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Die Verwendung von Pflanzen in der traditionellen Medizin bei drei Baka Gruppen in Südost Kamerun

©2002 Magisterarbeit 154 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Magisterarbeit von Frau Annika Wieckhorst, die auf einem längeren Feldforschungsaufenthalt beruht, behandelt schwerpunktmäßig das medizinische Wissen der Baka, einer vor nicht allzu langer Zeit weitgehend vom Sammeln und der Jagd lebenden „Pygmäen“-Gruppe im südlichen Kamerun. Weiterhin beschäftigt sie sich mit dem Problem des Erhalts der Biodiversität und dem Schutz großer Urwaldgebiete in der Region sowie mit der Problematik der Integration der Baka in ein geplantes Naturschutzgebiet.
In den ersten Kapiteln werden die Zusammenhänge von Medizin und Artenschutz erläutert, Konzepte der ethnomedizinischen Forschung und ihrer Anwendungsbereiche diskutiert, sowie Informationen zur Geographie und Ökologie Kameruns gegeben. Die allogenen und autochthonen Bevölkerungen werden vorstellt und Informationen zur Gefährdung der Waldgebiete durch Holzeinschlag mitgeteilt.
Der Hauptteil der Arbeit mit den Ergebnissen der Feldforschung beginnt mit einer Analyse der Krankheitskonzepte der Baka, wobei deren Vorstellungen über Krankheitsverursachung und die unterschiedlichen Typen der Heiler (nganga) beschrieben werden. Dem folgt eine Darstellung der emische Systematik der Krankheitsursachen, um schließlich über die Themenbereiche „Krankheitsempfinden und Krankheitsverständnis“ zur Diagnose und „Therapie und Prävention“ überzuleiten.
Der Beschreibung der Techniken, mit denen die verschiedenen Pflanzen und ihre Teile verarbeitet werden, folgt dann die Darstellung der Applikation der so gewonnenen Heilmittel – exemplarisch dargestellt an einigen der häufig auftretenden Krankheiten. Weiterhin wird eine statistische Beziehung zwischen den Heilpflanzenarten und ihrer (oft multiplen) Verwendung mitgeteilt. Auch werden den lokalen Pflanzentermini die international gebräuchlichen wissenschaftlichen Benennungen zugeordnet, womit diese wichtige Arbeit eine Grundlage für zukünftige Vergleiche der Medizinpflanzennutzung bei anderen Ethnien in vergleichbaren Waldgebieten des westlichen und zentralen Afrikas liefert.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung9
1.1Medizin und Artenschutz9
2.Theoretischer Hintergrund zur Medizinanthropologie11
2.1Definitionen11
2.2Konzepte, Ansätze und Anwendungen13
3.Der Südosten Kameruns20
3.1Geographie und Klima20
3.2Flora und Fauna21
3.3Wirtschaft22
3.4Bevölkerung23
3.4.1Allogene Bevölkerung23
3.4.2Autochthone […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6435
Wiekhorst, Annika: Die Verwendung von Pflanzen in der traditionellen Medizin bei drei
Baka Gruppen in Südost Kamerun
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Köln, Universität, Magisterarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

3
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ...
4
Abbildungsverzeichnis ...
6
Kartenverzeichnis ... 6
Photoverzeichnis ... 6
Tabellenverzeichnis ... 6
Danksagung ... 7
1. Einleitung ...
9
1.1. Medizin und Artenschutz ...
9
2. Theoretischer Hintergrund zur Medizinanthropologie ... 11
2.1. Definitionen ...
11
2.2. Konzepte, Ansätze und Anwendungen ...
13
3. Der Südosten Kameruns ... 20
3.1. Geographie und Klima ... 20
3.2. Flora und Fauna ... 21
3.3. Wirtschaft ... 22
3.4. Bevölkerung ... 23
3.4.1. Allogene Bevölkerung ... 23
3.4.2. Autochthone Bevölkerung ... 23
3.5. Interessengemeinschaften ... 26
3.5.1. Holzgesellschaften ... 26
3.5.2. Jagdsafariveranstalter und kommunale Jagdgemeinschaften ... 27
3.5.3. Lokale Administration ... 28
3.5.4. Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen ...
28
4. Methodische Vorgehensweise ... 30
4.1. Aufgabenstellung und Stand der Forschung ... 30
4.2. Erhebungsmethoden ... 32
4.3. Geschichte der Untersuchungsregion ... 32
4.4. Auswahl und Beschreibung der drei Untersuchungsgebiete ... 33
5. Erkrankungskonzepte ... 35
5.1. Allgemeine Erklärungsmodelle ... 35
5.2. Traditionelle Heilkundige bei den Baka ... 37
5.3. Die medizinischen Behandlungssektoren am Beispiel der Baka ... 40
5.4. Erkrankungsursachen ... 42
5.5. Krankheitsempfinden und Krankheitsverständnis ... 46
5.6. Diagnose: Krankheitssymptome und das Erkennen der Krankheit ... 47
5.7. Therapie und Prävention: Die Heilung des Kranken ... 49
6. Medizinalpflanzen aus den Untersuchungsgebieten ... 53
6.1. Wissenschaftliche und indigene Termini der Medizinalpflanzen ... 55

4
7. Herstellung von Heilmitteln ... 64
7.1. Herstellungsschemata (Abbildungen 5 ­ 10) ... 65
8. Anwendung und Verabreichung der Medizinalpflanzen ... 71
8.1. Anwendung von Heilmitteln bei exemplarischen Krankheiten ... 71
8.2. Beziehung zwischen Heilpflanzenarten und Verwendungshäufigkeiten ... 77
8.3. Kenntnisse und Auftreten der untersuchten Krankheiten ... 78
8.4. Häufigkeit der Nutzung (Krankheiten) der Medizinalpflanzen ... 80
9. Schlussbetrachtung ... 81
9.1. Mögliche Aktionen und postulierte Folgen ... 84
10. Bibliographie ... 85
A: Anhang ... 88
A 1: Inhaltsstoffe, Toxikologie, Pharmakologie, Verbreitung und botanische
Beschreibung einiger Medizinalpflanzen ... 89
A 2: Auflistung aller untersuchten Medizinalpflanzen (nach Gattungen geordnet) ... 99
A 3: Verwendung der Medizinalpflanzen (Teil I und II) ... 102
A 4: Anwendungen aller untersuchten Medizinalpflanzen ... 112
A 5: Gesprächspartner während der Datenerhebung ... 141
A 6: Glossar: Baka Terminologie ... 142
A 7: Definitionen ... 145
A 8: Nützliche Adressen und Informationsquellen ... 151
A 9: Photos aus den Untersuchungsgebieten ... 152
Abkürzungsverzeichnis
AAPPEC
Association pour l'Autopromotion des Populations de l'Est Cameroun
Vereinigung
zur
Selbsthilfeförderung der Bevölkerung Ostkameruns
BMZ
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
Ministère Fédéral de Coopération Economique et de Développement
CITES
Convention of International Trade of Endangered Species
Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten
COVAREF
Comité de valorisation des ressources fauniques
Komitee für die Wertsteigerung tierischer Ressourcen
DDEF/ BN
Délégation Départementale des Eaux et Forêts de la Boumba/ Ngoko
Fachabteilung für Gewässer und Wälder des Boumba und Ngoko
FAO
Food and Agriculture Organization of the United Nations
Ernährungs-
und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen
GEF
Global Environment Facility
Globaler
Umweltfonds
GFA
Garde-Forestier
d'Appui
MINEF
unterstützende
Forsteinrichtung
GTZ
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
Agence d'Exécution de la Coopération Technique Allemande
HNC
Herbier Nationale du Cameroun
Nationalherbarium
Kameruns

5
ILO
International Labour Organization
Internationale
Arbeitsorganisation
INADES
Institut Africain pour le Développement Économique et Social
Afrikanisches Institut für wirtschaftliche und soziale Entwicklung
IUCN
The World Conservation Union
Umweltschutzorganisation
LNP
Lobéké National Park
Der Nationalpark Lobéké (Südost Kamerun)
MINAGRI
Ministère de l'Agriculture
Landwirtschaftsministerium
MINEF
Ministère de l'Environnement et des Forêts
Forst-
und
Umweltministerium
NGO
Non Governmental Organization
Nicht-Regierungsorganisation
PROFORNAT Project de Conservation des Forêts Naturelles au Sud-Est Cameroun
Projekt zum Schutz der natürlichen Wälder im Südosten Kameruns
RCA/ ZAR
République Centrafricaine
Zentralafrikanische
Republik
SEBAC
Société d'Exploitation des Bois d'Afrique Centrale
Gesellschaft für Holzwirtschaft in Zentralafrika
SEBC/ SAB
Société d'Exploitation du Bois au Cameroun/ Société Africaine du Bois
Gesellschaft für Holzwirtschaft in Kamerun/ Afrikanische Holzgesellschaft
SEFAC
Société d'Exploitation Forestière et Agricole du Cameroun
Gesellschaft für Holzwirtschaft und Landwirtschaft in Kamerun
SNV
Service Néerlandaise de Développement
Niederländischer
Entwicklungsdienst
TMG
Therapy Management Group
Soziales Netzwerk einer erkrankten Person
TMP
Traditional Medicinal Practioner
Traditioneller Heiler/ Heilkundiger
TNS
Tri National de la Sangha
Drei Länder übergreifender Nationalpark
TRAFFIC
Trade Records Analysis of Flora and Fauna in Commerce
Wirtschaftliche Handelsbestimmungen für Flora und Fauna
UFA
Unité Forestière d'Aménagement
Forstwirtschaftliche Bewirtschaftungseinheit
UNESCO
United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization
Erziehungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen
WCS
Wildlife Conservation Society
Gesellschaft zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt
WHO
World Health Organization
Weltgesundheitsorganisation
WTO
World Trade Organization
Welthandelsorganisation
WWF
World Wide Fund For Nature
Fonds Mondial pour la Nature
ZEP
Zone Essentielle de Protection
Wichtiges
Naturschutzgebiet
ZIC
Zone d'intérêt cynégétique
Professional Hunting Zone (Sportjagdzone)
ZICGC
Zone d'intérêt cynégétique à gestion communautaire
Community Hunting Zone (Kommunale Jagdzone)

