegt werden. Da Eigenkapital für die Banken teurer ist als Fremdkapital, haben Änderungen in den Unterlegungsvorschriften unmittelbare Konsequenzen für die Kreditkonditionen. Die unterschiedlich hohe Eigenkapitalunterlegung könnte sich auf die Kreditbereitschaft und die Kreditkosten niederschlagen. Beweggründe, Ziele und Anwendungsbereiche vervollständigen das Kapitel der Neuen Basler Eigenkapitalrichtlinien.[8]

Im 5. und wichtigsten Kapitel dieser Arbeit folgt eine Beschreibung der drei Säulen der Neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung. Bei den Mindestkapitalanforderungen werden die internen Ratings der Banken in zwei Kategorien aufgeteilt, d.h. in einen einfachen (Foundation Approach) Ansatz und einen entwickelten (Advanced Approach)[9] Ansatz. Der Unterschied der beiden Ansätze besteht darin, dass im einfachen Ansatz einfache Standardwerte vorgegeben werden, während im entwickelten Ansatz die Banken eigene bankinterne Schätzungen ansetzen können.[10] Die Überprüfung durch die Aufsicht und die Marktdisziplin als zweite und dritte Säule ergänzen den neuen Basler Eigenkapitalakkord, um die Stabilität des nationalen und internationalen Bankensystems besser abzusichern. Im 6. und zugleich abschließenden Kapitel der Diplomarbeit werden die Folgen und die Bedeutung von Basel II auf verschiedene und ausgewählte Bereiche analysiert. Hierzu werden die Kreditgeber, die Kapitalmarkt- und Leasingfinanzierung, die (Kredit-) versicherung und der Mittelstand mit seinen Chancen und Risiken herausgegriffen. Mit diesem Kapitel kann das Ziel einer ausgeglichenen und ebenso objektiven Betrachtungsweise im Sinne des Autors erfüllt werden.

2 Abgrenzungen des Begriffs „Rating“

„A Rating is defined as an Indication of the RELATIVE Probability of Timely Repayment of Principal and Interest“![11] Die Rechtsprechung teilt weltweit die Auffassung, dass ein Rating die Meinung über die Wahrscheinlichkeit der zeitgerechten und vollständigen Bezahlung der Zins- und Tilgungsverpflichtungen eines Schuldners ist. Rating ist immer die Einschätzung der Kreditqualität, d.h. die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Zahlungsverzugs oder Zahlungsausfalls. Es ist aber keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung.[12]

Als Klassifikation, nämlich als Bonitätseinstufung von Schuldnern, trat der Ausdruck um 1850 in den USA auf. Mit „commercial credit ratings“ wurde die Bonität von Schuldnern bzgl. der von ihnen in Anspruch genommenen Warenkredite bewertet und einer Risikoklasse zugeordnet. In heutiger Zeit wird der Begriff „Rating“ mehrheitlich als eine Bezeichnung von Risikoeinstufungen für Schuldnerpositionen verwendet.

Der genaue Inhalt des Begriffs „Rating“ geht, soweit Beschreibungen vorliegen, nicht hervor.[13] Im deutschen Raum und bei wissenschaftlichen Anwendungen wird der Begriff „Rating“ sogar insbesondere in der Soziologie und Psychologie benutzt.[14]

Ganz allgemein bedeutet das Rating eine Beurteilung durch Vergabe von Zensuren. Die Bezeichnung „Rating“ markiert somit eine Vielzahl von Beurteilungsverfahren, die in die Festlegung einer Wertungsaussage in der Art einer Zensur eingehen.[15] Ein Rating ist auch die Wertung der Bonität,[16] also letztlich nichts anderes als ein Bonitätsurteil. Die Hauptfunktion eines Ratings ist, Transparenz und somit Vergleichbarkeit für Investoren und Gläubiger hinsichtlich des Risikos einer Finanzanlage zu schaffen. Damit ist das Rating ein objektiver Maßstab.

