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Die rechtliche Beurteilung der Direktansprache nach §1 UWG

©2002 Diplomarbeit 68 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Direktansprache hat sich zu einer Dienstleistung entwickelt, die mehr und mehr Unternehmen in Anspruch nehmen, um gebundene Arbeitnehmer zu rekrutieren. Das in Kapitel 1 geschilderte Procedere einer Direktansprache erlaubt eine rechtliche Betrachtung der Tätigkeit eines „Headhunters“.
Während sich in Deutschland, wie in Kapitel 5 erläutert, Gerichte vermehrt mit der Direktansprache auseinander setzten, ist Rechtsprechung und Literatur zu dieser Thematik in Österreich nicht zu finden. Da das österreichische und das deutsche Recht im Bereich der Lauterkeit viele Gemeinsamkeiten aufweisen, liegt es nahe, die deutsche Rechtsprechung als Grundlage für eine Betrachtung aus österreichischer Sicht heranzuziehen.
Die grundlegende Problematik des Anrufes eines Personalberaters bei einem gebundenen Arbeitnehmer widerspiegelt sich schon in der uneinheitlichen deutschen Meinung, ob nun der Anruf per se als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG , oder dieser als erlaubter Bestandteil des Leistungswettbewerbes zu qualifizieren ist ( vgl Kapitel 5). Im weiteren stellt sich die Frage, inwieweit vergleichbare Momente zur Judikatur der Telefonwerbung und zum Tatbestand des unlauteren Ausspannens von Arbeitnehmern zu erkennen sind, um eine etwaige Sittenwidrigkeit der Direktansprache daraus ableiten zu können. Auch die Einführung des § 101 TKG impliziert nicht schlechthin die Rechtswidrigkeit weil, ähnlich wie bei der Telefonwerbung, aus dem Interesse an beruflichem Aufstieg ein konkludentes Einverständnis abgeleitet werden könnte.
Ein wichtiges Indiz für die Legalität der Direktansprache ist meines Erachtens die Qualität des Anrufes und nicht zuletzt die Zielgruppe. Beschränkt sich die Suche auf Führungskräfte und hochspezialisierte Facharbeitskräfte und konzentriert sich der Anruf auf ein informatives Gespräch ohne keilerähnliche Methoden anzuwenden, kann daraus noch nicht eine unlautere Handlung im Sinne des UWG abgeleitet werden (vgl Kapitel 7). Da die Realität leider oft eine andere ist, bedarf es einer genaueren wettbewerbsrechtlichen Betrachtung der Direktansprache.
Nicht zuletzt spielt die wirtschaftliche Lage, im besonderen am Arbeitsmarkt, eine wichtige Rolle bei der rechtlichen Beurteilung der Direktansprache, dies auch im Hinblick auf einen etwaigen Vergleich zwischen dem deutschen und dem österreichischen Markt.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Direktansprache einerseits als Teil des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Entstehungsgeschichte der Direktansprache
1.2 Definitionen
1.2.1 Abwerbung
1.2.2 Cold call
1.2.3 Direktansprache
1.3 Zielpersonen eines Personalberaters
1.4 Der systematische Ablauf eines Suchprozesses
1.4.1 Auftragserteilung und Erstellung der Zielfirmenliste
1.4.2 Identifizierung der Kandidaten
1.4.3 Die telefonische Kontaktaufnahme zum Kandidaten

Erster Abschnitt

2. Gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit des Personalberaters
2.1 Beurteilung nach österreichischem Recht
2.2 Beurteilung nach deutschem Recht

3. Der Tatbestand des § 1 UWG als Grundlage für die Beurteilung der Direktansprache
3.1 Die Direktansprache als Handlung „im geschäftlichen Verkehr“
3.2 Die Direktansprache als „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs“
3.2.1 Objektive Voraussetzungen
3.2.2 Subjektive Voraussetzungen
3.3 Die Direktansprache als Verstoß „gegen die gegen die guten Sitten“
3.4 Rechtsfolgen

