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Typologie von Internet-Nutzern auf Basis psychologischer Determinanten des Online-Konsums

©2002 Diplomarbeit 213 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Nach einem ersten sehr euphorischen Beginn des E-Commerce gab es eine Phase der allgemeinen Ernüchterung über die möglichen Entwicklungsperspektiven dieses Wirtschaftszweiges. Mittlerweile zeigt sich allerdings, dass in diesem Markt durchaus realistische Wachstumschancen gegeben sind, die allerdings auch empirisch genau ausgelotet werden müssen. Dieser Fragestellung widmet sich die vorliegende Diplomarbeit.
Nach ersten begrifflichen Erklärungen in Kap. 1 diskutiert der Autor im theoretischen Teil (Kap. 2) verschiedene Typologisierungskonzepte, die eine Möglichkeit zur empirischen Begründung unterschiedlicher Zielgruppen dienen. Insbesondere werden das Diffusionskonzept, die Kontrolltheorie und emotionspsychologische Ansätze dargestellt, die insgesamt geeignet erscheinen, eine probate Nutzertypologie der Akzeptanz von E-Commerce empirisch zu bestimmen.
Im empirischen Teil dieser Studie wird zunächst in einer qualitativen Vorstudie eine Strukturierung des Gegenstandsbereichs vorgenommen, die für die weitere Operationalisierung genutzt wurde. Im Kern der folgenden quantitativen Studie steht eine Repräsentativ-Untersuchung über das Internet (soweit im Rahmen von Internet-basierten Untersuchungen überhaupt Repräsentativität erreicht werden kann) mit insgesamt ca. 500 Befragten. Die Operationalisierung der theoretischen Konstrukte Innovationsbereitschaft, Kompetenz, Involvement etc. erfolgt weitgehend unter Rückgriff auf erprobte empirische Verfahren, die unter dem Ökonomie-Gesichtspunkt gekürzt in den Fragebogen Eingang finden.
Die Darstellung der Ergebnisse lässt zunächst erkennen, dass die soziodemographische Struktur der Befragten keine größeren Abweichungen von der Normalpopulation erkennen lässt als dies bei Internet-Befragungen üblich ist. Der gegenüber bisherigen Untersuchungen relativ große Anteil von Frauen lässt schon eine Tendenz zur Normalisierung auch von Internet-Stichproben erkennen. Darüber hinaus werden zunächst allgemeine Ergebnisse über das Internet-Nutzungsverhalten der Befragten sowie ihre Nutzung von Commerce-Angeboten deskriptiv dargestellt. Die weiteren hypothesenorientierten Analysen zeigen, dass die auf den Konzepten Diffusionstheorie, Kontrolltheorie und emotionale Lagerung beruhenden Hypothesen in der Tat zum allergrößten Teil bestätigt werden konnten. In einer abschliessenden Clusteranalyse zur Entwicklung der Typologie der Internet/E-Commerce-Nutzer ergaben sich fünf unterschiedliche […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Definitionen
1.3.1 Zum Begriff des Typus
1.3.2 Zum Begriff Electronic-Commerce bzw. Online-Konsum
1.3.3 Zum Begriff der Innovation
1.4 Zusammenfassung und Überleitung

2 Theoretischer Teil
2.1 Typologisierungskonzepte
2.1.1 Typologisierungskonzepte in der Literatur
2.1.2 Zum Vorgehen innerhalb dieser Arbeit
2.2 Das Diffusionskonzept
2.2.1 Der Diffusionseffekt
2.2.2 Charakteristika von Innovationen
2.2.2.1 Relative Vorteilhaftigkeit (Relative Advantage)
2.2.2.2 Kompatibilität (Compatibility)
2.2.2.3 Komplexität (Complexity)
2.2.2.4 Teilbarkeit (Trialability/Divisibility)
2.2.2.5 Mitteilbarkeit (Observability/Communicability)
2.2.3 Die Adopterkategorien
2.2.4 Wie erfolgt die Kommunikation einer Innovation?
2.2.5 Übertragung des Diffusionskonzeptes auf die Adoption eines neuen Vertriebsweges
2.2.6 Psychologische und soziodemographische Implikationen des Diffusionskonzeptes
2.3 Kontrolltheorie
2.3.1 Zum Begriff der perzipierten Kontrolle
2.3.2 Das Kontrollmotiv: Der lerntheoretische Ansatz
2.3.3 Primäre und sekundäre Kontrolle
2.3.3.1 Zu den Begriffen der primären und sekundären Kontrolle
2.3.3.2 Kontrolle und „klassische“ Medien
2.3.3.3 Kontrolle und Internet
2.3.4 Kontrollüberzeugungen
2.3.4.1 Internale und externale Kontrollüberzeugungen
2.3.4.2 Handlungstheoretische Konsequenzen
2.3.4.3 Auswirkungen der Kontrollüberzeugungen auf die Bewertung des Internet und des Vertriebskanals E-Commerce
2.3.4.4 Die Beziehung zwischen Belohnungsaufschub und Kontrollüberzeugungen
2.4 Emotionaler Ansatz der Umweltpsychologie
2.4.1 Grundlagen der Emotionspsychologie
2.4.2 Verhaltenskonsequenzen situativer Emotionserlebnisse
2.4.3 Der Zusammenhang zwischen Emotionen und Einstellungen
2.5 Zusammenfassung und Überleitung

3 Empirischer Teil
3.1 Qualitative Vorstudie
3.1.1 Genutzte Internetdienste
3.1.2 Genutzte Internetangebote
3.1.3 Motive der Internetnutzung
3.1.4 Der „typische“ Online-Konsument und „seine“ Produkte
3.1.5 Erfahrungen mit Electronic-Commerce
3.1.6 Motive des ersten Einkaufs im Internet
3.1.7 Soziale Motive des Interneteinkaufs
3.1.8 Gründe, nicht im Internet einzukaufen
3.1.9 Perzipierte Vor- und Nachteilhaftigkeit des Interneteinkaufs
3.2 Generierung des WWW-Fragebogens
3.2.1 Zum Aufbau des Fragebogens
3.2.2 Operationalisierung der theoretischen Konstrukte
3.2.2.1 Innovationsbereitschaft
3.2.2.2 Subjektive Kompetenz / relatives Wissen
3.2.2.3 Involvement
3.2.2.4 Subjektive gegenstandsbereichsübergreifende (polymorphe) Meinungsführerschaft
3.2.2.5 Risikoorientierung
3.2.2.6 Serviceabhängigkeit
3.2.2.7 Affiliationsmotiv
3.2.2.8 Relatives Einkaufserlebnis Geschäftseinkauf
3.2.2.9 Erlebniswelt „Surfen“ im Internet
3.2.2.10 Preisrationalität
3.2.2.11 Subjektive Sicherheitsbedenken beim Interneteinkauf
3.2.2.12 Bequemlichkeit (Convenience) beim Einkaufen
3.2.2.13 Relative Preisvorteilhaftigkeit des Internet gegenüber dem stationären Einzelhandel
3.2.2.14 Generalisierte Kontrollüberzeugungen / Selbstkonzepte eigener Fähigkeiten
3.2.2.15 Weitere univariate Operationalisierungen
3.2.2.16 Emotionen
3.2.2.16.1 Allgemeines zur Messung von Emotionen
3.2.2.16.2 Messung von Emotionen mit Hilfe der SAMs
3.2.2.16.3 Messung der Emotionen innerhalb dieser Arbeit
3.2.3 Zur Güte der Faktorlösung
3.2.4 Allgemeines über den Erhebungszeitraum, die Art der Erhebung sowie die Befragungseinheit
3.2.5 Zur allgemeinen Übertragbarkeit der Ergebnisse (externe Validität) / Rechtfertigung der Vorgehensweise
3.3 Ergebnisse der Hauptuntersuchung
3.3.1 Rücklaufquote
3.3.2 Randauszählung
3.3.2.1 Soziodemographische Struktur der Befragten
3.3.2.1.1 Geschlecht
3.3.2.1.2 Alter
3.3.2.1.3 Einkommen
3.3.2.1.4 Ausbildung
3.3.2.1.5 Beruf
3.3.2.1.6 Größe des Wohnortes
3.3.2.2 Internetnutzungsverhalten der Befragten
3.3.2.2.1 Private oder berufliche Nutzung
3.3.2.2.2 Nutzungshäufigkeit
3.3.2.2.3 Nutzungsschwerpunkte
3.3.2.2.4 Orientierung im Internet
3.3.2.3 Nutzung von Electronic-Commerce
3.3.2.3.1 Kauf von Produkten / Nutzung von (kostenpflichtigen) Dienstleistungen
3.3.2.3.2 Länge und Frequenz der E-Commerce-Nutzung
3.3.2.3.3 Häufigkeit der E-Commerce-Nutzung
3.3.2.3.4 Durchschnittliches Transaktionsvolumen
3.3.2.3.5 Zufriedenheit mit Interneteinkäufen und Gründe für Unzufriedenheit
3.3.2.3.6 Präferierte Zahlungsmittel im Internet
3.3.2.4 Emotionale Befindlichkeiten in den Gegenstandsbereichen Internet, E-Commerce und Geschäftseinkauf
3.3.2.4.1 Die Valenzdimension
3.3.2.4.1.1 Gegenstandsbereich Internet und E-Commerce
3.3.2.4.1.2 Gegenstandsbereich E-Commerce und Einkauf im Geschäft
3.3.2.4.2 Die Erregungsdimension
3.3.2.4.2.1 Gegenstandsbereich Internet und E-Commerce
3.3.2.4.2.2 Gegenstandsbereich E-Commerce und Einkauf im Geschäft
3.3.2.4.3 Die Dominanzdimension
3.3.2.4.3.1 Gegenstandsbereich Internet und E-Commerce
3.3.2.4.3.2 Gegenstandsbereich E-Commerce und Einkauf im Geschäft
3.3.3 Prüfung der Forschungshypothesen aus dem theoretischen Teil
3.3.3.1 Diffusionskonzept
3.3.3.1.1 Charakteristika von Innovationen
3.3.3.1.1.1 Relative Vorteilhaftigkeit
3.3.3.1.1.2 Kompatibilität
3.3.3.1.1.3 Komplexität
3.3.3.1.1.4 Teilbarkeit
3.3.3.1.1.5 Mitteilbarkeit
3.3.3.1.2 Meinungsführerschaft und Innovationsneigung
3.3.3.1.3 Innovationsneigung und Nutzung von E-Commerce
3.3.3.1.4 Risikofreude und Nutzung von E-Commerce
3.3.3.2 Zusammenhang zwischen generalisierten Kontrollüberzeugungen und der Be­wer­tung und Nutzung der Gegenstandsbereiche Internet und E-Com­­merce
3.3.3.2.1 Der potenzielle Einfluss generalisierter Kontrollüberzeugungen auf die Bewertung des Internet
3.3.3.2.2 Der potenzielle Einfluss generalisierter Kontrollüberzeugungen auf die Bewertung von E-Commerce
3.3.3.2.3 Der potenzielle Einfluss der Nutzungshäufigkeit/-länge auf den Zusammenhang zwischen generalisierten Kontrollüberzeugungen und Gegenstandsbereichsbewertungen
3.3.3.2.3.1 Der potenzielle Einfluss der Nutzungshäufigkeit/-länge auf den Zusammenhang zwischen generalisierten Kontrollüberzeugungen und der Bewertung des Internet
3.3.3.2.3.2 Der potenzielle Einfluss der Nutzungshäufigkeit/-länge auf den Zusammenhang zwischen generalisierten Kontrollüber­zeu­gun­gen und der Bewertung von E-Commerce
3.3.3.2.4 Belohnungsaufschub
3.3.3.2.4.1 Zusammenhang zwischen generalisierten Kontroll­überzeugun­gen und Tolerierung des Belohungsaufschubs
3.3.3.2.4.2 Belohnungsaufschubstolerierung und E-Commerce-Erfahrung
3.3.3.2.5 Generalisierte Kontrollüberzeugungen und Nutzung von E-Commerce
3.3.3.3 Emotionen hinsichtlich des Gegenstandsbereiches E-Commerce
3.3.3.3.1 Die Valenzdimension
3.3.3.3.2 Die Erregungsdimension
3.3.3.3.3 Die Dominanzdimension
3.4 Extraktion E-Commerce-beeinflussender Faktoren
3.4.1 Zur Methodik
3.4.2 Ergebnisse der Analysen
3.5 Zusammenfassung und Überleitung

4 Entwicklung einer Typologie der Internetnutzer
4.1 Zur Methodik
4.2 Die aktiven Variablen
4.3 Ergebnisse der Analysen
4.3.1 Bestimmung der Clusterzahl
4.3.2 Zufalls- und Homogenitätstestung der 5-Clusterlösung
4.3.3 Inhaltliche Interpretation der einzelnen Cluster
4.3.3.1 Cluster 1: Die Ängstlichen
4.3.3.2 Cluster 2: Die Bequemen
4.3.3.3 Cluster 3: Die Meinungsführer
4.3.3.4 Cluster 4: Die Integrierten
4.3.3.5 Cluster 5: Die Innovatoren
4.3.4 Stabilität der Clusterlösung
4.4 Zusammenfassung und Überleitung

