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Die Entwicklungshilfe der Europäischen Union für die Balkanländer

Ziele und Umsetzungsprobleme

©2002 Diplomarbeit 102 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Entwicklungshilfe für die Balkanländer nimmt einen hohen Rang auf der aktuellen politischen Agenda der Europäischen Union ein. Hohe Relevanz und Aktualität können folglich dem Thema nicht abgesprochen werden. Mit der hohen Aktualität verbindet sich jedoch das Problem, dass sich bisher nur wenige Autoren der unbestreitbar komplexen Materie angenommen haben. Mit dieser Arbeit möchte ich eine eingängige Struktur in die teilweise noch ungeordneten Forschungsergebnisse bringen, die dem Leser relevante Informationen gebündelt und kritisch durchdacht nahe bringt. Ziel dieser Diplomarbeit ist dabei eine umfassende Erörterung von Zielen und Umsetzungsproblemen der Entwicklungshilfe der EU für die Balkanländer.
Als erste Herausforderung bei der Bearbeitung dieses Themas erweist sich eine genaue Abgrenzung des Begriffes „Balkan“, der bisher in der Literatur noch nicht eindeutig definiert wurde. Dieser Frage widmet sich das Kapitel 1.2.
Eine zweite Herausforderung stellt eine kompakte Darstellung der Situation auf dem Balkan dar. Um die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage in den Balkanländern zu beleuchten (Kapitel 2.2), bedarf es zunächst einer genauen Analyse der historischen Entwicklung der Region. Aus diesem Grund wird in Kapitel 2.1 zunächst die Genese der aktuellen Situation seit dem 19. Jahrhundert (Kapitel 2.1.1) über die Zeiten des Kommunismus (Kapitel 2.1.2), den Zerfall von Jugoslawien (Kapitel 2.1.3), die Balkankriege den Kosovo-Krieg und Wirtschaftssanktionen (Kapitel 2.1.4) verfolgt.
Auf die Analyse der aktuellen Lage auf dem Balkan stützt sich die Untersuchung der Ziele und der Umsetzung der Entwicklungshilfe der EU für die Balkanländer. Die große Anzahl an existierenden Initiativen und Programmen, die darüber hinaus auf die Bedürfnisse und die Lage jedes einzelnen Landes der Region zugeschnitten sind, offenbarte dabei die Notwendigkeit einer Systematisierung, die entlang der verschiedenen Programme in Kapitel 3 vorgenommen wurde. Kapitel 3.2.1 analysiert folglich die Umsetzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des Stabilitätspaktes (SP). In Kapitel 3.2.2 wird eine Beschreibung der Umsetzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAp), einer neuen Strategie der EU für die Heranführung der potenziellen Betrittskandidaten an die europäischen Strukturen und Normen, vorgenommen.
Um dem Leser einen tieferen Einblick in die Komplexität der in der Arbeit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6468
Vuckovic, Jasmina: Die Entwicklungshilfe der Europäischen Union für die Balkanländer -
Ziele und Umsetzungsprobleme
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Wiesbaden, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
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http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis...II
Abbildungsverzeichnis...IV
Tabellenverzeichnis...V
Abkürzungsverzeichnis...VI
1
Einleitung ...1
1.1
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit ...1
1.2
Begriffserklärung ...3
1.2.1
Entwicklungshilfe...3
1.2.2
Balkan ...4
2
Der Balkan: ein komplexes Puzzle...6
2.1
Das ,,Pulverfass Europas"- ein historischer
Rückblick ...6
2.1.1
Der Einfluss der Geschichte ...6
2.1.2
Zeiten des Kommunismus ...7
2.1.3
Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens und Krieg ...9
2.1.4
BR Jugoslawien unter Milosevic,
Wirtschaftssanktionen und NATO ...10
2.1.5
Europa in dem Balkankrieg: 1991 ­ 1999 ...11
2.2
Die aktuelle Lage auf dem Balkan ...13
2.2.1
Die politische Lage der Balkanstaaten ...13
2.2.2
Die wirtschaftliche Lage der Balkanstaaten...16
3
Ziele und Umsetzung der Entwicklungshilfe der
EU für die Balkanländer ...19
3.1
Ziele...19
3.2
Umsetzung ...21
3.2.1
Umsetzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des
Stabilitätspaktes ...21
3.2.2
Umsetzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des
Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses ...23
3.3
Zusammenfassung und Verdeutlichung ...27
4
Umsetzung der EU-Entwicklungshilfe am
Beispiel BR Jugoslawien/ Serbien...29
4.1
Ursprünge der EU-Hilfe für Serbien...29
4.2
EU-Hilfsprogramm CARDS ...31
4.2.1
Strategie des CARDS-Programms ...31
4.2.2
CARDS: Kanäle der Umsetzung ...32
4.2.2.1 Europäische Agentur für Wiederaufbau (EAR) ...32
4.2.2.2 Die wichtigsten Projekte der EAR im Rahmen
des CARDS- Programms...34
4.2.2.2.1 Energie ...34
4.2.2.2.2 Unternehmensentwicklung ...35
4.2.2.2.3 Landwirtschaft ...36
4.2.2.2.4 Gesundheitswesen ...37

