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Das Dreischluchtenprojekt

Die Sicht von Befürwortern und Gegnern

©2002 Diplomarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
China ist, seit der vorsichtigen Einführung wirtschaftlicher Reformen Ende der 1980er Jahre, einem umfassenden Modernisierungsprozeß unterworfen. Während die westlichen Volkswirtschaften mehr oder weniger vor sich hinstottern, wächst die chinesische Wirtschaft jedes Jahr um satte zehn Prozent. Der Vergleich der wirtschaftlichen Boomregionen Shanghai, Peking und Kanton-HongKong mit dem rückständigen Landesinneren läßt das noch lange nicht ausgeschöpfte Potential dieses Riesenstaates nur erahnen.
Durch die rasante wirtschaftliche Entwicklung leidet China an Energieengpässen, sodass zeitweise zwangsläufig ganze Industrien stillstehen. Diesem Problem will China mit dem Bau eines gigantischen Wasserkraftwerkes am Yangtse begegnen, dem Dreischluchtenprojekt. Erstmalig bereits 1919 vor allem im Hinblick auf die Hochwasserbekämpfung diskutiert, beschloß die kommunistische Führung erst 1992 endgültig den Bau des Dammes in Sandouping in Zentralchina. Damit wurde vielleicht die letzte Möglichkeit genutzt, bevor auch in China eine zunehmende politische Liberalisierung ein derart umstrittenes Projekt unmöglich machen würde.
Die Folgen des Dreischluchtenprojekts sind nämlich gravierend: Im Herbst 2002 wurde mit der vorläufigen Aufstauung des Yangtse auf 135 Meter begonnen, wenn nach der endgültigen Fertigstellung des Dammes 2009 der Wasserpegel in Sandouping 175 Meter betragen wird, werden bereits unzählige Städte und Ortschaften überschwemmt, und insgesamt etwa 1,7 Millionen Menschen umgesiedelt worden sein. Diese Arbeit befaßt sich neben dem Schicksal dieser Menschen auch mit den ökologischen Auswirkungen des Projektes, den Kosten und der Finanzierung, dem Verlust an Kulturgütern, militärischen Aspekten, technischen Details und der Überschwemmungsproblematik.
Wenn man sich als neutrale Person über das Dreischluchtenprojekt informieren will, ist es nicht leicht, an objektive Informationen zu kommen. Diese Arbeit geht der Reihe nach auf alle strittigen Themen in Bezug auf das Projekt ein - seien es nun Veränderungen im lokalen Klima, die Sedimentation, oder Auswirkungen auf die Schifffahrt - und läßt jeweils Befürworter und Gegner zu Wort kommen. Ziel der Arbeit ist, dass sich jeder Leser eine eigene Meinung zum Thema bildet. Fotos, Tabellen und Grafiken sollen dabei behilflich sein. Die Einstellung des Autors, die sich nach einem Chinaaufenthalt inklusive Besuch der Baustelle des Dreischluchtenprojektes und dreitägiger […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6319
Jauk, Gunther: Das Dreischluchtenprojekt - Die Sicht von Befürwortern und Gegnern
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Graz, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

3
Vorwort
Wenn man Asiaten bei uns in Europa sieht, hält man sie meist automatisch für Chinesen.
Dabei werden etwa die unzähligen chinesischen Restaurants bei uns häufig eigentlich von
Vietnamesen, Thailändern oder Koreanern betrieben. In den Medien hört man eigentlich
verhältnismäßig wenig über Ost- und Südostasien, höchstens vom (seit Jahren
stagnierenden) japanischen Wirtschaftswunder, oder von den aufstrebenden Tigerstaaten
Taiwan, Südkorea, Hongkong und Singapur. China, mit seinen 1,3 Mrd. Einwohnern der
bevölkerungsreichste Staat der Erde, bekommt in den Medien dagegen verhältnismäßig
wenig Aufmerksamkeit. Man weiß von der Unterdrückung der Tibetaner und über das
Massaker am ,,Platz des Himmlischen Friedens", aber außer Peking, Shanghai und
Hongkong kennen wahrscheinlich nur wenige weitere Millionenstädte Chinas beim
Namen. In jüngster Zeit konnte man allerdings auch heimischen Medien immer wieder
etwas von einem gigantischen Staudammprojekt entnehmen, es muss sich also wirklich
um etwas sehr besonderes handeln.
Als ich mich im Frühjahr 2001 entschied, an der vom Geographieinstituts der Karl­
Franzens­Universität Graz organisierten Chinaexkursion teilzunehmen, war mir
gleichzeitig auch klar, mich in meiner Diplomarbeit in irgendeiner Weise mit diesem
Thema auseinanderzusetzen. Die geplante Reiseroute führte uns auch drei Tage mit dem
Schiff durch die Drei Schluchten und an der Baustelle des DSP vorbei, so stand das
Thema meiner Arbeit rasch fest. Im Dezember 2001 begann ich mit den Recherchen.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Univ.-Prof. Dr. Friedrich Zimmermann, der nicht nur
die Betreuung dieser Arbeit übernommen hat, sondern auch zusammen mit Prof. Mag. Dr.
Paul Eder eine sehr interessante Exkursion nach China organisiert hat.
Zusammenfassung
Nach seiner geplanten Fertigstellung im Jahre 2009 wird das DSP in Sandouping das
größte Wasserkraftwerk der Erde sein. Die Staumauer wird 185m hoch und über 2,3km
lang sein, der Stausee wird an der Mauer eine Tiefe von 175m haben und über 600km weit

4
flussaufwärts reichen. Insgesamt sollen die 26 Turbinen jährlich über 84 TWH Strom
erzeugen, das entspricht einem Siebtel der chinesischen Energieproduktion von 1992.
Das DSP soll dazu beitragen, die regelmäßigen Hochwässer des Yangtse besser in den
Griff zu bekommen. Während der Hochwasserzeit wird der Wasserpegel im Stausee auf
145m gehalten werden, damit hat man für den Notfall eine zusätzliche Speicherkapazität
von über 22 Mrd. m³ im Reservoir. Die sehr stark hochwassergefährdete und dicht
besiedelte Ebene um die Millionenstadt Wuhan soll damit vor Extremereignissen besser
geschützt werden.
Der zukünftige Stausee ermöglicht auch eine bessere Nutzung des Yangtses als
Verkehrsweg. Gefährliche Untiefen, starke Strömungen und Engstellen werden in den
Drei Schluchten entschärft werden. Hochseeschiffe bis zu 10.000 Bruttoregistertonnen
werden bald direkt bis nach Chongqing und Yibin fahren können. Neben günstigeren
Transportkosten erwartet man sich dadurch auch wirtschaftliche Impulse für das dicht
besiedelte Becken von Sichuan.
Weiters soll der Stausee das Klima in der Region günstig beeinflussen und damit den
Orangenanbau erleichtern, geeignete Bedingungen für den geplanten Nord­Süd­
Wassertransfer in China und neue touristische Perspektiven für die Region schaffen.
Durch die Dimension des Projektes ist China mit vielerlei Schwierigkeiten konfrontiert.
Das Hauptproblem besteht in der Umsiedlung von 1,7 Mio. Menschen in einer Region, die
ohnehin schon überbevölkert ist. Durch die sogenannte ,,Developmental Resettlement" ­
Politik will China den Umsiedlern ökonomische Vorteile sichern, es ist aber äußerst
fraglich, ob dies auch gelingen wird.
Das DSP wird auch auf die Ökologie der Region gravierende Auswirkungen haben.
Neben dem Verlust an wertvollem Land könnten auch nicht überschwemmte Gebiete
stärker erodieren, die Gefahr von Hangrutschungen und Felsstürzen könnte steigen. Die
starke Sedimentfracht des Yangtse könnte das Reservoir stark verschlammen und negative
Effekte auf die Stromerzeugung und die Schifffahrt haben, außerdem würden
Überschwemmungen durch eine Flussbetterhöhung wahrscheinlicher.
Durch den Stausee wird auch ein Teil des chinesischen Kulturerbes der Region verloren
gehen und die Touristenattraktion der ,,Drei Schluchten" wird ihr Gesicht ändern.