4. Rechtliche Situation in Österreich
4.1 Einleitung
4.1.1 Rechtlich relevante Gebiete für die Beurteilung der Direktansprache
4.2 Telefonwerbung
4.2.1 Verfassungsrechtlicher Bezug der Telefonwerbung
4.2.2 Telefonwerbung gegenüber Privaten
4.2.3 Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich
4.3 Europarechtlich relevante Normen
4.3.1 Die Fernabsatzrichtlinie
4.3.2 Das Telekommunikationsgesetz
4.3.3 Rechtliche Umsetzung in Deutschland
4.4 Abwerbung von Arbeitnehmern: Ausbeutung (Ausspannen)

5. Rechtliche Beurteilung der Direktansprache in Deutschland
5.1 Kurzer Telefonanruf als zulässiges Mittel der Abwerbung
5.2 Verbot der Direktansprache
5.2.1 Besonderheiten des Stuttgarter Urteils
5.3 Zulässigkeit der Direktansprache

Zweiter Abschnitt

6. Die Direktansprache als wettbewerbswidrige Form der Ausbeutung/Behinderung
6.1 Behinderung
6.1.1 Keine Sittenwidrigkeit des Anrufs unter dem Argument der Behinderung
6.1.2 Vergleich körperliches und „telefonisches“ Eindringen zum Zwecke der Abwerbung
6.2 Conclusio
6.3 Exkurs: Planmäßiges Ausspannen fremder Beschäftigter zum Zweck der Behinderung oder Ausbeutung des Mitbewerbers

7. Telefonwerbung als Anknüpfungspunkt zur Beurteilung der Direktansprache
7.1 Formale Ähnlichkeit
7.1.1 Telefonwerbung und Abwerbung mittels Telefon - ein formaler Vergleich
7.2 Direktansprache am privaten Anschluss
7.3 Die Direktansprache am Privatanschluss und die Bestimmung des §101 TKG
7.3.1 Exkurs
7.4 Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich
7.5 Direktansprache am Arbeitsplatz und die Bestimmung des § 101 TKG
7.6 Exkurs

8. Zusammenfassung

Anhang

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Entstehungsgeschichte der Direktansprache

Der Ursprung der Direktansprache findet sich nach dem 2. Weltkrieg in den USA. Der rasante Wirtschaftsaufschwung löste einen Mangel an qualifizierten Führungskräften und in gewissen Segmenten spezialisierten Arbeitskräften aus. Dies ergab sich aus der immer stärkeren Differenzierung und Spezialisierung des Wirtschaftsgeschehens. Einige Personen nutzen die Entwicklung und gründeten Personalberatungsunternehmen. Damals gegründete Unternehmen wie Heidrick & Struggles, Korn/Ferry oder Spencer Stuart existieren heute noch und zählen zu den weltweit größten Beratungsunternehmen. Letzteres hat als erstes den europäischen Markt erschlossen. Seitdem haben sich durchwegs „Spin-offs“ amerikanischer Beratungsunternehmen zu führenden, vorwiegend deutschen, aber auch österreichischen Beratungsunternehmen entwickelt. In Österreich sind neben den ursprünglich amerikanischen Unternehmen besonders Hill, Neumann und Catro auf dem Markt anzutreffen, die Direktansprache als Dienstleistung anbieten.

1.2 Definitionen

1.2.1 Abwerbung

Abwerbung ist das mittelbare oder unmittelbare nachhaltige Einwirken auf einen arbeitsvertraglich gebundenen Arbeitnehmer[1] mit dem Ziel, diesen zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit dem Abwerbenden oder einem Dritten zu veranlassen[2]. Vielfältigste Möglichkeiten sind vorstellbar, meist sind sie legitim und aus wirtschaftspolitischer Sicht akzeptiert.

1.2.2 Cold call

Cold call ist allgemein die Bezeichnung für den ersten Kontakt mit dem potentiellen Kandidaten beziehungsweise Kunden. Gelegentlich wird darunter auch die Ermittlung von Namen für den eigentlichen (Ab-) Werbeanruf verstanden[3].