5 Schluss
5.1 Zusammenfassung
5.2 Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Anhang C

Anhang E

Anhang F

Anhang G

Anhang H

Anhang I

Anhang J

Anhang K

Anhang L

Anhang M

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übernahmeverteilung (in Anlehnung an Schmidt et al.,2001, S. 275)

Abbildung 2 Näherungs-/Meidungstendenzen in Abhängigkeit zur Bewertung und dem Reizvolumen (Erregungsgrad) der Situation/Umwelt (Quelle: Mehrabian, 1978, S. 26)

Abbildung 3 Self-Assessment-Manikin (Quelle: Hamm & Vaitl, 1993, S. 146)

Abbildung 4 Altersverteilung der Befragungsteilnehmer

Abbildung 5 Verteilung der Bewertungen der verschiedenen Zahlungsmodalitäten

Abbildung 6 Mittelwerte der SAM-Dimensionen in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches – alle Befragten

Abbildung 7 Ausprägungen der Valenzdimension in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches (Internet [SIB], E-Commerce [SEB], Geschäftseinkauf [SGB]) – alle Befragten

Abbildung 8 Ausprägungen der Erregungsdimension in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches (Internet [SIE], E-Commerce [SEE], Geschäftseinkauf [SGE]) – alle Befragten

Abbildung 9 Ausprägungen der Dominanzdimension in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches (Internet [SID], E-Commerce [SED], Geschäftseinkauf [SGD]) – alle Befragten

Abbildung 10 Ausprägungen der Valenzdimension in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches (Surfen [SIB], E-Commerce [SEB], Geschäftseinkauf [SGB]) – E-Commerce-Nutzer vs. Nichtnutzer

Abbildung 11 Ausprägungen der SAM-Mittelwerte in Abhängigkeit des Gegenstandsbereiches Surfen, E-Commerce und Geschäftseinkauf – E-Commerce-Nutzer vs. Nichtnutzer

Abbildung 12 Clustermittelwerte auf den Klassifikationsvariablen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Vorteile und Herausforderungen der Einkaufsstätte Internet (in Anlehnung an Schmidt et al., 2001, S. 278)

Tabelle 2 Skalenitems

Tabelle 3 Faktor 8: separate Faktorenanalyse: Komponentenmatrix (Faktorladungen unter ,1 werden nicht angezeigt)

Tabelle 4 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems (ein Minuszeichen gibt eine der Skala entgegengesetzte Item-Formulierung wieder)

Tabelle 5 Faktor 1: separate Faktorenanalyse: rotierte Komponentenmatrix (Faktorladungen unter ,1 werden nicht angezeigt)

Tabelle 6 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems

Tabelle 7 Faktor 1: separate Faktorenanalyse der verbliebenen Variablen: rotierte Komponentenmatrix (Faktorladungen unter ,1 werden nicht angezeigt)

Tabelle 8 Skalenitems (ein Minuszeichen gibt eine der Skala entgegengesetzte Item-Formulierung wieder; ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 9 Faktor 18: separate Faktorenanalyse: rotierte Komponentenmatrix (Faktorladungen unter ,1 werden nicht angezeigt)

Tabelle 10 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems

Tabelle 11 Faktor 7: separate Faktorenanalyse: Komponentenmatrix

Tabelle 12 Skalenitems (ein Minuszeichen gibt eine der Skala entgegengesetzte Item-Formulierung wieder; ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 13 Items M71 bis M73: separate Faktorenanalyse

Tabelle 14 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 15 Items M39, M40 und M44 bis M46: separate Faktorenanalyse

Tabelle 16 Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 17 Items M10, M11, M13: separate Faktorenanalyse

Tabelle 18 Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 19 Faktor 5: separate Faktorenanalyse

Tabelle 20 Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 21 Faktor 4: separate Faktorenanalyse

Tabelle 22 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 23 Faktor 11 und M37: separate Faktorenanalyse

Tabelle 24 Theoretische Abgrenzung der Skalenitems (ausgeschlossene Items werden kursiv dargestellt)

Tabelle 25 Faktor 10 und M42: separate Faktorenanalyse

Tabelle 26 Skalenitems

Tabelle 27 Aus dem Original-Fragebogen (Krampen, 1991) übernommene Items mit ihren Selektionskriterien Trennschärfekoeffizient (rit) und Faktorladung (aij) (ein Minuszeichen gibt eine der Primärskala entgegengesetzte Item-Formulierung wieder)

Tabelle 28 Reliabilitätskoeffizienten der FKK-Skalen (Cronbach’s Alpha und Standardisiertes Alpha )

Tabelle 29 weitere Operationalisierungen (ein Minuszeichen gibt eine dem Konstrukt entgegengesetzte Item-Formulierung wieder)

Tabelle 30 Korrelationsmatrix der drei SAMs-Dimensionen der Gegenstandsbereiche Internet (SIB, SIE, SID), Einkauf im Internet (SEB, SEE, SED) sowie Einkauf im Geschäft (SGB, SGE, SGD)

Tabelle 31 Faktorenanalyse der drei SAMs-Dimensionen der Handlungskontexte Surfen im Internet (SIB, SIE, SID), Einkauf im Internet (SEB, SEE, SED) sowie Einkauf im Geschäft (SGB, SGE, SGD)

Tabelle 32 Inter-Faktorkorrelationen (Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizientenmatrix)

Tabelle 33 Einko: Haushaltsnettoeinkommen der Befragungsteilnehmer

Tabelle 34 Absch: Schulabschluss der Befragten

Tabelle 35 Ausbi: höchster Ausbildungsstand der Befragten

Tabelle 36 Btaet: Berufstätigkeit der Befragten

Tabelle 37 Bergr: Berufsgruppe der Befragten

Tabelle 38 Ortse: Wohnortgröße

Tabelle 39 Intwi: Nutzen Sie das Internet eher beruflich oder eher privat?

Tabelle 40 Intst: Wie viele Stunden verbringen Sie im Durchschnitt wöchentlich im Internet?

Tabelle 41 Nutzem1 bis Nutzem7: Wozu nutzen Sie das Internet hauptsächlich? (Mehrfachantwort möglich). Sortierung nach Häufigkeit der Antworten

Tabelle 42 Fr1: Wie gut finden Sie sich im Internet zurecht?

Tabelle 43 Fr3m1 bis Fr3m3: Haben Sie schon einmal im Internet eingekauft bzw. eine kostenpflichtige Dienstleistung beansprucht? (Mehrfachantwort möglich)

Tabelle 44 Waskam1 bis Waskam7: Was haben Sie schon im Internet gekauft bzw. würden sie kaufen/nutzen? (Mehrfachantwort möglich) Sortierung nach Häufigkeit der Antworten

Tabelle 45 Fr4: Wie lange liegt es zurück, als Sie das erste Mal im Internet ein Produkt bestellt / eine kostenpflichtige Dienstleistung (mit Ausnahme von Bank- und/oder Börsengeschäften) genutzt haben?

Tabelle 46 Fr4 * Fr6: Erst- und letztmalige Nutzung von E-Commerce: Kreuztabelle (zur Erläuterung der hellgrau hinterlegten Zellen siehe Text)

Tabelle 47 Fr5_neu: Wie oft haben Sie schon ein Produkt im Internet bestellt bzw. eine kostenpflichtige Internet-Dienstleistung (ohne Bank- und/oder Börsengeschäfte) genutzt?

Tabelle 48 Fr6b: Wie viel Geld haben Sie dabei im Schnitt ausgegeben (in DM) pro Bestellung / Dienstleistungs-Nutzung (ohne Bank- und/oder Börsengeschäfte). Metrische Variable wurde zur besseren Veranschaulichung kategorisiert.

Tabelle 49 Fr7: Waren Sie mit Ihren bisherigen Einkäufen zufrieden?

Tabelle 50 fr8am1 bis fr8am4: Was sind die Gründe für Ihre Unzufriedenheit? (Mehrfachantwort möglich) Sortierung nach Häufigkeit der Antworten

Tabelle 51 Fr9 bis Fr14: Wie würden Sie gerne einen Einkauf / eine kostenpflichtige Dienstleistung im Internet bezahlen?

Tabelle 52 Umrechnungstabelle der SAM-Werte in standardisierte Werte

Tabelle 53 Lageparameter

Tabelle 54 Lageparameter

Tabelle 55 Lageparameter

Tabelle 56 Regressionskoeffizientenmatrix (Beta-Koeffizienten) mit Bestimmtheitsmaßen

Tabelle 57 Zusammenfassung Hypothesentests

Tabelle 58 Klassifikationsvariablen mit den Maßzahlen Mittelwert, Streuung und Fallzahl (n)

Tabelle 59 Beitrag der Variablen zur Trennung der Cluster

Tabelle 60 Testgrößen (Streuungsquadratsumme, F-Wert, Eta² und PRE) bei verschiedenen Clusterlösungen

Tabelle 61 Mittelwerte und Standardabweichungen der Cluster bezüglich der Klassifikationsvariablen im Vergleich mit den entsprechenden empirischen Maßzahlen

Tabelle 62 Mittelwerte und Standardabweichungen der Cluster bezüglich der Deskriptorvariablen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Das Internet hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Kommunikations- und In­formationsmedium entwickelt. Internetdienste wie World-Wide-Web (WWW), Electronic-Mail (E-Mail), Chat etc. erfreuen sich größter Beliebtheit. Gemäß der siebten Welle des „On­­line-Monitors“ (vgl. G+J Electronic Media Service GmbH [G+J], 2001) verfügen 61,2 % der Deutschen zwischen 14 und 69 Jahren über einen Internetzugang. 46,1 % nut­zen diesen auch „zumindest gelegentlich“ (G+J, 2001, S. 10).

Neben der – für den Nutzer – zumeist kostenlosen[1] Möglichkeit der Informationsrecherche und Kommunikation per Internet, können innerhalb dieses Mediums auch kostenpflichtige Transaktionen durchgeführt werden. Diese umfassen vor allem die Nutzung kostenpflich­tiger Dienstleistungen sowie den Kauf von Produkten (Online-Konsum bzw. Electronic-Commerce). Zwar werden auch innerhalb dieser Internetfunktionalität Nutzungszuwächse erzielt (vgl. G+J, 2001), jedoch bleibt die Akzeptanz von E-Commerce weiterhin hinter der des stationären Einzelhandels zurück.

Ein wichtiger Grund hierfür könnte darin liegen, dass zentrale Nutzungsmotive, Ängste oder Emotionen vieler Konsumenten hinsichtlich des Gegenstandsbereiches Electronic-Commerce (E-Commerce) den handelnden Unternehmen entweder unklar sind oder inner­halb kommunikativer Maßnahmen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es zum einen, Online-Konsum-beeinflussende psychologische Fak­to­ren zu extrahieren. Zum anderen soll der Versuch unternommen werden, eine Typologi­sie­rung von Internetnutzern anhand dieser Faktoren durchzuführen. Hierbei sollen Gruppen ge­bildet werden, die sich hinsichtlich ihres Verhaltens gegenüber dem Gegenstandsbereich E-Commerce unterscheiden.

Zu diesem Zweck wird zunächst auf das Innovationskonzept von Rogers (1983) und die hier­mit einhergehenden Annahmen über Charakteristika von Neuerungen (i. e. Relative Vor­teilhaftigkeit, Kompatibilität, Komplexität, Teilbarkeit und Mitteilbarkeit) eingegangen und diese am Beispiel des innovativen Vertriebskanals Internet empirisch überprüft. Dieser erste, objektzentrierte Ansatz untersucht die individuellen Wahrnehmungsunterschiede be­züg­lich der Gegenstandsbereiche Internet, E-Commerce und Einkauf im stationären Ein­zelhandel sowie deren Auswirkungen auf das spezifische Verhalten.

Eine zweite Herangehensweise an die hier zu untersuchende Problematik erfolgt aus der Theorie der Kontrollüberzeugungen heraus. Dieser Ansatz ist stärker individuumzentriert und überprüft persönlichkeitspsychologische Annahmen über differenziertes Verhalten hin­sichtlich der Gegenstandsbereiche. So wird z. B. untersucht, ob Personen mit internalen Kontrollüberzeugungen sich auf der Verhaltensebene von Personen mit externalen Kon­troll­überzeugungen unterscheiden.

Aus der Umweltpsychologie entspringt ein Ansatz von Mehrabian und Russell (1974), der die Neigung von Menschen, sich bestimmten Gegenstandsbereichen zu- bzw. abzu­wen­den, in Relation zu situationsspezifischen Emotionen untersucht. Betrachtet man auch den Einkauf in den zwei alternativen Umwelten Internet und stationäres Geschäft als zwei grund­­­legend verschiedene Umweltkonstellationen, so lässt sich in diesem Kontext also auch überprüfen, ob bestimmte umweltgebundene Affekte zu spezifischen Verhaltens­reak­tio­­nen führen kön­nen.

Nach einer empirischen Überprüfung der – innerhalb des theoretischen Teils sowie einer empirische Vorstudie – formulierten Hypothesen sollen aus der Menge der gewonnenen psychologischen Merkmale diejenigen extrahiert werden, die einen signifikanten Beitrag zur Erklärung des gegenstandsbereichsbezogenen Verhaltens liefern, d. h. es werden die psy­chologischen Konstrukte gesucht, die die Nutzungsintensität von E-Commerce beein­flussen. Diese sollen sodann als sog. „aktive“ Variablen in die Typologie der Internetnutzer eingehen.