III
4.2.2.2.5 Wiederaufbau der ,,Sloboda" Brücke ...37
4.2.2.2.6 Andere Projekte im Überblick ...38
4.2.2.3 Europäische Investitionsbank (EIB) ...39
4.2.2.4 Europäische Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung (EBRD) ...40
4.2.2.4.1 Überblick der EBRD-Investitionen ...41
4.2.2.4.2 Rolle der Mikrofinanzbank (MFB) ...42
4.2.2.5 Die Weltbank-Gruppe ...43
5
Allgemeine Umsetzungsprobleme bei der EU-
Entwicklungshilfe...45
5.1
Problem: Aufbau funktionierender demokratischer
Staaten ...45
5.2
Problem: Bereitschaft dazu, ,,Grenzen zu
überwinden" ...49
5.3
Versuch einer Bilanz...51
6
Ausblick ...55
Anhangsverzeichnis...IX
Anhang... .....................................................X
Literaturverzeichnis...XXX

IV
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Zusagen an der Geberkonferenz am 29.06.2001 in
Brüssel...28
Abbildung 2: Serbien, geographische Lage...29
Abbildung 3: Aufteilung CARDS-Programm 2001 nach Projektbereichen
in Serbien... 35
Abbildung 4: Kreditprogramm der Weltbank...44
Abbildung 5: Vertrauen in die Medien...49
Abbildung 6: Die westlichen Balkanländer...X
Abbildung 7: "Das heutige Europa"...XI
Abbildung 8: Organisationsstruktur des Stabilitätspaktes...XXIV
Abbildung 9: Zusagen der Geberkonferenz für das Jahr 2001 für
Serbien nach Sektor...XXVIII

V
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Makroökonomische Indikatoren der Balkanstaaten...XII
Tabelle 2: EG-Hilfe für die westlichen Balkanländer 1991-2002...XXV
Tabelle 3: EAR, wesentliche Zahlen: Serbien...XXVII
Tabelle 4: Einschätzung des Stabilitätspaktes in der Bevölkerung..XXIX

VI
Abkürzungsverzeichnis:
Abb. Abbildung
Art. Artikel
BAC
Business Advisory Council
BiH
Bosnien und Herzegowina
BIP Bruttoinlandsprodukt
BR Bundesrepublik
BRJ Bundesrepublik
Jugoslawien
BSEC
Black Sea Economic Cooperation
BSP Bruttosozialprodukt
Bspw. beispielsweise
CARDS
Community Assistance for Reconstruction,
Development and Stabilisation
CFE
Conventional Forces Europe
d.h. das
heißt
EAP
Emergency Assistance Programm
EAPC
European Association of Political Consultants
EAR
European Agency for Reconstruction
EBRD
European Bank for Reconstruction and Deve-
lopment (Europäische Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung)
ECHO
Amt zur Koordinierung für humanitäre Hilfe
EfD
Energy for Democracy
EIB
European Investment Bank
EJR
Ehemalige Jugoslawische Republik
EPS Elektro-Privreda
Srbije
(Energieversorger Serbien)
etc. et
cetera
EU Europäische
Union
FR Föderative
Republik
FTA
Free Trade Agreement
GASP
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

VII
GATT
General Agreement on Tariffs and Trade (All-
gemeines Zoll- und Handels-Übereinkommen)
GEP
Gemeinsame Europäische Projekte
Hrsg. Herausgeber
IBRD
International Bank for Reconstruction
and Development
IDA
International Development Association
IFI
International Finance Institution
IWF Internationale
Währungsfonds
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KMU
Kleine und Mittlere Unternehmen
KP Kommunistische
Partei
MFB
Micro Finance Bank
Mil. Million
MIP
Multi-annual Indicative Programme
Mrd. Milliarde
NATO
North Atlantic Treaty Organisation
(Nord Atlantische Allianz)
o.g. oben
genannt
o.V. ohne
Verfasser
OECD
Organization for Economic Cooperation
OSZE
Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa
Ph.D.
Philosophiae Doctor (Doktor der Philosophie)
PHARE
Poland and Hungary Assistance for
Reconstructing tne Economy
RTS
Radio-Televizija Srbije (Radio-Television Ser-
bien)
SAA
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen
SAp
Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess
SEECAO
South East European Cooperation
SEECP South-East
European
Cooperation Process
SfDS
Schulen für ein demokratisches Serbien
SFR
Sozialistische Föderative Republik

VIII
SFRJ
Sozialistische Föderative Republik
Jugoslawien
SOE Südosteuropa
SP Stabilitätspakt
Tab. Tabelle
TAFKO
Task Force Kosovo
u.a unter
anderem
UNCHR UN-Charta
UNDP
United Nations Development Programme
UNICEF
United Nations International Children`s
Emergency Fund
UNO
United Nations Organisation
UNPROFOR
United Nation Protection Force
usw.
und so weiter
Vgl. vergleiche
WEU Westeuropäische
Union
WHO
World Health Organisation
(Weltgesundheitsorganisation)
WTO
World Trade Organisation
(Welthandelsorganisation)
z.Zt. zur
Zeit

