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Regionale Vernetzung als Überlebenschance für segmentierte Unternehmen

©1998 Studienarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Allgemeiner Wertewandel, hohe Innovationsgeschwindigkeit, Wissenszuwachs, hohe Dynamik und Komplexität sowie fortschreitende Globalisierung usw. sind Symptome, welche die derzeitige Notwendigkeit für eine allgemeine Neuorientierung im System der Wirtschaft begründen. Das altbewährte Wachstumsdenken stößt an seine Grenzen. Die quantitativen Bedürfnisse sind zumindest in der westlichen Welt weitestgehend befriedigt. Unternehmen sehen sich zunehmend mit immer kleiner werdenden Kundengruppen, ständig wechselnden Wünschen und Bedürfnissen sowie stets höheren Qualitätsanforderungen konfrontiert. Durch den immer schnelleren Wandel werden die Anforderungen an Unternehmen zunehmend komplexer. Die neue Dynamik und die Unberechenbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung sowie fehlende Orientierung sorgen für Unsicherheit.
Die Globalisierung der Wirtschaft ist ein unaufhaltsamer Prozeß und bildet die Perspektive für den größer und härter gewordenen gemeinsamen Markt. Im Zuge der Globalisierung wird den Regionen als Kompetenzzentren und Dezentralen des globalen Wirtschaftssystems wieder verstärkt Bedeutung beigemessen. Die Devise heißt Kooperation statt Konfrontation. Nach Schonberger wurde das, vor allem von fernöstlichen Staaten geprägte Qualitätszeitalter bereits verlassen. Die Wirtschaft befindet sich im Zeitalter der Partnerschaften.
Aufgrund der zunehmenden Komplexität und Dynamik müssen sich die Unternehmen immer schneller an sich verändernde Umstände anpassen.
Eine solch rapide Abnahme der Zeit für Forschung und Entwicklung und Vermarktung von Produkten erfordert die Neugestaltung der Entwicklungs-, Produktions-, Verkaufs- und Verteilungsabläufe von Unternehmen. Die Reaktionszeit wird neben der Komponente Information zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Um kurze blitzschnelle Zykluszeiten zu erreichen, müssen die Unternehmensstrukturen in einem hohen Maße anpassungsfähig und flexibel sein.
Dies bedeutet den Abschied von der klassischen Unternehmenshierarchie. Hierarchische und autoritäre Managementsysteme benötigen aufgrund der vielen Genehmigungsebenen eine zu lange Reaktionszeit. Der Fakt, daß sich mit zunehmender Höhe der Entscheidungsebene auch die Distanz zum eigentlichen Geschehen vergrößert, ist ein weiteres Handicap dieser Systeme. Es stellt sich die Frage nach einer Struktur höherer Ordnung, welche eine zukunftsfähige und vielfältige Unternehmensentwicklung ermöglicht.
Die Bewältigung dieser Anforderungen stellt für […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielstellung

2 Analogien zwischen Ökonomie und Biologie
2.1 Chancen
2.2 Die Kennzeichen des Lebens
2.2.1 Der innere strukturelle Aufbau
2.2.2 Die Dynamik der Struktur
2.2.2.1 Attribute des Lebens
2.2.2.2 Funktionen von Unternehmen
2.2.2.3 Unternehmensziele
2.2.3 Die biologische Evolution
2.2.4 Dynamische Unternehmensstrukturen
2.3 Das Ordnungsgefüge der Natur
2.3.1 Spontane Strukturen
2.3.2 Zusammenarbeit und Kooperation
2.3.3 Wettbewerb und Konkurrenz
2.3.4 Die Organisation dynamischer Strukturen
2.4 Anforderungen an zukünftige Unternehmensstrukturen

3 Chaos und Ordnung
3.1 Vorbetrachtung
3.2 Was ist Chaos?
3.2.1 Der Chaosbegriff
3.2.2 Chaos als Motor des Wandels
3.2.3 Die Chaostheorie
3.3 Die Ordnung im Chaos
3.3.1 Fraktale Strukturen
3.3.1.1 Selbstähnlichkeit
3.3.1.2 Einfache Grundmuster
3.3.2 Selbstorganisation
3.4 Zusammenfassung

4 Die fraktale Aufbaustruktur
4.1 Im Voraus
4.2 Das Fraktal als selbständig agierende Unternehmenseinheit
4.2.1 Autonomie
4.2.2 Die Adaptionsfähigkeit
4.2.2.1 Das Prinzip der Selbstähnlichkeit
4.2.2.2 Zielorientierung
4.2.3 Vereinfachungen
4.2.4 Die Integration bereits bewährter Unternehmenskonzepte
4.2.4.1 Das JUST IN TIME-Konzept
4.2.4.2 TQC - Die totale Qualitätskontrolle
4.2.4.3 KAIZEN - der fortlaufende Verbesserungsprozeß
4.3 Die optimale Organisation
4.3.1 Fraktale Strukturen organisieren sich selbst
4.3.2 Operative Selbstorganisation
4.3.2.1 Selbstkoordination
4.3.2.2 Selbststrukturierung
4.3.3 Selbstorganisation auf der Macroebene
4.4 Die Organisationsverknüpfung
4.4.1 Interaktion und Kommunikation
4.4.1.1 Die Schlüsselressource Information
4.4.1.2 Die Kommunikationsverknüpfung
4.4.2 Der Kooperationsprozeß

5 Neue Formen der Unternehmensorganisation
5.1 Der Kunde ist König
5.2 Neue Unternehmensformen
5.2.1 Das kooperative Netzwerk
5.2.2 Das temporäre Unternehmen
5.3 Der prinzipielle organisatorische Ablauf
5.3.1 Der Kooperationszyklus
5.3.2 Der Entstehungsprozeß
5.3.3 Partnerspezifikation und Ausschreibung
5.3.3.1 Das Ausschreibungsverfahren
5.3.3.2 Rechtsgrundlagen
5.3.3.3 Gliederung und Inhalt einer Ausschreibung
5.3.4 Die Durchführungsphase
5.3.5 Die Beendigung

6 Das Regionalmodell
6.1 Die regionale Kooperationskultur
6.1.1 Gründe für einen regionalen Vorstoß
6.1.2 Der Milieuansatz
6.1.3 Der Wachstumskreislauf einer Wirtschaftsregion
6.1.4 Der gegenseitige Einfluß von wirtschaftlicher und regionaler Entwicklung
6.2 Beispiel: Milieustudie des Wirtschaftsstandortes Chemnitz
6.2.1 Die historische Entwicklung des Chemnitzer Milieus
6.2.2 Auswertung
6.2.3 Chancen und zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten
6.3 Vision: Die fraktale Wirtschaftsregion
6.3.1 Intro
6.3.2 Das Bild
6.3.3 Praxistransfer: Eine Einführungsstrategie

7 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Die Zeitschere...

Abbildung 2.1: Struktureller Aufbau eines Organismus

Abbildung 2.2: Wichtige Unternehmensfunktionen Grundlegende Unternehmensziele

Abbildung 2.4: Struktur-Funktion-YingYang..

Abbildung 2.5: Kennzeichen synergetischer Kooperationen

Abbildung 2.6: Kooperation-Wettbewerb-YingYang.

Abbildung 2.7: Das Spannungsfeld..

Abbildung 2.8: Anforderungen an zukünftige Unternehmensstrukturen

Abbildung 3.1: >Die Erkenntnis

Abbildung 3.2: Selbstähnliches Muster

Abbildung 3.3: Vom Dreieck zum Gebirge

Abbildung 3.4: Der interdisziplinäre Zusammenhang

Abbildung 4.1: Schematischer Grundaufbau und Zusammensetzung eines Fraktals

Abbildung 4.2: Selbstähnliche Fraktale

Abbildung 4.3: Die besonderen Kennzeichen der Fraktale

Abbildung 4.4: Die Vorgehensweisen bei der Problemlösung

Abbildung 4.5: Die emanzipierte Kooperation

Abbildung 5.1: Die neuen Unternehmensformen

Abbildung 5.2: Der Kooperationszyklus

Abbildung 5.3: Der ideale Verlauf einer Kooperation

Abbildung 6.1: Kennzeichen des lokalen Milieus

Abbildung 6.2: Der ideale Wachstumskreislauf einer Wirtschaftsregion

Abbildung 6.3: Die Konstellation der Akteure einer fraktalen Wirtschaftsregion

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1: Die Wirtschaftsperioden nach Schonberger

Tabelle 4.1: Klassische Hierarchie versus fraktale Aufbaustruktur

Tabelle 4.2: Methoden der Selbstkoordination

Tabelle 4.3: Vor- und Nachteile von Kooperationen

Tabelle 5.1: Die Vertragsarten nach dem BGB.

