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"Kundenzufriedenheit" in der sozialen Arbeit

Eine Untersuchung mittels Fragebogen an zwei Standorten eines Sozialpsychiatrischen Dienstes

©2003 Diplomarbeit 100 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Muffigkeit und barsche Reaktionen, Inkompetenz und Desorganisation sind nur einige Merkmale, die wir vielerorts immer noch erleben auch im Kontext personenbezogener Dienstleistung. Ogger spricht von der „Servicewüste Deutschland“ und aus kritischer Distanz attestiert uns Tominga als japanischer Unternehmensberater eine „kundenfeindliche Gesellschaft“.
Doch die vorliegende Arbeit möchte sich nicht im Kritisieren erschöpfen, sondern vielmehr Anregungen geben, im Felde der sozialen Arbeit mehr zufriedene „Kunden“ zu gewinnen.
Ein enormer Kostendruck innerhalb der sozialen Arbeit, u. a. ausgelöst durch gesetzliche Vorgaben zur Qualitätssicherung und durch zunehmenden Wettbewerb stellen die Bedürfnisse und Entscheidungen der „Kunden“ immer mehr in den Mittelpunkt. „Kundenzufriedenheit“ basiert auf strikter Kundenorientierung und bietet einem Unternehmen in Zeiten sich angleichender Qualität und Preise eine entscheidende Möglichkeit zur Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern. Dieses bedeutet u. a. auf „Kunden“ individuell einzugehen und mit diesen gemeinsam zu lernen. Stellt sich ein Dienstleister nicht dieser Thematik, kann seine Existenz mittelfristig mehr als gefährdet gelten.
Gang der Untersuchung:
Zu Beginn dieser Arbeit nähere ich mich dem Thema „Kundenzufriedenheit“ eher abstrakt und theoretisch, indem zunächst generelle Charakteristika von Dienstleistungen dargestellt werden. Im zweiten Kapitel konzentriert sich der Blick immer mehr auf personenbezogene Dienstleister der sozialen Arbeit. Innerhalb dieses Ausschnittes wird der Bereich der sozialen Arbeit nochmals aufgeteilt in gewerbliche Dienstleister, Not-for-profit-Sector und behördliche Dienstleister. Erste strukturimmanente Besonderheiten werden aufgezeigt.
Im dritten Kapitel werden Kundenzufriedenheitsdefinitionen zunächst eher abstrakt und für alle Dienstleistungsbereiche akzeptabel vorgestellt. Im Weiteren werden drei sozialpsychologische Erklärungskonstrukte der „Kundenzufriedenheit“ vorgestellt und durch Praxisbeispiele mit der realen sozialen Arbeit verknüpft. Abschließend werden in diesem Kapitel verschiedene Formen der Un- Zufriedenheit mit Praxisbezug vorgestellt.
Beginnend mit den generellen Forderungen und Bedürfnissen von Seiten der „Kunden“ wird im vierten Kapitel der Schwerpunkt auf die Bedeutung von „Kundenzufriedenheit“ gelegt. Das Kapitel setzt sich dann ausführlich mit spezifischen „Kundenbegriffen“ und deren Definitionen in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung.

2. Dienstleistungen
2.1 Kennzeichen von Dienstleistungen
2.2 Merkmale personenbezogener Dienstleistungen in sozialer Arbeit.. 12
2.3 Begriff, Strukturdarstellung personenbezogener Dienstleister und Handlungsfelder sozialer Arbeit
2.3.1 Gewerbliche Dienstleister
2.3.2 NPOs
2.3.3 Behördliche Dienstleister

3. „Kundenzufriedenheit“
3.1 Allgemeingültige Definitionsansätze
3.2 Konzeptualisierung der „Kundenzufriedenheit“ oder: Wie entsteht Kundenzufriedenheit?
3.2.1 Das Confirmation/Disconfirmation –Paradigma
3.2.2 Attributionstheorie
3.2.3 Equity Theory
3.2.4 Formen der Zufriedenheit und der Unzufriedenheit

4. Die Bedeutung von „Kundenzufriedenheit“ in der sozialen Arbeit
4.1 Was fordern und wünschen sich „Kunden“?
4.2 „Kunden“ im Kontext verschiedener Dienstleistungsanbieter
4.2.1 Kunden bei gewerblichen Dienstleistern
4.2.2 „Kunden“ in NPOs?!
4.2.3 „Kunden“ in Behörden?!

5. Welche Maßnahmen des Managements können die „Kundenzufriedenheit“ steigern?

6. Verfahren zur Ermittlung/Messung der „Kundenzufriedenheit“ oder: Wie komme ich den Interessen der „Kunden“ auf die Spur?
6.1 Objektive Verfahren zur Messung von „Kunden- zufriedenheit“..
6.2 Subjektive Verfahren zur Messung von „Kunden- zufriedenheit“..
6.2.1 Merkmalsorientierte Messverfahren
6.2.1.1 Implizite Methoden
6.2.1.2 Explizite Methoden (SERVQUAL)
6.2.2 Ereignisorientierte Messverfahren

7. Empirische Untersuchung an zwei Standorten eines sozialpsychiatrischen Dienstes.
7.1 Fragestellung der Studie
7.2 Ort und Teilnehmer der Studie..
7.3 Studiendesign
7.4 Pretest
7.5 Studienverlauf
7.6 Aufbereitung der Daten
7.7 Ergebnisse, Hypothesenbildungen und Handlungs empfehlungen nach der Untersuchung

8. Befragungen zur „Kundenzufriedenheit“ als Intervention in spannungsreiche Interessenlagen

9. Ausblick

Anhang.