Einleitung
1
1 Einleitung
1.1
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Entwicklungshilfe für die Balkanländer nimmt einen hohen Rang auf der
aktuellen politischen Agenda der Europäischen Union ein. Hohe Rele-
vanz und Aktualität können folglich dem Thema nicht abgesprochen
werden. Mit der hohen Aktualität verbindet sich jedoch das Problem,
dass sich bisher nur wenige Autoren der unbestreitbar komplexen Ma-
terie angenommen haben. Mit dieser Arbeit möchte ich eine eingängige
Struktur in die teilweise noch ungeordneten Forschungsergebnisse
bringen, die dem Leser relevante Informationen gebündelt und kritisch
durchdacht nahe bringt. Ziel dieser Diplomarbeit ist dabei eine umfas-
sende Erörterung von Zielen und Umsetzungsproblemen der Entwick-
lungshilfe der EU für die Balkanländer.
Als erste Herausforderung bei der Bearbeitung dieses Themas erweist
sich eine genaue Abgrenzung des Begriffes ,,Balkan", der bisher in der
Literatur noch nicht eindeutig definiert wurde. Dieser Frage widmet sich
das Kapitel 1.2.
Eine zweite Herausforderung stellt eine kompakte Darstellung der Situ-
ation auf dem Balkan dar. Um die aktuelle politische und wirtschaftliche
Lage in den Balkanländern zu beleuchten (Kapitel 2.2), bedarf es zu-
nächst einer genauen Analyse der historischen Entwicklung der Regi-
on. Aus diesem Grund wird in Kapitel 2.1 zunächst die Genese der ak-
tuellen Situation seit dem 19. Jahrhundert (Kapitel 2.1.1) über die Zei-
ten des Kommunismus (Kapitel 2.1.2), den Zerfall von Jugoslawien
(Kapitel 2.1.3), die Balkankriege den Kosovo-Krieg und Wirtschafts-
sanktionen (Kapitel 2.1.4) verfolgt.
Auf die Analyse der aktuellen Lage auf dem Balkan stützt sich die Un-
tersuchung der Ziele und der Umsetzung der Entwicklungshilfe der EU
für die Balkanländer. Die große Anzahl an existierenden Initiativen und
Programmen, die darüber hinaus auf die Bedürfnisse und die Lage je-
des einzelnen Landes der Region zugeschnitten sind, offenbarte

Einleitung
2
dabei die Notwendigkeit einer Systematisierung, die entlang der ver-
schiedenen Programme in Kapitel 3 vorgenommen wurde. Kapitel 3.2.1
analysiert folglich die Umsetzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des
Stabilitätspaktes (SP). In Kapitel 3.2.2 wird eine Beschreibung der Um-
setzung der Entwicklungshilfe im Rahmen des Stabilisierungs- und As-
soziierungsprozesses (SAp), einer neuen Strategie der EU für die Her-
anführung der potenziellen Betrittskandidaten an die europäischen
Strukturen und Normen, vorgenommen.
Um dem Leser einen tieferen Einblick in die Komplexität der in der Ar-
beit behandelten Frage zu geben, wird die Umsetzung der EU-
Entwicklungshilfe am Beispiel der BR Jugoslawien in Kapitel 4 erörtert.
Dabei wird als erstes im Abschnitt 4.1 auf die Ursprünge der EU-Hilfe
für die BR Jugoslawien eingegangen. Anschließend wird im Abschnitt
4.2 das EU-Hilfsprogramm CARDS mit seinen Bestandteilen ins Detail
gehend dargestellt.
Auf die zahlreichen Probleme, die mit der Umsetzung der EU-
Entwicklungshilfe für die Balkanländer verbunden sind, macht das Kapi-
tel 5 aufmerksam. Zwei Problemschwerpunkte konnten dabei identifi-
ziert werden, die die Absorptionsfähigkeit der Balkanländer für die EU-
Entwicklungshilfe wesentlich beeinträchtigen: die politische Instabilität
der jungen demokratischen Systeme (Kapitel 5.1) und fehlende Bereit-
schaft zum Ausbau der regionalen Zusammenarbeit (Kapitel 5.2). In
Kapitel 5.3 wird ein Versuch unternommen, die bisherige EU-
Entwicklungshilfe kritisch zu beleuchten, um eine Bilanz für die bisheri-
gen Bemühungen zu ziehen.
Die Arbeit schließt mit einem Ausblick in Kapitel 6, in dem die künftigen
Ziele der Entwicklungshilfe angezeigt werden. An diesem Punkt wird
über das weitere Engagement der EU auf dem Balkan nachzudenken
sein.