Tabelle 5.2: Rechtsformen für Gesellschaften

Tabelle 5.3: Gliederung und Inhalt einer Ausschreibung

Tabelle 5.4: Die ausführliche Dokumentation

Tabelle 6.1: Indikatoren für die Standortwahl

Vorwort

Um einer solch komplexen Problematik gerecht werden zu können, war es notwendig über die Grenzen der eigenen Disziplin hinaus zu gehen. In der vorliegenden Arbeit werden deshalb Er­kenntnisse aus verschiedenen Wissenschaftsgebieten zusammengefaßt. Neben der Ökonomie und Psychologie haben auch Erkenntnisse aus den Fachgebieten Biologie und Chaosforschung einen großen Einfluß auf das Ergebnis dieser Arbeit.

Da ich während dieser Arbeit versucht habe, verstärkt neue Inhalte und Sichtweisen einfließen zu lassen, basiert ein Teil der Ergebnisse auf meinen subjektiven Erkenntnissen und weniger auf wissenschaftlich hinterlegten Wahrheiten. Meine Überlegungen resultieren aus verschiedenen Theorien, die ich miteinander kombiniert habe. Ich hege nicht den Anspruch auf uneingeschränkte Objektivität oder Wahrheit. Meine Ausführungen sollen vielmehr als ein Beitrag zur Diskussion über die zukünftige Unternehmensentwicklung dienen.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch bei meinem Betreuer Dipl. Ing. André Baumann für seine Anregungen und die Diskussionsbereitschaft bedanken. Für das freundliche Klima und die allge­meine Hilfsbereitschaft gilt mein Dank dem gesamten Lehrstuhl für Fabrikplanung.

Ein ganz besonderes Dankeschön geht an meine Eltern. Ihr Verständnis und die ständige Unter­stützung haben mir die volle Konzentration auf diese Arbeit ermöglicht.

1 Einleitung und Zielstellung

Allgemeiner Wertewandel, hohe Innovationsgeschwindigkeit, Wissenszuwachs, hohe Dynamik und Komplexität sowie fortschreitende Globalisierung usw. sind Symptome, welche die derzeitige Notwendigkeit für eine allgemeine Neuorientierung im System der Wirtschaft begründen. Das altbe­währte Wachstumsdenken stößt an seine Grenzen. Die quantitativen Bedürfnisse sind zumindest in der westlichen Welt weitestgehend befriedigt. Unternehmen sehen sich zunehmend mit immer kleiner werdenden Kundengruppen, ständig wechselnden Wünschen und Bedürfnissen sowie stets höheren Qualitätsanforderungen konfrontiert. Durch den immer schnelleren Wandel werden die Anforderungen an Unternehmen zunehmend komplexer. Die neue Dynamik und die Unbe­rechenbarkeit der wirtschaftlichen Entwicklung sowie fehlende Orientierung sorgen für Unsicherheit.

Die Globalisierung der Wirtschaft ist ein unaufhaltsamer Prozeß und bildet die Perspektive für den größer und härter gewordenen gemeinsamen Markt. Im Zuge der Globalisierung wird den Regionen als Kompetenzzentren und Dezentralen des globalen Wirtschaftssystems wieder verstärkt Be­deutung beigemessen. Die Devise heißt Kooperation statt Konfrontation. Nach Schonberger (Tabelle 1.1) wurde das, vor allem von fernöstlichen Staaten geprägte Qualitätszeitalter bereits verlassen. Die Wirtschaft befindet sich im Zeitalter der Partnerschaften.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1.1: Die Wirtschaftsperioden nach Schonberger, Quelle: /Scho-97/, S.29

Aufgrund der zunehmenden Komplexität und Dynamik müssen sich die Unternehmen immer schneller an sich verändernde Umstände anpassen. Die Zeitschere in Abbildung 1.1 zeigt in der Entwicklungstendenz die Differenz zwischen benötigter und verfügbarer Reaktionszeit. Das be­deutet, daß sich die zur Verfügung stehende Gesamtzykluszeit, also der Zeitintervall zwischen Forderung des Marktes und der Erfüllung durch das Unternehmen, ständig verkürzt. Gründe dafür sind beispielsweise Differenzierungen in der Nachfrage und der schnelle technische Fortschritt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1.1: Die Zeitschere , Quelle: /Dese-97/, S.80

Eine solch rapide Abnahme der Zeit für Forschung und Entwicklung und Vermarktung von Produkten erfordert die Neugestaltung der Entwicklungs-, Produktions-, Verkaufs- und Verteilungs­abläufe von Unternehmen. Die Reaktionszeit wird neben der Komponente Information zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Um kurze blitzschnelle Zykluszeiten zu erreichen, müssen die Unter­nehmensstrukturen in einem hohen Maße anpassungsfähig und flexibel sein.

Dies bedeutet den Abschied von der klassischen Unternehmenshierarchie. Hierarchische und autoritäre Managementsysteme benötigen aufgrund der vielen Genehmigungsebenen eine zu lange Reaktionszeit. Der Fakt, daß sich mit zunehmender Höhe der Entscheidungsebene auch die Distanz zum eigentlichen Geschehen vergrößert, ist ein weiteres Handicap dieser Systeme. Es stellt sich die Frage nach einer Struktur höherer Ordnung, welche eine zukunftsfähige und vielfältige Unter­nehmensentwicklung ermöglicht.

Die Bewältigung dieser Anforderungen stellt für die Industrie eine existentielle Herausforderung dar. In den vergangenen Jahren entstanden eine Vielzahl verschiedener Strategien und interessanter Konzepte. Die Spannbreite der Ergebnisse reicht vom Lean Management[1] über die Fraktale Fabrik[2] bis hin zur Atmenden Fabrik[3] oder der Bionischen Fabrik[4]. Alle diese Konzepte sind fortschrittlich und versuchen die Dynamik zu beherrschen, und die Komplexität zu begrenzen.

In der vorliegenden Arbeit versucht der Verfasser an diese Strategien und Konzepte anzuknüpfen. Bisherige Erkenntnisse werden weiterentwickelt, ergänzt und teilweise in einen neuen Zusam­menhang gestellt. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit ist die Erstellung eines Strukturkonzeptes für die Vernetzung von Unternehmenseinheiten auf regionaler Ebene. Die Arbeit setzt sich im Prinzip aus zwei Teilen zusammen. Im ersten Teil werden die Anforderungen und Bedingungen abgeleitet, welche im zweiten Teil praktisch umgesetzt werden.

Der erste Teil ist ein Versuch, eine Brücke zwischen Biologie, Chaosforschung und Wirtschaft zu schlagen. Es werden gemeinsame Potentiale und direkte Parallelen aufgedeckt und Ansätze für die zukünftige Bildung dynamischer Unternehmensstrukturen abgeleitet. Im Kapitel 2 erfolgt zunächst eine Zusammenstellung von Anforderungen und Bedingungen an dynamische Unternehmens­strukturen. Anhand der zwischen Ökonomie und Biologie bestehenden Analogien werden wichtige Funktionen und Ziele genauso wie die organisatorische Umsetzung der Anforderungen ermittelt. Im 3. Kapitel wird mit Hilfe der Erkenntnisse aus der Chaosforschung ein Weg für die theoretische Umsetzung der hergeleiteten Anforderungen gesucht.

Im zweiten Teil der Arbeit erfolgt die Transformation der aus Biologie und Chaosforschung gewonnenen Erkenntnisse in einen konkreten wirtschaftlichen Zusammenhang. In Kapitel 4 werden die abgeleiteten Ansätze systematisiert und in Form eines neuen Strukturkonzeptes, mit allen notwendigen organisatorischen Anforderungen und betrieblichen Bedingungen sowie Anregungen für deren praktische Realisierung, zusammengefaßt. Darauf aufbauend werden im 5. Kapitel zwei konkrete Vorschläge für neue Formen der Unternehmensorganisation erarbeitet. Das 6. Kapitel setzt die neuen Unternehmensformen in einen regionalen Kontext und beschreibt die Vision einer Wirtschaftsregion des 21. Jahrhunderts.

2 Analogien zwischen Ökonomie und Biologie

2.1 Chancen

Es besteht die Chance, von einem sehr alten und erfolgreichen System zu lernen. Die Biologie ist dem System der Wirtschaft in vielen Bereichen sehr ähnlich.

In diesem Kapitel wird der Versuch unternommen, anhand bestimmter Analogien zwischen Biologie und Ökonomie, Anforderungen und Regeln für die Strukturierung und Gestaltung von Wirtschafts­systemen abzuleiten.

Sowohl die Biologie als auch die Ökonomie beschäftigt sich mit den Phänomenen, die durch die Verwendung von knappen Gütern entstehen. Wettbewerb und Konkurrenz sowie Zusammenarbeit und Kooperation sind Erscheinungen, die in den Systemen gleichermaßen zu beobachten sind. Ein effizienter Umgang mit Ressourcen[5] zur Durchsetzung bestimmter Ziele ist eine weitere wesentliche Eigenschaft beider Systeme. Der strukturelle Aufbau eines biologischen Organismus weist be­achtliche Parallelen zu Strukturen von Unternehmen auf. Bei einem Vergleich der Attribute des Lebens im biologischen Sinne mit Zielen und Funktionen von Unternehmen, ist ebenfalls eine hohe Übereinstimmung festzustellen. Weiterhin entspricht das Tauschsystem in der Biologie im Prinzip dem wirtschaftlichen Dienstleistungssystem auf Naturalbasis. Sowohl die Biologie als auch die Ökonomie ist durch ständigen Wandel und permanente Anpassung an neue Bedingungen ge­kennzeichnet.

