Lade Inhalt...

Der Spin-Off der Mercedes-Benz Lenkungssparte

©2002 Doktorarbeit / Dissertation 348 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Anfang der 90er Jahre befand sich die gesamte europäische Automobilbranche in einer kritischen Situation. Nachlassende Nachfrage, hohe Produktionskosten und mangelnde Modellattraktivität führten den gesamten Wirtschaftszweig in eine tiefe Rezession. Erstmals in seiner Geschichte war auch das bis dahin vom Erfolg verwöhnte Unternehmen Mercedes-Benz direkt betroffen.
In Anbetracht dieser Tatsache wurde auf der der Lenkungssparte übergeordneten Systemebene MBAG entschieden, für die Lenkungsfertigung Kooperationsmöglichkeiten auf ihre Kostenvorteile und Synergiepotentiale hin zu untersuchen mit dem Ziel, die seinerzeit existierende Kostenlücke zum weltbesten Kostenführer nachhaltig zu schließen. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwieweit die Akteure der Lenkungssparte von der übergeordneten Systemebene getrieben wurden und in welchen Bereichen sie den Veränderungsprozess selbst steuern konnten.
Dabei wird analysiert, inwieweit es den Akteuren der Lenkungssparte gelang, ihre zu Beginn der Ausgründung definierten Strategien umzusetzen. Dies geschieht anhand der Personal-, Entwicklungs-, Produkt-, Kommunikations- und Unternehmensstrategie. Dies ist von besonderem Interesse, weil die MBLenk nach wie vor in das Unternehmensnetzwerk DCAG eingebunden ist. Der Innovationsbeitrag der vorliegenden Arbeit begründet sich durch die erstmalige grundlegende empirische Erforschung der Frage, inwieweit innerhalb eines Netzwerkes die übergeordneten Systemebenen (Metasysteme) den Veränderungsprozess von Subsystemen determinieren. Dies wird mittels einer Case-Study analysiert und bewertet. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen Unternehmungen, die sich in einer ähnlichen Systemwelt bewegen und mit dem Gedanken eines Spin-Offs tragen, über Vorteilhaftigkeit, Implementierungsschwierigkeiten, Definition relevanter Strategien und Bereiche sowie über die Vermeidung typischer Probleme dieser Veränderungsstrategie aufklären.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
INHALTSVERZEICHNIS1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS8
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS10
1.EINLEITUNG13
1.1Problemstellung13
1.2Zielsetzung, Untersuchungsgegenstand und analytischer Bezugsrahmen16
1.3Theoretische Implikationen18
1.4Transaktionskostentheorie vs. Organisationaler Wandel25
1.5Reduktion von Komplexität innerhalb von Systemen29
1.6Methodische Vorgehensweisen30
BAUSTEIN 1: DER THEORETISCHE BEZUGSRAHMEN34
2.DER GEGENSTANDSBEREICH ORGANISATIONALEN […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6347
Walcher, Mark S.: Der Spin-Off der Mercedes-Benz Lenkungssparte
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Konstanz, Universität, Dissertation / Doktorarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

2
INHALTSVERZEICHNIS
...
1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...8
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...10
1
EINLEITUNG ...13
1.1
Problemstellung... 13
1.2
Zielsetzung, Untersuchungsgegenstand und analytischer Bezugsrahmen... 16
1.3
Theoretische Implikationen... 18
1.4
Transaktionskostentheorie vs. Organisationaler Wandel ... 25
1.5
Reduktion von Komplexität innerhalb von Systemen. ... 29
1.6
Methodische Vorgehensweise... 30
BAUSTEIN 1: DER THEORETISCHE BEZUGSRAHMEN ...34
2
DER GEGENSTANDSBEREICH ORGANISATIONALEN WANDELS...35
2.1
Systembegriff... 35
2.1.1
Systemtypologie nach Boulding...36
2.1.2
Die Systemtypologie als Veränderungsinstrument ...40
2.1.3
Die Organisation als Gestaltungsobjekt ...41
2.2
System und Komplexität... 42
2.2.1
Komplexität von Systemen...42
2.2.2
Verschieden komplexe Situationen...43
2.3
Das Verhältnis System zu System... 44
2.3.1
Differenzierung der Umwelt zur Organisation ...45
2.3.2
Die Stakeholder der MBLenk...47
2.3.3
Strategische Antworten in einer unsicheren Umwelt ...48
2.3.4
Systeme in Systemen - die intraorganisationale Perspektive...49
2.4
Zufall vs. organisationaler Wandel... 49
2.4.1
Der EURO: Zufall vs. Fremdsteuerung ...50
2.4.2
Risikomanagement als Instrument zur Ausschaltung des Zufalls ...51
2.4.3
Die Zeit als determinierender Faktor von Veränderungsprozessen ...53
2.4.4
Spin-Off als Instrument für radikalen Wandel...54
2.4.5
Die MBLenk als Vorreiter der Spin-Off Welle...55
3
WANDEL - EIN VIELSCHICHTIGES PHÄNOMEN...57
3.1
Modelle des Wandels ... 58
3.1.1
Die Stellung des Managements innerhalb wandelinduzierter Prozesse...59
3.1.2
Deterministische Ansätze ...60
3.1.3
Managementvoluntarismus als unabhängige Variable...60
3.1.4
Interaktionismus als Erklärung organisationalen Wandels ...60
3.2
Formen des Wandels... 61

3
3.2.1
Wandel als kontinuierlicher Prozeß ...61
3.2.2
Wandel als dynamischer und diskontinuierlicher Prozeß...62
3.2.3
Reaktiver-defensiver vs. Proaktiver-offensiver Wandel...62
3.2.4
Autofahren als Beispiel für einen Veränderungsprozeß...64
3.2.5
Wandel als Mehrebenen-Phänomen...65
3.2.6
Geistiger vs. materieller Wandel...66
3.2.7
Konstanz und Wandel...68
3.3
Wandel als Basis der Unternehmenstransformation... 69
3.3.1
Wandel 1. Ordnung...69
3.3.2
Partielle Ansätze als Methode des inkrementalen Wandels ...70
3.3.3
Integrative Ansätze der Veränderung als Basis zur Erklärung von W1O ...70
3.3.4
Wandel 2. Ordnung...72
3.4
Prämissen des Wandels ... 74
3.4.1
Verständnis für Wandel...74
3.4.2
Prämissen des Wandels ...75
4
IDEALTYPISCHE STRATEGIETYPEN FÜR TRANSFORMATIONEN ...77
4.1
Prämissen an eine erfolgreiche Transformationsstrategie... 80
4.1.1
Intraorganisationale Prämissen...80
4.1.2
Horizontaler und vertikaler Fit als Basis einer erfolgreichen Transformation ...81
4.1.3
Harmonie mit den direkt übergeordneten Systemebenen ...82
4.1.4
Die externe Umwelt als determinierender Faktor...83
4.2
Den Transformationsprozeß managen... 85
4.2.1
Anforderungen an das Management für eine erfolgreiche Transformation...86
4.2.2
Projektmanagement als operatives Veränderungsinstrument...86
4.3
Unternehmenskultur vs. Transformationsstrategie... 87
4.3.1
Das Generieren eines neuen organisationalen Charakters ...88
4.3.2
Das Paradigmaverständnis innerhalb des Transformationsprozesses ...89
4.3.3
Zwischenstopp...90
4.4
Inhalte einer Transformationsstrategie... 90
4.4.1
Eine maßgeschneiderte Veränderungsstrategie ...90
4.4.2
Methodik einer Transformation...91
4.5
Drei Phasen der Umgestaltung... 92
4.5.1
Der 1. Akt der Transformation...92
4.5.2
Akt 2 des Wandels ...100
4.5.3
Akt 3: Die Institutionalisierung von Veränderungen...103
4.5.4
Inhaltliche Erweiterung des Transformationskonzepts ...105
4.5.5
Die Struktur folgt der Strategie ...105
4.5.6
Zwischenstopp...107
5
WENN DER WANDEL IN GANG KOMMT - AUSLÖSER DES WANDELS ...108
5.1
Die Permitting Conditions als interne Auslöser des Wandels ...109
5.1.1
Intraorganisationale Prämissen...109
5.1.2
Voraussetzungen innerhalb der MBLenk...109
5.2
Die Wandelbefähiger und Treiber der Veränderung ...111
5.2.1
Voraussetzungen im Umfeld - Enabler -...111
5.2.2
Ereignisse die eintreffen - Peripitater -...111
5.3
Enabling und Percipitating Conditions im Umfeld der Lenkungssparte ...112
5.3.1
Die Rolle der Stakeholder...112
5.3.2
Wettbewerbsnachteile werden wahrgenommen...112

4
5.4
Der Auslöser des Wandels - Das Triggering Event...113
5.4.1
Extraorganisationale Ereignisse als Auslöser des Wandels ...113
5.4.2
Intraorganisationale Ereignisse...114
5.5
Auf dem Weg zur eigenständig agierenden Lenkungssparte...114
5.5.1
Determinierende Variable 1: Eine Japanstudie als Triggering Event ...115
5.5.2
Determinierende Variable 2: Das Pilotprojekt ...116
5.5.3
Determinierende Variable 3: Das Berichtswesen der MBAG...119
5.5.4
Determinierende Variable 4: Die Technik ...119
5.5.5
Determinierende Variable 5: Die Kernfertigung ...120
5.5.6
Determinierende Variable 6: Die langfristige Produktionsordnung der MBAG...120
6
VOM PROFITCENTER ZUR SELBSTÄNDIGEN MBLENK...122
6.1
Das Profitcenter als Vorhut der MBLenk...122
6.1.1
Die Visionen für die Lenkungssparte...122
6.1.2
Die strategischen Zielsetzungen des Profit-Centers...123
6.1.3
Die Unternehmensstrategie Lenkungsfertigung ...124
6.1.4
Die Markt- und Entwicklungskompetenz...125
6.1.5
Kostenpotentiale ...125
6.2
Aus dem Profitcenter wird die MBLenkungen GmbH...126
6.2.1
Soft Facts kommen auf die Agenda...126
6.2.2
Die Startstruktur der MBLenk im Jahr 1995...127
BAUSTEIN 2: DIE DREIDIMENSIONALE POLICY-ANALYSE...129
7
DAS WESEN DER POLICY-ANALYSE...130
7.1
Abgrenzung der Analyseebenen...130
7.1.1
Die Makro- und Mesoebene...130
7.1.2
Die Mikroebene...131
7.2
Die Policy-Analyse als konzeptionelles Gerüst der Transformation...134
7.2.1
Das "Context-Content-Process" Modell vs. Policy-Analyse...134
7.2.2
Determinierende Faktoren des Transformationsprozesses ...134
8
DIE POLICY-DIMENSION ...136
8.1
Die Verknüpfung von Policy-Zyklus und Phasenmodell...136
8.1.1
Die Phase der Problemdefinition...139
8.1.2
Die Phase der Agenda- und der Programmgestaltung...140
8.1.3
Die analytische Zusammenführung der verschiedenen Policy-Phasen ...141
8.1.4
Agendagestaltung innerhalb des Gremiums Geschäftsleitertagung ...142
8.1.5
Die Phase der Programmformulierung...143
8.1.6
Die Phase der Implementierung...143
8.2
Die Abgrenzung von Output zu Impact und Outcome...144
8.2.1
Der Output...145
8.2.2
Die Outputanalyse...146
8.2.3
Bewertungskriterien zur Outputanalyse...147
8.3
Kommunikation als Erfolgsprämisse der Transformation ...149
8.3.1
Das Thema Kommunikation in der GL...149
8.3.2
Corporate Identity als sichtbares Signal der Transformation ...150
8.3.3
Das Thema Kommunikation verliert an Schwung ...151
8.3.4
Das Thema Kommunikation feiert ein Comeback...151
8.3.5
Zwischenstopp...152

5
8.4
Das Thema Qualität...153
8.4.1
Qualität wird zum organisationsweiten Thema...153
8.4.2
Zwischenstopp...154
8.5
Die Output-Dimension der MBLenk ...155
8.5.1
Die Produktivitätsstrategie aus dem Jahr 1994...155
8.5.2
Die Produktstrategie des Jahres 1994...155
8.5.3
Die Unternehmensstrategie ...157
8.5.4
Die Informations- und Kommunikationsstrategie ...157
8.5.5
Kundenstruktur und Absatzplanung ...157
8.5.6
Gestaltung und Umsetzung des Wandels ...158
8.6
Die Output-Dimension des PTU...159
8.6.1
Verbesserungsstrategie...159
8.6.2
Internationale Kooperationen...160
8.6.3
Unternehmerische Leitziele aus dem Jahr 1996...160
8.6.4
Die Marktstrategie des PTU ...160
8.6.5
Die Produktstrategie des PTU...161
8.6.6
Die Kostenstrategie des PTU ...161
8.6.7
Die Personalstrategie des PTU...162
8.6.8
Zusammenführung der Output-Dimensionen von PTU und MBLenk...162
9
DIE POLITY-DIMENSION ...164
9.1
Beurteilungskriterien von Organisationen...165
9.1.1
Abgrenzungskriterien ...165
9.1.2
Struktur- und innere Leistungskriterien...167
9.2
Netzwerke...169
9.2.1
Typologisierung von Netzwerken ...169
9.2.2
Der institutionalisierte sozio-ökonomische Netzwerkansatz...170
9.2.3
Der intraorganisationale sozio-ökonomische Netzwerkansatz...171
9.2.4
Die zeitlich dynamische Betrachtung der Polity-Dimension...172
9.3
Die relevanten Akteure des Veränderungsprozesses...173
9.3.1
Der Aufsichtsrat ...173
9.3.2
Die MBLenk-Geschäftsleitung...174
9.3.3
Der Antriebsstrang PTU...177
9.3.4
Einbindung der MB Lenk in den PTU...179
9.3.5
Der kurze Sommer der Anarchie ...179
9.3.6
Zwischenstopp...180
10 DIE POLITICS-DIMENSION...181
10.1
Charakteristika des akteursbezogenen Handelns ...181
10.1.1
Wer ist ein relevanter Akteur? ...182
10.1.2
Akteurskonstellationen im Problemlösungsprozeß...182
10.1.3
Die Handlungsorientierungen der Akteure ...183
10.1.4
Die Handlungsorientierungen PTU vs. MBLenk...185
10.2
Die Handlungssituation...186
10.2.1
Das Gegenstück zu den institutionellen Typen der Polity-Dimension ...186
10.2.2
Zwischenstopp...186
11 DIE STRATEGIEN WERDEN IN DIE REALITÄT UMGESETZT...188
11.1
Die Kooperationsstrategie...188
11.1.1
Charakter von Kooperationen...188
11.1.2
Mögliche Formen der Zusammenarbeit ...189