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Muffigkeit und barsche Reaktionen, Inkompetenz und Desorganisation sind nur einige Merkmale, die wir vielerorts immer noch erleben auch im Kontext personenbezogener Dienstleistung. Ogger spricht von der „Servicewüste Deutschland“[1] und aus kritischer Distanz attestiert uns Tominga als japanischer Unternehmensberater eine „kundenfeindliche Gesellschaft“[2].

Doch die vorliegende Arbeit möchte sich nicht im Kritisieren erschöpfen, sondern vielmehr Anregungen geben, im Felde der sozialen Arbeit mehr zufriedene „Kunden“ zu gewinnen.

Ein enormer Kostendruck innerhalb der sozialen Arbeit, u. a. ausgelöst durch gesetzliche Vorgaben zur Qualitätssicherung und durch zunehmenden Wettbewerb stellen die Bedürfnisse und Entscheidungen der „Kunden“ immer mehr in den Mittelpunkt. „Kundenzufriedenheit“ basiert auf strikter Kundenorientierung und bietet einem Unternehmen in Zeiten sich angleichender Qualität und Preise eine entscheidende Möglichkeit zur Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern. Dieses bedeutet u. a. auf „Kunden“ individuell einzugehen und mit diesen gemeinsam zu lernen. Stellt sich ein Dienstleister nicht dieser Thematik, kann seine Existenz mittelfristig mehr als gefährdet gelten.

Zu Beginn dieser Arbeit nähere ich mich dem Thema „Kundenzufriedenheit“ eher abstrakt und theoretisch, indem zunächst generelle Charakteristika von Dienstleistungen dargestellt werden. Im zweiten Kapitel konzentriert sich der Blick immer mehr auf personenbezogene Dienstleister der sozialen Arbeit. Innerhalb dieses Ausschnittes wird der Bereich der sozialen Arbeit nochmals aufgeteilt in gewerbliche Dienstleister, Not-for-profit-Sector und behördliche Dienstleister. Erste strukturimmanente Besonderheiten werden aufgezeigt.

Im dritten Kapitel werden Kundenzufriedenheitsdefinitionen zunächst eher abstrakt und für alle Dienstleistungsbereiche akzeptabel vorgestellt. Im Weiteren werden drei sozialpsychologische Erklärungskonstrukte der „Kundenzufriedenheit“ vorgestellt und durch Praxisbeispiele mit der realen sozialen Arbeit verknüpft. Abschließend werden in diesem Kapitel verschiedene Formen der Un- Zufriedenheit mit Praxisbezug vorgestellt.

Beginnend mit den generellen Forderungen und Bedürfnissen von Seiten der „Kunden“ wird im vierten Kapitel der Schwerpunkt auf die Bedeutung von „Kundenzufriedenheit“ gelegt. Das Kapitel setzt sich dann ausführlich mit spezifischen „Kundenbegriffen“ und deren Definitionen in den bereits oben erwähnten verschiedenen institutionellen Kontexten auseinander.

Im nächsten Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche institutionellen Maßnahmen zur Hebung der „Kundenzufriedenheit“ zur Verfügung stehen.

Das sechste Kapitel soll einen Überblick über das methodische Handwerkszeug zur Messung von „Kundenzufriedenheit“ in der sozialen Arbeit geben. Der Schwerpunkt hierbei wird beim merkmalgestützten Verfahren liegen, da dieses auch in der empirischen Untersuchung Anwendung gefunden hat.

Letzteres, als eine empirische Untersuchung zur „Kundenzufriedenheit“ ist dann auch Hauptgegenstand des siebten Kapitels. Fragestellungen, Verläufe, Ergebnisse, Hypothesen und Handlungsempfehlungen beinhalten dieses umfangreiche Kapitel.

Im achten Kapitel wird auf „Risiken und Nebenwirkungen“ von Kundenzufriedenheitsbefragungen eingegangen. Abschließend im neunten Kapitel wird ein Ausblick in die Zukunft gewagt.

In dieser Arbeit sind jeweils die männlichen Bezeichnungen gewählt, um die Lesbarkeit des Textes nicht durch zusätzliche Artikel und Wortendungen zu verkomplizieren. Alle LeserInnen mögen sich deshalb bitte die weibliche Bezeichnung mitdenken.

Wenn in dieser Arbeit von „Kunden“ die Rede ist, sind damit nicht nur die Kunden im gewerblichen Sinne angesprochen, sondern auch die in NPOs (Not for Profit Organisation) und im behördlichen Bereich. Werden jedoch Kunden ohne Anführungszeichen genannt, beziehen sich diese auf die ursprüngliche Form aus der Erwerbswirtschaft.

2. Dienstleistung

2.1 Kennzeichen von Dienstleistungen

Wir leben in einer Zeit starker wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Veränderungen. Immer deutlicher zeichnet sich der Übergang von der Industriegesellschaft hin zu einer neuen Gesellschaftsform ab, die auch postindustrielle Gesellschaft, Informationsgesellschaft, Service-Economy, Wissens- und Lerngesellschaft oder Dienstleistungsgesellschaft genannt wird.[3] Dem „Kunden“ stehen nicht mehr primär dinglich, materielle Güter zur Verfügung und zur Auswahl, sondern immer mehr immaterielle, soziale und geistige Leistungen also Dienstleistungen sollen ihn befriedigen oder stimulieren.