Einleitung
3
1.2 Begriffserklärung
1.2.1 Entwicklungshilfe
Da sich die vorliegende Arbeit mit der EU-Entwicklungshilfe für die Bal-
kanländer beschäftigt, gilt es zunächst den Begriff ,,Entwicklungshilfe"
zu definieren.
Unter diesem Begriff werden Leistungen verstanden, die von und in
Entwicklungsländern in Anspruch genommen werden. Entwicklungshil-
fe kann materieller (z.B. Kapital, Kredit, Direktinvestition) oder nicht ma-
terieller (z.B. Entsendung von ExpertInnen) Art sein. Sie kann von öf-
fentlichen oder privaten Stellen geleistet werden. Die Verteilung kann
auf bilateralem oder multilateralem Weg stattfinden.
1
Wesentliche Be-
reiche der Entwicklungshilfe sind Landwirtschaft, Nahrungsmittelhilfe,
Wasserversorgung, Bildung, Gesundheitswesen, Bevölkerungspolitik,
Familienplanung sowie Umwelt- und Ressourcenschutz.
Üblicherweise wird der Begriff ,,Entwicklungshilfe" mit der Hilfe für die
Entwicklungsländer Afrika und Asien verbunden. In diesem Zusam-
menhang stellt sich die Frage, ob man die Balkanländer als Entwick-
lungsländer bezeichnen kann. Eine einheitliche Definition des Begriffs
"Entwicklungsland" gibt es nicht. Dies liegt an der Vielzahl der Fakto-
ren, die zur Unterentwicklung eines Landes beitragen, die hier kurz be-
nannt werden sollen: Ökonomische Merkmale sind ein geringes Brutto-
sozialprodukt pro Einwohner, eine sehr ungleiche Verteilung des BSP,
eine niedrige Spar- und Investitionstätigkeit, eine unzureichende Infra-
struktur, eine unzureichende Schul- und Ausbildung, hohe Arbeitslosig-
keit, die bedeutende Rolle des primären Sektors, unzureichende Ernäh-
rung und Gesundheitsmängel sowie dazugehörend unzureichende me-
dizinische Versorgung. Außenwirtschaftliche ökonomische Merkmale
sind unterdessen die Ausrichtung auf die Industrieländer, eine einseiti-
ge Exportpalette, Verschlechterung der Terms of Trade und eine hohe
Auslandsverschuldung. Wenn man anhand der hier aufgestellten Krite-
1
Vgl. N
OHLEN
, 1993, S.209-211

Einleitung
4
rien die aktuelle wirtschaftliche Lage auf dem Balkan beurteilt, stellt
man fest, dass die einst hoch entwickelten Ländern durch den sinnlo-
sen Krieg auf das Niveau der Entwicklungsländer zurückgeworfen wur-
den. Um die ganze Tragik der Situation zu verdeutlichen, wird in der
vorliegenden Arbeit durchgehend der Begriff ,,Entwicklungshilfe" ange-
wendet.
1.2.2 Balkan
In den westeuropäischen Ländern ist die Geschichte der Balkanvölker
meistens nicht bekannt. Was genau versteht man unter dem ,,Balkan"?
Ist dies ein ausschließlich geographischer, ein politischer oder ein kul-
tureller Begriff? Soll man ganz Südosteuropa dazu zählen oder nur die
Länder südlich der Donau? Der Begriff ,,Balkan" bedeutet übersetzt
,,Gebirge" und stammt von den türkischen (osmanischen) Eroberern,
die den Balkanraum zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert
schrittweise unter ihre Kontrolle brachten und bis ins 20. Jahrhundert
hinein dort vorherrschten. Mit o.g. Begriff haben die Türken aber nur die
Bergkette ,,Stara Planina" (,,das alte Gebirge") bezeichnet, die sich quer
durch Bulgarien zog.
2
Offiziell werden heute als Balkanstaaten Bulgarien, Albanien sowie die
Republiken des ehemaligen Jugoslawiens, Serbien, Bosnien und Her-
zegowina, Montenegro und Mazedonien verstanden. Die einen, die
durch ihre geografische Lage dem Balkan zuzuordnen sind, sich jedoch
nicht dieser Region zugehörig fühlen oder fühlen wollen, bevorzugen
den Ausdruck ,,Südosteuropa", der mit weniger negativen Konnotatio-
nen behaftet ist; einige andere, wie zum Beispiel die Griechen, legen
großen Wert auf ihre mediterrane Lage, die sie mit dem ganzen Süden
Europas, Afrika und dem Nahen Osten verbindet. Andere wiederum
(Slowenen, Kroaten und immer öfter auch die Rumänen) sehen sich als
Mitteleuropäer, die sich mit Interessenverbindungen zum Balkan darzu-
stellen versuchen.
3
2
Vgl. W
EITHMANN
1993, S.8
3
Vgl. W
EITHMANN
2000, S.24

Einleitung
5
Der Westbalkan ist ein von der EU geprägter Begriff für die Nachfolge-
staaten Jugoslawiens und Albanien. Zu den Nachfolgestaaten Jugos-
lawiens zählen Bosnien und Herzegowina (BiH), Kroatien, die Ehema-
lige Jugoslawische Republik Mazedonien (EJR Mazedonien) und die
Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ)
4
. Slowenien hingegen hat bereits
ein Europaabkommen mit der EU abgeschlossen und gilt seit 1998 als
offizieller EU ­ Beitrittskandidat.
Obwohl die Wissenschaftler heute noch über die regionale Abgrenzung
des Balkans innerhalb von Südosteuropa (SOE) diskutieren, bezieht
sich der Kern der Thematik dieser Arbeit auf die folgenden fünf Staa-
ten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, ehemalige EJR
Mazedonien und insbesondere auf die BR Jugoslawien (Serbien, Mon-
tenegro und Kosovo). Staaten wie Bulgarien oder Rumänien gehören
zwar auch zu den SOE-Ländern, werden jedoch von einer genaueren
Betrachtung im folgenden ausgeschlossen. Der Grund dafür ist, dass
die o.g. fünf Länder durch eine besondere Strategie der EU-
Entwicklungshilfe gefördert werden.
5
Wenn also von Begriffen wie ,,Balkan", ,,Westbalkan", ,,Balkanregion"
und ,,SOE-Ländern" die Rede ist, beziehen sich die dazu gehörigen
Aussagen hauptsächlich auf die fünf oben genannten Staaten.
4
Nach der Auflösung der ehemaligen ,,Sozialistischen Föderativen Republik Jugosla-
wien" (SFRJ) schlossen sich Serbien und Montenegro zu der ,,Föderativen Republik
Jugoslawien" (FRJ) zusammen, die oftmals in der Presse als ,,Restjugoslawien" be-
zeichnet wurde. 1996 kam es jedoch zur Anerkennung von Serbien-Montenegro als
Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ). Vgl. R
ÜB
, 1999, S.332-344
5
Vgl. diese Arbeit, Anhang 1

