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Internationale Konzernverrechnungspreise

©2002 Diplomarbeit 67 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Verrechnungspreisdiskussionen haben eine sehr lange Tradition. Lange Zeit beherrschten betriebswirtschaftliche Modelle zur effizienten Koordination dezentraler Organisationseinheiten durch Verrechnungspreise die Diskussionen. In den 60er und 70er Jahren führte dann die so genannte Profit-Center-Konzeption bzw. Geschäftsbereichsorganisation zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Verrechnungspreisproblematik.
Die wachsende Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft und die damit verbundene Entwicklung multinationaler Unternehmen haben dazu geführt, dass mittlerweile verstärkt internationale steuerrechtliche Aspekte der Verrechnungspreisproblematik (International Transfer Pricing) in den Mittelpunkt der Diskussion geraten sind. Der steigende Anteil des Welthandels der zwischen Teilunternehmen multinationaler Konzerne abgewickelt wird, die steigende Anzahl an Firmenfusionen und Kooperationen sowie die Verlagerung von Geschäftsbereichen sind Ursache für diese Entwicklung. Die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen konfrontieren die Finanz- und Steuerabteilungen multinationaler Konzerne mit immer komplexeren Problembereichen. Der Druck auf multinationale Unternehmen wird darüber hinaus erheblich erhöht, da die Finanzbehörden mit zunehmend restriktiven Steuergesetzgebungen reagieren. Aus diesem Grund bezeichnen die betroffenen Unternehmen das Thema Verrechnungspreise als eines der wichtigsten Themen des internationalen Steuerrechts.
Die Zusammenhänge zwischen der externen, steuerlich motivierten, Notwendigkeit der korrekten Verrechnungspreisbestimmung und internen betriebswirtschaftlich - organisatorischen Funktionen von Verrechnungspreisen bleiben in den meisten Veröffentlichungen zu diesem Thema unberücksichtigt.
Die steigende Komplexität der Unternehmensstrukturen wirft aber die Frage auf, wie Verrechnungspreise gestaltet werden können, damit sie den hohen Anforderungen an die optimale Koordination und Steuerung dezentraler Einheiten gerecht werden können und wie dies vor allem bei grenzüberschreitenden Beziehungen im Einklang mit den nationalen und internationalen steuerrechtlichen Vorschriften geschehen kann.
Gang der Untersuchung:
Diese Arbeit erörtert welche Kriterien eine wichtige Rolle bei der Bildung von Verrechnungspreisen innerhalb einer divisionalen Unternehmensoragnisation spielen und wie Verrechnungspreise im Rahmen der anerkannten Möglichkeiten zweckorientiert gestaltet werden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2. Begriffsbestimmungen
2.1 Verrechnungspreis
2.2 Konzerninterne Leistungsverrechnung
2.2.1 Konzern und verbundene Unternehmen
2.2.2 Typologie konzerninterner Lieferungs- und Leistungsbeziehungen

3. Verrechnungspreisgestaltung
3.1 Betriebswirtschaftlich - organisatorische Ansätze zur Bestimmung von Konzernverrechnungspreisen
3.1.1 Verrechnungspreis und divisionale Unternehmensorganisation
3.1.2 Funktionen von Verrechnungspreisen
3.1.3 Formen von Verrechnungspreisen
3.2 Steuerrechtliche Ansätze zur Bestimmung von Konzernverrechnungspreisen
3.2.1 Verrechnungspreise im internationalen Konzern
3.2.2 Gewinnverlagerungen durch Verrechnungspreise
3.2.3 Verrechnungspreise im Blickpunkt internationaler Einkunftsabgrenzung
3.3 Methoden für die Ermittlung und Überprüfung von Verrechnungspreisen
3.3.1 Die Standardmethoden
3.3.2 Gewinnorientierte Methoden
3.3.3 Rangfolge zwischen den Methoden
3.4 Zielkonflikt zwischen steuerlich und betriebswirtschaftlich motivierter Verrechnungspreisbildung

4. Zusammenfassung und Ausblick
4.1 Zusammenfassung
4.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: “Nicht-marktliche“ Mechanismen