Gemäß des französischen Sozialwissenschaftlers Colin Clark, der in den 50er Jahren wirkte, teilen sich Produktionsstrukturen in nachfolgende drei Bereiche auf:[4]

- primärer Sektor: Betriebe der Urproduktion (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei)
- sekundärer Sektor (Industrie, produzierendes Gewerbe)
- tertiärer Sektor (Unternehmen des Handels und Verkehrs, der Sozialwirtschaft, Banken u. Versicherungen, Gaststätten und andere Dienstleistungsunternehmen)

Die dramatischen Veränderungen, die immer noch, auch in den sogenannten Industrienationen, anhalten veranschaulicht nachfolgendes Schaubild:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Sektoraler Strukturwandel[5]

Der primäre und der sekundäre Sektor wird aufgrund einer gewissen Marktsättigung mehr und mehr zurückgedrängt und folglich nehmen Dienstleistungen immer mehr Raum ein. Anfang der 90er Jahre betrug der Anteil der Dienstleistungen am Bruttoinlandsprodukt in den alten Bundesländern knapp 60 % (1960 erst 40 %). Experten gehen davon aus, dass sich der Anteil des tertiären Sektors in Zukunft noch bis 85 % steigern kann.[6]

Jetzt schon ist der Anteil der Dienstleistungswirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in Deutschland bei ca. 70 % und damit ähnlich hoch wie in den USA.[7]

Nun gilt es die wesentlichen Charakteristika von Dienstleistungen darzustellen, damit sie so zunächst gegenüber Sachleistungen abgrenzbar werden:

Zentrale Charakteristika von Dienstleistungen und personenbezogenen Dienstleistungen

- Unfähigkeit der Lagerung, d. h. der Dienstleistungsprozess ist nicht konservierbar und es fehlt die Möglichkeit seiner nachträglichen objektiven Bewertung.[8]
- Standortgebundenheit weist auf die Notwendigkeit des direkten Kontaktes hin zwischen Anbieter und Nachfrager, verliert jedoch durch die virtuelle Vernetzung der Welt (z. B. Fernuniversität, Internet, Call Center) zunehmend an Bedeutung.[9]
- Immaterialität gemäß des amerikanischen Sprichwortes: „Man kann sich Dienstleistungen nicht auf den Fuß fallen lassen.“[10] Die Dienstleistung kann eine geistige, körperliche und psychisch-soziale Leistung sein.[11]
- Integration des „Kunden“ meint, der Kunde muss für die Erbringung der Dienstleistung präsent sein und einen Beitrag in den Leistungsprozess einbringen, jedoch nicht unbedingt aktiv (Beispiel: Massage)
- Leistungsversprechen sieht den Aspekt, dass bei Vertragsabschluß die Dienstleistung nicht immer probeweise in Anspruch genommen werden kann. Die Qualität kann erst nach Beendigung der Leistungserbringung überprüft werden (Beispiel: Haarschnitt), dieses impliziert einen hohen Vertrauensvorschuss in den Dienstleister.[12]
- Messung und Bewertung von Dienstleistungsqualität ist ein komplexes und anspruchsvolles Verfahren, da sie nicht ohne weiteres mit einem dinglichen Referenzobjekt, wie bei materiellen Produkten üblich, ermittelt werden kann.[13]

Für die Gestaltung der Leistungserbringung ist es wichtig zu wissen, was das Leistungsobjekt ist. Eine Dienstleistung kann aus einem Dienst an der Sache (objektbezogene oder sachbezogene Dienstleistung) z. B. Auto reparieren, bestehen und/oder – „Kundendienst“ sein, einen Dienst am „Kunden“, bezeichnet als soziale oder personenbezogene Dienstleistung[14] kann z. B. eine Beratungs-, Vermittlungs-, Entwicklungs-, Organisations- oder Pflegeleistung sein. Viele Dienstleistungen werden nicht strikt objektbezogen oder sozial erbracht. Oftmals handelt es sich um einen sogenannten Dienstleistungsmix. In der Literatur lassen sich keine klaren Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Dienstleistungsbereichen finden. Doch bezüglich unseres Kontextes erscheint nachfolgendes Schaubild sinnvoll und nachvollziehbar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Soziale Arbeit als eine spezialisierte Dienstleistungsform

Soziale Arbeit kann danach als ein spezielles Teilgebiet der personenbezogenen Dienstleistung und diese wiederum ein Teilgebiet von Dienstleistungen im Allgemeinen beschrieben werden, dass sich nicht alle Tätigkeiten sozialer Arbeit vollständig als Dienstleistung beschreiben lassen und dass dazu auch noch andere Aspekte thematisiert werden müssen, führen ich an anderer Stelle aus (siehe Kap. 4.2.3, ab S. 41 ).

Als klassisches Beispiel der personenbezogenen Dienstleistung sei der Friseurbesuch genannt, bei dem der Kunde zwar seinen Beitrag (Wunsch äußern, Kopf neigen etc.) leisten muss, nicht aber in der Intensität, als das der Kunde als „Mit-Produzent“ angesehen werden könnte, wie bei der sozialen Dienstleistung in der sozialen Arbeit (siehe Kap. 2.2, S. 12).

Für die spätere Beurteilung der Bedeutung der „Kundenzufriedenheit“ wird nachfolgend die soziale Arbeit mit Blick auf den Ort der Dienstleistungserstellung systematisch im Schaubild dargestellt.