Es dient zugleich als Entscheidungshilfe für das Portfoliomanagement und ist die Grundlage für eine adäquate Preisgestaltung eines Investments, wie beispielsweise einer Anleihe oder eines Kredits. Beim Rating handelt es sich ausschließlich um die risikoaverse Betrachtung des Fremdkapitalgebers und nicht um die chancenorientierte Betrachtung des Eigenkapitalinvestors.[17]

Verschiedentlich wird auch von einem Rating gesprochen, wenn es um die Klassifizierung der Performance von Investmentfonds geht. Am verbreitetsten ist der Begriff jedoch im Zusammenhang mit der Beurteilung von Fremdkapitalpositionen aller Art. Sog. „Credit Ratings“ (siehe Kapitel 2.1) sind Inbegriff des Standings und der Bonität einer wirtschaftlichen Einheit. Ratings sind allerdings nicht zu vergleichen mit dem Testat eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers, sondern reflektieren die Meinung des Analysten, der das Rating erstellt hat.[18]

„Rating dient also der Bewertung der Zukunftspläne eines Unternehmens, die sinnvollerweise in einem nachvollziehbaren und jährlich festgeschriebenen Unternehmensplan gefasst ist“.[19]

Rating lässt sich auch nicht auf eine Formel reduzieren. Rating soll die unternehmerische Urteilskraft über die Zukunftssicherheit eines Unternehmens sein, kondensiert auf ein einziges, leicht vergleichbares Merkmal.[20]

Wichtig ist das Rating für die verschiedensten Parteien. Im Finanzdienstleistungssektor kann man hier besonders Kreditgeber oder die Kreditversicherer herausgreifen. Die Banken sind nach dem §18 KWG verpflichtet, die Vermögensverhältnisse ihrer Kreditnehmer zu prüfen. Das externe Rating kann die eigene Bonitätsbeurteilung ergänzen, festigen oder ändern. Für andere Kreditnehmer kann das Rating zur Grundlage einer Kreditvergabe herangezogen werden.

Für Kreditversicherer ist ein Rating für die Kalkulation eines Risikos und die Einschätzung zur Übernahme eines sog. Kreditversicherungslimits bedeutend.[21]

Von der herkömmlichen Kreditwürdigkeitsprüfung der Banken (mittels Bilanz und GuV) unterscheidet sich das Rating dadurch, dass neben den quantitativen auch qualitative Faktoren in die Bewertung einfließen. Ratings ergänzen die traditionelle Bonitätsbeurteilung und tragen daher zur Objektivierung und Rationalisierung der Kreditwürdigkeitsprüfung bei.[22]

2.1 Ratings im Bankwesen

In der Praxis des Bank- und Börsewesens wird mit dem Rating oft die Bedeutung des „Credit Rating“ zugeordnet. Es soll hiermit die bewertende Klassifizierung eines Schuldners entsprechend seiner Bonität und damit Kreditwürdigkeit bzw. die Bonitätsbeurteilung von Forderungstiteln eines Emittenten verstanden werden.

Während das Credit Rating im umfassenden Sinn jede klassifizierende Bonitätsbeurteilung von Forderungstiteln bezeichnet, die durch entsprechende Rating-Symbole formuliert wird, bezieht sich das Credit Rating im engeren Sinn lediglich auf Bonitätsurteile, die entweder über Anleihen und andere Forderungsrechte verbriefende Wertpapiere oder über deren Emittenten abgegeben werden.[23]

Der Markt für Credit Ratings wird weltweit von zwei Agenturen bestimmt, die ihren Ursprung und Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika haben, nämlich die beiden marktführenden Agenturen Moody’s Investors Service, Inc. (Moody’s) und Standard & Poor’s Corporation (S&P’s).[24]

Am deutschen Markt gibt es neben den beiden international anerkannten Agenturen bereits zahlreiche neu gegründete Agenturen, wie Euro Ratings AG, Creditreform Rating AG, Baetge & Partner GmbH & Co. und die URA Unternehmensratingagentur AG.[25]