5
Summary
After its completion in 2009 the Three Gorges Project in Sandouping will be the biggest
water conservation project in the world. The total length of the dam axis is 2.309,47m,
with the crest elevation at 185m. The water at the dam site will be 175m deep. There are
26 sets of hydro turbine generator units that will produce 847 TWh of electricity output
annually.
The TGP should become the backbone of the Yangtze River flood control system at the
middle and lower reaches. With a 22,15 billion m³ of flood control storage capacity of the
reservoir, very bad floods will take place more rarely. Flood disasters in the areas of the
middle and lower reaches of the Yangtze and the threat of flooding to Wuhan
Municipality will be mitigated.
The 660km long waterway from Yichang to Chongqing will be improved after the
completion of the TGP reservoir, making it possible for ships having a weight of up to
10.000t to sail upstream directly to the harbors of Chongqing. The navigation costs will be
reduced and the capacity will be increased. It will have very positiv economic effects on
the very densely populated province of Sichuan.
The TGP will promote the development of fishery in the region as well as tourism and the
cultivation of oranges. It will create favorable conditions for the planned South­to­North
Water Transfer in China.
The main problem China is confronted with is the resettlement of about 1,7 million people
in an area, that´s already very densley populated. The so called "Developmental
Resettlement"­Policy was created to guarantee economic benefits for the resettlers, but
it´s doubtful if it will work in reality.
The TGP will have negative effects on the ecology. Much of the most fertile land will be
submerged, the danger of landslides or rockfalls might increase. The sediment load in the
reservoir could affect power generation and navigation. It might have a negative impact
on floods at the upper reaches of the Yangtze River too.
A part of China´s southern cultural heritage will be submerged and get lost, the beautiful
landscape of the world famous Three Gorges will change it´s view.

6
Inhaltsübersicht
VORWORT
3
ZUSAMMENFASSUNG
3
SUMMARY
5
INHALTSÜBERSICHT
6
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
10
TABELLENVERZEICHNIS
11
1 EINLEITUNG
12
1.1
EINFÜHRUNG
12
1.2
ZIELE
DER
ARBEIT
12
1.3
METHODIK
DER
ARBEIT 13
2 AUFGABEN, NUTZEN UND AUSMASSE DES DSP
14
2.1
ÜBER
DAS
DSP
14
2.1.1
Ausmaße
und
Aussehen
14
2.1.2
Der
Konstruktionszeitplan
15
2.1.3
Der
Standort
des
DSP
16
2.1.4
Merkmale
des
Dreischluchtenreservoirs
18
2.2 AUFGABEN UND NUTZEN DES DSP
20
2.2.1
Die
Flutkontrolle
20
2.2.2
Die
Energieerzeugung
22
2.2.3
Vorteile
für
die
Schifffahrt
23
2.2.4
Sonstige
Vorteile
24
3
Das
DSP
­
Eine
Chronologie
24
3.1
CHINA
UND
DIE
WASSERKRAFT
24
3.2 DIE STANDORTSUCHE FÜR DEN DREISCHLUCHTENDAMM
26
3.3 BESTIMMUNG DER GRÖSSE DES DAMMES
28
3.4 DIE CHRONOLOGIE ­ EINE ZEITTAFEL
29
4
Ökologische
Auswirkungen
des
DSP
31
4.1
DIE
BEFÜRWORTER
31

7
4.1.1 DIE ERFORSCHUNG DER AUSWIRKUNGEN DES DSP
31
4.1.2 ÖKOLOGISCHE AUSWIRKUNGEN IM RESERVOIRGEBIET
32
4.1.2.1 Auswirkungen auf das lokale Klima
32
4.1.2.2 Auswirkungen auf Wassertemperatur und ­qualität
33
4.1.2.3 Auswirkungen auf Organismen im Wasser
34
4.1.2.4 Auswirkungen auf terrestrische Pflanzen
35
4.1.2.5
Auswirkungen
auf
terrestrische
Tiere
35
4.1.2.6 Auswirkungen auf Böden und Geologie
35
4.1.2.7 Direkte Auswirkungen durch die Dammkonstruktion
36
4.1.3 HYDROLOGISCHE AUSWIRKUNGEN AM MITTELLAUF DES
YANGTSE
37
4.1.4 ÖKOLOGISCHE AUSWIRKUNGEN IM MÜNDUNGSGEBIET
DES
YANGTSE
38
4.1.4.1 Hydrologische Auswirkungen im Mündungsgebiet
38
4.1.4.2 Das Eindringen von Salzwasser im Mündungsgebiet
39
4.1.4.3
Auswirkungen
auf
den
Nährstoffgehalt
39
4.1.5
DIE
SEDIMENTATION
40
4.1.5.1
Die
Sedimentationsfracht
des
Yangtse
40
4.1.5.2 ,,Trübes Wasser raus, klares behalten"
42
4.1.5.3 Der Effekt auf den Hochwasserpegel in Chongqing
42
4.1.6 DAS ,,DREI SCHLUCHTEN ­ UMWELTSCHUTZPROGRAMM"
43
4.2
DIE
GEGNER
45
4.2.1 ÖKOLOGISCHE AUSWIRKUNGEN IN DER RESERVOIRREGION
45
4.2.2
DIE
SEDIMENTATION
46
4.2.2.1
Die
Sedimentation
im
Reservoirgebiet
46
4.2.2.2 Sedimentation flussabwärts des Staudammes
48
4.2.2.3 Eine genaue Sedimentationsprognose ist unmöglich
48
4.2.2.4 Auswirkungen der Sedimentation auf die Schifffahrt
50
4.2.2.5
Die
Abreibung
durch
Sedimente
50
4.2.3
FELSSTÜRZE
UND
HANGRUTSCHUNGEN
51
4.2.4 DAS DSP ALS AUSLÖSER FÜR ERDBEBEN?
53
5
Das
Umsiedlungsprogramm
53
5.1
DAS
OFFIZIELLE
CHINA 53
5.1.1 DER GENERALPLAN ZUR BEVÖLKERUNGSUMSIEDLUNG
53
5.1.2 WARUM DIE DREI SCHLUCHTEN ZUR UMSIEDLUNG GUT
GEEIGNET SIND
55
5.1.2.1
Nützung
der
natürlichen
Ressourcen
56
5.1.2.2 Der relative Anteil der ländlichen Umsiedler ist gering
57
5.1.2.3 Kein Zeitdruck bei der Umsiedlung
57
5.1.2.4
Die
,,Developmental
Resettlement"-Politik
58
5.1.2.5 Der Rückhalt durch die Regierung
58
5.1.3 DIE VERLAGERUNG VON INFRASTRUKTUR
59
5.1.4
DIE
AUSBILDUNG
DER
UMSIEDLER
60
5.1.5 DIE UMSIEDLUNG DER LÄNDLICHEN BEVÖLKERUNG
61
5.2
DIE
GEGNER
63
5.2.1
MANIPULATION
VON
DATEN
63