1.2.3 Direktansprache

Unter Direktansprache ist die aktive Kontaktaufnahme des Beraters mit potentiellen Kandidaten zu verstehen, deren Wechselbereitschaft bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt ist. Angesprochen werden Führungskräfte, die dem Anforderungsprofil der vakanten Position entsprechen und die sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme noch in einem Arbeitsverhältnis befinden[4]. Unter aktiver Kontaktaufnahme wird also die direkte und individuelle Suche des Personalberaters verstanden, mittels Telefongespräch, Kandidaten für eine vakante Position zu interessieren. Als passive Suche wird im Gegensatz dazu die Stellenanzeige in Tageszeitungen und Fachzeitschriften bezeichnet.

Neben dem Begriff Direktansprache gibt es noch eine Vielzahl synonymer Bezeichnungen. Am verbreitetsten ist das aus dem amerikanischen Sprachgebrauch übernommene „Headhunting“ (Kopfjagd)[5], Personalberater werden deswegen auch als „Headhunter“ bezeichnet. Der englische Ausdruck „Executive Search“ (Suche nach Führungskräften) gibt den eigentlichen Sachverhalt, das heißt die hiermit verbundene Art der individuellen Kandidatenansprache durch den Personalberater am Telefon, ebenfalls nur unzureichend wieder.

1.3 Zielpersonen eines Personalberaters

Während sich die Suche anfänglich auf klassische Führungspositionen beschränkte, werden heute angesichts flacher Hierarchiestrukturen und fortschreitender Technologisierung Spezialisten in deren Fachbereichen gesucht. Kleinere Personalberatungen spezialisieren sich auf bestimmte Segmente (Bankenbereich, Handel oder IT-Branche) oder suchen Personen aus dem mittleren oder unteren Management, welches die rechtliche Problematik der Direktansprache nur verstärkt. Im Normalfall handelt der Personalberater nur bei einem konkreten Suchauftrag eines Klienten. Es kommt aber durchaus vor, dass Personalberater ohne konkreten Suchauftrag Kandidaten „blind“ kontaktieren und dann zum Beispiel bei Schaltung einer Stellungsannonce eines Unternehmens den Kandidaten versuchen zu vermitteln. Diese Tatsache trägt weiters dazu bei, dass die Branche der Personalberatung am Markt nicht immer den besten Ruf genießt.

1.4 Der systematische Ablauf eines Suchprozesses

1.4.1 Auftragserteilung und Erstellung der Zielfirmenliste

Nach Erteilung des Suchauftrages wird auf Grundlage des Briefing mit dem Klienten eine Positionsbeschreibung und ein Anforderungsprofil erstellt. Die Positionsbeschreibung beinhaltet allgemeine Angaben zum Bereich des Unternehmens, dem Umfeld der zu besetzenden Stelle und der Funktion, welche für die Zusammenstellung der Zielfirmenliste, die im nächsten Absatz erläutert wird, eine tragende Rolle spielt. Im Anforderungsprofil sind die besonderen Fachkenntnisse und spezifizierten persönlichen Eigenschaften des zukünftigen Stelleninhabers aufgelistet, die für die konkrete Suche nach Personen und deren Namen ausschlaggebend sind.[6]

Die nächste Phase ist der Suchprozess nach Unternehmen in denen potentielle Kandidaten vorgefunden werden könnten. Je nach Suchauftrag beinhalten diese Auflistungen, auch Zielfirmenliste genannt, zwischen 5 ( zB bankenspezifische Suche) und 25 ( zum Beispiel Automobilzuliefererindustrie) Zielunternehmen, abhängig von der zu besetzenden Position und der Marktpräsenz der Branche. Die Zielfirmenliste ist die Grundlage für die Identifizierung und Ansprache der geeigneten Kandidaten.

1.4.2 Identifizierung der Kandidaten

Theoretisch gibt es zwei Möglichkeiten, die Identifizierung durchzuführen. Zum einen stellt der Berater eine sogenannte „source list“ auf, in der Branchenkenner und Insider aufgelistet sind. In meist telefonischen Gesprächen mit den Sourcen versucht der Berater nun, so viele Informationen wie möglich über allgemeine Entwicklungen in der Branche, konkrete Zielunternehmen und Namen der jeweiligen Stelleninhaber zu erhalten. Diese Suchmethode stellt aber eine Ausnahme dar.