S&P’s erstellt keine Ratings ohne einen konkreten Auftrag (Ausnahme: bei Versicherungsunternehmen). Moody’s hingegen initiiert auch Ratings ohne Zustimmung des Klienten, wenn ein öffentliches Interesse vorliegt.[26]

Die Ratingagenturen sehen unter einem Rating die Fähigkeit und die rechtliche Bindung eines Emittenten, die mit einem bestimmten Forderungstitel verbundenen Zahlungsverpflichtungen, rechtzeitig und im vollen Umfang zu erfüllen. Das Rating soll in diesem Zusammenhang einem Investor das Risiko seiner Anlage verdeutlichen.[27]

2.2 Ratings in der Versicherungswirtschaft

Die Versicherungsratings sind als Meinungen über die allgemeine Fähigkeit von Versicherungen ihre erstrangigen Zahlungsverpflichtungen aus Versicherungsverträgen termingerecht und vollständig zu erfüllen definiert (sog. Financial-Strength-Ratings für Versicherungen).

Financial-Strength-Ratings für Versicherungen können z.B. zur Beurteilung der Fähigkeit eines Lebensversicherers, seine Policen zu bedienen, eingesetzt werden. Sie beziehen sich dabei nicht auf den einzelnen Versicherungsvertrag, sondern sind generische Ratings für eine Klasse von Finanzinstrumenten. Vergleichbar mit Ratings für langfristige Schuldverschreibungen treffen die Versicherungsratings eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit und die Schwere einer Zahlungsstörung. Versicherungskonzerne refinanzieren sich oftmals über ihre Holdinggesellschaften mit Hilfe gerateter langfristiger Schuldverschreibungen.

Das Rating der langfristigen Schuldverschreibung als auch das Financial-Strength-Rating drücken die fundamentale Finanzkraft der Versicherung aus.[28]

Neben der Unterscheidung zwischen Produkt- und Unternehmensrating formuliert Farny zum Thema Rating, dass Ratings in der Versicherungswirtschaft das Ziel verfolgen, Trägern von Entscheidungen bei der Erlangung zweckmäßiger Entscheidungseffizienz zu unterstützen.[29]

Produktratings werden beispielsweise für Versicherungsprodukte erteilt. Diese Ratings umfassen sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte und beschränken sich nicht nur auf die Frage der Zahlungsfähigkeit einer Versicherungsgesellschaft.[30]

Das Versicherungsrating sollte allerdings nicht nur die fundamentale Finanzkraft der Versicherungsunternehmungen beurteilen, sondern eine Gesamtqualität der Versicherer erlauben. Es kann also das Versicherungsrating durch Symbole, einer ordinalen Ratingskala ausgedrückte Meinung über die Qualität von Versicherungsunternehmungen, beschrieben werden.[31]

Als eine Information, die der Unterstützung ökonomischer Entscheidungen dient, hat ein Rating die Voraussetzungen betriebswirtschaftlich zweckmäßiger Informationsbereitstellung durch Dritte zu erfüllen. Die Anforderungen an Ratings in der Versicherungswirtschaft bestehen im Wesentlichen aus folgenden Punkten:[32]

- Problemadäquanz
- Nachvollziehbarkeit
- Genauigkeit und Aktualität
- Wirtschaftlichkeit
- Unabhängigkeit der Ratingagentur.

2.3 Rating Symbole und ihre Bedeutung

Das Wesen des Rating wäre nicht vollständig dargestellt, wenn nach den Definitionen nicht auch noch die Ratingsymbole kurz dargestellt würden. Das Rating konkretisiert sich in den Ratingsymbolen, die ihren informativen Charakter durch die Zuordnung von Informationen erhalten. Erst die Verknüpfung eines bestimmten Finanztitels mit einem bestimmten Symbol sowie der dazugehörigen Definition gibt dem jeweiligen Benutzer eine Information und gegebenenfalls auch eine Entscheidungshilfe. Die Ratingsymbole sind von den Agenturen gewählt und in ihrer Symbolik entsprechend vielfältig.[33]

Das Rating erlaubt jedermann eine schnelle Beurteilung der Solvenz eines Unternehmens. Zwischen Ratings und Ausfallwahrscheinlichkeit besteht eine eindeutige Beziehung. Im Unterschied zu interpretationsbedürftigen Jahresabschlüssen erschließt sich durch ein Rating für jeden Geldanleger die für ihn zentrale Information durch das bloße Verständnis der Ratingskala und das für ein Unternehmen verfügbare Rating.