8
5.2.2 POLITISCHE MOTIVE DER MANIPULATION
66
5.2.3 UMSIEDLUNG - REICHT DIE ÖKOLOGISCHE KAPAZITÄT?
66
5.2.4 IST DIE LANDKNAPPHEIT ÜBERHAUPT ENTSCHÄRFBAR?
70
5.2.5
FALSCHE
ANNAHMEN
70
5.2.6 KOSTENEXPLOSION DURCH DIE UMSIEDLUNG
72
5.3 WAS DIE BETROFFENE BEVÖLKERUNG DENKT
72
5.3.1 FELDSTUDIEN IN BETROFFENEN ORTSCHAFTEN
72
5.3.2 DAS WISSEN ÜBER DEN DAMM UND ÜBER POTENTIELLE
PROBLEME
73
5.3.3 EINSTELLUNG GEGENÜBER MÖGLICHEN AUSWIRKUNGEN
DES DSP
75
5.3.4 EINSTELLUNG GEGENÜBER DER UMSIEDLUNG
76
5.3.5 SOZIALE ASPEKTE UND DIE QUALITÄT DER NEUEN WOHNUNGEN 77
5.3.6
MEINUNG
ZUR
LANDWIRTSCHAFT
78
5.3.7 NEUE BESCHÄFTIGUNG AUSSERHALB DER LANDWIRTSCHAFT?
78
5.3.8 ERWARTUNGEN BEZÜGLICH DES KÜNFTIGEN EINKOMMENS
79
6 Das DSP und die Überschwemmungsproblematik
80
6.1
ÜBERSCHWEMMUNGEN
IN
CHINA
80
6.1.1 ZUNAHME DER KATASTROPHENEREIGNISSE
80
6.1.2
NATURKATASTROPHEN
IN
CHINA
82
6.1.3 ÜBERSCHWEMMUNGSKATASTROPHEN IN CHINA
83
6.1.3.1
Überschwemmungstypen
83
6.1.3.2
Historische
Flutkatastrophen
in
China
84
6.1.3.3
Jüngste
Flutereignisse
am
Yangtse
84
6.1.3.4 Ursachen immer häufigerer Überschwemmungen
85
6.2 DIE BEFÜRWORTER: FLUTKONTROLLE DURCH DAS DSP
86
6.3
DIE
GEGNER
87
6.3.1 INEFFIZIENTE FLUTKONTROLLE DURCH DAS DSP
87
6.3.2
RECHTFERTIGUNG
DES
PROJEKTES
89
7 Kosten und Finanzierung des DSP
90
7.1 DIE KOSTENRECHNUNG DER BEFÜRWORTER
90
7.1.1 BERECHNUNG AUS DEM JAHR 1985
90
7.1.2 BERECHNUNG AUS DEM JAHR 1993
91
7.2 DIE KOSTENRECHNUNG DER GEGNER (IRN)
92
7.3 INVOLVIERTE FIRMEN UND FINANCIERS
92
7.3.1
AM
DSP
BETEILIGTE
FIRMEN
92
7.3.2
DIE
FINANCIERS
DES
DSP
96
7.3.2.1
Die
Weltbank
96
7.3.2.2 Am DSP beteiligte Export­Kreditagenturen
96
7.3.2.3
Private
Investoren 98
8
Der
Verlust
von
Kulturgütern
99
8.1
DIE
BEFÜRWORTER
99

9
8.2
DIE
GEGNER
100
8.2.1
EINTEILUNG
DER
KULTURSCHÄTZE 100
8.2.2 BEISPIELE FÜR GEFÄHRDETE KULTURSCHÄTZE
102
9 Das DSP aus militärischer Perspektive
104
10
Meine
Meinung
106
10.1 ZU AUFGABEN, NUTZEN UND AUSMASSEN DES DSP
106
10.1.1
DIE
AUSMASSE
106
10.1.2
DIE
FLUTKONTROLLE
106
10.1.3
DIE
ENERGIEERZEUGUNG
107
10.1.4
VORTEILE
FÜR
DIE
SCHIFFFAHRT
107
10.2 ZU DEN ÖKOLOGISCHEN AUSWIRKUNGEN
108
10.2.1
POSITIVE
AUSWIRKUNGEN
108
10.2.2
NEGATIVE
AUSWIRKUNGEN 109
10.3
ZUR
UMSIEDLUNG
110
10.4
ZU
KOSTEN
UND
FINANZIERUNG
111
10.5 ZUM VERLUST AN KULTURGÜTERN
112
10.6 DAS DSP AUS MILITÄRISCHER PERSPEKTIVE
114
10.7
DSP
­
JA
ODER
NEIN?
114
11
QUELLENVERZEICHNIS
115
11.1
BÜCHER
UND
ZEITSCHRIFTEN
115
11.2
INTERNET
116
12 ANHANG
118
12.1
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
118
12.2
UMRECHNUNGEN
118
13.3
SKIZZEN,
FOTOS
UND
TABELLEN
119

10
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Das generelle Layout des DSP
15
Abb. 2:
Der Standort des DSP vor Beginn der Bauarbeiten
16
Abb. 3:
Der Yangtse und seine Hauptzuflüsse
17
Abb. 4:
Satellitenaufnahme der Drei Schluchten
18
Abb. 5:
Ein enger Talabschnitt in den Drei Schluchten
19
Abb. 6:
Das Flutkontrollsystem am Mittellauf des Yangtses
21
Abb. 7:
Sedimentfracht des Yangtses in Yichang
41
Abb. 8:
Der Eingang zu den ,,Kleinen Drei Schluchten"
46
Abb. 9:
Sedimentablagerungen am Ufer des Yangtses
47
Abb. 10: Hangrutschung in der Dreischluchtenregion
52
Abb. 11: Einfahrt in eine der Drei Schluchten
55
Abb. 12: Unkultivierte Terrassen in Ufernähe des Yangtses
58
Abb. 13: Ein ,,dreidimensionales Infrastrukturprojekt" in der Nähe von Fengdu
60
Abb. 14: Eine Fabrik am Ufer des Yangtses
60
Abb. 15: Die komplett verlagerte Stadt Zigui
63
Abb. 16: Eine bald überschwemmte Siedlung in der Nähe von Wanxian
64
Abb. 17: Die Qualität des neu entwickelten Ackerlandes
69
Abb. 18: Terrassen zur Bebauung sehr steiler Hänge
72
Abb. 19: Der Quyuantempel wird an anderer Stelle wiedererrichtet
101
Abb. 20: Steinfisch ­ Niederwassergravierung am Yangtse
101
Abb. 21: Archäologen suchen nach kulturellen Relikten
102
Abb. 22: Ein kleiner Vorgeschmack auf die ökologischen Auswirkungen
111

11
Tabellenverzeichnis
Tab.
1:
Der
Konstruktionszeitplan
des
DSP
15
Tab. 2:
Vergleich der Reservoirs von DSP und Assuanstaudamm
20
Tab. 3:
Vergleich der jährlichen Wasserführung und Sedimentfracht des
Yangtses bei Sandouping und des Gelben Flusses bei Sanmenxia
42
Tab. 4:
Die im Jahr 1985 erwarteten Auswirkungen der Überschwemmung
nach
der
Aufstauung
54
Tab. 5:
Schätzungen der Anzahl der Umsiedler seit 1985
66
Tab. 6:
Befragung von 100 Haushalten nach den Vorteilen des DSP
76
Tab. 7:
Die erwarteten negativen Auswirkungen des DSP
77
Tab.
8:
Berufswünsche
der
Umsiedler 80
Tab.
9:
Einkommenserwartungen
der
Umsiedler
80
Tab. 10: Die schwersten Flutkatastrophen am Yangtse im 20. Jahrhundert
85
Tab. 11: Die Entwicklung der Gesamtseenfläche im Yangtsetal (1949­1994)
86
Tab. 12: Kostenaufschlüsselung des DSP bei einem normalen Wasserpegel
Von
150m
92
Tab. 13: Archäologisch wertvolle Funde über Grund
101
Tab. 14: Archäologisch wertvolle Funde unter der Erde
102