Zum anderen werden die potentiellen Kandidaten vom Research ermittelt, welches die in der Praxis eigentlich übliche Form der Identifizierung darstellt. Das Research ist ein Backoffice zur Unterstützung des Beraters. Mittels direkten, wesentlich zeitaufwendigeren telefonischen Kontakten versuchen Researcher in den Zielfirmen geeignete Kandidaten zu identifizieren. Meist wird also versucht, über die Telefonvermittlung oder das Sekretariat zu den Namen zu gelangen. In der Praxis ergibt sich daraus das Bild, je höher die Position, um so einfacher die Identifizierung. Meist sind Namen des Top-Management (zB Vorstand) bekannt oder über Fachzeitschriften oder Nachschlagewerke auszuforschen. Facharbeitskräfte und Personen aus dem mittleren Managements müssen meistens aus Anrufen in den Zielfirmen eruiert werden[7].

1.4.3 Die telefonische Kontaktaufnahme zum Kandidaten

Dieses erste Gespräch dient dazu, einerseits auf die vakante Position aufmerksam zu machen, andererseits jedoch durch gezielte Fragen zum Alter, der Ausbildung, der Branchen- und Führungserfahrung, den letzten beruflichen Stationen, der Einkommenssituation sowie der Motivation und Möglichkeit einer beruflichen Veränderung eine Vorselektion unter den Kandidaten vorzunehmen. Die direkte Kontaktaufnahme mit dem herausgefilterten Kandidaten vermeidet den Streuverlust, den Anzeigen in Fachzeitschriften und Tageszeitungen oft haben. Zumeist erfolgt der Erstkontakt durch den Researcher und nicht durch den Berater. Diese Tatsache führt oft zu unzureichenden oder gar unrichtigen Informationen, da der Researcher nicht über die Informationen verfügt, auf die der Berater aufgrund seiner Erfahrung in der Branche und den Gesprächen mit dem Klienten zurückgreifen kann.

Kreikebaum und Sattelberger sehen im ersten Gespräch ein rein informatives Gespräch, meines Erachtens nicht zuletzt um Analogien zur Telefonwerbung zu vermeiden. Meiner Erfahrung nach wird bereits im ersten Telefongespräch versucht, den potentiellen Kandidaten für die Stelle zu interessieren und ihn dazu zu bewegen, einen Lebenslauf zu übersenden.

In den seltensten Fällen wird im Gespräch der Name des Klienten genannt, auf die Frage, wie der Name recherchiert wurde, wird meist eine Empfehlung eines Branchenkenners, was wie bereits erwähnt, die Ausnahme ist, als Antwort gegeben. Daten zur Position und besonders zum Gehalt und etwaigen Bonifikationen werden nur ansatzweise preisgegeben. Das Telefonat ist ausschließlich darauf ausgerichtet, so viel wie möglich über den Stelleninhaber und dessen berufliche Umgebung zu erfahren, ohne selbst viel preisgeben zu müssen.

In der Folge wird bei gegebener Qualifikation und Interesse seitens des Angesprochenen ein Interview mit dem Kandidaten durchgeführt. Letztendlich wird auf diesem Weg eine Auswahl von zwei bis drei Kandidaten getroffen und anschließend in einem gemeinsamen Gespräch dem Klienten vorgestellt.

Die Dauer eines Suchprozesses ist zeitlich schwer zu begrenzen, meistens verstreicht zwischen Auftragserteilung und Präsentation des Kandidaten, je nach Auftragslage und Position, drei bis acht Monate.

Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die rechtliche Beurteilung der telefonischen Kontaktaufnahme zum Kandidaten. Auch die Ermittlung der Namen durch den Research spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle.

Der erste Abschnitt dieser Arbeit ist geprägt von der rechtlichen Situation in Österreich, die ausschlaggebend ist für die rechtliche Beurteilung der Direktansprache, immer unter Heranziehung der deutschen Lehre und Rechtsprechung.

Der zweite Abschnitt stellt den Versuch dar, anhand der skizzierten Grundlagen die Direktansprache zu analysieren und rechtlich zu beurteilen, ebenfalls unter Berücksichtigung der deutschen Rechtsprechung in diesem Bereich.