Dieses geschieht in Anlehnung an die drei Dienstleistungsbereiche von Decker „Staat – intermediäre Instanzen – Gewerbliche Anbieter“[15]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kategorisierung der sozialen Dienstleistungsbereiche

Der erste Pfeil soll darauf hinweisen, dass mit abnehmendem Markt, tendenziell gleichzeitig das Maß der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung abnimmt und in den jeweils individuell unterschiedlichen Intensitätsgraden dann das Maß an Fremdbestimmung und Fremdregulierung zunehmen.

Der zweite Pfeil soll gewissermaßen den Grad der Marktorientierung in den entsprechenden Dienstleistungsbereichen darstellen. Auf beide Tendenzen wird im Kapitel 2.3 ab Seite 14 und im Kapitel 4.2 ab Seite 35 noch näher eingegangen.

Die oben getroffenen Zuordnungen der Betriebe zu den einzelnen Bereichen ist nicht immer einfach und trennscharf möglich. So können viele Krankenhäuser beispielsweise allen drei Bereichen gleichzeitig zugeordnet werden.[16] Gegenstand der nachfolgenden Darstellung ist es jedoch nicht, grenzwertige Betriebe zu beurteilen und einzuordnen, sondern vielmehr eine Kategorisierung zur allgemeinen Orientierung herauszuarbeiten.

2.2 Merkmale personenbezogener Dienstleistung in der sozialen Arbeit

Die oben beschriebenen Dienstleistungsmerkmale gelten im Wesentlichen auch für die soziale Arbeit. Die besondere Betonung der Dienstleistungsmerkmale hängt natürlich von der angebotenen Leistung und dem Arbeitsfeld ab. In vielen Feldern der sozialen Arbeit kommt es zu einer Konzentration oder Verdichtung oben genannter Merkmale. Von zentraler Bedeutung für die soziale Arbeit können unter Zuhilfenahme der Kriterien von Decker[17] und Gerull[18] nachfolgende Dienstleistungsmerkmale sein:

Kerncharakteristika sozialer Arbeit

- Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsumtion (uno actu-Prinzip) Zur erfolgreichen Erbringung der Dienstleistung ist die Rolle des Adressaten als „Mit-Arbeiter“ oder „Ko-Produzent“ von wesentlicher Bedeutung, da beispielsweise gerade in der Reha- Arbeit der Behandlungserfolg auch sehr stark vom Willen, der Kontaktqualität oder medizinisch ausgedrückt von der „Compliance“ des Adressaten abhängig ist.[19] Dieses Charakteristikum, insbesondere der Aspekt der „Ko-Produktion“ scheint mir in Zukunft immer mehr der Schlüssel erfolgreicher sozialer Arbeit zu werden, denn gerade neuere Methoden wie die des Empowerments oder der systemische Ansatz zielen auf eine Aktivierung und Stärkung der Eigenkräfte des Adressaten ab. Folglich verlässt der Adressat den „Nebenschauplatz“ und wird methodisch zum „Haupt-produzenten“ seiner Lebenswelt emporgehoben und der Sozialarbeiter übernimmt „nur noch“ die Rolle des „Ko-Produzenten“.

- Persönlich-individuelle Gestaltung der Dienstleistung durch Sozialarbeiter, Erzieher etc.. Ihr Produkt im Sozialen ist immer wieder „maßgeschneidert“ eine „Sonderanfertigung“. Hierbei spielen nicht nur fachliche Qualifikationen eine große Rolle sondern auch die soziale Kompetenz, die sich vor allem in der Qualität der
- Kommunikation ausdrückt. Sie ist ein wesentliches Leistungsinstrument gerade im Bereich Beratung und Erziehung. Damit stehen Interaktionsbeziehungen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Dadurch erlangt der
- Subjektive Faktor große Bedeutung. Aus diesem Grunde gilt interdisziplinäre Teamarbeit, bei der Gestaltung von Hilfeprozessen, als wesentliches Gestaltungs- und Qualitätsinstrument.
- Asymmetrie zwischen dem „Kunden“ und dem Dienstleister ist oftmals dadurch vorgegeben, dass der „Kunde“ (z. B. demente und geistig behinderte Person) nicht in der Lage ist, frei zu wählen und für die Dienstleistung zu zahlen.
- Rationalisierbarkeit: Dienstleistungen sind in der Regel schwer zu rationalisieren. Rationalisierungsverfahren der Industrie (z. B. Massenproduktion und Standardisierung) sind meistens weder gewünscht noch geeignet, dennoch nehmen Effektivitäts- und Effizienzkriterien auch in der sozialen Arbeit durch immer mehr Qualitätsanforderungen (Dokumentation der Hilfe, Hilfeplan, Evaluation etc…) Raum ein.

Soziale Arbeit deckt ein weites Spektrum der Dienstleistungserbringung ab. Sie wirkt in Bereichen wie z. B. in Seniorenheimen, in denen die „Kunden“ aus eigener Initiative - oftmals schon viele Jahre vor dem Einzug – sich auf dem Markt umsehen und dann später marktgerecht für das beste Angebot entscheiden und die Leistungen dann bei Bedarf selbst bezahlen. Aber genauso treten Kinder als „Kunden“ auf, die in einer Familie verwahrlosen oder sexuell missbraucht werden, die weder aus eigenen Kräften noch mit eigenen materiellen Ressourcen versehen, sich aus dieser Notlage befreien können. Die hier angesprochene Bedeutung von Zugängen und der Freiwilligkeit werden im Kapitel 4.2.3 ab Seite 41 genauer dargestellt. Zunächst sollen uns die Strukturen der Institutionen, in denen soziale Arbeit geleistet wird und dessen Handlungsfelder interessieren.