12
1 Einleitung
1.1 Einführung
,,Nach Gründung der Volksrepublik haben die Genossen Mao Zedong, Deng Xiaoping und andere
Revolutionäre viel Zeit und Gedanken in das Dreischluchtenprojekt investiert. Mehrere Generationen
chinesischer Wissenschaftler waren im Zuge der Bauvorbereitungen beschäftigt. Die rapide wirtschaftliche
Entwicklung und die deutlich höhere allgemeine Stärke unseres Landes seit der Öffnung haben es möglich
gemacht, dieses beispiellose Jahrhundertprojekt in Angriff zu nehmen. Der jahrhundertealte Traum der
Chinesen, die Wasserkraft des Yangtse in den Drei Schluchten zu nutzen, ist nun sehr nahe gerückt. Das
beweist anschaulich einmal mehr die Überlegenheit des Sozialismus bei der Ressourcenkonzentration für
derart große Bauvorhaben. ... Solch alte Wasserspeicherprojekte wie in Dujiangyan vor 2000 Jahren oder
der Kaiserkanal in der Sui­Dynastie spielten alle eine wichtige Rolle in der sozioökonomischen
Entwicklung in ihrer jeweiligen Zeit. Das Wasserspeicher- und Energieerzeugungsprojekt das wir heute am
Ende der Drei Schluchten bauen und dessen Ausmaße und Nutzen keine Parallelen in der Welt kennt, wird
die Entwicklung unserer nationalen Ökonomie sehr fördern. Es verkörpert auch den großen Fleiß und
unerschrockenen Geist der chinesischen Nation bei der Umsetzung kühner Visionen für eine bessere
Zukunft im Zuge der Reformen und der Öffnung." (Jiang Zemin, 1997)
Dies ist ein Auszug aus der Rede von JIANG ZEMIN im Zuge des Beginns des
Dammbaues entlang des Hauptflusses des Yangtse am 8. November 1997. Bezeichnend
darin ist der Umstand, dass der Energieerzeugung heute der größte Nutzen des DSP
zugeschrieben wird. Das war nicht immer so.
Im Jahre 1919 formulierte Dr. SUN YAT­SEN, in einem Aufsatz mit dem Titel ,,Ein Plan
zur Entwicklung der Industrie", zum ersten Mal den Wunsch, in der Region der Drei
Schluchten einen Staudamm zu bauen. In einem langen Abschnitt über den Ausbau
schiffbarer Flüsse und Kanäle skizzierte er seine Ansichten darüber, wie man durch den
Bau zahlreicher großer Dämme den Hochwasserschutz und die Bewässerung des Landes
verbessern und dabei gleichzeitig Elektrizität erzeugen könnte. Hinter seinem
ursprünglichen Plan stand in erster Linie die Idee des Hochwasserschutzes, seinen
Nachfolgern ging es dann aber immer mehr um das anfänglich beinahe zufällige
Nebenprodukt ­ die Stromerzeugung.
1.2 Ziele der Arbeit
Das DSP betrifft viele verschiedene Bereiche, angefangen von der
Umsiedlungsproblematik über die ökologischen Auswirkungen bis hin zum

13
Hochwasserschutz. Bei jedem dieser einzelnen Themen gibt es wiederum verschiedene
Meinungen von Gegnern und Befürwortern des Projektes, häufig sind sich auch Gegner
untereinander nicht einig über das Ausmaß der Auswirkungen, etwa was den Verlust
kultureller Schätze betrifft. Manchmal scheinen Angaben der Gegner derart übertrieben,
dass man sie von vornherein nicht ernst nehmen kann, manche Einwände scheinen
wiederum durchaus berechtigt zu sein und die Dammbefürworter können sie nicht
glaubhaft entkräftigen. Als Beispiel könnte man hier die geplante zukünftige
Landverteilung in der Dreischluchtenregion nach der Umsiedlung nennen.
Tatsache ist natürlich, dass niemand präzise vorhersagen kann, ob das DSP die
hochgesteckten Erwartungen der chinesischen Führung erfüllen wird können, oder ob es
zum finanziellen und ökologischen Desaster wird oder noch schlimmer, zu einer
Katastrophe mit einer hohen Zahl an Todesopfern kommt.
Bei der Diskussion zwischen Gegnern und Befürwortern gab es auch bewusste
Falschmeldungen, man darf nicht vergessen, dass der Staudamm erst 1992 offiziell
bewilligt wurde. Befürworter setzten etwa die Zahl der umzusiedelnden Bevölkerung
anfangs sehr viel niedriger an, um das Projekt politisch leichter durchbringen zu können.
Ziel dieser Diplomarbeit ist es, alle diese teilweise sehr widersprüchlichen Angaben aus
Literatur, Internet und Zeitungen in einer Arbeit zusammenfließen zu lassen und die
positiven und negativen Aspekte einander gegenüberzustellen. Jeder, der meine Arbeit
gelesen hat, soll sich danach ein eigenes Bild über den Sinn des DSP machen können,
unabhängig von meiner persönlichen Meinung, die am Ende der Arbeit angefügt ist.
1.3 Methodik der Arbeit
Der Großteil der Informationen für diese Arbeit stammt aus Literatur- und
Internetrecherchen. Im Zuge einer vom Geographieinstitut der Karl-Franzens-Universität
Graz veranstalteten Chinaexkursion im Frühjahr 2002 bin ich u. a. mit dem Schiff von
Chongqing nach Shashi gefahren und habe dabei die Drei Schluchten durchquert und die
Baustelle des Staudammes besichtigt. Meine Meinung, die ich mir davor durch Literatur-
und Internetrecherche zuhause gebildet hatte, wurde durch den persönlichen Eindruck vor

14
Ort doch erheblich beeinflusst. Ich musste sogar Teile jener Kapitel, die ich bereits
geschrieben hatte, leicht korrigieren.
In meiner Arbeit gehe ich auf alle mir wichtig erscheinenden Themen im Zusammenhang
mit dem DSP ein. In jedem dieser Kapitel kommt zuerst die Haltung der Befürworter und
danach jene der Gegner zum Ausdruck. Am Ende der Arbeit folgt ein eigenes Kapitel, in
dem ich versuche die Vor- mit den Nachteilen abzuwiegen. Ich werde darin noch einmal
auf jedes einzelne vorhergehende Kapitel eingehen und versuche, als neutrale Person eine
möglichst objektive Aussage zu treffen.
2 Aufgaben, Nutzen und Ausmaße des DSP
2.1 Über das DSP
2.1.1 Ausmaße und Aussehen
Das DSP ist ein für China äußerst wichtiges Schlüsselprojekt bei der Entwicklung seiner
Wirtschaft und der Bezwingung der Wassermassen des Yangtse. Nach seiner
Fertigstellung 2009 wird es das größte Wasserspeicherkraftwerk der Welt sein. Mit
seinem normalen Poollevel von 175m wird die totale Wasserspeicherkapazität des
Reservoirs 39,3 Mrd. m³ betragen (China Yangtze Three Gorges Project Development
Corporation, 1999, S.1).
Das DSP besteht aus einer Betonstaumauer, zwei Kraftwerken, zwei Schiffsschleusen und
einem Schifflift. Insgesamt hat der Damm eine Länge von 2.309,47m und eine Höhe von
185m. Der Spillwaydamm zwischen den zwei Kraftwerkabschnitten ist 483m lang. Hier
gibt es 23 Abflussöffnungen am Grund und 22 an der Oberfläche. Die Größe der
Abflussöffnungen am Grund beträgt 7x9m, sie befinden sich in 90m Höhe. Die Breite der
Ausspritzöffnungen an der Oberfläche beträgt acht Meter, sie beginnen in einer Höhe von
158m. Die maximale Auslassungskapazität beträgt 102.500m³/s (bei einem maximal
möglichen Wasserstand von 180,4m).