Im Anschluss einer clusteranalytischen Gruppenbildung sollen die hierbei gewonnenen Ty­pen anhand soziodemographischer, psychographischer sowie verhaltensbezogener Merk­­male beschrieben und Aussagen bezüglich ihres gegenstandsbereichsbezogenen Ver­haltens getroffen werden.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich grob in fünf Teile. Nach diesem einleitenden Kapitel, in dem auch auf die zentralen Termini dieser Arbeit eingegangen wird, werden im theore­tischen Teil (Kapitel 2) die Theorien vorgestellt, die innerhalb des empirischen Teils (Ka­pi­tel 3) validiert werden sollen. Hier erfolgt auch – angereichert durch die Ergebnisse einer quali­tativen Vorstudie – eine Extraktion der für das gegenstandsbereichsbezogene Ver­hal­ten empirisch relevanten theoretischen Konstrukte, die schließlich in Kapitel 4 in eine Typo­logie der Internetnutzer überführt werden sollen. Das Kapitel 5 fasst die gewonne­nen Erkenntnisse zusammen und formuliert Empfehlungen für die weitere Forschung hinsicht­lich der Fragestellung.

1.3 Definitionen

1.3.1 Zum Begriff des Typus

Gemäß Rohracher (1948) handelt es sich bei einem „theoretischen“ Typus um ein hypo­thetisch konstruiertes ideales Merkmalsbündel eines Menschen, das „alle charakteris­tischen Merkmale seiner [der des Menschen] Gruppe . . . besitzt“ (S. 27). Wie schon durch die Bezeichnung „theoretischer“ Typus deutlich wird, scheitert eine empirische Umsetzung dieser Definition daran, dass es in der Praxis unmöglich ist, sämtliche charakteris­tischen Grup­pen­merkmale zu extrahieren. Zudem bleibt bei dieser Definition unklar, auf welche Grup­pen­definition rekurriert wird. Handelt es sich um eine empirisch nachweisbare Grup­pe oder wird diese anhand ähnlicher Verhaltens-, Einstellungs-, Persönlichkeits­merk­male o. ä. „künstlich“ konstruiert? Letzterer Gruppenbegriff ist Grundlage der „Ar­ten­typus“-De­fi­ni­tion von Cattell, Coulter und Tsujioka (1980). Demnach spiegelt ein Arten­typ „ die in einer definierten Untergruppe einer Population, meßbar in bestimmten Dimen­sionen, ge­fundene zentrale Profiltendenz [wider] . Die Untergruppe wird nicht will­kürlich definiert, sondern wird erkannt an einer ungewöhnlich hohen Auftrittshäufigkeit und an einer Abgrenzung zur allgemeinen Population auf einer oder mehreren Dimensio­nen. [Hervor­he­­bung im Original]“ (S.378) Diese Definition betont eine Gruppenbildung aufgrund em­pirisch gewonnener Personenmerkmale und deren interpersonaler Ausprä­gungsähnlichkeit. Gruppeninterne Merkmalsgleichheit (Homogenität) steht im Gegensatz zur Merkmals­ver­schie­­denheit (Heterogenität) zwischen den Gruppen. Dieser Typusbegriff soll auch inner­halb dieser Arbeit Verwendung finden.

1.3.2 Zum Begriff Electronic-Commerce bzw. Online-Konsum

Möchte man eine Typologie von Internetnutzern hinsichtlich des Gegenstandsbereiches entwickeln, so muss des weiteren eine begriffliche Eingrenzung dahingehend erfolgen, was unter E-Commerce bzw. Online-Konsum[2] verstanden werden soll. Innerhalb einer Litera­tur­­recherche zu diesem Stichwort lassen sich verschiedene Definitionen finden. So defi­nie­ren Escher, Geißler und Müller-Peters (o.J.) E-Commerce z. B. als “Über­begriff für Finanz­­transaktionen, die über das Internet abgewickelt werden . . . Aller­dings müs­sen da­bei nicht notwendigerweise alle Transaktionen über das Internet stattfinden, denk­bar ist etwa auch eine Online-Warenbestellung bei späterer Offline-Bezahlung” (S. 16). Came­ron (1999) subsumiert unter den Begriff „any business transacted elec­troni­cally, whether the transaction occurs between two business partners or a business and its cus­tomers“ (S. 5). Hierbei schließt die Autorin Bestellungen via Fax, TV, Tele­fon und Brief­post aus­drück­lich aus, sofern diese nicht durch das Internet initi­iert wur­den.

Innerhalb dieser Arbeit soll eine weitere pragmatische Eingrenzung des Gegen­stands­berei­ches E-Com­merce dahingehend erfolgen, dass nur der Handel mit Endverbrauchern (sog. „business-to-consumer e-commerce“) betrachtet werden soll, da davon ausgegangen wird, dass zwi­schen institutionellen Einkäufern und privaten Verbrauchern differenzierte Moti­­vatio­nen und Nutzenstrukturen bestehen, die hier nicht weiter betrachtet werden kön­nen. Auch durch das Medium Internet initiierte, jedoch nicht innerhalb dieses Mediums (per WWW, E-Mail o. ä.) durchgeführte Bestellungen/Einkäufe sollen nicht in die Defini­tion ein­gehen.

Wir kommen zu folgender Arbeitsdefinition:

Electronic-Commerce umfasst den Kauf / die Bestellung von Produkten, die Nut­zung / den Kauf kostenpflichtiger Dienstleistungen sowie die Nutzung von Bank- und/oder Börsengeschäften – für den privaten Gebrauch (busi­ness-to-consumer) – per Internet (via Electronic-Mail oder World-Wide-Web o. ä.) oder verwandte Dienste (z. B. T-Online, AOL). Sowohl die Be­zah­lung als auch die Distribution können außerhalb dieses Mediums erfol­gen.

1.3.3 Zum Begriff der Innovation

Eine Innovation zeichnet sich durch den Grad ihrer Neuartigkeit aus. Robertson (1971, S. 4ff.) unterscheidet hier zwischen vier Definitionskriterien:

- newness from existing products: Gibt den Grad an, in wieweit sich die Neuerung „objektiv“ von etablierten Produkten unterscheidet.
- newness in time: Diese Dimension umschreibt die Länge der Zeit, in der sich eine In­novation bereits auf dem Markt befindet.
- newness in terms of sales penetration level: Dieses Kriterium beschreibt den Grad der Marktdurchdringung einer Innovation.
- consumer newness to the product: Nach dieser Teildefinition gilt ein Objekt dann als neu, wenn es vom Konsumenten als neu wahrgenommen wird.

Vor allem diese letzte Dimension erscheint aus der Perspektive des Konsumenten von ent­schei­dender Relevanz (vgl. v. Rosenstiel & Ewald, 1979). Da innerhalb dieser Arbeit vor allem die individuell empfundene Neuartigkeit des Vertriebskanals E-Commerce be­trach­­tet werden soll, wird diese Definition im weiteren übernommen. So stellt Rogers (1983) fest, dass es sich bei einer Innovation um ein Objekt (z. B. eine Idee, Ver­fah­rens­wei­se, ein Verwendungszweck oder Produkt) handelt, das subjektiv als neu perzipiert wird. Der Grad der objektiven Neuheit spielt bei dieser Betrachtung also keine Rolle. Wiswede (2000) stellt fest, dass „es . . . also durchaus vorkommen [kann], dass objektive Neuheiten vom Konsumenten als keineswegs neu empfunden werden und umgekehrt: dass gering­fü­gige Änderungen von marginalem Ausmaß subjektiv als neuartige Besonderheit perzi­piert wer­­den“ (S. 281).

Bei einer Innovation handelt es sich um ein Objekt (z. B. eine Idee, Verfah­rens­weise, ein Verwendungszweck oder Produkt), das vom Subjekt als neu per­zipiert wird. Diese Wahrnehmung kann unabhängig vom tatsächlichen („ob­jektiven“) Grad der Neuerung sein.

1.4 Zusammenfassung und Überleitung

In diesem einleitenden Kapitel wurde die Zielsetzung dieser Arbeit beschrieben. Des wei­teren wurden dem Leser die Begriffe „Typus“, „Electronic-Commerce“ und „Innovation“ anhand von Arbeitsdefinitionen vorgestellt. Hierbei wurden zweckmäßige definitorische Begriffs­einschränkungen vollzogen. Von hoher Bedeutung war dabei die empirische Relevanz der Begriffe.

Ein zentraler Bestandteil einer jeden wissenschaftlichen Arbeit ist ihr theoretisches Fun­dament. Innerhalb einer empirischen hypothesengeleiteten Arbeit dient es dazu, die For­schungs­hypothesen zu formulieren und den Leser in die zentralen Theorien einzuführen. Im folgenden theoretischen Teil werden nun verschiedene Typologisierungskonzepte ein­geführt und das Innovationskonzept, die Kontrolltheorie sowie der emotionale Ansatz der Umweltpsychologie vorgestellt.

2 Theoretischer Teil

In diesem Kapitel soll ein theoretischer Bezugsrahmen für die vorliegende Arbeit geschaf­fen werden. Hierbei wird zunächst das hier verwendete Typologisierungskonzept vor­gestellt (Abschnitt 2.1). Sodann soll ein Schwerpunkt auf das Diffusionskonzept und des­sen Übertragbarkeit auf die Innovation E-Commerce gesetzt werden (Abschnitt 2.2). Ein dritter Abschnitt behandelt die Fragestellung, ob die (Nicht-)Nutzung von E-Commerce auch von kontrolltheoretischen Persönlichkeitskonstrukten beeinflusst werden kann (Ab­schnitt 2.3). Mit einem emotionalen Ansatz der Umweltpsychologie befasst sich schließ­lich der letzte Abschnitt (2.4) dieses Kapitels.

2.1 Typologisierungskonzepte

2.1.1 Typologisierungskonzepte in der Literatur

Beim Versuch, Subjekte anhand individueller Merkmale zu gruppieren, kön­nen verschie­dene Ansätze idealtypisch[3] unterschieden werden. Die – nach Ansicht des Autors – wich­tigs­ten Typologisierungskonzepte werden im Folgenden kurz skizziert. So­ziodemo­graphi­sche/-ökonomische Typologisierungen erfolgen derart, dass eine Gruppie­rung nach sozio­demo­graphischen (z. B. Alter, Geschlecht, Familienstand) bzw. sozioöko­nomischen (z. B. Ein­kommen, Ausbildung) Faktoren erfolgt. In der Marketingpraxis soll hierbei zumeist ein konsum­spezifischer Verhaltensbezug dieser Variablen hergestellt wer­den. Ein wichtiger Vorteil dieser Typlogisierungsmethodik ist die einfache Erhebung der Daten (vgl. Gunter & Furnham, 1992). Die oft unzulängliche Verhaltensvarianzaufklä­rung der meisten de­mo­graphischen Variablen (vgl. Bergler, 1972) führte jedoch dazu, dass diese in heutigen Typo­lo­gisierungsansätzen oft nur noch zur Beschreibung bzw. gro­ben Differen­zie­rung der mit Hilfe anderer Konzepte erhobenen Typen herangezogen wer­den.

Bestehen hinsichtlich des (Konsum-)Verhaltens erhöhte interregionale Unterschiede, so kann eine geographische Segmentierung [4] sinnvoll sein. Region- oder länderspezifische bzw. -differenzielle Normen, Werte und weitere Sozialisationserfahrungen können einen Ein­fluss auf den Konsumstil bzw. die Präferenzen hinsichtlich bestimmter Angebote im­­pli­zie­ren. Dieser geographische Einfluss auf das Verhalten sollte jedoch bei der Mehr­heit standardisierter Markenprodukte und Dienstleistungen nicht überbewertet werden. Inter­indi­viduelle psychologische Unterschiede scheinen in den meisten Fällen bessere Verhal­tens­prädiktoren zu sein als interregionale.

Sind komplexe Verhaltens- bzw. Konsummuster Ausgangspunkt einer Typologisierung, so spricht man von Lebensstilsegmentierungen. Hierbei werden die Art und Weise wie das In­di­­viduum z. B. seine Freizeit und/oder seine Umwelt gestaltet, welche Produkte es auf­grund wel­cher Norm- und Wertvorstellungen konsumiert bzw. kauft und andere psycho­graphi­sche Merkmale Basis einer Segmentierung. Zentraler Bestandteil dieses Verfahrens ist also die Analyse „komplexe[r] und ganzheitliche[r] Verhaltensmuster, die neben kon­kre­tem Ver­­halten auch psychologische Größen wie Werte und Persönlichkeitszüge be­inhal­ten“ (Reeb, 1998, S. 3). Diese Herangehensweise versucht das individuelle Ver­halten auf generelle lebensstiltypische Werte, Normen, Einstellungs- und Mei­nungs­sys­teme zu­rück­­zuführen (vgl. Gunter & Furnham, 1992). Als Nachteile dieses Konzeptes können u. a. die teilweise recht umständliche und äußerst umfangreiche Mes­sung der zugrunde lie­gen­den Variablen sowie der fehlende theoretische Bezugsrahmen (vgl. Reeb, 1998) ge­nannt wer­den. Jedoch spricht eine zumeist[5] gute Verhaltens­prognose­fähig­keit für eine An­wen­­dung dieses Verfahrens.