2.3 Begriff, Strukturdarstellung personenbezogener Dienstleister und Handlungsfelder der sozialen Arbeit

An dieser Stelle geht es um die drei wichtigen Strukturelemente für soziale Dienstleister wie auf Seite 12 in der Grafik dargestellt. Es treten marktorientierte oder gewerbliche Dienstleister, die sog. NPOs und behördlichen Dienstleister in Erscheinung. Für die spätere Entwicklung des Kundenbegriffs und der „Kundenzufriedenheit“ ist es wichtig, diese Segmentierung vorzunehmen, denn in den jeweiligen Bereichen bestehen z. T. eigene Ordnungen und Regeln. Dennoch ist es z. B. möglich, bedingt durch die Einführung des SGB XI im Jahre 1995 und der Novellierung des BSHGs, dass auch Wettbewerb besteht zwischen einer NPO und einem gewerblichen Anbieter, da diese per Gesetz quasi gleichgestellt wurden.[20]

2.3.1 Marktorientierte oder gewerbliche Dienstleister

Hierbei handelt es sich um ein Wirtschaftsunternehmen. Die oberste Priorität besteht darin, seinen Eigentümern oder Anteilseignern einen langfristigen Ertrag auf das eingesetzte Kapital zu erwirtschaften. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen alle untergeordneten Ziele wie z. B. die Kundenzufriedenheit oder eine ökologische Ausrichtung dem Primärziel, der Gewinnerwirtschaftung dienen.

Trotz dieser strengen ökonomischen Ausrichtung kann das Gemeinwohl in vielen Bereichen direkt davon profitieren: „ Niemand wird z. B. bestreiten, dass ein Bäckermeister eine wichtige öffentliche Aufgabe zu erfüllen hat.“[21]

Gewinnorientierte Unternehmen sind einem starken Druck ausgeliefert. Der Kunde möchte so wenig wie möglich für das Produkt bezahlen. Die Wettbewerber möchten das gleiche Geschäft abschließen. Der Staat möchte möglichst viele Steuern einnehmen und wie bereits oben erwähnt, muss unter diesen Umständen auch noch ein ordentlicher Gewinn erwirtschaftet werden. Vor diesem Hintergrund ist der Zwang zum optimalen Einsatz der vorhandenen Ressourcen (Mitarbeiter, Geräte, etc.) vorgegeben, ein Zwang, der ein qualifiziertes Management erfordert.[22]

Der Anteil marktförmiger Dienstleister in der sozialen Arbeit ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Untersuchungen zu den traditionellen NPO-Arbeitsbereichen belegen, dass als Wirtschaftsunternehmen geführte Einrichtungen bei gleichem oder vergleichbarem Leistungsangebot für die Kostenträger deutlich attraktiver erscheinen.[23] Sie tun dies in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, GmbH, Genossenschaft oder als einzelner Unternehmer.

Die wichtigsten Sozialarbeitsfelder in diesem Segment dürften m. E. sich in folgenden Bereichen finden:

- private Beratungsstellen
- private Sozialstationen
- private Senioreneinrichtungen
- private Krankenhäuser
- private Internate

2.3.2 NPOs

Zuerst ist es notwendig, auf die veränderte Bedeutung der Abkürzung NPO einzugehen. Der Begriff NPO war bisweilen unter dem Namen Non-Profit-Organisation bekannt. Die damit verbundenen sprachlichen Implikationen sorgten immer wieder für das Missverständnis, dass NPOs keine Gewinne erwirtschaften dürfen. Das ist jedoch falsch. Decker führt dazu aus: „ Gewinnerzielung ist sicherlich sinnvoll und notwendig. Die Gewinnverwendung bzw. die entsprechende Absicht entscheidet. Statt Gewinne zu privatisieren, führen Sozialbetriebe diese wieder dem gemeinwirtschaftlichen Kreislauf zu bzw. verwenden sie für soziale Arbeit, die sonst vielleicht nicht finanziert und geleistet werden könnte.[24]

Mit der neuen Ausschreibung der NPO, „Not-for-Profit-Organisation“, bedeutet soviel wie nicht gewinnorientierte Organisation, soll die Gefahr von weiteren Missverständnissen reduziert werden.[25]

Für eine NPO steht also nicht Gewinnerzielung als Priorität im Mittelpunkt, sondern die Verfolgung eines ideellen Zieles. Ihre Primärziele leiten sich in erster Linie aus einer humanen oder ethischen Verpflichtung oder Orientierung ab.

Aus diesem Grunde werden NPOs in Deutschland zielorientierte Unternehmen genannt und werden damit eindeutig abgrenzbar von gewerblichen Anbietern. Ein weiteres Merkmal für eine NPO ist im Steuerrecht begründet. Auf Antrag kann und wird vielen Unternehmen mit der Begründung der Gemeinnützigkeit eine Steuerbefreiung gewährt.