Aufgrund dieser Analogien ergibt sich die Möglichkeit, bewährte Lösungen eines perfekt funktionierenden Systems auf eine wirtschaftliche Problematik zu übertragen. Der Vergleichbarkeit von Biologie und Ökonomie sind jedoch Grenzen gesetzt. Die biologische Evolution ist bei aller Ähnlichkeit, im Gegensatz zur wirtschaftlichen Entwicklung, durch zufällige Neuerungen gekenn­zeichnet.

In der Natur ist kein bewußtes Handeln oder Aufstellen von Regeln möglich. Der Mensch kann jedoch, aufgrund seiner Befähigung zum bewußten Denken, die Gestaltung von Prozessen aktiv und damit kurzfristig beeinflussen. Im Vergleich zur langwierigen biologischen Evolution sind unter diesen Voraussetzungen sehr große und schnelle Entwicklungssprünge möglich.

2.2 Die Kennzeichen des Lebens

2.2.1 Der innere strukturelle Aufbau

Das Universum ist ein in sich geschlossenes, geordnetes und gegliedertes Ganzes und stellt die Gesamtheit aller bekannten und unbekannten Systeme dar. Es ist ein Gefüge von Teilen, die voneinander abhängig sind, ineinandergreifen oder zusammenwirken. /Lasz-92/ Diese Ordnung hat sehr viele strukturelle Ebenen, deren Aufbau sich jedoch prinzipiell gleicht. Die kleinste dieser Ebenen ist die atomare, und die größte der Kosmos in seiner Totalität. Dazwischen befindet sich die Biosphäre der Erde mit ihrer Unterebene Natur, die auch die Menschheit und somit das System der Wirtschaft beinhaltet.

Im Weiteren wird zwischen der inneren Struktur des Lebens, und der äußeren Struktur der Natur unterschieden. Der folgende Abschnitt bezieht sich ausschließlich auf den strukturellen Grund­aufbau von Organismen bzw. Lebewesen. Die nächste strukturelle Ebene, das Ordnungsgefüge der Natur als Gesamtheit, wird an späterer Stelle näher betrachtet.

Die Grundeinheit des Lebens ist die Zelle. Es gibt einzellige und mehrzellige Lebewesen. Bei vielzelligen Lebewesen, z.B. dem Menschen, setzt sich der Organismus aus sehr vielen, meist hochspezialisierten Zellen zusammen.

Viele Zellen gleicher Art bezeichnet man als ein Gewebe (z.B. Muskelgewebe). Verschiedene miteinander funktionierende Gewebe bilden ein Organ (z.B. Herz). Organe, die eine oder mehrere bestimmte Aufgaben haben, formen zusammen ein System (z.B. Herz-Kreislauf-System). Alle Systeme zusammen bilden den Organismus, also den lebenden Menschen. /Jeck-92/

Die in Abbildung 2.1 dargestellte Struktur ist hierarchisch gegliedert. Der Aufbau eines biologischen Organismus kann unterschiedlich sein und ist immer auf die Funktion abgestimmt.

- Die Struktur ist immer von der geforderten Funktion abhängig.

Analog zur Struktur von Unternehmen, sind jedoch die Grundstrukturen immer die gleichen. Das folgende Beispiel einer fiktiven Unternehmensstruktur soll kurz die Parallelen zum biologischen Aufbau veranschaulichen. /Lebe78/

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. 1: Struktureller Aufbau eines Organismus, i.A. /Born-96/

Betrachtet man die Gesamtheit des Unternehmens als einen lebenden Organismus, so würden die Geschäftsprozesse, wie z.B. Buchhaltung und Produktion, einzelne Systeme darstellen. Aufgaben­bereiche, wie die Lohnbuchhaltung oder die mechanische Fertigung sind einzelne, darin enthaltene Organe. Die kleinste, ein Unternehmen bestimmende Einheit (Zelle), ist der Mensch. Eine Arbeits­gruppe, z.B. die Fräserei, bildet durch Ihre Arbeitskräfte ein an die Biologie angelehntes Gewebe.

Der strukturelle Aufbau von Unternehmen gleicht also prinzipiell dem von Lebewesen. Trotz der beachtlichen Parallelen gibt es einen gravierenden Unterschied. Lebewesen sind räumlich be­grenzte, also abgeschlossene und eigenständig funktionierende Einheiten. Sie bestehen nur, wenn alle überlebenswichtigen Bausteine komplett vorhanden bzw. funktionstüchtig sind.

Um den ständigen Betrieb, also das Leben gewährleisten zu können, unterliegen die Bausteine einer festen Hierarchie. Die einzelnen Bausteine erfüllen eine oder mehrere bestimmte Funktionen und sind aufgrund ihrer Struktur nicht in der Lage andere Funktionen wahrzunehmen.

In vielen heutigen Unternehmen herrscht ebenfalls eine solche starre Hierarchie. Die streng strukturorientierte Arbeitsweise dieser Betriebe verhindert ein kurzfristiges Eingehen auf neue oder veränderte Kundenwünsche. /Dese-97/

Im Gegensatz zu Organismen sind Unternehmen nicht zwingend auf das Vorhandensein bestimmter fester und ortsgebundener Bestandteile angewiesen. Unternehmensstrukturen können sehr flexibel sein, d.h. einzelne Bestandteile könnten bei Bedarf von selbst und in relativ kurzer Zeit erweitert, ausgetauscht oder entfernt werden. Dabei spielt die örtliche Komponente eine eher untergeordnete Rolle. Das bedeutet, daß z.B. die kleinste Einheit eines Unternehmens, also der Mensch, eigenständig und ohne Anwesenheit vor Ort, Aufgaben zum Nutzen für das Gesamtsystem durchführen kann.

Kommentar:

Aufgrund dieser Tatsachen drängt sich leicht der Verdacht auf, daß Organismen im Vergleich zu Unternehmen nicht sehr flexibel sind. Wäre dies der Fall, könnte man sich natürlich weitere Be­trachtungen sparen. Fakt ist, daß sich Lebewesen im Laufe der biologischen Evolution ständig an sich verändernde Umstände anpassen. Die Biologie ist eines der flexibelsten und dynamischsten Systeme überhaupt. Lediglich der im Vergleich zur Wirtschaft wesentlich längere zeitliche Horizont täuscht dem Betrachter mangelnde Flexibilität vor.

Darüberhinaus ist zu bemerken, daß ein Unternehmen an sich prinzipiell die Voraussetzungen für das Erlangen einer hohen Flexibilität besitzt. Die Umsetzung wird jedoch in den meisten Fällen durch falsche Strategien und veraltete Konzepte gehemmt oder gar blockiert.

2.2.2 Die Dynamik der Struktur

2.2.2.1 Attribute des Lebens

Für alle Lebewesen, auch die einfachsten, ist die hohe strukturelle und funktionelle Komplexität charakteristisch. In den Organismen laufen die verschiedensten geordneten physikalischen und chemischen Vorgänge ab.

- Struktur und Funktion bilden eine untrennbare Einheit.

Die Einheit von Struktur und Funktion ist besonders durch ihre Dynamik gekennzeichnet. Das natürliche System (Organismus) steht mit seiner Umwelt in ständiger Wechselwirkung und muß, um funktionieren zu können, permanent auf Veränderungen der gegebenen Bedingungen reagieren. Falls ändernde Umfeldbedingungen neue Funktionen erfordern, wandelt sich die Struktur dement­sprechend. Das Leben in seiner ganzen Komplexität wird durch einige unverwechselbare Attribute beschrieben. /Lebe-78/

1. Vermehrung
2. Merkmalsausbildung
3. Wachstum
4. Entwicklung
5. Reizbarkeit
6. Bewegung
7. Stoffwechsel

Aus den sieben, das biologische Leben charakterisierenden Eigenschaften, können wichtige Anforderungen an die Wirkungsweise zukünftiger Unternehmensstrukturen sowie grundlegende Funktionen und Ziele für Unternehmen abgeleitet bzw. übernommen werden. Zunächst müssen jedoch die grundlegenden Inhalte der einzelnen Attribute erörtert werden.

1. Vermehrung:

Die Vermehrung ist das hervorragende Attribut aller Lebewesen. Ohne die Eigenschaft zur Vermehrung bzw. Vererbung ist das Leben in dieser Form undenkbar. Die Vermehrung beruht auf der Fähigkeit der DNA[6] zur originalgetreuen Verdoppelung. Die DNA ist Träger der Erbinformationen und gibt diese im Normalfall unverändert, von Generation zu Generation weiter.

