Fußball als Zuschauersport
Entstehung und Entwicklung von Fankulturen
					
	
		©2002
		Magisterarbeit
		
			
				110 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Kaum ein Feld der deutschen Sozialgeschichte wurde von der etablierten Geschichtsschreibung lange Zeit so vernachlässigt wie der Sport. Das ist vor allem daher verwunderlich, handelt es sich hierbei doch nicht um ein gesellschaftliches Randphänomen, sondern um eine Massenbewegung mit einer mehr als einhundertjährigen Geschichte. Bis heute blieb das Feld weithin Sportwissenschaftlern und Soziologen überlassen, was nur zu unbefriedigenden Ergebnissen führen konnte. So beschränkten sich Untersuchungen zur Geschichte rund um den Fußball in erster Linie auf ein reines Aufzählen und Darstellen von Erfolgen und Großereignissen. Lediglich der Arbeitersport wurde in den 1960/70er Jahren im Zuge der detaillierten Forschung zur deutschen Arbeiterbewegung einigermaßen ausgiebig behandelt. Die Konzentration auf diesen Teil der Sportbewegung führte allerdings zu einer weitgehenden Überschätzung des Arbeitersports. Tatsächlich waren selbst in dessen Hochphase, in der Weimarer Republik, weit mehr Arbeiter in den bürgerlichen Sportvereinen organisiert als im Arbeiter- Turn- und Sportbund (ATSB). Sein Wirkungskreis blieb größtenteils auf den gewerkschaftlich und parteipolitisch organisierten Teil der Arbeiterschaft beschränkt. Dem von der Mehrheit betriebenen bürgerlichen Sport hingegen, der nicht in den unmittelbaren Bannkreis der Parteien- und Ideologiegeschichte einzuordnen war, blieb eine systematische historische Erforschung vorenthalten. Er galt offenbar als zu trivial für eine ernsthafte wissenschaftliche Thematisierung. Die Mehrzahl der Historiker scheute indes das Risiko sich in die von Fachkollegen häufig belächelten Niederungen der Sportgeschichte zu begeben.
Ungeachtet dessen hat der Sport einen hohen Stellenwert in unserer freizeitorientierten Gesellschaft erreicht. Er ist ein vielschichtiges, soziales Phänomen, ja gar ein Massenphänomen, das in der ganzen Welt verbreitet ist. Es liegt nahe, dass wissenschaftliche Analysen sich in erster Linie mit dem aktiven Sportgeschehen beschäftigen oder ihr Augenmerk auf die Organisatoren des Sports richten. Weit weniger Beachtung, da auch wesentlich schwieriger zu erfassen, finden diejenigen, die den sportlichen Aktivitäten beiwohnen.
Obwohl der Sport noch immer als die schönste Nebensache der Welt gilt, ist er doch nicht nur in der Freizeit für viele zur Hauptsache geworden. Das gilt nicht nur für diejenigen, die den Sport aktiv betreiben, sondern bestätigt sich auch bei […]
	Kaum ein Feld der deutschen Sozialgeschichte wurde von der etablierten Geschichtsschreibung lange Zeit so vernachlässigt wie der Sport. Das ist vor allem daher verwunderlich, handelt es sich hierbei doch nicht um ein gesellschaftliches Randphänomen, sondern um eine Massenbewegung mit einer mehr als einhundertjährigen Geschichte. Bis heute blieb das Feld weithin Sportwissenschaftlern und Soziologen überlassen, was nur zu unbefriedigenden Ergebnissen führen konnte. So beschränkten sich Untersuchungen zur Geschichte rund um den Fußball in erster Linie auf ein reines Aufzählen und Darstellen von Erfolgen und Großereignissen. Lediglich der Arbeitersport wurde in den 1960/70er Jahren im Zuge der detaillierten Forschung zur deutschen Arbeiterbewegung einigermaßen ausgiebig behandelt. Die Konzentration auf diesen Teil der Sportbewegung führte allerdings zu einer weitgehenden Überschätzung des Arbeitersports. Tatsächlich waren selbst in dessen Hochphase, in der Weimarer Republik, weit mehr Arbeiter in den bürgerlichen Sportvereinen organisiert als im Arbeiter- Turn- und Sportbund (ATSB). Sein Wirkungskreis blieb größtenteils auf den gewerkschaftlich und parteipolitisch organisierten Teil der Arbeiterschaft beschränkt. Dem von der Mehrheit betriebenen bürgerlichen Sport hingegen, der nicht in den unmittelbaren Bannkreis der Parteien- und Ideologiegeschichte einzuordnen war, blieb eine systematische historische Erforschung vorenthalten. Er galt offenbar als zu trivial für eine ernsthafte wissenschaftliche Thematisierung. Die Mehrzahl der Historiker scheute indes das Risiko sich in die von Fachkollegen häufig belächelten Niederungen der Sportgeschichte zu begeben.
Ungeachtet dessen hat der Sport einen hohen Stellenwert in unserer freizeitorientierten Gesellschaft erreicht. Er ist ein vielschichtiges, soziales Phänomen, ja gar ein Massenphänomen, das in der ganzen Welt verbreitet ist. Es liegt nahe, dass wissenschaftliche Analysen sich in erster Linie mit dem aktiven Sportgeschehen beschäftigen oder ihr Augenmerk auf die Organisatoren des Sports richten. Weit weniger Beachtung, da auch wesentlich schwieriger zu erfassen, finden diejenigen, die den sportlichen Aktivitäten beiwohnen.