Für die meisten NPOs oder freien Träger Deutschlands ist es oft kennzeichnend, dass mehrere Instanzen involviert sind. Dieses gilt im Besonderen für die Finanzierung, denn in den meisten Fällen zahlt nicht der Adressat persönlich, sondern Instanzen wie z. B. das kommunale Sozialamt, der Rentenversicherer, die Krankenkasse oder manchmal auch mehrere unterschiedliche Kostenträger. Dadurch werden die klassischen Marktregularien Käufer-Verkäufer aufgehoben. Es entsteht so oft eine durchaus komplizierte und konfliktreiche „Dreiecks- oder Vierecksbeziehung“, die darüber hinaus noch an Komplexität durch weitere „Anspruchsgruppen“ gewinnen kann (siehe auch Kapitel 4.2.3 ab Seite 41):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Dienstleistung als „Dreiecksbeziehung“

Öhlschläger sieht als weitere wichtige Charakteristika von NPOs die Möglichkeit der kostenlosen Rekurrierung von z. B. ehrenamtlichen Helfern oder Zivildienstleistenden. Außerdem sieht er die NPO als Mittler zwischen den hilfesuchenden Bürgern und dem zur Fürsorge verpflichteten Staat.[26]

Angeboten werden soziale Dienstleistungen in diesem 3. Sektor vor allem durch die riesigen Wohlfahrtskonzerne, auch Verbände genannt (Diakonie, Caritas, Deutsche Rote Kreuz etc.), durch Stiftungen, Vereine und teilweise durch GmbHs. In allen typischen und wesentlichen Arbeitsfeldern der sozialen Arbeit ist der NPO-Bereich sehr aktiv wie z. B. in

- Krippen/ Kindergärten/ Horte
- Jugendarbeit
- Familienhilfe
- Behindertenhilfe/ Wohnheime
- Seniorenarbeit/ Sozialstationen
- Beratung
- Bildungsträgern
- Schuldnerberatung

2.3.3 Behördliche oder öffentliche Dienstleister

Behörden sind weder ziel- noch gewinnorientiert und im betriebswirtschaftlichen Sinne keine Unternehmen. Sie unterliegen parlamentarischer Kontrolle, arbeiten nach allgemeinen Grundsätzen der Staatsverwaltung und als oberste Priorität steht das verantwortungsvolle Ausüben der hoheitlichen Gewalt. Es ist gewissermaßen das letzte Glied der „Subsidiaritätskette“ und übernimmt die Aufgaben, die weder von den Bürgern und Familien noch von gewerblichen Unternehmen oder von den NPOs wahrgenommen werden können. Mehr und mehr Aufgaben des Staates wurden und werden auch weiterhin mit großer Wahrscheinlichkeit ausgegliedert, da der Staat bis zum heutigen Tage mit der Umsetzung der Grundlagen der Betriebwirtschaftslehre, auch wenn er als ein Unternehmer tätig ist, nicht vertraut ist. Wenngleich viele Bereiche des Staates ausgegliedert werden können, scheint es doch auch in Zukunft einen Kernbereich staatlicher Verantwortung zu geben, für den es wichtig ist, dass unter parlamentarischer und gesetzlicher Kontrolle, ethisch vertretbar, wenn nötig auch mit hoheitlicher Gewalt, in Lebenssituationen hineinagiert wird, in denen eigenes oder fremdes Leben droht, massiven Schaden zu nehmen.

Der Staat finanziert sich über eine Reihe von Steuern, die zwangsweise erhoben werden und in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung stehen.[27] Die soziale Arbeit hat in folgenden hoheitlichen Arbeitsfeldern ihre wichtigsten Aufgaben:

- Jugendamt (ASD, Jugendgerichtshilfe, Familien- u. Erziehungsberatung, Jugendförderung etc.)
- Gesundheitsamt (SpD, Sozialmedizinischer Dienst, Beratungsstelle für Suchtmittelabhängige etc.)
- Sozialamt (Allgemeiner Sozialdienst, Schuldnerberatung, Hilfe zur Arbeit, Beratungsstelle für ältere Bürger etc.)

3. „Kundenzufriedenheit“

Das Wort „Zufriedenheit“ ist ein wohlklingendes Wort im deutschen Sprachraum: Es beschreibt einen Zustand, an dem nichts auszusetzen ist, man ist ganz einfach wunschlos und glücklich. Wäre da nicht der Mensch – der „Kunde“ – mit seinen vielfältigen Wünschen, Forderungen, Unter- und Übertreibungen und dem gelegentlichen Anspruch, „König“ sein zu wollen. Was ist dann der Dienstleister? Ist er ein Diener, der willenlos alle Forderungen des Königs erfüllt? Schon wird alles komplizierter und nebulöser, dennoch wollen wir gerade deswegen uns dem Wort „Kundenzufriedenheit“ öffnen und dieses durch Definition etwas entschleiern und dadurch er-klären.

3.1 Allgemeingültige Definitionsansätze

Zum Thema „Kundenzufriedenheit“ gibt es eine Fülle von Definitionen und Vorstellungen. An dieser Stelle seien zunächst drei recht allgemeingültige Definitionen angeführt, die auf verschiedenen Ebenen formuliert sind und sich von einem hohen Abstraktionsgrad hin zu einem mittleren Konkretisierungsgrad bewegen. Diese Definitionen sollten sowohl für den Bereich der gewerblichen Dienstleister, für NPOs und für behördliche Dienstleister gelten können als auch in diesen Bereichen auf Akzeptanz stoßen .