2. Merkmalsausbildung:

Die Ausprägung individueller Merkmale wird durch die ständige Wechselwirkung mit der Umwelt beeinflußt. So kommt es, daß trotz gleicher Erbanlagen meist unterschiedliche Merkmale entwickelt werden. Es entsteht also eine große Vielfalt von Merkmalen. Durch die biologische Evolution wird eine Entscheidung über die Qualität der Merkmale getroffen.

3. Wachstum:

In der Biologie beruht das Wachstum auf dem Aufbau körpereigener Substanz. Das bedeutet eine irreversible, also nicht umkehrbare bzw. nur nach einer Richtung verlaufende Volumenzunahme. Dies kann aber nur bis zum Erreichen einer genetisch festgelegten Endgröße erfolgen.

4. Entwicklung:

Eng mit dem Wachstum verbunden ist die qualitative Entwicklung. Sie ist für das Entstehen von Eigenschaften, die für das System neu sind, verantwortlich und wird auch als der Formwechsel eines jeden Organismus im Lebenslauf bezeichnet. Die allgemeine Richtung der Entwicklung ist die bestmögliche Anpassung an eine bestimmte Umwelt.

Es gibt verschiedene Formen der Entwicklung. Neben der Weiter- bzw. Höherentwicklung, und der Spezialisierung/Spezifikation, ist auch eine Rückentwicklung möglich.

5. Reizbarkeit:

Die Reizbarkeit stellt eine wichtige Organismus-Umwelt-Beziehung dar. Um ihre Aufgabe erfüllen zu können, benötigen Organismen einen inneren oder äußeren Reiz. Der Reiz, z.B. eine Umweltver­änderung, hat lediglich eine auslösende Wirkung. Die Antwort (Reaktion) liefert der Organismus, beispielsweise in Form einer Anpassung selbst.

6. Bewegung:

Die Fähigkeit zur Bewegung ist das, die Dynamik am besten charakterisierende Attribut. Unter Bewegung ist nicht nur die freie Ortsbewegung zu verstehen, sondern auch die Bewegung von Strukturen innerhalb eines Organismus, worauf schließlich auch die freie Ortsbewegung beruht.

7. Stoffwechsel:

Die bereits erklärten Attribute weisen darauf hin, daß die Organismen Stoffe für den Aufbau ihres Körpers aufnehmen und Energie bereitstellen müssen. Lebewesen nehmen also Stoffe aus der Umwelt auf, formen sie in ihrem Inneren unter Energieverschiebung um, und geben die Umbau­produkte wieder nach außen ab. Der aus dem ständigen Stoff- und Energieaustausch mit der Umwelt resultierende Stoffstrom stellt im physikalischen Sinne ein offenes System[7] dar. /Lebe-78/

Das Folgende beschreibt eine Transformation der biologischen Attribute des Lebens auf die unter­nehmerische Ebene. Es wird zwischen von der Biologie auf die Wirtschaft ableitbaren Funktionen und identischen Zielen, zwischen Biologie und Wirtschaft unterschieden. Ein Teil dieser Ziele und Funktionen bildet zugleich die Grundlage für die Herausstellung des für zukünftig erfolgreiche Unternehmensstrukturen geforderten Wirkprinzipes.

2.2.2.2 Funktionen von Unternehmen

- Stoffwechsel:

Die Grundfunktion eines Unternehmens ist, je nach Fasson, das Produzieren von Gütern bzw. das Durchführen von Dienstleistungen. Im Prinzip vollzieht sich der Stoffwechsel analog dem der Biologie. Eingangsdaten und -stoffe werden unter Energieaufwand in Endprodukte bzw. Ausgangs­daten transformiert.

Das Grundproblem offener Systeme ist die Konstanthaltung des Fließgleichgewichtes[8], ihrer inneren Systembedingungen gegenüber den ständigen milieubedingten Störungen[9]. Solange die Stoff­wechselfunktion unter diesen Bedingungen gewährleistet ist, überlebt sowohl das Unternehmen als auch ein Lebewesen.

- Reizbarkeit:

Die Realisierung dieser Funktion ist Grundlage für eine schnelle Problemerkennung und -lösung. Um sich optimal anpassen zu können, ist ein Unternehmen auf Reize, also Informationen über Veränderungen, in seinem Inneren und seiner Umwelt angewiesen.

Eine hohe Sensibilität, das heißt, eine frühe Informationsaufnahme und -bearbeitung, verbunden mit einer möglichst großen Aufnahmekapazität, ermöglicht die schnellstmögliche Beantwortung und sichert somit die Existenz jeder Unternehmung.

- Um die Unternehmensfunktion Reizbarkeit effizient ausführen zu können, ist vor allem auf eine - große Informationsaufnahmekapazität,

- sensible Systemgrenzen und eine
- schnelle Informationsverarbeitung zu achten.
- Bewegung:

Eng im Zusammenhang mit der Reizbarkeit steht die Fähigkeit zur Bewegung bzw. die Beweglich­keit. Was nützt eine frühe Reizaufnahme, also Problemerkennung, wenn die Problemlösung durch starre Strukturen behindert wird? Im Unternehmen steht Bewegung in erster Linie für die Reizbeantwortung in Form von Strukturveränderungen. Wenn neue oder andere als die bis dato vor­handenen Funktionen zur Reaktion auf eine Umfeldveränderung benötigt werden, sind strukturelle Veränderungen unerläßlich.

Eine Möglichkeit ist die Bildung problemorientiert arbeitender Teams zur Lösung von ganz speziel­len Problemen. Die Mitglieder eines solchen Teams werden beispielsweise, je nach Kompetenz, aus anderen Strukturen (funktionalen Bereichen) für einen bestimmten Zeitraum herausgelöst. Nach Erfüllung der Aufgaben löst sich diese spezielle Struktur wieder auf, und die Mitglieder kehren zu ihren angestammten Bereichen zurück.

- Bewegung ist nur mit dynamischen Unternehmensstrukturen möglich.

Natürlich haben Unternehmen noch eine Vielzahl anderer Funktionen (z.B. Aufträge akquirieren, Marketing, Vertrieb, Buchhaltung usw.) wahrzunehmen. Diese drei, von der Biologie übertragenen Funktionen, stellen lediglich das Grundgerüst, also die ´´lebenswichtigsten´´ Funktionen dar. Abbildung 2.2 stellt die Unternehmensfunktionen im Zusammenhang mit der Umwelt dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 .2: Wichtige Unternehmensfunktionen

2.2.2.3 Unternehmensziele

Das Hauptziel eines jeden Organismus ist das Überleben in seinem Umfeld. Die meisten[10] Unternehmen streben ebenfalls eine dauerhafte Überlebensfähigkeit an. Dieses Ziel steht wegen seiner absoluten Priorität über allen anderen Unternehmenszielen und alle Aktivitäten müssen mit ihm in Einklang sein.

Ein primäres Ziel von Unternehmen ist das Wachstum, also die Zunahme an Substanz bzw. Kapital. Die Bedingung für Wachstum ist, daß der Zufluß zu einem offenen System größer als der Abfluß ist. Wachstum ist eine Grundlage für das Überleben. Permanentes Wachstum eines Unternehmens ist jedoch eine Illusion, denn es entzieht sich dadurch auf Dauer die eigene Lebensbasis. Aus diesem Grund muß die Funktion eines Systems unabhängig vom Unternehmensziel Wachstum gewähr­leistet sein.

Nun gibt es im Gegensatz zur Biologie keine genetisch festgelegte Endgröße, aber angesichts der begrenzten Ressourcen an Rohstoffen und Energie und der sich immer mehr beschleunigenden Umweltbelastung sind dem quantitativen Wachstum natürliche Grenzen gesetzt. /Mead-90/

Als ein weiteres begrenzendes Problem wird häufig der sogenannte ´´sich rückläufig entwickelnde Absatzmarkt´´ dargestellt. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es sich hierbei um eine Grenze im oben genannten Sinne handelt. Oder ist diese Tatsache nicht vielmehr auf die Unfähigkeit eines Unternehmens, auf Veränderungen im Umfeld (Markt) zu reagieren, zurückzuführen?

- Permanentes Wachstum ist unmöglich!

Das quantitative Wachstum stellt ausschließlich eine Vervielfachung desselben dar. Es entsteht nichts (oder nur wenig) Neues. /Born-96/ Da sich das Umfeld ständig verändert und somit immer neue Anforderungen erfüllt werden müssen, tritt das Ziel der qualitativen Entwicklung, also weitest­gehend der technische und organisatorische Fortschritt, zunehmend in den Vordergrund. Es muß ein geeigneter Rahmen für innovatives Verhalten geschaffen werden.

Produkte kommen und gehen, aber Funktionen bleiben. Ein Wechsel vom struktur- und produkt­orientierten Denken hin zu einer kundenproblemorientierten Denkweise ist dringend notwendig.