Erster Abschnitt

Bestandsaufnahme

2. Gesetzliche Grundlage für die Tätigkeit des Personalberaters

2.1 Beurteilung nach österreichischem Recht

Während Personalberater ihre Tätigkeit wie aus der Bezeichnung schon hervorgeht im beratenden Bereich sehen, ist die eigentliche Aufgabe der Personalvermittlung zuzuweisen. Wer nicht im eigenen oder fremden Namen einen Vertrag schließt, sondern nur andere Personen zum Abschluss eines Vertrages bringen will, betätigt sich als Vermittler[8]. Im Sinne des AMFG[9] (Arbeitsmarktförderungsgesetz) wird darunter eine nicht nur gelegentliche und unentgeltliche Tätigkeit verstanden, die darauf abzielt, Arbeitssuchende und Dienstgeber zur Begründung eines Dienstverhältnisses zusammenzuführen[10]. Diese Definition widerspiegelt eindeutig die Tätigkeit eines Personalberaters.

Nach § 94 cif 1 u 74 GewO[11] fällt die Tätigkeit des Arbeitsvermittlers und des Unternehmensberaters unter das sonstige reglementierte Gewerbe (früher: nicht bewilligungspflichtige gebundenes Gewerbe). Sowohl der für Arbeitsvermittler und der für Unternehmensberater bzw Unternehmensorganisatoren, die sich im Bereich der Arbeitsvermittlung betätigen, ausschlaggebende Nachweis, richtet sich nach der BefNachwV[12] für Arbeitsvermittler, dessen Grundlage sich aus den §§ 18 iVm 22 Abs 1 GewO ergibt. Bis 1996 unterlag die Arbeitsvermittlung und die gesamte Tätigkeit des Unternehmensberaters der BefNachwV für Unternehmensberater. Für Unternehmensberater ist die Bestimmung des § 136 Abs 2 GewO[13] relevant, die eine Beschränkung der Suche auf Führungskräfte vorsieht, deshalb kommt es in diesem Bereich zu konkurrierenden Befugnissen zwischen Arbeitsvermittler und Unternehmensberater[14]. Dementsprechend hat sich der Unternehmensberater auf die Suche nach Führungskräften zu beschränken, wogegen der Arbeitsvermittler keiner Beschränkung unterliegt.

Unter Führungskräfte sind gem §§ 17e Abs 1 AMFG und 172 Abs 3 nur leitende Angestellte zu verstehen, denen maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zusteht, welche nicht als Arbeitnehmer gelten und hinsichtlich derer das angebotene Entgelt zumindest die Höhe der Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung[15] nach § 45 ASVG erreicht.

Die beabsichtigte Aufnahme des Gewerbes der Arbeitsvermittlung muss nach §17a Abs 1 AMFG beim Bundessozialamt angezeigt werden[16].

Aus den §§ 17a ff AMFG ergeben sich weiters grundlegende Regeln für die Tätigkeit des Arbeitsvermittlers beziehungsweise Personalberaters. Die Tätigkeit darf nur aufgrund eines konkreten Auftrages erfolgen, das ergibt sich aus der Pflicht Auskunft über die konkreten Anforderungen der vakanten Position zu geben (§17a Abs 4 AMFG). Dem Personalberater ist es auch untersagt, Provisionen bzw Honorare vom Arbeitnehmer entgegenzunehmen ( §17b Abs 1 AMFG), diese sind nur zwischen Klienten und Personalberater zulässig ( §17b Abs 2 AMFG). Daraus kann insgesamt die Unzulässigkeit von Anrufen bei gebunden Arbeitnehmern ohne konkreten Suchauftrag abgeleitet werden[17]. Ein Zuwiderhandeln bedeutet eine Verwaltungsstrafe, bei schweren Verstößen ist mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung zu rechnen.

2.2 Beurteilung nach deutschem Recht

In Deutschland findet die Tätigkeit des Personalberaters ihre Grundlage im dAFRG[18] in welches das dSGB III[19] eingebaut ist. Auch hier unterliegt die gesamte Tätigkeit des Personalberaters der Vermittlung, welches im dSGB III explizit geregelt ist.