Obwohl der Sport noch immer als die schönste Nebensache der Welt gilt, ist er doch nicht nur in der Freizeit für viele zur Hauptsache geworden. Das gilt nicht nur für diejenigen, die den Sport aktiv betreiben, sondern bestätigt sich auch bei […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 6427 
Bremer, Christoph: Fußball als Zuschauersport - Entstehung und Entwicklung von 
Fankulturen 
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003  
Zugl.: Hamburg, Universität, Magisterarbeit, 2002 
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Diplomica GmbH 
http://www.diplom.de, Hamburg 2003 
Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis 
Einleitung 1
1. Die Geschichte des Fußballsports 
4
1.1 Fußball in Großbritannien 
5
1.1.1 Die vorindustrielle Phase  ,Volksfußball' 
5
1.1.2 Fußball an den Public-Schools 
8
1.1.3 Trennung der Spielvarianten 
9
1.1.4 Fußball wird professionalisiert 
10
1.2 Die globale Ausbreitung des Fußballs 
12
1.3 Fußball in Deutschland 
13
1.3.1 Fußball als Schulspiel 
14
1.3.2 Nationaler Widerstand und Durchbruch des ,englischen 
Imports' 
15
2. Fußball als Zuschauersport 
23
2.1 Die Entwicklung des Fußballs zum Zuschauersport 1860-1945 
24
2.1.1 Soziale Struktur des Fußballpublikums 
27
2.1.2 Zuschauerverhalten 
32
2.2 Fußball als Zuschauersport nach dem Zweiten Weltkrieg 
34
2.3 Fußball als Zuschauersport in den 1980er Jahren 
37
2.4 Fußball als Zuschauersport in den 1990er Jahren 
41
2.5 Zwischenfazit 
44
3. Theoretische Hintergründe zu Fußball-Fankulturen 
47
3.1 Definition des Sportzuschauers 
47
3.1.1 Definition (Fußball-)Fan 
51
3.1.2 Ausdifferenzierung der Fan-Szenerie 
54
3.2. Kultur und Subkultur 
56
3.2.1 Jugendliche Subkulturen  ,peer-groups' 
57
3.3 Die Subkultur jugendlicher Fußball-Fans 
61
4. Fankulturen im Wandel 
66
4.1 Einflüsse auf die Fußball-Fankultur   
67
4.1.1 Die Durchkapitalisierung des Fußballs 
67
4.1.2  Die Bedeutung der Medien 
68
4.1.3 Die Bedeutung der Polizei 
70
4.1.4. Die Fanprojekte 
71
4.2 Identität und Identifikation 
73
4.2.1 Der Alterungsprozess 
74
4.2.2 Das Stadion 
75
4.2.2.1 Das Stadion als Spiegel sozialer Entwicklungen 
77
4.3 Strukturelle Veränderungen der Zuschauerzusammensetzung 
79
4.3.1 Frauen und Fußball 
79
4.3.2 Kutten, Hooligans, ,linke Fans' und Ultras 
83
5. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung 
90
Literaturverzeichnis 96
Abbildungsnachweis 
102
Kein Spieler, Manager oder Zuschauer - der Fußball entweder 
intellektuell begreift  oder mit seinem ganzen Gefühl, wird jemals diesen 
Unsinn daherreden - der gelegentlich den Furchtsamen entfährt: 
Schließlich sei es nur ein Spiel. Seit achtzig Jahren ist es eben nicht nur 
ein Spiel gewesen, nämlich seit die Arbeiterklasse - hier einen Fluchtweg 
aus dem Elend entdeckte und diesen Sport für sich reklamierte. Das war 
nicht nur eine Randerscheinung dieses Jahrhunderts, was auf dem 
Spielfeld passiert, hat große Bedeutung, die für manche Leute Lyrik hat 
und für andere Alkohol. Er nimmt von der Persönlichkeit Besitz.  
(Arthur Hopcraft) 
1
Einleitung 
Kaum ein Feld der deutschen Sozialgeschichte wurde von der etablierten 
Geschichtsschreibung lange Zeit so vernachlässigt wie der Sport. Das ist 
vor allem daher verwunderlich, handelt es sich hierbei doch nicht um ein 
gesellschaftliches Randphänomen, sondern um eine Massenbewegung mit 
einer mehr als einhundertjährigen Geschichte. Bis heute blieb das Feld 
weithin Sportwissenschaftlern und Soziologen überlassen, was nur zu 
unbefriedigenden Ergebnissen führen konnte. So beschränkten sich 
Untersuchungen zur Geschichte rund um den Fußball in erster Linie auf 
ein reines Aufzählen und Darstellen von Erfolgen und Großereignissen. 
Lediglich der Arbeitersport wurde in den 1960/70er Jahren im Zuge der 
detaillierten Forschung zur deutschen Arbeiterbewegung einigermaßen 
ausgiebig behandelt. Die Konzentration auf diesen Teil der 
Sportbewegung führte allerdings zu einer weitgehenden Überschätzung 
des Arbeitersports. Tatsächlich waren selbst in dessen Hochphase, in der 
Weimarer Republik, weit mehr Arbeiter in den bürgerlichen Sportvereinen 
organisiert als im Arbeiter- Turn- und Sportbund (ATSB). Sein 
Wirkungskreis blieb größtenteils auf den gewerkschaftlich und 
parteipolitisch organisierten Teil der Arbeiterschaft beschränkt. Dem von 
der Mehrheit betriebenen bürgerlichen Sport hingegen, der nicht in den 
unmittelbaren Bannkreis der Parteien- und Ideologiegeschichte 
einzuordnen war, blieb eine systematische historische Erforschung 
vorenthalten. Er galt offenbar als zu trivial für eine ernsthafte 
wissenschaftliche Thematisierung. Die Mehrzahl der Historiker scheute 
indes das Risiko sich in die von Fachkollegen häufig belächelten 
Niederungen der Sportgeschichte zu begeben.  
Ungeachtet dessen hat der Sport einen hohen Stellenwert in unserer 
freizeitorientierten Gesellschaft erreicht. Er ist ein vielschichtiges, soziales 
Phänomen, ja gar ein Massenphänomen, das in der ganzen Welt verbreitet 
ist. Es liegt nahe, dass wissenschaftliche Analysen sich in erster Linie mit 
dem aktiven Sportgeschehen beschäftigen oder ihr Augenmerk auf die 
Organisatoren des Sports richten. Weit weniger Beachtung, da auch 
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wesentlich schwieriger zu erfassen, finden diejenigen, die den sportlichen 
Aktivitäten beiwohnen.  
Obwohl der Sport noch immer als die schönste Nebensache der Welt gilt, 
ist er doch nicht nur in der Freizeit für viele zur Hauptsache geworden. 
Das gilt nicht nur für diejenigen, die den Sport aktiv betreiben, sondern 
bestätigt sich auch bei Sportzuschauern. Besondere Anziehungskraft und 
Faszination geht dabei vor allem vom Spitzensport aus: Leistungen wie 
die perfekte Körperbeherrschung, Harmonie und Ästhetik der Bewegung 
und sensationelle Höchstleistungen, sind für den Freizeitsportler 
unerreichbar und üben daher einen besonderen Reiz aus. Es wäre jedoch 
falsch, den Zuschauer nur auf eine passive Rolle einzugrenzen. Beobachtet 
man die Bewegung, die durch eine Zuschauermenge strömt, das Rufen 
und Applaudieren, überhaupt die Art und Weise wie das Sportpublikum 
verschiedener Sportarten versucht, mit Stimmung die Sportler zu 
unterstützen, wird deutlich, dass auch die Zuschauer aktiv am Geschehen 
teilnehmen.  
