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Ansätze zum Marketing für "Grünen Strom" unter Einbezug von handelbaren Zertifikaten

©2002 Diplomarbeit 146 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Im Zuge der sich weltweit vollziehenden Liberalisierung der Strommärkte haben sich neue Dimensionen für den langfristigen Eintritt der erneuerbaren Energieerzeugung in den Energiemarkt eröffnet. Strom aus regenerativen Energiequellen (REG) hat als „grünes“, ökologisches Produkt Eingang in das Wettbewerbs- und Marktgeschehen der liberalisierten Strombranche gefunden und damit den Ausschlag für die Entwicklung eines eigenständigen Marktsegments für „Grünen Strom“ gegeben.
Entgegen ihrem begrenzten Einfluß auf Stromerzeugung, -angebot und -nutzung in den «Strom-Monopolzeiten», wählen KonsumentInnen seit der Wettbewerbsöffnung des Energiemarktes eigenständig ihre Stromversorgung und stellen Anbieter von regenerativ erzeugtem Strom vor die Herausforderung einer differenzierten Gestaltung von Angeboten im Grünstrommarkt. Fragen des Marketings für Grünen Strom erlangen damit zentrale Bedeutung. Als brisante Marketingherausforderung zeigen sich die homogenen Eigenschaften von Elektrizität. Sie entbehrt zentralen Wahrnehmungsmerkmalen wie Gestalt oder Geschmack, ohne die sich ihr Nutzen für Energiebereitstellung und -verwendung nur schwer suggerieren und differenzieren läßt.
Gleichzeitig mit der zunehmenden Wettbewerbsausrichtung gehen maßgebliche Herausforderungen der Elektrizitätswirtschaft auch von ihren Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft aus. Neben einer verstärkt rationellen Energienutzung ist die Bedeutung der erneuerbaren Energien für Ressourcenschonung und Versorgungssicherheit, Arbeitsplatzsicherung und atomare Risikominderung und im besonderen für den Klimaschutz unbestritten. Soll die Reduktion von CO2-Emissionen, welche in der EU zu etwa einem Drittel durch die Stromversorgung verursacht werden, ein langfristiges Ziel sein, bedarf es eines substantiellen Ausbaus der erneuerbaren Energieerzeugung im nächsten Jahrzehnt.
Ein sich durch die zunehmend regenerative Energieversorgung abzeichnender, nachhaltig orientierter Paradigmenwechsel in der Energiewirtschaft und -politik erfordert gleichzeitig eine staatliche Förderung der regenerativen Stromerzeugung sowie den sukzessiven Aufbau von Markt- bzw. Vermarktungsstrukturen für Regenerativstrom. Da sich der Grünstrommarkt aufgrund einer langsamen Wettbewerbsanpassung u.a. durch hohe Verkaufspreise für regenerative Stromprodukte noch nicht zum „Selbstläufer“ entwickelt hat, erhalten für seine Etablierung marktorientierte Instrumente der staatlichen Förderung einen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6767
Kraft, Diana: Ansätze zum Marketing für "Grünen Strom" unte Einbezug von handelbaren
Zertifikaten
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Lüneburg, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

III
Vorwort
Am Ende der Wegstrecke Diplomarbeit zurückzuschauen auf eine in jeglicher Hinsicht
«energiereiche» Zeit, läßt deutlich werden, daß dabei nicht nur das Anfertigen einer
wissenschaftlichen Arbeit im Mittelpunkt stand.
Die Herausforderungen haben sich für mich vielmehr auch in den eigenen Fähigkeiten
gezeigt, sich auf das gewählte Thema einzulassen, Ideen zu entwickeln und zu
verarbeiten, theoretisches Wissen und Praxisbezug zu verbinden und die Diplomarbeit
nicht zuletzt auch als Möglichkeit zu nutzen, um die Zeit des Studiums angemessen
abzurunden.
All denjenigen, die mich in den vergangenen Monaten und besonders in den letzten
Wochen vor der Abgabe durch fachlichen und seelischen Beistand begleitet, mit
konstruktiven Ideen und Kritik zur Gestaltung der Arbeit beigetragen und die so
mühsame Aufgabe des Korrekturlesens auf sich genommen haben, möchte ich an dieser
Stelle herzlich danken. Mein Dank gilt besonders auch Christof Timpe, der mich in
seiner Funktion als Koordinator des Bereichs Energie und Klima des Öko-Institut e.V.
in Freiburg extern betreut hat, und durch den mir vielfältige Ressourcen für die
Anfertigung der Arbeit zur Verfügung gestellt wurden.
Herzlich danken möchte ich meinen Eltern für ihre beständige und vielseitige Unter-
stützung in der Zeit des Studiums und seiner Abschlußphase.