Der wesentliche Unterschied zu Österreich liegt aber darin, dass in § 291 dSGB Ausnahmen für die Erlaubnispflicht[20] von der Arbeitsvermittlung aufgelistet sind, darunter auch die Suche, die im alleinigen Interesse und Auftrag eines Arbeitgebers erfolgt und eine reine Unterstützung des Personalberaters bei der Selbstsuche nach Arbeitskräften beinhaltet. Dementsprechend entfällt die Erlaubnispflicht für Personalberater nach deutschem Recht, wenn der Vertrag auf erfolgsunabhängiger Basis mit dem Klienten geschlossen wird und dessen Tätigkeit unterstützend ausschließlich im Klienteninteresse entfaltet[21].

3. Der Tatbestand des § 1 UWG als Grundlage für die Beurteilung der Direktansprache

Die Generalklausel des §1 UWG ist als Auffangnorm gegenüber den Sondertatbeständen anzusehen. Es sollen jene Sachverhalte des unlauteren Wettbewerbs erfasst werden, die nicht unter einen Sondertatbestand des UWG subsumierbar sind, aber als wettbewerbswidrig gelten[22]. Die Direktansprache ist eine der vielen wettbewerblichen Neuerungen, wie auch die Telefonwerbung, die bei Fehlen dieser lückenfüllenden Regelung sich einer rechtlichen Beurteilung entziehen könnte.

3.1 Die Direktansprache als Handlung „im geschäftlichen Verkehr“

Dieser Begriff grenzt jene Tätigkeiten, die auf Erwerb gerichtet sind, von privaten oder amtlichen Tätigkeiten ab, und zwar auch solche, die nicht auf Gewinnabsicht gerichtet sind[23]. Die Rechtsprechung versteht darunter „ jede selbständige, wirtschaftliche Zwecke verfolgende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt[24]. Der geschäftliche Verkehr bezieht sich nicht nur auf die Ausübung eines Gewerbes. Es sind jedoch jene Verhältnisse ausschlaggebend, dessen Wettbewerb gefördert wird. Dementsprechend ist die Eigenschaft des Klienten von Relevanz, wenn der Personalberater nicht gerade im eigenen Interesse versucht für sein Unternehmen einen gebunden Arbeitnehmer abzuwerben. Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr wird bei der Abwerbung von Mitarbeitern nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden können. Ein mögliches Beispiel wäre ein Anruf unter Freunden, in dem auf eine freie Stelle rein aus Gefälligkeit hingewiesen wird.

3.2 Die Direktansprache als „Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs“

3.2.1 Objektive Voraussetzungen

Nicht jedes Verhalten verfolgt den Zweck des Wettbewerbs, es wird erst dann zu Wettbewerbshandlung, wenn es im Rahmen des Wettstreites mit den Konkurrenten erfolgt, unabhängig ob der eigene oder ein fremder Wettbewerb gefördert werden soll[25]. Die Anwendung des § 1 UWG setzt also bei der Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitbewerbern voraus. Da es aber auch zu Abwerbungen kommt, aus denen auf keiner Ebene ein Wettbewerbsverhältnis, also auch kein mittelbares abgeleitet werden kann, wird das konkrete Wettbewerbsverhältnis aus der Arbeitskraft, also den arbeitsspezifischen Fähigkeiten des Abzuwerbenden, abgeleitet[26]. Es ist somit irrelevant, ob der Auftraggeber des Personalberaters und der Arbeitgeber des abzuwerbenden Konkurrenten aus der gleichen Branche sind, Branchenverschiedenheit schließt also die Anwendung des § 1 UWG nicht aus. Auch die Konstruktion eines ad hoc Wettbewerbs ist weder zielführend noch notwendig[27]. Deshalb wird der Arbeitgeber des Abzuwerbenden vorliegend stets auch als Mitbewerber, wie eben erläutert, um die Arbeitskraft und die spezifischen Fähigkeiten, bezeichnet. Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs ist bei der Direktansprache regelmäßig zu bejahen. Die Tatsache, dass ein Teil der Lehre im Anruf ein rein informatives Gespräch sieht[28], ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung, da der Endzweck in der Abwerbung liegt.