Runow definiert auf einer wissenschaftstheoretischen Ebene,[28]

„...daß Kundenzufriedenheit ein nicht beobachtbares, hypothetisches Konstrukt darstellt, über das sich die Individuen mehr oder minder genaue, interindividuell unterschiedliche Vorstellungen bilden.“

Dagegen betrachten Homburg und Rudolph[29] „Kundenzufriedenheit“ auf dem Hintergrund ihrer Theorie zur Entstehung von „Kundenzufriedenheit“: „ Generell wird Kundenzufriedenheit als das Ergebnis eines komplexen psychischen Vergleichsprozesses verstanden... Der Kunde vergleicht seine wahrgenommenen Erfahrungen nach dem Gebrauch eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sogenannte Ist-Leistung, mit den Erwartungen, Wünschen…vor der Nutzung…. Wird diese zugrundegelegte Soll-Leistung bestätigt oder übertroffen, entsteht Zufriedenheit beim „Kunden“. Zufriedenheit wird in diesem Zusammenhang häufig als emotionale Reaktion auf einen kognitiven Vergleichsprozeß angesehen…“

Gerull[30] sieht „Kundenzufriedenheit“ eher deskriptiv als:

„positiv gefärbte Gefühle gegenüber einer bezogenen/erbrachten Leistung und /oder den Umständen ihrer Erstellung“

Diese Definitionen geben einen ersten Einblick in das Thema „Kundenzufriedenheit“ und werden im Kapitel 4.2 ab Seite 36 unter Hinzunahme des jeweiligen Kontextes näher erörtert.

3.2 Konzeptualisierung der „Kundenzufriedenheit“

oder: Wie entsteht „Kundenzufriedenheit“?

An dieser Stelle soll sozialpsychologisch die Entstehung von „Kundenzufriedenheit“ betrachtet werden. In der einschlägigen Literatur werden vor allem drei Konstrukte als relevant vorgestellt:

- C/D-Paradigma (Confirmation/Disconfirmation-Paradigma)
- Attributionstheorie
- Equity Theory

3.2.1 Das Confirmation/Disconfirmation – Paradigma

Jenes Modell ist das am meisten genannte und am stärksten beachtete Modell in der Zufriedenheitsforschung. Wie bereits in der oben genannten Definition von Homburg/Rudolph entsteht „Kundenzufriedenheit“ bzw. „Kundenunzufriedenheit“ durch einen Vergleichsprozess. Der Vergleich erfolgt zwischen einem Vergleichsstandard, der Soll-Leistung und der wahrgenommenen Ist-Leistung. Die Folge ist eine emotionale Reaktion unterschiedlicher Intensität und Richtung. Entspricht die Soll-Leistung der Ist-Leistung entsteht Zufriedenheit. Beide Anforderungen treffen sich gewissermaßen auf gleichem Niveau. Bei einer positiven Nicht-Bestätigung entsteht eine Differenz zwischen Soll- und Ist-Leistung und Begeisterung ist die Folge. Dagegen führt eine negative Nicht-Bestätigung zwar auch zu einer Differenz, jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Diese ist gekennzeichnet durch eine hohe Soll-Anforderung und eine wesentlich niedrigere Ist-Leistung – Unzufriedenheit ist die Folge.[31] Jede wahrgenommene Leistung verändert den Vergleichsstand und somit die Erwartungen des „Kunden“. Demzufolge ist das Verhältnis zum „Kunden“ stets dynamisch. Abbildung 5 stellt das C/D-Paradigma ist seiner elementaren Struktur dar:

Das C/D-Paradigma

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Die drei möglichen Ergebnisse des C/D - Paradigma

Jeder Dienstleister sollte als oberstes Ziel haben, Unzufriedenheit beim „Kunden“ zu vermeiden, denn: „Einmal ausgelöste Negativ-reaktionen können selbst durch wiederholte kognitive Positivwahrnehmungen nur schwer ausgeglichen werden.“[32] Ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis kann nur in einem schwierigen und langwierigen Prozess überwunden werden.

Carbon warnt davor, „Kunden“ zu zufrieden zu stellen: „ Wiederholte Begeisterungserlebnisse führen damit zu nicht mehr erfüllbaren Erwartungen und zu Unzufriedenheit. Anders gesagt: “Kundenbegeisterung“ ist der sichere Weg in die Unzufriedenheit. Deshalb setzen führende Organisationen in ihrem Denken und Handeln auf nachhaltige Partnerschaft statt auf „Kundenbegeisterung“.“ [33]

Generell wird in der Literatur zwischen mindestens drei verschiedenen Vergleichsstandards differenziert:[34]

- Erwartungen, die bereits vor dem Erlebnis, vor der Ist-Leistung gebildet werden, seien es rationale oder irrationale Wünsche und Hoffnungen, bestimmen mit großer Wahrscheinlichkeit das Ergebnis des kognitiven Vergleichs.

Beispiel: Ein „Kunde“/Klient des SpDs geriet in Wut und wird unkontrolliert, weil ihm in dieser Dienststelle kein Bargeld für eine wichtige Reise ausgezahlt werden konnte. Obwohl dieses strukturbedingt nicht möglich war, konnte der „Kunde“ nicht beruhigt werden.

- Erfahrungsnormen beurteilen eine Dienstleistung danach, wie sie aus der Sicht des „Kunden“ sein sollte. Der „Kunde“ greift hierbei sowohl auf eigene als auch auf fremde Erfahrungen zurück.

Beispiel: Ein „Kunde“/Klient kam zum SpD und wünschte die Bereitstellung eines Einzelfallhelfers, da eine Freundin in einer ähnlichen Situation auch über eine solche Hilfe verfüge.

- Ideale hier im Sinne von Anspruchshaltungen, dessen Erwartungen sich an einer Maximalversorgung orientieren. Diese spielen beim „Kunden“ dann eine Rolle, wenn er das optimale Leistungsniveau als Vergleichsstandard ansieht.