6
Abbildungsverzeichnis
Seitenzahl
Abb. 1: Interessengruppen im Südosten Kameruns und ihre idealisierte Rollenverteilung
30
Abb. 2: Innere Struktur des medizinischen Systems (medizinische Behandlungssektoren)
36
Abb. 3: Anzahl der Heiler und nganga in den Untersuchungsgebieten
40
Abb. 4: Interaktion zwischen Patient, Heiler und nganga und Zugang zu den Heilpflanzen
52
Abb. 5: Herstellung und Verwendungsweisen von Heilmitteln: Baumstammrinden (1)
65
Abb. 6: Herstellung und Verwendungsweisen von Heilmitteln: Baumstammrinden (2)
66
Abb. 7: Herstellung und Verwendungsweisen von Heilmitteln: Blätter
67
Abb. 8: Herstellung und Verwendungsweisen von Heilmitteln: Wurzeln
68
Abb. 9: Herstellung und Verwendungsweisen von Heilmitteln: Früchte
69
Abb. 10: Herstellung und Verwendungsweise von Heilmitteln:
Harze - Stängel ­ Lianenstücke
70
Abb. 11: Beziehung zwischen Heilpflanzenarten und ihren Verwendungshäufigkeiten
77
Abb. 12: Häufigkeit der Nutzung (Krankheiten) der Medizinalpflanzen
80
Abb. 13: Mögliche Aktionen und ihre postulierten Folgen
84
Kartenverzeichnis
Seitenzahl
Karte
1:
Karte
von
Kamerun
20
Karte 2: Die Untersuchungsgebiete im
Südosten
Kameruns
34
Photoverzeichnis
Seitenzahl
Photo 1: Moboli, eine alte Baka Frau, sammelt Heilpflanzen (Malea Ancien)
0
Photo 2: Baka Baby mit einem sené - Samen (Canarium schweinfurthii;Burseraceae )
51
Photo 3: Der Heiler Endussa mit seiner Familie (Südost Kamerun)
152
Photo 4: Ndjengé, Endussa und Awouma in Mambélé/ Koumela (Südost Kamerun)
152
Photo 5: Die vier Nganga von Ndongo mit ,,Jungem nganga" (Südost Kamerun)
152
Photo 6: Baka in Ndongo
(Südost
Kamerun)
152
Photo 7: Baka Frauen in Ndongo
(Südost
Kamerun)
153
Photo 8: Anwendung von ,,mbosso" (Petersianthus macrocarpus) zur Massage
153
Photo 9: Abschaben der Rindenschicht von ,,wassassa" (Pausinystalia sp.; Rubiaceae)
153
Photo 10: Herstellung von einem Band aus diu, den Fasern eines Bananenblattes
153
Tabellenverzeichnis
Seitenzahl
Tab. 1: Wissenschaftliche und indigenen Termini der untersuchten Medizinalpflanzen
55
Tab. 2: Kenntnisse und Auftreten der untersuchten Krankheiten
78
Tab. 3: Inhaltsstoffe, Toxikologie, Pharmakologie, Verbreitung und botanische
Beschreibung einiger Medizinalpflanzen
89
Tab. 4: Auflistung aller untersuchten Medizinalpflanzen
99
Tab. 5: Verwendung der Medizinalpflanzen I (A-M)
102
Tab. 6: Verwendung der Medizinalpflanzen II (M-Z)
107
Tab. 7: Anwendung der Heilpflanzen bei Krankheiten: Fallbeispiel I
112
Tab. 8: Anwendung der Heilpflanzen bei Krankheiten: Fallbeispiel II
124
Tab. 9: Anwendung der Heilpflanzen bei Krankheiten: Fallbeispiel III
135
Tab. 10: Liste der wichtigsten Gesprächspartner während der Datenerhebung
141
Tab.
11:
Glossar:
Baka
Terminologie
142
Tab.
12:
Definitionen
145
Tab. 13: Nützliche Adressen und Informationsquellen
151

7
Danksagung
Im Besonderen danke ich meinen Informanten in den Untersuchungsgebieten, ohne deren
Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit diese Studie nicht möglich gewesen wäre. Dies sind
vor allem Endussa, Ndjengé und Awouma in Mambélé/ Koumela, Mbano, Angum, Mbanda,
Mbita und Maile in Ndongo/ Baka, Moboli und Amambo in Malea Ancien, sowie Shiho
Hattori von der Kyoto Universität in Japan.
Des weiteren möchte ich dem WWF Kamerun danken, insbesondere der gesamten ,,WWF-
Familie" des Jengi South East Forest Project, für ihre Gastfreundschaft und ihre logistische,
inhaltliche und motivierende Unterstützung zu dieser Magisterarbeits-Studie, vor allem Dr.
Leonard Usongo, Zacharie Nzooh Bongomo, Bertin Tchikangwa, Paul Noupa, Vincent
Anong, Bene Bene Lambert und Anastasia Ngenyi.
Auch verdanke ich dem WWF Deutschland, insbesondere Herrn von Treuenfels, die
Wegbereitung durch die Ermöglichung eines Besuchs des Jengi South East Forest Project in
Südost Kamerun im Jahr 2000.
Vielen Dank auch den Mitarbeitern der GTZ und des MINEF für ihre fachliche
Unterstützung, Dr. Bernard-Aloys Nkongmeneck von der Universität I in Yaoundé für seinen
fachlichen Beitrag zur Bestimmung der Medizinalpflanzen, Prof. Michael J. Casimir und
Barbara Leister für die sprachlichen Korrekturen und inhaltlichen Anregungen, so wie meinen
Eltern für die Ermöglichung meines Studiums und allen Freunden, Bekannten und Menschen,
die mir in Kamerun, Großbritannien und Deutschland mit ihren Anregungen und Ratschlägen
bei meiner Arbeit halfen.

8
« Si nous quittons la forêt ou que la forêt meure,
nous mourons aussi.
Car nous sommes le peuple de la forêt.
1
»
(Les Baka)
1
,,Wenn wir den Wald verlassen, oder wenn der Wald stirbt, sterben wir auch. Denn wir sind das Volk des
Waldes."(Die Baka); aus: Abéga, Séverin Cécile (1998): ,,Pygmées Baka. Le droit a la différence". INADES
Foundation. Kamerun. Seite 25.

9
1. Einleitung
1.1. Medizin und Artenschutz
Die vorliegende Arbeit möchte im Kontext von Artenschutz, biologischer und kultureller
Diversität, einen Einblick in die Verwendung von Medizinalpflanzen in der traditionellen
Medizin bei drei Baka Gruppen im südöstlichen Kamerun geben.
Hierbei soll zunächst festgestellt werden, was Biodiversität ist und warum sie so wichtig
ist. McNeely definiert Biodiversität als ein Überbegriff für den Grad an natürlicher Vielfalt.
Sie umfasst alle Arten von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen, sowie die Ökosysteme
und ökologischen Prozesse, von denen sie ein Teil sind.
2
Biodiversität kann somit als ein Maß
der Natur und der vielfältigen Erscheinungsformen in der Natur, vielmehr noch als die
Totalität der Vielfalt als solche, angesehen werden und kann in drei Ebenen unterteilt werden
­ Gene, Arten und Ökosysteme. Warum ist Biodiversität so wichtig? Es existieren
verschiedene ethische und philosophische Auffassungen über die Natur und unsere Beziehung
zu ihr, grundlegend ist jedoch, dass natürliche Systeme und biodiverse Prozesse der Motor für
das Leben auf diesem Planeten sind. Somit wird dem Schutz der Biodiversität eine große
Wichtigkeit zugesprochen. Dieser ökologische Kontext lässt sich ebenso auf den sozialen
Bereich übertragen. Einige indigene Völker besitzen, als Teil ihres Glaubenssystems, eine
starke kulturelle Beziehung zu bestimmten Arten und Habitaten. Daraus resultierend, hängen
spirituelle, ästhetische und pädagogische Bedürfnisse, von verschiedenartigen Naturräumen
ab. Biodiversität und kulturelle Diversität sind somit in höchstem Maße miteinander
verbunden. So wie es dem Schutz der Naturräume bedarf, erfordert es auch einen Schutz der
indigenen Völker, denn traditionelle Gemeinschaften, mit ihrem reichen kulturellen Erbe und
ihrer historischen Verbindung zur Natur, verschwinden in immer schnellerem Ausmaß. Von
etwa der Hälfte derer, die heute noch existieren, wird angenommen, dass auch sie in den
ersten 100 Jahren des neuen Jahrtausends verschwunden sein werden.
3
Um ,,Indigenität" zu definieren, müssen verschiedene Kulturen, historische
Gegebenheiten und regionale Bedingungen berücksichtigt werden; so kann bislang keine der
existierenden Definitionen die Menschen vollständig erfassen, die im Folgenden als
,,Indigene" bezeichnet werden. Eine mögliche Definition ist das vom WWF verwendete
2
Furze, Brian; de Lacy, Terry Birckhead, Jim (1996): ,,Culture, Conservation and Biodiversity: The Social
Dimension of Linking Local Level Development and Conservation through Protected Areas." John Wiley
Sons. West Sussex. U.K. Seite 13f.
3
Weber, Ron; Butler, John Larson, Patty [Hg.] (2000): "Indigenous Peoples and Conservation Organizations.
Experiences in Collaboration." WWF. USA.

10
,,statement of coverage", das sich wiederum an die Definition der ILO (International Labour
Organization) von 1998 anlehnt:
4
Die Bezeichnung ,,indigen" bezieht sich somit auf
diejenigen, die ein bestimmtes Gebiet besiedelten, bevor andere Bevölkerungsgruppen dort
eintrafen und die ganz oder teilweise ihre traditionellen Sprachen, Institutionen und
Lebensweisen beibehalten haben, die sie wiederum von der dominierenden Gesellschaft
unterscheidet. In den meisten Teilen der Welt gibt es jedoch sehr geringe Unterschiede
hinsichtlich der Zeit, in der sich ,,Indigene" und andere traditionelle Völker ansiedelten.
Heil- und Medizinalpflanzen bilden seit über 3.000 Jahren eine der wichtigsten Grundlagen
von Arzneistoffen. Auch heute stellen sie nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation
WHO zu ca. 70% das Ausgangsmaterial für moderne pharmazeutische Produkte dar, auch
wenn einige Wirkstoffe nunmehr durch Chemosynthese gewonnen werden. Weltweit werden
mindestens 35.000 Pflanzenarten für medizinische Zwecke eingesetzt
5
. Den Rohstoff dazu
liefert die Natur: Laut WHO greifen vier von fünf Menschen zu pflanzlichen Wirkstoffen,
wenn sie gesund bleiben oder werden wollen. So wird jede zehnte bekannte Pflanzenart heute
bereits in der Medizin verwendet. Dies gilt insbesondere für diejenigen, für die
Naturheilmittel häufig die einzige Möglichkeit für die Behandlung von Krankheiten sind:
traditionelle Arzneimittel sind deutlich billiger als moderne Medikamente und in der Regel
auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten ärmerer Länder verfügbar. Diese sind für die
Bevölkerung, im Gegensatz zu teurer und anonymer westlicher Medizin, vorhanden,
bezahlbar und vertraut.
Die traditionelle Gesundheitsversorgung aus natürlichen Quellen stellt damit durchaus
einen Weg der Krankheitsbekämpfung dar ­ kann aber zugleich, wenn die Entnahme nicht
mehr nachhaltig geschieht, die Artenvielfalt, und somit die Biodiversität, gefährden. Ein
fatale Konsequenz ist dabei, dass weltweit mehr wilde Pflanzenarten denn je ausgegraben und
gehandelt werden. Der ,,Apotheke Wildnis" droht vielfach der Ausverkauf.
6
Durch die
steigende Nachfrage in Europa, Nordamerika und Japan wächst auch der Druck auf die letzten
Wildbestände mancher Heilpflanzen ­ und damit die Gefahr ihrer Ausrottung. Deutschland,
zum Beispiel, gilt als ein weltweiter Hauptumschlagplatz für Medizinalpflanzen. Gefordert ist
somit einerseits eine kontrollierte Nutzung, die nicht zum Aussterben der Medizinalpflanzen
führt und zum anderen ein nachhaltig gestalteter Handel mit diesen Arten. Ein wichtiges
4
"Convention 169-Concerning Indigenous and Tribal Peoples in Independent Countries" (ILO; 1998).
5
,,Heil- und Medizinalpflanzen im Kontext der deutschen Entwicklungszusammenarbeit." (2000) BMZ
6
,,Apotheke Wildnis: Naturmedizin boomt ­ auf Kosten der Natur " (2000) WWF Journal. Seite 40ff.