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
6
2
Der Balkan: ein komplexes Puzzle
2.1
Das ,,Pulverfass Europas"- ein historischer Rückblick
Will man sich heute mit den Balkan näher auseinandersetzen, bedarf
es einer gewissen Grundkenntnis ­ sowohl hinsichtlich des geschichtli-
chen Hintergrundes, als auch bezüglich der Bedeutung des Begriffes
,,Balkan", Aspekte, ohne die man die derzeitige Situation nicht ausrei-
chend verdeutlichen kann.
Der vor kurzem beendete Krieg zwischen Serben und Kroaten, die Tra-
gödie der Muslime in Bosnien-Herzegowina, die albanische Unabhän-
gigkeitsbewegung in Kosovo, die ungelöste Problematik der ungari-
schen Minderheit in Rumänien und der türkischen Minorität in Bulgarien
sowie die wieder aufflammende Mazedonienkrise ­ all diese Unruhen
haben historische Ursprünge.
2.1.1 Der Einfluss der Geschichte
,,Die Geschichte der Völker wird von ihrer Geographie geschrieben"
Napoleon Bonaparte
Der ,,Balkan" tauchte zum Anfang des 19. Jahrhunderts auch im Wes-
ten als geopolitischer und kulturgeografischer Begriff auf. Als Balkan
definierte das damalige Europa Bulgarien, Serbien, Mazedonien, Alba-
nien, Bosnien, Montenegro und Nordgriechenland.
6
Die gebirgige Struktur der Landschaft hat die Bildung großer politischer
Einheiten so verhindert, dass nie eine politische Macht zentriert werden
konnte. Im Laufe des 19. Jahrhundert entstanden die Staaten Serbien
und Griechenland in ihren heutigen Grenzen, danach folgen Monte-
negro und Bulgarien, als letztes Albanien.
7
6
Vgl. W
EITHMANN
, 2000, S.24
7
Vgl. W
EITHMANN
, 1993, S.8

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
7
Die von der politischen Seite geprägte Bezeichnung des Balkans als
Pulverfass datiert ein Jahrhundert zurück, als sich die imperialen
Mächte, vor allem Deutschland, Österreich-Ungarn und das zaristische
Russland um die Reste des Osmanischen Reiches in Südosteuropa
und im Orient stritten. Als Folge wurden die zwei Balkankriege und
letztendlich der erste Weltkrieg ausgelöst.
8
Wegen seiner Lage an der Peripherie Europas, zwischen Abendland
(Okzident) und Morgenland (Orient) sowie als Brücke der Kulturräume
Europa und Orient, war der Balkan immer Spielball des christlich ge-
prägten Westens und des orthodoxen Ostens. Aufgrund dieser histori-
schen Entwicklungen sind die einzigen gemeinsamen historischen Er-
fahrungen Südosteuropas die Unterwerfung unter einen fremden Wil-
len, Machtansprüche, Krieg und Fremdherrschaft. Die ethnischen, kul-
turellen und religiösen Einflüsse haben dazu geführt, dass der Balkan
oftmals das war, was er heute wieder ist: eine Vielvölker- und Klein-
staatenregion mit historisch geprägter, nationaler Existenzangst.
9
2.1.2 Zeiten des Kommunismus
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war in fast allen Ländern
Süd- und Osteuropas die Kommunistische Partei (KP) an der Macht.
Die KP war nicht nur die einzige existierende Partei in diesen Ländern,
sondern bestimmte auch alle politischen und wirtschaftlichen Entschei-
dungen. So wurden (nach dem Vorbild des Sowjetischen Systems) die
Industrieunternehmen verstaatlicht, und es wurde nach Planwirtschaft
gearbeitet.
Für Albanien war schon der Übergang zu der Planwirtschaft sehr prob-
lematisch, da in vielen Bereichen der Wirtschaft keine ausreichend
entwickelte Infrastruktur vorhanden war. Wie auch in anderen kommu-
nistischen Ländern wurden die landwirtschaftlich genutzten Flächen
entweder kollektiviert oder in Staatsgüter übergeführt, die zukünftig e-
8
Vgl. A
NGELOVA
, 2002, S.13
und diese Arbeit, Anhang 2
9
Vgl. W
EITHMANN
, 2000, S.15