- Die Orientierung auf Kundenprobleme treibt die Entwicklung voran.

Die Ausbildung neuer Merkmale ist immer dann notwendig wenn sich die Umwelt bzw. der Markt entscheidend wandelt. Je nach Tragweite der Veränderungen müssen manche Unternehmen, um weiter bestehen zu können, zum Teil völlig neue, aber immer der Situation entsprechende spezielle Merkmale entwickeln. Dies geht einher mit dem Ziel, unternehmensspezifische Eigenschaften, gewissermaßen ´´Einzigartigkeit´´, auszuprägen. Viele Unternehmen haben im Laufe der Zeit eine Vielzahl verschiedener Merkmale (im Sinne von Funktionen) ausgebildet. Es galt die Meinung, daß Vielfalt mit Flexibilität gleichzusetzen ist. Aufgrund dieser Vielfalt war und ist das qualitative Niveau dieser Merkmale oftmals unterschiedlich hoch entwickelt.

Leger formuliert konnten, und können diese Betriebe vieles aber nur weniges richtig gut. Besonders gut entwickelte Fähigkeiten werden im weiteren als Kernkompetenzen[11] bezeichnet.

- Das spezifische Merkmal eines Unternehmens sind seine Kernkompetenzen.

´´Einzigartigkeit´´ kann nur durch eine Weiterentwicklung dieser Kompetenzen in Form einer Spezialisierung erreicht werden. Das verlangt die permanente Konzentration auf den Ausbau der vor allem in Form von Erfahrungswissen vorliegenden Kernkompetenzen.

- Die Spezialisierung auf Kernkompetenzen ist der Weg zur ´´Einzigartigkeit´´.

Eine Vielfalt an verschiedenen Merkmalen ist keineswegs immer negativ zu bewerten. Sie macht jedoch nur Sinn, wenn alle Merkmale ein ähnlich hohes Qualitätslevel besitzen, welches auch für die Zukunft unterhaltbar ist.

- Vielfalt wirkt sich nur im richtigen Verhältnis zur Qualität positiv aus.

Die Vermehrung im biologischen Sinne ist ein Ziel, das mit den obig erklärten Zielen in engem Zusammenhang steht, aber aufgrund der besonderen Stellung nicht vollständig auf die Ökonomie übertragbar ist. Aus diesem Grund wird die Vermehrung nur im Sinne einer Vervielfachung, Erhöhung oder Steigerung betrachtet, und ist somit im Unternehmensziel Wachstum enthalten.

In Abbildung 2.3 sind einige konkrete Ziele, welche die Durchsetzung der grundlegenden Unter­nehmensziele unterstützen, aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. 3: Grundlegende Unternehmensziele

2.2.3 Die biologische Evolution

Jedes Lebewesen stellt das Ergebnis einer langdauernden biologischen Evolution dar. Die Evolution hat dadurch entscheidenden Einfluß bzw. bildet die Grundlage für das Ordnungsgefüge der Natur. Sie erfolgt, ebenso wie die wirtschaftliche Entwicklung, in einer sich ständig verändernden Umwelt. Nichts ist so beständig wie der Wandel. Durch die Evolution verändern sich -respektive entstehen neue Merkmale, welche eine bessere Anpassung eines Organismus an die Umstände seines Lebensraumes darstellen. Die Evolution entspricht somit dem Unternehmensziel Entwicklung, und der damit verbundenen Merkmalsausbildung.

- Die Evolution ist ein umfeldbedingter Optimierungsprozeß.

Die Evolution erfolgt in kleinen Schritten. Veränderungen betreffen nicht immer ein gesamtes System. Sie können sich auch auf einzelne Funktionen beschränken und somit nur geringfügige Abweichungen vom Originalzustand zur Folge haben. /Lebe-78/

Die zwei bedeutendsten Einflußfaktoren für diesen Anpassungsprozeß sind Mutation[12] und Selektion[13]. Die Mutation ist eine zufällige Änderungen im Vererbungssystem und ist für das Ent­stehen neuer Merkmale und die Veränderung alter Merkmale verantwortlich. Durch diesen Prozeß wird eine große Vielfalt an Erbtypen bzw. Erben mit den unterschiedlichsten Merkmalen gebildet. Die natürliche Selektion läßt nur Lebewesen überleben und sich vermehren, die überwiegend positive Merkmale besitzen und an das betreffende Umfeld am besten angepaßt sind. /Lebe-78/

- Vielfalt ist kein Ersatz für Qualität.

Selbst wenn die Anpassung von Lebewesen an die Umwelt bereits optimal ist, schreitet die Evolution unablässig voran. Dadurch entsteht neben immer besserer Anpassung auch eine zunehmende Typenvielfalt und Kompliziertheit. /Lebe-78/

Infolge der Ähnlichkeiten zur wirtschaftlichen Entwicklung lassen sich aus der biologischen Evolution zum einen, die bereits abgeleiteten Ziele und Funktionen von Unternehmen stützen, und zum anderen können weitere Anforderungen bzw. Erfolgsfaktoren für Unternehmen geschlußfolgert werden.

Unternehmen sollten sich also ständig weiterentwickeln. Wobei nach dem natürlichen Vorbild kleine Schritte bzw. Veränderungen an der richtigen Stelle durchaus große Wirkungen erzielen können. Große Umwälzungen verhindern das Lernen und Wachsen[14] der beteiligten Teile. Da die Ökonomie sich nicht auf zufälligen Änderungen gründet, müssen die neuen Merkmale zielgerichtet ausgearbeitet werden. Das erfordert die präzise Kenntnis und sorgfältige Analyse der vorhandenen Umweltbedingungen und möglichen Entwicklungstendenzen.

Auf den Vorgang der Selektion kann allerdings kein direkter Einfluß genommen werden. Ob sich ein ausgearbeitetes Merkmal als positiv oder negativ erweist hängt von der zukünftigen Entwicklung der Umstände ab. Und diese wird im gewissen Grad wiederum vom Zufall bestimmt.

Erfolgsfaktoren:

- Die permanente Weiterentwicklung sorgt für hohe Widerstandsfähigkeit.
- Neue Merkmale müssen zielgerichtet herausgearbeitet werden.
- Die Optimierung muß in kleinen und übersichtlichen Schritten erfolgen.
- Kleine Veränderungen an richtiger Stelle erzielen oftmals große Wirkungen.
- Ständige Aufnahme, Kontrolle und Überwachung der Umweltbedingungen sowie eine Überprüfung der aktuellen Merkmale bilden die Basis für eine erfolgreiche Weiter­entwicklung.

2.2.4 Dynamische Unternehmensstrukturen

In zukünftig erfolgreichen Unternehmen muß die Produktion immer direkt am Kundenwunsch ausgerichtet werden. Da die Produktlebenszyklen in vielen Branchen immer kürzer werden, ist eine schnelle Anpassungsfähigkeit der Produktion unerläßlich. Das bedeutet, daß ein Unternehmen in der Lage sein muß, schnellstmöglich die für einen Wandel notwendigen Maßnahmen, z.B. in Form von neuen oder verbesserten Produkten oder Prozessen einzuleiten.

Um dies effektiv durchführen zu können, ist meistens die Schaffung neuer, bzw. eine Modifizierung vorhandener Funktionen erforderlich. Die Realisierung bestimmter Funktionen ist aber nur mittels den entsprechenden Strukturen möglich.

Die grundlegende Erkenntnis, daß die Struktur immer von der Funktion abhängig ist, verlangt deshalb vor allem eine hohe strukturelle Flexibilität.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Struktur-Funktion-YingYang[15]

Diese geforderte Beweglichkeit kann nur mit Hilfe dynamischer Unternehmensstrukturen effizient erreicht werden. Die Wirkungsweise einer solchen dynamischen Struktur ist streng objektbezogen. Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung ist die wirkungsvolle Durchführung der von der Biologie abgeleiteten Unternehmensfunktionen Reizbarkeit und Bewegung.

Nachdem die Frage nach der prinzipiellen Wirkungsweise zukünftiger Unternehmensstrukturen beantwortet wurde, stellt sich im weiteren die Frage nach einer für die Umsetzung der An­forderungen günstigen Organisationsform sowie deren möglicher struktureller Aufbau.

2.3 Das Ordnungsgefüge der Natur

2.3.1 Spontane Strukturen

Der innere Zusammenhalt und die allgemeine Funktionsweise des Lebens standen bisher Pate für die Herleitung eines Wirkprinzipes für zukünftige Unternehmensstrukturen. Jetzt erfolgt die Analyse der nächst höheren Ebene. Die Natur wird im weiteren als Gesamtsystem betrachtet. Das bedeutet in erster Linie, daß der Versuch unternommen wird, aus dem Zusammenleben der einzelnen Organismen, bzw. Individuen, eine passende Form der Organisation für dynamische Unter­nehmensstrukturen abzuleiten. Darüberhinaus können einige weitere Anforderungen, Bedingungen und Regeln für die Gestaltung künftiger Wirtschaftssysteme geschlußfolgert werden.

Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen ist die Entstehung spontaner, komplexer und selbstorganisierender Strukturen der Natur im Rahmen von Wettbewerbsprozessen und Konkur­renzbeziehungen.

In der Natur herrscht eine durch die langwierige und immer währende Evolution ständig wachsende Ordnung. Diese Ordnung bildet sich ungeplant. Die Natur ist also ein selbstorganisierendes System, das spontan entstanden ist. Die Grundlage dafür bildet der Selektionsprozeß. Der besagt, daß sich bestimmte Organisationsmuster und Verhaltensmerkmale als vorteilhaft gegenüber anderen erweisen. Diese spontane Ordnung ist durch einen einfachen aber konkreten Charakter gekenn­zeichnet und läßt prinzipiell alle Entwicklungsmöglichkeiten offen. /Birn-96/

- Die Ordnung in der Natur entsteht durch spontane Selbstorganisation.[16]

Durch eine sich ständig verändernde Umwelt unterliegt die spontane Ordnung dem Wettbewerb zwischen neuen Verhaltensweisen und Mustern. Es wird kein Endzustand erreicht. Diese Weiter­entwicklung ist als dynamischer und offener Prozeß zu betrachten, welcher durch ständigen Wandel und permanente Anpassung an neue Bedingungen gekennzeichnet ist. /Birn-96/

- Die Ordnungsfindung ist ein ständig fortwährender Optimierungsprozeß.

Die Dynamik des Optimierungsprozesses hat auch Auswirkungen auf seinen eigenen Wandel. Die entscheidende Bedingung für Spontanität ist, daß Prozesse, die auf Grund einer Einwirkung (z.B. Reiz von außen oder aus dem Systeminneren) auf das System aktiviert werden, nicht zentral ge­lenkt oder geplant werden. /Birn-96/

- Spontanität bedingt eine dezentrale Organisationsform.

In spontanen Strukturen existieren vielfältige Wechselbeziehungen. Viele Individuen leben eng in einer Gesellschaft mit artverschiedenen Organismen zusammen. Die Partner helfen sich und haben einen beiderseitigen Nutzen. Manchmal wird erst dadurch die jeweilige Existenz ermöglicht.

In solchen Symbiosen[17] bestehen die unterschiedlichsten Abhängigkeitsverhältnisse. Zusammen­arbeit und Kooperation dominieren gegenüber Konkurrenz und Wettbewerb. /Birn-96/

- Zusammenarbeit und Kooperation erhöhen den gemeinschaftlichen Nutzen.

Es geht um die gegenseitige Nutzung von Verschiedenartigkeit durch Kopplung und Austausch. Ein Sieger-Verlierer-System ist zum Scheitern verurteilt, weil Sieger auf stetigen Wachstum angewiesen sind und dadurch ihre Gegner soweit dezimieren, bis keine Ausbeutung mehr möglich ist. Sieger-Sieger-Systeme beruhen auf allseitig zufriedenstellenden Lösungen und stellen somit die Basis für langfristig erfolgreiche und gute Beziehungen dar. /Berg-96/ Die für das Gelingen notwendigen Ver­netzungen und das Zusammenwirken entstehen dadurch, daß sich die einzelnen Bestandteile bzw. Partner nach bestimmten Regeln verhalten, die sich ebenfalls spontan gebildet haben.

- Die gegenseitige Kopplung erfolgt durch ein Netzwerk.

In selbstorganisierten Systemen gibt es weder beständige Hierarchien, noch feste Regeln, welche die Position eines Individuums innerhalb einer Gesellschaft bestimmen.

Jegliche feste Hierarchie hemmt notwendige Veränderungen und somit den Fortschritt. Hierarchien sind in der Natur nur vorübergehend gültig. Die ´´Führung´´ wechselt also je nach Thematik und Kompetenzbereich. /Birn-96/

- Feste Hierarchien bedeuten Stillstand und Stagnation.

Zusammenfassend kann man sagen, das sich spontane Strukturen in der Natur

- als offene, einfache, reaktionsschnelle und objektbezogene Netzwerke,
die sich selbst und dezentral organisieren, darstellen.
- Es gibt keine festen Hierarchien.
- Zusammenarbeit dominiert gegenüber Konkurrenz.
- Das Zusammenwirken der Partner ist kooperativ und erfolgt durch spontan entstehende Regeln.
- Aufgrund des ständigen Wandels unterliegen spontane Strukturen

einem permanenten Anpassungszwang.

2.3.2 Zusammenarbeit und Kooperation

Das Ordnungsgefüge der Natur wird, wie schon besprochen, maßgeblich durch die Evolution, also die Ausbildung neuer Merkmale als Anpassung an Umweltveränderungen beeinflußt. Da die Evolution diesbezüglich keine Wunder vollbringen kann, leben die verschiedensten Organismen in Gemeinschaft. Im System der Natur existieren sehr viele Formen der wechselseitigen Zusam­menarbeit.

Durch die gegenseitige Nutzung von Verschiedenartigkeit mittels Kopplung und Austausch spezieller Fähigkeiten (Merkmale im Sinne von Kernkompetenzen), versuchen Individuen sich best­möglich an die gegebenen Umweltverhältnisse anzupassen.

- Kooperationen sind notwendig um Defizite auszugleichen.

Im System der Wirtschaft ist das Eingehen von Kooperationen ebenfalls ein altbewährtes Mittel, um fehlende Ressourcen und Kompetenzen zu kompensieren. Die konventionelle Kooperation ist durch starre Strukturen, in denen ein oder mehrere Kooperationspartner dominieren und deren autoritären Führungsstil, gekennzeichnet. Die Strategie ist, einen höheren Gewinn und Nutzen als der Partner ´´abzusahnen´´. /Wirt-96/ Dies ist ein gutes Beispiel für das bereits angesprochene Sieger-Verlierer-System.

Die meist in Form von Symbiosen gestaltete Zusammenarbeit in der Biologie stellt im Vergleich dazu ein überlegenes Sieger-Sieger-System dar. Alle Partner setzen ihre speziellen Fähigkeiten ein, um das gemeinsame Ziel, ´´Überleben´´ zu erreichen. Die Zusammenarbeit erfolgt freiwillig. Es gibt weder Zwänge noch Hierarchien. Die Natur bietet eine ganze Palette von Beispielen für erfolgreiche Kooperation. Die Bienen ernähren sich zum Beispiel vom Nektar der Blüten und sorgen dabei gleichzeitig für die Bestäubung und damit für die Vermehrung ihrer Ernährer.

Die meisten aus der Biologie bekannten Symbiosen funktionieren auf Basis der Gleichberechtigung und des beiderseitigen Nutzens. Dieser wird oftmals noch durch das Auftreten von Synergieeffekten verstärkt. Von Synergie oder Synergieeffekten spricht man immer dann, wenn die einzelnen Partner derart günstig zusammenwirken, daß der resultierende Nutzen, zumindest der Summe, der durch Einzelwirkungen erzielbaren Erträge entspricht. /Broc-96/ In den meisten Fällen geht er jedoch darüberhinaus. Für alle Beteiligten entsteht somit ein möglichst hoher Nutzen. Natürlich sollte auch die Umwelt des Systems von dessen Aktivitäten profitieren. Ein gutes ´´Geschäftsklima´´ und ein zufriedenes Umfeld sichert langfristigen Erfolg.

- Emanzipierte[18] Kooperation ermöglicht Synergieeffekte.

Abblidung 2.5 faßt die wesentlichen Kennzeichen, der im Folgenden synergetische Kooperation genannten gleichberechtigten Zusammenarbeit im Bezug auf Erfordernisse für die praktische Um­setzung in der Wirtschaft zusammen. Um dieses bewährte Konzept auf die Wirtschaft übertragen zu können, ist ein Umdenkprozeß erforderlich.

Die neuen Strategien orientieren sich nicht mehr an der Frage: ´´Wie setze ich mich am wirkungs­vollsten gegen den Wettbewerber durch?´´ sondern: ´´Wie kooperiere ich am wirkungsvollsten mit den Kräften des eigenen Umfeldes ?´´ /Wirt-96/

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Kennzeichen synergetischer Kooperationen, i.A. /Wirt-96/

Fazit:

- Die Kooperation verschiedener Organismen ermöglicht ihr Überleben, ohne das der Einzelne der Beste seiner Art oder Gattung sein muß.
- Gleichberechtigung, Zuverlässigkeit und das gemeinsame Ziel zu Überleben bilden die Basis für erfolgreiche Kooperationen in der Natur.
- Erfolgreiche Kooperationen gleichen nicht nur Defizite aus, sondern erzielen darüberhinaus Synergieeffekte.
- Ohne gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen ist die Umsetzung dieses bewährten Konzeptes in der Wirtschaft unmöglich.
- Damit in Zukunft im System der Wirtschaft dauerhaft erfolgreich kooperiert werden kann, ist ein ´´neues Denken´´ notwendig.

