Lade Inhalt...

Krisenmanagement und -kommunikation im Tourismus

Öffentlichkeitsarbeit in Ausnahmesituation

©2002 Diplomarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Krisen im Tourismus – besonders nach den jüngsten Terroranschlägen auf Bali wieder ein hochaktuelles Thema. Urlaub hat für die meisten Menschen einen besonderen Stellenwert, doch die „schönsten Wochen des Jahres“ verlaufen für Reisende nicht immer so, wie sie es sich vorstellen:
Die Bombenexplosion auf Djerba, bei der hauptsächlich deutsche Touristen ums Leben kamen, der Unfall des ICE in Eschede, die Brandkatastrophe in einer Seilbahn in Kaprun, das Lawinenunglück von Galtür, die drohende Ölverschmutzung nordspanischer Strände, die Havarie einer Hapag Lloyd-Maschine ohne Treibstoff, das Geiseldrama auf Jolo, der Absturz der Concorde...das Spektrum kleiner und großer Krisen, die die Tourismusindustrie beeinflussen, ist groß.
Doch wie gehen Unternehmen damit um? Sind sie vorbereitet? Welche Sofortmaßnahmen werden in solchen Situationen getroffen? Welche Auswirkungen haben sie? Welche Anforderungen werden an ein Unternehmen gestellt? Mit welchen Strategien können Krisen überwunden werden? Diese und weitere Fragen soll die nachfolgende Arbeit beantworten. Denn eines ist sicher: Die nächste Krise kommt bestimmt.
Besonders die Ereignisse des 11. Septembers 2001 haben die westliche Welt wachgerüttelt und nicht nur im Tourismus die Sensibilität für unverhofft eintretende Katastrophen geweckt. Mir haben die Terroranschläge für die vorliegende Arbeit den ersten Denkanstoß gegeben, die Auswirkungen vor allem auf die Tourismusbranche näher zu untersuchen. Daraus entwickelte sich die Idee, aufzuzeigen, wie touristische Unternehmen mit Krisen umgehen, welche Erfolgspotenziale zur Bewältigung genutzt werden können und welche Bedeutung ein langfristig angelegtes Krisenmanagement darin hat. Dabei wurde deutlich, wie wichtig die Vorbereitung und Sensibilisierung für das Thema ist. In der Phase der Krisenbewältigung kommt insbesondere der Unternehmenskommunikation eine entscheidende Rolle zu.
Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 3 Teile.
Im ersten Teil (Kapitel 2, 3 und 4) werden die Grundlagen der für die weiteren Ausführungen relevanten Themen der Krise und Öffentlichkeitsarbeit aufgezeigt. Kapitel 3 wirft dabei die Fragen auf, was Unternehmenskrisen sind, wie sie entstehen und welche Auswirkungen sie insbesondere auf den Tourismus haben. Das 4. Kapitel soll in das Thema der Public Relations einführen; die hierbei herausgearbeiteten Zielsetzungen, Instrumenten und Methoden sind bestimmend für die […]

Leseprobe

ID 6645
Stieler, Hendrikje: Krisenmanagement und -kommunikation im Tourismus -
Öffentlichkeitsarbeit in Ausnahmesituation
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: München, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

I Inhaltsverzeichnis
I
I.
Inhaltsverzeichnis
I. Inhaltsverzeichnis ...I
II. Abbildungsverzeichnis ... III
III. Abkürzungsverzeichnis ... IV
1.
Einleitung ...1
2.
Begriffsbestimmung ...3
2.1.
Definition Krise ...3
2.2.
Abgrenzung Konflikt ­ Krise ­ Katastrophe...4
2.3.
Definition Kommunikation...6
2.4.
Definition Public Relations ...7
3.
Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen ...9
3.1.
Eigenschaften von Krisen...9
3.2.
Ursachen...9
3.3.
Phasen von Krisenprozessen...10
3.4.
Wirkungen von Unternehmenskrisen...13
3.5.
Die Krise als Chance...14
3.6.
Krisen im Tourismus...15
3.6.1.
Naturkatastrophen ...16
3.6.2.
Politische und religiöse Unruhen ...18
3.6.3.
Terrorismus ...20
3.6.4.
Technische Unglücksfälle ...23
3.6.5.
Gefahren für die Gesundheit ...25
3.7.
Auswirkungen von Krisen auf das Reiseverhalten ...26
3.7.1.
Der Kaufentscheidungsprozess ...26
3.7.2.
Einflussfaktoren der Meinungsbildung ...28
3.7.3.
Die Rolle der Medien...29
3.7.4.
Fazit...30
3.8.
Rechtliche Betrachtung von Krisen...30
3.8.1.
KonTraG...30
3.8.2.
Reisevertragsrecht ...32
4.
Grundlagen der Public Relations...37
4.1.
Bedeutung, Aufgaben und Ziele der PR...37
4.2.
Instrumente der PR...39
4.3.
Zielgruppen ...40
4.4.
Kommunikation im Unternehmen...41
4.5.
Presse- und Medienarbeit ...42
4.5.1.
Instrumente der Pressearbeit ...43
4.5.2.
Die Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Medien...44
4.6.
Image, Corporate Identity und PR...46
4.7.
Exkurs: PR im Internet ...48
4.7.1.
Vorteile der Internet-PR...49
4.7.2.
Instrumente der Internet-PR...50
4.8.
Fazit...53

I Inhaltsverzeichnis
II
5.
Krisenmanagement ­ Handeln in Ausnahmesituationen ...54
5.1.
Krisenantizipation ...56
5.1.1.
Analyse der Krisenanfälligkeit ...57
5.1.2.
Szenario-Technik ...57
5.1.3.
Krisenplan ...58
5.1.4.
Krisenstab...59
5.1.5.
Krisenkommunikationsplan ...60
5.1.6.
Krisentraining...61
5.2.
Krisenprävention...61
5.3.
Krisenbewältigung ...63
5.4.
Krisennachbereitung...65
5.5.
Fazit...66
5.6.
Exkurs: Der Krisenmanager ­ Tätigkeiten und Berufsfeld ...67
6.
Krisenkommunikation...69
6.1.
Public Relations im Rahmen der Krisenprävention...70
6.2.
Kommunikation zur Krisenbewältigung ...73
6.2.1.
Interne Krisenkommunikation...74
6.2.2.
Instrumente der internen Krisenkommunikation...75
6.2.3.
Externe Krisenkommunikation ...78
6.2.4.
Instrumente der externen Krisenkommunikation...79
6.3.
Der Umgang mit den Medien in Krisenzeiten ...84
6.4.
Public Relations im Rahmen der Krisennachbereitung...85
6.5.
Exkurs: Krisenkommunikation nach Absturz einer Maschine der Lauda Air 87
6.6.
Fazit...88
7.
Fallbeispiele ...89
7.1.
Terroranschlag auf Bali ...89
7.1.1.
Maßnahmen der Tourismusindustrie...90
7.1.2.
Reaktionen des Auswärtigen Amtes ...91
7.1.3.
Folgen für die Tourismusindustrie ...92
7.1.4.
Fazit...93
7.2.
Der Flug Swissair 111 ...94
7.2.1.
Krisenmanagement bei der Swissair ...95
7.2.2.
Maßnahmen zur Betreuung der Angehörigen...95
7.2.3.
Kommunikative Maßnahmen...97
7.2.4.
Fazit...98
7.3.
Der 11. September 2001 ...98
7.3.1.
Auswirkungen auf die amerikanische Wirtschaft ...100
7.3.2.
Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft ...101
7.3.3.
Auswirkungen auf die Tourismusbranche ...102
7.3.4.
Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie ...104
7.3.5.
Fazit...107
8.
Schlusswort ...109
9. Anhang ...110
10.
Literatur- und Quellenverzeichnis...128