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
8
normen wirtschaftlichen Rückständen unterlagen. Der Staat Albanien
zählte zu den ärmsten Ländern Europas.
10
In SFRJ Jugoslawien war die Situation viel spezifischer. Obwohl sich
Tito nach dem Zweiten Weltkrieg gegenüber der Sowjetunion loyal ver-
hielt, wollte er Jugoslawiens Unabhängigkeit verteidigen und bekannte
sich zu dem Pluralismus innerhalb der kommunistischen Bewegung.
Das führte 1948 zum Bruch mit der Sowjetunion und dem Ausschluss
der jugoslawischen Kommunistischen Partei aus dem Kominform
11
.
Nach dem Bruch mit Stalin wurde das Land ein führendes Mitglied der
Blockfreien Staaten
12
, und Tito suchte in wirtschaftlicher Hinsicht die
Annäherung an den Westen. Er führte ein eigenes liberales Sozialis-
musmodell
13
ein und verhinderte damit die Einmischung der Sowjetuni-
on in die inneren Angelegenheiten Jugoslawiens.
Die jugoslawische Wirtschaft war wesentlich besser gestellt, als die von
anderen sozialistischen Ländern in Europa. Wegen der großzügigen
westlichen Kredite schaffte Jugoslawien unter Tito den Anschluss an
das Weltniveau. Insbesondere sind zwei Aspekte sehr wichtig: Der ers-
te Aspekt war die Aufhebung der Visabeschränkung und die Förderung
des Tourismus, was hohe Devisen-Einnahmen garantieren sollte. Der
zweite war die Reisefreiheit und die Ausreiseerlaubnis für die jugosla-
wischen Bürger. Dies führte bis Mitte der achtziger Jahre zu über einer
Million jugoslawischer Gastarbeiter im Ausland, die wiederum beträcht-
liche Geldsummen nach Hause schickten.
14
Slowenien, Kroatien und Vojvodina waren die reichsten Regionen SFR
Jugoslawiens, während Kosovo und Mazedonien zu den weniger ent-
wickelten zählten. Die kommunistische Führung sorgte jedoch für einen
10
Vgl.
O
.V., Encarta Enzyklopädie PLUS, 1999, [Albanien]
11
Kominform ­ Das Kommunistische Informationsbüro wurde im Oktober 1947 auf
einem Treffen der kommunistischen Parteien aus neun Ländern (der UdSSR, Jugos-
lawien, Frankreich, Italien, der Tschechoslowakei, Polen, Ungarn, Bulgarien und Ru-
mänien) gegründet. Es sollte angeblich als Stelle zum Austausch von Informationen
von allgemeinem Interesse dienen, in Wirklichkeit jedoch als Instrument zur Durch-
setzung von Stalins Politik. Nikita Chruschtschow schaffte am 17. April 1956 das
Kominform ab, um eine sowjetisch-jugoslawische Aussöhnung zu erzielen. Vgl. D
ER
G
ROSSE
B
ROCKHAUS
, 1955, S.499
12
Blockfreie Staaten - Bündnis von Staaten, die während des Kalten Krieges keinem
der beiden Machtblöcken zugehörten.
13
Das war das System der Selbstverwaltung der sozialistischen Marktwirtschaft, eine
Art Mittelding zwischen Sozialismus und Kapitalismus.
14
Vgl. J
UDAH
, 2000, S.142-144

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
9
Lastenausgleich zwischen reicheren und ärmeren Republiken, was
immer wieder die Unzufriedenheit der Wohlhabenderen und harte Ver-
teilungskämpfe zwischen den Republiken und Nationen hervorrief.
2.1.3 Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens und Krieg
Die Völker Jugoslawiens haben es geschafft, ihren vorher gemeinsam
aufgebauten Staat in Schutt und Asche zu legen. Viele Beobachter der
Kriege in Jugoslawien verweisen auf die kulturhistorischen Gegensätze
als einen wesentlichen Auslöser des Krieges. Diese immer wieder be-
mühte Erklärung ist insofern richtig, als sich hier unterschiedlichste So-
zialnormen, Traditionen, Wertesysteme und Mentalitäten bilden konn-
ten. Alle Nationen und Religionen haben nationale und historische Erb-
lasten mit sich getragen, die dennoch nicht die wesentlichen Gründe
des Balkankrieges waren.
Das Fehlen von demokratischer Tradition und marktwirtschaftlicher Re-
formen trug zum Ausbruch der Gewalt bei. Die gegenwärtigen politi-
schen Versäumnisse, falsche Strategien und fehlende Leistungsfähig-
keit der Politiker sind hauptsächlich als Gründe für die Kriege auf dem
Balkan zu sehen. Unbeglichene Rechnungen und zurückliegende histo-
rische Ereignisse zwischen den Nationen wurden nur taktisch präsen-
tiert, um die nationalen, religiösen und kulturellen Unterschiede zu ver-
tiefen und friedliches Leben der Völker unmöglich zu machen.
15
Der Zerfallsprozess Jugoslawiens wurde zudem durch die weltpoliti-
schen und ideologischen Veränderungen beschleunigt. Nach dem En-
de des Kalten Krieges, dem Verschwinden der Machtblöcke und dem
Zusammenbruch des Sozialismus in Südosteuropa zerbrach auch die
nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene jugoslawische
Ideologie. Jugoslawien konnte seine blockfreie Politik nicht mehr
durchsetzen. Umliegende südosteuropäische Staaten begannen mit
dem politischen und wirtschaftlichen Wandel, mit einem Prozess der
Demokratisierung und der Integration in die Europäische Union. Ob-
15
Vgl. R
ÜB
, 1998, S.94-96

