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Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt

©2002 Diplomarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
In der Zeit des monopolistischen Strommarktes gestaltete sich die Beziehung zwischen Energieversorger und Endkunde sehr einfach. Zur Regelung aller notwendigen Rechte und Pflichten war ein Vertrag geschlossen zwischen beiden Parteien vollkommen ausreichend.
Eine Segmentierung der Kunden durch den Energieversorger zu dieser Zeit fand praktisch ohne Berücksichtigung der Interessen des Kunden statt. Alle Bereiche eines Energieversorgers arbeiteten mit denselben Einteilungen der Kunden in Kundengruppen. Diese Einteilung basierte weitgehend auf den geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Regelungen.
Die Liberalisierung des Strommarktes fordert laut europäischer Binnenmarktrichtlinie Elektrizität das Unbundling der Energieversorgungsunternehmen. Dies bedeutet eine mindestens kostenrechnerische Trennung in die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung.
Diese Trennung spiegelt sich auch in den notwendigen Verträgen nieder, die für jeden Kunden abgeschlossen werden müssen. Allein der Endkunde muss formal 3 Verträge abschließen, um die Belieferung mit Strom sicherzustellen.
Jeder der eigenständigen Bereiche eines Energieversorgers nimmt eine Segmentierung der Kunden in nach seinen Fragestellungen primäre Kriterien vor.
Die beiden wesentlich mit Endkunden befassten Marktpartner sind der Netzbetreiber, auf der Seite des Netzanschlusses des Kunden und der Lieferant, auf der Seite des Stromlieferanten für den Kunden.
Der Netzbetreiber unterliegt trotz Liberalisierung dem Schutz des Gebietsmonopols und richtet seine Kundensegmentierung aus diesem Grund nicht nach den spezifischen Bedürfnissen des Kunden aus, sondern nach den für ihn relevanten gesetzlichen Regelungen.
Der Stromlieferant hingegen steht im freien Wettbewerb mit anderen Marktpartnern. Daher muss er zum Zwecke einer optimalen Kundenbetreuung die Bedürfnisse des Kunden als primäres Kriterium seiner Kategorisierung heranziehen.
Aufgrund der unterschiedlichen Kriterien des Netzbetreibers und des Stromlieferanten entstehen auf beiden Seiten Kundensegmente, die nicht miteinander harmonieren.
Das primäre Kriterium für den Netzbetreiber ist die Aufteilung in die in der Verbändevereinbarung definierte Kundengruppen der Fahrplankunden sowie der Standardlastprofil Kunden (SLP-Kunden).
Betrachtet man die in Deutschland für die Liberalisierung vorgesehene Zählertechnik, so richtet sich diese vollkommen nach den für die Verbrauchsermittlung zuständigen Netzbetreibern […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6396
Reinke, Holger: Kundensegmente im liberalsierten Strommarkt
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Wildau, Technische Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt
1 Einführung
Alle Rechte vorbehalten
5
e-mail: holger.reinke@gmx.net
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
7
1.1 Ziel der Diplomarbeit
7
1.2 Definitionen
8
2 Marktsegmentierung des Strommarktes in Deutschland
9
2.1 Marktpartner im monopolistischen Strommarkt
9
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen bis zur Liberalisierung
10
2.3 Kundendifferenzierung im monopolistischen Strommarkt
11
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen der Liberalisierung
13
2.5 Marktpartner im liberalisierten Strommarkt
18
2.6 Vertragsbeziehungen des liberalisierten Strommarktes
19
2.7 Kundendifferenzierung im liberalisierten Strommarkt
22
3 Vergleich mit dem europäischen Strommarkt
38
3.1 Osteuropa
42
4 Ausblick auf die weitere Entwicklung
43
4.1 Änderung der Rahmenbedingungen
43
4.2 Einfluss einer Regulierungsbehörde auf den Markt
45
5 Zählertechnik der Kundensegmente
47
5.1 Eichgesetzgebung
47
5.2 DistributionCode
48
5.3 MeteringCode
48
5.4 Forderung nach Liberalisierung des Messwesens
53
5.5 Bisherige Zählertechnik
54
5.6 Zählertechnik aufgrund der Liberalisierung
55
6 Marktpotential
für
Zähler
57
6.1 Gründe für Zählertausch vor der Liberalisierung
57
6.2 Gründe für den Austausch seit der Liberalisierung
58
7 Veränderte Zählertechnik durch veränderte Rahmenbedingungen ? 60
7.1 MeteringCode
60
7.2 Europäische Harmonisierung
60
7.3 Auswirkungen durch eine Regulierungsbehörde
61
7.4 Marktentwicklung
61
8 Zusammenfassung und Fazit
63
9 Anhang
67
9.1 Literaturverzeichnis
67

Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt
1 Einführung
Alle Rechte vorbehalten
6
e-mail: holger.reinke@gmx.net
Verzeichnis der Abkürzungen:
ARE Arbeitsgemeinschaft
regionaler
Energieversorgungsunternehmen e.V.