15
Insgesamt wurden bzw. werden für die Konstruktion 102,83 Mio. m³ Erdmasse und
Gesteine bewegt und 27,94 Mio. m³ Beton verbaut.
Abb. 1: Das generelle Layout des DSP: Neben der Staumauer mit den zwei
Kraftwerken an den Ufern und dem Spillwaydamm in der Mitte des Flusses besteht
das DSP auch aus einem Schifflift und zwei Schiffsschleusen. Quelle: China
Yangtze Three Gorges Project Development Corporation (CTGPC), 1999, S.4.
2.1.2 Der Konstruktionszeitplan
Die Konstruktions- und Vorbereitungsphase wird bei planmäßigem Verlauf insgesamt 17
Jahre betragen. Diese Zeitspanne wird in drei Abschnitte unterteilt:
1993 bis 1997 (5 Jahre)
Vorbereitungsperiode und erste Bauphase
1998 bis 2003 (6 Jahre)
Zweite Bauphase
2003 bis 2009 (6 Jahre)
Dritte Bauphase
Tab. 1: Der Konstruktionszeitplan des DSP
Während der ersten Bauphase wird der rechte Flussteil zwischen der Yangtseinsel und
dem linken Ufer geschlossen, der andere noch offene Teil wird ausgebaggert und
vergrößert und als Umleitungskanal verwendet. Zu Beginn wird das Wasser noch im
Hauptbett fließen, erst 1997 wird das Hauptbett komplett geschlossen, der Yangtse fließt
dann seitlich an der Baustelle vorbei.

16
In der zweiten Bauphase werden der Spillwaydamm und das Kraftwerk am linken
Flussufer fertig gestellt. Zeitgleich werden auch die Arbeiten an Schifflift und
Schiffsschleusen am linken Ufer abgeschlossen sein.
Ab dem Jahr 2003 soll der Damm dann komplett geschlossen sein und es wird mit der
Aufstauung bis auf einen Poollevel von 135m begonnen. Die ersten Turbinen sollen 2003
ans Netz angeschlossen werden, somit soll elf Jahre nach Konstruktionsbeginn der erste
Strom erzeugt werden. Danach werden jedes Jahr weitere Generatoren Strom erzeugen bis
2009 alle 26 Turbinen ans Netz angeschlossen sind und der Kraftwerkbau abgeschlossen
sein wird. In dieser dritten Phase wird das Wasser bereits durch die unteren Öffnungen des
Spillwaydammes fließen, Schiffe werden das Kraftwerk bereits über die Schleusen oder
den Schifflift passieren müssen.
2.1.3 Der Standort des DSP
Nach wiederholter Studie und Analyse von 15 möglichen Alternativen wurde schließlich
Sandouping mit seinem kristallinen Gesteinsuntergrund als Standort für das DSP
ausgewählt. Hier ist das Flusstal relativ offen und breit und die Hügel auf beiden Seiten
des Flusses sind niedrig. Im Fluss befindet sich eine kleine Insel namens Zhongbaodao,
dadurch wurde die Flussumleitung sehr vereinfacht.
Abb. 2: Der Standort des DSP mit der Insel Zhongbaodao vor Beginn
der Bauarbeiten, Blickrichtung Osten; Quelle: China Yangtze Three
Gorges Project Development Corporation (CTGPC), 1999, S.31.

17
Für die Dammkonstruktion ist eine gute Infrastruktur unerlässlich. Im Oktober 1996
wurde eine 26km lange Schnellstraße von Yichang nach Sandouping eröffnet. Kurz
unterhalb des Dammes wurden mehrere Schiffsanlegeplätze und eine Brücke über den
Yangtse errichtet. Die Schiffdocks sind speziell für den Transport besonders schwerer
Baukomponenten bzw. Baumaschinen wichtig.
Der Standort des DSP befindet sich genau an der Grenze zwischen Ober- und Mittellauf
des Yangtse. Die Gesamtlänge des Stromes beträgt 6.302km mit einem Einzugsbereich
von 1,8 Mio. km². 4.511km mit einem Einzugsgebiet von einer Mio. km² werden dem
Oberlauf zugerechnet. Mit einer Länge von 1.030km ist die Yibin­Yichang­Sektion ein
Teil des Oberlaufs, sie wird ,,Chunjiang" genannt (Yibin ist eine Stadt etwas
flussaufwärts von Chongqing). In diesem Flussabschnitt wird sich das zukünftige
Reservoir erstrecken. Die berühmten ,,Drei Schluchten", ein 200km langer Abschnitt von
Fengije in der Provinz Chongqing nach Baidicheng in der Provinz Hubei, befinden sich
im östlichen Teil der Chuanjiang­Sektion.
Abb. 3: Der Yangtse und seine Hauptzuflüsse; Quelle: QING, 1998, S.19.
Der Mittellauf des Yangtse von Yichang nach Hukou in der Provinz Jiangxi ist 938km
lang und hat ein Einzugsgebiet von 680.000km². Ein Teil des Mittellaufs von Zhijiang
nach Chenglingji wird ,,Jingjiang"­Sektion genannt. Nach den bergigen Drei
Schluchten tritt der Fluss hier in ein Flachland ein, wird breit und langsam, lagert dadurch
dort sehr viel Material an und erhöht laufend sein Bett. Der Flusslauf mäandriert sehr
stark, in diesem Abschnitt ist die Überschwemmungsgefahr am größten. Nur mit Hilfe
von Deichen können Überschwemmungen, die in diesem dicht besiedelten Abschnitt

18
dreizehn Millionen Menschen betreffen, verhindert werden. Die Dämme wurden laufend
erhöht und verstärkt und können hier nun Wassermassen von bis zu 70.000m³/s
bewältigen. Die Kapazität der Dämme könnte noch bis zu 80.000m³/s ausgebaut werden,
weiter wäre es aber aufgrund von Stabilitätsproblemen nicht mehr möglich (WHITNEY,
LUK, 1993, S.67). Bei Extremereignissen wäre das allein ohnehin nicht ausreichend, das
DSP soll in Zukunft helfen, kritische Situationen zu entschärfen.
2.1.4 Merkmale des Dreischluchtenreservoirs
Das Dreischluchtenreservoir weist einzigartige Charakteristika auf, die es von anderen
großen Wasserspeicherprojekten in der Welt deutlich unterscheiden. Der zukünftige
Stausee wird ein typisches Canyon­förmiges Reservoir bilden. Diese Besonderheit wird
etwa das Ausmaß der ökologischen Veränderungen durch das Projekt stark beeinflussen
und soll den Nutzen maximieren. Bei angenommenen Wasserständen am Staudamm von
150 bzw. 180m, erstreckt sich das Reservoir von Sandouping 560 bzw. 690km
stromaufwärts. In beiden Fällen wäre das Reservoir schmal und bandförmig, beiderseits
umgeben von Bergen.
Abb. 4: Satellitenaufnahme der Drei Schluchten mit roter Markierung der zukünftig
überschwemmten Gebiete. Der Stausee wird aufgrund der Topographie schmal und
bandförmig werden. Der Staudamm selbst befindet sich weiter östlich und ist auf dem
Bild nicht ersichtlich. Quelle: World Sat International Inc., Oktober 2002.