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
10
wohl sich Jugoslawien als ehemaliger Führer der Blockfreien Staaten
mit gewisser Liberalisierung und Reisefreiheit im Unterschied zu den
meisten Ländern Ost- und Südeuropas bis dahin behaupten konnte,
verfehlte es den Integrations- und Demokratisierungsversuch.
2.1.4 BR Jugoslawien unter Milosevic, Wirtschaftssanktionen und
NATO
Nach dem Zusammenbruch des ,,kommunistischen" Regimes Anfang
der 90er Jahre, kamen Milosevic und seine Sozialistische Partei Ser-
biens an die Macht ­ mit Hilfe eines starken serbischen Nationalismus,
der öffentlich forciert wurde.
In der Hoffnung, den Krieg dadurch zum Stillstand zu bringen, wurde
die FR Jugoslawien im Mai 1992 aus verschiedenen Wirtschafts-
Organisationen, wie dem Internationalen Währungsfond (IMF) und dem
Internationalen Handelsabkommen (GATT), ausgeschlossen. Wegen
der Politik des serbischen Präsidenten Milosevic und der Einmischung
FR Jugoslawiens in den Krieg in Bosnien-Herzegowina und Kroatien
wurden ebenfalls im Mai 1992 die UN-Wirtschaftssanktionen und sei-
tens der EU ein Handelsembargo über Jugoslawien verhängt. Diese
Maßnahmen wurden im April 1993 noch verschärft.
Nach der Unterzeichnung des Dayton-Abkommens im Jahre 1995, das
Frieden in Bosnien und Herzegowina bedeutete, wurden die Sanktio-
nen im Oktober 1996 endgültig aufgehoben. Die Teilnahme FR Jugos-
lawiens in internationalen Organisationen und Institutionen wollten die
USA jedoch nicht bewilligen. Die Voraussetzung war die Korporation
FR Jugoslawiens mit dem Kriegstribunal in Den Haag und die Beach-
tung der Menschenrechte im Kosovo. Als der Konflikt im Kosovo letzt-
endlich eskalierte, revidierten die EU und USA ihre Entscheidung Mitte
1998 und bestraften so das Land erneut. Diesmal wurden die Konten
staatlicher Firmen im Ausland eingefroren, es kam
zum totalem Stopp von Geld- und Finanztransaktionen. Als sich Milo-
sevic auf diplomatischem Wege nicht überzeugen ließ, eskalierte die
Lage im Kosovo und fand im Jahr 1999 mit Luftangriffen der NATO

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
11
gegen Serbien, Kosovo und Montenegro ihren Höhepunkt. Die USA
und die EU verhängten dann mit 14 anderen Europäischen Ländern
zusätzlich ein Öl-Embargo gegen die FR Jugoslawien. Die Luftangriffe
dauerten ganze drei Monate, bis die UNO-Truppen im Kosovo einmar-
schieren konnten.
16
Das Land war isoliert, der Lebensstandard sank und erreichte nach
dem Nato-Bombardement einen Tiefstand, d.h. Jugoslawien lag mit
dem Bruttosozialprodukt unter dem von Albanien, das seit langem als
das ärmste Land Europas bekannt war. Das durchschnittliche Einkom-
men lag damals bei ungefähr 25 pro Monat.
Ich werde an dieser Stelle keine weiteren Details des jugoslawischen
Krieges erörtern, weil dies zu viel Raum einnehmen würde. Die Folge
des Krieges ist die Armut des jugoslawischen Volkes, dem die grundle-
genden Menschenrechte vorenthalten werden.
Die Regierung Milosevic wurde am 5. Oktober 2000 gestürzt.
2.1.5 Europa in dem Balkankrieg: 1991 ­ 1999
Die Kriege im ehemaligen Jugoslawien von 1991-1999 (Slowenien
1991, Kroatien 1991-95, Bosnien 1992-95, Kosovo 1998-99) haben das
Bild vom Balkan als ,,Europas Pulverfass" zu neuem Leben erweckt.
Man muss jedoch ebenso den Staaten der Europäischen Union und
den USA Handlungsunfähigkeit und irrige Strategien vorwerfen. Ihre
Politik hat auf dem Balkan versagt und zugelassen, dass die Völker Ju-
goslawiens ihre Probleme auf dem Schlachtfeld lösen. Dieser Meinung
ist auch Matthias Rüb: ,,Den Krieg in Europa haben die Europäer weder
verhindert noch frühzeitig eingedämmt."
17
Zuerst hielten Europa und die USA an der Erhaltung des jugoslawi-
schen Staates und dem Gebot der Nicht-Einmischung in die inneren
Angelegenheiten von Staaten fest. Während die meisten europäischen
Länder und die USA der Ansicht waren, ,,den Zerfall Jugoslawiens nicht
16
Vgl. EBRD, 2001, S.2
17
R
ÜB
,1998, S.47