Abbildung 2: Bsp. Modifizierter Marktpreis

Abbildung 3: Beispiel für die Auswirkung verschiedener Verrechnungspreise auf den Konzerngewinn

Abbildung 4: Methoden zur Bestimmung von Verrechnungspreisen

1. Einführung

1.1 Problemstellung

Dass Verrechnungspreisdiskussionen eine sehr lange Tradition haben, lässt sich anhand des Beitrages “Über Verrechnungspreise“ von Schmalenbach aus dem Jahre 1909 (ein Vortrag, gehalten zum Geburtstag des deutschen Kaisers) belegen.[1] Lange Zeit beherrschten die von ihm erstmals erörterten Modelle pretialer Lenkung[2], zur effizienten Koordination dezentraler Organisationseinheiten durch Verrechnungspreise, die Diskussionen.[3]

In den 60er und 70er Jahren führte dann die so genannte Profit-Center-Konzeption bzw. Geschäftsbereichsorganisation zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Verrechnungspreisproblematik. Da diese eine Gewinnverantwortung für objektstrukturierte Teilbereiche einer Unternehmung beinhaltet, fand die Erfolgsermittlungsfunktion von Verrechnungspreisen verstärkt Beachtung.[4]

Die wachsende Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft und die damit verbundenen Entwicklung multinationaler Unternehmen haben dazu geführt, dass mittlerweile auch internationale steuerrechtliche Aspekte der Verrechnungspreisproblematik (International Transfer Pricing) verstärkt in den Mittelpunkt der Diskussion getreten sind.[5] Der Anteil des Welthandels, der zwischen Teilunternehmen multinationaler Konzerne abgewickelt wird, wurde von der OECD Anfang der neunziger Jahre auf 60% geschätzt. Die derzeit zunehmende Anzahl an Firmenfusionen und –kooperationen, sowie Verlagerungen von Geschäftsbereichen, bestätigt dessen, von der OECD angekündigte, steigende Tendenz.[6] Diese Entwicklung und die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen konfrontieren zum einen die Finanz- und Steuerabteilungen multinationaler Konzerne mit immer komplexeren Problembereichen. Zum anderen lassen sie Finanzbehörden mit zunehmend restriktiven Steuergesetzgebungen reagieren und stärken deren Autorität im Bereich International Transfer Pricing. Dies hat den Druck auf die multinationalen Unternehmen erheblich erhöht, welche dieses Thema als das wichtigste Thema des internationalen Steuerrechts (78%) nach der Doppelbesteuerung (83%) erachten.[7]

Es existiert eine Vielfalt von Veröffentlichungen zu der Verrechnungspreisproblematik, welche die verschiedenen Aspekte, die mit diesem Thema zusammenhängen, erörtern. Durch die oben beschriebenen Entwicklungen gewinnt man aber den Eindruck, dass zwei getrennte Forschungsrichtungen zum Thema Verrechnungspreissysteme existieren. Die Zusammenhänge zwischen der externen, steuerlich motivierten Notwendigkeit der korrekten Verrechnungspreisbestimmung und internen betriebswirtschaftlich - organisatorischen Funktionen von Verrechnungspreisen bleiben meist unberücksichtigt. Dies lässt sich besonders deutlich daran erkennen, dass die Problematik der Bestimmung von Verrechnungspreisen häufig ausschließlich unter Einbezug steuerrechtlicher Gesichtspunkte betrachtet wird.[8]

Die steigende Komplexität der Unternehmensstrukturen wirft die Frage auf, wie Verrechnungspreise gestaltet werden können, damit sie den hohen Anforderungen an die Koordination und einer optimalen Steuerung dezentraler Einheiten gerecht werden können und wie dies vor allem bei grenzüberschreitenden Beziehungen im Einklang mit den nationalen und internationalen steuerrechtlichen Vorschriften geschehen kann.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit soll untersuchen, welche Kriterien eine wichtige Rolle bei der Bildung von Verrechnungspreisen innerhalb einer divisionalen Unternehmensoragnisation spielen und wie Verrechnungspreise im Rahmen der anerkannten Möglichkeiten zweckorientiert gestaltet werden können. Hierbei sollen vor allem die betriebswirtschaftlich-oragnisatorischen und steuerrechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Die steuerrechtlichen Aspekte werden besonders mit Blickpunkt darauf analysiert, dass eine verbundene Unternehmung grenzüberschreitend aktiv ist. Gesellschaftsrechtliche Aspekte zu dem Verrechnungspreisthema sind nicht Gegenstand der Untersuchung. Auf sie wird nur insoweit eingegangen, wie es für die Erläuterung der oben genannten Untersuchungsziele notwendig ist.