2.3.3 Wettbewerb und Konkurrenz

Konkurrenz und Wettbewerb dienen in der Biologie als Mittel zur dezentralen Organisation der in einem System vorhandenen Verhaltens- und Handlungsmuster[19] sowie zur Entdeckung neuer Tat­sachen und der Aufdeckung von Fehlern.

- Das Vorhandensein von Wettbewerb und Konkurrenz ist Bedingung für die Durchführung einer dezentralen Organisation.

Der Wettbewerb in der Natur ist von ebenso wichtiger Bedeutung wie die Kooperation. Er ist das Instrument, um die Einzelaktionen der Individuen zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Er dient dazu, aus den unbewußt gewählten Möglichkeiten diejenigen Handlungsmuster, Strukturen und Verfahren zu verknüpfen, die den größten Nutzen für das Gesamtsystem bringen, indem jedes Individuum versucht seinen eigenen Gewinn oder Nutzen zu erhöhen.

Das Tauschsystem in der Biologie ist nichts anderes als ein Dienstleistungssystem auf natureller Basis. Jedes Individuum kann seine Werkzeuge (im Sinne von Fähigkeiten und Wissen) gemäß seinen eigenen Präferenzen[20] einsetzen. Diese Präferenzen drücken sich in Preisen aus, die es bereit ist zu zahlen oder die es fordert. Dies soll nochmals kurz anhand der Beziehungen zwischen Blütenpflanzen und Bestäubern verdeutlicht werden.

Die Dienstleistung ist in diesem Fall die Bestäubung der Blüte bzw. der Transport des Pollens auf eine Blüte gleicher Art. Der Preis den der Bestäuber für diese Dienstleistung beansprucht ist z.B. der Blütennektar. In der Natur kommen unzählige verschiedene Arten von Blütenpflanzen und zur Bestäubung fähige Insektenarten vor. Diese stehen miteinander im ständigen Wettbewerb. Durch die Konkurrenz um knappe Ressourcen kommt es zur Bildung von Nischen, das heißt, Insekten spezialisieren sich zum Beispiel auf die Bestäubung bestimmter, für sie ergiebigere Blüten. /Birn-96/

- Durch die Einnischung und Spezialisierung auf einzelne Ressourcen sind Organismen in der Lage, dem Konkurrenzdruck auszuweichen.

Wettbewerb führt zur Entdeckung neuer Instrumente und damit zur Möglichkeit der Nutzung neuer Ressourcen. Diese können unter dem herrschenden Wettbewerbsdruck die Verbreitung vollkommen neuer Möglichkeiten mit sich bringen. Das sind Neuerungen, die Entwicklungssprünge ermöglichen, weil sie nicht zur Verbesserung bestehender Muster führen, sondern völlig neue Muster bedingen.

Die Auswahl und Verbreitung verschiedener Innovationen geschieht in der Konkurrenz zwischen einzelnen Lebewesen, die über diese Neuerung verfügen. Neuerungen setzen sich nur durch, wenn jeder Organismus in Konkurrenz zu anderen steht. Hat ein Organismus durch eine Innovation einen Vorteil gegenüber anderen Organismen der gleichen oder einer anderen Art, so wird er mehr Nachkommen produzieren als diese. Auf Dauer werden Organismen mit dieser im Erbgut ver­ankerten Neuerung dominieren. Ist kein Konkurrenzdruck vorhanden, kann zwar eine Neuerung auftreten, sie wird aber nicht dominierend sein. /Birn-96/

- Wettbewerb ist die Grundlage für das Aufkommen und die Verbreitung von Innovationen.

Auch in Wirtschaftssystemen herrscht durch den Wettbewerbsdruck ein ständiger Antrieb, Neuerun­gen zu finden und umzusetzen. Der Wettbewerb ist das Verfahren, das gewährleistet, daß neue, für eine bestimmte Situation bessere Lösungen, umgesetzt werden. Das bedeutet, er selektiert aus einer Vielzahl von Möglichkeiten die heraus, die sich unter den ganz bestimmten Umständen und Voraussetzungen als vorteilhafter als die anderen erweisen.

Der Ablauf ist immer situationsbezogen. Ändern sich die Umstände, können andere Muster wirkungsvoller sein und werden somit selektiert. /Birn-96/

- Wettbewerb und Konkurrenz treiben die Entwicklung, entweder in Form der Weiterentwicklung durch Innovationen, oder in Form der Spezialisierung durch Einnischungen, unablässig voran.

- Die Einzelaktionen der Individuen werden durch Wettbewerb und Konkurrenz miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt.

- Durch Wettbewerb und Konkurrenz werden Fehler aufgedeckt und beseitigt.

2.3.4 Die Organisation dynamischer Strukturen

Die wichtigste Anforderung an zukünftige Unternehmensstrukturen ist die Realisierung einer möglichst schnellen Anpassungsfähigkeit. Wie diese Anpassung prinzipiell erfolgen kann, wurde mit der erarbeiteten Wirkungsweise dynamischer Strukturen bereits erläutert. Darüberhinaus muß nach Möglichkeit eine hohe Anpassungsgeschwindigkeit erzielt werden. Diese kann nur durch eine sehr effektive Organisationsform erreicht werden.

Zur Lösung dieses Problems kann erneut auf die natürlichen Gesetzmäßigkeiten Bezug genommen werden. Die spontane Selbstorganisation der Natur, in all ihren besprochenen Facetten, wie z.B. Dezentralität und temporären Hierarchien, und der allgemeinen Vernetzung aller Beteiligten, stellt eine gute Ausgangsbasis für weitere Betrachtungen dar.

Ebenso wichtig ist die Verwirklichung der von der Biologie abgeleiteten Unternehmensziele, Entwicklung und Merkmalsausbildung. Für eine erfolgreiche Umsetzung in der Praxis ist das Vorhandensein von Konkurrenz und Wettbewerb genauso notwendig wie Zusammenarbeit und Kooperation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Kooperation-Wettbewerb-YingYang

Im nächsten Abschnitt werden alle bisherigen Erkenntnisse, welche Wirkungsweise und Organisation zukünftiger Unternehmensstrukturen betreffen, noch einmal zusammengefaßt und aufbereitet.

2.4 Anforderungen an zukünftige Unternehmensstrukturen

Die bereits erläuterten Zusammenhänge zeigen schon deutlich die sich bietenden Möglichkeiten. An dieser Stelle soll zum einen versucht werden, aus den biologischen Zusammenhängen ganz konkrete Anforderungen an zukünftige Unternehmensstrukturen und wichtige Randbedingungen zu formulieren. Zum anderen soll Klarheit in den vermeintlichen Widerspruch zwischen der gleich­zeitigen Forderung nach Wettbewerb und Kooperation gebracht werden.

Dem erfolgreichen Beispiel Natur entsprechend, müssen sich zukünftige Unternehmensstrukturen aus eigenem Antrieb heraus, also spontan, bilden. Natürlich können die aus der Biologie gewon­nenen Erkenntnisse nicht unreflektiert auf die Wirtschaft übertragen werden.

Sie dienen vielmehr als Inspiration und Anregung für neue Wege. Im Hinblick auf eine sinnvolle Umsetzung bedürfen manche Aspekte, aufgrund der schon erläuterten Unterschiede, noch weiterer Betrachtungen hinsichtlich ihrer Eignung.

Die grundlegenden Anforderungen an Wirkungsweise und Organisation können in vier Haupt­bedingungen zusammengefaßt werden. Diese können jedoch auf Grund ihrer gegenseitigen Abhängigkeiten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.

1. Dynamik (Wirkungsweise)
2. Funktionalität (Wirkungsweise)
3. Spontanität (Organisation)
4. Vernetzung (Organisation)

1. Dynamik: ist laut Physik die Lehre von der Bewegung von Körpern unter dem Einfluß von Kräften. Bei diesen Betrachtungen geht es um die Bewegung von Strukturen. Eine Unternehmensstruktur ist die organisierte Partnerschaft der funktionalen Bereiche eines Betriebes zur Ausführung einer bestimmten Funktion. Kräfte, die eine Strukturbewegung im Unternehmen, also neue Funktionen fordern, sind z.B. eine Veränderung am Markt, ein neuer Kundenwunsch oder ähnliches. Das möglichst frühe Erkennen solcher Probleme ist die Voraussetzung für eine Reaktion dieser Art.

Wenn die Unternehmensfunktion Reizbarkeit nach den empfohlenen Anforderungen verwirklicht ist, stellt sie das ideale Instrumentarium für eine Früherkennung von Schwierigkeiten dar.