AVBEltNetz
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden
für Netzbetreiber
AVBEltV
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden
AVBEltVertrieb
Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden
für Elektrizitätsunternehmen
BDI
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
BGW
Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e.V.
BTOElt Bundestarifordnung
Elektrizität
EDIFACT
Electronic Data Interchange For Administration, Commerce and Transport
EEG
Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz)
EnWG
Gesetz zur Energiewirtschaftsgesetz
HT Hochtarif
KA Konzessionsabgabe
KAV Konzessionsabgabenverordnung
KWK Kraft-Wärme-Kopplung
NT Niedertarif
PTB Physikalisch
Technische Bundesanstalt
SLP Standardlastprofil
StromStG Stromsteuergesetz
TRE Tonrundsteuerempfänger
VDEW Vereinigung
Deutscher
Elektrizitätswerke e.V.
VEA
Bundesverband der Energieabnehmer e.V.
VIK
Verband der industriellen Kraftwirtschaft e.V.
VKU
Verband kommunaler Unternehmen e.V.
VV Verbändevereinbarung
vzbv
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt
1 Einführung
Alle Rechte vorbehalten
7
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1 Einführung
1.1 Ziel der Diplomarbeit
Am 29. April 1998 trat die Novelle zur Neuregelung des Energiewirtschaftrechts
1
in
Deutschland in Kraft. Das Ziel dieser Novelle ist in § 1 folgendermaßen festgelegt:
"Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche
leitungsgebundene Versorgung mit Elektrizität ... im Interesse der Allgemeinheit."
Von diesem Tag an war es für jeden Stromkunden möglich, seinen Stromanbieter frei
zu wählen. Diese praktisch über Nacht eingeführte einhundertprozentige Liberalisie-
rung des Strommarktes hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen
zwischen Stromanbieter und Stromverbraucher.
Das Ziel dieser Diplomarbeit ist eine Darstellung der unterschiedlichen Kundenbezie-
hungen zwischen den am Strommarkt beteiligten Marktpartnern vor und seit der Libe-
ralisierung des Strommarktes, sowie deren Auswirkungen auf die Strommesstechnik
des Endkunden.
Zu Beginn wird ein kurzer Überblick über die Marktsituation vor der Liberalisierung
gegeben. Hierauf aufbauend folgt eine Darstellung der Kundenbeziehungen zu der
Zeit.
Es folgt eine Beschreibung der seit der Liberalisierung geltenden Gesetze, Rechtsnor-
men, Verordnungen und Vereinbarungen.
Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die Darstellung der Kundenbeziehungen und Definition
von Kundensegmenten auf Basis der Angebote und Bedürfnisse der unterschiedlichen
Marktpartner sowie gesetzlicher Rahmenbedingungen. Eine Beschreibung über den
Stand der Liberalisierung anderer europäischer Länder ergänzt den Überblick.
Es folgt ein Ausblick der zu erwartenden Änderungen und deren Auswirkungen.
Als weiterer Schwerpunkt der Arbeit wird die vorhandene oder für das Kundensegment
festgeschriebene Zählertechnik als wesentlicher Faktor zur Klassifizierung bzw. Seg-
mentierung der Kunden beschrieben. Eine Abschätzung des Einflusses der Liberalisie-
rung auf die beim Endkunden installierte Zählertechnik sowie der zu erwartenden
Marktveränderungen beschließt die Arbeit.
1
siehe Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 23, ausgegeben in Bonn am 28. April 1998

Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt
1 Einführung
Alle Rechte vorbehalten
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1.2 Definitionen
Kunden im Sinne der hier verwendeten Definition sind alle Marktpartner, die zu ande-
ren Marktpartnern in einem Energiebezugsverhältnis stehen.
Ein Marktsegment
2
ist ein Teilmarkt, der nach seiner Reaktion auf marketingpolitische
Instrumente eine homogenere Kundengruppe umfasst als der Gesamtmarkt.
Marktsegmentierung
3
ist die Aufteilung des gesamten Marktes nach definierten Krite-
rien in Kundensegmente, die in Bezug auf ihr Kauf- bzw. Abnahmeverhalten in sich
möglichst ähnlich, untereinander aber möglichst unähnlich sind. Hauptgrund für die
Marktsegmentierung ist die Herausarbeitung von Unterschieden auf die man segment-
spezifische Marketingprogramme aufbauen kann.
Eine Kundensegmentierung sieht demnach eine Identifizierung des Kunden und eine
daraufhin erfolgende Segmentierung, d.h. Aufteilung in einzelne Kundengruppen vor.