19
Die Drei Schluchten sind mit der Yangtsesektion von Fengije nach Sandouping
gleichzusetzen. Dieses Gebiet ist gekennzeichnet durch abwechselnde Canyons aus
Karbonatgrundgestein und breitere Talabschnitte aus Sandstein und Schiefer. Die
imposanten und steil abfallenden Berghänge erheben sich in diesem Flussabschnitt im
Schnitt an beiden Seiten 300 bis 500m, die zwölf Gipfel der Wushanberge sind sogar 700
bis 1.100m hoch (WHITNEY, LUK, 1993, S.64). Die durchschnittliche Flussbreite in den
Canyons beträgt 200 bis 300m, die Maximale variiert in dieser Sektion zwischen 500 und
800m. An diesen breiten Stellen beträgt die Hanghöhe an den Flussrändern nur 100 bis
300m.
Aufgrund dieser topographischen Gegebenheiten wird die zukünftige Stauseebreite bei
Wasserständen von 150 bzw. 180m am Damm östlich von Fengije 800 bzw. 900m und
westlich davon 1.200 bzw. 1.600m betragen, mit Maximalwerten von 1.700 bzw. 2.000m.
Trotz der großen Länge des Reservoirs wird die Wasserfläche aufgrund ihrer Bandform
mit 626 bzw. 1.100km² recht klein sein, was sehr außergewöhnlich für Reservoirs dieser
Größe ist.
Abb. 5: Ein enger Talabschnitt in den Drei Schluchten. Aufgrund dieser
Topographie wird die Fläche des Stausees im Verhältnis zu seiner Länge
sehr klein sein. Aufnahme: Gunther Jauk, April 2002, Blickrichtung Osten.
Im Vergleich dazu besitzt der Assuanstaudamm am Nil in Südägypten einen 111m hohen
Damm. Durch diesen Damm entstand ein 500km langer und etwa zwölf Kilometer breiter
Stausee, der zweitgrößte weltweit. Die Stauseefläche in diesem typischen ,,See­Typ­
Reservoir" beträgt 6.500km². Obwohl die Länge des Dreischluchtenreservoirs bei dem

20
geplanten normalen Poollevel von 175m deutlich größer sein wird als beim
Assuanstaudamm, wird die Stauseefläche nicht einmal ein Sechstel davon betragen.
Reservoirs können nach ihrer Wasserregulationskapazität in saisonale, jährliche und
längerzeitliche eingeteilt werden. Diese Klassifikation ergibt sich aus dem Verhältnis von
Wasserspeicherfähigkeit und jährlichen Wasserspeisung des Reservoirs durch den Fluss.
Das DSP hat mit dem Poollevel von 175m eine Wasserspeicherkapazität von 39,3 Mrd.
m³. Das ist eine der größten weltweit, verglichen mit der durchschnittlichen Wassermenge
von 451 Mrd. m³, die jährlich das Kraftwerk passieren wird, allerdings sehr wenig. Der
Yangtse führt in Sandouping 5,37mal mehr Wasser als der Nil und 6,55mal mehr als der
Gelbe Fluss (WHITNEY, LUK, 1993, S.65).
Beim DSP liegt das Verhältnis zwischen Speicherkapazität und jährlicher Speisung bei
1:11,48, daher kann es die Flut nur auf saisonaler Basis regulieren. Im Gegensatz dazu
kann das Assuanstaudammreservoir die Wasserspeisung von über zwei Jahren aufnehmen
und ist daher ein typisches längerzeitliches Reservoir.
DSP
Assuanstaudamm
Wasserspeicherkapazität in Mrd. m³
39,3
164
Mittlere jährliche Speisung in Mrd. m³
451
72
Verhältnis
1
:
11,48
2,28
:
1
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Reservoirtyp
saisonal
längerzeitlich
Tab. 2: Vergleich der Reservoirs von DSP und Assuanstaudamm
2.2 Aufgaben und Nutzen des DSP
2.2.1 Die Flutkontrolle
Der Dreischluchtendamm soll das Rückgrat bei der Bewältigung der Wassermassen des
Yangtse bei Hochwasserereignissen bilden und die flachen Gebiete um den Mittel- und

21
Unterlauf des Stromes schützen. Die günstige geographische Lage macht es möglich, die
großen Wassermassen des Flussoberlaufes besser zu kontrollieren.
Vor der Hochwasserzeit wird der Wasserstand an der Staumauer von 175 auf 145m
abgesenkt werden, damit hat der Damm eine zusätzliche Flutspeicherkapazität von 22,15
Mrd. m³. Mit dieser Maßnahme soll Hochwasser, das sich statistisch gesehen heute alle
zehn Jahre ereignet, zukünftig nur noch alle hundert Jahre vorkommen.
Sogar Jahrtausendfluten sollen bei weitem nicht mehr so große Schäden anrichten wie
bisher. Durch den Wasserregulierungsmechanismus des DSP und in Verbindung mit
anderen Hochwasserschutzmassnahmen, wie etwa die Flutumleitungen in dafür
vorgesehene Überschwemmungsgebiete, sollte ein Brechen der Hauptdämme entlang
dieser kritischen Flusssektion verhindert werden können. Die Ausmaße der Hochwasser
für den Mittel- und Unterlauf des Yangtse und vor allem die Bedrohung der Stadt Wuhan
werden also stark verringert. So sollen hervorragende Bedingungen geschaffen werden für
eine durchgreifende Rehabilitierung und wirtschaftliche Verbesserung der gesamten
Dongting­See­Region.
Abb.6: Das Flutkontrollsystem am Mittellauf des Yangtse besteht aus: (1) Dämmen (orange Linien)
mit dem Jingjiang­Hauptdamm (rote Linie), (2) Überschwemmungsgebieten (orange Flächen) und (3)
dem DSP. Quelle: China Yangtze Three Gorges Project Development Corporation, 2001, S. 12.