Unter den zahlreichen Sportarten ist Fußball der Sport, der weitaus am 
meisten Interesse auf sich zieht, der die meisten Zuschauer anlockt und der 
in den meisten Teilen der Welt Bestandteil einer nationalen Identität 
geworden ist. Fußball gilt gemeinhin als harter Sport, der oft mit 
Rowdytum, Gewalt und Schlägereien in Verbindung gebracht wird. ,,Vor 
nur zwanzig Jahren gab es keinen Intellektuellen, der es gewagt hätte, sich 
öffentlich zum Fußball zu bekennen" (Marias 2001, 53). Das Bild von 
einem von Männern dominierten Sport hat sich in den letzten Jahren 
gewandelt. Er trifft mehr und mehr den Geschmack der breiten 
Öffentlichkeit, und so steht der Fußball auch immer öfter im Mittelpunkt 
wissenschaftlicher Untersuchungen, nicht zuletzt deshalb, weil 
Alltagsgeschichte momentan hoch im Kurs steht.  
In dieser Arbeit steht das Fußballpublikum und hier vor allem der ,Fan' 
und die ,Fankultur' im Vordergrund, denn sie sind heute ein fester, nicht 
mehr wegzudenkender Bestandteil des modernen, kommerziellen 
3
Profifußballs. Sie sind ein Teil des Spiels geworden, unverzichtbar zum 
einen für die Spieler in ihrer Funktion als anfeuernde, motivierende, 
lautstarke externe Unterstützung von den Rängen und - in weit höherem 
Maße - unverzichtbar zum anderen für die Medien, sowie als zahlende 
Konsumenten und wichtige Zielgruppe der ,Fußballindustrie'. Ohne 
Zuschauer und Fans, ohne ihr Interesse am Spiel, wäre der Fußball für die 
Sponsoren und die Medien ökonomisch uninteressant und nicht rentabel. 
Das ,Millionengeschäft' Fußball ist demnach auf Fans und Zuschauer 
angewiesen.  
Zunächst wird ein historischer Überblick des aktiv betrieben Sports 
Fußball, beginnend mit dessen ,Mutterland' England, geliefert. Im 
Anschluss daran folgt eine Betrachtung der Entwicklung in Deutschland, 
welches im weiteren Verlauf auch im Mittelpunkt der Untersuchung 
stehen wird. Danach steht das Fußballpublikum im Fokus der Analyse. 
Hierzu wird  die Beschreibung von der Entstehung und Entwicklung des 
Fussballs als Zuschauersport vorangestellt. Nach einer allgemeinen 
Definition des  Sportzuschauers und einer näheren Definition der 
Fußballfans, soll Anhand der Begriffe Kultur und Subkultur, mit 
speziellem Augenmerk auf die Subkultur der Jugendlichen, geklärt 
werden, wie, wann und warum die Fankulturen entstanden sind. Hierzu 
wird im Weiteren ein Überblick über die bisherigen Studien und den Stand 
der Zuschauerforschung geliefert. Im letzten Kapitel wird dann der 
Wandel der Fankulturen aufgrund sozialer, wirtschaftlicher und politischer 
Hintergründe geklärt und ein detailliertes Bild der Zusammensetzung und 
Motivation der Fußballzuschauer bis in die heutige Zeit aufgezeigt. 
4
1. Die Geschichte des Fußballsports 
Die Geschichte des Fußballs scheint so alt wie die Menschheit selbst. Um 
die Entstehung dieser Sportart tummeln sich folglich zahlreiche Legenden. 
Etliche Länder beanspruchen für sich, die Erfinder des Fußballs zu sein. 
Tatsächlich stammt die älteste bekannte Darstellung eines Fußballspielers 
aus China um 2600 v. Chr. Fußball ist zu dieser Zeit wahrscheinlich schon 
weit verbreitet. In Japan nennt man das Spiel, welches der Legende nach 
von chinesischen Fußballgeistern eingeführt wurde,  ,Kemari'. Die Regeln 
des ,Kemari' sind bis heute überliefert (vgl. Sport Chronik 2000, 21). Auf 
europäischem Boden taucht eine bereits wettkampfbetontere Art des 
Fußballs verstärkt in Italien auf, wo dieser Sport unter dem Namen ,Calcio' 
seit dem 14. Jahrhundert gespielt wird. Während der Dynastie der Medici 
erlebt ,Calcio' seine Blütezeit und verbreitet sich von Florenz aus über 
ganz Italien. Fast 300 Jahre bleibt der ,Calcio' populär, dann vergisst man 
das Spiel fast vollständig (vgl. zum Thema ,Calcio' Bredekamp 1993). 
Obwohl gerne berichtet wird, die alten Ägypter hätten bereits gegen den 
Ball getreten und trotz ,Kemari' und ,Calcio', darf sich England ohne 
Zweifel als ,Mutterland' des Fußballs bezeichnen, denn in England liegt 
die Wiege des modernen Fußballs. Als hier 1863 einige Gentlemen die 
Football Association (FA) gründeten, um die unterschiedlichen 
Spielweisen an den Public-Schools und den Universitäten zu 
vereinheitlichen, wurde die Voraussetzung für die weltweite Verbreitung 
des Spiels geschaffen. Die Gründerväter der FA machten aus einem alten 
Kampf- und Wettspiel einen rational organisierten Sport, der überall und 
von jedem ausgeübt werden konnte (vgl. Eisenberg 1997, 8-9). So 
etablierte sich Fußball schließlich auch in Ländern wie beispielsweise 
Deutschland, obwohl diese im Gegensatz zu England über keine 
vorindustrielle Tradition des Spiels, ja sogar über keine Sporttradition im 
Allgemeinen verfügten.  