2
Gabler Wirtschaftslexikon, 14. Auflage
3
Gabler Wirtschaftslexikon, 14. Auflage

Kundensegmente im liberalisierten Strommarkt
2 Marktsegmentierung des Strommarktes in Deutschland
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2 Marktsegmentierung des Strommarktes in
Deutschland
2.1 Marktpartner im monopolistischen Strommarkt
Die Strukturen des bis zur Liberalisierung herrschenden monopolistischen Strommark-
tes waren durch Endkunden und Energieversorgungsunternehmen geprägt. Ein Ener-
gieversorgungsunternehmen nahm zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig die Funktion
des Energieproduzenten, Energieeinkäufers, Energieverkäufers und Netzbetreibers
wahr.
Der Oberbegriff Energieversorgungsunternehmen wird weiter anhand der Größe des
Unternehmens bzw. dessen Netzcharakteristik in Verbundgesellschaft und regionaler
Energieversorger unterteilt.
Eine Verbundgesellschaft ist ein Überregionales Energieversorgungsunternehmen,
das zusammen mit anderen Verbundgesellschaften die Regelung des Übertragungs-
netzes übernimmt. Verbundgesellschaften erzeugen mittels eigener Erzeugungsaktivi-
täten den größten Teils des in Deutschland benötigten Stroms und sorgen für die Wei-
terleitung an die einzelnen regionalen Energieversorger. Sie sind für die Systemstabili-
tät des länderübergreifenden Verbundnetzes in Deutschland zuständig.
Ein regionaler Energieversorger ist der Betreiber eines lokal begrenzten Stromver-
teilnetzes. Der Strombedarf wird über Strombezug von einer Verbundgesellschaft oder
über eigene Stromerzeugungskapazitäten sichergestellt. Einem regionalen Energiever-
sorger ist immer eine Verbundgesellschaft "überlagert", d.h. die Verbundgesellschaft
verfügt z.B. über die Höchstspannungsebene (höhere Spannungsebene) und speist
den Strom in die dem regionalen Energieversorger gehörige Hochspannungsebene
(niedrigere Spannungsebene). Der regionale Energieversorger wird daher auch als
"unterlagerter Energieversorger" bezeichnet.
Kunden im Sinne eines monopolistischen Strommarktes sind Endkunden und somit
alle Stromkunden die am Stromnetz eines Energieversorgers angeschlossen sind.

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2 Marktsegmentierung des Strommarktes in Deutschland
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H ö c h s ts p a n n u n g s e b e n e
Ü b e rtra g u n g s e b e n e
H o c h s p a n n u n g s e b e n e
V e rte ile b e n e
N ie d e rs p a n n u n g s e b e n e
V e rte ile b e n e
V e rb u n d g e s e lls c h a ft
V e rb u n d g e s e lls c h a ft
R e g io n a le r E n e rg ie v e rs o rg e r B
M itte ls tä n d is c h e r
In d u s trie k u n d e
M itte ls p a n n u n g s e b e n e
V e rte ile b e n e
R e g io n a le r
E n e rg ie v e rs o rg e r A
n o rm a le s
S ta h lw e rk
g ro ß e s S ta h lw e rk
K ra ftw e rk
P riv a th a u s h a lt
Bild 2.1-1: Netzkonstruktion
2.2 Rechtliche Rahmenbedingungen bis zur Liberalisierung
Den gesetzlichen Rahmen des monopolistischen Strommarktes in Deutschland bildete
das Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13.
Dezember 1935 (RGBl. I S. 1451)
4
. Das Ziel dieses bis 1998 gültigen Gesetzes war
der Aufbau und die Sicherstellung der Energieversorgung.
Es bestand eine allgemeine Anschluss- und Versorgungspflicht durch den Energiever-
sorger, unabhängig von der Ertragslage. Im Gegenzug wurde jedem Energieversorger
ein bestimmtes Gebiet zugeteilt, für das nur er allein verantwortlich und somit zur Kun-
denbelieferung berechtigt war. Energieversorger waren demnach bis 1998 durch Ge-
bietsmonopole geschützt.
Weitere Rahmenbedingungen für die Versorgung und Klassifizierung der Kunden
waren die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung
von Tarifkunden (AVBEltV) und die Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt).
2.2.1 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung
von Tarifkunden
Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von
Tarifkunden
5
(AVBEltV) ist die Grundlage zur Anschlusspflicht aller Niederspannungs-
4
aus Energierecht, Textsammlung der wichtigsten Rechtsvorschriften und Regelungen, he-
rausgegeben von der Vereinigung Industrielle Kraftwirtschaft e.V., 1990
5
veröffentlicht im BGBl. I, S. 684 vom 21. Juni 1979

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kunden zu allgemeinen Tarifen. In der AVBEltV werden die Bestimmungen zum Ver-
tragsabschluss, Umfang der Versorgung, Haftung bei Versorgungsstörungen, Grund-
stücksbenutzung, Abrechnungsmodalitäten und Kündigung des Vertrages festgelegt.