Einem Ratingsymbol kann nicht einfach eine bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet werden, jedes Ratingsymbol transportiert vielmehr einen „Datenraum“. Geübte Investoren verknüpfen mit einem Rating eine genaue Vorstellung über die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Adresse in einem Jahr, in zwei Jahren, in fünf Jahren, in zehn Jahren etc. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto höher das kumulierte Risiko.

Zu beachten ist auch, dass ein Rating im Zeitablauf herauf- oder herabgestuft werden kann und sich Veränderungen anpasst. Speziell für bankinterne Ratings wird eine sog . „Master Scale“ diskutiert, die Intervalle von Ausfallhäufigkeiten für eine acht- bis zehnstufige Skala vorgibt.

Ratings sind über alle Sprach- und kulturellen Barrieren hinweg kommunizierbar und finden in den unterschiedlichsten Rechtskreisen gleichermaßen Beachtung. Ratings können sich aber auch generell auf die Bonität einer Adresse beziehen und sind damit als Synonym des Kreditstandings eines Unternehmens zu sehen.[34]

Wie in Abbildung 2 ersichtlich ist, geht die international gängige und etablierte Notation von AAA bis D. Gute Bonität wird dabei mit den Kategorien AAA, AA, A und BBB gekennzeichnet. Während in den oberen Kategorien die Qualitäten sehr dicht beieinander liegen, bestehen in den unteren Abstufungen große Unterschiede.[35]

Ein mit A eingestuftes Unternehmen ist im Vergleich zu Unternehmen in den höheren Kategorien wesentlich empfindlicher gegenüber Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Einstufungen BB, B, CCC, CC und C stehen für risikoreichere Anlageformen. Solche Unternehmungen haben durchaus Gläubigerschutzmaßnahmen getroffen und verfügen über eine gewisse finanzwirtschaftliche Leistungskraft, diese können sich jedoch im Falle von Verschlechterungen der Bedingungen des gerateten Unternehmens als unzureichend erweisen.[36]

Insolvente Kapitalnehmer erhalten die Bewertung D (SD).[37]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die wichtigsten Rating Symbole und ihre Bedeutung.

Quelle: Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 3, S. 7 f.

2.4 Arten von Ratings

- Emissions- versus Emittenten-Rating

Ein Rating kann sich entweder auf einen definierten Finanztitel (Emissions-Rating) oder allgemein auf die Wertung der Bonität eines Schuldners (Emittenten-Rating) beziehen.[38]

Eine Ratingagentur ratet also sowohl das Unternehmen als auch die jeweilige Kapitalmarkttransaktion. Emittenten-Ratings werden durch ganzheitliche Analyse eines Unternehmens ermittelt und bilden die Grundlage eines Emissions-Ratings. Durch zusätzliche Aspekte, wie Laufzeit, Rang und Sicherheiten können diese beiden Ratings voneinander abweichen.[39]

Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Emissions-Rating und Emittenten-Rating wir in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Einerseits wird die Wichtigkeit der Unterscheidung herausgestrichen, anderseits wird konstatiert, dass Ratings nur bestimmten Emissionen zugeordnet werden und nicht zur allgemeinen Bewertung eines Emittenten dienen.[40]

- Langfristiges versus kurzfristiges Rating

Im Bereich des Emissions-Ratings unterscheidet man zudem zwischen langfristigem und kurzfristigem Rating.[41]

Kurzfristige Ratings (Commercial Paper Rating, Short Term Rating)[42] beziehen sich zumeist auf Wertpapiere mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr. Kurzfristige Ratings werden mit einer verkürzten Ratingskala symbolisiert, da eine feinere Differenzierung der Bonität auf kurze Sicht kaum möglich erscheint.