II Abbildungsverzeichnis
III
II.
Abbildungsverzeichnis
Tabellen:
Tabelle 1: Krisenursachen...10
Tabelle 2: Formen höherer Gewalt...34
Tabelle 3: Instrumente der PR...39
Abbildungen:
Abb. 1: Erscheinungsformen von Krisen...11
Abb. 2: Der Kaufentscheidungsprozess im Tourismus ...27
Abb. 3: Kommunikationsprozesse nach Lasswell ...41
Abb. 4: Zusammenhang zwischen Krisen und Krisenmanagement ...55
Abb. 5: Krisenverläufe mit und ohne Krisenplan ...59
Abb. 6: Krisenverlauf und Medienberichterstattung ...73

III Abkürzungsverzeichnis
IV
III.
Abkürzungsverzeichnis
Abb. ... Abbildung
Abs. ... Absatz
AG ... Amtsgericht
AktG ... Aktiengesetz
BGB ... Bürgerliches Gesetzbuch
d.h. ... das heißt
dimap ... das Institut für Markt- und Politikforschung
DRV ... Deutscher Reisebüro- und Reiseveranstalterverband e.V.
ETA ... Euzkadi Ta Azkatasuna (baskisch für ,,Baskenland und
Freiheit")
f. ... folgende
ff. ... fortfolgende
forsa ... Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen
FUR ... Forschungsgemeinschaft für Urlaub und Reisen
HGB ... Handelsgesetzbuch
Hrsg. ... Herausgeber
IATA ... International Air Transport Association
ICE ... Intercity-Express
i.V.m. ... in Verbindung mit
KonTraG ... Kontroll- und Transparenzgesetz
MEZ ... mitteleuropäische Zeit
n.Chr. ... nach Christus
o.ä. ... oder ähnliches
PR ... Public Relations
S. ... Seite
UN ... United Nations
UNO ... United Nations Organization
usw. ... und so weiter
uvm. ... und vieles mehr
vgl. ... vergleiche
WTO ... World Travel Organization
z.B. ... zum Beispiel

1 Einleitung
1
1.
Einleitung
Krisen im Tourismus ­ besonders nach den jüngsten Terroranschlägen auf Bali wieder
ein hochaktuelles Thema. Urlaub hat für die meisten Menschen einen besonderen
Stellenwert, doch die ,,schönsten Wochen des Jahres" verlaufen für Reisende nicht
immer so, wie sie es sich vorstellen:
Die Bombenexplosion auf Djerba, bei der hauptsächlich deutsche Touristen ums Leben
kamen, der Unfall des ICE in Eschede, die Brandkatastrophe in einer Seilbahn in
Kaprun, das Lawinenunglück von Galtür, die drohende Ölverschmutzung
nordspanischer Strände, die Havarie einer Hapag Lloyd-Maschine ohne Treibstoff, das
Geiseldrama auf Jolo, der Absturz der Concorde...das Spektrum kleiner und großer
Krisen, die die Tourismusindustrie beeinflussen, ist groß.
Doch wie gehen Unternehmen damit um? Sind sie vorbereitet? Welche
Sofortmaßnahmen werden in solchen Situationen getroffen? Welche Auswirkungen
haben sie? Welche Anforderungen werden an ein Unternehmen gestellt? Mit welchen
Strategien können Krisen überwunden werden? Diese und weitere Fragen soll die
nachfolgende Arbeit beantworten. Denn eines ist sicher: Die nächste Krise kommt
bestimmt.
Besonders die Ereignisse des 11. Septembers 2001 haben die westliche Welt
wachgerüttelt und nicht nur im Tourismus die Sensibilität für unverhofft eintretende
Katastrophen geweckt. Mir haben die Terroranschläge für die vorliegende Arbeit den
ersten Denkanstoß gegeben, die Auswirkungen vor allem auf die Tourismusbranche
näher zu untersuchen. Daraus entwickelte sich die Idee, aufzuzeigen, wie touristische
Unternehmen mit Krisen umgehen, welche Erfolgspotenziale zur Bewältigung genutzt
werden können und welche Bedeutung ein langfristig angelegtes Krisenmanagement
darin hat. Dabei wurde deutlich, wie wichtig die Vorbereitung und Sensibilisierung für
das Thema ist. In der Phase der Krisenbewältigung kommt insbesondere der
Unternehmenskommunikation eine entscheidende Rolle zu.

1 Einleitung
2
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in 3 Teile:
Im ersten Teil (Kapitel 2, 3 und 4) werden die Grundlagen der für die weiteren
Ausführungen relevanten Themen der Krise und Öffentlichkeitsarbeit aufgezeigt.
Kapitel 3 wirft dabei die Fragen auf, was Unternehmenskrisen sind, wie sie entstehe n
und welche Auswirkungen sie insbesondere auf den Tourismus haben. Das 4. Kapitel
soll in das Thema der Public Relations einführen; die hierbei herausgearbeiteten
Zielsetzungen, Instrumenten und Methoden sind bestimmend für die weiteren
Ausführungen des 6. Kapitels zur Krisenkommunikation.
Der zweite Teil, bestehend aus Kapitel 5 und 6, zeigt die Bedeutung des
Krisenmanagements für Unternehmungen. Aufbauend auf den einzelnen Phasen des
Krisenprozesses werden Instrumente und Strategien erklärt, die Unternehmen in
schwierigen Situationen zur Verfügung stehen. Daraus wird der Stellenwert der Public
Relations in Krisenzeiten deutlich, auf die im darauf folgenden Kapitel eingegangen
wird. Auch hier werden Instrumente und Strategien aufgezeigt, die sich nahtlos an die
Prozesse des Krisenmanagements anreihen.
Der sich daran anschließende dritte Teil der Arbeit soll anhand von Fallbeispielen
erklären, wie Krisenmanagement in der Praxis funktioniert, welche Erfolgsfaktoren zur
Bewältigung beitragen können und welche Auswirkungen Krisen auf die Branche
hatten.
Bei der Erstellung dieser Arbeit habe ich mich bemüht, die Regeln der neuen deutschen
Rechtschreibung anzuwenden.
An dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei Herrn Mario Köpers, Leiter der
Unternehmenskommunikation der TUI AG, für das sehr informative und
aufschlussreiche Gespräch bedanken, das mir einen Einblick in die Praxis des
Krisenmanagements und der Kommunikation in Krisenzeiten gegeben hat.
Ebenso danke ich Frau Christine Kreppold, Vertriebsleiterin der TUI Verkaufsleitung
München, für die umfangreiche Unterstützung und Bereitstellung von
Informationsmaterial.
Für die fachliche Betreuung möchte ich Prof. Dr. Eberhard danken.

2 Begriffsbestimmung
3
2.
Begriffsbestimmung
2.1.
Definition Krise
Der Begriff Krise ist griechischen Ursprungs und meinte ursprünglich den Bruch einer
bis dahin kontinuierlichen Entwicklung.
1
Er wird wie folgt definiert:
Krise (von griechisch krisis: entscheidende Wendung einer Krankheit, Urteil),
Höhepunkt einer problematischen Entwicklung, die mit herkömmlichen Mitteln nicht zu
bewältigen ist und die als aufgezwungene Herausforderung den Weg offen lässt für
einen negativen wie positiven Ausgang.
2
Krisen bezeichnen heutzutage gefährliche, existenzbedrohende Situationen bzw. die
Wende oder den Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung.
Das chinesische Schriftzeichen für Krise setzt sich aus den beiden Schriftzeichen für
Gefahr und Chance zusammen:
Anhand der Bedeutung dieser Zeichen lässt sich der wesentliche Aspekt der
Krisentheorie darstellen ­ Krisen können als Übergangsperioden beschrieben werden,
die für Menschen oder Unternehmungen mit der Gefahr erhöhter Anfälligkeit für
Störungen verbunden sind und gleichzeitig die Chance zu einem Neubeginn in sich
bergen.
In den Wirtschaftswissenschaften versteht man unter Krise den Moment, in dem eine
Hochkonjunktur umschlägt in eine Rezession mit Absatzproblemen, Abnahme des
1
Vgl. Krystek (1987), S. 3
2
,,Krise", Microsoft Encarta Enzyklopädie 2000
Gefahr
Chance