3.2.2 Subjektive Voraussetzungen

Die ständige Praxis teilt den Begriff der Wettbewerbshandlung in die eben erwähnten objektiven und subjektiven Voraussetzungen. Es ist also zu prüfen, ob die Wettbewerbshandlung von einer entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen wird. Die Tatsache, dass der Personalberater nicht als Mitbewerber gilt, ist irrelevant. Es genügt seine Absicht einen fremden Wettbewerb zum Nachteil von dessen Mitbewerber zu fördern[29]. Der Tätigkeitsbereich des Personalberaters impliziert geradezu die Absicht für den Auftraggeber den Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern.

Grundsätzlich muss die Absicht von dem bewiesen werden, der daraus Rechtsfolgen ableitet. Während nach der Lebenserfahrung bei unmittelbaren Konkurrenten die Wettbewerbsabsicht zu vermuten sein wird, muss jene Partei bei einer Förderung fremden Wettbewerbs durch einen Außenstehenden, hier ein Personalberater, die Wettbewerbsabsicht beweisen, die sich darauf beruft[30], welches bei dem bereits erwähnten Tätigkeitsfeld des Personalberaters keine Probleme bereiten dürfte.

3.3 Die Direktansprache als Verstoß „gegen die gegen die guten Sitten“

Der Systematik des UWG entsprechend, enthält § 1 mit dem unbestimmten Gesetzesbegriff „gegen die guten Sitten“ einen für die Rechtssicherheit und -entwicklung immanenten Freiraum, um auf Gegebenheiten im Wandel der Zeit reagieren zu können. Die Funktion der Generalklausel und das daraus resultierende Richterrecht besteht vor allem darin, dem Richter in offenen Wertungsfragen eine Orientierung zu bieten[31]. Das bedeutet für den Richter, grundlegend die Maßstäbe für die Beurteilung im positiven Recht zu suchen, aber auch an die sich in den der Wettbewerbsordnung zum Ausdruck kommenden Prinzipien zu orientieren. Die Bedeutung dieser Prinzipien findet im UWG im Versuch der Bildung von Fallgruppen und Fallnormen ihren Niederschlag[32]. Diese Systematisierung soll helfen den eben genanten Freiraum zu konkretisieren.

Die aufgrund verschiedenster Grundsätze und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen für sittenwidriges Abwerben von Arbeitnehmern bieten einen Ansatz zur Beurteilung der Direktansprache.

Diese Grundsätze und Fallgruppen sollen als Hilfe für die rechtliche Beurteilung der Direktansprache im folgenden geschildert und diskutiert werden, wobei wegen des Fehlens von Dogmen in deutscher Rechtsprechung und einer Nichtbehandlung der Thematik im österreichischen Recht, diese Denkansätze jederzeit auf eine dissenting opinion treffen können.

3.4 Rechtsfolgen

Die zivilrechtlichen Folgen bei einem Verstoß gegen § 1 UWG sind der Unterlassungs-, Beseitigungs- und unter Umständen der Schadenersatzanspruch, sowie die Urteilsveröffentlichung. Anspruchsvoraussetzungen sind die Rechtsverletzung, die dann vorliegt, wenn der Personalberater gegen § 1 UWG verstößt, die Wiederholungs- (Begehungs-) gefahr und das Verschulden.

4. Rechtliche Situation in Österreich

4.1 Einleitung

Das österreichische Recht weist viele Gemeinsamkeiten mit Deutschland im Bereich der Lauterkeit auf. Sowohl der Bereich der Abwerbung von Arbeitnehmern, als auch der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Telefonwerbung ausschlaggebende § 1 öUWG ist mit dem § 1 dUWG gleichlautend. So ist sowohl nach deutscher als auch österreichischer Rechtsprechung Telefonwerbung im gewerblichen und privaten Bereich als unzulässige Belästigung der Fallgruppe des Kundenfangs zu subsumieren[33]. Im Bereich der Abwerbung von Arbeitnehmern fällt eine etwaige wettbewerbswidrige Handlung unter die Fallgruppe der Ausbeutung in concreto unter das Kapitel des Ausspannen[34], auch die Fallgruppe der Behinderung ist von Relevanz. Diese Unterteilungen in Fallgruppen sind das Resultat einer gefestigten Rechtsprechung der letzten dreißig Jahre in Deutschland und Österreich, die im wesentlichen übereinstimmen und dem Zweck des Wettbewerbrechts entsprechend, flexibel in ihrer Anwendung und Auslegung sind und auch sein müssen. Sie stimmen aber nicht nur im wesentlichen überein, sondern sind auch für die Beurteilung der Erlaubtheit der Direktansprache von unmittelbarer Bedeutung.