Als langfristiges Rating (Bond Rating, Long Term Rating)[43] bezeichnet man alle Emittenten-Ratings und Emissions-Rating mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr.

- Solicited versus unsolicited Rating

Ein Solicited Rating unterscheidet sich von einem Unsolicited Rating[44] durch die Mandatierung. Im Regelfall beauftragt der Emittent die Rating Agentur mit der Erstellung eines Ratings (Solicited Rating). Ein Rating ohne Mitwirken des Emittenten, also ausschließlich im Anlegerinteresse, beispielsweise auf Grund einer Anfrage eines Investors, wird als Unsolicited Rating bezeichnet.[45] Bei diesen sog. unfreiwilligen Ratings verkürzt sich der Analyseprozess (Analyse der qualitativen und quantitativen Aspekte des Unternehmens) erheblich, da kein Kontakt zum gerateten Unternehmen aufgebaut wird, weshalb sich die Analyse in der Regel auf bereits veröffentlichte Informationen beschränkt. Daraus wird öfters eine geringere Qualität der unsolicited Ratings abgeleitet.[46]

- Debt-Rating versus Equity-Rating

Während Debt-Ratings auf Fremdkapitalinstrumente ausgerichtet sind, zielen Equity-Ratings auf die Bewertung von Eigenkapitaltiteln ab. Das Debt-Rating konzentriert sich auf die Beurteilung der Bonität eines Unternehmens im Sinne einer Kreditvergabe und hat deshalb ein andres Ziel als das Equity-Rating.[47]

- Unternehmensrating versus Mittelstandrating

Im Grunde eine Erfindung im Zusammenhang mit der Neugründung von Ratingagenturen. Die Begriffe Unternehmensrating und Emittenten-Rating dürften wohl synonym sein.

Hinsichtlich des Begriffs Mittelstandrating ist eine genaue Definition, wie allgemein bei dem Begriff „Mittelstand“, nicht möglich, da es zu viele Interpretationsansätze geben kann, die vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters auch sinnvoll und richtig sein können. Soweit in Zukunft auch mittelständische Unternehmen unter der Annahme, dass die Fremdfinanzierung über den Kapitalmarkt oder kurzfristigen Papieren von Interesse sein wird, wird es für Ratingagenturen neue Ansatzpunkte geben. Dies gilt auch für mittelständische Unternehmen, die sich zur Vorbereitung auf die Börse einem Rating unterziehen. Es stellt sich die Frage, inwieweit Mittelstandratings sich von den Ratings der amerikanischen Marktführer unterscheiden werden. Sie müssen auf jeden Fall sachgerecht sein und die Besonderheiten des Mittelstandes berücksichtigen, z.B. die Integration von Management und Gesellschafterkreis sowie die gegebene, häufig starke Einbindung in bestehende Wertschöpfungsketten. Unternehmens- und Mittelstandratings haben letztendlich wie jedes Rating das Ziel, zuverlässige und statistisch valide Ausfallwahrscheinlichkeiten zu begründen.[48]

2.5 Komponenten des Rating, Ratingskalen und Ratingysteme

Die weite Fassung des Ratings legt eine Unterscheidung zwischen einer prozessualen und einer taxonomischen Komponente fest. Als prozessuale Komponente des Rating wird das Ratingverfahren angesprochen, welches die praktischen Schritte zur Ermittlung eines Rating umfasst.[49] „Das Verständnis des Ratingverfahrens ist für die Beurteilung des möglichen Aussagegehalts des Rating von elementarer Bedeutung“.[50] Das Ratingverfahren beschreibt den Erstellungsprozess von Ratings, und entspricht dem Ablauf der Ermittlung eines Ratings. Es stellt allgemein ein Bewertungsverfahren dar und kann in zwei Subverfahren unterteilt werden, nämlich die Bewertungsvorbereitung und die Bewertungsdurchführung.[51] Die Struktur des Ratingverfahrens ist für die Ablauforganisation des Ratingprozesses bestimmend.[52]