2 Begriffsbestimmung
4
Bruttosozialprodukts, steigender Arbeitslosigkeit, dem Fall der Profitrate und Ähnliches
mehr.
3
Die Definition von Ulrich Krystek hat Eingang in zahlreiche Wörterbücher gefunden.
Für ihn sind Unternehmenskrisen: ,,...ungeplante und ungewollte Prozesse von
begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalenten Ausgang. Sie sind in
der Lage, den Fortbestand der gesamten Unternehmung substantiell und nachhaltig zu
gefährden oder sogar unmöglich zu machen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung
bestimmter Ziele, deren Gefährdung oder sogar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit
einer nachhaltigen Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung der Unternehmung..."
4
2.2.
Abgrenzung Konflikt ­ Krise ­ Katastrophe
Die Vorstufe zu einer Krise ist der Konflikt. Der Begriff kommt von dem lateinischen
Wort confligere und bedeutet ganz allgemein so viel wie zusammenstoßen,
zusammenprallen. Konfliktsituationen entstehen, wenn eine der beteiligten Parteien
andere (widersprüchliche) Interessen vertritt. Ein interpersoneller Konflikt
charakterisiert sich also durch folgende Eigenschaften:
·
Vorhandensein von mindestens zwei Konfliktparteien
·
Unvereinbarkeit der Handlungstendenzen
·
Unvereinbarkeit des Verhaltens
Können die Beteiligten den Konflikt nicht lösen, kann es zu einer Krise kommen.
In der Literatur wird nach konfliktfreien und konfliktbedingten Krisen unterschieden.
Dabei sind konfliktbedingte Krisen die ,,...Folgen dysfunktionaler Konflikte..., wobei es
sich um nicht zu umgehende Konflikte ohne die Möglichkeit eines Interessenausgleichs
handeln muss..."
5
Was ein Konflikt und was eine Krise ist, wird oftmals nur durch den
Grad der öffentlichen Dramatisierung bestimmt.
3
,,Krise", Microsoft Encarta Enzyklopädie 2000
4
Krystek (1987), S. 6 f.
5
Röthig (1976), S. 14

2 Begriffsbestimmung
5
Die Abgrenzung zwischen Krise und Katastrophe erweist sich als einfacher. Der Begriff
Krise beinhaltet eine ,,starke Ambivalenz der Entwicklungsmöglichkeiten"
6
, dagegen
wird die Katastrophe als eine entscheidende Wendung zum Schlimmen mit
verheerendem (tödlichem) Ausgang verstanden.
Der Begriff Katastrophe ist ein weit auslegbarer und auch sehr subjektiver Begriff. Ein
Busunglück mit vielen Toten wird etwa in Indien, einem Land mit enormem
Bevölkerungswachstum, völlig anders in den Medien bewertet, als ein vergleichbares
Unglück in Deutschland. Das Wertesystem einer Nation ist also maßgeblich
bestimmend dafür, was überhaupt als Katastrophe bezeichnet wird. Bei einem Erdbeben
oder Vulkanausbruch sprechen die Wissenschaftler zunächst einmal von einem
Naturereignis. Zur Katastrophe werden diese Naturereignisse erst, wenn Menschen
direkt mit den Naturgewalten konfrontiert und bedroht werden.
,,Eine Katastrophe ist ein Ereignis, in Raum und Zeit konzentriert, bei dem eine
Gesellschaft einer schweren Gefährdung unterzogen wird und derartige Verluste an
Menschenleben oder materielle Schäden erleidet, dass die lokale gesellschaftliche
Struktur versagt und alle oder einige wesentliche Funktionen der Gesellschaft nicht
mehr erfüllt werden können."
7
Diese von einer Kommission der Vereinten Nationen eingeführte Definition einer
Katastrophe impliziert, dass die Betroffenen auf Hilfe von außerhalb angewiesen sind.
Hinsichtlich ihrer Ursachen lassen sich zwei Arten von Katastrophen unterscheiden:
Naturkatastrophen (z.B. Erdbeben, Hochwasser, Vulkanausbrüche) und vom Menschen
verursachte Katastrophen (z.B. technische Störfälle, Feuer).
Bezogen auf die Unternehmung können Katastrophen als Ereignisse betrachtet werden,
deren zerstörerische Wirkungen sich gegen die Unternehmung richten und von ihr nicht
(mehr) abgewendet werden können. Sie enden mit der Vernichtung der Unternehmung
und schließen ihre Wiederherstellung in der alten Struktur, Ziel- und Zwecksetzung aus.
6
Krystek (1987), S. 9
7
http://www.marioschumann.de/geo25.htm (11.08.2002)

2 Begriffsbestimmung
6
Katastrophen können somit als äußerste Ausprägung von Unternehmenskrisen
verstanden werden, die als häufig unvorhersehbare und nicht abwendbare Krisen den
Fortbestand der Unternehmung unmöglich machen.
8
2.3.
Definition Kommunikation
Unter Kommunikation wird die ,,Übermittlung von Informationen und
Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen,
Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer
Zielsetzungen" verstanden.
9
Der Informationsaustausch kann sowohl zwischen
einzelnen Menschen oder Gruppen (Individualkommunikation) als auch zwischen
einzelnen Menschen/Gruppen und nachrichtenübermittelnden Medien
(Massenkommunikation) stattfinden.
Der Individualkommunikation wird eine größere Wirkung beigemessen, da bei dieser
meist verbalen Kommunikationsart ­ begleitet durch Mimik und Gestik ­ ein
gegenseitiger direkter Austausch von Informationen stattfindet. Dadurch gewinnt diese
Art der Kommunikation an Glaubwürdigkeit und erlaubt eine höhere
Informationsaufnahme, da sie der angesprochenen Person oder Gruppe ermöglicht,
direkt Rückfragen zu stellen.
Die Massenkommunikation dagegen ist eine indirekte und einseitige Kommunikation,
da ein Feedback nicht unmittelbar möglich ist.
Die Kommunikationspolitik ist neben der Produkt-, Preis- und Distributionspolitik ein
Instrument des Marketing-Mix von Unternehmen. Sie soll bei potentiellen Abnehmern
einen Einfluss auf die Kaufentscheidung und die Beurteilung der Produkte ausüben und
somit zur Erfüllung der Werbeziele des Unternehmens beitragen. Besonders im
Tourismus fällt der Kommunikationspolitik eine große Bedeutung zu, da die
touristische Dienstleistung immateriell ist und vor dem Kauf nicht ausprobiert werden
kann.
8
Vgl. Krystek (1987), S. 9
9
Bruhn (1997), S. 1

2 Begriffsbestimmung
7
Nach Weis gliedert sich die Kommunikationspolitik in folgende Bereiche:
10
·
Klassische Werbung
·
Direktwerbung (Direktmarketing)
·
Sponsoring
·
Product-Placement
·
Verkaufsförderung
·
Verkauf
·
Public Relations (einschließlich der Corporate Identity Politik)
Für diese Arbeit ist dabei vor allem der Bereich der Public Relations bedeutsam und soll
näher beleuchtet werden.
2.4.
Definition Public Relations
Unter Public Relations versteht man ,,Bemühungen von Unternehmen, Staat,
Kommunen und Organisationen, die darauf ausgerichtet sind, die Öffentlichkeit für die
eigenen Arbeiten und Ziele zu interessieren, ein eigenständiges und positives Image zu
gestalten und Vertrauen zu schaffen."
11
Der Begriff kommt aus dem Englischen und kann mit ,,Beziehungen zur Öffentlichkeit"
übersetzt werden. Im deutschen Sprachgebrauch werden oft gleichbedeutend das Wort
,,Öffentlichkeitsarbeit" oder die Abkürzung ,,PR" verwendet.
Neben der Werbung gehört die Öffentlichkeitsarbeit zu den kommunikativen
Instrumenten eines Unternehmens. Zu den allgemeinen Aufgaben der Public Relations
zählen
·
der Aufbau eines Images
·
der Gewinn von Vertrauen
·
Information über Vorgänge und Entscheidungen im Unternehmen
·
das Abwehren von Angriffen und Beschuldigungen
·
die Geschäfts- und Absatzförderung
12
10
Weis (1997), S. 363
11
,,Public Relations", Microsoft Encarta Enzyklopädie 2000
12
Jung in: Gareis (1994), S. 219