Zu beachten ist jedoch, dass die Entwicklung der Fallgruppen aus einem Zeitraum (ca 1960-1985) stammen, die den heutigen Anforderungen nicht immer gerecht werden. Die sich ändernde Situation am Arbeitsmarkt und die fortschreitende Entwicklung der Technologie stellen eine ganz andere Ausgangssituation dar und erschweren meines Erachtens die Anwendbarkeit der Urteile und der daraus entwickelten Grundsätze.

[...]


[1] Die Bezeichnungen Arbeitnehmer, Mitbewerber, Personalberater etc werden als geschlechtsneutrale Formulierungen benutzt.

[2] Bauer in Küttner, Personalhandbuch7 (2000), Rz 1

[3] siehe Kapitel 1.4.2

[4] Murmann in Sattelberger, Direktansprache - Ein effektiver Weg der Personalsuche (1999), 127

[5] Ethnologen verstehen unter dem Begriff Kopfjäger, kriegerische Stämme auf Borneo, die nach Missernten und Krankheiten, Köpfe von menschlichen Leichen auf Speere aufspießten um die bösen Geister zu vertreiben

[6] Die folgenden Ausführungen beruhen auf Murmann in Sattelberger, Direktansprache - Ein effektiver Weg der Personalsuche (1999), 127 ff, Kreikebaum, Personalberatung im europäischen Binnenmarkt (1994) 11 ff und eigener Erfahrung

[7] vgl dazu Kapitel 7.6

[8] Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser,, Arbeitsrecht I4 (1998) 133

[9] BGBl 1969/31 idF 1994/25

[10] Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 (2001), 223

[11] BGBl 1994/194 idF BGBl 2002/111 (GewRNov 2002)

[12] BGBl 1996/506 idF 2001/490

[13] Die GewRNov 2002 übernahm den bisherigen § 172.

[14] Grabler, Kommentar zur GewO (1998) §172 Rz 3

[15] € 3.270.-; Stand 1.5.2002

[16] Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 (2001) 225

[17] vgl Kapitel 1.3

[18] Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung dBGBl I 1997/20, 594

[19] 3. Buch des Sozialgesetzbuches dBGBl I 1997/84, 2970

[20] vergleichbar mit der Berechtigung in Österreich

[21] Quiring in Sattelberger, Das AFRG als gesetzliche Grundlage (1999) 59

[22] Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 (1997) §32 Rz 10 (12)

[23] OGH 09.11.1982 ÖBl 1983, 9

[24] OGH 26.3.1996, 4 Ob 2008/96i, ecolex 1996, 254

[25] Koppensteiner, §23 Rz 9

[26] Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 (2000) UWG §1 Rz 583

[27] so aber: Mahdi, Die Wettbewerbshandlung im UWG (1994), 66

[28] Kreikebaum, Personalberatung im europäischem Binnenmarkt (1994), 13

[29] OGH 26.9.1990, 9 ObA 231/90, ecolex 1991, 48

[30] OGH 25.11.1980, 4 Ob 386/80, ÖBl 1981, 45; Koppensteiner, §23 Rz 17f; dazu allg Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht, Rz 562

[31] Rummel in Koziol, Haftpflichtrecht II3 (1997), 266

[32] Baumbach/Hefermehl, UWG Einl Rz 157

[33] OGH 18.09.1996, UWG 1/96; Koppensteiner §33 Rz 7; Baumbach/Hefermehl UWG §1 Rz 67; explizit zur Telefonwerbung: Schmid, Dienstleistungsverkehr und Recht des unlauteren Wettbewerbs (2000) 49

[34] OGH 18.09.1996, UWG 1/96; Baumbach/Hefermehl UWG §1 Rz 582; Koppensteiner §33 Rz 86

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832463700
ISBN (Paperback)
9783838663708
DOI
10.3239/9783832463700
Dateigröße
569 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz – Rechtswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Januar)
Note
2,0
Schlagworte
headhunting executive search telefonwerbung abwerbung wettbewerbsrecht
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