6
11.1.3
Potentielle Tragweite der rechtlichen Dimension...189
11.1.4
Risiken von Kooperationen...190
11.1.5
Strategische Zielsetzungen...191
11.1.6
Politics-Dimension vs. Kooperation...191
11.1.7
Ausgangslage für Kooperationen im Jahre 1992 ...192
11.1.8
Die geplante Kooperation verdichtet sich...193
11.1.9
Neuorientierung...196
11.1.10
Die SteerTec...198
11.1.11
Bishop ­ der australische Partner...199
11.1.12
Die Globalisierung - ein langer und steiniger Pfad...200
11.1.13
Das Konzept der verlängerten Werkbank...201
11.2
Die Produktstrategie...201
11.2.1
Von der KUL zur ZSL...202
11.2.2
Über die ZSL zur E-Lenkung...203
11.2.3
Die Produktstruktur der Jahre 1996 - 1998...205
11.2.4
Von der Produktentwicklung zur Vertriebs- und Marketingabteilung ...206
11.2.5
Strategische Zielsetzung ...207
11.2.6
Die Komponente Kooperation...208
11.3
Finanz- und Rechnungswesen, Controlling...209
11.3.1
Die Berichterstattung im Jahr 5 nach der Ausgründung ...210
11.3.2
Externe Prämissen für das Berichtswesen...211
11.4
Personalstrategie...212
11.4.1
Die Hard Facts der Personalstrategie...212
11.4.2
Die Soft Facts der Personalstrategie ...216
11.4.3
Thesen zur personalpolitischen Realisierung innerhalb der MBLenk...218
11.4.4
Die Dominanz der Produktivitätsstrategie ...218
11.4.5
Zwischenstopp...219
11.5
Ein Drama in drei Akten am Beispiel des Qualitätsmanagements ...219
11.5.1
Die Komplexität des Veränderungsprozesses steigt...219
11.5.2
Der erste Schritt: Ein Gefühl für die Dringlichkeit zu vermitteln...221
11.5.3
Der zweite Schritt: Man stellt sich dem Widerstand ...222
11.5.4
Der dritte Schritt: Umgang mit Widerstand ...223
11.5.5
Zusammenfassender Überblick...224
BAUSTEIN 3: EMPIRISCHE RELEVANZ DES VERÄNDERUNGSPROZESSES ...225
12 DARSTELLUNG DES FORSCHUNGSDESIGNS ...226
12.1.1
Untersuchungsformen...227
12.1.2
Auswahlverfahren ...230
12.1.3
Datenerhebungsmethoden ...230
13 DARSTELLUNG UND DISKUSSION DER EMPIRISCHEN ERGEBNISSE ...239
13.1
Visionen...239
13.1.1
Die Vision kommt in die Organisation...239
13.1.2
Konsequenzen aus der gelebten Vision...241
13.2
Kooperationen ...241
13.2.1
Bewertung von Kooperationsrisiken...241
13.2.2
Bestimmende Faktoren bei der Auswahl potentieller Kooperationen ...242
13.2.3
Kooperationsformen für die Zukunft ...242
13.2.4
Hauptgründe für das Scheitern von strategischen Allianzen ...243
13.2.5
Das Scheitern der Lenkungsunion aus Sicht der beteiligten Akteure ...243
13.2.6
Unterschiedliche Markteinschätzung als Grund des Scheiterns...244

7
13.3
Neue Gesellschaften...245
13.3.1
Das Projekthaus EPAS...245
13.3.2
Das Subsystem SteerTec...245
13.3.3
Lenksysteme Meseritz (LSM)...248
13.3.4
Die ChasTec Mülheim GmbH...248
13.3.5
Die Grundstücksverwaltungsgesellschaften der MB Lenk...249
13.3.6
Die BMB Steering Innovation GmbH und die ChasTec Schönebeck GmbH...249
13.3.7
Das erste Joint-Venture der MBLenk...250
13.4
Geno- und phänotypische Systemeigenschaften...250
13.4.1
Geno- und phänotypische Systemeigenschaften des Projekthauses EPAS...251
13.4.2
Die geno- und phänotypischen Systemeigenschaften der SteerTec ...252
13.4.3
Geno- bzw. phänotypologische Eigenschaften aus Sicht der Geschäftsleitung...252
13.4.4
Ein neuer organisationaler Charakter entsteht!...253
13.5
Entwicklungs- und Produktstrategie ...254
13.5.1
Die ZSL als kurze Zwischenlösung auf dem Weg zur E-Lenkung ...255
13.5.2
Ein Wettlauf mit der Zeit ...256
13.5.3
Kulturelle Differenzen der Wettbewerber als Chance für die MBLenk...256
13.5.4
Eine effiziente und effektive Patentstrategie als Basis eines optimalen Outputs ...257
13.5.5
Mittelständisches Zulieferunternehmen vs. Megazulieferer...257
13.5.6
Die Integration der MBLenk in ein neues Unternehmen ...258
13.5.7
Die Politics-Dimension der Produkt- und Entwicklungsstrategie...259
13.5.8
Software als entscheidende Determinante der Zukunft ...260
13.5.9
Die Output-Dimension E-Lenkung...262
13.6
Vertrieb und Marketing ...263
13.6.1
Die Marktfähigkeit der Produkte...263
13.6.2
Externe Kunden...263
13.6.3
Chrysler - value for money...264
13.6.4
Sicherung und Aufbau des Geschäfts mit dem Hauptkunden MB...264
13.6.5
MBLenk produziert Lenkgetriebe für das Modell Vaneo...265
13.6.6
Das Drittmarkt-Geschäft in Westeuropa...265
13.6.7
Erlangen von Markt-Know-how...266
13.6.8
Opportunitätskosten...266
13.7
Informations- und Kommunikationsstrategie...267
13.7.1
Der Output der IKT-Strategie...267
13.7.2
Die Polity-Dimension der IKT-Strategie...267
13.7.3
Die Politics-Dimension unter Beachtung der verschiedenen Systemebenen ...269
13.8
Personalstrategie...270
13.8.1
Strategische Personalplanung ...271
13.8.2
Unterschiede in der personalpolitischen Ausrichtung PTU/MBLenk...272
14 ZUSAMMENFASSUNG UND ÜBERPRÜFUNG DER THESEN ...273
14.1
Fazit Policy-Dimension...274
14.2
Fazit Polity-Dimension...275
14.3
Fazit Politics-Dimension ...279
14.4
Überprüfung der Hypothesen...285
LITERATURVERZEICHNIS...290
ANHANG: INTERVIEWBOGEN, DATENMATRIX UND CODEBLATT ...307

8
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Das Netzwerk der MBLenk
16
Abbildung 2: Einflußgrößen auf die Transaktionskosten
20
Abbildung 3: Transaktionskosten, Spezifitätsgrad und Integrationsform
23
Abbildung 4: Entscheidungsalternativen der Fertigungstiefenoptimierung
24
Abbildung 5: Unternehmensstrategie Lenkungsfertigung
32
Abbildung 6: Systemhierarchie nach Boulding
36
Abbildung 7: Die Stakeholder der MBLenk
47
Abbildung 8: Mission Statement aus den EURO-Guidelines 3/1997
49
Abbildung 9: Übergang Zufall in ein konkretes steuerbares Problem
51
Abbildung 10: Konzernrichtlinien zur Risikobewertung
52
Abbildung 11: Das System MBLenk im Jahr 1999
55
Abbildung 12: Der Einfluß des Managements auf das Ausmaß des Wandels
58
Abbildung 13: Deterministische vs. Voluntaristische Ansätze
59
Abbildung 14: Wandelintensität innerhalb der verschiedenen Wandelarenen
63
Abbildung 15: Stellgrößen der Implementierung
64
Abbildung 16: Sprung vom alten zum neuen Paradigma
73
Abbildung 17: Characteristics of First- and Second-Order Change
74
Abbildung 18: Die Basisstrategien für grundlegenden Wandel
78
Abbildung 19: Kernstrategien der MBLenk zur Transformation der Lenkungssparte
79
Abbildung 20: Projektlandkarte der MBLenk, 1999 86
87
Abbildung 21: Transformationscontrolling am Beispiel Projektmanagement
97
Abbildung 22: Die maßgeblichen Faktoren des Projektmanagements
98
Abbildung 23 Verzeichnis der Verfahrensanweisungen
99
Abbildung 24: Die Führungsstruktur der MBLenk Anfang 2000
106
Abbildung 25: Die Auslöser des Wandels
108
Abbildung 26: Handlungsbedarf zur Schaffung eines Centers
117
Abbildung 27: Der Transformationsprozeß der Lenkungssparte
118
Abbildung 28: Unternehmensstrategie Lenkungssparte
124
Abbildung 29: Startstruktur und Organisation der MBLenk im Jahr 1995
128
Abbildung 30: Die Ebenen der Policy-Analyse
131
Abbildung 31: Transformation der Policy-Analyse auf das DC-Netzwerk
132
Abbildung 32: Das sequentielle Ablaufschema des Problemlösungsprozesses
137
Abbildung 33: Unterschiede zwischen Transformation und Transition
138
Abbildung 34: Programm- und Thementreiber für die Policy-Dimension
141
Abbildung 35: Beispiel für die Funktionalität von Effektivität und Effizienz
147
Abbildung 36: Verschiedene Typen von Netzwerken
169
Abbildung 37: Geschäftsleiter-Funktionen
175
Abbildung 38: Kooperationsarten sind nach fünf Richtungen zu betrachten
189
Abbildung 39: Tragweite verschiedener Kooperationsalternativen
190
Abbildung 40: Projektvorschlag August 1993: Ausgliederung der Lenkungsfertigung
194
Abbildung 41: Kooperationsansätze der MBLenk
200
Abbildung 42: Die Produkte ZSL und KUL
202
Abbildung 43: Reduzierung der Variantenvielfalt und Produktionskomplexität
203
Abbildung 44: Entwicklung Lenkungstechnologie-Anwendungen
204
Abbildung 45: Produkte NFZ-Anwendungen im Jahr 1998
206
Abbildung 46: Produkte PKW-Anwendungen im Jahr 1998
207
Abbildung 47: Marktanteile 1997 in Westeuropa nach Stückzahlen
208

9
Abbildung 48: Die Lieferbeziehungen der MBLenk im Jahr 1997
209
Abbildung 49: Controller-Service im Umbruch
212
Abbildung 50: Die Elemente der Produktivitätsstrategie
213
Abbildung 51: Arbeitszeit und -organisation im Jahr 1995
214
Abbildung 52: Konzentration auf die strategische Fertigungstiefe im Jahr 1995
215
Abbildung 53: Personalstandentwicklung 1995
216
Abbildung 54: Voraussetzungen an ein effizientes Personalmanagement
217
Abbildung 55: Geschäftsfeldplanung Lenkungsfertigung -Transformationsplan -
221
Abbildung 56: Anwendungsbereiche für qualitative Untersuchungen
237
Abbildung 57: Die Polity-Dimension der SteerTec im Jahr 1999
246
Abbildung 58: Die Polity-Dimension des Projekthauses EPAS
251
Abbildung 59: Das Produktmanagement der Lenkungssparte
254
Abbildung 60: Potentielle Akteurskonstellationen für die E-Lenkungs-Entwicklung
260
Abbildung 61: Das elektrohydraulische Lenksystem
262
Abbildung 62: Kundenprofil und Umsatzanteil 1998
266
Abbildung 63: Die Meilensteine der ersten Jahre
276
Abbildung 64: Die Meilensteine der Jahre 1996-1997
278
Abbildung 65: Arbeitskreise des PTU im Jahr 1999
280
Abbildung 66: Die Meilensteine der Jahre 1998-1999
283