Die Typologisierung anhand allgemeiner Persönlichkeitsfaktoren („traits“) erfolgt derart, dass eine Gruppeneinteilung anhand kontextunabhängiger psychologischer Konstrukte voll­zogen wird. Die Ergebnisse allgemeiner Persönlichkeitstests, die häufig aus der kli­nischen Psychologie stammen, werden zu einer Gruppierung der Subjekte in unterschied­liche Persönlichkeitstypen herangezogen und ihr Verhaltensbezug geprüft. Der Vorteil die­ser Herangehensweise liegt in der hohen Objektivität und Validität der standardisierten Mess­verfahren, wohingegen auch hier ein Nachteil in dem oft nur geringen Verhaltens­bezug und der mangelhaften Verhaltensvorhersagefähigkeit der allgemeinen Konstrukte zu sehen ist (vgl. Bergler, 1972; Gunter & Furnham, 1992).

Eine Typologisierung kann auch anhand kontextspezifischer Einstellungen, Meinungen und Motive erfolgen. Hierbei werden diese Variablen – im Gegensatz zu den bisher beschrie­benen Ansätzen – gegenstandsbereichsbezogen erhoben und für die Typenbildung verwen­det (vgl. Gunter & Furnham, 1992). Hiermit kann eine sehr gute Verhaltensprädiktion ge­lingen. Eine Generalisierung über den Gegenstandsbereich hinaus kann jedoch nicht er­fol­gen.

Wie Bergler (1972) feststellt, sind personspezifische Merkmalsausprägungen kontext- bzw. feldspezifischer Natur und sollten dementsprechend interpretiert und konkretisiert wer­den. Folglich sollte seiner Meinung nach auch eine typologische Unterteilung von Sub­jek­ten kontextabhängig erfolgen, um einen erhöhten feldspezifischen Verhaltensbezug der für die Typologisierung herangezogenen Konstrukte herzustellen. „Dieser Tatbestand macht deutlich, daß für die Gesamtheit des von einem Menschen praktizierten Konsum- und Marktverhaltens nicht ein Typus . . . als psychologische Begründung ausreicht, son­dern daß es vielmehr darauf ankommt, jene ‚Merkmalsgruppierungen’ in den Griff zu be­kom­men, die für ein spezifisches Konsumverhalten auf den verschiedenen ‚Abstraktions­stufen’ verhaltenssteuernd sind“ (Bergler, 1972, S. 19).

Ziel sämtlicher Typologisierungskonzepte ist also zum einen die Bildung von – hinsicht­lich der Typologisierungsmerkmale – möglichst homogenen Gruppen (Cluster), die zuei­nander möglichst heterogen sind. Zum anderen erfolgt eine Eingrenzung aller möglichen Ty­pologisierungsmerkmale zweckmäßigerweise derart, dass nur die Variablen, die einen sig­­nifikanten Erklärungsbeitrag zum gegenstandsbereichsbezogenen Verhalten liefern, zu einer Gruppierung herangezogen werden.

2.1.2 Zum Vorgehen innerhalb dieser Arbeit

Die in Abschnitt 2.1.1 aufgeführten Konzepte stellen theoretische „Reinformen“ der Typo­lo­gisierungsmethoden dar. Natürlich sind hierbei auch Mischformen denkbar und sogar wün­schenswert. So kann durch eine gezielte Mischung gegenstandsbereichsübergreifender und -spezifischer Ansätze die Nachteile beider Herangehensweisen gemindert werden (vgl. Gunter & Furnham, 1992). Diese Vorgehensweise soll auch innerhalb dieser Arbeit Ver­wen­dung finden.

Der hier gewählte Typologisierungsansatz überprüft zunächst empirisch oder theoriegelei­tet die potenzielle Verhaltensrelevanz allgemeiner (z. B. Kontrollüberzeugungen, Risiko­orien­tierungen) und spezifischer (Motive) psychologischer Konstrukte hinsichtlich des Gegen­standsbereiches E-Commerce, um durch vorwiegend verhaltensnahe Ope­rationali­sie­­­rung der als relevant erachteten Konstrukte eine möglichst hohe Verhaltens­varianz­auf­klä­­­rung zu erzielen. Hiernach erfolgt eine empirische Überprüfung der Annah­men hin­sicht­­­lich des spezifischen Verhaltens sowie eine anschließende Gruppierung (Clusteri­sierung) anhand der relevanten Konstrukte. Die Beschreibung der so generierten Sub­popu­lationen er­folgt sodann anhand dieser Merkmale sowie mit Hilfe zusätzlich erhobener demo­­graphi­scher sowie psychographischer Daten und gegenstandsbereichsbezogener Nut­zungs­­merk­male.

In diesem Sinne soll innerhalb dieser Arbeit eine Typologisierung der Internetnutzer derart er­folgen, dass nach Analyse potenzieller (Internet-)konsumbeeinflussender psychologi­scher Faktoren eine Unterteilung in Gruppen hoher Faktorhomogenität erfolgt. Dies ge­schieht unter der Annahme, dass ähnliche subjektbezogene Faktorausprägungen (z. B. ähn­liche Kontrollüberzeugungen) mit gleichem kontextspezifischen Verhalten (z. B. Nutzung von E-Commerce) einhergehen bzw. dies prognostizieren können. Die Typologisierung ist feld­­spezifischer Natur, sie beschreibt bzw. unterscheidet nicht die Menschen im allge­meinen, sondern befasst sich speziell mit dem Internetnutzer. Dies bedeutet, dass, vor allem bei sehr verhaltensnah operationalisierten psychologischen Konstrukten, Generali­sie­run­gen über den Gegenstandsbereich hinaus äußerst unzweckmäßig sind. Innerhalb anderer situa­tiver Kontexte könnten die beschriebenen Subjekte ein völlig anderes Verhalten an den Tag le­gen.

Bei dieser Vorgehensweise ist – sofern keine standardisierten Persönlichkeitstests verwen­det werden – als Hauptkritik die oft problematische verhaltensnahe Operationalisierung der theo­retischen Konstrukte und – hiermit einhergehend – die mangelnde Objektivität, Vali­dität und gegenstandsbereichsübergreifende Übertragbarkeit der Ergebnisse zu nennen. Die­se wird durch die fragwürdige Repräsentativität der untersuchten Stichprobe (vgl. Ab­schnitt 3.2.5) zusätzlich belastet. Dennoch scheint die hohe Verhaltensprognosefähig­keit dieser Typologisierungsmethode – unter der Prämisse einer externen Validität der Er­geb­nisse – ein gewichtiges Argument für deren Verwendung zu sein.

2.2 Das Diffusionskonzept

Der Diffusionsbegriff geht auf Rogers zurück:

Diffusion is the process by which an innovation is communicated through cer­tain channels over time among the members of a social system. (1983, S. 5)

Diese Definition umschreibt also die Kommunikation der Informationen über eine Innova­tion innerhalb eines sozialen Netzwerks. Rogers geht des weiteren davon aus, dass nach ei­ner erfolgreichen inter- individu­ellen Weitergabe der Informationen ein intra- indi­vidu­eller Evaluationsprozess einsetzt, der mit der Entscheidung über den Kauf bzw. Nichtkauf der Neuerung endet (Innovation-Deci­sion Process; vgl. Rogers, 1983, S. 20ff.). Als Adop­tion bezeichnet Rogers (1983) hier­bei die individuelle Übernahme einer Innovation. Die re­la­tive Geschwindigkeit, mit der eine Innovation in ein soziales System diffundiert, be­zeich­net der Autor als Adoptionsrate.

Aufbauend auf das Adoptionsmodell, das die individuellen Bestimmungsfaktoren bei der Annahme (Adoption) bzw. Ablehnung einer Innovation zu beschreiben versucht, han­delt es sich bei dem Diffusionskonzept um die Aggregation der Innovationsübernahme von Adoptern im Zeitverlauf. Hierin besteht auch der Unterschied zum Produktlebenszyklus­kon­­zept, das nicht den prozentualen Anteil der tatsächlichen Adopter gegenüber dem der potenziellen Adopter relativ zur Zeit beschreibt, sondern die absoluten Abverkaufszahlen eines Objektes über dessen gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet (vgl. Robertson, 1971).

2.2.1 Der Diffusionseffekt

Mit zunehmender Anzahl von Adoptern – d. h. mit fortschreitendem Diffusionsverlauf – steigt der soziale Einfluss gegenüber einer Person, eine Innovation anzunehmen oder ab­zulehnen. Rogers (1983) bezeichnet dieses Phänomen als Diffusionseffekt [6]. Dieser ist aus sich verändernden sozialen Normen und Wissensstrukturen abzuleiten. Durch zunehmende Bekanntheit der Existenz einer Innovation steigt auch das Wissen um deren Attribute. Vor- und Nachteile werden wahrgenommen und eine Beurteilung der Neuerung wird verein­facht. Das Wissen um positive Erfahrungen der Personen des sozialen Umfeldes, die die Innovation bereits nutzen, hat einen weiteren Einfluss auf die subjektive Bedürfnisstruktur.

Eine wichtige Rolle scheinen hierbei die Meinungsführer zu spielen[7]. Sie zeichnen sich da­durch aus, dass sie Informationen über Innovationen kommunizieren und andere poten­zielle Adopter auf diese Weise beeinflussen (zum Meinungsführerkonzept vgl. Lazars­feld, Berelson & Gaudet, 1948). Als zentrale Personen des sozialen Kom­muni­kations­netz­werkes ist es ihre Meinung und Erfahrung, die innerhalb der interindividu­ellen Kom­mu­­nikation einen hohen Stellenwert einnimmt. Ein Diffusionseffekt scheint sich erst dann aus­zubilden, wenn die Meinungsführer die Innovation bereits übernommen und bewertet haben. Sie dienen als soziale Modelle im Sinne des Modell-Lernens mit deren Hilfe die poten­ziellen Adopter die Zweckmäßigkeit der Übernahme einer Innovation er­kennen (kog­ni­tiver Ansatz des Modell-Lernens; vgl. Brandstätter, Schuler & Stocker-Kreich­gauer, 1978, S. 141; zur Theorie des Modell-Lernens vgl. Bandura, 1977a).

2.2.2 Charakteristika von Innovationen

Rogers stellt fest, dass Innovationen unterschiedlich schnelle Diffusionsverläufe beschrei­ben. Als wichtigste, die Adoptionsrate determinierende, Charakteristika lassen sich fol­gen­de fünf Attribute nennen (vgl. Rogers, 1983, S. 15f.):

- Relative Vorteilhaftigkeit
- Kompatibilität
- Komplexität
- Teilbarkeit
- Mitteilbarkeit

Hierbei handelt es sich um perzipierte Attribute von Innovationen. Gemäß Rogers (1983, S. 232) können mit Hilfe dieser Charakteristika ca. 49 bis 87 Prozent der Varianz der Adop­tionsraten von Innovationen erklärt werden. Im Folgenden soll etwas vertiefend auf diese Begriffe eingegangen werden.

2.2.2.1 Relative Vorteilhaftigkeit (Relative Advantage)

Annahme: Je höher der Grad der relativen Vorteilhaftigkeit einer Innovation ist, desto schneller erfolgt ihre Diffusion (vgl. Ostlund, 1974).

Nach Rogers (1983) umschreibt dieses Charakteristikum die perzipierte Vorteilhaftigkeit einer Innovation gegenüber der vorhergehenden Problemlösung, also die Tatsache, ob eine Inno­vation als besser, gleich gut oder gar schlechter als ihr Vorgänger wahrgenommen wird. Wiswede (2000) spricht hier aus lerntheoretischer Perspektive von einer erhöhten „Beloh­nungserwartung“ bzw. einem geringeren „Strafreizcharakter“ der Innovation gegen­über dem alten Objekt. Diese Bewertung erfolgt auf einer subjektiven Ebene. Objektive Vorteil­haftigkeit spielt hier also keine Rolle. Perzipierte Vorteile können ökonomischer, sozialer, funktionaler und anderer Natur sein. Sie können innerhalb des Diffusionsprozes­ses ihren Stellenwert verändern. So kann z. B. der Preis einer Innovation im Laufe der Zeit stark sinken und den potenziellen Adoptern daher einen zunehmenden relativen ökonomi­schen Vorteil bieten (vgl. Rogers, 1983).

Schmidt et al. (2001) übertragen diese Annahmen auf den Vertriebskanal Internet. Tabelle 1 führt eine Reihe wichtiger Vor- und Nachteile des Einkaufs im Internet gegenüber dem im „klassischen“ stationären Einzelhandel auf.

Tabelle 1 Vorteile und Herausforderungen der Einkaufsstätte Internet (in Anlehnung an Schmidt et al., 2001, S. 278)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übertragen auf den Diffusionsprozess lässt die bisherige Forschung gemäß Rogers (1983) die Annahme zu, dass es sich bei der subjektiven Vorteilhaftigkeit um einen der wichtigs­ten Prädiktoren der Adoptionsrate handelt.

Diese Annahmen lassen die Formulierung folgender Forschungshypothesen zu:

Hypothese 1: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden Personen mit E-Commerce-Erfahrung den Vertriebskanal Internet gegenüber dem Einkauf im Geschäft als vorteilhafter.