Nach einer einführenden Erläuterung der im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Begriffe „Verrechnungspreis“ und „konzerninterner Leistungsaustausch“, folgt der Abschnitt, der sich mit den betriebswirtschaftlich - organisatorischen Grundlagen der Verrechnungspreisgestaltung befasst. Die allgemeinen Funktionen von Verrechnungspreisen werden untersucht und anschließend die unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten der Gestaltung von Verrechnungspreisen aufgezeigt. In Abschnitt 3.2 erfolgt dann eine steuerrechtliche Würdigung der Problematik. Dabei wird der Bedarf zur Gewinnabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen und die damit verbundene Entwicklung der steuerlich motivierten Verrechnungspreise dargestellt . Anschließend werden die momentan bei Finanzbehörden und Unternehmen akzeptierten Methoden zur Verrechnungspreisbildung beschrieben und auf den bestehenden Zielkonflikt zwischen organisatorisch motivierten und steuerrechtlich sinnvollen Verrechnungspreisen hingewiesen. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der behandelten Themen und einem Ausblick auf weitere Forschungsbemühungen ab.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Verrechnungspreis

Verrechnungspreise gelten in der betriebswirtschaftlichen Literatur als nicht genau definiert. Aufgrund des großen Umfangs an wissenschaftlichen Diskussionen zu diesem Thema existiert eine ebenso große Zahl von Definitionen und Erklärungsversuchen .[9]

Eine erste wissenschaftliche Ausarbeitung zum Thema Verrechnungspreise erfolgte bereits 1903 mit einer Habilitation von Eugen Schmalenbach („Verrechnungspreise in großindustriellen Betrieben“).[10]

Ausgangspunkt war die Notwendigkeit zur innerbetrieblichen Verrechnung:

„...die einzelnen Teile des Betriebes müssen in einen rechnerischen Verkehr treten. Und diese Rechnung muss sich der Bewertung der gegenseitigen Leistungen bedienen. Und so entsteht hier ein eigenartiger Preis: der Verrechnungspreis.“[11]

An der Definition von Verrechnungspreisen hat sich bis heute nicht viel geändert. Verrechnungspreise werden als eine monetäre Bewertung von internen Lieferungen und Leistungen zwischen den verschiedenen Bereichen einer Unternehmung beschrieben.[12]

Synonym werden auch die Begriffe Transfer-, Lenk-, Knappheits- oder Bereichsabgabepreise verwendet.[13] Betriebliche Verrechnungspreise sind immer dann anzusetzen, wenn unternehmensinterne Lieferungen und Leistungen transferiert werden. Dabei können drei Fälle auftreten:

- Lieferungen zwischen einzelnen Kostenstellen,
- Lieferungen zwischen in sich abgeschlossenen Werken, Bereichen oder Geschäftseinheiten,
- Lieferungen zwischen rechtlich selbständigen Konzernunternehmen.

Bei Letzteren handelt es sich um Konzernverrechnungspreise, deren Besonderheit ihre zivilrechtliche und steuerrechtliche Relevanz ist, da sie effektiv zwischen zwei Unternehmen in Rechnung gestellt und beglichen werden müssen.[14]

Nicht ganz einheitlich ist die Meinung darüber, ob neben dem Austausch von Gütern und Dienstleistungen auch Zinszahlungen für Finanzmittel, Mieten, Leasingraten, interne Patent- und Lizenzgebühren, zentrale Managementleistungen und sonstige Gemeinkostenumlagen unter den Begriff Verrechnungspreis zu fassen sind.[15]

Die Probleme des Austausches dieser Leistungen sind allerdings meist in den Themenkreis der Verrechnungspreisproblematiken aufgenommen.[16]

In dieser Arbeit soll generell die engere Definition von Verrechnungspreisen verwendet werden, die sich auf die Bewertung von internen Lieferungen in Form von Materialien, Vorprodukten oder Fertigprodukten sowie internen Dienstleistungen, wie z.B. Instandhaltung oder interne Beratungsleistung bezieht.[17]

2.2 Konzerninterne Leistungsverrechnung

2.2.1 Konzern und verbundene Unternehmen

Der Konzernbegriff lässt sich unterschiedlich umfassend erläutern.