10
Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
ANX
Automotive Network Exchange (= gemeinsame Kommunikationsplattform der
amerikanischen Automobilhersteller Chrysler, Ford und GM, vgl. B2B)
AR
Aufsichtsrat
AT
Automotive (=Automobil)
ATS
Antriebsstrang (=Geschäftseinheit PTU Power Train Business Unit)
ATZ
Automobiltechnische Zeitschrift
BMB
BMB Steering Innovation GmbH
BR
Betriebsrat
BV
Betriebsversammlung
B2B
Business to business Plattformen. Virtuelle Handelsplattformen zwischen
Firmen
CATIA
Computer-Aided Three dimensional Interactive Application
CEO
Chief executive officer (Vorstandsvorsitzende)
ChasTec
Chassis Technology (=Fahrzeugtechnologie)
Corp.
Corporation (= Privatunternehmen, Gesellschaft)
CI
Corporate Identity
CTS
ChasTec Schönebeck GmbH
DBAG
Daimler-Benz AG
DCAG
DaimlerChrysler AG
DIN
Deutsche Industrie Norm
e-Business
Veränderungen der gesamten Wirtschaft durch neue IK-Technologien
e-Commerce Handelsaktivitäten, die über das Inter- oder Intranet stattfinden
e-Society
Neu entstehende virtuelle Gesellschaftsform
EFQM
European Foundation for Quality Management
EHPS
Electro Hydraulic Power Steering (elektomechanisches Lenksystem)
EL
Elektrolenkung
EPAS
Electric Power Assisted Steering (,,durch elektrische Leistung unterstützte
Lenkung")
EVZ
MBLenk-Entwicklungszentrum
FRC
Finanz- und Rechnungswesen und Controlling
FuE
Forschungs- und Entwicklungsbereiche
FT
Financial Times
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GBN
Geschäftsbereich Nutzfahrzeuge
GBP
Geschäftsbereich Personenwagen
GM
General Motors
GF-M
Geschäftsführung Managementsysteme
GL
Geschäftsleitertagung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GVG GmbH Grundstücksverwaltung für Meseritz
HB
Handelsblatt
HR-Strategie Human Resources Strategie (Personalstrategie)
HTC
Heavy Truck Concept (Schwere LKW)
IAA
Internationale Automobilausstellung
IKT
Informations- und Kommunikationstechnologie
IO
Abteilung Information und Organisation

11
ISO
International standards organization
IT
Informationstechnologie
JV
Joint Venture
KFZ
Kraftfahrzeug.
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
KUL
Kugelumlauflenkung
LKW
Lastkraftwagen
LPO3
3. Langfristige Produktionsordnung
LSM
MB-Lenksysteme Meseritz (Polen)
LTC
Light Truck Concept (Leichte LKW)
MBAG
Mercedes-Benz AG
M&A
Mergers&Acquisitions (Erwerbungen und Akquisitionen)
MBBrasil
Mercedes-Benz Brasilien
MBLenk
Mercedes-Benz Lenkungen GmbH
Mio.
Million
MoU
Memorandum of Understanding. Die Partner verpflichten sich, daß sie
,,ernsthafte" Verhandlungsinteressen, mit dem Ziel einer Zusammenarbeit
MIT
Massachusetts Institute of Technology
MTC
Middle Truck Concept (Mittelschwere LKW)
NAFTA
North American Freetrade Agreement (= Nordamerikanische
Freihandelszone)
NCV I
New compact vehicle (Neuer kompakter Wagen)
NCV II
New compact van (Neuer kompakter Großraumwagen
NFZ
Nutzfahrzeuge
NRW
Nordrhein-Westfalen
OP
Operative Planung
OEM
Original Equipement Manufactorer (Fahrzeughersteller)
PE
Personalentwicklung
PEP
Produktentstehungsprozeß
PKW
Personenwagen
PLZ
Produktleistungscenter
PPS
Produktionsplanungs- und Steuerungssystem (PPS)
PSP
Periodische strategische Planung
PTU
Power Train Business Unit (=Antriebsstrang)
OE
Organisationsentwicklung
QM
Qualitätsmanagement
QR
Quarterly Review (Vierteljährlicher Rückblick auf das Geschäftsfeld)
RM
Risikomanagement
ROCE
Return on capital employed (Bilanzielle Kennziffer)
RMS
Risikomanagementsystem
SbW
Steer by Wire ("Lenken durch Kabel", d.h. eine Lenkung ohne feste
Lenkstange)
SteerTec
Steering Technology GmbH
T1
T1 ist der Sprinter in alter Bauweise (Transporter 1)
T1N
T1N ist der Sprinter in Bauweise ab 2000 (Transporter 1 neu)
TO
T0 ist der Transporter 0 gleich Vito
TNO
Nachfolgemodell des Vitos
TPM
Total Productive Maintance (Förderung der Anlagenproduktivität in der
Produktion
TL
Transformational Leader (=Führungsfigur während des

12
Transformationsprozesses)
TXC
TradeXchange (=Virtuelle Handelsplattform im Internet (vgl. B2B))
UM
Umweltmanagement
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
USD
US-Dollar
VDA
Verband Deutscher Automobilhersteller
VIA
Verbundinitiative Automobil NRW
WBA
Wettbewerberanalyseteam
W1O
Wandel 1. Ordnung (Inkrementaler Wandel)
W2O
Wandel 2. Ordnung (Radikaler Wandel)
W168
Modell Wagen 168
W220
Modell Wagen 220
ZSL
Zahnstangenlenkung

13
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Anfang der 90er Jahre befand sich die gesamte europäische Automobilbranche in einer
kritischen Situation. Nachlassende Nachfrage, hohe Produktionskosten und mangelnde
Modellattraktivität führten den gesamten Wirtschaftszweig in eine tiefe Rezession. Erstmals
in seiner Geschichte war auch das bis dahin vom Erfolg verwöhnte Unternehmen Mercedes-
Benz direkt betroffen. Im Zuge der Neustrukturierung des damaligen Daimler-Benz Konzerns
(DBAG) wurde 1989 die Mercedes-Benz AG (MBAG) als eigenständige Sparte aufgestellt.
Dies war der Startschuß für einen Umbau des gesamten Systems. Die bis dahin funktional und
zentral gesteuerte Organisation wurde erstmals dezentral ausgerichtet. Dadurch sollte
unternehmerische Verantwortung auf nachgeordnete Systemebenen verlagert werden.
Wie sich im nachhinein herausstellte, sollten diese Veränderungen jedoch nur der Auftakt zu
einem langanhaltenden Wandelprozeß sein. Dieser gewann im Lauf der Zeit an
Geschwindigkeit und Intensität. Vorläufiger Höhepunkt war der Merger zwischen der DBAG
und der Chrysler Inc. zu der DaimlerChrysler AG (DCAG) im Jahr 1998. Diese Fusion
schaffte wiederum gänzlich neue Wandelarenen und Veränderungsfokusse.
Der rezessionsbedingte Nachfragerückgang in der Automobilindustrie sowie der enorme
Preisdruck führten dazu, daß auf der Ebene MBAG zu Beginn der 90er Jahre nach
Alternativen gesucht wurde, um die Fertigungstiefe zu verringern und die Kapitalbindung zu
reduzieren. Im Lenkungswerk Düsseldorf der MBAG konnten damals potentiell bis zu 1 Mio.
Lenkungen pro Jahr für PKW und LKW produziert werden. Aufgrund der rückläufigen
Nachfrage nach Pkws und des zunehmenden Konkurrenzdrucks, insbesondere seitens
japanischer Hersteller, war für das Werk Düsseldorf ein erheblicher Kostennachteil
entstanden, der die Konkurrenzfähigkeit einschränkte: "Im Vergleich mit dem besten
japanischen Wettbewerber wurde eine Kostenlücke in Höhe von ca. 200 Mio. DM festgestellt,
und zwar nach einer zuvor durchgeführten Normierung auf das MB-Produktionsprogramm
hinsichtlich Stückzahl, Sortimentsstruktur und Fertigungstiefe" (Sanner/Fülling, 1995, S.137).
Dieser Kostennachteil resultierte zum einen aus zu hohen Entwicklungsaufwendungen, zum
anderen war er auf Standortnachteile und nicht ausreichende Losgrößen zurückzuführen.
In Anbetracht dieser Tatsache wurde auf der der Lenkungssparte übergeordneten
Systemebene MBAG entschieden, für die Lenkungsfertigung Kooperationsmöglichkeiten auf
ihre Kostenvo rteile und Synergiepotentiale hin zu untersuchen mit dem Ziel, die seinerzeit

14
existierende Kostenlücke zum weltbesten Kostenführer nachhaltig zu schließen. Hierbei ist
von Interesse, inwieweit die Akteure der Lenkungssparte von der übergeordneten
Systemebene getrieben wurden und in welchen Bereichen sie den Veränderungsprozeß selbst
steuern konnten.
Nachdem es Anfang der 90er Jahre gelungen war, die Lenkungssparte als eigenständiges
Profitcenter aufzustellen, kennzeichneten die damalige Situation zwei Grundüberlegungen:
1.
Eine Kooperation mit einem anderen Lenkungshersteller
2.
Eine Ausgründung der Lenkungssparte
Die Ausgründung der Lenkung war Bestandteil der im Rahmen einer langfristigen
Produktionsordnung
1
(LPO III) entschiedenen Vorwärtsstrategie. Diese war ausgerichtet auf
das Eingehen einer Allianz mit der Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF) und VW im Sinne
einer Stärkung der gemeinsamen Aktivitäten auf diesem Gebiet. Die grundsätzliche
Bereitschaft zur Zusammenarbeit hatten die drei Partner in einer Absichtserklärung vom 25.
Februar 1994 bekundet
2
.
Ziel der MBAG war es, die beste Lösung für ein Kooperationsmodell bis hin zu einer
möglichen Ausgliederung der Lenkungsfertigung zu erarbeiten und zu realisieren. Dies
bedeutete im einzelnen:
·
Unter Rentabilitätsgesichtspunkten die Fertigungstiefe zu verringern und damit die
Kapitalbindung abzubauen,
·
unter strategischen Gesichtspunkten den Zugang zum günstigsten Weltmarktpreisniveau
bei erforderlicher Qualität langfristig sicherzustellen,
·
unter wirtschaftlichen Aspekten durch Zusammenlegung der Forschungs- und
Entwicklungs- (FuE)-, Einkaufs-, Produktions- und Vertriebsaktivitäten Kostenvorteile zu
realisieren und damit die Einkaufspreise für die MBAG deutlich zu reduzieren.
Die Alternativen sahen vor, gemeinsam mit einem oder mehreren Automobilherstellern sowie
weiteren geeigneten strategischen Partnern eine "Lenkungsunion" zu errichten und darin die
Lenkungsfertigung von Mercedes einzubinden
3
. Potentielle Partner einer solchen
Lenkungsunion waren VW, BMW und ZF.
Zu jener Zeit wurde seitens der MBAG als Partner VW favorisiert, da beide Unternehmen
hinsichtlich ihrer Endprodukte (PKW) nicht unmittelbare Wettbewerber waren. Durch die
Einbindung der Lenkungsfertigungen in den Werken Braunschweig (VW) und Düsseldorf
(MBAG) erhofften sich die Akteure erhebliche Synergieeffekte. Diese sollten im
1
Vgl. hierzu: Kapitel 5: Die langfristige Produktionsordnung der MBAG.
22
Schreiben des Geschäftsführers an den Vorstand der MBAG, Düsseldorf, 8/1994.

15
wesentlichen aus Losgrößenvorteilen und damit einhergehenden Stückkostenreduktionen
resultieren, die sich aus der Zusammenlegung des Lenkungsbedarfs von VW in Höhe von
rund 2,4 Mio. Lenkungen pro Jahr und den MB-Stückzahlen ergeben hätten.
Wie angespannt die damalige wirtschaftliche Lage war, zeigt die Überlegung, selbst mit dem
Konkurrenten BMW zusammenzuarbeiten. Anders als bei VW hätten sich jedoch mit BMW
nicht die gleichen Synergiepotentiale realisieren lassen, da BMW keine eigene
Lenkungsfertigung besaß. Die Idee war vielmehr, Lieferbeziehungen für bestimmte
Komponenten in Form einer Kooperation aufzubauen
4
.
In einem weiteren Lösungsansatz wurde als Lenkungshersteller und weiterer potentieller
Partner im Verbund ZF bevorzugt. Die Begründung dafür war, daß ZF die Entwicklung von
Energiesparlenkungen sehr weit vorangetrieben hatte und bereits über einbaufähige
Versuchslenkungen im Sinne der Anforderungen von VW (Closed Centre Concept
5
) verfügte.
Als Alternative zu ZF war auch TRW vorstellbar. Im Vergleich zu ZF galt TRW als
wesentlich reaktionsschneller; mit einem globalen Fertigungskonzept hatte TRW
internationale Erfahrungen und direkten Zugang zu weltweiten Produktionsstätten.
Der japanische Lenkungshersteller Koyo schied als potentieller Partner aus, da wesentliche
Unterschiede in der Technologie und in den strategischen Zielen bestanden (keine Aktivitäten
im Bereich der Elektrolenkungen).
Bis Ende 1993 sollte Klarheit über die Verbundpartner bestehen und entsprechende LOIs
6
abgeschlossen werden. Das Etablieren der sogenannten "Lenkungsunion" als Lieferverbund
war dann für 1994 vorgesehen worden.
Schon der "Gründungsprozeß" macht deutlich, welch erheblicher Einfluß von den Akteuren
der übergeordneten Systemebenen auf den Veränderungsprozeß der Lenkungssparte ausging.
Wie die empirische Analyse zeigt, waren die Reichweiten der übergeordneten Akteure
während des Veränderungsprozesses dort ausgeprägter, wo die übergeordneten Systemebenen
unmittelbar betroffen waren. Dies war bei allen Arten von interorganisationaler
Zusammenarbeit sowie Gründungen von Subsystemen der Fall.
3
Vgl. hierzu: Abbildung 28: Projektvorschlag August 1993: Ausgliederung der Lenkungsfertigung.
4
Projektvorschlag Mercedes-Benz AG, "Ausgliederung der Lenkungsfertigung 10/1993".
5
Damit war die Lieferung des gesamten Lenksystems gemeint.
6
Letter of Intent: Schriftliche Absichtserklärung über das Ziel einer gemeinsamen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen.