Diese Forschungshypothese umschreibt die allgemeine Vor- bzw. Nachteilhaftigkeit des Ver­­triebs­kanals Internet gegenüber dem Einkauf im Geschäft. Um zu überprüfen, ob auch wei­­tere spezifischere Vor- und Nachteile einen Einfluss auf das Einkaufsverhalten haben, wer­­den weitere Hypothesen formuliert:

Hypothese 1a: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden Personen mit E-Commerce-Erfahrung den Einkauf im Geschäft als unbequemer.

Hypothese 1b: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden Personen mit E-Commerce-Erfahrung den Vertriebskanal Internet gegenüber dem Einkauf im Geschäft als preiswerter.

Hypothese 1c: Personen mit E-Commerce-Erfahrung sind preisrationaler als Personen ohne E-Commerce-Erfahrung.

Hypothese 1d: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung haben Personen mit E-Commerce-Erfahrung eher geringere Bedenken hinsichtlich der Trans­aktions- und Datensicherheit im Internet.

Wie aus der Tabelle 1 weiter hervorgeht, können die Lieferzeiten der Fernabsatzform E-Com­merce als weiterer Nachteil wahrgenommen werden. Die in diesem Zusammenhang ste­hende Hypothese soll in einem späteren Zusammenhang formuliert werden (s. Abschnitt 2.3.4.4).

2.2.2.2 Kompatibilität (Compatibility)

Annahme: Innovationen, die gegenüber dem Werte- und Normsystem, den bisherigen Er­fahrungen und/oder den Bedürfnissen der potenziellen Adopter kompatibel sind, diffundieren im sozialen System schneller als inkompatible (vgl. Ro­gers, 1983; Ostlund, 1974).

Gemäß Rogers (1983) beschreibt der Kompatibilitätsbegriff also den Grad der Überein­stim­mung einer Innovation mit dem Werte- und Normensystem, bisherigen Ideen, Prozes­sen und empfundenen Bedürfnissen der potenziellen Adopter. Wiswede (2000) merkt hier­zu an, dass „Innovationen . . . nur dann eine Chance [haben], akzeptiert zu werden, wenn sie kognitiv konsistent sind, also keine Dissonanzen heraufbeschwören“ (S. 282). Ein ho­her Kompatibilitätsgrad verringert u. a. das soziale Kaufrisiko (z. B. fehlende Anerken­nung der eigenen Person durch Dritte) und somit den Strafreiz einer Innovation. Im Gegen­satz zur subjektiven Vorteilhaftigkeit scheint der Einfluss der Innovations­kom­patibilität auf die Adoptionsrate jedoch eher gering zu sein (Rogers, 1983).

Es sei an dieser Stelle anzumerken, dass eine steigende Kompatibilität mit bisherigen Ideen oder Prozessen die subjektive Vorteilhaftigkeit einer Innovation insoweit verringern kann, als sich die wahrgenommenen Unterschiede zu älteren Problemlösungen reduzieren. Ge­mäß Wiswede (2000) besteht somit eine Wechselbeziehung zwischen Belohnungserwar­tungen und perzipierter Unsicherheit. Im „Punkt der optimalen Neuerung“ (S. 282) herrscht die größte Akzeptanzbereitschaft gegenüber einer Innovation.

In einer Analyse des Diffusionsprozesses bei Heimcomputern unterscheiden Rogers, Daley und Wu (1982) zwei Dimensionen der Kompatibilität. Innerhalb der sozialpsycho­logischen Dimension geht es um die Frage, inwieweit die Innovation in den Lebensstil bzw. das Selbstbild des Adopters passt (Rogers et al., 1982, S. 43f.).

Hypothese 2a: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden Personen mit E-Commerce-Erfahrung den Vertriebskanal Internet gegenüber dem Einkauf im Geschäft als sozial kompatibler.

Es ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit, dass eine Innovation gegenüber einer bishe­rigen Problemlösung als positiv bewertet wird, selbst wenn sie objektiv eine wesentliche Verbesserung darstellt. Subjekte nehmen häufig nur die Funktionalitäten einer Innovation als Verbesserung wahr, die sie auch tatsächlich nutzen wollen oder können. Vor allem im Bereich technischer Neuerungen kann es sogar zu einer negativeren Bewertung kommen, wenn die alltägliche Nutzung aufgrund subjektiv „unnötiger“ Funktionen erschwert wird. Die Fragestellung, ob sämtliche Funktionen einer Neuerung auch tatsächlich genutzt wer­den, benennen Rogers et al. als die funktionale Dimension der Kompatibilität (1982, S. 43f.).

Diese funktionale Dimension steht wohl in Abhängigkeit zur perzipierten Kompetenz hin­sichtlich der Neuerung. Rogers et al. (1982) sprechen in diesem Zusammenhang von Fä­higkeiten („skills“, S. 44) gegenüber bzw. Erfahrung („expertise“, S. 44) mit der Innova­tion.

Hypothese 2b: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden sich Per­so­­nen mit E-Commerce-Erfahrung als kompetenter hinsichtlich der Ge­gen­stands­bereiche Internet und E-Commerce.

2.2.2.3 Komplexität (Complexity)

Annahme: Innovationen mit einem höheren Komplexitätsgrad diffundieren langsamer als solche mit einem niedrigeren (vgl. Ostlund, 1974).

Komplexität umschreibt in diesem Sinne den Grad, indem eine Innovation als kompliziert zu nutzen bzw. zu verstehen wahrgenommen wird. Vor allem die Innovationen, die vom In­­teres­senten neue Verfahrensweisen oder unübersichtliche bzw. unverständliche Hand­habun­gen abverlangen, gelten als komplex (vgl. Rogers, 1983). Fehlerhafte oder nur teil­weise Nut­zung der Funktionalitäten einer Innovation und Frustrationen können die Folge hoher Kom­plexität sein. Ein geringer Komplexitätsgrad verringert also das funktionale und psy­cho­logische Kaufrisiko und somit den „Strafreizcharakter“ der Neuerung (vgl. Wiswe­de, 2000).

Hypothese 3: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung empfinden Personen mit E-Commerce-Erfahrung den Einkauf im Internet gegenüber dem Ein­kauf im Geschäft eher als weniger komplex.

Die wahrgenommene Komplexität scheint ferner auch im Zusammenhang mit der Ich-Be­tei­ligung (Involvement) und der perzipierten Kompetenz hinsichtlich der Gegenstands­be­rei­che E-Commerce und Internet zu stehen. Somit stellt das Involvement wohl die Ver­bin­dung zwischen der funktionalen Kompatibilitätsdimension und der Komplexitätsdimen­sion her. Eine empirische Unabhängigkeit dieser beiden theoretisch getrennten Dimensio­nen kann nicht vorausgesetzt werden. Es soll im Folgenden überprüft werden, ob mit stei­gen­dem Involvement die wahrgenommene Komplexität der Innovation sinkt und die Kom­pe­tenz hinsichtlich dieser steigt.

Hypothese 3a: Je höher der Grad des Internet-/E-Commerce-Involvement, desto niedri­ger die wahrgenommene E-Commerce-Komplexität.

Hypothese 3b: Je höher der Grad des Internet-/E-Commerce-Involvement, desto höher die wahrgenommene Internet-/E-Commerce-Kompetenz.

2.2.2.4 Teilbarkeit (Trialability/Divisibility)

Annahme: Innovationen mit einem hohen Grad an Teilbarkeit diffundieren schneller als solche mit geringem Grad (vgl. Ostlund, 1974).

Unter Teilbarkeit versteht Rogers (1983) den Grad, in dem eine Innovation versuchsweise genutzt werden kann. Dies kann z. B. dadurch gewährleistet werden, dass eine Neuerung in kleinen Mengen bezogen werden kann. Auch eine probeweise Nutzung eines Produktes oder einer Dienstleistung erhöht den Grad der Teilbarkeit. Je einfacher die Entscheidung rück­gängig zu machen ist und der vorherige Status wieder herzustellen ist, desto größer ist in diesem Sinne deren Teilbarkeit (vgl. Robertson, 1971; Zaltman, Duncan & Holbek, 1973). Wiswede (2000) spricht hierbei von „bedeutsamen Kauffolgen“ (hohe Preis-Ein­kom­mens-Relation, langfristige Kauffolgen oder irreversible Kaufentscheidungen), die vom Subjekt vermieden werden wollen (S. 324). Ein hoher Grad an Teilbarkeit vermindert den Strafreiz einer teuren Fehlinvestition in die Innovation (finanzielles Kaufrisiko; vgl. Wis­wede, 2000).

Je weiter eine Innovation im Diffusionsprozess fortgeschritten ist, das heißt, je mehr Kon­su­menten die Neuerung bereits nutzen, desto geringer wirkt sich ein hohes Maß an Teil­bar­keit auf die Adoptionsrate aus. Kommunikation mit und Beobachtung von Nutzern der Inno­vation ersetzen hier den Aspekt der Teilbarkeit (Rogers, 1983). Einen relativ gerin­gen Einfluss des Teilbarkeitsaspektes auf die Adoptionsrate belegt auch eine Metastudie von Tornatzky und Klein (1982).

Diese Annahmen wurden jedoch v. a. für die Adoption von physischen Produkten for­muliert. Da es sich bei der Innovation E-Commerce um einen neuen Produkt-Distributions­kanal handelt, müssen die getroffenen Annahmen modifiziert werden.

Zentraler Bestandteil des Attributs „Teilbarkeit“ ist die Verminderung des Kaufrisikos durch die Möglichkeit, eine getroffene Kaufentscheidung rückgängig zu machen bzw. die nega­tiven Konsequenzen durch versuchsweise/beschränkte Nutzung der Innovation zu kon­trollieren (vgl. Wiswede, 2000). Da eine prinzipielle versuchsweise Nutzung von E-Com­merce in Form von Probekäufen genau wie im stationären Einzelhandel gegeben ist, soll innerhalb dieser Arbeit vor allem auf den ersten Aspekt einer Rückgängigmachung der Trans­aktion eingegangen werden, da hier ein enger Bezug zur gewählten Einkaufsstätte und ein Unterschied zwischen innovativen und traditionellen Absatzformen zu bestehen scheint.

Für den Umtausch im Internet bestehen ähnliche – im Rahmen des Fernabsatzgesetzes so­gar zu Gunsten des Konsumenten ausgeweitete – juristische Rahmenbedingungen wie im rest­lichen Einzelhandel. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt der Teil­barkeits-Problematik beim subjektiven Vergleich von E-Commerce mit dem statio­nären Einzelhandel vor allem in der Virtualität der Einkaufsstätte Internet zu sehen ist. Der Man­gel an physischen Ansprechpartnern sowie die Unsicherheit darüber, wie bei Produkt­rekla­mationen vorgegangen werden muss, könnte einer der Faktoren sein, die die Nutzung von E-Commerce konstituieren. Das hier zu erhebende Konstrukt soll als „Service­ab­hän­gig­keit“ bezeichnet werden und repräsentiert die perzipierte Wichtigkeit eines persönlichen Ansprech­partners bei Reklamationen.

Hypothese 4: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung sind Personen mit E-Commerce-Erfahrung weniger serviceabhängig.

2.2.2.5 Mitteilbarkeit (Observability/Communicability)

Annahme: Je höher der Grad der Mitteilbarkeit einer Innovation, desto schneller erfolgt de­ren Diffusion (vgl. Ostlund, 1974).

Den Grad, in dem die Konsequenzen einer Innovation für andere sichtbar sind und die Auf­merksamkeit lenken, bezeichnet Rogers (1983) als Mitteilbarkeit. Gemäß Wiswede (2000) erfolgt eine „Aufmerksamkeitslenkung“ durch „hohe Mitteilbarkeit, Zugänglich­keit, Sichtbarkeit und Auffälligkeit der Innovation“ (S. 281).

Technologische Innovationen umfassen in der Regel eine materielle Komponente in der die Technologie enthalten ist (Hardware) sowie die Informationskomponente der Techno­lo­gie (Software). Letztere ist normalerweise weniger mitteilbar – da weniger sichtbar – als ers­tere (vgl. Rogers, 1983). Es ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass der Ein­fluss der Mitteilbarkeit auf die Adoptionsrate einer Innovation als eher gering einzustufen ist (vgl. Tor­natzky & Klein, 1982).

Die Virtualität des Internet bzw. von E-Commerce – d. h. der Mangel an physikalischer Sichtbarkeit – vermindert die Mitteilbarkeit dieser Innovationen. Da die Kommunikation der Konsequenzen jedoch auch verbal erfolgt, kann die Annahme getroffen werden, dass die Wahrscheinlichkeit, im Internet einzukaufen, in Abhängigkeit zum sozialen Umfeld steht. Je mehr Personen im Kontext eines Subjektes E-Commerce betreiben, desto eher er­folgt auch eine Kommunikation der entsprechenden Erfahrungen und eine Aufmerksam­keits­lenkung hinsichtlich dieser Innovation.

Hypothese 5: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung verfügen Personen mit E-Commerce-Erfahrung über mehr Personen im sozialen Umfeld, die E-Commerce betreiben.