Für die folgende Ausarbeitung soll der Konzern allgemein definiert werden als der Zusammenschluss von Unternehmen, die wirtschaftlich infolge einer gesellschaftsrechtlichen Verflechtung eine Einheit bilden, jedoch rechtlich selbständige Unternehmen (Tochtergesellschaften) darstellen.[18]

Der Begriff Konzern ist in § 18 AktG näher spezifiziert.

Der Konzernbegriff ist dem Oberbegriff “verbundene Unternehmen“ zuzuordnen, welcher bei den internationalen Regelungen der Verrechnungspreisbestimmungen eine größere Rolle spielt.

Verbundene Unternehmen sind von Rechtsordnung zu Rechtsordnung im Detail unterschiedlich geregelt. Der überwiegend international anerkannte Grundgedanke kommt jedoch in Art. 9 OECD-MA zum Ausdruck. Demnach handelt es sich um verbundene Unternehmen, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital des anderen Unternehmen beteiligt ist, oder wenn dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital beider Unternehmen beteiligt sind.[19]

Für deutsche Rechtsnormen enthält §1 ASTG im wesentlichen die Normen zur Verbundenheit von Unternehmen.[20]

2.2.2 Typologie konzerninterner Lieferungs- und Leistungsbeziehungen

Nicht alle Lieferungen und Leistungen zwischen Konzernunternehmen sind generell verrechenbar. Ob und nach welchem Grundprinzip ein Entgelt für eine erbrachte Leistung berechnet werden kann, hängt davon ab aus welcher Interessenlage heraus sie erbracht wurde.

Die drei folgenden Kategorien können unterschieden werden:[21]

1. Leistungsbeziehungen auf gesellschaftsrechtlicher Basis, d.h. Tätigkeiten die von der Muttergesellschaft oder einer Zwischengesellschaft aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafterin im eigenen Interesse erbracht werden (Gesellschafteraufwand). Beispiele sind Leistungen die mit der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte, Leitung des Konzerns und Überwachung der Tochtergesellschaften zusammenhängen.
2. Betrieblich bedingter Leistungsaustausch, d.h. Lieferungen und Leistungen, die im betrieblichen Interesse der empfangenden Gesellschaften erbracht werden, um einen festgestellten Bedarf eines oder mehrerer Gliedunternehmen zu decken.
3. Tätigkeiten, die dem gemeinsamen Interesse der an der Leistungserstellung beteiligten Konzerngesellschaften dienen (Leistungen an eine Art Innengesellschaft, sog. Kostenumlage).

Die unter Punkt 1 aufgeführten Leistungen auf gesellschaftlicher Grundlage können nicht auf die Tochtergesellschaften verrechnet werden. Die Muttergesellschaft kann kein Entgelt in Rechnung stellen.[22]

Sind die Aufwendungen jedoch, wie unter Punkt zwei beschrieben, den Geschäftsbetrieben des Leistungsempfängers zurechenbar müssen sie auf schuldrechtlicher Basis weiterbelastet, also verrechnet werden.

Tätigkeiten bzw. Leistungen die in einem gemeinsamen Interesse der Konzerngesellschaften erbracht werden, sind ebenfalls als betrieblich bedingt anzusehen und sind auch auf schuldrechtlicher Basis zu verrechnen. Der Unterschied zu Punkt 2 besteht nur darin, dass sich hier die Konzernglieder zum Zwecke der gemeinsamen Bedarfsdeckung zu einem Interessenverbund (Aufwandspool) zusammenschließen und in diesem Zusammenhang eine vereinfachte Verrechnungsform angewendet wird.