22
2.2.2 Die Energieerzeugung
Die nahezu 100m Höhendifferenz zwischen Chongqing und Sandouping und die hohe
Wasserführung des Yangtse werden das DSP zu einem sehr effektiven Kraftwerk machen.
Wenn der Dreischluchtenstaudamm ab 2009 in vollem Betrieb sein wird, wird kein
anderes Wasserkraftwerk weltweit jährlich mehr Strom produzieren. Insgesamt werden 26
Turbinen am rechten und linken Yangtseufer installiert. Jede Turbine hat eine Kapazität
von 700.000 Kilowatt, die gesamte Kapazität beträgt also 18,2 Mio. KW. Die jährliche
durchschnittliche Energieerzeugung wird auf 84,68 Mrd. KWH geschätzt, das entspricht
einem Siebtel der gesamten chinesischen Energieproduktion von 1992.
Die Erzeugung der Energie durch Wasserkraft wird auch die Umwelt beträchtlich
entlasten. Ein Kohlekraftwerk ähnlicher Größe würde die Umwelt pro Jahr mit
schätzungsweise ein bis zwei Mio. Tonnen Schwefeldioxid, 10.000t Kohlenmonoxid,
150.000t Staub und beträchtlichen Mengen an Kohlendioxid belasten. Wenn das DSP
einmal Energie erzeugt, sollen jedes Jahr 38 bis 50 Mio. Tonnen Kohle gespart werden.
Neben den bereits erwähnten Vorteilen für die Umwelt würde dadurch auch die Eisenbahn
entlastet, mit der man täglich Unmengen von Kohle vom Norden in den Süden
transportieren muss. (WHITNEY, LUK, 1993, S.69).
Durch die Energieerzeugung sollen nach Vorstellung der chinesischen Führung die
Projektkosten vollständig gedeckt werden. Bereits ab 2003, elf Jahre nach dem offiziellen
Baubeginn, sollen die ersten Generatoren in Betrieb gehen. Danach werden jedes Jahr vier
weitere Generatoren mit einer Kapazität von 2,8 Mio. Kilowatt an das Netz angeschlossen
werden. Die Distanz zwischen dem zentral im Herzen Chinas gelegenen Kraftwerk und
den Metropolen Peking, Shanghai und Guangzhou (Kanton) beträgt etwa 1.000km. Es
wäre machbar, diese Regionen mit einer 500kV­Hochspannungsleitung mit Strom zu
versorgen, ebenso wie andere dicht besiedelte Regionen Zentral- und Ostchinas wie z. B.
Sichuan. Wünschenswert wäre ein großflächiges Energieversorgungsnetz, an dem
sämtliche Wasser- und auch Thermische Kraftwerke angeschlossen sind. Regionale
Energieengpässe und die damit verbundenen Produktionsausfälle wie sie in den letzten
Jahren immer wieder vorgekommen sind, könnten so vermieden werden.

23
2.2.3 Vorteile für die Schifffahrt
Der Yangtse ist die Hauptverkehrsader der Binnenschifffahrt in China. Von Yibin in
Sichuan bis zum Pazifik ist dieser Verkehrweg das ganze Jahr über befahrbar, große
Schwierigkeiten bereiten aber seit jeher die 660 Kilometer von Chongqing nach Yichang,
ein Teil der Chuanjiangsektion. Trotz großer Anstrengungen konnten hier in der
Vergangenheit nur sehr geringfügige Verbesserungen für die Schifffahrt erreicht werden.
Diese Region ist charakterisiert durch eine zerklüftete Topographie, starke Strömungen,
gefährliche Untiefen und enge, stark mäandrierende Flussabschnitte. Im Augenblick
existieren hier 139 Untiefen, 25 Schleppstationen für Boote, die flussaufwärts unterwegs
sind, 27 Flusssektionen, die nur tagsüber befahren werden dürfen und 45
Einbahnabschnitte (WHITNEY, LUK, 1993, S.69). Dieser Zustand behindert den
Warentransport und erhöht die Kosten erheblich, diese sind am Oberlauf des Yangtse
zehnmal höher als weiter flussabwärts. Die Entwicklung einer leistungsfähigen
Wasserverbindung ist von größter Bedeutung für die ökonomische Entwicklung
Südwestchinas, einer Region, die stark bevölkert und reich an natürlichen Ressourcen ist.
Die heutige Dammbaustelle befindet sich eigentlich bereits mitten in einem anderen
Stausee. Der einige Kilometer stromabwärts liegende Gezhoubastaudamm staut dort das
Wasser auf eine Höhe von etwa 20m auf. Zusammen mit dem Dreischluchtenreservoir soll
ein effektiver Wasserverkehrsweg bis nach Chongqing erschlossen werden.
Durch die Aufstauung des Wassers werden in Zukunft Hochseeschiffe bis zu 10.000
Bruttoregistertonnen nicht nur Yichang, sondern auch das weitere 660km stromaufwärts
liegende Chongqing erreichen können. Dadurch soll es zu einer Reduktion der
Transportkosten um etwa 35 bis 37% kommen. Auch unterhalb des Staudammes wird es
günstige Auswirkungen auf die Schifffahrt geben. Durch die Hochwasserregulation des
Staudammes wird die minimale Wasserführung des Yangtse im Mittellauf während der
Trockenzeit von augenblicklich 3.000 auf über 5.000m³/s gesteigert (China Yangtze Three
Gorges Project Development Corporation, 1999, S. 2). Gefährliche Untiefen und
Sandbänke werden so entschärft.

24
2.2.4 Sonstige Vorteile
Der Stausee wird das Klima günstig beeinflussen. Der Anbau von Zitrusfrüchten wird
etwa durch die wärmeren Winter erleichtert. Weiters werden günstige Auswirkungen auf
die Fischereiwirtschaft erwartet. Der Stausee ist auch eine große Chance für den
Tourismus und die Freizeitindustrie. Im Mittel- und Unterlauf wird es zu einer
Verbesserung der Wasserqualität kommen und es werden günstige Bedingungen für einen
Nord ­ Süd ­ Wasseraustausch in China geschaffen (China plant den Bau einer
Wasserpipeline, um den trockenen Norden mit Wasser aus dem feuchten Süden zu
versorgen).
3 Das DSP ­ Eine Chronologie
3.1 China und die Wasserkraft
China kam sehr früh in den Besitz zahlreicher technischer Erfindungen wie z. B. dem
Schiesspulver, dem Anker, dem Gusseisen oder dem Kompass. Dagegen begannen die
Chinesen überraschend spät damit, Dämme zu bauen. Die Ägypter hatten schon 2900 v.
Chr. bei Memphis einen Teil des Nils mit einer Mauer eingedämmt und auch die Araber
bauten bereits im siebenten vorchristlichen Jahrhundert Dämme. Der erste bescheidene
Wall wurde von den Chinesen erst um das Jahr 200 v. Chr. an einem Nebenfluss des
Yangtse errichtet. Warum man im stark überschwemmungsgefährdeten China erst so spät
auf die Idee kam, mit Dämmen Überschwemmungen zu verhindern, ist unbekannt.
Vor etwa 2500 Jahren entstanden zwei gegensätzliche Lehrmeinungen mit
unterschiedlichen Auffassungen über die Regulierung der Flüsse, die der Taoisten und die
der Konfuzianisten. Für den Menschen im Westen mag es seltsam erscheinen, dass sich
die Religion überhaupt in die Hydraulik einmischte. Dass die Priester und Philosophen
Chinas die Frage der Gewässerregulierung so ernst nahmen belegt, welche Bedeutung den
Gewässern des Landes beigemessen wurde.