2 Begriffsbestimmung
8
Für weitere Ausführungen zu diesem Thema soll an dieser Stelle auf Kapitel 4
verwiesen werden.

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
9
3.
Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
3.1.
Eigenschaften von Krisen
Wird in dieser Arbeit von Krisen gesprochen, dann sind Störungen im Betriebsablauf
von Unternehmungen gemeint (Unternehmenskrisen). Damit Krisen frühzeitig erkannt
werden, ist es sinnvoll, sich zunächst einmal ihre allgemeinen Eigenschaften zu
verinnerlichen. Dieter Herbst charakterisiert sie folgendermaßen: Krisen
·
sind ungeplant und ungewollt,
·
bedrohen die Unternehmensziele und bergen die Gefahr eines großen Schadens,
·
sind einzigartig und nicht vergleichbar,
·
sind sehr dynamisch, sie verlaufen nicht nach einem festen Schema und sind
kaum zu kontrollieren,
·
haben einen offenen Ausgang,
·
sind zeitlich befristet und
·
häufig sehr komplex.
13
Bei Axel Dreyer ist nachzulesen, dass die betroffenen Unternehmen oftmals unter einem
erheblichen Zeitdruck stehen, wodurch in der Folge ein starker Entscheidungs- und
Handlungszwang entsteht. Das Unternehmen kann bestimmte Ereignisse nur begrenzt
beeinflussen und es herrscht anfangs ein Informationsdefizit. Demgegenüber besteht ein
erheblicher Informationsbedarf bei den betroffenen Personen. Dadurch kommt ein
hohes Maß an Unsicherheit auf.
14
3.2.
Ursachen
Jede Krise ist anders ­ auch die Ursachen lassen sich nicht pauschalisieren, sondern
unterscheiden sich von Fall zu Fall zum Teil erheblich. Krisen haben zumeist nicht nur
einen, sondern mehrere Auslöser gleichzeitig. Krisenursachen sind immer auch
Ausdruck der jeweiligen politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen
Situation. Ökologisches Bewusstsein, Globalisierung, offene Grenzen,
13
Herbst (1999), S. 2
14
Vgl. Dreyer (2001), S. 4

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
10
Produktionsverlagerungen und Fusionen sind nur einige Entwicklungen, die
beträchtliches Konflikt- und Krisenpotential für Unternehmen in sich bergen. Krisen
entstehen von innen und von außen. Exogene, also von außerhalb des Unternehmens
wirkende Ursachen, können oftmals nicht direkt beeinflusst werden, wohingegen sich
die Organisation auf interne Krisen vorbereiten kann. Voraussetzung hierfür ist die
Kenntnis möglicher Ursachen. Folgendes Schema soll die wichtigsten allgemeinen
Krisenursachen übersichtlich darstellen:
Exogene Krisenursachen
Endogene Krisenursachen
-
Konjunkturrückgang
-
Marktveränderungen
-
Politische Spannungen und Kriege
-
Neue Gesetze und Verordnungen
-
Terroranschläge oder -drohungen
-
Entführung/ Erpressung
-
Naturereignisse
-
Technologieveränderungen
-
Staatliche Eingriffe
-
Angriffe auf die EDV
-
Produktfehler
-
Führungsfehler
-
Störfälle/ Unglücke
-
Streiks
-
Stilllegungen/ Verkäufe
-
Schlechtes Betriebsklima
-
Liquiditätsprobleme
-
Qualifikationsmangel beim Personal
-
Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen
-
Korruption
Tabelle 1: Krisenursachen
Speziell im Tourismus gibt es darüber hinaus noch andere exogene Faktoren, die vor
allem im Zielgebiet auftreten und zu einer Krise führen können. Dazu zählen
Naturkatastrophen, politische Unruhen, Gesundheitsgefahren oder Gefahren während
der Reise, wie z.B. Flugzeugentführungen. Soziokulturelle Unterschiede zwischen
Einheimischen und Touristen, besonders das große Gefälle zwischen Arm und Reich in
den Dritte-Welt-Ländern, führen oftmals zu Spannungen oder Gewalttaten. Die
Auslöser für endogen induzierte Krisen im Tourismus stimmen mit den oben genannten
allgemeinen Ursachen weitgehend überein.
3.3.
Phasen von Krisenprozessen
Alle Krisen in Wirtschaftsunternehmen haben gemeinsam, dass sie das Rückgrat des
Unternehmens durch ein oder mehrere Ereignisse kritisch treffen. Dies kann sich
überraschend, schleichend oder in Wellen vollziehen, was untenstehende Abbildung
verdeutlichen soll. Bei Überraschungskrisen (z.B. Flugzeugabsturz) ist die Intensität der

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
11
Wirkung auf die Öffentlichkeit innerhalb kürzester Zeit extrem hoch, während sie sich
bei den anderen Formen langsam entwickelt.
Abb. 1: Erscheinungsformen von Krisen
Die Unternehmenskrise ist ein zeitlich begrenzter Prozess, der einer spezifischen
Entwicklung unterliegt. Um diesen Prozess zu verdeutlichen und um mögliche
Ansatzpunkte für eine Krisenvermeidung und ­bewältigung zu gewinnen, ist es
sinnvoll, den Verlauf einer Krise in vier verschiedene, zeitlich nicht begrenzte Phasen
zu unterteilen.
15
1. Potentielle Unternehmenskrise
In dieser Phase sind Krisen noch nicht vorhanden, aber ein Auftreten ist möglich. Das
Unternehmen befindet sich also im Normalzustand, Krisensymptome sind nicht
wahrnehmbar, können aber in dieser Phase entstehen. Das bedeutet, dass es vor allem
hier besonders wichtig ist, mögliche Krisenherde zu erkennen, denn zu diesem
Zeitpunkt kann der Verlauf der Krise durch die Ergreifung sofortiger Maßnahmen noch
gesteuert werden. An dieser Stelle setzt also das antizipative Krisenmanagement ein.
16
15
Vgl. Krystek (1987), S. 29 ff.
16
Vgl. dazu Kapitel 5.1.
überraschend
auftretende Krise
schleichende Krise
wellenförmig
auftretende Krise
Zeit
Öffentliches Interesse

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
12
2. Latente Unternehmenskrise
Bei der latenten Unternehmenskrise handelt es sich um eine bereits vorhandene, aber
noch nicht direkt nachweisbare Krise. Erste Krisenauswirkungen sind bemerkbar und
können mit Indikatoren der Krisenfrüherkennung, die hier einsetzt, nachgewiesen
werden. Die Unternehmung hat in diesem Stadium noch zahlreiche
Handlungsmöglichkeiten, die Krise abzuwenden und es besteht noch kein akuter
Entscheidungszwang. Wird die latente Unternehmenskrise jedoch nicht
wahrgenommen, kann sie sich rasch zu einer akuten Krise entwickeln.
3. Akut/ beherrschbare Krise
In der dritten Phase des Krisenprozesses werden Krisenanzeichen erstmals direkt
wahrgenommen, verstärken sich zunehmend und ihre zerstörerische Wirkung wird
erkennbar. Je mehr Zeit verstreicht, desto höher werden die Anforderungen an eine
Krisenbewältigungsstrategie und der Entscheidungs- und Handlungszwang seitens der
Unternehmensführung wächst. Werden geeignete Maßnahmen zur Krisenbewältigung
ergriffen, dann ist es durchaus möglich, die Krise in dieser Phase noch abzuwenden und
eine Weiterentwicklung (Eigendynamik) zu verhindern, denn das Bewältigungspotential
dafür ist in diesem Stadium noch vorhanden.
4. Akut/ nicht beherrschbare Krise
Diese vierte und letzte Phase tritt dann ein, wenn es nicht möglich ist, die akute
Unternehmenskrise zu beherrschen,
da der Zeitdruck zunimmt und
Handlungsmöglichkeiten wegfallen. Das Geschehen gerät außer Kontrolle, die
destruktiven Wirkungen intensivieren sich und das Überleben des Unternehmens kann
nicht gesichert werden. Die Anforderungen zur Bewältigung der Krise übersteigen die
eigenen Möglichkeiten und der Untergang der Unternehmung ist wahrscheinlich.
Die hier gezeigte Einteilung der Phasen des Krisenprozesses ist keinesfalls generell auf
jede Krise übertragbar, denn wie schon bei den Eigenschaften von Krisen erörtert
wurde, sind Krisen nicht miteinander vergleichbar. Jede Krise verläuft anders und
durchläuft nicht zwingend jede einzelne der vier hier dargestellten Phasen. Durch