Das Ratingsystem, für das die Verknüpfung von Ratingkriterien mit Ratingurteilen konstitutiv ist, wird als taxonomische Komponente bezeichnet. Eine Differenzierung zwischen den beiden Komponenten erlaubt eine getrennte Untersuchung des Verfahrens und der für die Klassifikation entscheidenden Ratingkriterien. Varianten des Rating durch Ratingagenturen ergeben sich durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten von Gestaltungsformen des Ratingsystems und des Ratingverfahrens.[53]

Die Determinanten der Entscheidung über ein Rating ergeben sich jedoch weniger aus der prozessualen Komponente, sondern vielmehr aus der taxonomischen. Mit Ratingsystemen sind die inhaltlichen Bausteine der Entscheidungsfindung gemeint. Wichtigstes Element der Ratingsysteme sind die sogenannten Ratingkriterien. Die Ratingkriterien sind die Prüfsteine, an denen die Unternehmungen zu messen sind.[54]

Konzeptionen der Gestaltung eines Ratingsystems könnten noch in qualitative und quantitative Ratingsysteme unterschieden werden.[55]

Quantitative Ratingsysteme basieren auf einer modellhaften Verbindung der als relevant erachteten, objektiv quantifizierbaren Ratingdeterminanten in einem formalisierten Klassifikationsverfahren. Dagegen wird durch die Verwendung von qualitativen Ratingsystemen das Ziel verfolgt, Ratingkriterien zu berücksichtigen, die nur bedingt objektivierbar und quantifizierbar sind.[56]

Wesentliche Elemente von Ratingsystemen sind weiters die Skalen und die bereits erwähnten Symbole, die die Klassifizierungen zum Ausdruck bringen. Dabei geht die Symbolik der heute gebräuchlichen Rating-Skala auf den bekannten John Moody zurück, die sich wie eine Sprache im Finanzwesen zur Verständigung verbreitet haben. Bei den Rating-Klassen nach Moody's, Standard & Poor's sowie Fitch wird in Investmentgrade und Non-Investmentgrade Ratings unterschieden.

Non-Investmentgrade Ratings weisen definitionsgemäß spekulative Elemente auf, so dass das Risiko deutlich höher ist.[57]

Versicherungen z.B. dürfen nur in Investmentgrade geratete Finanzanlagen investieren.[58] Abbildung zeigt 3 nun die Rating-Skalen von Moody´s and Standard & Poor´s, welche eine Einteilung der erwähnten Rating-Klassen erkennen läßt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Rating-Skalen von Moody´s and Standard & Poor´s.

Quelle: Vgl. http://www.hvb-rating-advisory.de/973.htm (vom 18.07.2002).

2.5.1 Ratinganalysen

Die Schwerpunkte einer Ratinganalyse eines industriellen Emittenten vollziehen sich regelmäßig nach dem Schema eines „Top-Down“ Ansatzes, wobei zunächst die Analyse der Risiken des Herkunftslandes, anschließend die Branchen- und Unternehmensanalyse und schließlich die Analyse titelspezifischer Risiken durchgeführt wird. Das Länderrisiko besteht in der Gefahr einer politischen oder wirtschaftlichen Instabilität des Staates. Es ist hier zu prüfen, ob es zu möglichen Zahlungsschwierigkeiten z.B. auf Grund von Devisenmangel kommen kann. Der nächste Schritt der Analyse betrifft das Branchenrisiko des zu betrachtenden Emittenten. Schwerpunkte der Beurteilung sind die spezifischen Zukunftsperspektiven der Branche sowie etwaige Konkurrenzsituationen.[59]

Weiters wird das Unternehmensrisiko untersucht, wobei Ratinganalysen sich hier jeweils an quantitativen (Eigenkapitalausstattung, Bilanzstruktur, Liquidität, Cash Flow, Rentabilität) bzw. qualitativen (Beurteilung der Managementqualität, Qualität des Kreditrisikomanagements, Innovationsfähigkeit, Strategie) Faktoren orientieren (siehe auch Kapitel 2.7).[60]