2.2.2 Bundestarifordnung Elektrizität
Die Bundestarifordnung Elektrizität
6
(BTOElt) vom 18. Dezember 1989 schreibt die
Gestaltung der Tarife der hierin betrachteten Kundengruppe vor und führt somit die in
der AVBEltV nicht ausgeführten Tarifbestimmungen aus. Kunden im Sinne der BTOElt
sind wie bei der AVBEltV alle Niederspannungskunden.
Das Versorgungsunternehmen war nach der BTOElt verpflichtet einen sogenannten
Pflichttarif anzubieten, der aus Arbeitspreis, Leistungspreis, Kosten für Mess- und
Steuerungseinrichtungen sowie für Verrechnung bestand. Es war dem Versorgungsun-
ternehmen laut §3 BTOElt freigestellt eine weitere Unterteilung der Tarife nach Haus-
haltsbedarf, Landwirtschaftlicher Bedarf und Gewerblicher/Beruflicher Bedarf zu veröf-
fentlichen.
Die vom Kunden in Anspruch genommene Leistung wurde nach §5 Abs. 3 als über
eine Zeitspanne von 96h gemessene Arbeit ermittelt. Weiter war das Energieversor-
gungsunternehmen berechtigt bzw. auf Anforderung des Kunden verpflichtet, dem
Kunden einen Tarif mit ¼-Stundenmessung anzubieten, "sofern die höchste Viertel-
stundenleistung des Kunden in mindestens zwei Monaten des Abrechnungsjahres 30
kW überschreitet" (§5 Abs. 3).
2.3 Kundendifferenzierung im monopolistischen Strommarkt
Bis zur Liberalisierung des Strommarktes war keinem als Stromabnehmer, ob es sich
um einen Privatkunden oder ein Stahlwerk handelte, nicht möglich, einen anderen als
den örtlichen Stromversorger zu wählen. Eine Kundenstrukturanalyse war daher bis
zur Liberalisierung bei Energieversorgungsunternehmen zumindest im Tarifkundenbe-
reich ein Fremdwort.
Aufgrund des Marktmonopols bestand aus Sicht der Energieversorger keine Notwen-
digkeit, die Kunden hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Bedürfnisse zu klassifizieren
und sich somit deren Bedürfnissen anzupassen. Die dargestellten Kundensegmente
sind daher weitgehend aufgrund administrativer Vorgaben entstanden.
2.3.1 Tarifkunden
Als Tarifkunden wurden alle Kunden mit einem Niederspannungsanschluss bezeichnet.
Kunden mit einer Jahreshöchstleistung von 30 kW wurden entsprechend BTOElt §5 zu
6
siehe http://www.tu-dresden.de/jfzivil8/new/btoelt.htm

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allgemeinen Tarifen versorgt. Eine weitere Unterteilung von Tarifkunden sah die
BTOElt in §3 in die Kundengruppen Haushalte, Landwirtschaftliche Betriebe und Ge-
werblicher/Beruflicher Bedarf vor.
Die Tarife unterschieden sich in der Regel durch unterschiedliche Messeinrichtungen.
Haushaltskunden (Jahresverbrauch bis etwa 10.000 kWh) wurden mittels Arbeitsmen-
genmessung auf Anforderung durch den Kunden entweder nach Gesamtstrombedarf
oder getrennt nach HT- und NT-Arbeit abgerechnet. Landwirtschaftlicher und gewerbli-
cher/beruflicher Bedarf (Jahresverbrauch bis etwa 50.000 kWh) erhielten aufgrund des
höheren Leistungsbedarfs eine 96h-Messung.
Die in der in § 5 BTOElt vorgesehene Abrechnung nach ¼-Stundenmessung bei einer
Jahreshöchstleistung von mehr als 30 kW und somit Versorgung als Sondervertrags-
kunde war bei Tarifkunden mit der vorhandenen Messtechnik nicht möglich. So wurden
auf Wunsch des Kunden oder auf Veranlassung durch den Versorger bei Kunden mit
einem Jahresverbrauch ab ca. 50.000 kWh Messungen zur Ermittlung der Jahres-
höchstleistung durchgeführt.
2.3.2 Sondervertragskunden
Sondervertragskunden waren alle Kunden, die ihren Netzanschluss nicht in der Nie-
derspannungsebene hatten oder eine Jahreshöchstlast größer als 30 kW bezogen.
Trotz des höheren Verbrauchs bestand für diese Kundengruppe nur die Möglichkeit
zwischen wenigen vom Versorger angebotenen Sondervertragskonditionen zu wählen.
So wurden Kunden im RWE-Gebiet fast immer zwei Verträge mit einer steilen und
einer flachen Preisregelung zur Auswahl angeboten.