Diese Arbeit verzichtet auf eine nähere Betrachtung der Verrechnungsform Kostenumlage.[23]

Verrechnung von Leistungen innerhalb eines Konzerns meint im folgenden immer den unter Punkt 2 beschriebenen betrieblich bedingten Leistungsaustausch.

3. Verrechnungspreisgestaltung

3.1 Betriebswirtschaftlich - organisatorische Ansätze zur Bestimmung von Konzernverrechnungspreisen

3.1.1 Verrechnungspreis und divisionale Unternehmensorganisation

Um auf die betriebswirtschaftlichen Funktionen und Formen von Verrechnungspreisen eingehen zu können, soll hier kurz auf das grundlegende Organisationskonzept der Divisionalisierung eingegangen werden, welches die Vorraussetzung für die Anwendung und Bildung von Verrechnungspreisen in einer Unternehmung ist. Anschließend wird in diesem Zusammenhang noch das Modell der Profit-Center-Organisation erläutert.

Divisionalisierung bedeutet die Gliederung von Teilbereichen einer Organisation (bzw. Segmentierung der Unternehmensaufgaben) nach dem Objektprinzip.[24] Im Unterschied zu einer funktionalen Organisationsstruktur, in der die Teilbereiche auf der, der Unternehmungsleitung nachgelagerten Hierarchieebene, nach dem Verrichtungsprinzip gebildet werden, erfolgt in der divisionalen Organisation eine Strukturierung nach Produkten, Regionen oder Kunden.[25] Als synonymer Begriff werden in der Literatur auch Geschäftsbereichsorganisation, Spartenorganisation oder M-Form- Organisation verwendet. In der Regel sind Divisionen die wesentlichen Kernfunktionen Produktion, Beschaffung und Absatz zugeordnet.[26]

Eine Unterform der divisonalen Organisation ist die Profit-Center-Konzeption. Eine Division wird dann zu einem Profit-Center, wenn ihre Leistung anhand des von ihr erwirtschafteten Gewinns beurteilt wird.[27] In der Literatur wird der Begriff Profit-Center häufig synonym zu Division, Geschäftsbereich oder Sparte verwendet und auch in der Praxis wird eine deutliche begriffliche Differenzierung nicht mehr vorgenommen, da Divisionen in der Regel immer eine Gewinnverantwortung tragen.[28]

Die so genannten „Center-Strukturen“ lassen sich unter dem Überbegriff „Responsibility-Center“ zusammen fassen und unterscheiden sich anhand der Einflussmöglichkeiten auf die erfolgsrelevanten Parameter, die den Teilbereichen eingeräumt werden.[29] Zu den verschiedenen Ausprägungen gehören die fünf Kategorien: Expense-Center, Cost-Center, Revenue-Center, Profit-Center und Investment-Center.[30] Von Profit-Centern im engeren Sinne spricht man, wenn bei gegebenem Kapitaleinsatz das Ziel einer Gewinnmaximierung besteht und die Teileinheiten über Eigenverantwortlichkeit auf der Kosten- und der Erlösseite verfügen. Es handelt sich hierbei fast ausschließlich um objektstrukturierte Bereiche.[31]

3.1.2 Funktionen von Verrechnungspreisen

Verbunden mit der Entwicklung divisionaler Unternehmensorganisationen ist die Frage, wie Transfers materieller oder immaterieller Güter zwischen einzelnen Unternehmenseinheiten zu bewerten sind.

Als Hauptziel von Verrechnungspreissystemen nationaler und internationaler Unternehmen sieht man heute die Gewinnmaximierung über den Gesamtkonzern, analog zum Leitbild der Unternehmung als Instrument der Einkommenserzielung. Entsprechend der ökonomischen Theorie der Unternehmung wird versucht, dieses Ziel über die Optimierung der Allokations- und Einkommensermittlungsfunktion[32] zu erreichen.[33]

Die Funktionen von Verrechnungspreisen innerhalb einer Unternehmensorganisation lassen sich auch mit Hilfe der Grundaussage ableiten, dass Verrechnungspreise der Schaffung von fiktiven Märkten im Unternehmen dienen.[34]