2.2.3 Die Adopterkategorien

Rogers (1983) geht davon aus, dass die Übernahmerate einer Innovation im Zeitverlauf nor­malverteilt[9] ist (vgl. Abbildung 1). Nach seiner Auffassung ist dies eine Konsequenz des Diffusionseffektes. Je mehr Individuen von einer Innovation Gebrauch machen, desto schnel­ler erfolgt deren Kommunikation im sozialen Netzwerk bis zu dem Punkt, ab dem die Zahl potenzieller Adopter die Zahl derjenigen, die die Innovation bereits übernommen haben, unterschreitet (Mittelwert der Normalverteilung).

Eine Unterteilung in verschiedene Kategorien von Adoptern, die sich durch einen ähn­lichen Grad an Innovativität charakterisieren lassen, erfolgt durch Rogers (1962). Die Ab­gren­­­zung der Kategorien untereinander geschieht anhand der Punkte[10] [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] der Normalver­teilung. Diese Werte sind von Rogers relativ willkürlich gewählt, ob­wohl sie sich bei In­novationen im Agrarsektor bewährt haben (vgl. auch Robertson, 1971). Sie sol­len in der weiteren Diskussion nur als graphische Anhaltspunkte dienen und inner­­halb der Empirie nicht als normative Prämissen erachtet werden.

Kurz nach der Einführung einer Innovation – im Bereich –∞ bis μ der Nor­mal­ver­tei­lung – wird diese nur von einer geringen Anzahl von Personen übernommen. Ro­gers (1983) bezeichnet diese Personengruppe als „Innovatoren“. Hierbei handelt es sich um ca. 2,5 % (gemäß Bass, 1969: zwischen 0,2 und 2,8 %) der Gesamtheit derjenigen, die die­se Innova­tion übernehmen werden.

Im Laufe der Zeit steigt die Übernahmerate dann jedoch nicht nur absolut, sondern über­pro­portional (sog. Diffusionseffekt, vgl. Abschnitt 2.2.1) bis zu einem ersten Wendepunkt (μσ), ab dem das Wachstum der Adoptionsrate rückläufig ist. Dieser Wendepunkt grenzt in Rogers’ Diktion die „Frühadopter“ (13,5 %; Bass, 1969: zwischen 9,5 und 20,0 %) von der „Frühen Mehrheit“ (34 %; Bass, 1969: zwischen 29,1 und 32,1 %) ab.

Den Übergang zur „Späten Mehrheit“ (34 %; Bass, 1969: zwischen 29,1 und 32,1 %) bil­­det der Mittelwert (μ) der Normalverteilung, an dem das Wachstum der Adoptionsrate stag­­niert. In diesem Punkt ist diese Rate maximal. Sinkende Adoptionsraten – zuerst über­proportional, dann unterproportional – charakterisieren den weiteren Verlauf der Über­nahmeverteilung. Ursächlich hierfür ist ein statistischer Effekt, verursacht durch die zu­nehmende Durchdringung des Marktes mit der Innovation. Die absolute Zahl der poten­ziellen Adopter sinkt permanent. Als Folge dessen fällt auch die Adoptionsrate ab. Der letzte Wendepunkt (μ + σ) der Diffusionskurve grenzt die Späte Mehrheit von den „Nach­züglern“ (16 %; Bass, 1969: zwischen 21,4 und 23,5 %) ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Übernahmeverteilung (in Anlehnung an Schmidt et al.,2001, S. 275)

2.2.4 Wie erfolgt die Kommunikation einer Innovation?

Rogers (1983) stellt fest, dass die Kommunikation einer Innovation vor allem auf zwei Wegen stattfindet. Zum einen können sich die Subjekte meist über massenmediale Kanäle über die Neuerung informieren und zum anderen kann es zu einer interpersonelle Kommu­ni­kation kommen. Abhängig vom Adoptionszeitpunkt variiert die Wahrscheinlichkeit die­ser Alternativen. Die früheren Adopter informieren sich über eine Innovation häufiger über massen­mediale Quellen als die späteren. Der Grund hierfür ist nach Meinung des For­schers vor allem darin zu sehen, dass zu Beginn des Diffusionsprozesses die zu geringe Anzahl von Adoptern eine interpersonelle Kommunikation fast unmöglich macht.[11] Mit zu­nehmender Anzahl von Adoptern vereinfacht sich die interpersonelle innovationsspezi­fische Informationsvermittlung. Vor allem den Meinungsführern kommt hier eine tragende Rolle zu (vgl. auch die Anmerkungen zum Diffusionseffekt in Abschnitt 2.2.1). Sie sind es, die als Informationsmittler zwischen früheren und späteren Adoptern fungieren und ihre Er­fahrungen mit der Neuerung kommunizieren.

Charakterisierende Merkmale von Meinungsführern sind nach Auffassung Rogers’ unter anderem ein höherer Kontakt zu Massenmedien, eine höhere Weltoffenheit, stärkere sozi­ale Anteilnahme, ein höherer sozialer Status sowie ein stärkeres Ausmaß an Innovations­freude (1983, S. 281ff.). Meinungsführerschaft kann nach Katz und Lazarsfeld (1955) unterschieden werden in spezifische Meinungsführerschaft innerhalb eines Themengebie­tes (monomorph) und allgemeine Meinungsführerschaft hinsichtlich verschiedener The­mengebiete (polymorph).

Hypothese 6: Je stärker die perzipierte Meinungsführerschaft, desto stärker die wahr­ge­nommene allgemeine Innovationsneigung.

Hypothese 6a: Gegenüber Personen ohne E-Commerce-Erfahrung nehmen sich Perso­nen mit E-Commerce-Erfahrung eher als Meinungsführer wahr.

Hieraus folgt die dritte Hypothese in diesem Zusammenhang:

Hypothese 7: E-Commerce-Nutzer nehmen sich allgemein als innovativer wahr als Nicht­nutzer.

2.2.5 Übertragung des Diffusionskonzeptes auf die Adoption eines neuen Vertriebsweges

Innerhalb dieser Arbeit soll eine Erweiterung des Diffusionskonzeptes von Rogers erfol­gen. Das Konzept, das ursprünglich von der Betrachtung von Innovationen in Form neuer Produkte ausging, soll auf die Wahl innovativer Vertriebswege übertragen werden. Hierbei stellt sich die Frage, ob bei der Einführung des Vertriebsweges Internet ein ähnlicher Dif­fusionsverlauf angenommen werden kann.

Wie Davidson, Bates und Bass (1976) feststellen, kann das Produktlebenszykluskonzept auch auf Vertriebswege angewandt werden. Auch wenn das Lebenszyklus- und Diffu­sions­konzept teilweise anderen Prämissen unterliegen (vgl. Abschnitt 2.2 sowie Robert­son, 1971), so kann dennoch davon ausgegangen werden, dass die Annahmen des Diffu­sions­kon­zeptes – geringfügig modifiziert – auf die Innovation eines neuen Ab­satzweges über­trag­bar sind.

Obwohl Rogers’ Konzept innerhalb der Literatur zahlreicher Kritik ausgesetzt ist (zu ei­nem Überblick vgl. z. B. Mahajan & Wind, 1986), sind folgende Grundannahmen un­um­stritten:

- Innerhalb eines Diffusionsprozesses existieren verschiedene, durch unter­schied­liche Adoptionszeitpunkte abgegrenzte, Gruppen von Adoptern;
- zwischen diesen Gruppen bestehen Unterschiede;
- diese Unterschiede sind sozio- und psychographischer Natur.

2.2.6 Psychologische und soziodemographische Implikationen des Diffu­sionskonzeptes

Wie bereits in Abschnitt 2.2.3 festgestellt, lassen sich verschiedene Gruppen von Adoptern in Abhängigkeit des Innovationsübernahmezeitpunktes unterscheiden. Wie Rogers (1983) sowie Schmidt, Stark und Döbler (2001) – letztere in Anlehnung an Moores (1991) „technology adoption life cycle“ – feststellen, bestehen des weiteren idealtypische Unter­schiede psychologischer und soziodemographischer Natur. Moore (1999) stellt fest, dass die Diffusion einer Innovation nicht zwangsläufig alle Adopterkategorien durchlaufen muss, sondern auch vorher enden kann. Es ist zu beobachten, dass sich zwischen Seg­menten Barrieren bilden können, die nicht von jeder Innovation „überschritten“ werden (vgl. Abbildung 1 sowie Moore, 1999). Ursächlich hierfür ist die unterschiedlich starke Befrie­digung der differierenden Adoptionsmotive der einzelnen Adopterkategorien durch die Innovation (vgl. Moore, 1999; Schmidt et al., 2001, S. 276):

- Innovatoren zeichnen sich hiernach durch ein stark ausgeprägtes Interesse und Wis­sen über neue Technik aus. Oft noch vor den ersten Marketingaktionen informieren sie sich schon über neue Produkte und probieren diese aus. Sie sind es, die inner­halb des Diffusionsprozesses die anderen Segmente von der Funktionsfähigkeit einer Innovation überzeugen (vgl. Moore, 1999). Sie verfügen über einen hohen Grad an „Pioniergeist“ und sind bezüglich der Konsequenzen der Innovation sehr risiko­freudig. Ein enges Kommunikationsnetzwerk mit anderen Innovatoren ist ein zu­sätzliches Attribut dieser Kategorie. Des weiteren verfügen sie – in der Regel – über höhere finanzielle Ressourcen als spätere Adopter (vgl. Rogers, 1983).
- Auch Frühadopter erkennen die Vorteile neuer Technik. Jedoch suchen sie nur die Produkte, die sie als „echte“ Innovation und nicht nur als marginale Verbesserung betrachten. Erfüllt ein Produkt diesen Anspruch, so sind sie auch dazu bereit, hier­für einen hohen Preis zu bezahlen (vgl. et al., 2001). Die Mitglieder dieser Kategorie besitzen die Fähigkeit, schnell die Vorteile einer Innovation zu erkennen. Bei der Bewertung verlassen sie sich stärker auf die eigene Intuition als auf „offi­zielle“ Quellen (vgl. , 1999). Frühadopter nehmen meist zentrale Positionen im sozialen System ein. Die Mehrheit der Meinungsführer gehört zu dieser Kate­gorie. Innerhalb des Diffusionsprozesses ist es vor allem diese Gruppe, die die Vor- und Nachteilhaftigkeit einer Innovation stellvertretend evaluiert und diese Be­wer­tung kommuniziert. Ihr kommt eine Schlüsselposition bei der Reduktion der per­zi­pier­ten innovationsinhärenten Unsicherheit zu (vgl. , 1983).
- Die Frühe Mehrheit nimmt eine Innovation nur dann an, wenn sie als praktisch emp­funden wird und ihnen durch vertrauenswürdige Quellen empfohlen wird. Das Risiko einer teuren Fehlinvestition soll hierdurch gesenkt werden (vgl. , 1999). Auch diese Kategorie verfügt – ähnlich wie die Frühadopter – über ein aus­ge­präg­tes Kommunikationsnetzwerk. Allerdings werden hier nur selten Füh­rungs­posi­tio­nen eingenommen (vgl. , 1983).
- Die selben Annahmen sind auch für die Späte Mehrheit zu treffen. Zusätzlich zeich­net sich diese Gruppe noch dadurch aus, dass ihre Mitglieder der Meinung sind, sie hätten verminderte technische Fähigkeiten (vgl. , 1999). Um eine Inno­­­vation anzunehmen, muss die Mehrheit des sozialen Umfeldes diese bereits nutzen und die positiven Erfahrungen kommuniziert haben. Aus diesem Grund wird eine Adoption erst dann erfolgen, wenn sich die Innovation etabliert hat und zu einem Standard geworden ist. Beschränkte finanzielle Ressourcen sind ein wei­te­res Kenn­zeichen dieser Kategorie (vgl. et al., 2001; , 1983).
- Die Gruppe der Nachzügler ist erst dann für eine Innovation zu gewinnen, wenn diese als unumgänglich perzipiert wird. Sich mit einer Technologie beschäftigen zu müs­sen, wird als Strafreiz betrachtet (vgl. , 1999). Die Gruppe ist sehr vergan­genheitsorientiert und traditionell. Die Skepsis gegenüber neuen Ideen ist hier am größten. Was sich in der Vergangenheit bewährt hat, wird nur gegen gro­ßen Wider­stand abgelegt (vgl. et al., 2001; , 1983).

Unabhängig von den einzelnen Adopterkategorien beschreiben verschiedene Autoren wei­te­re Merkmalsunterschiede zwischen früheren und späteren Adoptern (vgl. Robertson, 1972; Robertson, Zielinski & Ward, 1984; Rogers, 1983; v. Rosenstiel & Ewald, 1979). Frühere Adopter… (Ausschnitt)

- besitzen einen höheren Bildungsgrad,
- haben einen höheren sozialen Status,
- verfügen über ein höheres Einkommen,
- sind weniger dogmatisch,
- sind intelligenter und rationaler,
- können besser mit Unsicherheit und Risiko umgehen,
- sind wagemutiger und neugieriger,
- zeigen weniger Markentreue,
- haben mehr Selbstvertrauen,
- sind weniger fatalistisch,
- sind leistungsmotivierter,
- sind sozial aktiver und stärker im sozialen System integriert,
- empfinden sich als kompetenter,
- suchen aktiver nach Informationen über Innovationen als spätere Adopter etc.