16
Diesem Gedankengang folgend, wurden zwei Hypothesen entwickelt:
Hypothese 1: Übergeordnete Systemebenen determinieren den Veränderungsprozeß von
operativen Sparten, so daß die Akteure der operativen Sparten im Zeitverlauf in weiten Teilen
nur reagieren und nicht proaktiv handeln können.
Hypothese 2: Organisationale Entscheidungen kommen oftmals aus "Zufälligkeiten"
zustande, die sich mittel- und unmittelbar im Umfeld des Systems ergeben, ohne daß ein
rationales Entscheidungskalkül dahintersteht.
1.2
Zielsetzung, Untersuchungsgegenstand und analytischer Bezugsrahmen
Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit liegt darin zu klären, welcher Einfluß von
den übergeordneten Systemebenen DC und Antriebsstrang
7
(PTU) auf den
Veränderungsprozeß der Lenkungssparte ausging.
DaimlerChrysler
AG (DCAG)
DaimlerChrysler
AG (DCAG)
Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge (GBN)
Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge (GBN)
Geschäftsbereich PTU
Geschäftsbereich PTU
Achsen
Kassel,
Gaggenau
Achsen
Kassel,
Gaggenau
MBLenk
Düsseldorf,
Esslingen/Neckar,
Meseritz,
Mülheim/Ruhr,
Schönebeck/Elbe
Gießerei
Mannheim
Gießerei
Mannheim
Getriebe
Rastatt
Gaggenau
Getriebe
Rastatt
Gaggenau
Motoren
Mannheim
Motoren
Mannheim
Kunden
Kunden
Externe
Umwelt
(Einflüsse
und Risiken)
Externe
Umwelt
(Einflüsse
und Risiken)
Abbildung 1: Das Netzwerk der MBLenk
7
Der PTU wurde am 3.7.1995 mit einer Kick-Off Veranstaltung offiziell unter dem Namen Antriebsstrang (ATS) gegründet.

17
Dabei wird untersucht, inwieweit es den Akteuren der Lenkungssparte gelang, ihre zu Beginn
der Ausgründung definierten Strategien umzusetzen. Dies wird anhand der Personal-,
Entwicklungs-, Produkt-, Kommunikations- und Unternehmensstrategie untersucht. Dies ist
besonders deshalb von Interesse, weil die MBLenk nach wie vor in das
Unternehmensnetzwerk DCAG eingebunden ist. Daher beeinflussen Entscheidungen, die auf
den der MBLenk übergeordneten Systemebenen getroffen werden, den Veränderungsprozeß
mittel- und unmittelbar.
Der Innovationsbeitrag der vorliegenden Arbeit begründet sich durch die erstmalige
grundlege nde empirische Erforschung der Frage, inwieweit innerhalb eines Netzwerkes die
übergeordneten Systemebenen (Metasysteme) den Veränderungsprozeß von Subsystemen
determinieren. Dies wird mittels einer Case-Study analysiert und bewertet. Die Ergebnisse
dieser Untersuchung sollen Unternehmungen, die sich in einer ähnlichen Systemwelt
bewegen und mit dem Gedanken eines Spin-Offs tragen, über Vorteilhaftigkeit,
Implementierungsschwierigkeiten, Definition relevanter Strategien und Bereiche sowie über
die Reduktion bzw. Vermeidung typischer Probleme dieser Veränderungsstrategie aufklären
und zugleich eine Hilfestellung bieten.
Die vorliegende Arbeit bewegt sich innerhalb des institutionellen Ansatzes. Dieser geht davon
aus, daß Organisationen zweckorientierte soziale Konstruktionen sind
8
. Dabei wird das
"tatsächlich empirisch beobachtbare Verhalten" (Osterloh/Frost, 1998, S.187) implizit erfaßt.
Wesentliche unabhängige Variable für das Zustandekommen von Organisationsstrukturen ist
das Handeln der relevanten Akteure. Im Vordergrund stehen die Akteure der MBLenk und
der verschiedenen Systeme DC und PTU, die unterschiedlichen Wandelarenen, innerhalb
derer sich der Veränderungsprozeß abspielt und der generierte Output in Form von Strategien,
Produkten und Programmen. Auf dieser Basis heraus erfolgt die Policy-Analyse. Das
Untersuchungsziel innerhalb dieser Perspektive ist es, die Strategien und die
dahinterstehenden Handlungsorientierungen der Akteure, die formal die Macht zur
Entscheidungsfindung und -implementierung innehaben, zu dekodieren. Dazu wird die ganze
Organisation in die drei Dimensionen Policy (Inhalte), Polity (Akteure) und Politics
(Prozesse) analytisch zerlegt. Gleichzeitig dient das Ergebnis als Grundlage für eine
Bewertung der Kompetenzen zur Transformation der Lenkungssparte.
8
Vgl hierzu: Mayntz 1968, Parsons 1966 und March/Simon 1966.

18
1.3
Theoretische Implikationen
In der jüngeren Zeit finden im Rahmen der Organisationsforschung die sogenannten
neoinstitutionalisierten Ansätze Eingang in die Institutionenanalyse: "Das Theoriegebäude der
Neuen Institutionenökonomie steht für verschiedene Ansätze zur Erklärung des Wirtschaftens
in einer Welt, in der unvollkommene Akteure, Menschen mit begrenzter Rationalität und
Moral, in ihrem ökonomischen Handeln aufeinander angewiesen sind" (Picot/Dietl/Frank,
1999, S.54). Im Kern der neoinstitutionalistischen Ansätze steht die Analyse von
Institutionen
9
. Dabei werden Auswirkungen von Institutionen (wie z.B. Verträge,
Organisationsstrukturen) auf das Verhalten von Akteuren usw. untersucht. Das
Erkenntnisinteresse richtet sich auf zwei Grundfragestellungen:
1.
"Welche (alternativen) Institutionen haben bei welchen Arten von
Koordinationsproblemen des ökonomischen Austausches die relativ geringsten Kosten
und die größte Effizienz zur Folge?
2.
Wie wirken sich die Koordinationsprobleme, die Kosten und die Effizienz von
Austauschbeziehungen auf die Gestaltung und den Wandel von Institutionen aus?"
(Ebers/Gotsch, 1999, S.199)
Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses stehen die vier Komponenten Effizienz, Institution,
Austausch und Kosten. Diese Variablen werden zugleich als Ursache und als Wirkung für
bestimmte organisationale Entwicklungen betrachtet. Beispielsweise entstehen ineffiziente
Systeme durch eine nicht optimale Formulierung eines Vertragskonstruktes
(Kompromißlösung). Die dadurch generierte ineffiziente Organisationsstruktur verursacht nun
wieder ihrerseits einen erhöhten Aufwand an Regularien, um den (Güter-) Austausch zu
gewährleisten. Dadurch wiederum entstehen höhere Kosten.
Die neoinstitutionalistische Organisationsanalyse ist durch drei verschiedene Ansätze geprägt:
·
Die Theorie der Verfügungsrechte
(Property Rights Theory)
10
,
·
die Agenturtheorie
(Agency Theory)
11
,
·
die Transaktionskostentheorie
(Transaction Cost Economics)
12
.
9
Picot/Dietl/Frank 1999; Wieland 1997; Wolff 1995; Elsner 1986 und 1987; Williamson 1985; Schotter 1981; Schwödiauer 1980.
10
Vgl. Alchian 1965; Alchian/Demsetz 1972; Coase 1937 und 1960; Demsetz 1964 und 1967; Ebers/Gotsch 1998; Furubotn/Pejovich 1972
und 1974; De Alessi 1980; Grossman/Hart 1986; Hart 1995 und 1989; North 1981; Picot 1981und Picot/Dietl/Frank 1999
.
11
Eisenhardt 1989; Fama 1980; Grosmann/Hart 1983; Jensen/Meckling 1976; Laux 1990 u.a.
12
Vgl. Coase 1937 und 1960; Ebers/Gotsch 1998; Picot 1982, 1985, 1986 und 1991; Picot/Dietl/Frank 1999; Williamson 1975, 1979, 1991
und 1993.

19
Um den Wandel von Systemen zu erklären, ist die Transaktionskostentheorie
13
am weitesten
verbreitet
14
. Aufgrund der großen Popularität dieses Ansatzes wird im folgenden untersucht,
inwieweit er sich als theoretische Grundlage der vorliegenden Arbeit eignet. Dabei steht
zumeist "die Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremderstellung und die Erklärung
des realisierten Grades vertikaler Integration" (Ebers/Gotsch 1998, S.241) im Mittelpunkt des
Erkenntnisinteresses
1516
.
Die grundlegende Untersuchungseinheit der Transaktionskostentheorie ist die einzelne
Transaktion. Ausgangspunkt hierfür bilden die vielfältigen Austauschbeziehungen, die
zwischen den spezialisierten Akteuren arbeitsteiliger Wirtschaftssysteme bestehen. Der
Begriff des Akteurs läßt sich sowohl auf das Individuum als auch auf ganze Organisationen
anwenden.
Mittels der Transaktionskostentheorie soll erklärt werden, warum in bestimmten Typen von
Institutionen, bestimmte Transaktionen effizient, in anderen dagegen ineffizient abgewickelt
und organisiert werden. Ausschlaggebendes Kriterium sind die Kosten, "die den
Vertragspartnern für die ausgetauschten Güter oder Leistungen (Produktionskosten) sowie für
die Abwicklung und Organisation der Transaktion (Transaktionskosten) jeweils entstehen"
(Ebers/Gorsch, 1998, S.207). Die Kosten sind also unabhängige Variable für bestimmte
organisationale Arrangements. Die Akteure streben sowohl bei der Erstellung des
auszutauschenden Gutes oder der Leistung (Produktionskosten) als auch beim
Ressourcenverbrauch, der für die Abwicklung und Organisation des Austauschs
(Transaktionskosten) selbst entsteht, einen möglichst geringen Verzehr an (Ebers/Gorsch,
1998, S.207). Bei einem Effizienzvergleich alternativer institutioneller Formen sind
dementsprechend die Summe der jeweils anfallenden Produktionskosten und
Transaktionskosten (Williamson, 1985, S.22) entscheidend.
Die Höhe der Transaktionskosten wird von bestimmten Bedingungskonstellationen bzw. den
gewählten organisatorischen Gestaltungsaktivitäten determiniert. Zur Erklärung der
Zusammenhänge zwischen diesen Determinanten und der jeweiligen Höhe der
Transaktionskosten wurde von Williamson das Modell Organizational failure framework
entwickelt.
14
Vgl. Osterloh, Frey, Frost, 1998, S.1247.
15
Z.B. in der Automobilindustrie: Baur 1990; Masten/Meehan/Snyder 1989; Monteverde/Teece 1982; Walker/Weber 1984.
16
Vgl. branchenübergreifende Untersuchungen: Albers/Krafft 1996; Anderson 1988; Anderson/Coughlan 1987; Anderson/Schmittlein 1984;
Heide/John 1988; Helm 1997; John/Weitz 1988; Joskow 1985; Krafft 1996; Majumdar/Ramaswarny 1994; Masten 1984;
Masten/Meehart/Snyder 1991; Monteverde/Teece 1982; Rangan/Corey/Cespedes 1993; Walker 1994; Walker/Poppo 1991.

20
Verhaltensannahmen
Umweltfaktoren
Unsicherheit/ Komplexität
begrenzte Rationalität
Informationsverkeilung
Opportunismus
Spezifität/Strategische Bedeutung
Transaktionsatmosphäre -häufigkeit
Abbildung 2: Einflußgrößen auf die Transaktionskosten
17
Das Schaubild zeigt die Variablen, die auf die Transaktionsatmosphäre und somit auf die
einzelne Transaktion einwirken. Spezifisches Handeln resultiert u.a. aus begrenzter
Rationalität und einem opportunistischen Verhalten seitens der Akteure. Die begrenzte
Rationalität basiert primär aus einem Defizit an relevanten Informationen. Wenn man hierbei
davon ausgeht, daß aus relevanten Informationen Wissen generiert wird, wird schnell
deutlich, daß dieses Wissensdefizit zu einer nicht immer effizienten Organisation führen
kann. Osterloh und Frost bezeichnen dieses Wissen als implizites Wissen (Osterloh/Frost,
1998, S.212ff.). Für die vorliegende Arbeit ist hierbei entscheidend, daß davon ausgegangen
wird, daß implizites Wissen nur schwer zu kopieren, begrenzt verfügbar und
unternehmensspezifisch vorhanden ist. Implizites Wissen können produktspezifische
(System-) Entwicklungsleistungen sein. Bei der MBLenk ist dies beispielsweise das
Produktwissen rund um den Antriebsstrang des Fahrzeugs, also die Integration der Lenkung
mit Achse, Getriebe, Antrieb und Chassis. Es handelt sich demnach um Wissen, das einerseits
nur schwer übertragbar ist und anderseits einen Wettbewerbsvorteil generiert. Ein derartiger
Wettbewerbsvorteil entsteht dann, wenn es den Akteuren gelingt, dieses implizite Wissen
17
Picot/Dietl/Frank, 1999, S.54, in Anlehnung an: in Anlehnung an Williamson 1975, S.40.