Unternehmen unterscheiden sich aber von Märkten. Sie koordinieren, motivieren und orientieren anders als Märkte, um damit als Unternehmung mehr Wert zu schaffen, als die Summe der einzelnen Akteure auf dem Markt. Aus diesen „ nicht - marktlichen“ Mechanismen (Koordination, Motivation und Orientierung) resultieren auch die verschieden Funktionen von Verrechnungspreisen:[35]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: “Nicht-marktliche“ Mechanismen (Quelle: Osterloh/Frost, 1999, S. 35)

3.1.2.1 Die Koordinationsfunktion

Verrechnungspreise stellen ein Koordinations- bzw. Lenkungsinstrument[36] dar, da sie die Abstimmung organisatorischer Teilbereiche unterstützen, so dass weniger Instanzsysteme benötigt werden.

Koordinationsbedarf entsteht immer dort, wo eine arbeitsteilig organisierte Aufgabenerfüllung zu gegenseitigen Wechselbeziehungen zwischen Teilbereichen führt. Die Planungsprobleme machen eine Abstimmung zwischen den Teilbereichen erforderlich. Verrechnungspreise gehen als Plangrößen in die Kalkulation der interdependenten Teilbereiche ein, z.B. im Rahmen einer Budgetplanung für ergebnisverantwortliche Geschäftsbereiche.[37] Genauer betrachtet hat die Koordinationsfunktion bei arbeitsteiliger Betriebsgliederung vier Aufgaben:[38]

1. Steuerung der Ressourcenallokation: Lenkpreise führen knappe Produktionsfaktoren und Investitionsmittel einer optimalen Nutzung zu und steuern die Teilbereiche im Hinblick auf das Erzielen des Gesamtoptimums (Gewinnmaximierung).

2. Vereinfachung der Planung: Verrechnungspreise vereinfachen die Planung durch Verwendung nominaler Größen und liefern die Entscheidungsgrundlage für die Wahl zwischen Fremdbezug oder Eigenfertigung. (Sie stellen damit einen wichtigen Faktor für „Outsourcing“- Überlegungen dar).

3. Bestimmung der Preise: Verrechnungspreise bilden die Ausgangsbasis für Preiskalkulationen für neu auf den Markt kommende Produkte.

4. Bestandsbewertung: Vorratsvermögen können aus bilanztechnischen Gründen zu Verrechnungspreisen bewertet werden.

Zusammengefasst kann man sagen, dass Verrechnungspreise im Sinne der Koordinationsfunktion die richtige Allokation der Ressourcen des Unternehmen steuern, die Planung vereinfachen und Grundlage für die Entscheidung über Fremdbezug oder Eigenfertigung liefern.[39]

3.1.2.2 Die Motivations- und Ergebnisermittlungsfunktion

Die Ergebnisermittlung selbst dient der Schaffung von Transparenz im Unternehmen, indem die Wirtschaftlichkeit kleinerer Organisationseinheiten beurteilt werden kann. Die Bewertung des Leistungsaustausches zwischen den Unternehmensbereichen ermöglicht dem leistungsabgebenden Bereich den Ausweis von Erträgen, also den (internen) Erlös in Höhe des Verrechnungspreises und dem leistungsempfangenden Bereich den Ausweis von Aufwendungen in entsprechender Höhe. Für den beziehenden Bereich stellt der Verrechnungspreis sozusagen die (internen) Einstandskosten dar.[40]

Die Einkommensverteilungsfunktion erlaubt somit eine Aufteilung des Gesamterfolges in selbständige Spartenerfolge.[41] Dadurch wird eine Ergebnisermittlung der einzelnen Teilbereiche ermöglicht. Verrechnungspreise als Grundlage für die Ergebnisermittlung von Teilbereichen ermöglichen somit die Realisierung von Profit-Center-Organisationen. Dort dient die Ergebnisermittlung als Beurteilungsgrundlage für die Leistung der verantwortlichen Leiterinnen und -Leiter der betroffenen Organisationseinheiten.[42]

Verrechnungspreise können das Verhalten von Profit-Center-Leiterinnen und -Leitern im Sinne eines extern vorgegebenen Unternehmenszieles steuern, indem sie:

1. Den Gewinnbeitrag der Teilbereiche ermitteln.
2. Grundlagen für eine erfolgsabhängige Leistungsbeurteilung schaffen.
3. Eine gegenseitige Effizienzkontrolle ermöglichen.