11
Instrument zur Kontrolle des internationalen Handels mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten
stellt das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES dar. Der Anhang dieser
internationalen Übereinkunft enthält über 250 Pflanzenarten, die mehr oder weniger
regelmäßig für medizinische Zwecke genutzt werden und den Handelsbeschränkungen der
Konvention unterliegen. Etwa mit ein Dutzend dieser geschützten Arten wird weltweit
gehandelt, so zum Beispiel auch mit dem in Kamerun vorkommende Baum Prunus africana,
dessen Rinde einen hochwirksamen Stoff gegen Prostataleiden liefert.
7
2. Theoretischer Hintergrund
2.1. Definitionen der Medizinanthropologie
Seit den 1970er Jahren wird in Deutschland eine wissenschaftliche Auseinandersetzung
darüber geführt, wie der, in dieser vorliegenden Arbeit behandelte Gegenstandsbereich, am
besten zu benennen sei: Medizinethnologie, Ethnomedizin oder Medizinanthropologie sind
hierbei wohl die geläufigsten Begriffe. Da Social oder Cultural Anthropology im
englischsprachigen Raum für Ethnologie steht, war es nicht schwer mit Medical Anthropology
eine entsprechende Fachbezeichnung zu finden. Auch in Frankreich fand man die
naheliegende Bezeichnungen Anthropologie de la santé, sowie die Anthropologie Médicale.
Im Spanischen gibt es dem-entsprechend die Antropología Médica. Im Deutschen jedoch tritt
meist die Bezeichnung Ethnomedizin oder Medizinethnologie auf. Da diese Begriffe jedoch
nicht die gesamten Bereiche dieses Faches ausdrücken, weil es sowohl aus ethnologisch-
kulturwissenschaft-lichem Gesichtspunkt, als auch aus medizinischem Interesse heraus
entstanden ist und zudem noch eine Wissenschaft vom Menschen ist, wird im Folgenden der
Begriff Medizinanthropologie verwendet.
8
Medizinanthropologie kann als die Disziplin verstanden werden, die sich auf die
Bereiche der sozialen und kulturellen Dimensionen von Gesundheit, Krankheit und Medizin
bezieht.
9
Gegenstand sind somit die medizinischen Systeme, die einen Teil des kulturellen
und sozialen Systems darstellen. Sie werden als Bereich der jeweiligen Kultur betrachtet und
verändern sich entsprechend deren Bedürfnissen. Das medizinische System einer Gesellschaft
7
People and Plants Initiative Online: www.rbgkew.org.uk/peopleplants.htm
8
Pfleiderer, Beatrix (1993): ,,Medizinanthropologie: Herkunft, Aufgaben und Ziele." In: Handbuch der
Ethnologie. Dietrich Reimer Verlag. Deutschland. Seite 77.
9
Barnard, Alan Spencer, Jonathan (1997): "Encyclopaedia of social and cultural anthropology." Routledge.
London. UK. Seite 144ff.

12
umfasst die gesamte Organisation ihrer sozialen Strukturen, Technologien und Personen, die
ermöglichen, die jeweilige Medizin auszuführen und zu erhalten, sowie sie in Abhängigkeit
zu intrakulturellen und extrakulturellen Herausforderungen zu verändern.
10
Beeinflusst durch
Biologie, Sozialwissenschaften, so wie auch den klinischen Wissenschaften, haben
Medizinanthropologen signifikant zum Verständnis und zur Verbesserung von menschlicher
Gesundheit und Gesundheitsdiensten weltweit beigetragen. Als Ergebnis war das Wachstum
dieser anthropologischen Subdisziplin in den letzten Jahren beachtlich, wie an zahlreichen
Publikationen und Einflüssen von außerhalb der Anthropologie zu erkennen ist.
Es gibt verschiedene Aspekte, die Krankheit, Kranksein, Heilen, Gesundheit und
Wohlbefinden beinhalten. In Europa prägt das euro-amerikanische Weltbild, mit seinen ent-
sprechenden Körperkonzeptionen und einem naturwissenschaftlichen Verständnis, das
medizinische Bild. Meist wurde diese Medizin mit den Begriffen der Biomedizin, Schul-
medizin, kosmopolitischen, westlichen oder modernen Medizin belegt, und eine Art
Gegenstück dazu bildete die sogenannte ,,traditionelle Medizin". Heute lassen sich drei
Anthropologen als die ,,Klassiker" der Medizinanthropologie bezeichnen:
1.)
William Halse Rivers (1864-1922):
,,Medicine, Magic and Religion"
11
2.)
Clements Forest (1932):
"Primitive Concepts of Disease"
12
3.)
Erwin Ackerknecht (1940er und 50er):
"Medicine and Ethnology ­Selected Essays"
13
Medizinanthropologie ist nicht durch ein einziges theoretisches Paradigma charakterisiert. So
ist beispielsweise die ethnographische Beschreibung und die Analyse religiöser Systeme und
Heilsysteme so alt wie die Anthropologie selber, während hingegen neuere Ansätze, so
beispielsweise die kritische Medizinalanthropologie, das Produkt jüngerer Trends sind. Dies
führte zu intensiven Debatten innerhalb der Bereiche, wie sie zwischen der klinisch
angewandten Medizinanthropologie, die ein Interesse in der Nutzbarmachung kulturellen
10
David Landy (1983): ,,Culture, Disease and Healing: Studies in Medical Anthropology". Macmillan. New
York. USA. Seite 65ff.
11
Rivers entwickelte drei Weltanschauungen, die das ,,Magische", das ,,Religiöse" und das ,,Naturalistische"
bezeichnen. Jeder Anschauung wird eine Krankheitsvorstellung und eine Behandlungsform zugerechnet, wobei
es zu keinen Überschneidungen der drei Bereiche kommt, das gesamte Modell also sehr statisch ist. Sein
Verdienst war eine emische Sichtweise, da er versuchte, die jeweiligen medizinischen Vorstellungen innerhalb
einer Kultur, sowie aus ihr heraus zu erklären und zu verstehen.
12
Forest teilte ca. dreihundert Gruppen mit ihren Krankheitskonzepten in fünf Kategorien ein, und versuchte
ihre Verbreitung anhand von Karten aufzuzeigen, wobei diese Kategorien dennoch konfus blieben.
13
Ackerknecht schrieb seine Arbeiten überwiegend in Anlehnung an die Theorie der Kulturmorphologie, so dass
er das Medizinsystem nicht isoliert betrachtete, sondern es mit der Gesamtkultur in Verbindung brachte und auch
die wechselseitigen Beziehungen herausarbeitete. Allerdings leugnet er die Fundamente anderer Medizinsysteme
und gehört somit zu den Vertretern der westlich-europäischen Medizin, die keine andere medizinischen
Wissenschaft neben sich zulassen.

13
Wissens für die Ziele medizinischer Heiler verfolgt, und der kritischen Medizinanthropologie,
die wiederum auf die Phänomenologie und die politische Ökonomie der Biomedizin
fokussiert ist, zu finden ist. Obwohl das Feld der Untersuchungen sehr divers ist, lassen sich
fünf Grundansätze identifizieren: es sind biomedizinische, ethnomedizinische, ökologische,
kritische und praktisch anwendbare Ansätze.
Diese Ansätze teilen wiederum drei grundlegende Voraussetzungen:
14
1. Krankheit und Heilung sind fundamental für menschliche Erfahrung und werden erst
im Kontext von menschlicher Biologie und kultureller Diversität verständlich.
2. Krankheit repräsentiert einen Umweltaspekt, der beeinflusst wird von menschlichem
Verhalten, das wiederum biokulturelle Adaption erfordert.
3. Die kulturellen Aspekte von Heilsystemen haben wichtige pragmatische Folgen für
die Annehmbarkeit, Effektivität und Verbesserung von Gesundheitsfürsorge,
besonders in multikulturellen Gesellschaften.
2.1. Konzepte, Ansätze und Anwendungen der Medizinanthropologie
Da Krankheit und Gesundheit nicht immer die gleiche Bedeutung haben, sind die Konzepte
des medizinischen Systems sehr wichtig. Die Medizinanthropologie ist der Bereich, in dem
die individuellen, je nach Kultur unterschiedlichen Antworten auf menschliches Leben und
Leiden ihren Platz finden. Neben den medizinischen Konzepten stehen immer auch ihre
kulturellen Konstruktionen und sozialen Produktionen von Krankheiten im Vordergrund.
15
Eines der Schlüsselaxiome der Medizinanthropologie ist die Unterscheidung zweier Aspekte
von Erkrankung (,,sickness") in Krankheit (,,disease") und Kranksein (,,illness"). Zum Einen
wird Krankheit (,,disease"), im biomedizinischen Sinne, als Abweichung von einer
biologischen Norm verstanden. Es ist demnach die von einer definierten Norm abweichende,
physische und psychische Veränderung, wobei es nicht von Bedeutung ist, ob diese
Abweichung vom Erkrankten selber oder seiner sozialen Umgebung wahrgenommen wird.
Krankheit ist somit nur auf den Erkrankten beschränkt und beinhaltet auch nicht diejenigen,
die mit dieser Person in sozialem Kontakt stehen. Demgegenüber ist das Kranksein
(,,illness") und die Erfahrung des Krankseins kulturell konstruiert. Eine Definition von
14
Barfield, Blackwell Publishers (1997): "The Dictionary of Anthropology." London. UK. Seite 112 f.
15
David Landy (1983): ,,Culture, Disease and Healing: Studies in Medical Anthropology". Macmillan. New
York. USA. Seite 22ff.