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
13
Früherkennungsindikatoren sowie geeignete Maßnahmen zur Krisenvermeidung können
Krisen vor dem Eintritt in die akute Phase abgewendet werden, umgekehrt gibt es auch
Überraschungskrisen, die im Extremfall erst in der vierten Phase beginnen. Es ist auch
möglich, dass der Krisenprozess nur in eine vorgelagerte Phase zurückfällt, da zwar die
Wirkungen bekämpft wurden, die wahren Ursachen der Krise jedoch unerkannt blieben.
Die entscheidende Voraussetzung für die Verhinderung einer Krise ist das Erkennen
eines Konfliktes oder einer möglichen Krise. Die Möglichkeit, die eigenen Potentiale zu
nutzen, um eine Krise abzuwenden, ist von ausschlaggebender Bedeutung.
3.4.
Wirkungen von Unternehmenskrisen
Krisen können sich sowohl destruktiv als auch konstruktiv auf Unternehmungen
auswirken. Die positiven Wirkungen von Krisen werden im nächsten Kapitel näher
erläutert, an dieser Stelle stehen die negativen Einflüsse im Vordergrund.
Wenn sich Krisen negativ auf das eigene Unternehmen auswirken, spricht man von
endogenen Wirkungen. Hier sind in erster Linie die Arbeitnehmer und
Eigenkapitalgeber betroffen. Die Auswirkungen auf Arbeitnehmer reichen von der
allgemeinen Verunsicherung der Mitarbeiter, dem Motivationsverlust, der Einführung
von Kurzarbeit über den Abbau freiwilliger sozialer Leistungen des Arbeitgebers bis hin
zur Streichung von Arbeitsplätzen. Damit einher geht der Wegfall des geregelten
Einkommens, der soziale Abstieg droht.
Die destruktiven Wirkungen auf den Kapitalgeber können sowohl Gewinneinbußen als
auch der völlige Verlust des eingesetzten Kapitals sein.
Destruktiv exogene Wirkungen beziehen sich auf das Umfeld des Unternehmens. Hier
spielt die Größe des von der Krise befallenen Unternehmens eine entscheidende Rolle
für das Ausmaß der exogenen Auswirkungen. Je größer das Unternehmen, desto
weitreichender sind die Folgen der Krise auf Marktpartner (verbundene
Unternehmungen, Fremdkapitalgeber, Leistungsträger, Konkurrenten usw.), den Staat
(steuerliche Mindereinnahmen), die Gesamtwirtschaft (durch Insolvenzverluste) und
sonstige Institutionen. Dadurch besteht die Gefahr einer weitreichenden negativen

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
14
Medienresonanz mit einem damit verbundenen Imageverlust. Die Kunden reagieren
irritiert, verlieren das Vertrauen in die Produkte und Dienstleistungen, der Absatz sinkt,
und nicht selten wird ein Einzelunternehmen zum Sündenbock für Versäumnisse der
gesamten Branche gemacht.
3.5.
Die Krise als Chance
,,Krise ist ein produktiver Zustand.
Man muss ihm nur den Beigeschmack
der Katastrophe nehmen."
Max Frisch
Trotz der oben beschriebenen destruktiven Wirkungen von Krisen bergen sie dennoch
häufig die Möglichkeit zu durchgreifenden Veränderungen in sich. Als Philosophie im
Umgang mit solchen Situationen sollte deshalb gelten, die Krise nicht als Schicksal zu
begreifen, sondern als Chance, aus ihr zu lernen, etwas zu verändern und auf diese
Weise gestärkt aus ihr hervorzutreten.
Nach Bewältigung einer Krise wachsen die Notwendigkeit und das Bedürfnis zur
Selbstbesinnung und Neuorientierung. Ein Unternehmen sollte sich daher unbedingt der
Situation stellen, die bisherigen Aktivitäten überdenken und analysieren und nach neuen
Wegen suchen. Eine Schwachstellenanalyse gibt Aufschluss über Fehler der
Vergangenheit und das Erfordernis von Umstrukturierungen in Organisation, Hierarchie
und Arbeitsabläufen. Der Wandel wird folglich beschleunigt, starre Strukturen werden
aufgebrochen und der Weg für neue Konzepte und Strategien geebnet. Krisen bieten
ferner die Möglichkeit zur Neupositionierung und Qualitätsverbesserung, was zu neuen
Wettbewerbsvorteilen führen kann. Folglich kann eine Krise auch als Lernprozess
verstanden werden, von dem das Unternehmen zukünftig profitiert.
Durch die verstärkte Präsenz von krisengebeutelten Unternehmen in den Medien ergibt
sich eine gesteigerte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die sich nach einem
erfolgreichen Weg aus der Krise und durch eine intensive und offene
Krisenkommunikation positiv auf das Image des Unternehmens und seiner Marke
auswirken kann. Dazu ist es wichtig, die Medien auch nach der Krise für eine lebhafte
und nachhaltige Berichterstattung über die nun wieder positive Entwicklung des

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
15
Unternehmens zu interessieren und gewinnen. Von Vorteil für eine gute
Öffentlichkeitsarbeit ist es, die in der Krise neu geknüpften Kontakte zu Journalisten,
Politikern oder Gewerkschaften auszubauen und zu pflegen.
Aber nicht nur die Unternehmung selbst profitiert von Krisen, sie haben auch
konstruktive Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, die sich in einer ­ im Vergleich zur
akuten Phase des Krisenprozesses ­ verstärkten Sicherheit der Arbeitsplätze ausdrückt.
Es können sich unter Umständen neue Karrierechancen durch die Ausweitung der
Anzahl der benötigten Arbeitsplätze ergeben. Auch auf die Motivation und
Leistungsbereitschaft der Belegschaft hat eine überwundene Krise positive Effekte.
Erfahrungen aus Krisenfällen sollten demnach dazu dienen, in Zukunft sensibler auf
Krisen zu reagieren, durch Frühwarnsysteme schon rechtzeitig aufmerksam zu werden,
um geeignete Maßnahmen zum Abwenden ergreifen zu können.
3.6.
Krisen im Tourismus
Touristische Unternehmen sehen sich permanent kleinen, mittleren und großen Krisen
gegenüber, die sie schnell, und in der Regel auch ohne großes öffentliches Aufsehen zu
erregen, überwinden müssen. Das Spektrum reicht von Verspätungen der
Transportmittel über Lebensmittelerkrankungen der Gäste (z.B. Salmonellenvergiftung)
bis hin zu schweren Unglücken wie Flugzeugabstürze oder Terroranschläge.
Krisen im Tourismus treten zumeist plötzlich und unerwartet auf und können den
Reisenden sowohl im Zielgebiet als auch bei seiner An- und Abreise treffen. Den
meisten schweren touristischen Krisen ist gemein, dass sie verheerende Auswirkungen
auf den Tourismus in den betroffenen Gebieten haben. Rückläufige Buchungszahlen
sind die Folge, was vor allem in Ländern der 3. Welt, in denen der Tourismus oft der
einzige gewinnversprechende Wirtschaftszweig ist, schwere konjunkturelle Probleme
nach sich zieht. Viele Menschen verlieren ihre Existenz, wenn die Touristen ausbleiben.
Aber auch die Reiseveranstalter in den Herkunftsländern verzeichnen häufig große
Umsatzeinbußen.