Die "steile Preisregelung" hatte Preisvorteile für den Kunden mit einem im Vergleich
zum Gesamtverbrauch niedrigen Leistungsbedarf (z.B. Industrieunternehmen mit
Mehrschichtbetrieb). Die "flache Preisregelung" hatte hingegen Vorteile für Kunden mit
hohem Leistungsbedarf bei vergleichsweise geringem Verbrauch (z.B. Tanklager mit
Bilgepumpen).
Rechtliche Grundlage der Versorgung dieser Kundengruppe war ebenfalls die AVBEltV
und die BTOElt. Sie wurden aus Gründen der Einheitlichkeit zur Wegerechtnutzung
und der Haftungsgrenzen als Grundlage in den Sonderverträgen festgelegt.
2.3.3 Großkunden
Das maßgebliche Kriterium für einen Großkunden war dessen Stromabnahmemenge,
kombiniert mit einem Stromanschluss in der Hoch- oder Höchstspannungsebene.
Diese Anschlussart befähigte die Kunden individuelle Verträge mit dem jeweiligen
Netzbetreiber auszuhandeln.
Für Großkunden bestanden keine gesetzlichen Vorgaben für die Gestaltung der Ver-
träge. Aus diesem Grund wurden vielfach die in der AVBEltV und BTOElt beschriebe-

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nen Rahmenbedingungen herangezogen. Weitere Regelungen wurden individuell
vereinbart. Die Haftungsgrenze laut §6 AVBEltV wurde im Falle der Versorgungsstö-
rung bei "grobfahrlässig verursachten Sach- und Vermögensschäden" auch für Son-
dervertragskunden auf max. 5.000 DM im Einzelfall begrenzt. Diese geringe finanzielle
Verpflichtung der Energieversorger bei Stromausfall gegenüber den Großkunden führte
zu massivem Aufbau von Eigenkapazitäten bei den Großkunden in der Stromerzeu-
gung.
Die aus diesen Gründen aufgebauten Eigenkapazitäten erwiesen sich als zusätzliches
Druckmittel für die Kunden, um eine preiswertere Stromversorgung durch den Energie-
versorger zu erreichen. Andernfalls bestand die Möglichkeit bei zu hohen Strompreisen
den Strombezug über Eigenerzeugung zu decken oder zumindest zu reduzieren.
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen der Liberalisierung
2.4.1 Binnenmarktrichtlinie Elektrizität
Die Grundlage der Liberalisierung des Energiemarktes in Europa bildet die am
19. Februar 1997 in Kraft getretene europäische Binnenmarktrichtlinie Elektrizität
7
.
Ihr Ziel ist es, die Monopolwirtschaft im Energiebereich durch Marktwirtschaft zu erset-
zen.
Die Binnenmarktrichtlinie sah eine Umsetzung binnen 2 Jahren in nationales Recht vor,
dies ist mit der Novelle zur Neuregelung des Energiewirtschaftrechts vom 28. April
1998 (vgl. Kapitel 2.4.2) mittlerweile erfolgt. Inhalt der Binnenmarktrichtlinie ist eine
stufenweise Marktöffnung im Bereich der Stromversorgung. Es werden Mindestöff-
nungsgrade des Strommarktes definiert. Konkret sind dies:
Datum des Inkrafttretens Umsetzung für Kunden mit jährli-
chem Stromverbrauch von
Durchschnittlicher Marktöffnungsgrad
19. Februar 1997
40 Mio kWh
23 %
19. Februar 2000
20 Mio kWh
28 %
19. Februar 2003
9 Mio kWh
33 %
19. Februar 2006
Überprüfung durch die Europäische Kommission ob der Strommarkt weiter
geöffnet werden soll
Tabelle 2.4.1-1 Marktöffnung nach Vorgaben der Binnenmarktrichtlinie Elektrizität
Mittlerweile hat die EU-Kommission mit einem Revisionsvorschlag zur Binnenmarkt-
richtlinie Elektrizität zum 13. März 2001 eine Öffnung des Strommarktes für Gewerbe-
kunden bis zum 1. Januar 2003 bzw. alle Kunden zum 1. Januar 2005 vorgeschlagen
7
Veröffentlichung im Amtsblatt Nr. L027 vom 30.1.1997 S. 0020 der EG, bzw.
http://www.energierecht-news.de/normen/eurili-el.html

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8
. Dieser Revisionsvorschlag wird seit Ende 2001 im europäischen Parlament behan-
delt.
Darüber hinaus sieht die Binnenmarktrichtlinie einen freien Netzzugang nach objekti-
ven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien sowie das sogenannte Unbund-
ling vor. Unbundling beschreibt die Trennung der Bereiche Erzeugung, Übertragung
und Verteilung. Hierbei ist eine kostenrechnerische Trennung ausreichend, sie soll die
Quersubventionierung der unterschiedlichen Bereiche verhindern.
Eine Quersubventionnierung kann zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen, indem
Kosten, die bei der Betreuung der Kunden beim Stromlieferanten anfallen in den Be-
reich des nicht liberalisierten Netzbetriebs verschoben werden. Dies führt zu Wettbe-
werbsverzerrungen durch Kostenvorteile der etablierten Energieversorger gegenüber
neuen Marktteilnehmern wie z.B. freien Stromhändlern.