21
organisatorisch zu verankern
18
. Auf das Change Management bezogen bedeutet dies, daß das
Management das System kontinuierlich in der Gestalt verändert und dieses implizite Wissen
jederzeit abgerufen, verbessert sowie angewendet werden kann. Gleichzeitig muß es den
Akteuren jedoch gelingen, daß dieses Wissen nicht an Konkurrenten verloren wird.
Aus diesen Prämissen heraus entstehen dann ganz spezifische inter- und intraorganisationale
Arrangements, sowohl auf der vertikalen als auch auf der horizontalen Systemebene. Je mehr
die Organisation nun von implizitem Wissen abhängig ist, desto höher wird das Risiko, daß
Abhängigkeiten entstehen, die sich mit einer bestimmten Eintrittswahrscheinlichkeit negativ
auf das System auswirken werden. Um dieses Risiko zu minimieren, werden spezielle
Verträge und Absicherungen getroffen. Dadurch entstehen Transaktionskosten. Gerade
Zulieferleistungen in der Automobilindustrie sind aber mit einem Risiko gegenseitiger
Abhängigkeit belastet.
Beispielsweise war 1998 die Produktion in den Ford-Werken in Köln und im britischen
Dagenham tagelang lahmgelegt, weil Kiekert keine Türschlösser mehr geliefert hatte
19
.
Kiekert hatte den Lieferausfall mit Softwareproblemen begründet. In Presseberichten war aber
spekuliert worden, daß diese Probleme nur vorgeschoben waren und Kiekert in Wirklichkeit
bei den Vertragsgesprächen bessere Konditionen aushandeln wollte. Die angeblichen Verluste
lagen bei etwa 200 Millionen Mark. Der Streit ging sogar soweit, daß Ford
Regreßforderungen gegen Kiekert prüfte.
Das gegenseitige Verhältnis Zulieferer vs. Hersteller ist also einerseits durch große
Abhängigkeiten und anderseits durch eine hohe Unsicherheit geprägt. Die Akteure können
die zukünftige Entwicklung ihres Transaktionsverhältnisses nicht exakt vorhersagen. Um die
Unsicherheit und die Abhängigkeit zu reduzieren, ist aus Sicht der Transaktionskostentheorie
die Inhouseproduktion von Vorteil. Angesichts der geringeren Unsicherheit kommt es
idealtypisch zu einem geringeren Aufwand bei der Formulierung, Anpassung und Kontrolle
der entsprechenden Leistung, da diese nur nach innen formuliert werden muß und es nicht
spezifischer Verträge bedarf. Abhängigkeit und Unsicherheit erhöhen sich schlagartig, wenn
es zu interorganisationalen Kooperationen kommt, dann stellen sie ein entscheidendes
Erfolgskriterium dar. Letztlich muß es den Akteuren gelingen, diese durch
vertrauensbildende Maßnahmen und vertragliche Konstruktionen zu reduzieren. Gerade bei
der Nutzung von spezifischem Wissen (implizitem Wissen), das von strategischer Bedeutung
ist, bestimmt dieses die Transaktion und somit letztlich den organisationalen Wandel.
18
Vgl. z.B. Nonaka/Takeuchi 1995; Frost 1998, S.213ff.).
19
http://www.welt.de/daten/1998/06/26/0626wi74708.htx?print=1.

22
Daneben determiniert die Häufigkeit, mit der ein bestimmter Transaktionstyp zwischen
Tauschpartnern wiederholt wird, das Ausmaß der Transaktionskosten. Dieser Einfluß beruht
darauf, daß die verschiedenen Koordinationsformen unterschiedlich hohe
Anfangsinvestitionen erfordern (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.71). So ist es ungleich schwerer,
einen spezifischen Institutionstyp, wie den der geplanten Lenkungsunion oder die
Zusammenarbeit zwischen Siemens AT und der MBLenk Ende der 90er Jahre erfolgreich zu
generieren
20
als beispielsweise einen bereits weitgehend vorhandenen informellen und
institutionellen Wissensaustausch zwischen ve rschiedenen Akteuren, wie dies im Quartely
Report des PTU stattfand, nutzbringend zu etablieren.
Diese Variablen determinieren also die Transaktionsatmosphäre. Williamson bezeichnet
dieses Auftreten spezifischer Merkmale als "Interaction effects" (Williamson, 1975, S.37).
Zur Transaktionsatmosphäre rechnet man darüber hinaus alle soziokulturellen und
technischen Faktoren, die in einer gegebenen Situation Einfluß auf die Transaktionskosten
verschiedener Koordinations- und Motivationsinstrumente haben. Immer dann, wenn
sogenannte "Interaction effects" auftreten, denen die beteiligten ökonomischen Akteure einen
"Wert an sich" beimessen, reicht die Erklärungskraft des einfachen Verhaltensannahmen-
Umweltfaktoren-Modells nicht mehr aus (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.71). Daraus entstehen
innerhalb der Transaktionskostentheorie für die Entstehung und das Verstehen von
organisationalem Wandel drei grundsätzliche Typen von institutionellen Arrangements:
·
Markt,
·
Hierarchie,
·
Kooperation.
Nach Coase
21
haben Unternehmen nur dann das Recht zu existieren, wenn es ihnen gelingt,
im Rahmen ihrer Leistungserstellung geringere Transaktionskosten zu generieren, als dies mit
einem externen Partner über den Markt der Fall wäre (Coase, 1960). Durch die daraus
entstehende Systematisierung der Koordinations- und Motivationsinstrumente ergibt sich das
Ausmaß vertikaler Integration. Hierbei spricht man von vollständiger vertikaler Integration,
wenn die Akteure "vor dem Hintergrund langfristig gültiger, sogenannter relationaler
Verträge agieren". Williamson nennt den entsprechenden Koordinationsmechanismus
hierarchische Koordination bzw. Hierarchie" (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.71). Das Gegenteil
hiervon sind vollständig desintegrierte Akteure, die auf Märkten kurzfristig Verträge
abschließen. Hierbei spricht man von Markt. Zwischen Markt und Hierarchie sind in der
20
Vgl. Kapitel 13.3 Neue Gesellschaften.
21
Vgl. Coase 1937 und 1960.

23
empirischen Realität die verschiedensten Typen von Systemen angesiedelt. Von einer
hybriden Koordinationsform spricht man, wenn eine Transaktionsbeziehung enger und
langfristiger als ein spontaner Marktkauf ist, ohne aber innerhalb des Unternehmens
abzulaufen (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.80).
Markt
Kooperation Hierarchie
Transaktions
--kosten
Spezifität
Abbildung 3: Zusammenhang zwischen Transaktionskosten, Spezifitätsgrad und
Integrationsform
22
Allerdings greift die Transaktionskostentheorie innerhalb dieses bipolaren Kontinuums zu
kurz, demgemäß kann sie nicht immer erklären, warum bestimmte Entscheidungen getroffen
wurden, denn mittels dieses Erklärungsansatzes gelingt es nicht durchweg, bestimmte
organisationale Phänomene zu erklären. Warum Firmen existieren bzw. was deren Größe und
Ausdehnung bestimmt, sind aber durchaus relevante Fragen (Osterloh, Frey, Frost, 1998,
S.1246), wenn man sich mit optimalen Koordinationsformen von Systemen auseinandersetzt.
Die Transaktionskostentheorie bewegt sich zumeist nicht innerhalb des bipolaren
Kontinuums, sondern häufig nur an deren äußeren Polen Markt und Hierarchie. Schon der
Koordinationsmechanismus Kooperation ist eigentlich ein Sonderfall, da die Kooperation
letztlich ja auf den beiden äußeren Polen beruht, bzw. von diesen abgeleitet wird. Im
Mittelpunkt der Transaktionskostentheorie steht demnach die Frage, warum bestimmte
22
Picot/Dietl/Frank, 1999, S.82, in Anlehnung an Williamson, S.284.

24
Entscheidungen zustande kommen und daraus bestimmte Organisationsformen (Markt vs.
Hierarchie) entstehen. Unter reinen Effizienzgesichtspunkten wurden "Make-or-Buy"-
Entscheidungen schon länger in der betrieblichen Kostenrechnung behandelt.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß ein Outsourcing unter dem Gesichtspunkt der
Transaktionskosten am leichtesten bei einfachen, standardisierbaren, sicheren und gut
planbaren Teilen der Wertschöpfungskette möglich ist. Aus der Perspektive
Transaktionskostentheorie heraus bedeutet dies für den vorliegenden Fall: Die MBLenk hat,
wenn auf der eine Seite eines Kontinuums Eigenentwicklung und Eigenerstellung und auf der
anderen spontaner Einkauf am Markt stehen, sämtliche vertikale Integrationsgrade des
Kontinuums durchlaufen.
Dabei durchlief sie aber keinen linearen Prozeß, sondern einen vielschichtigen, sich
überschneidenden Prozeß, der in vielen verschiedenen Wandelarenen stattfand. Zusätzlich
erfolgte im Lauf der Zeit eine vollständige Rückintegration in den Konzern.
Eigenentwicklung und Eigenerstellung
Kapitalbeteiligung an Lieferanten/Abnehmern
Lieferantenansiedlung
Entwicklungskooperation
· mit anschließender Eigenerstellung
· mit anschließender Fremderstellung
Langzeitvereinbarungen
· für spezifische, eigenentwickelte Teile
· für spezifische, fremdentwickelte Teile
Jahresverträge
· mit offenen Lieferterminen und Mengen
· mit festen Lieferterminen und Mengen
Spontaner Einkauf am Markt
Abnehmender
vertikaler
Integrationsgrad
Abbildung 4: Entscheidungsalternativen der Fertigungstiefenoptimierung
23
Obige Abbildung soll verbildlichen, daß bei geringer Spezifität der marktliche Austausch und
bei hoher Spezifität die vollständige Integration überlegen sind. Dies traf im vorliegenden Fall
in der Gestalt nicht ein, da gerade zu dem Zeitpunkt, als die technischen Anforderungen nach

25
oben schnellten - beim Wechsel der Lenkungstechnologie von der KUL zur ZSL - die
relevanten Akteure der Lenkungssparte und die der darüber angesiedelten Systemebenen eine
hierzu konträre Strategie wählten, die des Spin-Offs
24
. Später dann, beim nächsten
Quantensprung - der Entwicklung der E-Lenkung
25
- wählten sie dagegen eine
Entwicklungskooperation mit Siemens AT
26
.
Gleichzeitig wählten die Akteure der Lenkungssparte für die Produktion von Ventilen die
Eigenherstellung, "um ein Ansprechpartner für alle Arten von Lenkungskomponenten und -
systemen zu werden
27
". In einem anderen Fall wählten sie die Zusammenarbeit in Form von
Langzeitvereinbarungen (bei der Härtung von Ventilen).
1.4
Transaktionskostentheorie vs. Organisationaler Wandel
In der empirischen Realität ist es durchaus fraglich, ob die "transaktionstheoretischen
Empfehlungen" (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.82) so wie oben dargestellt zutreffen. Denn auch
bei hoher Unsicherheit können bestimmte Gründe, wie Risikominimierung, Kapitalsharing,
Kostenreduktion etc. andere Formen der Zusammenarbeit generieren. Allerdings verweisen
die Autoren auch auf verschiedene effizienzorientierte Kooperationsformen, wie Netzwerk,
Joint-Venture etc. (Picot/Dietl/Frank, 1999, S.169ff.).
Darüber hinaus gehen die Autoren davon aus, daß es im Falle einer Integration durch
gegenseitig anerkannte längerfristige Grundsätze, eventuell vorhandene gemeinsame
Ressourcen, Besitz und institutionalisierte Anreiz- und Sanktionssysteme, zu einer stärkeren
Interessenkongruenz und zu flexibleren Anpassungsmaßnahmen zwischen den
Transaktionspartnern kommt. Dadurch schützt die Integration einerseits besser vor
opportunistischem Ausnutzen kurzfristiger Vorteile und ermöglicht andererseits eine bessere
Unsicherheitsbewältigung (Picot/Dietl/Frank, 1998, S.81). Aber auch dies trifft in der
empirischen Wirklichkeit keineswegs immer so zu, da bei jedem Spin-Off genau das von den
Autoren beschriebene Konstrukt wissentlich zerstört wird. Darüber hinaus ist es fraglich, ob
durch die vertikale Integration das opportunistische Ausnützen von Vorteilen reduziert
werden kann. Folgt man dieser Logik, so dürften sich aufgrund "freundschaftlicher
Beziehungen" Systeme niemals ändern.
23
Quelle: Picot 1991, S.340, in Picot/Dietl/Frank, 1999, S.80.
24
Vgl. Abbildung: Das Produktmanagement der Lenkungssparte.
25
Vgl. Kapitel: Die Produktstrategie.
26
Vgl. Kapitel: Das Projekthaus EPAS.
27
Vgl. Kapitel: Entwicklungskompetenz.