Beispiel: Ein schwer behinderter „Kunde“/Klient kam zum SpD und wünschte sich eine 24-h-Betreuung in der eigenen Wohnung und dazu eine entsprechende Kostenübernahme der Sozialverwaltung. Wird dem Wunsch nicht entsprochen, entsteht Unzufriedenheit.

Der Übersichtlichkeit halber seien nachfolgend die wichtigsten Komponenten der Ist-Leistung und der Soll-Leistung gegenübergestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Leistungen

Es ist durchaus üblich, dass ein „Kunde“ gleichzeitig unbewusst mehrere Standards für die Bildung seines persönlichen Zufriedenheitsurteils heranzieht. Für den Dienstleister ist es wichtig, die Soll-Leistung oder mit anderen Worten die Ansprüche des „Kunden“ genau zu kennen – nur dann kann er zufriedene „Kunden“ erleben bzw. gewinnen.

3.2.2 Attributionstheorie

Die Attributionstheorie[35] ist nicht nur eine Theorie, wie man annehmen könnte, sondern gewissermaßen ein Theoriegebäude, welches von den verschiedensten Autoren maßgeblich beeinflusst wurde. Kerngedanke aller Autoren jedoch ist, dass Menschen, so die Annahme, versuchen Schlüsse zu ziehen sowohl über eigene als auch fremde Ursachen von Verhalten. Es geht darum, aus offensichtlich beobachtbarem Verhalten die unsichtbaren Eigenschaften eines Menschen zu rekonstruieren. Die gezogenen Schlüsse können, wie nachfolgend dargestellt, sehr unterschiedlich ausfallen und somit erscheint auch die Zufriedenheit der „Kunden“ in einem neuen Lichte.

In der deutschsprachigen Literatur wird der „Kunde“ nur wenig oder am Rande mit der Attributionstheorie in einen Zusammenhang gestellt. Aus diesem Grunde werde ich das Modell der Erfolgs- und Misserfolgsattribution nach Weiner (1974) kurz darstellen und dann in einen Zusammenhang mit „Kundenzufriedenheit“ stellen.

Warum die einen Menschen Erfolg und die anderen Misserfolg haben, interessiert nicht nur den Durchschnittsbürger, sondern ganz besonders die Attributionsforscher, insbesondere Weiner, der nachfolgendes Modell entwickelte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Weiners Kategorisierung der attribuierten Ursachen für Erfolg und Misserfolg.[36]

Hinsichtlich einer beruflichen Beförderung können so verschiedene Kollegen zu sehr unterschiedlichen Ursachenzuschreibungen kommen. Ist nun der Kollege A befördert worden, weil er Fähigkeit und Intelligenz besitzt, er hart dafür gearbeitet hat, er ein Günstling des Chefs ist oder er einfach nur Glück hatte? Die Antworten, die auf diese Fragen gegeben werden, bestimmen wesentlich die Einstellung und das Verhalten in der künftigen Arbeitsbeziehung. Aus diesen vier typischen Fragen ergeben sich so die oben dargestellten vier Kategorien.

[...]


[1] Ogger in Blonski, 1998, S. 31

[2] Tominga in Blonski, 1998, S. 31

[3] vgl. Decker, 1997, S. 89

[4] vgl. Decker, 1997, S. 93

[5] Decker, 1997, S. 94

[6] vgl. Decker, 1997, S. 94

[7] vgl. Deutscher Bundestag, S. 7 in: http://www.bundestag.de/gremien/welt/glob_end/3.pdf, 02.01.2003

[8] vgl. Meister, 2002, S. 27

[9] vgl. Gerull, 2000, S. 22

[10] Blonski, 1998, S. 21

[11] vgl. Decker, 1997, S. 97

[12] vgl. Gerull, 2000, S. 23

[13] ebd.

[14] vgl. Meister, 2002, S.26

[15] Decker, 1997, S. 33

[16] vgl. Strachwitz in: Hauser/ Neubarth/ Obermair, 2000, S. 30

[17] Decker, 1997, S. 97 - 99

[18] Gerull, 2000, S. 24 - 25

[19] vgl. Blonski, 1999, S. 538 - 539

[20] vgl. Schruth in: Bundesministerium für Familie, Senioren.., 2000, S. 47

[21] Strachwitz in: Hauser/ Neubarth/ Obermair, 2000, S. 20

[22] vgl. ebd. S. 19 - 22

[23] vgl. ebd. S. 30

[24] Decker, 1997, S. 36

[25] vgl. Strachwitz in: Hauseer/ Neubarth/ Obermair, 2000, S. 19 - 20

[26] vgl. Öhlschläger in: Decker, 1997, S. 34

[27] vgl. Strachwitz in: Hauseer/ Neubarth/ Obermair, 2000, S. 23 - 30

[28] Runow, zitiert bei Haller 1995, S. 31

[29] Simon/Homburg, 1997, S. 33

[30] Gerull in: Unsere Jugend, 1999, S. 16

[31] vgl. Homburg/Rudolph in Simon/Homburg, 1997, S. 38

[32] Carbon/ Preyer, 2000, S. 79

[33] ebd.

[34] vgl. Homburg, a.a.O. S. 39

[35] vgl. Forgas, 1992, S. 71 – 105 vgl. Stroebe, 1997, S. 177 - 216.

[36] Forgas, 1992, S. 80

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832464738
ISBN (Paperback)
9783838664736
DOI
10.3239/9783832464738
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Fachhochschule Berlin – unbekannt
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
kundenbegriff equity theorie zufriedenheit attributionstheorie confirmation/disconfirmation-paradigma
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Titel: "Kundenzufriedenheit" in der sozialen Arbeit
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