Da mit dieser Leistungsbeurteilung in der Regel erfolgsabhängige Belohnungen in Form von Prämien oder Tantiemen verbunden sind, entwickeln Verrechnungspreise indirekt eine Motivationsfunktion.[43]

Die Literatur spricht bei diesen Anreizen zum Handeln von extrinsischer Motivation. Sie beruht auf einem Antrieb durch externe Belohnungsfaktoren (z.B. Geld und Anerkennung) und Bestrafung und soll Organisationsmitglieder dazu veranlassen ihre eigenen Ziele mit denen des Unternehmens zu koppeln und ihre Leistungen zu steigern.[44]

Untersuchungen zeigen aber, dass in Unternehmen häufig die intrinsische Motivation eine größere Rolle spielt. Intrinsisch motiviert ist, wer eine Tätigkeit um ihrer selbst Willen ausübt. Die Motivation kann hier nicht mit externen Belohnungen (wie Erfolgsbeteiligungen) erzeugt werden.[45]

3.1.2.3 Die Orientierungsfunktion

Orientierung umschreibt die Wahrnehmung von Anforderungen aus der Umwelt zur “Informierung“ und als Problemdefinition.[46] Innerhalb einer Organisationsstruktur ist es von Bedeutung, dass relevante Probleme wahrgenommen werden, Alternativen entwickelt werden können und das Wissen der Organisationsmitglieder unternehmensweit verteilt werden kann.[47] Auf reinen Märkten stellt das Preissystem die Orientierungsgrundlage dar. Es enthält im Idealfall alle nötigen Informationen, an die das Unternehmen Produkte und Leistungen anpasst. Diese Preise enthalten somit aber nur objektivierte Informationen (oder sog. explizites Wissen[48] ).

In einer Unternehmung hat aber besonders die Entwicklung und Ausnutzung unternehmensspezifischer Ressourcen und Fähigkeiten einen hohen Stellenwert erlangt. Der nachhaltige Wettbewerbsvorteil einer Unternehmung liegt oft in der Tiefenstruktur der Organisation verankert. Die Entwicklung neuer, innovativer Produkte oder Leistungen setzt so genanntes implizites Wissen voraus.[49] Implizites Wissen ist nicht-formulierbares Wissen, welches man am ehesten als eine Art Erfahrungswissen betrachten kann und welches sich auch mit dem Begriff „Fingerspitzengefühl“ umschreiben lässt. Es kann nicht eindeutig an konkreten Ergebnissen oder Leistungssteigerungen festgemacht werden, da es nach außen hin nur indirekt über seine ökonomischen Wirkungen erkennbar ist.[50]

[...]


[1] Vgl. Neuss, W., 1997, S. 38; vgl. Schmalenbach, 1909.

[2] “Pretiale Lenkung“ bedeutet Steuerung interner Einheiten durch Verrechnungspreise. Schmalenbach entwickelte die Grundidee indem er marktwirtschaftliche Lenkungsmechanismen auf Verrechnungspreise übertrug. Ausführlich dazu vgl. Kreuter, 1997, S.19.

[3] Vgl. Schmalenbach, 1908/1909.

[4] Vgl. Kreuter, 1997, S. 1-3.

[5] Vgl. Boos/Rehkugler/Tucha, 2000, S. 2389.

[6] Vgl. Ebenda.

[7] Vgl. Ebenda.

[8] Vgl. Kotschenreuther, 1997b, Rn. G 4.

[9] Vgl. Coenenberg, 1999, S. 523.

[10] Vgl. Schmalenbach, 1903

[11] Schmalenbach ,1909, S. 167.

[12] Vgl. Ewert/Wagenhofer, 1995, S. 509.

[13] Vgl. Coenenberg, 1999, S. 523; Kloock, 1992,Sp 2554; Borchers, 1978, S. 157.