26
Anhand dieser Beispiele wird deutlich, daß die Transaktionskostentheorie - genauso wie die
anderen Konzepte der neoinstitutionalen Ansätze - nur eingeschränkt in der Lage sind, den
Veränderungsprozeß eines Systems unter besonderer Beachtung der übergeordneten
Systemebenen zu erklären.
Zwar bietet die Transaktionskostentheorie ein Erklärungsangebot dafür, warum es bestimmte
Typen von Organisationen gibt, begründet aber gleichzeitig in differenzierter Weise, warum
es vorteilhaft ist, bestimmte Arten von Transaktionen in spezifischen institutionellen
Arrangements abzuwickeln und zu organisieren (Ebers/Gorsch, 1998, S.241). Aber
Williamson selbst macht darauf aufmerksam, daß Organisationen auch andere als die von ihm
beleuchteten Charakteristika aufweisen, da die Transaktionskostentheorie nur einen Teil der
signifikanten Erklärungsfaktoren berücksichtigt (Williamson 1988, S72ff.) und nicht allein
der Reduktion von Unsicherheit, der Absicherung gegen Opportunismus und der
Kostensenkung dient. Der Anspruch, den die Transaktionskostentheorie erhebt und an dem
sie zu messen ist, ist daher eingeschränkt.
Ferner versuchen die Konzepte der neoinstitutionalen Ansätze einen statischen Zustand zu
erklären. Um die Dynamik eines Veränderungsprozesses zu erfassen, müßte dieses Konzept
auf jede Art institutioneller Veränderung angewendet werden, so zur Erklärung eines
Gründungsaktes, einer Reorganisation, einzelner Arten von Zusammenarbeit (Kooperationen,
Netzwerk, Produktionsverbund etc.) oder auch von strategischen Relaunchs. Die Theorie
beansprucht aber gerade nicht, auf jedes organisationstheoretisch interessante Problem eine
Antwort geben zu können (Ebers/Gorsch, 1998, S.243).
Auch gelingt es mittels der Transaktionskostentheorie nicht, vollständige Erklärungen für das
Entstehen bestimmter institutioneller Arrangements zu schaffen: "Die Erklärungsleistung der
Transaktionskostentheorie wird des weiteren dadurch beschränkt, daß verschiedene relevante
Einflußfaktoren auf die Wahl institutioneller Arrangements von der Theorie nicht explizit
berücksichtigt werden" (Ebers/Gorsch, 1998, S.245). Sie beschränkt sich also auf die
Dekodierung einiger wichtiger Erklärungsfaktoren und versucht so fundamentale
institutionelle Gestaltungsalternativen zu identifizieren.
Besonders wenn es um die Frage der (Kompetenzen-) Machtverteilung in zu verändernden
Systemen geht, werden die Kriterien Effizienz und Kosten sehr schnell zu einer Variablen
unter vielen
28
reduziert.
28
Vgl hierzu: Dorrow/Weiermair 1984; Francis 1983; Perrow 1986.

27
Das nachfolgende Beispiel
29
zeigt eindrucksvoll, welche Entscheidungsüberlegungen bei der
Frage, ob eine Zusammenarbeit innerhalb der Lenkungsunion stattfinden sollte, eine Rolle
spielten. Dazu wurden drei Phasen geplant:
Phase 1: Bewertung und Priorisierung der Alternativen für die Ausgliederung der
Lenkungsfertigung. Ziel dieser Phase war die Bewertung und Priorisierung der für die MBAG
am ehesten geeigneten Lösungsvarianten. Die Methode war Benchmarking. Hierbei sollten
auch die Erfahrungen bereits ausgegliederter Komponentenfertigungen (ACG/GM, Magneti
Marelli/Fiat u.a.) hinzugezogen werden. Die zur Diskussion stehenden Partner wurden nach
strategischen, technischen, finanziellen und unternehmenspolitischen Gesichtspunkten
bewertet. U.a. wurden auch kartellrechtliche Grenzen und der Zugang zu günstigen
Produktionsstandorten geprüft. Zunächst sollten die definierten MB-Mindestanforderungen an
die Verselbständigung der Lenkungsfertigung mit dem Vorstand der MBAG abgestimmt
werden.
·
Erhaltung strategischer Freiheitsgrade für die MBAG, insbesondere bei der Entwicklung
neuer Typen und eventuell bei der Auswahl neuer Lieferanten,
·
industrielle Führung durch MB und/oder Partner,
·
Kontroll- und Durchgriffsrechte/Beteiligungsquoten,
·
Sicherung der Arbeitsplätze, Verteilung möglicher Sozialplankosten,
·
Sicherstellung der "jederzeitigen" Lieferfähigkeit und des technischen Standards.
Phase 2: Detailgestaltung der neuen Unternehmensstruktur und Formulierung von
Angebotsvarianten. In dieser Phase sollte die für MB optimale Lösung definiert, eine
geeignete Unterne hmensstruktur erarbeitet und daraus abgeleitet Angebotsvarianten
formuliert werden. Darüber hinaus sollte aus "Sicherheitsgründen" eine Fall-Back-Position
festgelegt werden. Die in die engere Auswahl genommene(n) Lösungsvariante(n) sollten
unter Beachtung folgender Aspekte strukturiert werden:
·
Festlegung der Standorte und Bewertung der Sacheinlagen/Einbringungen der Partner,
·
Abgleich der Fertigungsprogramme und der Entwicklungsverantwortung,
·
Restriktionen hinsichtlich der Belieferung von Drittabnehmern,
·
Methodik für die Festlegung der Verrechnungspreise,
·
Know-how, FuE, Rationalisierungspotentiale, Personal etc. und Festlegung der
Beteiligungsquoten sowie eventueller finanzieller Ausgleichszahlungen,
·
Wahl der Rechtsform, des Sitzes und der Kapitalausstattung der neuen Gesellschaft,
·
Besetzung des Managements und Einrichtung von Kontrollorganen,
29
Aus einem internen Strategiepapier der MBAG aus dem Jahr 1993.

28
·
Steuerrechtliche Möglichkeiten/Auswirkungen sowie Verteilung der Stillegungs- und
Integrationskosten.
Phase 3: Verhandlungen mit Partnern, Ausgestaltung der Verträge und Abschluß der
Transaktion:
·
Festlegung einer Verhandlungsstrategie in Abstimmung mit dem MB-Projektteam,
·
Klärung von Detailfragen zur Unternehmensstruktur und zum Unternehmenskonzept.
Dieses Beispiel verdeutlicht, daß es mittels der vier oben gezeigten Komponenten
neoinstitutionalistischer Ansätze nicht zu erklären ist, daß aufgrund bestimmter Interessen-
und Machtkonstellationen nicht effiziente institutionelle Arrangements gewählt werden
30
.
Gerade das Dekodieren relevanter Einflußvariablen ist aber ein Ziel der vorliegenden Arbeit,
um aufzuzeigen, welche Bestimmgründe den Veränderungsprozeß der MBLenk maßgeblich
determinierten und letztlich zum heutigen institutionellen Arrangement führten.
"Eine weitere in theoretischer wie praktischer Hinsicht problematische Vereinfachung, die die
Transaktionskostentheorie getroffen hat, besteht in der Ausblendung der institutionellen
Umwelt, in der Transaktionen abgewickelt werden und in die die verschiedenen von ihr
differenzierten institutionellen Arrangements eingebettet sind
31
" (Ebers/Gorsch, 1998, S.246).
Dadurch werden unternehmenshistorische, -politische, -kulturelle in der unmittelbaren
Unternehmensumwelt sowie steuerliche und rechtliche Einflüsse in der externen Umwelt
weitgehend außen vorgelassen. Diesem Defizit wird innerhalb dieser Arbeit begegnet, indem
das Verhältnis des Systems zu seiner mittel- und unmittelbaren Umwelt dezidiert dargestellt,
bzw. explizit auf die geno- und phänotypischen Systemeigenschaften sowohl im analytischen
als auch im empirischen Teil der Arbeit eingegangen wird.
Diese Erkenntnisse führen zu den Hypothesen der Arbeit zurück. Dort wird einerseits ein
direkter Bezug zwischen übergeordneter Systemebene und institutioneller Ausprägung von
Systemen hergestellt und anderseits auf die determinierenden Einflußvariablen des
Zustandekommens bestimmter Entscheidungen aufgrund von Entwicklungen in den
Umsystemen der MBLenk bzw. "Zufälligkeiten" verwiesen.
Ändert sich das System also kontinuierlich, bildet verschiedene Wandelarenen mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intensität sowie verschiedene institutionelle
Ausprägungen (gleichze itig vertikale Integration und horizontale Zusammenarbeiten) aus,
dann wird schnell deutlich, daß es mittels dieser Konzepte nicht gelingen kann, die
30
Vgl. hierzu: Meyer/Zucker 1989.
31
Vgl. hierzu: Granovetter 1985; Martin 1993; Pirker 1997; Zald 1987.

29
Komplexität in einem angemessenen Effizienzverhältnis zu erfassen. "Ausgehend von der
Vorstellung, daß Wissenschaft letztlich der Verbesserung der Praxis dienen soll, darf
Wissenschaftstheorie nicht bloß als ein Versuch zur Systematisierung und Beschreibung
wissenschaftlichen Tuns gesehen werden" (Scherer, 1999, S.18). Sonst müßte theoretisch im
Extremfall eine unendliche Anzahl von Transaktionen analysiert werden, um ein wirklich
brauchbares Ergebnis zu liefern.
Diesem Defizit wird innerhalb der vorliegenden Arbeit begegnet, indem Wandel als ein
komplexes Phänomen umfassend betrachtet wird, das - wenn überhaupt - nur dann erfaßt
werden kann, wenn man sich ihm aus unterschiedlichen Perspektiven nähert.
Diese Vielfalt und zuweilen Gegensätzlichkeit - einerseits handelt es sich um einen
kontinuierlichen Prozeß, andererseits kann dieser qualitativ aber trotzdem derart verändert
werden, daß er letztlich diskontinuierlich wird - zeigt sich dann auch im breiten Spektrum
grundsätzlicher Betrachtungsweisen des Phänomens Wandel. Dieses im folgenden
beschriebene Wandelverständnis dient als Basis, um das Was, das Wie und das Warum
organisationalen Wandels zu erklären. Hierzu wird in großem Umfang auf die Policy-Analyse
zurückgegriffen.
1.5
Reduktion von Komplexität innerhalb von Systemen.
Um eine Reduktion von Komplexität zu erreichen, ist es unabdingbar, eine Methodik zu
finden, mit der dies auch tatsächlich gelingen kann: "Nur Komplexität kann Komplexität
reduzieren. Das kann im Außenverhältnis, kann aber auch im Innenverhältnis des Systems zu
sich selbst der Fall sein" (Luhmann, 1987, S.49). Eine Möglichkeit, um Komplexität zu
reduzieren, ist die Verknüpfung der dreidimensionalen Policy-Analyse mit dem Konzept der
Unternehmenstransformation. Dies bedeutet jedoch nicht, daß damit die Komplexität von
Organisationen insgesamt erfaßt werden kann. Vielmehr bedeutet Komplexität in
Organisationen auch, daß aufgrund immanenter Beschränkungen der Verknüpfungskapazität
der Elemente nicht mehr jedes Element jederzeit mit jedem anderen verknüpft sein kann
(Luhmann, 1987, S.46). Dementsprechend beinhaltet Komplexität bei einer Analyse von
Veränderungsprozessen den Zwang zur Selektion. Diese Selektion bezieht sich jedoch nicht
im Sinne des Reduktionismus auf einzelne Elemente und/oder Relationen, vielmehr bezieht
sich die Selektion auf die Auswahl relevanter Akteure, Prozesse, Abläufe und Inhalte der
Unternehmenstransformation. Im vorliegenden Fall wurde dies beispielsweise gewährleistet,
indem innerhalb der Policy-Dimension auf der operativen Ebene eine Beschränkung auf die
Themen Qualitätsmanagement (QM) und Kommunikation stattfand. Im Hinblick auf das

30
Erkennen von Systemen geht es dementsprechend nicht um die detaillierte Erforschung aller
einzelnen Elemente und Beziehungen - vielmehr geht es um das Erkennen des gesamten
Transformationsprozesses, was durch eine "unscharfe" Sichtweise zum Teil erst ermöglicht
wird.
Bei der Betrachtung von Systemen und beim Gestalten von Veränderungsprozessen in
Organisationen geht es zunächst um die Analyse und Erforschung der groben Systemstruktur,
also um das Erkennen von Komplexität und Dynamik.
Darüber hinaus bedeutet Komplexität zugleich - egal auf welcher Systemebene - daß dem
System immer Informationen fehlen, um seine Umwelt bzw. sich selbst vollständig erfassen
und beschreiben zu können (Luhmann, 1987, S.51). Sowohl der Selektionszwang als auch der
Mangel an Informationen als Folgen der Komplexität von sozialen Systemen bedeutet, daß es
den Betrachtern von Organisationen niemals gelingen kann, ihre eigene Komplexität - und
erst recht nicht die jeweils größere Komplexität ihrer Umwelt - vollständig zu erfassen. Um
die Komplexität in organisationalen Transformationsprozessen angemessen erfassen zu
können, muß folgendes gewährleistet sein:
·
Anwendung eines dem System entsprechenden Analysekonzepts,
·
Betrachtung des Systems im Hinblick auf relevante Grobstrukturen und Muster,
·
Konzentration auf die relevanten Verknüpfungspunkte, Akteure und Prozesse innerhalb
des Systems,
·
Konzentration auf die Dynamik des Veränderungsprozesses, durch die weitgehend
diachrone Darstellung von Prozessen (Politics), Akteuren (Polity), Inhalten und Strategien
(Policy),
·
Erfassung der gesamten Dynamik des Transformationsprozesses anstelle der Erforschung
von linearen Kausalitäten
1.6
Methodische Vorgehensweise
Ein elementarer Bestandteil des zweiten Kapitels liegt in der Betrachtung des Verhältnisses
von Organisation zu Umwelt, da die MBLenk mehr als andere Systeme von ihrer mittelbaren
(Technologien, Management, Produkt) und unmittelbaren Umwelt (DCAG und PTU)
determiniert wird. Daher ist es unabdingbar, das System MBLenk einerseits von seiner
direkten Umwelt abzugrenzen und anderseits die mannigfaltigen Wirkungen, die von dem
System MBLenk ausgehen, darzustellen, weil "jedem System ist seine Umwelt als verwirrend
komplexes Gefüge wechselseitiger System-/Umweltbeziehungen gegeben" (Luhmann, 1984,
S.37).