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
16
Nachstehend sollen einige touristische Krisen näher beschrieben werden.
3.6.1.
Naturkatastrophen
Naturkatastrophen sind ,,schwerwiegende Gefahren, die sich aus natürlichen Umständen
ergeben und eine Bedrohung für den Menschen und andere Lebewesen darstellen.
Gewöhnlich handelt es sich dabei um Risiken, die durch geologische oder klimatische
Bedingungen entstehen"
17
, also beispielsweise Erdbeben, Vulkanausbrüche,
Wirbelstürme, Lawinenunglücke und Überschwemmungen. Solche Ereignisse treten
aufgrund der klimatischen Veränderungen immer häufiger auf, oftmals überraschend in
Gebieten, die bisher selten betroffen waren, was die Flutkatastrophe in Sachsen,
Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Bayern erst kürzlich verdeutlicht hat.
Durch ihr plötzliches Eintreten können im Vorfeld selten geeignete Maßnahmen zur
Evakuierung und Abwendung einer Katastrophe getroffen werden. Lassen sich
Ereignisse wie z.B. Vulkanausbrüche jedoch mit den heutigen technischen
Möglichkeiten vorhersagen, müssen Reiseveranstalter und Zielgebietsagenturen
rechtzeitig reagieren und Touristen aus den gefährdeten Gebieten evakuieren sowie
schon gebuchte Reisen stornieren bzw. umbuchen. Auf diese Weise können
schwerwiegende Folgen in Form von Unglücken oder Todesfällen verhindert und das
finanzielle Risiko sowie ein drohender Imageverlust für die Unternehmung auf ein
Minimum reduziert werden.
Von großer Bedeutung ist des Weiteren die Aufklärung der Urlauber im Vorfeld der
geplanten Reise. Reiseveranstalter und Reisebüros sollten über mögliche Risiken in
erdbebengefährdeten Gebieten hinweisen und sind im Rahmen ihrer Informationspflicht
gesetzlich verpflichtet, den Reisenden über bestehende Gefahren im Zielgebiet zu
unterrichten.
17
,,Naturkatastrophen", Microsoft Encarta Enzyklopädie 2002

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
17
Fallbeispiel: Das Elbehochwasser im August 2002
Heftige Unwetter und Regenfälle suchten im Juli dieses Jahres weite Teile Europas
heim. Tschechien und Österreich waren zuerst vom Hochwasser betroffen. Weite
Landstriche wurden überflutet, Teile Prags standen unter Wasser. Schließlich stiegen
auch Bäche und Flüsse im Erzgebirge unerbittlich an und die Flut wälzte sich Richtung
Norden. Die Elbe war besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Die gesamte
Dresdner Altstadt wurde überflutet, Zehntausende mussten entlang der Elbe und einiger
Nebenflüsse evakuiert werden, viele Menschen verloren ihr gesamtes Hab und Gut.
Das Hochwasser der Elbe hat in den betroffenen Gebieten zu erheblichen Einbrüchen
im Tourismus geführt. Die großen deutschen Reiseveranstalter wie TUI und
Neckermann sagten alle Reisen nach Dresden, Prag und andere vom Hochwasser
gefährdete Gebiete sofort ab und mussten Umbuchungen im dreistelligen Bereich
hinnehmen. In Dresden war fast jedes dritte der insgesamt 13.500 Hotelbetten wegen
der Elbe-Flut nicht benutzbar, besonders die Hotels in der historischen Altstadt waren
davon berührt.
18
Aber auch in Hotels, die nicht direkt von der Flut in Mitleidenschaft
gezogen waren, wurden die meisten der gebuchten Zimmer storniert.
Auch in Sachsen-Anhalt, wo sich vor allem in der Gegend um Wittenberg besonders
viele Weltkulturerbe-Stätten befinden, so z.B. die Luthergedenkstätten, das Bauhaus in
Dessau und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich, wurde jede vierte Buchung storniert,
obwohl die historischen Sehenswürdigkeiten nicht einmal betroffen waren. Die
Stornierungen weiteten sich sogar auf Weihnachten und Silvester aus. Vor der Flut
profitierte das Bundesland vom deutschlandweiten Trend zum Inlandsurlaub, jetzt hat
das Hotel- und Gaststättengewerbe mit großen Verlusten zu rechnen, auch wenn die
wenigsten Häuser direkt vom Hochwasser berührt wurden. Für den Tourismus sind die
indirekten Auswirkungen der Flutkatastrophe viel verheerender. Allein in Sachsen-
Anhalt waren 300 bis 400 Arbeitsplätze aufgrund ausbleibender Touristen gefährdet.
19
Die Aufräum- und Sanierungsarbeiten werden noch eine lange Zeit andauern und der
wirtschaftliche Schaden, der in diesen Bundesländern allein im Tourismus entstand, ist
18
Vgl. http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,210204,00.html (20.08.2002)
19
Vgl.
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,213302,00.html (10.09.2002)

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
18
noch nicht abschätzbar. Es ist jedoch klar, dass zahlreiche Existenzen bedroht sind. Jetzt
gilt es für die Tourismusverbände in diesen Gebieten, kräftig die Werbetrommel zu
rühren und die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass viele
Sehenswürdigkeiten wieder besichtigt werden können und dass nicht ­ wie man aus der
Medienberichterstattung fälschlich verstehen konnte ­ ganz Ostdeutschland unter
Wasser stand.
3.6.2.
Politische und religiöse Unruhen
Politische und religiöse Unruhen entstehen, wenn verschiedene Interessensgruppen ihre
Machtvorstellungen politischer, wirtschaftlicher, ideologischer oder militärischer Art
durchzusetzen versuchen. Die Ursachen sind häufig territoriale Streitfragen,
Bemühungen um Unabhängigkeit, Widerstand gegen die Regierung eines Landes,
gegensätzliche Interessenslagen verschiedener religiöser Gruppierungen oder
wirtschaftliche Interessen wie die Sicherung der Rohstoffversorgung.
Es ist zwischen innenpolitischen und außenpolitischen Unruhen zu unterscheiden.
Innenpolitisch stehen sich die Interessen verschiedener Gruppierungen eines Landes
gegenüber. Werden die Konflikte nicht gelöst, können sie sich zum Bürgerkrieg
entwickeln. Mit außenpolitischen Unruhen sind zwischenstaatliche Konflikte gemeint,
die sich im schlimmsten Fall ebenfalls zu kriegerischen Auseinandersetzungen
ausweiten können. Politische Unruhen sind oft mit Waffengewalt verbunden, wobei in
den meisten Fällen auch unschuldige Zivilisten zu Tode kommen.
Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass es schon immer Kriege gegeben hat und aus
den Ereignissen der letzten Jahre wird bewusst, dass es auch in einer zivilisierten
Gesellschaft jederzeit zu Unruhen und Kriegen kommen kann. Der drohende Angriff
auf den Irak ist das beste Beispiel dafür, aber auch der Krieg in Jugoslawien ­ mitten in
Europa ­ macht deutlich, dass die Kriegsgefahr nicht immer nur ,,weit weg von uns, am
anderen Ende der Welt" besteht.