14
Kranksein wäre demzufolge die Wahrnehmung von gestörter Befindlichkeit, sowie die
Bedeutungen und Erklärungsmuster, die für das Missbefinden vom Erkrankten und seiner
sozialen Umgebung als wichtig erachtet werden.
16
Hierbei ist somit die Wahrnehmung der
wichtige Aspekt. Der Begriff des Krankseins erlaubt es dabei, die Vielfalt der psychosozialen
Konstruktionen von Erkrankung dem Begriff der Krankheit, als biomedizinisch
klassifizierbarem Konstrukt, gegenüberzustellen.
Das Konzept von Medizin als kulturelles System ist als ein wissenschaftliches Modell
und Werkzeug zu verstehen, das es erlaubt, unterschiedliche Faktoren, Erfahrungen und
kulturspezifische Verhaltensweisen um Erkrankung, so zu ordnen, dass Strukturen, Muster
und Konstrukte erkennbar werden.
17
So lässt sich sagen, dass zwei weitere wichtige Konzepte
in der Medizinanthropologie zum Ausdruck kommen: die Konzepte von Gesundheit und von
Krankheit, die interkulturell jeweils unterschiedlich besetzt sein können. Da die meisten
Definitionen für Gesundheit und Krankheit nicht mehr zutreffen, wenn dem Körper und der
Seele andere Begrifflichkeiten zugeschrieben werden - weil eine andere Weltauffassung
vorherrscht - wäre es angebrachter, anstatt von Krankheit und Gesundheit von Befindlich-
keiten
18
zu sprechen, die primär subjektiv erlebt werden und sekundär der gesellschaftlichen
Wertung unterliegen. Die Begriffe Krankheit und Kranksein fallen so zu der Kategorie
Missbefinden zusammen und Gesundheit wird zu Wohlbefinden ­ beide Kategorien können
daraufhin jeweils in den entsprechenden kulturellen Kontext übertragen werden.
Kulturelle medizinische Systeme sind dabei um das Phänomen Befindlichkeiten
(Missbefinden und Wohlbefinden) herum organisiert. Sie stellen die wichtigsten Vorgaben für
Individuen und Gruppen dar, die mit Erkrankung verbundenen bedrohlichen Gefühle und
Situationen zu ordnen, mit ihnen umzugehen und sie im sozialen Prozess zu verarbeiten, bis
die Harmonie wieder hergestellt ist. In evolutionstheoretischen Begriffen fungieren kulturelle
medizinische Systeme deshalb als ein Teil eines allgemeinen kulturellen Adaptionsprozesses
an umweltbedingten Stress. Symboltheoretisch gesehen, helfen sie dem Individuum, den
veränderten Zustand seiner inneren und äußeren Befindlichkeit zu verstehen, neu zu
organisieren und zu kontrollieren.
19
16
Kleinmann, Arthur (1980): "Patient and Healers in the Context of Culture." Berkeley. London. UK. Seite 17.
17
Ibid.: 1980: 82.
18
Statt des Begriffspaars Krankheit/ Gesundheit wurde der Begriff "Befindweisen" von dem Medizinhistoriker
Eduard Seidler vorgeschlagen In. H. Schipperges et al [Hg.] (1978): ,,Krankheit, Heilkunst, Heilung. Freiburg/
München. Deutschland. Seite 402.
19
Kleinman, Arthur (1973): "Medicine's Symbolic Reality. On a Central Problem in the Philosophy of
Medicine."Inquiry. London. UK. Seite 93ff.

15
Das kulturelle medizinische System kann ebenso als eine Art ,,gesellschaftlicher Makro-
kosmos" mit kulturbezogenen Kenntnissen und Verhaltensvorgaben betrachtet werden.
Diesem Rahmen- und Strukturmodell des medizinischen Systems als Makrosystem (soziale
Realität) kann ein Mikrosystem (intrapsychische Realität) gegenüber gestellt werden. So
spiegelt sich im einzelnen Individuum der Teil des Makrosystems, den das Individuum in
seinem sozialen Kontext erfahren und in sein Verständnis und Verhalten integriert hat. Die
Zusammenhänge zwischen sozialen und intrapsychischer Realität wurden insbesondere von
Kleinman untersucht.
Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass bei Krankheit drei Vorgänge gleichzeitig
ablaufen und sich gegenseitig beeinflussen:
20
(1) Der biologische/ biopathologische Ablauf: Eine Krankheit im modernen
medizinischen Sinn.
(2) Die psychische Realität: Erfahrung und Verarbeitung des biologischen
Vorgangs im Individuum. Sie führt zur Selbstwahrnehmung. Dabei spielt die
Spiegelung des makrokosmischen Systems im Inneren eine Rolle.
(3) Die soziale Realität: Erfahrungen und Reaktionen des den Kranken
umgebenden sozialen Umfeldes (TMG). Dies ist der Teil des Makrosystems
der das Individuum zur Zeit der Erkrankung umgibt.
Sowohl bei dem Kranken, als auch bei dem sozialen Netzwerk des Kranken (TMG) gibt es
gemeinsame kulturelle Vorstellungen und vorgegebene Kommunikationsweisen und
Verhaltensnormen. Der Kernpunkt des Modells ist die Beziehung zwischen diesen
verschiedenen Realitäten und Ebenen. Verbunden sind sie durch die symbolische Realität. Sie
ist Grundlage für den Prozess, der einsetzt und sich zwischen Innen- und Außenwelt,
zwischen individueller Erfahrung und sozialer Realität, abspielt. Die symbolische Realität
vermag zwischen der sozialen Außenwelt, den intrapsychischen Prozessen, und den damit
verbundenen physiologischen Vorgängen zu vermitteln. Sie wirkt sozusagen als bio-soziale
Brücke. Somit enthält die symbolische Realität in jeder Kultur die unausgesprochenen
Voraussetzungen, die das Verständnis von Selbst und Umwelt begründen und die auch in
jedem Umgang mit Erkrankung aktiviert und aktualisiert werden ­ die Erfahrung von
20
Kleinman, Arthur (1980): ,, Patient and Healers in the Context of Culture." Berkeley. London. UK. Seite 19.

16
Erkrankung wird so zu einer Form der symbolischen Realität und das medizinische System ist
dadurch ein kulturelles System von miteinander zusammenhängenden Symbolen und ihren
Bedeutungen. Ein solches kulturelles Bedeutungssystem ist Voraussetzung für die
Wirksamkeit jedes medizinischen Handeln und Heilens.
21
Bei dem Konzept des symbolischen Heilens handelt es sich um Ahnen, die eine Art
gesellschaftliche Kontrollinstanz für richtiges Verhalten darstellen. Individuelles und
gesellschaftliches Schicksal sind in diesem Kontext eng miteinander verbunden und Ahnen,
Geister oder Götter können so Konflikte und Spannungen innerhalb einer Gruppe zum
Ausdruck bringen. Ebenso gehören Magie, Schamanismus, Zauberei und Orakelstellen zu
dieser Form des Heilens. Heilerpersönlichkeiten sind dabei von großer Bedeutung und häufig
haben die Heiler neben der Position als Heilkundige auch ein wichtiges politisches und/ oder
religiöses Amt inne.
22
Ein weiteres Konzept in der Medizinanthropologie ist das Konzept der
kulturspezifischen Syndrome (,,culture bound syndroms"). Hierunter versteht man
Erkrankungen, die nicht losgelöst von ihrem kulturellen oder subkulturellen Kontext
verstanden werden können, wobei ihre Ätiologie zentrale Bedeutungsfelder und
Verhaltensnormen dieser Gesellschaft zusammenfasst und symbolisiert.
23
Vorläufer des
Konzepts der kulturspezifischen Syndrome ist das Konzept der ,,folk illness", das Ausdruck
des Denkens der 1950er und 60er Jahre war. ,,Folk illness"
24
kann beschrieben werden als
eine Summe von Beschwerden, die auf eine Ursache zurückgeführt werden, und der der
Beschreibende oder Betroffene eine Regelmäßigkeit im Erscheinen und Ablauf zuweist.".
25
Ein weiterer Grundbegriff ist der der ,,folk medicine" ­ er stellt eine therapeutische
Entsprechung zu dem Begriff der ,,folk illness" dar und grenzt sich in den 1970er und 80er
Jahren deutlich von der westlichen Medizin ab. Auch der Begriff des ,,Synkretismus des
Heilens" stellt in diesem Zusammenhang ein wichtiges Konzept der Medizinanthropologie
dar. Hierunter ist das Zusammenwirken verschiedener medizinischer Systeme zu verstehen.
21
Kleinman, Arthur (1980): ,, Patient and Healers in the Context of Culture." Berkeley. London. UK. Seite 25.
22
Bichmann, Wolfgang (1995): ,,Medizinische Systeme Afrikas" In: ,,Ritual und Heilung: Eine Einführung in
die Ethnomedizin" Dietrich Reimer Verlag Berlin. Deutschland. Seite 55ff.
23
Ritenbaugh: (1982): ,,Obesity as a Culture-bound Syndrome. Culture, Medicine and Psychiatry.". Seiten 34ff.
24
Das wohl bekannteste Beispiel für eine ,,folk illness" ist Susto, das von manchen Menschen mit Seelenverlust
gleichgesetzt wird. Es stellt eine durch Schreck oder Erschrecken ausgelöste Erkrankung dar, die im latein-
amerikanischen Raum ihren Ausdruck findet. Aber auch im westlich-europäischen Industriezeitalter gibt es
kulturspezifische Krankheiten, so zum Beispiel das Prämenstruale Syndrom (PMS), Bulimie, Magersucht oder
auch der Herzinfarkt.
25
Pfleiderer (1993): ,,Medizinanthropologie: Herkunft, Aufgaben und Ziele.". In: Schweizer et al [Hg.]:
,,Handbuch der Ethnologie". Reimer-Verlag. Berlin. Deutschland. Seite 353 f.

17
Dieses Phänomen verläuft beidseitig - immer mehr Heiler und Heilerinnen bedienen sich
bestimmter Praktiken der Biomedizin, so wie andererseits, neben dem Besuch bei einem
Schulmediziner, zunehmend Heiler und Heilerinnen konsultiert werden. Unter den Ansätzen
der Medizinanthropologie, lassen sich, wie vorangehend erwähnt, fünf Richtungen
unterscheiden:
26
1. Ethnomedizinische Ansätze:
Alle Gesellschaften haben medizinische Systeme, die eine Theorie der Krankheitsursachen,
der Methoden für die Diagnose von Krankheit und der Vorschrift und Anwendung von
heilenden Therapien, bereitstellt. Ethnomedizinische Studien konzentrieren sich hauptsächlich
auf die Klassifikation und die kulturelle Bedeutung von Krankheit (somatisch und psychisch
gleichermaßen), auf die Verhaltensweisen von Gesundheit suchenden Menschen, die an
Krankheit leiden, sowie auf die Theorien und Praktiken von Heilern. Ethnomedizinische
Forschungen haben praktische Auswirkungen. So bringt beispielsweise Kleinmans Konzept
der Erklärungsmodelle (,,explanatory models"; cf. 5.1., Seite 35 f.) von Krankheit, das
hauptsächlich in der klinisch angewendeten Medizinanthropologie verwendet wird,
Beachtung auf die individuellen Interpretationen der Ursache, des Verlaufs und der
Behandlung von Krankheitsepisoden. Ethnomedizinisches Verständnis ist signifikant für das
Verstehen, wie kultureller Glaube das Gesundheitsverhalten beeinflusst.
2. Biomedizinische Ansätze:
Obwohl nicht immer als solche angesehen, ist ein Großteil der Forschung in dem Bereich der
biologischen Anthropologie, die auf der standardisierten wissenschaftliche Erkenntnistheorie
basiert und sich auf menschliche Biologie und den Gesundheitsfolgen verschiedenartiger
Stressoren konzentriert, ein Teil der Medizinanthropologie. So werden zum Beispiel
laborgestützte wissenschaftliche Methoden verwendet, wie etwa biochemische Analysen
ethnopharmakologischer Verbindungen, um die biochemische und physiologische Funktion
von ethnomedizinischen Praktiken zu analysieren.
26
Barfield, Blackwell Publishers (1997): "The Dictionary of Anthropology." London. UK. Seite 12ff.