5
1. 1 Fußball in Großbritannien 
London war im Jahr 1863 Schauplatz der weltweit ersten Gründung eines 
Fußballverbandes und damit wurden in Großbritannien auch zum ersten 
Mal allgemein gültige Regeln geschaffen. Doch wie kam es zu dieser 
Entwicklung? Die Ausbildung des britischen Fußballs zu einem modernen 
Sport, lässt sich in vier Phasen unterteilen:  
· 
Den sogenannten ,Volksfußball', den traditionellen, bis in die 
vorindustrielle Zeit Englands reichenden Vorläufer des modernen 
Fußballs (1.1.1) 
 · 
Fußball an den Public-Schools, an denen er durch die Schule des 
Bürgerlichen ging (1.1.2) 
· 
Die Gründung der FA, woraus letztlich die endgültige Trennung 
von der verwandten Sportart ,Rugby' resultierte (1.1.3) 
· 
Die Professionalisierung des Sports, welche den Fußball schließlich  
zu einem Massenphänomen werden ließ (1.1.4) 
1.1.1 Die vorindustrielle Phase  ,Volksfußball' 
Die Geschichte des Fußballs lässt sich anhand englischer Quellen relativ 
verlässlich bis ins 14. Jahrhundert  zurückverfolgen. Seit dieser Zeit wird 
von einem Ballspiel namens ,Fußball' berichtet (vgl. Elias/Dunning 1984, 
85). Allerdings ,,darf man das Ausmaß des Fußballs im Mittelalter nicht 
überschätzen" (Mason 1997, 22). Außerdem ist allei die Verwendung des 
Begriffs ,Fußball' noch kein Beleg für das Bestehen des uns heute 
bekannten ,Sportspiels'. Vielmehr handelte es sich um ein Spiel, welches 
heute als ,Volksfußball' bezeichnet wird (vgl. Schulze-Marmeling 1992, 
15) und auf simplen, ungeschriebenen Gewohnheitsregeln basiert. Es gab 
weder eine Begrenzung der Spieldauer, noch des Spielfeldes oder der 
6
Anzahl der Spieler. Oftmals standen sich ganze Dörfer oder Stadtviertel 
gegenüber und spielten aufgrund der fehlenden zeitlichen Begrenzung nicht 
selten bis zum Einbruch der Dunkelheit. Ziel dieser Spiele war es, einen 
Gegenstand mit Händen oder Füßen zu einem der beiden, vorher 
ausgemachten, Ziele zu bringen. Überdies war ,Volksfußball' äußerst rauh. 
Die Betonung lag unmissverständlich auf Kraft und Gewalt, nicht auf 
Geschicklichkeit. Die ungeschriebenen Regeln variierten von Region zu 
Region.  
Abb1: ,Volksfußball' 
Ein ganz entscheidender Unterschied zum heutigen Fußball bestand vor 
allem auch in dem Verhältnis von Zuschauern und Akteuren. Während 
zwischen diesen beiden Gruppen heutzutage eine strikte Trennung besteht, 
waren die Grenzen beim ,Volksfußball' oftmals fließend. Jeder konnte 
kurzfristig in das Spielgeschehen eingreifen oder sich wieder aus dem 
,Getümmel' heraushalten. Das Spiel wurde vornehmlich vom ,einfachen' 
Volk betrieben. Die Aristokratie hielt sich von ihm fern, denn ,,es muss ein 
7
wildes Spiel gewesen sein, ganz nach dem Geschmack der damaligen Zeit" 
(Elias/Dunning 1984, 85). Kein Wunder also, dass die Obrigkeit versuchte, 
dieses Treiben in Grenzen zu halten. Eines der ältesten Verbote, die das 
belegt, rührt aus dem Jahre 1314, welches König Edward II durch den 
Bürgermeister von London verkünden ließ: 
,,Proklamation , verkündet zum Erhalt des Landfriedens ...Alldiweil 
unser Herr und König in einem Krieg gegen seine Feinde in 
Schottland zieht und uns besonders befohlen hat, seinen Frieden 
strengstens zu wahren... und alldiweil in der Stadt großer Aufruhr 
ist, durch gewisse Zusammenrottungen, die von großen Fußball-
Spielen auf öffentlichen Plätzen herrühren, wodurch viel Übles  
was Gott verhüten möge  entstehen könnte, befehlen wir also und 
gebieten hiermit im Namen des Königs, dass, bei Strafe der 
Einkerkerung, dieses Spiel fürderhin nicht mehr innerhalb der Stadt 
gespielt werde" 
 (Elias/Dunning 1984, 85). 
Das Fußball-Verbot des Bürgermeisters von London kann im 
grundegenommen mit den modernen Entfremdungsprozessen, der 
Versitzplatzung und auch der Fernsehvermarktung, auf eine Stufe gestellt 
werden (vgl. 2.4) 
Die Obrigkeit war bemüht, dieses Spiel in den Griff zu bekommen, um die 
öffentliche Ordnung nicht zu gefährden. Man war außerdem bestrebt, das 
Spiel durch sinnvolle militärische Übungen zu ersetzen, denn schwere, 
durch den ,Volksfußball' hervorgerufene Verletzungen, führten oftmals zur 
Militäruntauglichkeit und mitunter gab es sogar Todesfälle. Die Verbote 
konnten in der Regel nur kurze Zeit aufrechterhalten werden, denn die 
einfache Bevölkerung ließ sich von ihrem Spiel nicht abbringen. Erst mit 
der einsetzenden Industrialisierung begann der Niedergang dieses 
Vorläufers des modernen Fußballs. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts 
war eine große Anzahl von ,Volksfußball'-Varianten in Vergessenheit 
geraten.  
8
,,Die Unterklassen wurden in ein drakonisches Fabriksystem gepresst, 
welches für das wilde und unregulierte Spiel  anders als die 
naturorientierte Zeiteinteilung der Agrargesellschaft  keine Gelegenheit 
mehr ließ" (Schulze-Marmeling 1992, 15). 
1.1.2  Fußball an den Public-Schools  
Nachdem das ,Volksfußballspiel' nicht nur durch die einsetzende 
Industrialisierung verdrängt wurde, sondern auch die Versuche der 
Obrigkeit zur Unterdrückung des Spiels zunahmen, waren die englischen 
Public-Schools das einzige ,Reservat', in denen das Spiel überleben konnte. 
Man kann davon ausgehen, dass Fußball bereits seit dem 16. Jahrhundert 
ein Schulspiel für die Kinder wohlhabender Eltern war (vgl. Mason 1997, 
23). Mit der Herausbildung des Gentleman-Ideals kam es in dieser Zeit zu 
einer bewussteren Körpereinstellung, wodurch sportliche Betätigungen 
einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert erlangten.  
Im Umfeld der Public-Schools entstanden daher keine Befürchtungen, die 
den Fußball mit einer sozial-revolutionären Gesinnung in Verbindung 
brachten. Vielmehr wurde dem Fußball immer häufiger ein positiver Effekt 
für die Charakterbildung von Jugendlichen nachgesagt. Fortan war der 
Fußball nicht mehr in der Hand des Volkes, sondern wurde von der 
feudalen und bürgerlichen Jugend, welche die Public-Schools besuchte, 
ausgeübt.  
Die Durchsetzung des Fußballs an den Public-Schools basierte in erster 
Linie auf der schwachen Autorität der Lehrer gegenüber ihren Schülern. 