25
Die Taoisten, die dem Ideal eines autonomen, natürlichen, freien und freudigen Lebens
anhingen, wollten nur sehr niedrige Dämme bauen und die Flüsse weitgehend sich selbst
überlassen. Die Konfuzianisten dagegen vertraten eine viel strengere Auffassung von
Kontrolle und nahmen auch hinsichtlich der Flüsse eine viel striktere Haltung ein. Ihrer
Meinung nach sollten massive Dämme gebaut, die Flüsse in künstliche Bahnen geführt
und die dadurch gewonnenen Flächen intensiv für die Landwirtschaft genutzt werden. Sie
nahmen in Kauf, dass ihre Methode möglicherweise seltene, aber massive
Überschwemmungskatastrophen zur Folge haben könnte. Weiters gingen sie davon aus,
dass ihre Deiche in der Lage waren viele mittlere Überschwemmungen zu verhindern, bei
starkem Hochwasser jedoch brechen und gelegentliche Katastrophen verursachen
konnten. Dies war allerdings ein annehmbarer Kompromiss angesichts der dazwischen
liegenden Phasen der Fruchtbarkeit und wirtschaftlichen Blüte.
Die Erfindungen der Neuzeit und der Untergang des chinesischen Kaiserreiches setzten
solchen Philosphien ein jähes Ende. In der republikanischen Phase ab 1911 herrschte
häufig Chaos, doch wurde eine Vielzahl praktischer Reformen umgesetzt. Es wurden
Gerichte, Gefängnisse und ein neues Eisenbahnnetz gebaut, ein landesweites Schulsystem
und eine zentrale Münze wurden eingeführt, es wurden Wälder gepflanzt und die
Viehzucht wurde reformiert.
Den vielleicht ehrgeizigsten Vorsatz in diese Richtung formulierte Dr. SUN YAT­SEN
1919 in einem Aufsatz mit dem Titel ,,Ein Plan zur Entwicklung der Industrie". In einem
langen Abschnitt über den Ausbau schiffbarer Flüsse und Kanäle skizzierte er seine
Ansichten darüber, wie man durch den Bau zahlreicher großer Dämme den
Hochwasserschutz und die Bewässerung des Landes verbessern, sowie Elektrizität
erzeugen könne. Als Herzstück dieses Systems und als Symbol dafür wie der moderne
Mensch die unbändige Natur zähmen könne, stellte sich Dr. SUN eine Staumauer vor, die,
sozusagen als Mutter aller Staumauern, über den Yangtse gebaut werden sollte. Er zeigte
sich überzeugt davon, dass ein derart mächtiger Staudamm 30 Mio. PS erzeugen könne,
eine Energie, die den Menschen in Zentralchina ungeahnten Wohlstand bescheren würde.
Für eine Talsperre über den Yangtse bot sich nach Meinung Suns eine Stelle an dem etwa
200km langen Engpass an, der als die ,,Drei Schluchten" bezeichnet wird
(WINCHESTER, 1996, S.255).

26
Zwischen Chongqing und Yichang erstreckt sich eine Bergkette mit schroffen
Eintausendern, Ausläufern der Kalk- und Sandsteingebirge Tibets. Hin und wieder
weisen die Faltengebirge auch Schichten aus Granit, Gneis oder Schiefer auf, zum größten
Teil bestehen sie jedoch aus uraltem Kalkstein mit weicheren Zwischenschichten aus
Schiefer und Mergel oder härteren Einlagerungen von Vulkangestein. Diese Bergkette
durchbricht der Yangtse auf seinem Weg zur Küste. Auf diesem Abschnitt ist der Strom
ein durchwegs rasanter und turbulenter Fluss. Stellenweise ist die Schlucht kaum mehr als
100m breit, dann wieder eineinhalb Kilometer. Die immensen Wassermassen unterspülen
nicht nur die Ufer und verursachen gewaltige Erdrutsche, sondern waschen auch das
Flussbett immer weiter aus, sodass der Yangtse hier einer der tiefsten Flüsse der Welt ist.
Dem Dammbauer bieten diese Verhältnisse die Möglichkeit, bei relativ geringem
Aufwand sensationelle Ergebnisse zu erzielen. Man muss nur am unteren Ende der
Schlucht eine geeignete und geologisch sichere Stelle finden, um dort die Staumauer zu
errichten. Wenn dann das Wasser steigt, breitet sich die Wasserfläche nur minimal nach
den Seiten aus. Die anderen großen Talsperren der Welt wie etwa der Hooverdamm in den
USA, entstanden in ähnlichem Gelände.
3.2 Die Standortsuche für den Dreischluchtendamm
So ideal das Projekt den Enthusiasten auch erschien, die Ingenieure, Politiker und Militärs
benötigten sehr lange, um den genauen Standort für die Talsperre zu bestimmen. Nicht
weniger als 75 Jahre verstrichen von dem Tag, an dem Dr. SUN seine Vision erstmals
formulierte, bis zum ersten Spatenstich.
Die genaue Bestimmung eines geeigneten Standortes erwies sich als äußerst schwierig.
Die meisten Experten waren sich zu Beginn einig, dass der beste Standort für den Damm
etwas oberhalb von Yichang am Ende der Xiling­Schlucht, der letzten der Drei
Schluchten, liegt. Doch dann sorgten Bürgerkrieg, Geldmangel, außenpolitische
Spannungen und innenpolitische Machtkämpfe dafür, dass die Entscheidung immer
wieder hinausgeschoben wurde. In der Folge legten Ingenieure und Wissenschaftler

27
laufend neue Berichte vor, aber ein halbes Jahrhundert verstrich, ohne dass dabei etwas
heraus kam.
Der chinesische Geologe J. S. LEE, der Vater der modernen chinesischen Geologie, nahm
in den 30er-Jahren die ersten Vermessungen vor und meinte, der beste Standort sei an
einer Biegung des Flusses in der Nähe des Dorfes Sandouping. Der Amerikaner GEORGE
BARBOUR, der mit LEE zusammenarbeitete, war derselben Meinung.
In den 40er-Jahren beteiligte sich der berühmte amerikanische Staudammbauer JOHN
SAVAGE aus Denver an der Diskussion. Das lässt erkennen, wie stark sich die
Amerikaner damals für das Projekt einsetzten. SAVAGE schlug sechs Stellen vor. Die
höchste lag nur einige hundert Meter unterhalb des unteren Endes der Xiling­Schlucht,
die tiefste etwa 15km oberhalb von Yichang (WINCHESTER, 1996, S.260). Die
Amerikaner zeichneten detaillierte Entwürfe für eine lange Betonmauer mit einer Reihe
von Schiffsschleusen, welche die Schifffahrt auch oberhalb der Staumauer ermöglichen
sollten. Im Jahre 1947 arbeiteten 50 Amerikaner eine Zeit lang an einer der Stellen, doch
die nationalistische Regierung, die sie angestellt hatte, wurde durch die Kommunisten
entmachtet.
Einige Zeit später eröffnete JOHN HERSEY mit seinem Buch ,,A Single Pebble ­ Der
Kieselstein und ein Jahrtausend" der Weltöffentlichkeit seine Vision des
Staudammprojektes. Die kommunistischen Machthaber waren von der Idee genauso
begeistert wie ihre nationalistischen Vorgänger. Sobald ihre Macht einigermaßen
gesichert war, beriefen sie Komitees ein, um verschiedene Standorte zu begutachten.
Bohrungen wurden unternommen und Gesteinsproben gesammelt. Im Jahre 1959 kündigte
ein Gremium an, es werde einen von drei Standorten auswählen, die alle in der Nähe von
Sandouping lagen. Ein Jahr später entschied man sich schließlich für die oberste Stelle,
eine Flussenge bei der Flussinsel Zhongbaodao. Die Entscheidung sollte aber nicht
endgültig sein, denn prompt schaltete sich das Militär ein. Die Generalität gab zu
bedenken, dass der Yangtse bei Sandouping viel zu breit sei, um eine angemessene
Luftverteidigung garantieren zu können. Da ein Staudamm dieser Größe ein ideales Ziel
für terroristische und ausländische Angriffe abgäbe, wäre eine gute Verteidigung

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832463199
ISBN (Paperback)
9783838663197
Dateigröße
4.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz – unbekannt
Note
1,0
Schlagworte
china yngtse staudamm umsiedlung three gorges project
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Titel: Das Dreischluchtenprojekt
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