18
3. Ökologische Ansätze:
Der ökologische Ansatz in der Medizinanthropologie konzentriert sich darauf, wie
menschliche kulturelle Verhaltensmuster die komplexe Interaktion zwischen Pathogen
(Krankheitserreger), Umwelt und dem Menschen formen. In den vergangenen Jahren
hinterfragten ökologische Studien vermehrt die lokalen sozioökonomischen Faktoren von
Krankheit und Gesundheit, die wiederum Erkrankungsraten beeinflussen. Auch die
Verbindung von medizinischer Praxis und lokalen Umweltbedingungen ist hierbei ein
entscheidender Aspekt.
4. Kritische Ansätze:
Die kritische Medizinanthropologie (critical medical anthropology [CMA]) ist eine
Bezeichnung, die sich auf zwei unterschiedliche intellektuelle Bewegungen bezieht, die den
Zeitraum zwischen den 1980er und den 1990er Jahren sehr beeinflusste. Die eine Strömung
betont die marxistischen Ansätze und das Verständnis, wie makrosoziale politisch-
ökonomische Kräfte Gesundheit beeinflussen und Gesundheitsversorgungssysteme
strukturieren. Die zweite Bewegung ist mehr epistemologisch gelagert; sie hinterfragt den
intellektuellen Unterbau zeitgenössischer biomedizinischer Theorien und Praktiken.
27
Die
Gemeinsamkeit beider Bewegungen lässt sich in einem fundamentalen Überdenken der
Prämissen und Ideen der Medizinanthropologie finden.
5. Angewandte Ansätze:
Ein Interesse an dem praktisch angewandten Aspekt der Medizinanthropologie war seit der
Gründung dieser Disziplin präsent. Es gibt zwei Richtungen in der angewandten
Medizinanthropologie ­ der klinische und der öffentliche Sektor. Klinisch angewandte
Medizinanthropologie wurde bekannt durch ihren Nutzen an Erklärungsmodellen, um die
konzeptuellen Unterschiede über Wahrnehmungen von Krankheit seitens des Arztes und des
Patienten, zu erkunden. So sind zum Beispiel einige Medizinanthropologen, die klinisch
angewendet arbeiten, in Krankenhäusern und Kliniken angestellt, um dort als kulturelle
Vermittler und Interpretatoren zu fungieren. Angewandte medizinanthropologische
27
Dieser Ansatz wurde von postmodernen Denkern wie u.a. Foucault beeinflusst, der die sozial-konstruierte
Natur von Realität und die soziale Macht betont, die hegemonistischen Institutionen wie der ,,Biomedizin"
innewohnt.

19
Forschungen im öffentlichen Sektor (public health) umfassen beispielsweise die Arbeit in
Gesundheitsprojekten und haben an Wichtigkeit und Bedeutung in den vergangenen Jahren
stark zugenommen.
Des weiteren lassen sich unter den Anwendungen der Medizinanthropologie die folgenden
Bereiche unterscheiden: zum einen bildet die Beschäftigung mit speziellen Heilpraktiken und
Heilmittelanwendungen einen wichtigen Aspekt. Sie stellt einen festen Bestandteil für die
Beschreibung und Analyse der Grundbegriffe und Zustände dar, so wie es sich in der
Ethnobotanik und in der Ethnopharmakologie zeigt. Diese Bereiche sind mittlerweile zu
eigenen, großen Forschungsfeldern geworden (z.B. durch die wissenschaftliche Arbeitsgruppe
European Society of Ethnopharmacology [ESE]). Ebenfalls bildet die Erforschung der
Beziehung von Erkrankungen und Migration einen zunehmend bedeutenden Arbeitsbereich in
der Medizinanthropologie. Hier ist das Wissen gefragt, das über den schulmedizinischen
Bereich hinaus geht, denn es hat sich gezeigt, dass die Biomedizin nur sehr unzureichend mit
den Bedürfnissen der Migranten umgehen kann. Auch nimmt die transkulturelle Psychiatrie,
die eine Art Sonderentwicklung darstellt, einen Platz in der Medizinanthropologie ein. Im
Hinblick darauf ist der Bereich, der den Umgang mit Schmerz behandelt, nicht
auszuschließen. So geht es hierbei um die Auseinandersetzung mit den Themen
Landvertreibung, Hunger, Krieg, Dauerexil, Genozid, Sakrifizierungen, Initiationsriten,
Geburt, Tod etc. Die politische Ökonomie wäre als zusätzliches Arbeitsfeld zu nennen, die mit
Hilfe historischer Landesanalyse die politische Richtung in der Gesundheitsversorgung
aufzeigt. Hierbei werden spezifische Machtkonstellationen innerhalb eines Landes mit
einbezogen.
28
28
Wolfgang Bichmann (1995): ,,Medizinische Systeme Afrikas" In: Pfleiderer, Beatrix, Greifeld, Katarina;
Bichman, Wolfgang (1995): ,,Ritual und Heilung." Reimer-Verlag. Berlin. Deutschland. Kapitel 2: Seite 28ff.

20
3. Der Südosten Kameruns
3.1. Geographie und Klima
Karte 1: Karte von Kamerun
(Quelle: www.dse.de)
ments gliedern. Ungefähr 14.710.000 Menschen leben in Kamerun, die sich auf mehr als 200
verschiedene Ethnien verteilen. Somit ist Kamerun als ein Vielvölkerstaat anzusehen, denn es
war ­ bedingt durch seine zentrale Lage - seit jeher ein Schmelztiegel der Völker und
Kulturen.
29
Das Landesinnere besteht vorwiegend aus flachen Plateaus, die sich nach Norden
zum Adamawa-Land erheben und dann allmählich zur Niederung des Tschadsees im
äußersten Norden abfallen. Der Westen ist von vulkanischem Gebirge bestimmt, das in
Küstennähe vom aktiven Vulkan und der höchsten Erhebung Westafrikas, dem Kamerunberg
(4.095 m), überragt wird. Die südlichen Plateaus sind mit Regenwald bedeckt und senken sich
zu breiten Ebenen in der Küstengegend ab. Immergrüner tropischer Regenwald erstreckt sich
in der Küstenebene Kameruns, sowie im Süden des Landes. In den zentralen Landesteilen
geht dieser Regenwald in Savanne über. In dem feuchten, tropischen Klima Süd-Kameruns
gedeihen Palmen-, Mahagoni-, Teakholz-, Ebenholz- und Gummibaumwälder. Die
Waldgebiete sind Lebensraum einer artenreichen Flora und Fauna.
30
29
www.erdkunde-online.de
30
Sayer, J.A.; Harcourt, C.S.; Collins, N.M. [Hg.]: "The Conservation Atlas of Tropical Africa." BP; MacMillan
Publishers Ltd.; The World Conservation Union (IUCN); World Conservation Monitoring Centre. UK. Seite 103
Kamerun bedeckt eine Fläche von
insgesamt 475.442 km
2
, wovon 155.330
km² Regenwaldgebiet sind. Es liegt
zwischen dem 2° und 13°N Breitengrad
und zwischen dem 8° und 16°E
Längengrad. Im Süden grenzt es an
Equatorial Guinea, Gabun und den Kongo,
im Norden an den Tschad, im Osten an die
Zentralafrikanische Republik und im
Westen an Nigeria und den Atlantischen
Ozean. Politisch ist Kamerun in zehn
administrative Provinzen unterteilt
Adamaoua, Centre, Est, Extreme-Nord,
Littoral, Nord, Nord-Ouest, Ouest, Sud,
Sud-ouest, die sich wiederum in 58 Depart-
South East
Cameroon

21
Der südöstliche Teil Kameruns liegt zwischen dem 2-4°N und dem 14-16°W im tropischen
Tieflandregenwald des Kongobeckens. Im Osten grenzt das Gebiet an die Zentralafrikanische
Republik, im Süden an den Kongo. Das gesamte Areal ist gekennzeichnet durch eine niedrige
Populationsdichte, mit weniger als einer Person pro km
2
, und umfasst eine Fläche von
ungefähr 81.000 km
2
, das sind 17,4% des gesamten Landes. Es repräsentiert einen Block aus
immergrünen Tieflandregenwäldern, der charakterisiert ist durch ein Mosaik aus halb-
immergrünem Regenwald, Sekundärwald und Sumpfniederungen.
31
Das Klima der Region ist
äquatorial mit vier Jahreszeiten, unterteilt in zwei Regenzeiten - über das Jahr verteilt eine
kurze Regenzeit (Mitte März bis Mitte Juni) und eine lange Regenzeit (Mitte August bis Mitte
November), und zwei Trockenzeiten - eine kurze Trockenzeit (Mitte Juni bis Mitte August)
und eine lange Trockenzeit (Mitte November bis Mitte März). Die durchschnittlichen
Jahresniederschläge erreichen eine Höhe von etwa 1.500-2.000 mm. Die gesamte Region wird
von einem weit verzweigten Netz von Wasserläufen durchzogen, welche von den
Hauptflüssen Boumba, Ngoko und Sangha gekennzeichnet ist.
32
3.2. Flora und Fauna
Kamerun ist eines der Länder in Afrika, das die größte ökologische Biodiversität aufweist.
33
Der Hauptgrund für die hohe Biodiversität der Wälder ist die Tatsache, dass es sich hierbei
um ein sehr altes und stabiles System handelt. Eine jüngere Untersuchung ergab ein
Vorkommen von über 200 Holzpflanzenarten in einem Untersuchungsgebiet von 0,1 ha, ein
Stadium an Diversität, das vergleichbar ist mit dem höchsten weltweit. Ein großes
Vorkommen an Edelhölzern, wie Ebenholz, Mahagoni und Sapele, lassen sich dem Gebiet
zuschreiben. Die floristische Diversität dieser Zone wird u.a. durch Arten wie Triplochyton
scleroxylon, Terminalia superba, Enthandophragma cylindricum, Irvingia grandifolia,
Xylopia staudtii, Cleistopholis patens und Musanga cecropiodes gekennzeichnet. So enthält
die Flora mehr als 9.000 Pflanzenarten, von denen wiederum mindestens 160 endemisch
sind.
34
31
Offermans, Don M. (1993): "Biodiversity Conservation in moist forest and wetlands in Cameroon: Status and
Proposals." Seite 30ff.
32
Schwedes, Silke (1999): Interessensausgleiche und Managementvereinbarungen für die nachhaltige Nutzung
der Regenwälder im Südosten Kameruns." Diplomarbeit. Technische Universität Berlin. Seite 11.
33
Sayer, J.A.; Harcourt, C.S.; Collins, N.M. [Hg.]: "The Conservation Atlas of Tropical Africa." BP; MacMillan
Publishers Ltd.; The World Conservation Union (IUCN); World Conservation Monitoring Centre. UK. Seite 110
34
Sarah Laird, E. Lisenge (1998): «Case study from Cameroon» (ohne Seitenangabe).