Diese Liste von Unterscheidungsmerkmalen früherer gegenüber späteren Adoptern führt neben soziodemographischen und -ökonomischen auch eine Reihe von psychographischen Merk­malen auf. Im Folgenden soll ein Schwerpunkt auf die potenzielle Unter­schied­lich­keit zwischen früheren und späteren Adop­tern hinsichtlich ihrer subjektiven Kontroll­über­zeu­­gungen gesetzt werden (vgl. Abschnitt 2.3). Des weiteren wird in einer Forschungs­hypo­­these der mögliche Zusammenhang zwischen Risikofreude/Wagemut und der Adop­tion der Ein­­kaufsstätte Internet formuliert.

Hypothese 8: Personen mit E-Commerce-Erfahrung sind risikofreudiger als Personen ohne E-Commerce-Erfahrung.

Innovatoren und Frühadopter sehen diskontinuierliche Innovationen[12] als eher unproblema­tisch an. Sie sind es gewohnt, neue Verhaltensmuster, hervorgerufen durch geänderte An­wen­dungsprozeduren, schnell zu lernen und suchen nach Vorteilen einer frühen Innova­tions­übernahme („early-mover advantage“). Auftretende kalkulierbare Risiken, wie z. B. unaus­gereifte Technik, werden zur Erreichung dieser Ziele in Kauf genommen, sofern sie nicht ihre Position als Meinungsführer gefährden (vgl. Wiswede, 2000).

Im Gegensatz hierzu erwartet die Frühe Mehrheit von einer Innovation, dass sie fehlerfrei funk­tioniert und Produktivitätsvorteile bietet. Vor allem diskontinuierliche Neuerungen wer­den von diesem Segment eher zögerlich angenommen.

Wie oben beschrieben bestehen zwischen den Adopterkategorien motivationale Barrieren, die den Diffusionsprozess hindern können. Vor allem zwischen dem Segment der Früh­adop­ter und dem der frühen Mehrheit bildet sich eine ausgeprägte „Kluft“ (Moore, 1999). Wie Schmidt et al. (2001, S. 276) feststellen, scheinen die Innovationen „Computer“ sowie „Inter­net“ diese Kluft bereits überschritten zu haben. Im Gegensatz hierzu ist der Diffu­sions­prozess des Vertriebskanals „E-Commerce“ noch nicht so weit fortgeschritten, was, ihrer Meinung nach, auf die fehlende Befriedigung zentraler Motive der späteren Adopter zurück­zuführen ist.

2.3 Kontrolltheorie

Die Kontrolltheorie beinhaltet eine umfangreiche Sammlung der verschiedensten Kon­strukte (vgl. Skinner, 1996), deren uneinheitliche Begriffsgebungen sowie abweichende Ope­­ra­tionalisierungen eine theoretische Eingrenzung innerhalb einer empirischen Arbeit zwin­­gend notwendig erscheinen lassen.

Ein möglicher Zugang zu diesem theoretischen Feld kann durch die umfassend erforschten Kon­strukte der „primären vs. sekundären Kontrolle“ (vgl. Abschnitt 2.3.3) sowie der Kon­troll­überzeugungen (vgl. Abschnitt 2.3.4) erfolgen. Mit Hilfe des ersten Konstrukts soll im Fol­genden die generelle Medienpräferenz (Internet vs. „klassische“ Medien) erklärt wer­den. Mittels Letzterem sollen innerhalb dieser Arbeit Ursachen für die Nutzung bzw. Nicht­­nutung von E-Commerce abgeleitet werden.

2.3.1 Zum Begriff der perzipierten Kontrolle

Persönliche Kontrolle (d. h. das handelnde Subjekt ist Kontrollinstanz) kann auf verschie­denen Ebenen erfolgen. Eine Eingrenzung dieses Begriffes kann insoweit erfolgen, als zwi­schen dem Objekt der Kontrolle unterschieden wird. So kann Kontrolle z. B. gegenüber anderen Personen oder Objekten, der Situation, dem eigenen Verhalten oder – auf kogni­tiver Ebene – gegenüber dem eigenen Selbst angestrebt werden. Hierbei ist hervorzuheben, dass nicht die tatsächliche, objektive Kontrolle für das Individuum von Relevanz ist, son­dern nur die subjektive Wahrnehmung von (potenzieller) Kontrolle (Brenders, 1987). In Bezug auf die Fragestellung dieser Arbeit soll im Folgenden ein Schwerpunkt auf die Ver­haltens- und Situationskontrolle gelegt werden, da vor allem diese Dimensionen Auswir­kungen auf die Medien- sowie Einkaufsstättenpräferenz zu haben scheinen (vgl. Bren­ders, 1987; Eastin & LaRose, 2000 sowie Hoffmann et al., 2000). Unter Kon­trolle soll in diesem Zusammenhang die Perzeption einer „ contingency between [a per­son’s] . . . behaviors and an outcome [Hervorhebung im Original] (Glass & Carver, 1980, S. 232) ver­standen werden. „ By contrast, if a person believes that his actions do not influence the out­come, the outcome is considered uncontrollable. [Hervorhebung durch Verfasser]“ (Glass & Carver, 1980, S. 232)

2.3.2 Das Kontrollmotiv: Der lerntheoretische Ansatz

Individuen sind bestrebt, durch ihr Handeln Verstärker zu erlangen, bzw. Strafreize zu vermeiden. Voraussetzung hierfür ist die Wahrnehmung eines Zusammenhangs zwischen Verhalten und resultierenden Konsequenzen (Kontingenz; vgl. Seligman, 1975). Wird diese Kontingenz von den Individuen erkannt und kann das Verhalten vom Individuum aktiv beeinflusst werden, so besteht für den Handelnden die Möglichkeit, auch den Erhalt er­wünschter Verstärker zu kontrollieren. Die Auswahl der jeweiligen Handlungsalternative kann im Rahmen eines Wert-Erwartungs-Kalküls erfolgen (vgl. Weiner, 1984). Das Motiv nach Kontrolle der Verhaltenskonsequenzen ist somit lerntheoretisch zu erklären (vgl. Fischer & Wiswede, 2002; Rotter, 1990).

Die Wahrnehmung einer Situationskontrolle kann unter bestimmten Umständen ein zent­rales Motiv sein. Tierversuche haben gezeigt, dass der Wegfall von Situationskontrolle schwer­wiegende Auswirkungen auf die Vitalität von Lebewesen haben kann (vgl. Rich­ter, 1957). Lefcourt (1976) stellt fest, „that, for many organisms, the loss of perceived con­­trol is not taken as a simple isolated incident, but rather as a pervasive and profound reac­­tion holding implications for the creature’s judgment of his potential for survival.” (S. 15)

Das lerntheoretische Gesetz der situationsübergreifenden Generalisierung ist auf die Kon­troll­theorie übertragbar (vgl. Rotter, 1990). Somit steht das situationsspezifische Ver­hal­ten in Abhängigkeit einer generalisierten sowie spezifischen Kontrollerwartung (vgl. auch Weiner, 1984).

2.3.3 Primäre und sekundäre Kontrolle

2.3.3.1 Zu den Begriffen der primären und sekundären Kontrolle

Vorweggenommen sei die motivationstheoretische Annahme, dass Individuen die Konse­quenzen ihrer Handlungen und hiermit ihre Umwelt kontrollieren wollen (vgl. Abschnitt 2.3.2). Als primäre Kontrolle wird das Verhalten bezeichnet, bei dem Individuen direkt auf ihre Umwelt einwirken und versuchen, diese zu ihren Gunsten zu manipulieren. Wird von den Subjekten hingegen eine fehlende Kontingenz zwischen Verhalten und Konsequenzen perzipiert, so wird dieser Zustand als „Kontrollverlust“ bezeichnet. Häufige oder länger­fris­tige Wahrnehmung eines Kontrollverlustes kann zur „gelernten Hilflosigkeit“ führen (vgl. Seligman, 1975). In diesem Fall würde das Subjekt die Unkontrollierbarkeits­ver­mu­tun­­gen fälschlicherweise auf andere Handlungskontexte generalisieren.

Fehlt die Möglichkeit, Umweltkonstellationen zu beeinflussen, so kann zur Wieder­her­stel­lung von Konsistenz auch eine Veränderung der individuellen Einstellungen und Per­zep­tio­nen erfolgen (vgl. Rothbaum, Weisz & Snyder, 1982). Diese Verhaltens­reak­tion wird als sekundäre Kontrolle bezeichnet. Hierbei muss angemerkt werden, dass in die­sem Zusam­­menhang der Begriff „Kontrolle“ von dem in Abschnitt 2.3.1 definierten Be­griff ab­weicht, da es sich bei dieser Reaktion nicht um eine Wahrnehmung einer kontin­gen­ten Ver­haltens-Konsequenz-Beziehung handelt. Vielmehr umschreibt dieser Mecha­nis­mus eine nachträg­liche selbstrelevante Anpassung an die Umweltbegebenheiten. Objekt der Kon­trolle ist in diesem Fall also nicht die Umwelt, sondern das Selbst. Es ist anzu­neh­men, dass Individuen aufgrund des Kontrollmotivs sekundäre Kontrolle dem passiven Kon­troll­­ver­lust vorziehen (vgl. Skinner, 1996).

2.3.3.2 Kontrolle und „klassische“ Medien

Fernsehen, Radio und Printmedien können bezüglich ihrer Inhalte nur äußerst begrenzt von den Rezipienten beeinflusst werden. In der Regel besteht die einzige Möglichkeit der pri­mären Kontrolle in der Auswahl bzw. dem Vermeiden bestimmter Kanäle, Sender bzw. Titel. Eine weitere Reaktion wäre die Änderung der jeweiligen Präferenzen bzw. des An­spruchs­niveaus gegenüber dem Medienangebot (sekundäre Kontrolle, vgl. Abschnitt 2.3.3.1 sowie Heckhausen & Schulz, 1995; Rothbaum et al., 1982). Der Rezipient ver­bleibt jedoch meist in einer passiven Rolle. Die Informationsselektion und somit die Kon­trolle über mögliche Verstärker obliegt dem entsprechenden Medium.

2.3.3.3 Kontrolle und Internet

Das Medium Internet bietet ein höheres Maß an Selektivität und Interaktivität. Sicherlich ist auch hier die Menge an Informationen bzw. anderer potenzieller Verstärker nicht un­be­grenzt, jedoch kann davon ausge­gangen werden, dass der jeweilige Nutzer zu allen Interessen­­gebieten Informationen finden kann. Die Möglichkeit, aktiv nach Verstärkern zu suchen und somit die primäre Kontrolle über das Medien­angebot dieser, steht im Gegen­-satz zu den eingeschränkten Handlungsalternativen hinsichtlich klassischer Medien und dürf­­te ein entscheidender Faktor bei der Medienwahl sein (vgl. Hoffman, Novak & Schlos­­ser, 2000). Diese Annahmen konnten durch Korgaonkar und Wolin (1999) be­stä­­tigt werden, die in einer Analyse der Motive der Internetnutzung einen eigenen Faktor „in­ter­active con­trol motivation“ (S. 57) feststellten, der signifikant die tägliche In­ternet­nut­zungs­­zeit, die private Internetnutzung sowie die Anzahl der Einkäufe im Internet be­dingt.

2.3.4 Kontrollüberzeugungen

2.3.4.1 Internale und externale Kontrollüberzeugungen

Die Überzeugung, dass die Konsequenzen einer Handlung der eigenen Kontrolle unter­lie­gen oder aber eine Konsequenz des Zufalls, des Glücks bzw. der Handlungen Dritter sind, wird von Rotter (1966) als „Locus of Control“ (Kontrollüberzeugungen) bezeich­net. Eine diesbezügliche Erwartungshaltung kann sich auf verschiedenen Wegen bilden:

Als internale Kontrollüberzeugungen wird die individuelle Erwartung bezeichnet, man könne die verstärkenden Handlungsresultate selbst beeinflussen. Bei Handlungserfolg fin­det in diesem Fall eine Attribution auf die eigenen Fähigkeiten oder Anstrengungen statt.

Eine weitere mögliche Erwartungshaltung betrifft die subjektive Perzeption einer außen­gelenk­­ten Kontrolle des verstärkenden Ereignisses (externale Kontroll­über­zeu­gun­gen). Diese Erwartung negiert die Möglichkeit einer persönlichen Beeinflussung der Verstärker. Hier können zwei Subdimensionen unterschieden werden. Die Überzeugung einer Kon­trolle durch „powerful others“ (Soziale Externalität) ist die Erwartung, dass Handlungs­kon­se­quenzen durch Dritte verursacht werden. Die Überzeugung, dass diese Verstärker der Kon­­trolle des Zufalls, Glücks, Schicksals oder einer höheren Macht unter­liegen, wird als Fata­­listische Externalität bezeichnet.