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
19
Fallbeispiel: Golfkrieg
Am 2. August 1990 überfielen irakische Truppen den souveränen Staat Kuwait mit dem
Ziel der Kontrolle über die kuwaitischen Ölreserven. Der Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen erließ Resolutionen (Wirtschaftsembargo, See- und Luftblockade) und
forderte den Irak zum Rückzug auf. Der Irak reagierte mit der Geiselnahme tausender
vor allem westlicher Ausländer in Kuwait, um sie als Schutzschilde gegen Angriffe
einzusetzen. Sie konnten im Dezember 1990 befreit werden. Der UN-Sicherheitsrat
stellte dem irakischen Diktator Saddam Hussein das Ultimatum, bis zum 15. Januar
1991 seine Truppen aus Kuwait abzuziehen. Nachdem dieser das Ultimatum nicht
erfüllte, wurde unter Aufsicht der UNO ein multinationaler Militärverband
ermächtigt,
gegen die irakischen Truppen in Kuwait vorzugehen. Am 17. Januar 1991 begann dieser
Krieg ­ nun griff der Irak unter anderem mit landgestützten Raketen Städte in Saudi-
Arabien und Israel an ­ und endete am 28. Februar 1991.
Der Golfkrieg wirkte sich verheerend auf die Umwelt aus: Bei ihrem Rückzug setzten
irakische Truppen zahlreiche Ölquellen in Kuwait in Brand und leiteten die Ölvorräte in
den Persischen Golf. Es folgte eine Ölpest, die saudi-arabische Trinkwasserversorgung
war durch Beschädigung der Entsalzungsanlagen gefährdet, der gesamte nördliche Teil
des Persischen Golfs wurde verseucht.
Aufgrund des Golfkrieges brach der Tourismus in den betroffenen Regionen 1991 fast
vollständig zusammen. Bereits im Herbst 1990 riet das Auswärtige Amt von Reisen
nach Saudi-Arabien, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Bahrain und
Israel ab. Aber auch Ägypten und die Türkei verzeichneten schon Ende 1990
Umsatzeinbußen zwischen 10 und 30 Prozent. Die durch die Medien geschürte Angst
veranlasste die Reisenden, sich auf andere Ziele zu konzentrieren.
Auch Fluggesellschaften erlebten nach Ausbruch des Krieges im Januar 1991 die bis
dahin größte Krise ihrer Geschichte. Die Angst vor Anschlägen auf die zivile Luftfahrt
brachte den internationalen Flugverkehr kurzzeitig fast völlig zum Erliegen ­ binnen
eines Jahres sanken die Passagierzahlen um bis zu 17 Prozent. Der Münchner Flughafen
Riem verzeichnete in den ersten 3 Monaten nach Beginn des Krieges einen Rückgang

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
20
der Passagierzahlen um 14,5 Prozent.
20
Aber schon im Oktober 1991 war die Krise
überstanden und das Flugaufkommen erreichte wieder Vorjahresniveau. Auch die
Reiseintensität der Deutschen stieg ein Jahr nach dem Krieg von 52 Prozent (1991) auf
58 Prozent (1992).
21
Das macht deutlich, dass der Tourismus in Folge solcher Unruhen
zwar kurzfristig einbrechen kann, sich in der Regel aber im Laufe der Zeit wieder
normalisiert, da die meisten Reisenden negative Ereignisse schnell verdrängen und
Versäumtes nachholen wollen, sobald in den Medien nicht mehr über sie berichtet wird.
3.6.3.
Terrorismus
Terroranschläge sind eng verknüpft mit politischen und religiösen
Auseinandersetzungen. Terrorismus ist die ,,Sammelbezeichnung für die strategisch
planmäßige, politisch (wenn auch im Detail sehr unterschiedlich) motivierte
Gewaltkriminalität durch radikale Gruppen, mit dem Ziel der Destabilisierung des
politischen Systems durch die Verbreitung von Angst und Schrecken."
22
Terroristen operieren in einem weitmaschigen globalen Netzwerk mit dem Ziel, ihre
eigene Macht auszubauen und souveräne Staaten zu schwächen. Terrorismus kann
konkrete materielle Objekte zerstören, etwa Infrastruktur, um wirtschaftlichen Schaden
hervorzurufen. Er kann aber auch eine stärkere psychologische Wirkung anstreben,
indem beispielsweise Symbole der Macht angegriffen und beschädigt werden. In
anderen Fällen zielt Terrorismus auf das Töten von Personen, um den politischen
Gegner zu schwächen oder aktionsunfähig zu machen. Weitere terroristische Aktivitäten
sind z.B. Selbstmordattentate in der Öffentlichkeit, Geiselnahmen von im Zentrum der
Öffentlichkeit stehenden Personen oder Entführungen von mit Zivilisten besetzten
Flugzeugen. Die Wirkungen solcher Handlungen sind unterschiedlich, jedoch sind sie
alle darauf angelegt, durch Schädigung politischer Kontrahenten deren
Handlungsfähigkeiten oder Ressourcen zu beeinträchtigen.
Terrorismus ist nur wirkungsvoll, wenn die Gewaltakte wahrgenommen und
interpretiert werden. Ein Anschlag, der nicht an die Öffentlichkeit gelangt, hinterlässt
20
Vgl. http://www.munich-airport.de/presse/Textarchiv/Textarchiv02/020130.html (10.08.2002)
21
Vgl. Reiseanalyse 1992, FUR
22
,,Terrorismus" Microsoft Encarta Enzyklopädie 2000

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
21
nur die direkten materiellen Schäden, aber bleibt ansonsten nutzlos. Desha lb spielen die
Medien eine zunehmend wichtige Rolle: Terror als Kommunikationsform braucht die
Medien als Träger, um sein politisches Potential ausschöpfen zu können. Terroristen
wollen in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen und ihre Absichten kundtun, nur so
erreichen sie ihre Ziele.
Die Gewalt richtet sich in den meisten Fällen nicht direkt gegen die Opfer selbst, sie
sind nur Mittel, um auf Ziele terroristischer Gruppen hinzuweisen. Mit bewusst
geplanter Gewalt gegen Personen und Einrichtungen, die symbolhaft für das
herrschende System oder die herrschende Ordnung stehen, wird versucht, Macht zu
beweisen, die Ernsthaftigkeit ihrer Drohungen zu demonstrieren und so eigene Ziele
durchzusetzen.
Die Terroristen der heutigen Zeit schrecken nicht davor zurück, ihr eigenes Leben zu
opfern. Die Anschläge der jüngsten Zeit haben gezeigt, dass fanatische Anhänger des
Islam als besonders gefährlich eingestuft werden müssen. Diese rufen zum ,,Heiligen
Krieg" (Jihad) gegen alle Ungläubigen (Nichtmuslime). Ihre Anhänger, die in diesem
Kampf ihr Leben opfern, also den Märtyrertod sterben, werden ­ laut Religion ­ sofort
ins Paradies aufgenommen.
Terroristische Aktionen, die den Tourismus direkt oder indirekt betreffen, lassen sich in
drei Gruppen klassifizieren:
·
gezielte Anschläge auf touristische Objekte
·
Aktionen, bei denen der Angriff zielgerichtet auf die öffentliche Ordnung
erfolgt
·
Aktionen, die scheinbar wahl- und ziellos die öffentliche Ordnung erschüttern.
Ein Beispiel für gezielte Anschläge auf touristische Objekte sind die Anschläge in
Luxor/Ägypten im Herbst 1997, bei denen 64 Touristen von islamistischen
Fundamentalisten erschossen wurden. Diese Terrorwelle führte zum vorübergehenden
Ausfall Ägyptens als Reiseziel. Daraufhin hat der ägyptische Staat umfangreiche
Maßnahmen zum Schutz der Touristen eingeleitet ­ mit dem Ergebnis, dass sich der
Tourismus, der eine unverzichtbare Stütze der ägyptischen Wirtschaft darstellt, wieder