IV
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ...VII
Abkürzungsverzeichnis ...VIII
1 Einleitung ...1
1.1 Hintergrund,
Problemstellung und Zielsetzung ...1
1.2 Aufbau der Arbeit ...4
2
Grüner Strom im Kontext der Förderung regenerativer Energien und des
Marketings im Elektrizitätsmarkt ...7
2.1 Förderung regenerativer Stromerzeugung und Entwicklung von Angeboten für
Grünen Strom ...8
2.2 Bedingungen für Marktentwicklung und Vermarktung von Grünem Strom ...14
2.3 Grundlagen zum ökologieorientierten Marketing für Grünen Strom ...17
2.3.1 Marketingstrategische Aspekte für Grünen Strom ...18
2.3.2 Aspekte des operativen Marketings für Grünen Strom ...20
2.4 Neue Dimensionen des Marketings für Grünen Strom durch Grüne Zertifikate ..24
3
Grüne Zertifikate als Instrument im Markt für Grünen Strom...25
3.1 Handelbare
Umweltzertifikate ...25
3.1.1 Grundverständnis von Umweltzertifikaten...26
3.1.2 Umweltzertifikate als Instrument der Umweltpolitik ...26
3.1.3 Funktionsweise und Handel mit Umweltzertifikaten ...27
3.1.4 Rahmenbedingungen zum Handel mit Umweltzertifikaten...28
3.1.5 Einsatz und Anwendungsformen von Umweltzertifikaten...29
3.2 Grüne Zertifikate als Instrument zur Förderung regenerativer Energien...31
3.2.1 Grundverständnis und Funktionsmechanismus von Grünen Zertifikaten ...32
3.2.2 Handel und Einsatz Grüner Zertifikate im internationalen Kontext...36
3.2.2.1 Niederlande ...37
3.2.2.2 Großbritannien ...37
3.2.2.3 Belgien ­ Region Flandern ...38
3.2.2.4 Dänemark ...38
3.2.3 Grüne Zertifikate als Gegenstand der Untersuchung zum Marketing für
Grünen Strom...39
4
Methodische Grundlagen zur empirischen Untersuchung...41
4.1 Grundlagen qualitativer Forschungsmethoden ...41
4.2 Auswahl und Gestaltung der qualitativen Untersuchungsmethode ...42
4.3 Leitfadengestützte
ExpertInneninterviews als Forschungsmethode ...44
4.4 Auswertungsverfahren der qualitativen Untersuchung...49

V
5
Untersuchungsergebnisse zum Marketing für Grünen Strom unter Einbezug
Grüner Zertifikate... 53
5.1 Ansätze zum Marketing für «klassischen» Grünen Strom ... 54
5.1.1 Marktpotential, Nachfrage und Marktsegmentierung ... 55
5.1.2 Operative
Marketingansätze... 60
5.1.2.1 Produktpolitik ... 60
5.1.2.2 Kommunikationspolitik ... 65
5.1.2.3 Preispolitik... 68
5.1.2.4 Distributionspolitik ... 70
5.2 Einbezug Grüner Zertifikate in das Grünstrommarketing ... 71
5.2.1 Grundverständnis von Grünen Zertifikaten... 72
5.2.2
Voraussetzungen
und ausgewählte Aspekte zum Einbezug Grüner
Zertifikate ... 73
5.2.2.1 Politische Rahmenbedingungen... 74
5.2.2.2 Anbieter- und Nachfrageseite ... 75
5.2.3 Problemdimensionen beim Einbezug Grüner Zertifikate... 82
5.2.4 Antworten und Herausforderungen des Marketings für den Einbezug
Grüner Zertifikate... 86
5.2.4.1 Einsatzformen und Produktgestaltung... 87
5.2.4.2 Kommunikationsaspekte und -ansätze... 94
5.2.4.3 Preisfaktoren und -gestaltung ... 100
5.2.4.4 Distributionsaspekte und -formen... 101
5.3 Interpretation und Diskussion der Untersuchungsergebnisse... 103
6
Schlußbetrachtung und Ausblick... 119
7
Quellenverzeichnis... 123
7.1 Literatur... 123
7.2 Rechtsquellen... 135
7.3 Presse und Zeitungen ... 136
7.4 Internetquellen ... 136
Anhangverzeichnis...137
Anhang...A 1 - A 175
Bei den Exemplaren, die keinen Anhang enthalten, ist dieser bei der Verfasserin einzusehen.