Diese resultierte aus einer schlechteren sozialen Stellung der Lehrer 
gegenüber ihren Schülern, die in ihrem Treiben zudem von ihren Eltern 
unterstützt wurden. So setzten die Schüler den Fußball häufig als 
Provokationsmittel ein. In den Augen vieler Eltern waren die Public-
Schools weniger eine Bildungseinrichtung, als vielmehr ein soziales 
9
Trainingsfeld. ,,Das informelle Leben (welches sich durch Macht- und 
Prestigekämpfe ausdrückte. Anm. des Autors) der Public-Schools hielt die 
Mehrheit der Eltern für ein nützliches Training zu Männlichkeit, Führertum 
und Unabhängigkeit. Es wurde deshalb höher bewertet als Latein und 
Griechisch" (Schulze-Marmeling 1992, 17). Zwischen 1830 und 1860 
wurden Fußball und andere Ballsportarten im Zuge einer landesweiten 
Schulreform erstmals offiziell in die Lehrpläne aufgenommen. In dieser 
Phase wurde das ehemalige Volksspiel durch das Bürgertum aufgegriffen 
und diesem nach und nach angepasst. Der Fußball wurde nun reguliert und 
zivilisiert. ,,Das Spiel wurde seiner allzu brutalen Züge entledigt, und 
anstelle eines realen Kampfes trat ein Scheinkampf, ein Wettkampf auf 
höherem zivilisatorischem Niveau" (ebd.).  
Ausgerechnet die Klassen also, welche den ,Volksfußball' seit dem 14. 
Jahrhundert bekämpft hatten, sicherten nun seinen Fortbestand, wenn auch 
mehr und mehr in abgewandelter Form. 
1.1.3 Trennung der Spielvarianten  
In Rugby wurde 1846 mit ,The Law Of Football As Played In Rugby 
School' erstmals ein schriftliches Regelwerk für Fußball erstellt. Dieses 
Regelwerk ist insofern als Basis für den heutigen Fußball anzusehen, da es 
erstmals die Voraussetzungen für Vergleiche schuf. 1849 reagierte Eton 
mit einem eigenen Regelwerk, welches sich im Besonderen von den Regeln 
Rugbys unterschied, in dem es das Aufnehmen mit der Hand untersagte. 
Zwar hatte derzeit jede Schule, in Folge von Statusrivalitäten, ihr eigenes 
Regelwerk, doch mit dem ,Handling Game' und dem ,Kicking Game' 
kristallisierten sich nun zwei wesentliche Grundströmungen heraus. Durch 
die Regelwerke wurden außerdem bestimmte Komponenten herausgefiltert, 
so dass differenziertere Sportspiele entstanden.  
Im ,Volksfußball' waren die Grenzen im Vergleich dazu noch 
verschwommener. Tatsächlich waren wohl mindestens sechs Sportarten, 
10
wie wir sie heute kennen, in der ursprünglichen Form enthalten (vgl. 
Bausenwein 1995, 88), welche sich erst in dieser Entwicklungsphase 
voneinander trennten. So waren im ,Volksfußball' Komponenten von 
Fußball, Rugby; Handball, Hockey, Boxen und Ringen zusammengefasst 
(ebd.). 
Die erste große Differenzierung im modernen Fußball entstand durch die 
Betonung auf jeweils eine der beiden dem ursprünglichen Spiel zugrunde 
liegenden Strategien. Im ,Volksfußball' gab es nur zwei Strategien: 
Entweder die Möglichkeit der ,alle voll drauf' Schlachtstrategie oder das 
Durchsetzen einer schnellen Person im ,einer gegen alle' Spiel, dem 
Vorläufer des ,Dribblings'. Diese beiden Techniken ergeben mit dem 
Handspiel die wesentlichen Unterscheidungn der erst später getrennten 
Sportspiele ,Rugby-Football' und ,Soccer-Football'. ,,Noch war die 
Spielweise dieselbe, doch unterschied man schon zwischen dem Running 
Game (Rugby) und dem Dribbling Game (Eton)" (Bausenwein 1995, 362).  
1863 kam es durch die Gründung der Football Association zur 
vollständigen Trennung der Strategien in zwei ausdifferenzierte Sportarten. 
In erster Linie war dies aber auch das Ergebnis eines gesellschaftlichen 
Prestigekampfes zwischen dem aufstrebendem Bürgertum (Rugby) und der 
darauf reagierenden alten Aristokratie (Eton). 
1.1.4 Fußball wird professionalisiert  
Nachdem sich der Fußball in der bürgerlichen Mittel- und der 
aristokratischen Oberschicht horizontal ausgedehnt hatte, verlief seine 
Verbreitung nun auch vertikal in Richtung der Unterschichten.  
Bis Ende der 1860er Jahre rekrutierten sich englische Fußballklubs fast 
ausschließlich aus ehemaligen Public-School- oder Universitäts-
mannschaften. Als es im Jahre 1870 zum endgültigen Durchbruch der 54 
Std. Woche in England kam, hatten Arbeiter erstmals seit Beginn der 
11
Industrialisierung wieder so etwas wie Wochenendfreizeit. Vor allem der 
freie Samstagnachmittag begünstigte die Entwicklung des Fußballs. Der 
Arbeitstag war in der Regel bereits am Samstagmittag beendet, so dass sich 
dieser, da der Sonntag für den Kirchgang reserviert war, zum Fußballtag 
entwickelte und es bis heute geblieben ist (vgl. Bausenwein 1995, 456). Es 
kam also zur Reinkarnation des Fußballs in die unteren Schichten der 
Bevölkerung  und hier in erster Linie in die Arbeiterklasse. 
Diese Entwicklung bedeutete für den Fußball letztlich den Durchbruch als 
Zuschauersport. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Zuschauerzahl im 
modernen Fußball auf ein paar wenige, zumeist am Spiel indirekt beteiligte 
Personen, beschränkt. Bei Wettbewerben verschiedener Public-Schools 
dürfte es sich bei den Zuschauern wohl vor allem um Mitschüler gehandelt 
haben. Erst mit der ,Übernahme' des Spiels durch die Unterschichten 
übertraf die Zuschauerzahl die Anzahl der Akteure praktisch bei jedem 
Spiel. Kennzeichnend für diese Zeit war neben der Wandlung des Fußballs 
zum Zuschauersport insbesondere der daraus resultierende 
Professionalismus, der die Begeisterung der Unterschicht für diesen Sport 
noch verstärkte. Der Fußball wurde nun auch finanziell und gesellschaftlich 
für einen Arbeiter interessant. Während die Oberschicht am Amateurideal 
des ,Gentlemen-Sportsmen' (vgl. Eisenberg 1999, 23-25) festhielt, wurde 
die Arbeiterschaft praktisch dazu gezwungen sich dem Profitum 
hinzuwenden, wollte sie den Sport weiter aktiv betreiben. ,,Die 
Entwicklung des Fußballsports zum Zuschauersport, die erst möglich 
wurde, als dieser nicht mehr das Reservat und Privileg der Oberschichten 
war, förderte zwangsläufig den Professionalismus" (Schulze-Marmeling 
2000, 102).  