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
22
erholt hat. Auch die Entführung von Touristen von der malaysischen Ferieninsel
Sipadan auf die Insel Jolo im April 2000 ist als direkter Anschlag auf Touristen zu
werten. Für die Entführung wurde die Terrorgruppe Abu Sayyaf, die radikalste
Muslimgruppe der Philippinen, verantwortlich gemacht. Die drei Deutschen unter den
Geiseln wurden nach 4 Monaten freigelassen.
Zu zielgerichteten Anschlägen auf die öffentliche Ordnung können die Attentate des 11.
Septembers 2001 in New York und Washington, D.C. gezählt werden. Hier waren
Touristen zwar nicht Ziel der Attacken, sie haben sich jedoch maßgeblich auch auf den
Tourismus ausgewirkt.
23
Die Übergänge zur letzten Gruppe von Anschlägen sind fließend. Terrorakte, die
scheinbar wahl- und ziellos die öffentliche Ordnung erschüttern, sind z.B. die
Autobomben der ETA, die seit Jahren in spanischen Städten explodieren. Auch der
Terror in Israel kann dazu gezählt werden. Insoweit sich Touristen in den gefährdeten
öffentlichen Räumen bewegen, hat dies auch einen negativen Effekt auf den Tourismus
des Landes.
Es wird deutlich, dass terroristische Anschläge, bei denen Urlauber betroffen sind,
weder ausgeschlossen noch auf bestimmte Regionen beschränkt werden können. Selbst
das perfekteste Krisenmanagement kann Touristen nicht davor schützen.
Reiseveranstalter können die Reisenden zwar auf mögliche Gefa hren in potentiellen
Krisengebieten hinweisen, dennoch besteht jederzeit die Möglichkeit eines Angriffes.
Erst am 11. April dieses Jahres explodierte vor der La-Ghriba-Synagoge in
Djerba/Tunesien ein Gas-Tankwagen. Ein Bus des Reiseveranstalters TUI wurde von
der Druckwelle erfasst. Insgesamt starben 21 Menschen, darunter 14 deutsche Touristen
des Veranstalters TUI. Das Auswärtige Amt hat nach diesem Anschlag seine
Reisehinweise verschärft und auf ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für Reisen nach
Tunesien hingewiesen. Das ganze Land musste daraufhin starke Buchungsrückgänge
verzeichnen. Unmittelbar nach den Anschlägen lagen sie bei ca. 40 Prozent.
24
Diese Entwicklungen verdeutlichen die hohe Sensibilität der Reisenden für das Thema
Terrorismus. Spätestens seit dem 11. September 2001 sind viele Touristen verunsichert,
ein wesentliches Auswahlkriterium des Reiseziels ist die Sicherheit im Land. Es ist
23
Vgl. dazu ausführlich Kapitel 7.3.
24
Das Krisenprotokoll der TUI AG zu diesem Anschlag findet sich im Anhang.

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
23
jedoch auch zu beobachten, dass vom Terrorismus betroffene Gebiete nach relativ
kurzer Zeit ein Comeback erleben. Die Zahl der Reisenden nach Ägypten hat sich
inzwischen wieder normalisiert, ähnlich verhält es sich in Tunesien. Einen wesentlichen
Beitrag hierzu können die Reiseveranstalter leisten, indem sie ihre Kunden über
getroffene Sicherheitsmaßnahmen im Land aufklären und ihnen damit das Gefühl der
Sicherheit vermitteln. Folgender Auszug aus dem Studiosus-Katalog Studienreisen 1999
ist ein Beispiel für eine solche notwendige offene Kommunikation:
,,Nach den Anschlägen vom Herbst 1997 haben die ägyptischen Behörden alle möglichen Anstrengungen
zur Verbesserung der Sicherheit von Touristen unternommen. Dies wird auch von ausländischen
Experten anerkannt. Dennoch ­ einen hundertprozentigen Schutz vor terroristischen Anschlägen gibt es
nicht. Damit Sie Ihre Reiseentscheidung frei von wirtschaftlichen Erwägungen treffen können, gewähren
wir Ihnen für alle Ägypten-Reisen bis Ende 1999 ­ in Erweiterung unserer Allgemeinen
Reisebedingungen ­ das Recht auf kostenlosen Rücktritt von der gebuchten Reise bis einen Monat vor
Reisebeginn. Selbstverständlich werden wir bei einer Änderung der Situation von uns aus reagieren ­ so
wie wir das auch in der Vergangenheit getan haben."
25
3.6.4.
Technische Unglücksfälle
Wir leben in einer hochtechnisierten Gesellschaft, die Technologie hat besonders im 20.
Jahrhundert große Fortschritte gemacht und entwickelt sich täglich weiter. Noch vor 50
Jahren wäre es nicht denkbar gewesen, dass sich das Flugzeug zu einem so
selbstverständlichen Massenverkehrsmittel entwickelt, dass es Großraumflugzeuge mit
einer Sitzplatzkapazität von über 300 geben wird, dass man in knapp 4 Stunden von
Europa nach New York fliegen kann. Airbus plant derzeit den Bau eines Doppelstock-
Großraumflugzeuges, das je nach Bestuhlung bis zu 800 Sitzplätze haben und
Schätzungen zufolge Mitte 2005 auf den Markt kommen wird.
Besonders für den Tourismus hat diese Entwicklung des Verkehrswesens eine große
Bedeutung. Heutzutage sind Reisen ans andere Ende der Welt technisch kein Problem
mehr, während sich noch Mitte des 20. Jahr hunderts die Reisetätigkeit hauptsächlich auf
Deutschland und seine Nachbarstaaten beschränkt hat.
Trotz immer ausgefeilterer Technik kommt es dennoch immer wieder zu Unglücken.
Konstruktionsfehler sind nicht auszuschließen, weitere Unfälle sind auf Verschleiß,
25
Aus: Dreyer (2001), S. 137

3 Die Krise ­ Kritische Situationen im Unternehmensgeschehen
24
mangelhafte Wartung oder aber auch menschliches Versagen zurückzuführen. Die oft
hohe Anzahl Toter und Verletzter bei Flug-, Bus-, Zug- oder Schiffsunglücken lässt sie
besonders tragisch erscheinen. Ein Flugzeugabsturz mit 200 Toten wird in den Medien
ganz anders behandelt, als Autounfälle, die zu verschiedenen Zeitpunkten eine ähnliche
Zahl an Opfern forderten.
26
Fallbeispiel: ICE-Unfall in Eschede
Der ICE ,,Wilhelm Conrad Röntgen" war am 3. Juni 1998 auf dem Weg von München
nach Hamburg bei Tempo 200 im niedersächsischen Eschede an einer Brücke
zerschellt. Wenige Kilometer zuvor brach ein Radreifen an einem der vorderen Wagen.
Er verhakte sich in einer Weiche, der Waggon entgleiste, raste gegen die Brücke und
ließ alle nachfolgenden Wagen aufprallen. Die Bilanz des Unglücks: 101 Tote und über
100 Verletzte. Es war das bislang schwerste Zugunglück in der Geschichte der
Deutschen Bundesbahn und das erste mit einem ICE.
Durch die sofortige Einrichtung eines Pressestabes konnte dem erheblichen öffent lichen
Interesse Rechnung getragen werden. Nur durch aktive und schnelle Information der
Medien seitens der Deutschen Bahn AG konnte sie die Diskussion in den Medien
entscheidend mitgestalten und hatte Einfluss auf die veröffentlichte Meinung. Die
Berichterstattung erfolgte demnach zurückhaltend und taktvoll. Die kooperative
Zusammenarbeit aller an der Rettung beteiligten Kräfte ermöglichte es, das
Unfallgeschehen zu bewältigen und für die Opfer schnellst- und bestmögliche Hilfe zu
leisten.
Als Ursache des Unfalls wurde ein gebrochener Radreifen ermittelt, der zum Entgleisen
eines Waggons führte. Als Folge wurden alle ICEs der 1. Generation mit Stahlrädern
ausgestattet. Wie immer bei solchen Unglücksfällen lernte man erst im Nachhinein aus
den Fehlern, wurde auf Mängel der Technik aufmerksam, die als Konsequenz verbessert
wurden.
Der Deutschen Bahn AG wird mangelnde Wartung vorgeworfen. Derzeit stehen 3
Ingenieure vor Gericht. Sie sind angeklagt, das Unglück fahrlässig verschuldet zu
26
Zu technischen Fehlern in der Luftfahrtindustrie sei an dieser Stelle auf das Buch von Tim van Beveren
,,Runter kommen sie immer" verwiesen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832466459
ISBN (Paperback)
9783838666457
DOI
10.3239/9783832466459
Dateigröße
731 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften München – Tourismus
Erscheinungsdatum
2003 (April)
Note
1,0
Schlagworte
terrorismus public relations september krise bali
Zurück

Titel: Krisenmanagement und -kommunikation im Tourismus
Cookie-Einstellungen