2.4.2 Novelle zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts
Zur Umsetzung der Binnenmarktrichtlinie in nationales Recht veröffentlichte der deut-
sche Gesetzgeber am 28. April 1998 die Novelle zur Neuregelung des Energiewirt-
schaftrechts. Sie schreibt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine sofortige einhun-
dertprozentige Marktöffnung zur freien Stromlieferantenwahl durch den Kunden vor.
Die Binnenmarktrichtlinie Elektrizität sieht in Artikel 17 zwei unterschiedliche Varianten
des Netzzugangs vor. Diese Varianten werden als regulierter Netzzugang und verhan-
delter Netzzugang bezeichnet. Der regulierte Netzzugang erfordert die Einrichtung
einer Regulierungsbehörde, die Regularien und Kosten für den Netzzugang vor-
schreibt.
Der verhandelte Netzzugang geht von einer Selbstregelung des Marktes durch Ver-
einbarungen der Marktpartner aus. Deutschland ist das einzige Land, das die Rege-
lungen für den freien Netzzugang nicht durch eine Regulierungsbehörde vorschreiben
und überwachen lässt, sondern auf den verhandelten Netzzugang setzt.
Die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sieht in § 8 eine Überprüfung der
Netzzugangsregelung im Jahr 2003 durch den Bundestag vor. Sollte der Bundestag
eine mangelnde Marktöffnung feststellen "... soll darüber entschieden werden, ob zur
Erreichung der ... Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs Änderungen der Regelung
des Netzzugangs erforderlich sind ... " heißt es in § 8 EnWG, was die nachträgliche
Einrichtung einer Regulierungsbehörde bedeutet.
8
VDEW-Veröffentlichung: Zeitplan der EG-Binnenmarktrichtlinie "Elektrizität" v. 8.3.2002, siehe
http://www.strom.de/wysstr/stromwys.nsf/WYSInfoDokumentePunktmk24Lookup/0305E3A30
C28B595C1256B130061F3C3?OpenDocument&WYSEbene0N=Fakten&WYSEbene1N=Dat
en&WYSEbene2N=nachThema&WYSEbene3N=&&WYSEbene4N=&&WYSEbene0N=&WYS
Ebene1N=&WYSEbene2N=&WYSEbene3N=&

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2.4.3 Verbändevereinbarung
Der Gesetzgeber wählte eine von Verbänden der Marktteilnehmer ausgearbeitete
Vereinbarung, die sogenannte Verbändevereinbarung (VV), um die Selbstregulie-
rungskräfte des Marktes zur Liberalisierung zu nutzen und nicht durch eine schwerfälli-
ge Regulierungsbehörde zu behindern
9
. Die Verbände Vereinigung Deutscher Elektrizi-
tätswerke e.V. (VDEW), der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und
der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. (VIK) handelten zum 22.
Mai 1998 die Verbändevereinbarung I aus.
Grundsätzlicher Inhalt der Verbändevereinbarung sind die Vorgaben für den Netzzu-
gang und für die Ermittlung von Durchleitungsentgelten. Ein wesentlicher Aspekt der
ersten Version der Verbändevereinbarung war die komplexe Ermittlung der Durchlei-
tungsentgelte.
2.4.3.1 Durchleitungs- und Netznutzungsentgelte
Kalkulationsgrundlage der in der jeweils gültigen Verbändevereinbarung vorgesehenen
Durchleitungs- bzw. Netznutzungsentgelte sind die kalkulatorischen Kosten. Auf den
Endkunden umzulegende, nach der Vollkostenrechnung zu kalkulierende Preisbe-
standteile sind:
· Kosten für die zur Stromversorgung genutzte Spannungsebene sowie die vorgela-
gerten Spannungsebenenen. Kosten für Systemdienstleistungen (Spannungshal-
tung, Frequenzhaltung, Versorgungswiederaufbau und Betriebsführung) und Ver-
lustausgleich sind enthalten sowie
· Messung und Abrechnung
In der Verbändevereinbarung I vom 22. Mai 1998 wird von Durchleitungsentgelten
für die Bereitstellung des Netzes zur Belieferung eines Kunden gesprochen. Basis der
Ermittlung dieser Entgelte ist ein Punkt- zu Punktmodell. Es wurde ein Verfahren ent-
wickelt, bei dem für die Belieferung eines Endkunden durch einen fremden Stromliefe-
ranten zunächst die Entfernung zwischen dem "Einspeisepunkt" und dem "Entnahme-
punkt" ermittelt werden musste.