Internal versus external control refers to the degree to which persons expect that a reinforcement or an outcome of their behavior is contingent on their own behavior or personal characteristics versus the degree to which persons expect that the reinforcement or outcome is a function of chance, luck, or fate, is under the control of powerful others, or is simply unpredictable. (Rot­ter, 1990, S. 489)

Geht Rotter (1966) in seien Operationalisierungen (ROT-IE Fragebogen) noch von einem eindimensionalen und bipolaren Konstrukt (internal vs. external) der Kontrollüberzeu­gun­gen aus, so wird diese Annahme in späteren Untersuchungen zunehmend bezweifelt. Le­ven­son (1974) überprüft in diesem Zusammenhang innerhalb ihrer Untersuchungen die, oben bereits eingeführte, Dreidimensionalität des Kontrollkonstruktes (Internalität, So­ziale und Fatalistische Externalität) und kommt zu dem Ergebnis, „[that] the tripatriate divi­sion of expectancies for control adds to the usefulness of the locus of control dimen­sion“ (Le­ven­son, 1974, S. 383).

2.3.4.2 Handlungstheoretische Konsequenzen

In Anlehnung an Banduras Theorie des Modell-Lernens (vgl. Bandura, 1977a, b) – hier vor allem unter Berücksichtigung der Konstrukte der Effizienz- sowie Konsequenzerwar­tun­­gen – sowie Vrooms Instrumentalitätstheorie (vgl. Vroom, 1964) erweitert Krampen (1987) das Modell von Rotter. Auch in Krampens Modell steht die individuelle Hand­lungs­­bereit­schaft unter bestimmten Prämissen (z. B. Neuartigkeit der Situation) in Ab­hän­gig­­keit von generalisierten Erwartungshaltungen, unter denen die Kontroll­über­zeu­gungen jedoch nur eine Teilmenge bilden.

Krampen betont in seinem differenzierten Erwartungs-Wert-Modell, dass die Bereitschaft, eine bestimmte Handlung durchzuführen bzw. zu unterlassen, u. a. abhängig ist von gene­ra­lisierten Situations-Handlungs-Erwartungen („Selbstkonzept eigener Fähigkeiten“), Hand­lungs-Ergebnis-Erwartungen („Kontrollüberzeugungen“), Ergebnis-Folgen-Erwar­tun­gen („Konzeptualisierungsniveaus“) sowie Situations-Ergebnis-Erwartungen („Ver­trauen“) die gepaart werden mit generalisierten situationsunabhängigen Valenzen („Wert­orien­tie­run­gen und Interessen“). Diese Konstrukte scheinen relativ stabile Persönlichkeits­disposi­tio­nen zu sein, die situationsübergreifend das Handeln bestimmen können. Vor al­lem in neu­artigen, schlecht strukturierten und/oder komplexen Situationen, in denen das Subjekt nicht in der Lage ist, auf spezifische Erfahrungen zurückzugreifen, scheinen situa­tions­über­greifende Überzeugungen handlungs­leitend.

Unter Bezugnahme auf die Fragestellung dieser Arbeit kann davon ausgegangen werden, dass dieses Modell auf das internetspezifische Verhalten übertragbar ist. Vor allem die Nut­zung dieses Mediums als Einkaufsstätte ist als relativ neuartige Handlungsalternative an­zusehen. Einkaufshandlungen sind im Gegensatz zum Einkauf im Geschäft (noch) nicht habi­tualisiert und somit relativ komplex. Situative Erfahrungen fehlen entweder vollstän­dig oder sind meist noch wenig ausgeprägt, sodass die Annahme getroffen werden kann, dass generalisierte Erwartungshaltungen das Verhalten zumindest mitbestimmen.

Im Folgenden soll ein Schwerpunkt gesetzt werden auf die Konstrukte des Selbstkonzeptes eigener Fähigkeiten, also der „Generalisierung . . . , daß man sich in vielen Situationen sub­jektiv als kompetent erlebt“ (Krampen, 1987, S. 95) sowie der Kontrollüberzeu­gungen, also den „subjektive[n] Erwartungen über die Kontrollierbarkeit von Ereignissen durch die zur Verfügung stehende [sic!] Handlung(en)“ (Krampen, 1987, S. 95). Diese pragma­tische Ein­­schrän­kung ist damit zu begründen, dass der Einfluss dieser Konstrukte sowie ihrer situa­tions­bezogenen Gegenstücke (Kompetenz- und Effizienzerwartungen) auf Me­dien- und Einkaufsstättenwahl relativ stark erscheint (vgl. Brenders, 1987; Eastin & LaRose, 2000 sowie Hoffmann et al., 2000). Die generalisierte Annahme, in einer sub­jektiv neu­arti­gen Situation über Handlungsalternativen zu verfügen (generalisiertes Selbst­konzept ei­ge­­­ner Fähigkeiten), sowie die Perzeption der generalisierten internalen Kontrolle (gene­ra­­li­sier­­te Kontrollüberzeugungen) dieser Alternativen scheint nach Krampen (1991) von zen­tra­ler Bedeutsamkeit für das situationsspezifische Verhalten. Generalisierte Kom­pe­tenz­ver­mu­tungen sowie Kontroll­über­zeugungen müssten demnach vor allem bei neuen Inter­net­nut­zern einen Einfluss auf das Nutzungsverhalten hinsichtlich eines relativ kom­plexen sowie primär kontrollierbaren (vgl. Abschnitt 2.3.3.3) Mediums wie dem Internet haben.

2.3.4.3 Auswirkungen der Kontrollüberzeugungen auf die Bewertung des Internet und des Vertriebskanals E-Commerce

Personen mit internalen Kontrollüberzeugungen bevorzugen Situationen, in denen sie ihre Umwelt aktiv (und primär) kontrollieren können (vgl. Brenders, 1987). Im Gegensatz zu den klassischen Medien bietet das Internet demnach bessere Beeinflussungsmöglichkeiten (vgl. Abschnitt 2.3.3.2 und 2.3.3.3 sowie Hoffman et al., 2000). Hiernach kann die Annahme getroffen werden, dass sich Bewertungsunterschiede zwischen „Internals“ und „Ex­ternals“ hinsichtlich des Mediums Internet ergeben.

Hypothese 9a: Je stärker die individuelle Ausprägung der internalen (externalen) Kon­troll­­überzeugungen, desto positiver (negativer) die Bewertung des Me­diums Internet.

Wie Hoffman et al. (2000) zeigen konnten, kaufen Personen mit einer internalen Kon­trollüberzeugung auch eher im Internet ein, als Personen mit einer externalen Kontroll­überzeugung. Hieraus lässt sich die Forschungshypothese formulieren, dass es auch Be­wertungsunterschiede hinsichtlich der Einkaufsstätte Internet gibt.

Hypothese 9b: Je stärker die individuelle Ausprägung der internalen (externalen) Kon­troll­­überzeugungen, desto positiver (negativer) die Bewertung des Ver­triebskanals Internet.

Die Kontrollüberzeugungen beeinflussen als ein generalisiertes Attributionsmuster die Kon­sequenzerwartungen eigenen Handelns. Vor allem bei mangelnder Erfahrung mit einer be­stimmten Umweltkonfiguration werden generalisierte Erwartungen handlungsleitend (Kram­pen, 1987). Dies trifft vor allem in neuartigen Situationen zu. Brenders (1987) schreibt hierzu:

Just as one's evaluation of specific encounters generalizes to become a more or less abstract expectancy for success or failure in certain need areas, one develops a generalized expectancy that these outcomes are related or unre­lated to one's behavior. . . . Locus of control helps to shape one's expectan­cies for success in a particular situation by specifying the probable impact of personal effort or voluntary behavior on the eventual outcome. . . . Gener­alized expectancies . . . are most influential when specific expectancies are absent, as in novel or ambiguous situations. The more experience one has with a situation, the more one’s specific expectancies for that situation overwhelm one’s generalized expectancies. (S. 93f.)

Hypothese 9c: Je häufiger bzw. länger die Nutzung des Mediums Internet, desto geringer die Auswirkung der Kontrollüberzeugungen auf dessen Bewertung.

Hypothese 9d: Je häufiger bzw. länger die Nutzung von Electronic-Commerce, desto geringer die Auswirkung der Kontrollüberzeugungen auf dessen Bewer­tung.

2.3.4.4 Die Beziehung zwischen Belohnungsaufschub und Kontrollüber­zeugun­gen

Das Konzept des Belohnungsaufschubs (delayed gratification pattern) beschreibt ein ge­lerntes Muster der individuellen Tolerierung temporär verzögerter Verstärker. Je größer das Zeitintervall zwischen Handlung und erwarteten Gratifikationen, desto stärker werden diese abgewertet (Herrnstein, 1990). Diese Abdiskontierung wird umso stärker sein, je grö­ßer die Unsicherheit der Kontingenz zwischen Handlung und Verstärker. Wie Bialer (1961) feststellt, besteht ein enger Bezug zwischen internalen Kontrollüberzeugungen und der Tendenz, Belohnungen aufzuschieben (vgl. auch Zytkoskee, Strickland & Wat­son, 1971). Perzipiert das Subjekt die Unkontrollierbarkeit der Situation (externales Attri­bu­tions­muster), so erfolgt eine stärkere Abdiskontierung verzögerter und scheinbar un­be­ein­flussbarer Verstärker (Lefcourt, 1976).

Fern­absatzformen (Kataloghandel, Teleshopping, E-Commerce etc.) zeichnen sich dadurch aus, dass die Auslieferung der bestellten Güter in der Regel eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Im Gegensatz zum Einkauf im stationären Handel können die Produkte nicht sofort mitgenommen werden, sondern werden von Distributionsagenten (z. B. Post oder anderen Lieferdiensten) meist innerhalb einiger Tage oder Wochen geliefert. Diese Verzögerung bedeutet aber auch einen Aufschub der erwarteten Belohnung in Form des bestellten Pro­duktes, der als subjektiv unterschiedlich intensiver Strafreiz empfunden wird. Hieraus las­sen sich folgende Hypothesen formulieren:

[...]


[1] Von evtl. anfallenden Online-Gebühren sei hierbei abgesehen.

[2] Diese beiden Begriffe werden innerhalb dieser Arbeit synonym verwendet.

[3] Zwischen den Strukturierungsvariablen bestehen oft hohe komplementäre Beziehungen (vgl. Gunter & Furnham, 1992).

[4] Der Segmentierungs- und Typologisierungsbegriff sollen im Folgenden synonym verwendet werden, da eine Unterscheidung dieser beiden Begriffe vornehmlich statistischer Natur ist und dieser „Unterteilung kein heuristischer Wert zuzubilligen ist“ (vgl. Bauer, 1976, S. 74).

[5] In den letzten Jahren können zunehmend „lebensstiluntypische“ Konsumtionsmuster beobachtet werden (Stich­wort: „hybrider Verbraucher“; vgl. Wiswede, 1991, S. 37).

[6] Robertson (1971) spricht hier von einem Interaktionseffekt.

[7] V. Rosenstiel und Ewald (1979) gehen – Bezug nehmend auf die Empirie – sogar soweit, zu behaupten, dass „davon auszugehen [ist], daß es sich bei den Meinungsführern und den Innovatoren um dieselben In­di­viduen handelt“ (S. 122). Diese Behauptung wird jedoch wenig später (S. 126) von den Autoren wieder da­hingehend relativiert, dass Persönlichkeitsmerkmale der Innovatoren nicht mit denen der Mei­nungs­füh­rer übereinzustimmen scheinen (vgl. Rogers, 1983 sowie die Abschnitte 2.2.4 und 2.2.6 innerhalb die­ser Arbeit).

[8] Kursiv gedruckte Begriffe werden nicht weiter in die Betrachtung miteinbezogen, da sie aus heutiger Sicht für die Wahl der Einkaufsstätte als wenig relevant erachtet werden können.

[9] Auch andere, nicht normalverteilte Kurvenverläufe sind denkbar und werden in der Literatur diskutiert (vgl. z. B. Mahajan & Wind, 1986; Pessemier, 1966). Innerhalb dieser Arbeit soll jedoch schwer­punkt­mäßig von Rogers’ Annahmen ausgegangen werden, da die Unterschiede zwischen den Konzepten rela­tiv marginal sind und sich nur in unterschiedlichen Segmentgrößen bzw. nicht-logarithmischen Vertei­lungs­annahmen niederschlagen.

[10] Der Wert σ gibt die Standardabweichung und μ den Mittelwert einer Verteilung an.

[11] Diese Aussage ist aus heutiger Sicht sicherlich etwas zu relativieren, da moderne Kommunikationsmittel (z. B. WWW, Newsgroups, Mailinglisten) einen interpersonellen Austausch von sehr spezifischen Infor­ma­tio­nen innerhalb „virtueller sozialer Netzwerke“ (Online-Communities) stark vereinfachen und auch über große Entfernungen und soziokulturelle Barrieren hinweg ermöglichen (vgl. DÖRING, 1999; RAN­GASWAMY & GUPTA, 2000).

[12] Im Gegensatz zu einer kontinuierlichen Innovation, bei der es sich lediglich um die Verbesserung oder Ver­änderung eines bereits bestehenden Produktes handelt, spricht man von einer diskontinuierlichen Inno­vation, wenn als Folge der Innovationsadoption Verhaltensänderungen nötig werden (vgl. Robert­son, 1971, S. 7).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832464226
ISBN (Paperback)
9783838664224
DOI
10.3239/9783832464226
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität zu Köln – Betriebswirtschaftslehre, Wirtschafts- und Sozialpsychologie
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
e-commerce innovationskonzept kontrolltheorie diffusionstheorie self-assessment-manikin
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Titel: Typologie von Internet-Nutzern auf Basis psychologischer Determinanten des Online-Konsums
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