22
Die Fauna ist abwechslungsreich und weist eine hohe Dichte an Großwild auf. Kamerun
besitzt circa 300 Säugetierarten und ungefähr 850 Vogelarten. Darunter finden sich
Waldelefanten (Loxodonta africana cyclotis), Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla),
Schimpansen (Pan troglodytes troglodytes), Kaffernbüffel (Syncerus caffer nanus),
Leoparden (Panthera pardus), Bongos (Tragelaphus euryceros), Sumpfantilopen/ Sitatungas
(Tragelaphus spekei), Riesenwaldschweine (Cephalophus sp.) und Graupapageien (Psittacus
erithacus). Mehrere Arten stehen nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES)
unter nationalem und internationalem Schutz.
35
3.3. Wirtschaft
Im wirtschaftlichen Sektor sind in Kamerun die Landwirtschaft und die Holzwirtschaft von
zentraler Bedeutung. Exportiert werden hauptsächlich Kaffee, Kakao, Bananen, Kautschuk,
Aluminium, Bauxit, Eisenerz und Holz. Die Erdölvorkommen des Landes brachten nur ein
vorrübergehendes wirtschaftliches Wachstum mit sich. Einnahmen aus dem Jagdsport und
von der Vermarktung von Produkten aus Jagd, Fischfang und Viehzucht, gehören ebenfalls
zum Spektrum der ökonomischen Aktivitäten. Für den Eigenbedarf werden Mais, Hirse, Reis,
Maniok, Süßkartoffeln, Bohnen und Erdnüsse angebaut.
36
Kamerun ist stark von seinen
Holzexporten abhängig. Es ist derzeit der siebtgrößte Exporteur von tropischem Nutzholz
weltweit und drittgrößter in Afrika, nach der Elfenbeinküste und Gabun. Holz belegt den
vierten Platz hinsichtlich den Exportgütern Kameruns, nach Petroleum, Kaffee und Kakao.
Jedoch verstärken die abnehmenden Ressourcen an Petroleum und die fallenden Welt-
handelspreise für Kaffee und Kakao den Druck auf den Holzwirtschaftsektor. Tatsächlich
beabsichtigt der aktuelle Regierungsplan die Holzeinschlagswirtschaft zu fördern, so dass die
Nutzholzproduktion Petroleum ersetzt. Das Produktionsziel betrug 4 Million m
3
im Jahr 2000
und soll auf 5 Million m
3
im Jahr 2010 ansteigen. Dieser Sektor beschäftigt ungefähr 20.000
Personen in Ganztagsarbeit, repräsentiert 9% der gesamten industriellen Produktion und
liefert 4% des GNP.
37
35
Davenport (1998), Seite 9ff.
36
www.erdkunde-online.de.
37
Sayer, Jeffrey A.; Harcourt, Caroline S.; Collins, N. Mark (1992): «The Conservation Atlas of Tropical
Forests.» BP; MacMillan Publishers Ltd.; The World Conservation Union (IUCN); World Conservation.
Monitoring Centre. UK. Seite 12f.

23
3.4. Bevölkerung
3.4.1. Allogene
Bevölkerung
Die allogene Bevölkerung umfasst alle Bevölkerungsgruppen, die nicht ursprünglich in der
Region beheimatet sind. Hierbei handelt es sich in erster Linie um zugewanderte
Arbeitskräfte der Holzgesellschaften mit ihren Familien, sowie um staatliche Funktionäre, die
in die Region berufen wurden, so unter anderem Lehrer, Polizisten und Krankenschwestern
bzw. ­pfleger. Auch sind hierunter muslimische Händler und Zuwanderer aus
westafrikanischen Staaten, vor allem aus Mali, Senegal und Mauretanien, zu zählen. Diese, zu
der Gruppe der ,,Auswärtigen (,,outsider") zusammengefasste Bevölkerung, beläuft sich im
südöstlichen Teil Kameruns auf einen Prozentsatz von ungefähr 10%.
3.4.2. Autochthone
Bevölkerung
Zu der autochthonen Bevölkerung lassen sich all diejenigen zählen, die den in der Region
ansässigen Volksgruppen angehören und damit traditionelle Nutzungsrechte an den
natürlichen Ressourcen besitzen. Die Ökonomie der autochthonen Bevölkerung basiert auf
der unmittelbaren Nutzung der lokalen natürlichen Ressourcen. Die Geldeinkommen sind
relativ gering; sie werden aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte (zum Beispiel
Kochbananen, Kakao etc.) oder der Vermarktung von Produkten aus Jagd, Fischfang,
Sammeltätigkeit und Handwerk gewonnen.
38
Es können zwei Hauptgruppierungen unterschieden werden: einerseits handelt es sich
um verschiedene Bantu-Gruppen, deren Hauptvertreter die Mbimbo, die Movongmvong, die
Konabembe, die Djem-Dzimou, die Bakwele und die Bangando darstellen und die mit etwa
70% in der Gesamtregion vertreten sind. Sie leben überwiegend von Kakao- und
Kaffeeplantagen und betreiben Brandrodungs-Wanderfeldbau.
39
Bei den verschiedenen
Bantu-Gruppen fand aufgrund der Vertreibung durch aus dem Norden kommenden Araber,
eine Migrationbewegung Richtung Süden statt. Diese Migration vollzog sich in mehreren
Phasen seit ca. 3.000 v. Chr.
40
Auf der anderen Seite bilden die Baka, die unter der Bezeichnung ,,Pygmäen" bekannt
sind, circa 20% der autochthonen Bevölkerung. Ihr Erscheinen wird auf einen Zeitraum von
38
Schwedes, Silke (1999): Interessensausgleiche und Managementvereinbarungen für die nachhaltige Nutzung
der Regenwälder im Südosten Kameruns." Diplomarbeit. Technische Universität Berlin. Seite 38.
39
www.wwfcameroon.org.
40
Peoples of Africa: 1997, Seite 44ff.

24
vor 50.000 bis 70.000 Jahren zurückdatiert.
41
Die Baka besiedeln außer dem Südosten
Kameruns ebenso nördliche Teile Gabuns und des Kongos. 1978 wurde ihre Zahl auf 40.000
Personen geschätzt, neuere Daten sind nicht vorhanden.
42
Sie sind die größte der in Kamerun
lebenden ,,Pygmäengruppen" (andere Gruppen sind die Tikar und die Bagieli). Die Sprache
der Baka zählt zu den Ubangi (Oubanguiin)-Sprachen, deren interne genealogische
Klassifikation bis heute noch weitgehend unklar ist.
43
Diese mittlerweile semi-nomadische Jäger- und Sammlergesellschaft lebt überwiegend
entlang der Hauptstraßen-Achse Yokadouma - Moloundou und ist in partilinear virilokalen
Clans mit einer begrenzten Siedlungsdichte organisiert. Häufig leben die Baka in Gruppen aus
mehreren Clans in ,,campements" (,,") zusammen, wobei die Zugehörigkeit zu einer
sozialen Gruppe nicht definitiv ist. Die Ansiedlung in einem anderen ,," steht jedem offen,
insofern die Harmonie sichergestellt ist. Vielerorts wurde die ursprünglich monogame
Lebensform an die Polygamie vieler Bantu-Gruppen adaptiert. Hochzeiten sind jedoch nur
exogam möglich, d.h. außerhalb eines ,,", da ein ,," nicht notwendigerweise die eigene
Verwandtschaft ist, jedoch als eine große zusammengehörende Familie angesehen wird.
44
In
den Gemeinschaften haben traditionell primär die erfahrensten und sekundär die ältesten
Mitglieder ("mokunji/ mogbá") Einfluss auf Entscheidungen. Allerdings besitzen auch sie
keine wirkliche Machtposition, da das Gesellschaftssystem der Baka auf der Gleichheit der
Individuen beruht.
45
Die Mobilität der Baka hat sich in den letzten Jahren stark verringert. Den Großteil des
Jahres verbringen sie entlang der Straßenachsen oder in den Dörfern, wo viele die
landwirtschaftlichen Systeme der Bantu übernommen haben. Auch besuchen einige junge
Baka heutzutage die Schule, sofern es die finanziellen Mittel der Eltern erlauben. Traditionell
gehen noch viele Baka für längere Aufenthalte (,,molongo") in den Wald ­ meist zur Jagd,
zum Fischfang und für Sammeltätigkeiten. Der Zeitpunkt ist saisonal bedingt und wird durch
die Verfügbarkeit der natürlichen Ressourcen und das Klima bestimmt. Länger als 2-3
41
Endaman Atem, Ernest (1992): «L'Evolution des Pygmées Baka de l'Arrondissement de Minton.». Yaoundé.
Kamerun. Seite 4.
42
Abéga, Séverin Cécile (1997): «Pygmees Baka: La Droit A La Difference.» INADES Formation. Kamerun;
Seite 15.
43
Kilian-Hatz, Christa (1995): ,,Das Baka: Grundzüge einer Grammatikalisierungsperspektive." Afrikanische
Monographien 6. Institut für Afikanistik. Universität zu Köln. Köln. Deutschland. Seite 6.
44
Persönliche Interviews in Ndongo/ Baka: 07.02.2002.
45
Vgl.: Abéga 1997, Seite 7.

25
Monate jedoch dauert ein solcher ,,molongo" nicht mehr, da die Anpassung an das Leben
nahe der Strasse schon zu groß ist.
46
Die Baka, so wie die sogenannten ,,Pygmäen" generell, wurden lange Zeit als die
ursprünglichen Einwohner des afrikanischen tropischen Regenwaldes angesehen. Jedoch gibt
es keine präzise Beschreibung dieser Menschen, da es keine spezifischen physischen oder
kulturellen Kennzeichen gibt, die sie absolut von anderen Afrikanern unterscheiden. Während
sie für ihre kurze Statur bekannt sind, überschneidet sich die Durchschnittsgröße vieler Baka
und anderer ,,Pygmäen" mit der anderer Bevölkerungsgruppen in Afrika und in anderen
tropischen Waldgebieten weltweit.
47
Auch genetisch gibt es keine Beweise für ihre
Unterschiedlichkeit zu anderen Afrikanern, denn es gibt keine typischen ,,Pygmäen-
Kennzeichen", die allen ,,Pygmäen-Gruppen" gemein wären und alle anderen afrikanischen
Gruppen ausschließen würden.
48
Ähnlich können ,,Pygmäen" nicht als linguistisch und
kulturell von anderen afrikanischen Bevölkerungsgruppen unterschieden werden, da es keine
eigene ,,Pygmäen-Sprachfamilie" gibt und sie in gesamt Zentralafrika ein weites Spektrum
von kulturellen Adaptionen aufweisen.
Im Gegensatz zu vielen romantisierten Berichten, gibt es heutzutage kaum noch
Wildbeuter, die, unabhängig von Landwirtschaft, als reine Jäger-Sammler-Gesellschaften
leben.
49
Heute leben zwar viele Baka vom Jagen und Sammeln und sind darauf spezialisiert,
Ressourcen aus dem Wald zu gewinnen, von denen sie auch einige der Produkte selber
konsumieren, handeln jedoch ebenso mit diesen Ressourcen, um kultivierte Nahrungsmittel,
Werkzeuge und Handelswaren zu erhalten. Überall wo Forschungen mit und über Jäger- und
Sammlergesellschaften durchgeführt wurden, sogar in einigen der entlegendsten Gebieten,
wurde festgestellt, dass mit circa 50% kultivierte Nahrungsmittel ihre Ernährung
ausmachen.
50
Des weiteren haben viele Baka-Gruppen ausgedehnte Kontakte zu benachbarten
Bantu-Gruppen und anderen Bauern - Beziehungen, die sich neben dem wirtschaftlichen
Handel auch auf die Bereiche des politischen, religiösen und sozialen Lebens ausbreiten. So
46
Persönliches Gespräch mit Endussa: Koumela/ Mambélé: Februar 2002: Oft wird ein solcher Aufenthalt als
sehr anstrengend angesehen, so dass junge Baka zunehmend nicht mehr interessiert sind, diese Tradition zu
befolgen und den Lebensunterhalt durch die Arbeit auf Plantagen verdienen.
47
Sayer, J.A.; Harcourt, C.S.; Collins, N.M. (1992): «The Conservation Atlas of Tropical Forests.» BP;
MacMillan Publishers Ltd.; The World Conservation Union (IUCN); World Conservation Monitoring Centre.
UK. Seite 26.
48
Cavalli-Sforza, Luigi Luca [Hg.] (1986): «African Pygmies.» Academic Press. New York. USA. Seite 37 f.
49
Obwohl, Informanten zu folge, es immer noch vereinzelte Gruppen geben soll, die bewusst versuchen den
Kontakt mit Allogenen zu vermeiden und Abstand zu den Straßen halten, wobei wohl auch diese
Gemeinschaften den heutigen Einfluss der ,,zivilisierten Welt" spüren und sich sicher nicht mehr lange entziehen
können. (Persönliches Interview: Mambélé/ Koumela: Januar 2002)
50
Bahuchet, Serge (1985): ,,Les Pygmées Aka et la Forêt Centrafricaine: Ethnographie écologique.» Selaf. Paris.
France. S. 43ff.