Die letzte Stufe des Analyseprozesses stellt die Untersuchung der titelspezifischen Einflußgrößen des Bonitätsrisikos dar. Neben Kündigungsrechten werden hier die Sicherungseigenschaften eventuell vorhandener Besicherungen, Garantien oder Grundpfandrechte analysiert. Die Sicherungssysteme sind insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet sind, die pünktliche Zahlung von Schulden und Zinsen zu ermöglichen, um so eine Verbesserung des Rating zu erreichen.[61]

2.5.2 Der Ratingprozess

Beim idealtypischen Ablauf des Ratingprozesses folgt der Mandatierung durch das Unternehmen ein Vorgespräch mit der Ratingagentur. In diesem wird dem zu ratenden Unternehmen mitgeteilt, welche Unterlagen die Ratingagentur für ihre Analyse benötigt. Häufig wird auch bereits eine mögliche Schwerpunktsetzung für das Rating-Hauptgespräch behandelt. Daraufhin stellt der Emittent die angeforderten Unterlagen zu einem Rating-Handbook zusammen und übermittelt dieses der Agentur mindestens zwei Wochen vor dem Management Meeting. Das Rating-Hauptgespräch dauert in der Regel einen bis zwei Tage, und es stellt für die Agentur ein wesentliches Instrument zur Beurteilung des Managements dar.[62]

„Gegenstand des Hauptgespräches sind vorwiegend qualitative Fragestellungen bezüglich der Realisierbarkeit der Unternehmensstrategien und genereller zukünftiger Erfolgspotentiale.“[63]

Im Anschluss an dieses Rating-Hauptgespräch analysiert die Ratingagentur innerhalb eines Zeitraums von zwei bis vier Wochen die gewonnenen Informationen. Das Rating wird dann, sofern der Emittent zustimmt, innerhalb von 24 Stunden nach dem Fällen der Entscheidung durch die Ratingagentur kommuniziert. Sollte das geratete Unternehmen den Eindruck gewinnen, dass die Agentur wichtige Aspekte übersehen oder falsch beurteilt hat, besteht die Möglichkeit einer Überprüfung. Wenn das Unternehmen letztendlich keine Zustimmung zur Veröffentlichung gibt, erfährt die Öffentlichkeit von keinem Ergebnis.[64]

Mit dem Rating- Ergebnis ist das Verfahren für beide Parteien noch nicht beendet. Nun beginnt die Phase der Überwachung und Pflege des Rating-Ergebnisses. Dies geschieht durch ständige Markt- und Branchenbeobachtung.

Immer wenn wesentliche Veränderungen beim Unternehmen selbst, in der Region oder Branche auftreten, wird das Rating neu überprüft. Folgt ein Anlass zu einer veränderten Klassifizierung, leitet die Ratingagentur ein Überprüfungsverfahren ein. Am Ende des Überprüfungsverfahrens steht dann eine Bestätigung, Aufstufung (upgrading) oder Herabstufung (downgrading).[65]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zeitlicher Ablauf des Ratingverfahrens.

Quelle: Vgl. http://www.hvb-rating-advisory.de/263.htm (vom 13.08.2002).

2.6 Bankinternes versus externes Rating

Wichtig erscheint im Zusammenhang mit dem Thema Rating und der Entwicklung von Basel II immer die Trennung zwischen bankinternem Rating und externem Rating durch eine Ratingagentur. Es ist zu bemerken, dass ein Rating von einer kommerziellen Ratingagentur mit erheblichen Kosten verbunden ist, und daher bis heute gerade für Mittelständer kein Thema war.

[...]


[1] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 10.

[2] Vgl. o. V. (Eigenkapitalknappheit), S. 17.

[3] Vgl. id Unternehmensberatung Kuba & Brunk (Hrsg.), (Basel II), S. 2 f.