Einspeisepunkt ist der Punkt der Stromeinspeisung durch den Lieferanten in das öf-
fentliche Stromnetz. Ein Einspeisepunkt ist ein Netzknoten, an dem Energie in das
öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Dies kann sowohl ein Netzknoten zu einem
anderen Land als auch ein in Deutschland befindliches Kraftwerk sein. Entnahmepunkt
ist der Punkt der Stromübergabe an den Endkunden.
Zur Ermittlung der Durchleitungsentgelte wurde nun die Entfernung zwischen diesen
beiden Punkten ermittelt und anteilige Kosten aller beteiligten Netzebenen kalkuliert.
9
Betriebstechnik aktuell, 40/1999, Artikel: Liberalisierter Strom- und Gasmarkt in Deutschland,
S. 58 ff

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Höchstspannungsebene
Übertragungsebene
Hochspannungsebene
Verteilebene
Niederspannungsebene
Verteilebene
Verbundgesellschaft
Verbundgesellschaft
Mittelständischer
Industriekunde
Mittelspannungsebene
Verteilebene
Regionaler
Energieversorger A
Kraftwerk
Bild 2.4.3.1-1: Kostenbestandteile bei Durchleitungsentgelten
Zur Berechnung der Durchleitungsentgelte eines Industriekunden mit Anschluss an die
Mittelspannungsebene wurden also Kostenbestandteile für
· die Einspeisestelle des Kraftwerkes
· entfernungsabhängige Kosten für die Nutzung des Höchstspannungsnetzes
· die Umspannung von der Höchst- zur Hochspannungsebene
· entfernungsabhängige Kosten für die Nutzung des Hochspannungsnetzes
· die Umspannung von der Hoch- zur Mittelspannung und
· entfernungsabhängige Kosten für die Nutzung des Mittelspannungsnetzes
herangezogen.
Ab der Verbändevereinbarung II vom 13. Dezember 1999 wird nicht mehr von Durch-
leitungs- sondern von Netznutzungsentgelten gesprochen. Hierbei werden die bisher
einzeln berechneten Bestandteile der unterschiedlichen Spannungsebenen zusam-
mengefasst und nur noch spezifisch für den Netzanschlusspunkt des Kunden (z.B. in
der Mittelspannungsebene) berechnet. Eine entfernungsabhängige Komponente fällt
seither nicht mehr an.
Seit der Verbändevereinbarung II werden die Kosten der einem Verteilnetzbetreiber
vorgelagerten Netze mittels Kostenwälzung bis hin zum Endkunden direkt durch den
Verteilnetzbetreiber berechnet und müssen somit nicht mehr einzeln kalkuliert werden.

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Der sich aus allen Netznutzungsentgeltkomponenten zusammen individuell ergebende
Effektivpreis der Netznutzung des Kunden richtet sich folgerichtig nach der Anschluss-
spannung des Kunden und den Abnahmeverhältnissen. Kunden mit einer guten Voll-
benutzungsstundenzahl
10
müssen ein spezifisch niedrigeres Entgelt entrichten als
Kunden mit einer schlechteren Netzauslastung.
Die von den Verbänden ausgearbeitete Vereinbarung musste den Prüfungen des
bundesdeutschen und europäischen Kartellrechts sowie des europäischen Energie-
rechts entsprechen
11
. Bereits kurz nach Verabschiedung der Verbändevereinbarung I
wurden Vorwürfe durch nicht an der Ausarbeitung beteiligte Verbände wie des Bun-
desverbandes der Energieabnehmer e.V. (VEA) aufgrund der entfernungsabhängigen
Berechnung der Durchleitungsentgelte laut. Durch diese Beanstandungen und eigener
Vorbehalte durch das Kartellamt wurde die erste Fassung der Verbändevereinbarung
zum14. Dezember 1999 durch die Verbändevereinbarung II abgelöst.
Bei der Verbändevereinbarung II waren zusätzlich zu den an der Verbändevereinba-
rung I beteiligten Verbänden auch die Verbände Arbeitsgemeinschaft regionaler Ener-
gieversorgungs-Unternehmen e.V. (ARE), Verband der Netzbetreiber e.V. beim VDEW
und Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) beteiligt. Neuerungen in der Ver-
bändevereinbarung II waren u.a. der Wegfall eines entfernungsabhängigen Netznut-
zungsentgeltes und die neu hinzugekommene Regelung zur Belieferung von Kleinkun-
den.