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
12
durch unüberlegte diplomatische Schritte zu beschleunigen"
18
, insistier-
te die Bundesrepublik Deutschland schon im Herbst 1991 auf die inter-
nationale Anerkennung der jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien
und Kroatien. Trotz der Warnungen erkannte Deutschland Slowenien
und Kroatien am 23. Dezember 1991 an. Die anderen EU-Staaten folg-
ten am 15. Januar 1992.
19
Die Anerkennung der Republiken fand je-
doch ohne vorherige Abklärung zwischen den Minderheiten und Mehr-
heiten statt. Es wurde kein Verfassungskonsens gefunden und die Min-
derheitsproblematik blieb ungewiss.
20
Mit der Anerkennung Sloweniens
und Kroatiens war wahrscheinlich das einzige übrig gebliebene Druck-
mittel für eine politische Lösung verspielt.
Als das damalige Jugoslawien vor dem Zerfall stand, war der Westen
überrascht und fassungslos. Er war durch die Golfkrise abgelenkt, und
außerdem wussten viele nicht zu reagieren, weil ihnen im eigenen Land
ähnliche offene oder verdeckte nationalistische Bestrebungen (z.B.
Korsen, Basken, Nordirland, etc.) bekannt waren.
21
Sie befürchteten ein
gleiches Szenario im eigenen Land. ,,Aus dieser Angst heraus hat Eu-
ropa vor dem Jugoslawien-Konflikt die Augen verschlossen und auf ei-
ne ,innere Regulierung' des Krisenherdes gebaut".
22
Erst als der Konflikt eskalierte, setzte sich der Westen für eine Konfö-
deration als Lösung ein. Leider kam diese Entscheidung zum falschen
Zeitpunkt. Die Europäer haben es verpasst, diese letzte Möglichkeit
und die Grundlage für weitere Verhandlungen und den friedlichen
Wandel in Jugoslawien zu nutzen und die jugoslawischen Politiker zum
Dialog zu zwingen.
Auch das NATO-Bombardement hatte keine Auswirkungen auf Milose-
vic und seine Clique, jedoch auf die Bevölkerung, deren Arbeitsplätze,
Krankenhäuser und Schulen zerstört wurden. Zudem erwachte der Na-
tionalismus, der zuvor rückläufig war, nun wieder zu neuem Leben.
18
C
ALIC
, 1996, S.40
19
Vgl. M
ARKOVI
, 2000, S.30-32
20
Vgl. R
ICHTER
, 1999, S.96-98
21
Vgl. G
ROTZKY
, 1993, S.7
22
G
ROTZKY
, 1993, S.7

Der Balkan: ein komplexes Puzzle
13
2.2
Die aktuelle Lage auf dem Balkan
Der Bürgerkrieg und Zerfall des ehemaligen Jugoslawiens in den 90er
Jahren haben deutliche Spuren in der Balkanregion hinterlassen. Ein
Gebiet mit rund 25 Mio. Einwohnern wurde in fünf Ländern, die durch
ein komplexes Volksgruppengemisch gezeichnet sind, aufgeteilt.
23
2.2.1 Die politische Lage der Balkanstaaten
Albanien
Bereits vor dem Kosovo-Krieg war Albanien durch große innen- und
außenpolitische Instabilität gekennzeichnet. In den frühen 90er Jahren
waren es die Probleme der griechischen Minderheit, die im Jahre 1996
gelöst werden konnten.
24
Außerdem hat die damalige Regierung Geschäfte dubioser Anlagefir-
men toleriert in dem die Renditen für die Kurzanleger zu bis zu 200
Prozent angeboten wurden. Infolge der Zahlungsunfähigkeit der Geld-
institute kam es zum Zusammenbruch der Firmen. Fast alle Bürger und
die meisten großen Firmen haben ihre angelegte Ersparnisse nicht zu-
rückbekommen, was zu Aggressionen gegen die Regierung führte
und blutige Straßenschlachten mit den Sicherheitskräften auslöste.
Mehrere tausend Albaner flohen nach Italien und im April 1997 begann
die Stationierung der internationale Schutztruppe zur Stärkung der in-
neren Sicherheit im Lande, die etwa 6000 Soldaten aus acht europäi-
schen Länder umfasste, und bis August 1997 in Albanien blieb.
25
Ab
1998 hatte sich das Land von der Regierungskrise erholt und startete in
die Richtung moderne Verfassung, makroökonomische Stabilität und
öffentliche Finanzen.
26
Es hat nicht lange gedauert und die Lage in Albanien drohte während
des Kosovo-Krieges erneut umzukippen. Die meisten Kosovo-Albaner
23
Vgl. E
UROPÄISCHE
K
OMMISSION
, 2002, S.5
24
Vgl.
O
.V., Encarta Enzyklopädie PLUS, 1999, [Albanien]
25
Vgl.
O
.V., Encarta Enzyklopädie PLUS, 1999, [Albanien]
26
Vgl. E
UROPÄISCHE
K
OMMISSION
, 2002, S.17

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832464684
ISBN (Paperback)
9783838664682
DOI
10.3239/9783832464684
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule RheinMain – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
wiederaufbauhilfe südosteuropa serbien cards jugoslawien
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Titel: Die Entwicklungshilfe der Europäischen Union für die Balkanländer
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