26
ist es in der Tat nicht möglich, die Kultur der sogenannten ,,Pygmäen" und ihre
Lebensgrundlage isoliert von der anderer Afrikaner, mit denen sie Handel betreiben und oft
auch leben, zu betrachten. Das Verhältnis basiert zwar auf einem Tauschverhältnis von
Waldprodukten der Baka und landwirtschaftlichen und/ oder materiellen Gütern der Bantu,
zunehmend aber finden sich immer mehr Baka in einer Art Arbeits-Abhängigkeitsverhältnis
mit einigen Bantu wieder, wobei sie häufig auch eigene Plantagen anlegen (überwiegend
Kochbananen, Maniok etc.). Die Baka arbeiten, nach eigenen Aussagen, nur bei dringendem
Geldbedarf für die Bantu.
51
Auffallend ist zudem, dass das Verhältnis beider Ethnien von
Region zu Region hinsichtlich Respekt, Toleranz und Achtung füreinander, sehr unter-
schiedlich ist. Obwohl diese sozi-kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den
Baka und den Bantu bereits vor Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten entstanden sind,
52
findet ein
Austausch (,,troc") durch die Verwendung von Geld als Zahlungsmittel kaum noch statt, denn
die Baka werden heute stark von den wirtschaftlich überlegenen Bantu dominiert.
3.5. Interessengemeinschaften
3.5.1. Holzgesellschaften
Holzgesellschaften im Südosten Kameruns sind seit mehr als einem Jahrhundert in der Region
tätig, jedoch waren die Auswirkungen bis in die späten 1969er Jahre minimal. Innerhalb der
letzten 22 Jahre verdreifachte sich der Holzeinschlag in Kamerun und wurde somit zum
bedeutendsten Wirtschaftszweig des Landes.
53
Die wichtigste Einschlagsregion für Holz in
Kamerun ist der Südosten. Neben einem afrikanischen und einem asiatischen, operieren auch
vier europäische Holzkonzerne in dem gesamten Areal: es sind SEFAC in Libongo (aus
Italien), SEBAC in Moloundou/ Libongo (aus Italien), SIBAF in Kika/ Sembot (aus
Frankreich), MASSEA in Malea Ancien (aus Frankreich), STBK in Mikel (aus Kamerun) und
CFE in Yokadouma (aus Libyen).
54
Einige der in der Region operierende Holzkonzerne,
zeigen ihre Bereitschaft mit dem WWF, hinsichtlich einer Zertifizierung ihrer Hölzer,
zusammenzuarbeiten.
55
Diese Unternehmen operieren in elf sogenannten UFA's (Unité
51
Persönliches Gespräch mit Angola; Salapoumbé: 21.02.02.
52
Früher gab es sogenannte ,,Freundschaftsverträge" (,,lothi") zwischen einzelnen Familien. Diese beruhten auf
dem gegenseitigen Austausch von Gütern und Arbeitsleistung.
53
Die industrielle Rundholzproduktion wuchs seit 1980 um 35% an. (Schwedes 1999: Seite 10ff.)
54
Persönliches Gespräch, Mambélé: Februar 2002.
55
Usongo, L.; Noupa, P.: The way Forward: Boumba-Bek and Nki Proposed National Parks. South East
Cameroon." WWF Jengi SE Forest Project. Kamerun. (ohne Seitenangabe).

27
Forestière d'amenagement), die eine Fläche von 50.000 bis 200.000 ha umfassen. Eine
Verbesserung stellt die Einrichtung von ,,ventes de coupe", einer Art ,,Holzeinschlags-
verkäufe", dar, die nach stehender Anzahl verkauft werden. Ein ,,vente de coupe" umfasst
circa 2.500 ha mit einer einjährigen Holzeinschlags-Lizenz.
56
3.5.2. Jagdsafariveranstalter und kommunale Jagdgemeinschaften
Jagdsport darf nur mit Genehmigung, zu determinierten Jagdzeiten, außerhalb der geschützten
Gebiete und unter Einhaltung der Abschussquoten für die jeweiligen Tierarten ausgeübt
werden. Des weiteren benötigen die Jagdsafariveranstalter eine entsprechende
Jagdführerlizenz. Mit der Errichtung von ZICs (Jagdzonen für professionelle (Sport-) Jäger)
und ZICGCs (kommunale Jagdzonen für die lokale und indigene Bevölkerung) in dem
gesamten Gebiet, ging eine Verbesserung des Managements einher, und dies erhöhte die
Anzahl an Gemeinschaften, die an Planungsfragen und -entscheidungen aktiv teilnehmen
können. Somit konnten auch die schon seit Jahren bestehenden Konflikte zwischen
Sportjägern und lokalen Gemeinschaften teilweise reduziert werden. Eine Aufteilung des
Boumba/ Ngoko Waldgebietes in Südost Kamerun fand folgendermaßen statt:
(1) Professionelle Jagdzonen (ZICs) (Jagdsafariveranstalter; ,,professional hunting zones"):
Diese Gebiete werden an professionelle Jäger (Jagdsafariveranstalter zur Trophäenjagd
(,,trophy hunting")) für einen Zeitraum von 5 Jahren verpachtet. Es existieren acht solcher
Zonen, die derzeit von Sportjägern unterschiedlicher Nationalitäten (überwiegend aus
Spanien, Dänemark, Frankreich, Kamerun) erstanden wurden.
(2) Kommunale Jagdzonen (ZICGCs) (,,community hunting zones"): Diese zehn Zonen
wurden der lokalen Bevölkerung zugeteilt. Die Gemeinschaften organisieren die Ressourcen
in festgelegten dörflichen Jagdterritorien. Hierbei profitieren sie von ihren
Waldnutzungsrechten und es ist ihnen somit möglich, aus den Einnahmen an der Entwicklung
der lokalen Gemeinschaften teilzunehmen. Diese Einnahmen werden durch die COVAREF
(,,Comité de valorisation des ressources fauniques") kontrolliert und distributiert.
56
Von dem Holzeinschlag betroffen sind u.a. Arten wie Etandophragma cylidendrum (,,mboyo"; Nr. 76), die bei
den Baka zu medizinischen Zwecken verwendet werden.

28
(3) ,,Freie" Zonen (,,unclassified zones"): Diese vier ,,freien" Zonen werden weder für
professionelle, noch für kommunale Jagdzwecke verwendet.
3.5.3. Lokale Administration
Die lokale Administration ist mit der Umsetzung der Politik Kameruns betraut und soll als
Vermittler zwischen der staatlichen Regierung, Wirtschaftunternehmen und der Bevölkerung
fungieren. Dem Distriktchef fällt die Aufgabe zu, Interventionen innerhalb der Gemeinden zu
überwachen, sowie Dezentralisierung und Demokratisierung auf der Gemeindeebene zu
fördern und die Organisationsstrukturen der Dörfer zu unterstützten.
57
3.5.4. Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen
MINEF: Den regionalen Verwaltungsstellen des nationalen Ministeriums für Umwelt und
Forstwirtschaft kommt die größte Verantwortung für die Implementierung und Einhaltung der
Forstgesetze zu. Es ist beauftragt, die Ressourcennutzung nach den Gesetzesvorgaben zu
reglementieren und deren Einhaltung zu kontrollieren.
58
MINAGRI: Das Landwirtschaftsministerium Kameruns ist im Südosten des Landes primär
mit der Verbesserung der Anbautechniken und der Förderung von Kakao-, Kaffee- und
Palmölanbau beauftragt.
WWF: Der WWF ist die größte international tätige Umweltschutzorganisation, die sich
vorwiegend aus Sponsoren- und Spendengeldern finanziert. Er unterstützt das MINEF
institutionell. Das WWF Jengi South East Forest Project mit Sitz in Yokadouma (siehe Karte
2; Seite 34) setzt sich insbesondere für die Errichtung dreier Schutzgebiete in Südost
Kamerun ein. Ein Erfolg war im März 2001 die offizielle Deklarierung des Gebietes Lobéké
zum Nationalpark. Eine baldige Deklarierung der Naturschutzgebiete Boumba-Bek und Nki zu
Nationalparks wird erwartet. Des weiteren stellte der WWF ein Team von Wildhütern (GFA)
zur Kontrolle der Einhaltung der Forstgesetzte ein. Auch die Sensibilisierung der lokalen und
57
Persönliches Gespräch, Yokadouma: 31.01.02
58
Schwedes, Silke (1999): Interessensausgleiche und Managementvereinbarungen für die nachhaltige Nutzung
der Regenwälder im Südosten Kameruns." Diplomarbeit. Technische Universität Berlin. Seite 55.

29
indigenen Bevölkerung und die Kollaboration mit den Holzgesellschaften stellt einen
Aufgabenbereich des WWF dar. Aktuell sind u.a. die Gespräche um das Projekt Tri-National
de la Sangha (TNS), bei dem ein drei Länder übergreifendes Naturschutzgebiet ausgewiesen
werden soll (Lobéké (Kamerun)/ Nouabale Ndoki (Kongo-Brazzaville)/ Dzanga-Sangha
(Zentralafrikanische Republik)).
59
GTZ: Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (Deutschland) ist eine international
tätige Regierungsorganisation, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche
Zusammenarbeit (BMZ) arbeitet. Innerhalb des GEF-Projektes und in Kooperation mit dem
MINEF, verfolgt die GTZ mit dem PROFORNAT - Projekt folgende Ziele: die Aufnahme
regionaler sozioökonomischer Daten, den Aufbau von Kontakten zu allen wichtigen Partnern
des Projektes und die Sensibilisierung und Stärkung der organisatorischen Fähigkeiten der
lokalen und indigenen Bevölkerung.
60
59
Usongo, L.; Noupa, P.: The way Forward: Boumba-Bek and Nki Proposed National Parks. South East
Cameroon." WWF Jengi SE Forest Project. Kamerun. Seite 11.
60
Persönliches Gespräch; Yokadouma: 28.01.02 und Informationsblatt der GTZ.