Der Zwang zu permanenten Anpassungen gegenüber den ständigen Umweltveränderungen erfordert also eine hohe strukturelle Flexibilität. Die Umsetzung dieser Anforderung macht natürlich nur Sinn, wenn sie zielgerichtet angewendet wird. Der Einsatz muß konkret, objektbezogen und problemorientiert erfolgen. Was das im Einzelnen bedeutet, wird in den folgenden Ausführungen zur Hauptbedingung Funktionalität näher betrachtet.

2. Funktionalität: verlangt den effizienten Nutzen einer strukturellen Änderung. Die Gestaltung einer Struktur ist immer konkret von der zu lösenden Aufgabe abhängig. Eine neu gebildete Struktur muß die geforderte Hauptfunktion wirkungsvoll bzw. bestmöglich ausführen können. Um dies zu gewähr­leisten, sollten dynamische Unternehmensstrukturen einen offenen Charakter besitzen.

Offen bedeutet, daß die zur Erfüllung der Hauptaufgabe notwendigen Teilfunktionen situations­bezogen, also je nach Bedarf und Kompetenz ´´kommen und gehen´´, reagieren. Da die Qualität der Ausführung von Teilaufgaben maßgeblichen Einfluß auf die Gesamtqualität hat, ist es im Sinne von offen empfehlenswert, eine dauerhafte Bindung an Partner zu vermeiden.

- Langfristige und dauerhafte Beziehungen bergen die Gefahr von Stagnation.

Direkte Partnerschaften sollten daher nur für einen befristeten Zeitraum, natürlich solange eine Konstellation beste Ergebnisse liefert, aber zumindest für die Dauer der Durchführung einer gemeinsamen Aufgabe, eingegangen werden. Dies garantiert zum einen die Qualität der Lösungen, und treibt darüberhinaus durch den ständigen Zwang zur Optimierung der einzelnen Merkmale die Entwicklung voran.

Nachdem die prinzipielle Wirkungsweise einer dynamischen Unternehmensstruktur aktualisiert wurde, erfolgt jetzt die konkrete Klärung der Frage nach der Art und Weise der optimalen Organisation. Neben dem problemorientierten Vorgehen ist also vor allem eine möglichst schnelle Anpassung an die Umstände notwendig.

3. Spontanität: ist im Sinne von nicht im voraus planbar, und von innen, also aus eigenem Antrieb heraus, zu verstehen. Die Forderung nach Spontanität verlangt, daß sich ein System bzw. die jeweilige Struktur, natürlich nur bis zu einem gewissen Grad, selbst organisieren muß. Grund­voraussetzung für die Durchführung von Selbstorganisation ist, daß Entscheidungen direkt in den von Veränderungen betroffenen Stellen, also dezentral, getroffen werden.

- Spontanität wird durch Selbstorganisation bewirkt.

Die unmittelbar betroffenen Systemteile nehmen natürlich als erste die Veränderungen in ihrer Umwelt wahr und sind somit relativ schnell in der Lage, das Ausmaß der zu erwartenden Probleme sowie deren mögliche Auswirkungen abzuschätzen. Sie sind durch dieses Wissen und die eigene Betroffenheit am besten im Stande, schnelle und kompetente Maßnahmen einzuleiten.

- Die dezentrale Planung erfordert ein hohes Maß an Autonomie.

Das im Prinzip keine zentrale Stelle mehr kontaktiert werden muß, erhöht natürlich die Reaktions­geschwindigkeit und hat darüberhinaus noch eine immense Senkung des Informations- und Kommunikationsaufwandes zur Folge.

- Selbstorganisation ermöglicht eine sehr hohe Reaktionsgeschwindigkeit.

Die Selbstorganisation ist aufgrund ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit eine optimale Organisations­form für dynamische Unternehmensstrukturen. Das Zusammenwirken der einzelnen strukturellen Bestandteile beruht auf ihren vielfältigen Wechselbeziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten. Im Weiteren steht die Frage nach einer bestmöglichen Verknüpfung der einzelnen Bestandteile zur Diskussion.

Kommentar:

Kein Individuum und keine Instanz in einer menschlichen Gesellschaft besitzt vollständiges Wissen über alle Zusammenhänge. Deshalb ist es in zentral geplanten Organisationen, z.B. großen Konzernen ständig nötig, bestehende Strukturen zu schützen, die unter sich verändernden Be­dingungen nicht mehr konkurrenzfähig sind. Dies geschieht zum einen dadurch, daß die zu schützenden Unternehmen oder Systeme Subventionen genießen (z.B. Kohlepfennig) und zum anderen die Konkurrenten durch geeignete Maßnahmen (z.B. Erhöhung der Einfuhrzölle) daran gehindert werden, in einem Markt erfolgreicher zu sein. /Birn-96/

4. Vernetzung: ist die zukünftige Form der Organisationsverknüpfung. Das bedeutet, daß alle Partner eines Systems permanent miteinander in Verbindung stehen. Solche Netze sollten prinzipiell einfach und weitestgehend hierarchielos aufgebaut sein.

Natürlich ist gerade der Aspekt der Hierarchielosigkeit ein sehr brisantes Thema und stellt den Idealfall gleichberechtigter Partnerschaften dar. Da dieses jedoch in der Wirtschaft eher die Ausnahme ist, steht zumindest die Forderung nach kompetenz- bzw. aufgabenorientierten, also temporären Hierarchien. Diese sollten dann aber einen möglichst flachen Charakter besitzen.

- Feste Hierarchien müssen durch temporäre Hierarchien ersetzt werden.

Ein weiteres grundlegendes Problem für eine Anwendung dieser Erkenntnisse in der Wirtschaft ist die Entwicklung von Regeln und das Festlegen bestimmter Rahmenbedingungen.

In der Natur entstehen diese Regeln spontan und intuitiv. Da der Mensch zum bewußten Denken und Handeln fähig ist, und in einem kürzeren zeitlichen Horizont agieren muß, sollten schon im voraus optimale Bedingungen für den Erfolg geschaffen werden.

- Um den einwandfreien Betrieb eines solchen Netzwerkes gewährleisten zu können, müssen allgemeine Regeln für das Verhalten der einzelnen Beteiligten untereinander aufgestellt werden.

Auf jeden Fall ist es wichtig, daß für die einzelnen Mitglieder bzw. Partner eines solchen Netzwerkes konkrete Handlungsbereiche abgegrenzt werden. Innerhalb dieser Bereiche muß jedoch ein gewisser Spielraum für die Umsetzung der eigenen Ziele und Vorstellungen berücksichtigt werden.

[...]


[1] Lean Management: bedeutet eine Verschlankung der Organisationsstruktur des Unternehmens.

[2] Die Fraktale Fabrik: ist ein System selbstähnlicher und selbständig agierender Unternehmenseinheiten, welche sich im Rahmen des Unternehmens zielgerichtet selbst organisieren.

[3] Die Atmende Fabrik: verinnerlicht das Konzept des dynamischen Ressourceneinsatzes und der flexiblen Arbeitszeiten.

[4] Die Bionische Fabrik: nimmt den biologischen Organismus als Vorbild für den Wandel vom statischen zum dynamischen System.

[5] Ressource [frz., Hilfsquelle]

[6] DNA: Desoxyribonukleinsäure

[7] Ein offenes System ist ein dynamisches System mit Zu-und Abfluß.

[8] Fließgleichgewicht: liegt vor, wenn der Zufluß dem Abfluß eines dynamischen Systems entspricht.

[9] Milieubedingte Störungen: sind Veränderungen im aktuellen Umfeld.

[10] Ausnahme: zeitlich begrenzte Unternehmen

[11] Kernkompetenzen: sind Ressourcen (z.B. Spezialwissen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Technologien), die in einem Unternehmen sehr gut und weit entwickelt sind.

[12] Mutation: ist die sprunghafte, plötzliche, ungerichtete, zufällige erbliche Abänderung der Eigenschaften eines Lebewesens.

[13] Selektion: steht für Auslese, Auswahl, Zuchtwahl.

[14] Wachsen im Sinne von: ´´mit den Aufgaben wachsen ´´

[15] YingYang [chin., symbolisiert Gegensätze die sich gegenseitig bedingen]

[16] Selbstorganisation: bedeutet die ungeplante, spontane Organisation von Subsystemen im Rahmen eines Gesamtsystems. Im Gesamtsystem existiert keine zentrale Macht.

[17] Symbiose: ist das Zusammenleben zweier artverschiedener Organismen in morphologischer und physiologischer Gemeinschaft.

[18] Emanzipation: Gleichberechtigung

[19] Unter Handlungs- und Verhaltensmustern werden die Anpassungsmöglichkeiten einzelner Organismen verstanden.

[20] Präferenz [frz., Bevorzugung, Vorzug]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1998
ISBN (eBook)
9783832465179
ISBN (Paperback)
9783838665177
DOI
10.3239/9783832465179
Dateigröße
1017 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – unbekannt
Erscheinungsdatum
2003 (März)
Schlagworte
chaos vernetzung kybernetik strukturen autonomie
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Titel: Regionale Vernetzung als Überlebenschance für segmentierte Unternehmen
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