Im Gegensatz zu den Mitgliedern der Unterschicht, war es den Mittel- und 
Oberschichten möglich, den Sport als ,schönste Nebensache der Welt' zu 
betrachten. Den betuchten ,Gentlemen-Sportsmen' bot Fußball also 
keinerlei finanziellen Anreiz. Für den Arbeiter galt das genaue Gegenteil. 
Er konnte und wollte seine kostbare Zeit nicht umsonst mit Fußball 
verschwenden. Die meisten englischen Arbeiter-Vereine rekrutierten sich 
12
daher, unterstützt von Industriellen, aus Fabrikbelegschaften. So wurden 
den Fußballern Privilegien bei der Arbeitszeit, der Anstellung und der 
Bezahlung bewilligt. Oftmals wurden auch Spieler aus anderen Fabriken 
abgeworben. Die Industriellen versprachen sich vom Fußball, neben 
Sozialhygiene und Motivation, vor allem auch Ansehen für ihr 
Unternehmen. 
Endgültig durchsetzen konnte sich der Professionalismus in Engalnd 
letztlich 1883, als mit ,Blackburn Olympic' erstmals ein Arbeiter-Team das 
prestigeträchtige FA-Cup-Finale gewinnen konnte. Daraufhin zogen sich 
die aristokratischen Amateurklubs aus dem FA-Cup, dem ersten und bis 
dahin wichtigsten nationalen englischen Titel im Fußball, zurück. ,,Nie 
wieder gewann ein Public-School oder Universitätsteam den englischen 
Pokal" (Schulze-Marmeling 1992, 22). Die englischen Gentlemen wandten 
sich vom Fußball ab und frönten mehr den Individualsportarten, wie z.B. 
Golf, Fechten oder Tennis, die fortan eine soziale Exklusivität garantierten. 
Dadurch gingen sie vor allem einer Sache aus dem Weg, denn eine 
Niederlage auf dem Rasen wurde zunehmend zu einem Symbol dafür, was 
man in der Oberschicht am meisten fürchtete: Die politische und 
ökonomische Vernichtung durch die aufstrebende Arbeiterklasse.  
Diese Entwicklungsphase des Fußballs, die etwa auf die Zeit zwischen 
1850 und 1900 datiert werden kann, ist kennzeichnend für die Entfaltung 
zum populären Zuschauersport in Großbritannien.  
1.2 Die globale Ausbreitung des Fußballs 
Von Großbritannien ausgehend, erfolgte die Ausbreitung des Fußballs in 
praktisch alle Länder der Welt binnen weniger Jahre und ist durchaus im 
Zusammenhang mit dem britischen Imperialismus zu sehen. Um 1900 
waren es in allen Importländern britische Unternehmen, Geschäftsleute, 
Techniker, Soldaten, Studenten oder Diplomaten, die das Spiel der 
einheimischen Bevölkerung nahe brachten. In einigen Gegenden, in denen 
13
sich keine Briten niedergelassen hatten, wurde deren Part von 
Zurückkehrern übernommen, die dieses Spiel in Großbritannien  
beispielsweise als Studenten  kennen gelernt hatten. Lokale Traditionen, 
wie etwa der beschriebene ,Calcio' in Italien, spielten wohl weniger eine 
Rolle. Sie dienten lediglich einer schnelleren Akzeptanz.   
Auch wenn nicht in allen Ländern der Schritt vom Gentlemen-Vergnügen 
zum Bestandteil der Arbeiterkultur so schnell vollzogen wurde wie in 
Großbritannien (vgl. Eisenberg 1997, 13), eines haben alle Importländer 
des Fußballs gemeinsam: Nach dem ersten Weltkrieg entwickelte sich das 
Spiel überall dort zu einem Massenphänomen, wo es sich bereits vor 1914 
etabliert hatte.  
1.3 Fußball in Deutschland  
In Deutschland besteht im Vergleich zu Großbritannien keine 
vorindustrielle Tradition des Fußballs. Fußball als Volksspiel existierte in 
Deutschland nicht. Sport, der in England auf eine lange 
Entwicklungsgeschichte zurückblickt, war in Deutschland praktisch nicht 
existent (vgl. Eisenberg 1999, 78-81). Der Fußball hatte es in Deutschland 
also ohnehin schon schwer, auf Akzeptanz zu treffen und hatte mit dem 
Turnen auch noch eine starke Konkurrenz. 
Fast zeitgleich zu den englischen ,Sports' entwickelte sich in Deutschland 
die Tradition des Turnens. Als Reaktion auf die napoleonische Besatzung 
und den Adel, der mit Napoleon kooperierte, entstand das Turnen aus der 
demokratischen, bürgerlichen Nationalbewegung. Friedrich-Ludwig Jahn 
sah das Turnen zunächst als ,,eine Vorbereitung des Guerillakrieges gegen 
die französischen Besatzer" (Schulze-Marmeling 1992, 65) an, da er die 
Niederlage Preußens als eine Bestätigung der geschwundenen 
Volkstumskraft ansah und diese nun durch das Turnen wieder erstarken 
lassen wollte. Turnen sollte die von den französischen Besatzern 
eingeschränkten militärischen Möglichkeiten ersetzen.  
14
Die Philosophie der Turnerbewegung war, dass alle Turner gleich seien, 
und so gründete sich ihre Vereinspolitik auch auf demokratische 
Ordnungen (vgl. Grüne 1995, 21). Die Turnbewegung hatte aber auch, 
gemäß ihrer demokratisch-bürgerlichen Ausrichtung, die Beendigung der 
Kleinstaaterei, sowie das Ende der Vorherrschaft der Aristokratie zum Ziel. 
Aufgrund dessen wurde die Turnbewegung zwischen 1820 und 1840 durch 
die preußische Turnsperre in den meisten deutschen Städten verboten und 
,Turnvater Jahn' im Jahre 1819 verhaftet. Als die bürgerliche Bewegung 
mit dem Scheitern der Revolution 1848 nahezu zerfiel und die deutsche 
Einheit durch die preußische Militärherrschaft erzwungen wurde, wandelte 
sich auch die innere Haltung der Turner. Die demokratischen Tendenzen 
der Turnerschaft musste zugunsten nationaler und militärischer 
Denkweisen weichen. Der einst revolutionäre Nationalismus der Turner 
wandelte sich in einen reaktionären. Aus der von Jahn eingeführten 
schlichten Kleidung wurden Uniformen, der Grundsatz ,alle Turnbrüder 
sind gleich' fiel einer beinahe militärischen Hierarchie zum Opfer und das 
Turnen unter Drillbedingungen ließ es zu einem billigen Abklatsch des 
Militärs werden. ,,Als Leitwolf sollte sich die 1868 gegründete Deutsche 
Turnerschaft (DT) bewähren" (Grüne 1995, 22). 