31
Im dritten Kapitel der Arbeit erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen
Wandel. Es wird u.a. beschrieben, welchen Einfluß das Management innerhalb von
Wandelprozessen besitzen kann. In diesem Zusammenhang wird deutlich werden, daß man
Wandel nur dann erfassen kann, wenn man sich ihm aus verschiedenen Perspektiven nähert.
Es wird aufgezeigt, daß Wandel ein Mehrebenenphänomen ist und daher innerhalb der
verschiedenen Wandelarenen mit unterschiedlicher Intensität und Geschwindigkeit abläuft.
Gerade diese unterschiedliche qualitative Ausprägung dient als Basis für das
Wandelverständnis dieser Arbeit. Den Rahmen für einen radikalen Wandelprozeß bildet der
sogenannte Wandel 2. Ordnung (W2O). Hierbei kommt es im Verlauf des
Veränderungsprozesses zu einem Bruch mit dem Bestehenden. Bei der MBLenk waren dies
beispielsweise ein Technologiesprung, eine neue Rechtsform, eine Marktorientierung usw. Im
vierten Kapitel wird der theoretische Bezugsrahmen von Transformationsstrategien erarbeitet.
Es geht hier um das "Wie" von Veränderungsprozessen, also um die Frage, wie können diese
Strategien überhaupt aussehen, und wie kann das System wirklich verändert werden.
In Kapitel 5 wird dargestellt, welche Prämissen vorliegen müssen, damit ein radikaler Wandel
überhaupt in Gang kommen kann und der Veränderungsprozeß nicht in einen inkrementalen
Prozeß mündet oder gar völlig verebbt. In diesem Zusammenhang werden die konkreten
Einflußfaktoren, d.h. die determinierenden Variablen, die aus dem Umfeld der
Lenkungssparte kommen, aufgezeigt. Kapitel 6 schildert den Aufbruch und die Startstruktur
der Lenkungssparte, d.h. wie aus dem Profitcenter eine eigenständige GmbH wird.
Im Baustein 2 der Arbeit wird mittels des Konzepts der dreidimensionalen Policy-Analyse der
Veränderungsprozeß der MBLenk in die drei Dimensionen Prozesse (Politics), Akteure
(Polities) sowie Inhalte und Strategien (Policies) zerlegt.
Darüber hinaus wird in den Kapiteln 8.3 und 8.4 anhand der Themen Kommunikation und
Qualität gezeigt, warum es bestimmte Themen auf die Veränderungsagenda der MBLenk
schaffen und andere dagegen nicht.
Anhand der Kooperations-, der Produkt-, der Personal- und der Entwicklungsstrategie wird
untersucht, inwieweit es der MBLenk gelang, die ursprünglich anvisierten Ziele zu erreichen
(vgl. Abbildung 5). Neben der MBLenk werden auch die Policies des PTU sowie dessen
Entstehung ausführlich dargestellt. Ein Schwerpunkt liegt hierbei in der Netzwerkanalyse.
Bevor im Baustein 3 in die Diskussion der durch die Interviews gewonnenen Ergebnisse
eingegangen wird, steht zunächst die Beschreibung des Forschungsdesigns im Vordergrund
des Kapitels 14. Dazu wird es in vier Phasen von Arbeitsschritten gegliedert.

32
· Baukasten Kugelumlauflenkungen (KUL)
· Baukasten Zahnstangenlenkungen (ZSL)
· Baukasten Steuerung/Ventil
· Produktion aller Lenkungstypen für die MBAG
· Belieferung ausländischer Konzerngesellschaften
· Belieferung nationaler Automobilproduzenten
· Belieferung der weltweiten Käufermärkte
· Reduktion der Fertigungstiefe
· Verkleinerung der Lieferantenbasis
· Wirtschaftliche Produktion kleiner Aufträge bzw.
Fremdvergabe der Ersatzteileproduktion
· Herstellerübergreifende Standardisierung von
Bauteilen
· Belieferung von Teilen und Komponenten
zwischen Automobilherstellern
· Verbundfertigung von Komplettsystemen
Partner für Lenkungskomponenten und -
systeme, Unabhängigkeit von
Lizenzentwicklung
Flexibilität hinsichtlich der Umsetzung
neuer Produkt- und Prozeßtechnologien
Positionierung am Markt der KFZ-
Zulieferindustrie
Vereinbarung von Kooperationen bei
zusätzlichen Ertragspotentialen
Entwicklungskompetenz
Entwicklungskompetenz
Kooperationsfähigkeit
Kooperationsfähigkeit
Marktaktivitäten
Marktaktivitäten
Produktionsflexibilität
Produktionsflexibilität
Abbildung 5: Unternehmensstrategie Lenkungsfertigung
32
Die Bausteine 1 und 2 der Arbeit basieren im Wesentlichen auf einer Dokumentenanalyse
sowie der Methode der teilnehmenden Beobachtung. Im Gegensatz dazu beruht Kapitel 13
vorwiegend auf Interviews, die mit den relevanten Akteuren geführt wurden. Ziel ist, die
zuvor anhand der Dokumentenanalyse gewonnenen Erkenntnisse zu überprüfen. Die
Dateninterpretation basiert auf einer qualitativen Analyse der Interviewergebnisse.
Aufgrund der hohen Interdependenz der einzelnen Strategien kann bei der Bewertung der
einzelnen Strategien keine eindeutige Zuordnung mit den drei Bausteinen der Policy-
Dimension erfolgen. Eine Beschreibung der betrieblichen Zusammenhänge in einem
Totalmodell ist angesichts der anzutreffenden Komplexität nicht darstellbar. Zum einen
werden eindeutige "Wenn-Dann" Aussagen immer dann schwierig, wenn gegenseitige
Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Strategien auftreten; so läßt sich beispielsweise die
Entwicklung der ZSL sowohl der Produkt- als auch der Entwicklungsstrategie zuordnen. Zum
anderen würde eine eindeutige kausale Zuordnung der Komplexität des vorliegenden
Veränderungsprozesses in keinster Weise gerecht. Aus diesem Grund wurde in Kapitel 13, in
Kooperationen, neue Gesellschaften, geno- und phänotypische Eigenschaften von Systemen
32
Quelle: Führungskräfteworkshop, 1994, S.9.

33
usw. unterschieden. Dabei erfolgt immer dort, wo es sinnvoll erscheint, eine Zuordnung der
drei Dimensionen der Policy-Analyse zu den einzelnen Strategien. Beispielsweise wird die
IKT-Strategie in alle drei Dimensionen zerlegt, da dies an dieser Stelle durchaus Sinn macht,
im Gegensatz zu Kapitel 13.6 Vertrieb und Marketing, wo eindeutig eine Outputanalyse im
Vordergrund steht, die der Policy-Dimension zuzuordnen ist.

34
BAUSTEIN 1: DER THEORETISCHE BEZUGSRAHMEN

35
2
Der Gegenstandsbereich organisationalen Wandels
2.1
Systembegriff
Innerhalb der meisten Konzepte, die sich mit organisationalem Wandel befassen, wird die
Organisation als System betrachtet
33
. Je nach Basisdisziplin und Erkenntnisinteresse der
Forschungsaktivitäten (betriebswirtschaftliche, politische, psychologische, soziologische,
technische Ansätze usw.) ergibt sich jeweils ein anderer Schwerpunkt. Der "Systembegriff ist
heute ein Sammelbegriff für sehr verschiedene Bedeutungen" (Luhmann, 1984, S.15). Um ein
einheitliches Begriffsverständnis zu generieren, muß der Systembegriff exakt definiert
werden. Innerhalb der vorliegenden Arbeit dient das systemtheoretische Verständnis als
Basis, um Veränderungsprozesse in Organisationen zu verstehen. "Ein System ist eine
Vielzahl von Elementen, die miteinander in dynamischer Wechselwirkung stehen, die eine
zielgerichtete Organisation aufweisen" (Rosnay, 1977, S.80). Es besteht also aus Elementen,
die die Kriterien Dynamik und Vernetzung beinhalten.
·
Vernetzung bedeutet, daß die Elemente eines Systems zueinander in wechselseitiger
dynamischer Beziehung stehen. Dies gilt sowohl in der Außen- als auch in der
Innendimension des zu analysierenden Systems,
·
Dynamik bedeutet, daß die Beziehungen ständig in Bewegung sind und dadurch das
gesamte System kontinuierlich beeinflussen und verändern.
Dies beinhaltet, daß Akteure innerhalb der verschiedenen Systemebenen wechseln und sich
dadurch die Handlungsorientierungen dieser Systeme ändern können. Darüber hinaus wird
vorausgesetzt, daß sich die Akteure in einem ständigen Austausch befinden. Durch die
Vernetzung der Elemente werden die Verhaltensweisen von Systemen bestimmt. Die
Gesamtheit der zulässigen Verhaltensweisen definiert das Verhaltensrepertoire des Systems.
Systeme ändern sich dann, wenn sich die Verhaltensweisen ändern, allerdings muß jede
Verhaltensweise mit der systemeigenen Ordnung harmonieren. Deshalb sollten alle
Veränderungsintentionen auf der Systemebene Lenkung mit den Absichten der
übergeordneten Systemebenen PTU und MB bzw. DC harmonieren, damit ein positiver
Verlauf des Veränderungsprozesses gewährleistet ist.
33
Siehe Kapitel 3.1 Modelle des Wandels.

36
2.1.1
Systemtypologie nach Boulding
Da die angeführten Definitionen des Begriffs System zu allgemein sind, geht es zunächst
darum, den Begriff System weiter einzugrenzen. Dadurch kann ein entsprechender Nutzen für
das Verstehen von Veränderungsprozessen innerhalb von Organisationen gezogen werden.
Aus diesem Grund wird eine Systemdifferenzierung getroffen, indem im Verlauf dieser
Arbeit eine Konzentration auf soziale Systeme stattfindet. Mittels Bouldings
Systemtypologie
34
wird den komplexen und vielschichtigen Problemen, welchen
Organisationen gegenüberstehen, begegnet.
Statisches System
Soziales System
Symbolverarbeitendes System
Transzendentales System
Kognitives System
Fortpflanzungsfähiges System
Kybernetisches System
Offenes System
Dynamisches System
Komplexität
Entwicklungsstufe
Abbildung 6: Systemhierarchie nach Boulding
Charakteristisch für die Systemtypologie ist, daß jede einzelne Stufe alle Merkmale und
Eigenschaften aller vorhergehenden Stufen impliziert. Im Rahmen des "system of systems"
werden alle Typen
35
von Systemen empirisch in eine hierarchisch gestufte Ordnungsfolge von
Wirklichkeitsebenen eingeordnet. Hierfür ist kennzeichnend, daß jede dieser "Systemebenen"
einer höheren Entwicklungsstufe entspricht. Diese Systemhierarchie ist folgendermaßen
aufgebaut:
34
Vgl. hierzu Boulding, 1956, The Skeleton of Science, Management Science. Vol.2 1956. Perich, 1992, Unternehmensdynamik.
35
Grundformen.