[14] Vgl. Coenenberg, 1999, S. 523.

[15] Vgl. Kreuter, 1999, S. 15; Kellers/Lederle, 1984, S. 105.

[16] Vgl. dazu z B. Raupach, 1999, S.127-172.

[17] Aufgrund der Weite der in dieser Arbeit abgesprochenen Thematik , die beliebig umfangreich bearbeitet werden kann, werden im folgenden nur Grundlagen besprochen. Auf eine umfassende Bertachtung der Verrechnung von Dienstleistungen kann daher in dieser Ausarbeitung nicht eingegangen werden.

[18] Vgl. Kaminski, 2001, S.5.

[19] Vgl. OECD-MA Art.9.

[20] Vgl. §1 Abs. 2 ASTG. Er erfasst neben kapital- bzw. stimmrechtsmäßigen wesentlichen Beteiligungen (>25%) auch außergewöhnliche Einflussmöglichkeiten und Interessenidentitäten.

[21] Vgl. Jakobs, 2002, S. 907.

[22] Vgl. hierzu den OECD-Bericht 1995/99 , der in Tz.7.9 u.7.10 die Abgrenzung nicht verrechenbarer Leistungen präzisiert.

[23] Vgl. ausführlich zur Kostenumlage: Engler, 1997, Rn. K 201-308.

[24] Vgl. Gabler, 2001, S.298.

[25] Vgl. Coenenberg, 1999,S. 530.

[26] Vgl. Kreuter, 2001, S. 9-10.

[27] Vgl. Osterloh/Frost, 1999, S. 66.

[28] Vgl. Coenenberg, 1999, S. 532.

[29] Dieser Begriff wurde maßgeblich von Solomons geprägt, vgl. Solomons, 1956, S. 40.

[30] Näher zu den „Responsibility-Centern“ s. Kreuter, 1999 S. 11-14.

[31] Vgl. Ebenda, S. 12.

[32] Die Optimierung der Allokationsfunktion besteht in einer optimalen Verteilung der knappen ökonomischen Mittel, vgl. Gabler, 2001, S.10.

[33] Vgl. Boos/Rehkugler/Tucha, 2000,S. 2390.

[34] Vgl. Frese, (1995a), S. 942-945.

[35] Vgl. Osterloh, 1998, S. 34-39.

[36] In der Literatur wird für den Begriff “Koordinationsfunktion“ auch der Begriff “Lenkungsfunktion“ gleichbedeutend verwendet.

[37] Vgl. Kreuter,1997, S.27.

[38] Vgl. Coenenberg, 1999, S.523.

[39] Vgl. Osterloh/Frost, 1999, S.39/40.

[40] Vgl. Ewert/Wagenhofer, 2000 S. 588.

[41] Vgl. Kotschenreuther, 1997, Rn. G. 11.

[42] Vgl. Kreuter, 1997, S. 25.

[43] Vgl. Ebenda, S. 26.

[44] Ausführlicher dazu vgl. Osterloh/Frost, 1999, S.37-41.

[45] Profit Center Leiterinnen und –Leiter werten ihre Entscheidungsautonomie und Fairness bei der Leistungsbeurteilung oft höher als zusätzliche finanzielle Anreize. Vgl. dazu die Ergebnisse der Studie von Kreuter, 1999, S. 149-152.

[46] Vgl. Osterloh/Frost, 1999, S. 38; Fremdwörterbuch, 1982, S. 548.

[47] So auch Frost, 1998, S. 93.

[48] Dieses Wissen lässt sich auch mit den Begriffen formulierbar oder spezifisch umschreiben, vgl. Ebenda. S. 155.

[49] Vgl. Prahalad/Hamel, 1991, S.69.

[50] Vgl. Osterloh/Frost, 1997, S. 39.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832466336
ISBN (Paperback)
9783838666334
DOI
10.3239/9783832466336
Dateigröße
634 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Gießen-Friedberg; Standort Gießen – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (April)
Note
1,3
Schlagworte
transfer pricing doppelbesteuerung fremdvergleich internaitonale einkunftsabgrenzung verrechnungspreis
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