30
Abbildung 1:
Interessengruppen und ihre idealisierte Rollenverteilung in Südost Kamerun:
61
4. Methodische Vorgehensweise
4.1. Aufgabenstellung und Stand der Forschung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der traditionellen Verwendung von
Medizinalpflanzen bei den Baka im Südosten Kameruns. Sie soll einen Einblick in das
Spektrum von der Beschaffung der Heilpflanzen über die Herstellung der Medizin bis zur
Verabreichung an den Patienten geben und insbesondere die dazu verwendeten Pflanzen
61
Angelehnt an: Schwedes, Silke (1999): Interessensausgleiche und Managementvereinbarungen für die
nachhaltige Nutzung der Regenwälder im Südosten Kameruns." Diplomarbeit. Technische Universität Berlin.
Seite 61.
lokale
Administration
staatliche,
technische
Dienste
Distrikt
Kommune
MINEF
MINAGRI
Regierungs-/
Nichtregierungs
-organisationen
GTZ
WWF
AAPPEC
Ressourcen-
nutzergruppen
Holzgesell-
schaften
Jagdsafari-
veranstalter
Autochthone
Allogene
Kollaboration
Planung eines partizipativen Managements der natürlichen
Ressourcen und Kontrolle der Einhaltung der Regelungen

31
beleuchten. Die empirische Studie zu dieser Arbeit wurde im Rahmen der Magisterarbeit im
Fach Ethnologie (Völkerkunde) an der Universität zu Köln durchgeführt und mit Hilfe des
WWF Kamerun, insbesondere des WWF Jengi South East Forest Project, umgesetzt.
Die Arbeit ist in mehrere Abschnitte gegliedert. Vorangehend gibt sie den theoretischen
Hintergrund zu den Grundlagen, Konzepten, Ansätzen und Anwendungen der Medizin-
anthropologie, gefolgt von einer Beschreibung Kameruns und der Untersuchungsgebiete.
Weiterführend befindet sich eine Darstellung der methodischen Vorgehensweise der
Datenerhebung während der Feldforschung zu dieser Studie, an die sich vier Kernaspekte
anschließen: den ersten Aspekt bilden die Erkrankungskonzeptionen und medizinischen
Behandlungssektoren am Beispiel der Baka, der zweite Aspekt stellt die Medizinalpflanzen
aus den Untersuchungsgebieten dar, die von den Baka zur Heilung verwendet werden. Hierbei
wird eine Basistabelle mit den wissenschaftlichen und indigenen Termini angeführt (cf.
Tabelle 1; Seite 55ff). Die Verdeutlichung der Herstellung der Heilmittel aus diesen
Medizinalpflanzen in entsprechenden Flussdiagrammen bildet den dritten Kernaspekt, gefolgt
von dem vierten Bereich über die Anwendung und Verabreichung der Heilpflanzen bzw. der
Medizin im traditionellen Kontext der Baka. Abschließend erfolgt eine Abschätzung der
Aussichten auf die Zukunft und weiteren Forschungsmöglichkeiten hinsichtlich des
bearbeiteten Themas. Im Anhang werden ergänzend Tabellen über die Inhaltsstoffe, die
Pharmakologie, die Verbreitung und die botanische Beschreibung einiger untersuchter
Medizinalpflanzen präsentiert (cf. A1; Seite 89ff). Ebenso soll hier noch einmal die
Verwendung der Heilpflanzen bei spezifischen Krankheiten (cf. A3; Seite 102ff), sowie deren
explizite Anwendung (cf. A4; Seite 112ff) verdeutlicht werden. Darüber hinaus befindet sich
ein Glossar mit einer Erklärung der Baka Terminologien (cf. A6; Seite 142ff), eine Liste der
Definitionen zur Erklärung der verwendeten Begrifflichkeiten (cf. A7; Seite 145ff) und
weitere nützliche Adressen und Informationsquellen (cf. A8; Seite 151ff).
Da das Thema der vorliegenden Arbeit in dieser Form noch nicht bearbeitet wurde,
konnte sich nicht auf existierende Literatur gestützt werden. Somit sind die Ergebnisse auf
rein empirischer Basis und entsprechen eigenen Beobachtungen und Informationen. Stellen
dieser Arbeit, die nicht auf empirischen Grundlagen basieren, sondern Literatur entnommen
sind, beziehen sich hauptsächlich auf den theoretischen Hintergrund zur
Medizinanthropologie und der Beschreibung des Südostens Kamerun. Hierbei waren die
Standardwerke von Arthur Kleinmans ,,Patients and Healers in the Context of Culture" von
1980 und David Landys ,,Culture, Disease and Healing" aus dem Jahr 1983 als Basisliteratur
sehr hilfreich. Ebenso wurden für die Beschreibung des WWF-Projektes, sowie der

32
geographischen Situation des Südosten Kameruns überwiegend Berichte und
Forschungsreporte des WWF Kamerun und WWF International verwendet. Bei der
Bestimmung der Pflanzen durch ihre indigenen Termini war Robert Brissons «Utilisation des
Plantes par les Pygmées Baka» von 1988 sehr hilfreich. Auch der WCS-Bericht von J. Curran
aus dem Jahr 1996: ,,The Lobéké Forest Southeast Cameroon. Summary of Activities. Period
1988-1995." war eine große Hilfe. Daten, die die Baka betreffen, korrelieren größtenteils mit
denen von D. V. Joiris «Forthcoming! Les Baka du Sudest Cameroun." von 1997 und S. C.
Abéga «Pygmées Baka. Le droit a la différence.» der INADES-Foundation, einer
Feldforschung aus dem Jahr 1998.
4.2. Erhebungsmethoden
Die gesammelten Daten beruhen primär auf einem dreimonatigen Aufenthalt von Januar bis
März 2002, dem ein vierwöchiger Orientierungs-Aufenthalt im Dezember 2000
vorangegangen war. Die Kommunikation mit den Informanten in den Untersuchungsgebieten
fand überwiegend in französischer Sprache statt, zunehmend auch mit einigen Vokabeln in
der Baka-Sprache.
62
Eine zusätzliche Übersetzung war somit nicht notwendig. Zur
Verständigung mit den überwiegend anglophonen WWF-Mitarbeitern in dem Projekt wurde
Englisch gesprochen. Die Untersuchung fand mittels teilnehmender Beobachtung, informellen
Gesprächen, semi-strukturierten und offenen Interviews statt und beinhaltete zudem das
Anlegen eines provisorischen Herbariums der untersuchten Medizinalpflanzen.
4.3. Geschichte der Untersuchungsregion
Bis 1986 war der südöstliche Teil Kameruns größtenteils von der autochthonen Bevölkerung,
darunter hauptsächlich den Baka, einigen Bantu-Gruppen und einer geringen Anzahl von
Zugewanderten (,,outsider"), meist aus der Zentralafrikanischen Republik, dem Kongo und
dem Norden Kameruns, besiedelt. Ab 1986 richtete sich erstmals das öffentliche Interesse auf
die Region, indem Richard Barnes durch ein Weltbank-Projekt in die Region kam, um dort
größere Säugetiere, u.a. Elefanten, zu untersuchen. Aufgrund seiner bis 1989 verfassten
Berichte, konzentrieren sich nun auch zunehmend der WWF und der WCS auf dieses Gebiet
62
Dies meint, dass bestimmte, dem Themenbereich entsprechende Termini zur präziseren Definition auf Baka
ausgedrückt wurde, nicht aber, dass die Arbeitssprache Baka war. Ein Auszug aus den Terminologien findet sich
in einem Glossar im Anhang (cf. A 6, Seite 142ff).

33
und unterstützten seine Forschungen. Mit der zusätzlichen finanziellen Hilfe eines
Weltbankprojektes im Jahr 1993, das Kamerun als eines von insgesamt 14 Ländern aus
umweltschutztechnischen Gesichtspunkten heraus, unterstützte, kam es in den Jahren 1994
und 1995 zu weiteren wissenschaftlichen Untersuchung der Fauna­ besondere jedoch im
Boumba-Bek Gebiet und Ende 1994 mit dem WCS auch in der Lobéké-Region. Ab 1995
etablierte sich der WWF mit dem Jengi South East Forst Project zuerst in Yokadouma, später
dann über Mambélé hinaus im gesamten südöstlichen Areal. Auch die GTZ mit ihrem
PROFORNAT-Projekt arbeitete kurz darauf in der Region und wurde 1997 vollständig
integriert. Die Mitarbeiter der GTZ als Regierungsorganisation, arbeiten überwiegend mit
dem MINEF (kamerunisches Forstministerium) zusammen. Das MINEF kam wiederum 1996
zum ersten Mal in das Gebiet.
Alle drei Organisationen ­ WWF, GTZ und MINEF ­ arbeiteten seit dem u.a. an der
Ausweisung dreier Nationalparks: Boumba-Bek, Nki und Lobéké, wobei Lobéké seit März
2001 offiziell zum Nationalpark deklariert wurde. Eine Ausweisung der anderen beiden
Gebiete wird demnächst erwartet. Zukünftigen Planungen zufolge, wird die Arbeit der GTZ
bis 2005 in die Arbeit ihres institutionalen Partners MINEF integriert sein. Der WWF etabliert
sich derzeit zunehmend durch den Bau/ Ausbau von insgesamt sechs ,,base camps" in der
Region (Mambélé, Moloundou, Ndongo, Malea Ancien, Djembé und Ngoila
63
).
64
4.4. Auswahl und Beschreibung der drei Untersuchungsgebiete
Die Wahl der Untersuchungsgebiete ergab sich nach dem Vorkommen an kompetenten
Informanten und sollte einen Bezug zu den jüngst vom WWF eingerichteten Standorten
aufzeigen. Da drei Kilometer nördlich von Mambélé bereits das WWF-Camp Kombo existiert
und der Heiler Endussa, der gleichzeitig auch Hauptinformant dieser Studie wurde, in dem
Ort ansässig ist, bot sich dieser Standort als erstes Untersuchungsgebiet Mambélé/ Koumela
an. Mambélé liegt etwa 160 km südlich von Yokadouma und besitzt eine Population von
ungefähr 733 Menschen, die sich in 51% Bangando (Bantu), 39,1% Baka und 9,9%
sogenannte ,,Auswärtige" oder Zugezogene (,,outsider") gliedern. Neben Endussa waren
Ndjengé, ein sogenannter ,,Junger", ein sich in der Ausbildung befindender nganga und
Awouma, ein Junior Field Assistant des WWF, weitere Informanten (cf. Photos 3 und 4; Seite
63
Cf. Karte 2: Die Untersuchungsgebiete im Südosten Kameruns, Seite 31.
64
Persönliches Interview mit Dr. Leonard Usongo, Projektleiter des WWF Jengi South East Forst Project und
Mathias Heinze, Projektleiter des GTZ-PROFORNAT-Projektes: Januar und Februar 2002.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832464356
ISBN (Paperback)
9783838664354
DOI
10.3239/9783832464356
Dateigröße
3.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Ethnologie
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
ethnomedizin ethnobotanik baka- pygmäen umweltschutz medizinalpflanzen
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Titel: Die Verwendung von Pflanzen in der traditionellen Medizin bei drei Baka Gruppen in Südost Kamerun
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