Zum 13. Dezember 2001 wurde schließlich zwischen den an der Verbändevereinba-
rung II beteiligten Verbänden zusammen mit dem Verbraucherzentrale Bundesver-
band e.V. (vzbv) die Verbändevereinbarung II plus vereinbart
12
. Seit Beginn der Libe-
ralisierung kam es aus Protest über die Verbändevereinbarung I und II zu einer Aus-
trittswelle von Energieversorgungsunternehmen. Da diese Energieversorgungsunter-
nehmen ihre Interessen nicht vertreten sahen und auch keinem anderen Verband
beitraten der an der Verbändevereinbarung II plus Mitspracherecht hatte, verweigern
sie die Umsetzung der jüngsten Verbändevereinbarung
13
. Derzeit verwendet demnach
die Mehrheit der Netzbetreiber die VV II plus als Grundlage für den Netzzugang. Auf-
grund des Charakters einer Vereinbarung steht es den Netzbetreibern allerdings frei,
ob sie die VV II plus anwenden. Gründe für die Protesthaltung einiger Netzbetreiber
sind z.B. die Festlegung der Abrechnung von Kleinkunden nach einem vereinfachten
Verfahren (siehe Kapitel 2.7.3.2)
10
Vollebnutzungsstundenzahl: Faktor der sich aus folgender Beziehung ergibt:
Vollbenutzungsstunden = (Jahresarbeit des Kunden ) / (Jahreshöchstleistung des Kunden),
gibt einen Anhaltswert über eine gute oder schlechte Netzauslastung
11
VIK Mitteilungen, Artikel Liberalisierung der europäischen Energiewirtschaft ­ die nächsten
Schritte, Peter Michael Mombauer, S. 119 ff
12
VDEW Kontakt 2/2002, Artikel Verbändevereinbarung II plus in Kraft, S. 13
13
VDEW Kontakt 3/2002, Artikel Bindungswirkung der VV II plus?, S. 2

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2.4.4 DistributionCode
Die AVBEltV regelt die Anschlussbedingungen für die Tarifkunden. Für alle Erzeu-
gungseinheiten und Endkunden, die nicht unter die Bestimmungen der AVBEltV fallen,
wurde der DistributionCode entwickelt. Der DistributionCode erschien in erster Version
im Mai 1999 und in der aktuellen Form am 23. Oktober 2000
14
.
Wesentlicher Inhalt ist die Festlegung der Pflichten und Aufgaben des Verteilnetz-
betreibers, der rechtlichen und technischen Anschlussbedingungen an die Netze des
Verteilnetzbetreibers sowie die Grundlagen und Voraussetzungen für die Netznutzung.
2.5 Marktpartner im liberalisierten Strommarkt
In der europäischen Binnenmarktrichtlinie Elektrizität und folgerichtig auch in der Neu-
fassung des Energiewirtschaftsgesetzes wird eine mindestens buchhalterische Tren-
nung der Versorgungsunternehmen in "Erzeugung, Übertragung, Verteilung, sowie für
Aktivitäten außerhalb des Elektrizitätsbereiches" (vgl. §9 Abs. 2 EnWG) gefordert.
Diese Trennung ist notwendig, um die Liberalisierung im Bereich der Versorgung des
Endkunden bei gleichzeitiger Beibehaltung der vorhandenen Versorgungssicherheit
mittels Netzmonopol (Übertragung und Verteilung) sicherzustellen. Eine buchhalteri-
sche Trennung ist vorgeschrieben, um eine Quersubventionierung aus dem Netzbe-
reich in andere Bereiche des Unternehmens zu verhindern (vgl. Kapitel 2.4.1).
2.5.1 Stromerzeugungsunternehmen
Ein Stromerzeugungsunternehmen ist ein Unternehmen, das über Erzeugungsanlagen
verfügt und den Strom über eine Vertriebsgesellschaft bzw. Händler an der Börse
anbietet oder zur Versorgung der Kunden der Vertriebsgesellschaft bereitstellt.
2.5.2 Übertragungsnetzbetreiber
Ein Übertragungsnetzbetreiber ist der vom Verbundunternehmen abgespaltene Netz-
bereich. In Deutschland ist das bundesweite Höchstspannungsnetz, das zum län-
derübergreifenden Stromtransport genutzt wird, im Besitz der Unternehmen RWE,
E.ON, EnBW, BEWAG, HEW und VEAG. Die primären Aufgaben sind die Sicherstel-
lung der Systemstabilität des gesamten deutschen Stromnetzes und des Stromtrans-
portes bis an die Anschlusspunkte der Energieerzeugungskapazitäten, Ländergrenzen
und Verteilnetzbetreiber. Weitere Aufgaben sind die Bereitstellung von Regelenergie
und Systemdienstleistungen, Netzplanung, Netzbetrieb sowie Wartung und Instandhal-
tung des Verbundnetzes.
14
veröffentlicht in den VDEW Materialien M-32/2000 am 23. Oktober 2000, siehe
http://www.strom.de/wysstr/stromwys.nsf/files/m-32_2000.pdf/$FILE/m-32_2000.pdf

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832463960
ISBN (Paperback)
9783838663968
DOI
10.3239/9783832463960
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Wildau, ehem. Technische Fachhochschule Wildau – Betriebswirtschaft/Wirtschaftsinformatik
Erscheinungsdatum
2003 (Februar)
Note
2,0
Schlagworte
liberalisierung edifact stromzähler kundendifferenzierung zählertechnik
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