37
1.
Das System der jeweiligen Hierarchiestufe wird definiert.
2.
Zu jeder dieser Stufen werden empirische Beispiele aufgeführt.
3.
Als ergänzender Schritt folgen die jeweiligen Komplexitätsebenen sowie die
Systemmerkmale.
1. Statisches System (level of frameworks)
Dabei handelt es sich um Einzelteile und die Anordnung der jeweiligen Elemente innerhalb
eines festen Systems.
Dem entspricht in der empirischen Wirklichkeit die Geographie der Erdoberfläche oder die
Anordnung von Elektronen und Neutronen in Atomen.
Auf der Analyseebene: Aufbau des Universums, Anatomie eines Organismus, "My accurate
description of these frameworks is the beginning of organized theoretical knowledge in
almost any field, for without accuracy in this description of static relationships no accurate
functional or dynamic theory is possible" (Boulding, 1956, S.12).
Komplexitätsebene: Die einzelnen Elemente stehen in einer festen Ordnung zueinander. Das
Systemmerkmal wird als feste Struktur bezeichnet.
2. Dynamisches System (level of clockworks)
Dies sind Systeme, die durch eigene Kraft in Bewegung sind und dabei ein vorbestimmtes
gleichförmiges Verhalten zeigen. Charakteristisch für diese Art von Systemen sind
prädeterminierte, fixe Bewegungsabläufe.
Dem entsprechen in der empirischen Wirklichkeit: Uhr, Planetenumlaufbahn, Ebbe und Flut
sowie maschinelle Abläufe. Der Spezialfall des einfachen Gleichgewichts "stationary or
simple equilibrium" ist dieser Kategorie zuzurechnen, "as every equilibrium system must be
considered as a limiting case of a dynamic system and its stability cannot be determined
except from the properties of its parent dynamic system" (Boulding, 1956, S.14).
Komplexitätsebene: Mechanik oder Anordnung von Maschinenparks.
Systemmerkmal: Festes Verhalten.
3. Kybernetisches System
Bei einem kybernetischen System
36
handelt es sich um einen sich selbst regelnden
Mechanismus, der von außen gesteuert werden kann.
Dem entsprechen in der empirischen Wirklichkeit: Temperatursteuerung durch ein
Thermostat oder bestimmte Maschinentypen in der Produktion (vollautomatische
Produktionsstraße).
36
Kybernetik bedeutet die vergleichende Betrachtung über Gesetzmäßigkeiten im Ablauf von Steuerungs- und Regelungsvorgängen.

38
Bei den Gleichgewichtszuständen, die hier erreicht werden, handelt es sich um
Fließgleichgewichte, "(...) the equilibrium position is not merely determined by the equations
of the system, but the system will move to the maintenance of any given equilibrium, within
limits" (Boulding, 1956, S.15).
Komplexitätsebene: "level of the thermostat".
Systemmerkmal: Selbstregulierung des Systems, hierbei handelt es sich um weitgehend
geschlossene Systeme. Allerdings kann man das System von außen anstoßen, so daß es sich
neu reguliert.
4. Offenes System
Die Offenheit von Systemen ist eine Voraussetzung für die Lebensfähigkeit und Erneuerung
von Systemen. Mechanismen der Selbsterhaltung und Selbstreproduktion werden von außen
unmittelbar determiniert. Beispielsweise brauchen einzelne biologische Zellen Wärme, um
sich fortpflanzen zu können. Auf dieser Ebene vollzieht sich die Differenzierung von
Lebendigem und Nicht-Lebendigem. Zentrale Eigenschaft "lebensfähiger Systeme" ist die
Interaktion mit der Systemumwelt (Input-Throughput-Output-Modell)
37
.
Komplexitätsebene: "level of the cell".
Systemmerkmal: Kennzeichnend für diese Systeme ist, daß sie sich durch Außeneinflüsse
wesentlich verändern. Die Selbsterhaltung, -steuerung und -organisation wird durch
Umwelteinflüsse wesentlich beeinflußt.
5. Fortpflanzungsfähiges System
Diese Systeme besitzen bereits die Fähigkeit, sich systematisch fortpflanzen zu können, d.h.
sie besitzen die Voraussetzungen für programmiertes Wachstum.
Komplexitätsebene: "plant level".
Systemmerkmal:
Für diese Hierarchiestufe ist eine
Fortpflanzungs- und
Entwicklungsfähigkeit kennzeichnend.
6. Kognitives System
Diese Systeme sind in der Lage, Gegenstände wahrzunehmen. Sie können darauf ihr gesamtes
Handeln ausrichten. Sie besitzen ausgebaute Informationsverarbeitungsmechanismen und
situativ eigenständige Verhaltensrepertoires. Dem entsprechen Wahrnehmungsorgane,
Nervensysteme (Gehirnfunktionen in der Tierwelt). Auch lassen sich einige EDV-Systeme
darunter subsumieren. So existiert innerhalb der MBLenk ein sogenanntes
Produktionsplanungssystem (PPS), welches durchaus als Nervensystem der gesamten
Unternehmung bezeichnet werden kann. Dieses System geht quer durch alle
37
Auf dieser Komplexitätsebene basiert beispielsweise der Systembegriff von Bertanlyffi.

39
Unternehmensbereiche wie Einkauf, Produktion, Vertrieb, und jede einzelne Eingabe hat
unmittelbare Auswirkungen auf das Gesamtsystem MBLenk. So potenzieren sich fehlerhafte
Eingaben sehr rasch und können so relativ schnell gefährlich für die ganze Unternehmung
werden.
Komplexitätsebene: "animal level".
Systemmerkmal: Kognition/Wahrnehmung
7. Symbolverarbeitendes System
Diese Systeme besitzen die Eigenschaften von individuellen menschlichen Lebewesen. Sie
haben ein Bewußtsein, eine Psyche (subjektive Wirklichkeiten und Emotionalität). Sie können
Verhalten selbst reflektieren (abstrakt-geistige Simulation bzw. Bewertung und Auswahl von
Handlungsmöglichkeiten), sie besitzen die Möglichkeit zur Generierung und Interpretation
von Symbolen (z.B. der Sprache), des Seins (Identität), der Vergangenheit und der Zukunft
(Zeitbewußtsein).
Auf dieser Systemebene wird erstmals zwischen geno- und phänotypischen
Systemeigenschaften
38
unterschieden. Die Folge genotypischer Systemeigenschaften für
Organisationen ist, daß sie in der Lage sind, durch Beobachtung zu adaptieren und zu
kopieren. So ist für eine Unternehmensanalyse interessant, inwieweit es gelingt, eigene
Problemlösungsmuster zu entwickeln bzw. inwieweit die Organisation von der
übergeordneten Systemebene Verhaltensmuster adaptiert.
Im Rahmen einer Unternehmenstransformation sollte es daher zum Bruch vorhandener
phänotypischer Vorgehensweisen kommen, d.h. Verhaltensmuster, die in der Vergangenheit
in bestimmten Situationen erzeugt wurden, sollten überwunden werden, damit es dem System
gelingt, organisationsweit einen Wandel 2. Ordnung zu erreichen
39
.
Komplexitätsebene: "human level".
Systemmerkmal: Selbstbewußtsein und Sprachfähigkeit. Zusätzlich können die Systeme
Verhaltensmuster adaptieren und idealerweise neue Verhaltensmuster generieren.
8. Soziales System
Diese Systeme umfassen mehrere symbolverarbeitende Systeme. Darüber hinaus verfügen sie
über Normen, Werte, Ordnungsprinzipien, Beziehungen zu unter-, neben- oder
übergeordneten Systemen sowie über einen eigenen Charakter. Bei einer
38
Im Genotyp ist das gesamte Verhaltenspotential (Wissenspool) eines Systems festgelegt; diese Systemmerkmale werden im
Reproduktionsprozeß auf Systeme derselben Population kopiert und übertragen. Der Phänotyp gibt hingegen das faktische
Problemlösungsverhalten des Systems gegenüber der Umwelt in einer konkreten Situation wieder.
39
Vgl. hierzu. Kap. 3.3.4. Wandel 2. Ordnung.

40
Unternehmenstransformation liegt die Problematik in der Generierung eines neuen und
eigenständigen Charakters.
Komplexitätsebene: "level of social organizations".
Systemmerkmal: Fortpflanzungs- und Entwicklungsfähigkeit.
9. Transzendentales System
Diese Systeme richten sich am Absoluten, am Unerkennbaren, am uneingeschränkten
Bewußtsein aus und entziehen sich dem Wahrnehmungsvermögen der meisten Menschen.
Bisher waren diese Systeme für die Organisationsforschung von relativer
Bedeutungslosigkeit. Doch rückten sie am Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend in das
organisationale Geschehen. Durch die Jahrhundertumstellung vermischten sich irrationale mit
realen Ängsten zum sogenannten "Millenium-Phänomen". Im Vorfeld wurden
Horrorszenarien aufgestellt. Dabei war die Rede von Super-Computer-Gaus,
Flugzeugabstürzen usw. In den USA ging dies soweit, daß einzelne Firmen "Survival kits" für
ihre Mitarbeiter ausgaben. Auf jeden Fall hatte die "Millenium Angst" der Computerbranche
einen wahren Auftragsboom besorgt, der Ende der 90er Jahre zu einem massiven Wachstum
für diese Organisationen geführt hat. Somit hatten also transzendentale Ereignisse weltweit
das organisationale Geschehen beeinflußt.
Komplexitätsebene: "transcendental level".
Systemmerkmal: Transzendenz bzw. Spiritualität.
2.1.2
Die Systemtypologie als Veränderungsinstrument
Mit Hilfe des bouldingschen Konzepts wurde gezeigt, daß ein solch komplexer Prozeß wie
der einer Unternehmenstransformation eine umfassende Betrachtungsweise des
Systembegriffs erfordert. Es ist also keineswegs ausreichend,
Unternehmenstransformationsprozesse einfach dem Begriff (offenes) System unterzuordnen,
ohne diesen ausführlich zu reflektieren. Deshalb muß sich eine Organisationsanalyse primär
auf den Ebenen 5-8 bewegen. Leider gehen viele Erklärungsansätze und Gestaltungsmodelle
selten über die Stufen 4 und 5 hinaus, obwohl das empirische Erkenntnisobjekt soziales
System bzw. Organisation eher der Stufe 7 als den darunter angesiedelten Stufen entspricht.
Es ist daher weder eine "Frage der Toleranz" (Dyllick, 1982, S.177) noch eine "Frage der
Betrachtungsebene" (Ulrich, 1982, S.177), welcher Systemstufe Organisationen zugeordnet
werden; vielmehr ist es einzig abhängig vom Erkenntnisinteresse, auf welcher Systemstufe
die Analyse einzusetzen hat. So erfordern die Ebenen 7 und 8 Ansätze, Denk- und
Handlungsmuster, denen viele Veränderungsansätze nur sehr eingeschränkt gerecht werden.
Dessen ungeachtet greifen Wissenschaftler, Manager und Unternehmensberater oftmals auf

41
Konzepte zurück, die bereits in Stufe 1 oder 2 einsetzen, um soziale Systeme (Organisationen
bzw. Unternehmungen) zu analysieren bzw. zu verändern. Dies geschieht zumeist, um den
eigenen Aufwand und die Kosten möglichst gering zu halten. Gerade Consultants haben eher
ein geringes Interesse daran, eine umfassende Analyse zu starten, welche mit erheblicher
Manpower und Kosten verbunden ist. Sie legen ihren Fokus deshalb zumeist auf leicht
identifizierbare bzw. standardisierbare Problemlösungen, welche sie dann bei möglichst
vielen Organisationen anwenden können.
Dagegen gelingt es durch eine umfassende Betrachtungsweise, das System MBLenk von
seinen übergeordneten Systemebenen PTU, DC und MB, den MB-Geschäftsbereichen
Nutzfahrzeuge (NFZ) und Personenwagen (PKW) sowie der externen Umwelt abzugrenzen.
Darüber hinaus wird eine Trennung des Systems MBLenk und seinen selbst generierten
Subsystemen SteerTec, BMB, ChasTec und Lenksysteme Meseritz erreicht.
2.1.3
Die Organisation als Gestaltungsobjekt
Die außerordentliche Komplexität von Organisationen führt also dazu, daß sich die
Komplexität je nach Erkenntnisinteresse und Standpunkt des Betrachters auf ganz
unterschiedliche Weise darstellt. "There can be little doubt that (...) actual experiences of
organizations are often different and hence we make sense of our experiences in different
ways" (Morgan, 1986, S.340). Daher existieren eine Vielzahl von Organisationsbegriffen
nebeneinander, je nach Erkenntnisinteresse wird der Gestaltungsbereich des
Organisationsbegriffs unterschiedlich weit gefaßt (Hoffmann, 1980, S.1424). Zumeist handelt
es sich um den universalen, institutionalen, strukturalen und funktionalen
Organisationsbegriff. Mit Hilfe dieser unterschiedlichen Betrachtungsdimensionen des
Organisationsphänomens soll dann geklärt werden, was überhaupt eine Organisation ist bzw.
welche Typen von Organisationen zu unterscheiden sind. Je nach Forschungsgegenstand
werden verschiedene Begriffe herangezogen, mittels derer dann bestimmte Wirkungen, die
auf organisationales Handeln oder Strukturen ausgehen, untersucht. "Dies geschieht mit
Begriffen wie Sinn, Zeit, Ereignis, Element, Relation, Komplexität, Kontingenz, Handlung,
Kommunikation, System, Umwelt, Erwartung usw." (Luhmann, 1996, S.12).
Ziel ist, die Komplexität der Begriffe zu reduzieren, indem einzelne Begriffe zueinander in
Bezug gesetzt werden und darüber hinaus verschiedenen Dimensionen
40
zugeordnet werden,
um so zu dem gewünschten Erkenntnisinteresse zu gelangen. "Die entsprechenden Begriffe
dienen (...) als Sonden, mit denen unbestimmte Komplexität in bestimmbare (...) verwertbare
40
In der vorliegenden Arbeit werden diese Begriffe den Dimensionen Policy, Politics und Polity zugeordnet.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832463472
ISBN (Paperback)
9783838663470
DOI
10.3239/9783832463472
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Konstanz – Politik- und Verwaltungswissenschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Januar)
Note
3
Schlagworte
change management outsourcing walcher wandel
Zurück

Titel: Der Spin-Off der Mercedes-Benz Lenkungssparte
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
book preview page numper 41
348 Seiten
Cookie-Einstellungen