[4] Vgl. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), (Basel II), S. 15.

[5] Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 3.2.2, S. 10.

[6] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 57 f.

[7] Vgl. ebenda, S. 119 f.

[8] Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 3.2.2, S. 6.

[9] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 9 f.

[10] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 56.

[11] Rüsberg, Lars (Banken Rating), S. 6.

[12] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 11.

[13] Vgl. Sönnichsen, Christoph (Rating-Systeme), S. 103 f.

[14] Vgl. Everling, Oliver (Credit Rating), S. 19 f.

[15] Vgl. Sönnichsen, Christoph (Rating-Systeme), S. 104.

[16] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 11.

[17] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 6.

[18] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingbedeutung.htm (vom 24.07.2002).

[19] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 8.

[20] Vgl. ebenda, S. 10.

[21] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingbedeutung.htm (vom 06.08.2002).

[22] Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 3.2.1, S. 6.

[23] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 7 ff.

[24] Vgl. Hoffmann, Peter (Bonitätsbeurteilung), S. 17.

[25] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 15.

[26] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 11.

[27] Vgl. Mattern, Erhard (Kreditgeschäft), S. 374.

[28] Vgl. Berblinger (Marktakzeptanz), S. 41 ff.

[29] Vgl. Tuma Ursula (Erstversicherer), S. 6 f.

[30] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingbedeutung.htm (vom 24.07.2002).

[31] Vgl. Everling, Oliver (Versicherungen), S. 202.

[32] Vgl. Sönnichsen, Christoph (Rating-Systeme), S. 148.

[33] Vgl. Everling, Oliver (Credit Rating), S. 37.

[34] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingsymbole.htm (vom 24.07.2002).

[35] Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 3.2.1, S. 6 f.

[36] Vgl. Everling, Oliver (Rating), S. 15.

[37] das Symbol D steht für default (selective default).

[38] Vgl. DelMestre, Guido (Rating-Leitfaden), S. 11.

[39] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 6.

[40] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 18.

[41] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 6.

[42] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 18.

[43] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 18.

[44] Im Gegensatz zur USA ist die Erstellung eines Unsolicited Ratings in Deutschland unüblich.

[45] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 7.

[46] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 31.

[47] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingbegriffe.htm (vom 03.08.2002).

[48] Vgl. http://www.atevis.com/r2/rating/rating_info/ratingbegriffe.htm (vom 23.07.2002)

[49] Vgl. Everling, Oliver (Credit Rating), S. 26.

[50] ebenda, S. 107.

[51] Vgl. Sönnichsen, Christoph (Rating-Systeme), S. 215.

[52] Vgl. Everling, Oliver (Ratingagenturen), S. 156.

[53] Vgl. Everling, Oliver (Credit Rating), S. 27.

[54] Vgl. ebenda, S. 124.

[55] Vgl. Sartorius-Thalborn, Stephan (Das Rating von Versicherungsunternehmungen), S. 54.

[56] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 24 ff.

[57] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 16.

[58] Vgl. ebenda, S. 19.

[59] Vgl. Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 26 ff.

[60] Vgl. ten Brink, Manfred (Ratingverfahren), S. 282 ff.

[61] Vgl. Heinke, Volker(Bonitätsrisiko), S. 30.

[62] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 17.

[63] Heinke, Volker (Bonitätsrisiko), S. 32.

[64] Vgl. HVB (Hrsg.), (Rating Advisory), S. 17.

[65] Vgl. Braun, Peter (Rating-Leitfaden), Band I, Kapitel 4.2, S. 5.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832467005
ISBN (Paperback)
9783838667003
DOI
10.3239/9783832467005
Dateigröße
1008 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – unbekannt, Versicherungswirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (April)
Note
1,0
Schlagworte
rating bank zahlungsausgleich basler eigenkapitalvereinbarung säulen mindesteigenkapitalanforderungen marktdisziplin
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Titel: Finanzwirtschaftliche Auswirkungen des Basler II Abkommens auf Banken und mittelständische Unternehmen
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