1.3.1 Fußball als Schulspiel  
Wie in Großbritannien musste der Fußball auch in Deutschland erst Einzug 
in den Schulbetrieb halten, um sich schließlich langfristig etablieren zu 
können. Durch die Veränderung des Turnens hin zum militärischen Drill 
kam es zu einer großen Unlust unter den Schülern, an dieser Sportart 
teilzunehmen. Zum anderen gab es innerhalb der bürgerlichen Jugend die 
Tendenz, die feudalen Studentenschaften zu kopieren, in denen man 
allerdings mehr dem Alkohol zusprach, als zu turnen. Als Folge hielten an 
den Gymnasien exzessive Trinkgewohnheiten Einzug, ,,weshalb die 
Behörden die Schülerverbindungen bald als öffentliches Ärgernis und 
Brutstätte der Unsittlichkeit betrachteten" (Schulze-Marmeling 1992, 69). 
15
Konrad Koch, ein Lehrer aus Braunschweig, nahm dies zum Anlass, etwas 
in der Bewegungskultur zu verändern. Er vertrat die Auffassung, dass es 
eines neuen pädagogischen Konzepts, jenseits der traditionellen Methoden 
der Repression und der Belehrung, bedürfe. Er verschob den Schwerpunkt 
disziplinarischen Handelns von der Fremddisziplinierung zur stärkeren 
Selbstdisziplinierung. Er befand schließlich den Fußball für die Umsetzung 
seiner pädagogischen Idee als weitaus tauglicher als das autoritäre und 
militärische Turnen. Er versammelte 1874 einige jüngere Schüler um sich 
und warf, anstatt viele Regeln zu erläutern, einen Ball in deren Mitte, so 
dass sich sofort das erste Fußballspiel an einer deutschen Schule ergab. 
1875 gründete man an der Schule Kochs den ersten Schülerverein, in 
welchem rund 40 Schüler eine Mischung aus Rugby und Fußball spielten. 
Im selben Jahr stellte Koch auch die ersten verbindlichen Fußballregeln 
Deutschlands auf. 1878 wurde an Kochs Braunschweiger Gymnasium der 
Fußball als verbindliches Schulspiel eingeführt (vgl. Eisenberg 1997, 98; 
Schulze-Marmeling 2000, 66-71). Bis in die 1890er Jahre hinein bleibt 
Fußball in Deutschland ein reiner Schulsport. Ähnlich wie in den ersten 
Jahren an den  Public-Schools bleibt er zunächst eine Mischung aus 
,Soccer-Fußball' und ,Rugby-Fußball'  
1.3.2 Nationaler Widerstand und Durchbruch des ,englischen Imports' 
Wie bereits angedeutet, ist auch die Einführung des Fußballs in 
Deutschland auf englische Wurzeln zurückzuführen. Es wurde vornehmlich 
in Handelszentren wie Hamburg, Berlin und Frankfurt, in Residenzstädten 
wie Hannover, Braunschweig und Dresden und in Modebädern wie Baden-
Baden, Wiesbaden und Cannstatt Fußball gespielt (vgl. Eisenberg 1997, 
99). In Neuwied am Rhein kam es im Jahre 1860 mit englischen Schülern 
zum ersten Spiel in Deutschland, welchem der spätere 
Gründungsvorsitzende des DFB, Ferdinand Hueppe beiwohnt (vgl. Baroth 
1992, 12). Fast immer wurden die einheimischen Jugendlichen von den 
englischen Schülern zum Mitspielen aufgefordert, da ihre Mannschaften  
16
hohen Fluktuationen unterworfen waren und die Anzahl der Spieler einfach 
nicht ausreichte.  
Mit dem Bremer Football-Club wurde 1880 der erste reine Fußballclub in 
Deutschland gegründet, in dem ausschließlich die Association Variante, 
also ohne Aufnehmen mit der Hand gespielt wurde. Der Bremer Football-
Club forderte häufig die Besatzungen der englischen Schiffe, die im 
Bremer Hafen lagen, zu Spielen heraus (vgl. Baroth 1992, 35).  
Ab 1884 galt dann Berlin als die große Fußballstadt Deutschlands. Man 
fand aufgrund der zahlreichen Exerzierplätze, die das preußische Militär 
den Fußballern zu Verfügung stellte, den für den Fußball nötigen Raum 
vor. Ende der 1880er Jahre wurden in ganz Deutschland private 
Fußballvereine gegründet, die meistens aus ehemaligen Schüler-
mannschaften hervorgingen und die immer mehr Association-Football 
spielten, welches im allgemeinen Sprachgebrauch nun Fußball genannt und 
vom Rugby unterschieden wurde. So können beispielsweise namhafte 
Clubs wie der Hamburger SV (1887), Hertha BSC Berlin (1892), der VfB 
Stuttgart (1893) oder der Karlsruher SC (1994) auf Schülerfußball-
mannschaften als Wurzeln zurückblicken. 
Da sich der Fußball, seit seiner Einführung von Konrad Koch und anderen 
Initiatoren, zum beliebtesten Sport unter den Jugendlichen entwickelte, 
versuchten überzeugte Turner gegenzusteuern. In erster Linie versuchten 
sie, auf den schwindenden Mitgliederzuspruch in der Deutschen 
Turnerschaft zu reagieren.  
Die DT war immer noch der mitgliederstärkste Verband in Deutschland 
und behielt sich somit das Recht vor, die deutschen Ideale, im 
Zusammenhang mit Leibesertüchtigungen, zu definieren. Der Streit um den 
Fußball war also nicht nur aus der Konkurrenz geboren, es war vielmehr 
auch ein Streit um ,Wahrheiten' und Ideologien.  
17
Zunächst suchten die Fußballer noch Kontakt zu den Turnern und buhlten 
um deren Anerkennung. Auf dem 1889 ausgetragenen deutschen Turnfest 
in Leipzig erhielten sie die Möglichkeit, einen Schaukampf zwischen dem 
,ATV Leipzig' und ,London Orion' vorführen zu lassen. Schon die 
Wortwahl ,Schaukampf' und ,Vorführung' macht die Haltung der Turner 
gegenüber der Sportart Fußball deutlich. Die Turner hatten andere Ideale. 
So verpönten sie jede Form des Wettkampfes und den Fußball 
bezeichneten sie als ,englische Krankheit'. Das turnerische Ideal war eine 
straffe, schöne Körperhaltung und ein ,schönes', ästhetisches Spiel, jedoch 
kein Wettkampf. 
Abb2: Pamphlet gegen den Fußball 
18
Konrad Koch, der durch seine liberalen Erziehungsideale weiterhin das 
selbstdisziplinierte Handeln (im Fußball) dem fremddisziplinierten (beim 
Turnen) vorzog, war zu Überlegungen gezwungen, wie Fußball als ein 
deutsches Spiel bezeichnet werden könne. 1894 äußerte Koch in der 
deutschen Turnzeitung Überlegungen, dass der Fußball seine Ursprünge 
nicht in England habe, sondern schon im Mittelalter in ganz Europa und 
somit auch in Deutschland gespielt wurde. Weiterhin versuchte er nun, alle 
Begriffe des Fußballs in die deutsche Sprache zu übersetzen. So entstand 
unter dem Druck des Zeitgeistes auch die Entscheidung für den Fußball 
und gegen das Rugbyspiel, da dieses als noch englischer galt. Koch 
versuchte, die angeblich deutschere Variante Fußball ein Stück weit  
national einzufärben. Fußball sollte als das kleinere und daher akzeptablere 
Übel dargestellt werden (vgl. Grüne 1995, 27). Wie die Pamphlete aus 
dieser Zeit belegen, half dieses Vorgehen wenig gegen den zunehmenden 
Protest der Turner. Das wohl bekannteste Pamphlet verfasste der von 
Ferdinand Hueppe, dem ersten DFB Präsident, als ,,komische Figur" 
beschriebene, Gymnasiallehrer Karl Planck. Er veröffentlichte seine 
Thesen gegen den Fußball unter dem Namen ,,Fusslümmelei, über 
Stauchballspiel oder die englische Krankheit" im Jahre 1894. Planck 
argumentierte wie folgt: ,,Das Einsinken des Standbeines ins Knie, die 
Wölbung des Schnittsbuckels, das tierische Vorstrecken des Kinns 
erniedrigt den Menschen zum Affen (...) Was bedeutet aber der Fußtritt in 
aller Welt? Doch wohl, dass der Gegenstand nicht Wert sei, dass man auch 
nur die Hand um seinetwillen rührte. Er ist ein Zeichen der Wegwerfung, 
der Geringschätzung" (zitiert nach Grüne 1995, 27). Konrad Koch stellte 
dem gegenüber heraus, dass man: ,,sich vor dem Irrtum hüten müsse, das 
Fußballspiel mit anderen Ballspielen auf eine Stufe zu stellen. (...) Was 
aber das wichtigste ist und worauf man in England mit gutem Recht den 
größten Wert legt: Es lehrt den einzelnen, sich der Gesamtheit willig 
einzupassen und unterzuordnen" (ebd., 26). Das entsprach zwar nicht den 
Grundprinzipien Kochs, war aber ein zugkräftiges, weil zeitgemäßes 
Argument und sicherlich nur ausgesprochen, um endlich eine Anerkennung 
des Fußballs durch die noch einflussreichen Turner zu erlangen. Ohnehin 
trugen Argumente, die sich für den Sinn und Zweck des Fußballs 
19
einsetzten, meist seltsame Blüten. Argumentationen fanden in der Regel 
nur dann einen breiten Zuspruch, wenn sie national eingefärbt waren und 
damit geeignet schienen, die so denkenden Turner überzeugen zu können. 
Eine deutlich offensive Kritik gegen die Anfeindungen der Turner fand 
deshalb auch der Pädagoge W. Wickenhagen 1895: ,,Man braucht ja nur in 
unserem Volke etwas vom ,deutschen Gemüt, deutscher Schlichtheit, 
deutscher Treue und Ehrlichkeit' vorzuschwafeln und recht redlich auf das 
Ausland zu schimpfen, dann hat man die Bravoschreier für sich, ...und 
dann die Kindergartenparole, ,wir spielen um schön und richtig zu spielen, 
die Engländer spielen nur mit Rücksicht auf den Sieg'. Das sagt ein Mann 
der Skatkongresse, der Mensurenholzerei und des Bierjungensports" (zitiert 
nach Baroth 1992, 84). Diese Kritik galt einem Lehrer, der dem deutschen 
Turnen wieder einmal eine ,moralisch-erzieherische höhere Art' zuschrieb, 
als dem fremden englischen Sport Fußball. 
Doch gerade die Verdrängung des Fußballs aus den Schulen seitens einer 
konservativen Lehrerschaft begünstigte den Sport in seiner Entwicklung, 
denn es waren, wie bereits erwähnt, die alten Schulmannschaften, die 
insbesondere in den Jahren 1895/96 eine Vielzahl von privaten 
Fußballvereinen gründeten. Aus den Fußballabteilungen der Turnvereine, 
die auch ständigen Anfeindungen von Seiten der Turner ausgesetzt waren, 
wurden ebenfalls eigenständige Sport- bzw. Fußballvereine gegründet. 
Innerhalb dieses neu entstandenen Netzwerkes von Fußballclubs konnte, 
wenn auch noch ohne großes Zuschauerinteresse, ungestört gespielt 
werden. ,,Bald kam es zu ersten lokalen Verbandsgründungen, die kleine 
Meisterschaftsrunden organisierten" (Grüne 1995, 34).  
Gefördert wurde die langsame aber stetige Durchsetzung des Fußballs in 
Deutschland schließlich im besonderen Maße durch die relativ große aber 
traditionslose Gruppe der Angestellten, die den ebenfalls traditionslosen 
Fußball als Instrument zur Stabilisierung ihres Status neben dem  
*Bürgertum benutzten. Die Angestellten übernahmen für Deutschland die 
Rolle, wenn auch auf eine andere Art und Weise, welche in England die 
Arbeiterklasse für den Fußball gespielt hatte.  (vgl. 2.1.1)  
Details
- Seiten
 - Erscheinungsform
 - Originalausgabe
 - Erscheinungsjahr
 - 2002
 - ISBN (eBook)
 - 9783832464271
 - ISBN (Paperback)
 - 9783838664279
 - Dateigröße
 - 13.1 MB
 - Sprache
 - Deutsch
 - Institution / Hochschule
 - Universität Hamburg – Sozialwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
 - Note
 - 1,6
 - Schlagworte
 - sozialgeschichte subkultur jugendkultur sportgeschichte
 - Produktsicherheit
 - Diplom.de