VI

VII
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb.1:
Tradable Green Certificates and Electricity as two different
markets ...
33
Abb. 2: Elemente eines Zertifikathandelssystems ( z.B. RECS) ... 35
Abb. 3: Handelsformen, Akteure und Strukturen beim Handel mit
Grünen Zertifikaten ...
36
Abb.4:
Idee eines Drei-Stufen-Kommunikationsmodells und
tendenzielle Adressatengruppen...
96
Abb.5:
Beispiel für eine Zertifikatbestätigung in physischer Form ... 98
Abb.6:
Bedingungen zum Marketing für Grünen Strom durch
KundInnennutzen und Preis ...
109
Abb.7:
Mögliche Produkttypen bei der Vermarktung von Grünem
Strom über Zertifikate ...
111
Abb.8:
Bedingungen für Erfolgswirkungen durch Grüne Zertifikate
bei der Vermarktung von Grünem Strom...
116

VIII
Abkürzungsverzeichnis
Abb. Abbildung
ABlEG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
Abs. Absatz
AGU Arbeitsgemeinschaft
für Umweltfragen e.V.
ARP Acid-Rain
Programm
Art. Artikel
Aufl. Auflage
BAnz Bundesanzeiger
Bd. Band
BGBl Bundesgesetzblatt
BMF
Bundesministerium der Finanzen, Deutschland
BMU
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Deutschland
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Deutschland
bzw. beziehungsweise
CDM
Clean Development Mechanism
CH Schweiz
CH
4
Methan
CO
2
Kohlendioxid
CoP-3 3
rd
Conference of the Parties to the Climate Convention (3. Vertragsstaatenkonferenz der
Klimarahmenkonvention)
D Deutschland
d.h. das
heißt
DLR
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Stuttgart
DtA Deutsche
Ausgleichsbank
e.g.
exempli gratia (for example)
e.V. eingetragener
Verein
EAWAG
Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz, Schweiz
ECN
Energieonderzeok Centrum Nederland (Netherlands Energy Research Foundation),
Amsterdam
ed./eds. editor/editors
EDF
Electricité de France
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz
EMAS
Environmental Management and Audit Scheme
EnWG Energiewirtschaftsgesetz
ESD
Energy for Sustainable Development Ltd, UK
ET Emission
Trading
et al.
et allii (und andere)
etc. et
cetera
ETP Emission-Trading-Program
EU Europäische
Union
EVU Elektrizitätsversorgungsunternehmen
EWZ Elektrizitätswerke
Zürich
f./ff.
folgende Seite/ folgende Seiten
GEM
Green Electricity Market, Australia
GET Gesellschaft
Energietechnik
HEW
Hamburgische Electricitäts-Werke AG
Hrsg. Herausgeber
HWWA
Institut für Wirtschaftsforschung-Hamburg
i.d.R.
in der Regel
i.S. im
Sinne
IAE
International Energy Agency, Paris
IIP
Institut für Industriebetriebslehre u.Industrielle Produktion, Universität Karlsruhe
IMUG
Institut für Mensch, Umwelt und Gesellschaft
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
ISO
International Organization for Standardization
ISOE
Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt
IWÖ-HSG Institut für Wirtschaft und Ökologie, Universität St. Gallen, Schweiz

IX
IWR
Internationales Wirtschaftsform Regenerative Energien, Münster
JC Jointly
Commitments
Jg. Jahrgang
JI Joint
Implementation
Kap. Kapitel
KP Kyoto-Protokoll
kWh Kilowattstunde
KWK Kraft-Wärme-Kopplung
mind. mindestens
Mio. Millionen
MW Megawatt(stunde)
N
2
O Distickstoffoxide
NFFO
Non Fossil Fuel Obligation
NGO Non-Governmental Organisation
NGO/VSch NGOs/Verbraucherschutz (ExpertInnengruppe)
NL Niederlande
NO
x
Nitrogen oxides (Stickstoffoxide)
o.J. ohne
Jahrgangsangabe
o.V. ohne
VerfasserIn
O
3
Ozon
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
p. page
PWC
Price Waterhouse Coopers
RECerT
Renewable Energy Certificate Trading
RECLAIM Regional Clean Air Incentives Market
RECS
Renewable Energy Certificate System
REG Regenerative
Energiequellen
REN
Rationelle Energienutzung und -umwandlung
RPS
Renewable Portfolio Standard
S. Seite
s. siehe
s.o. siehe
oben
SO
2
Schwefeldioxid
StrEG Stromeinspeisungsgesetz,
Deutschland
StromStG Stromsteuergesetz,
Deutschland
t. Tonne(n)
TAB
Büro für Technikfolgen Abschätzung, Deutscher Bundestag
taz
die tageszeitung
TREC
Tradable Renewable Electricity Certificate
TÜV
Verband der Technischen Überwachungs-Vereine e.V.
u.a.
unter anderem
UBA Umweltbundsamt,
Deutschland
UK United
Kingdom
UNFCCC
United Nations Framework Convention on Climate Change
v.a. vor
allem
VDI
Verein Deutscher Ingenieure
vgl. vergleiche
VOC
Volatil organic compounds
VV Verbändevereinbarung, Deutschland (I und II)
WI
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH
Wi/Be
Wissenschaft/Beratung (Kategorie ExpertInnengruppe)
WSSD
World Summit on Sustainable Development
WWF
World Wild Fund for Nature
z.B. zum
Beispiel
z.T. zum
Teil
ZEW
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH, Mannheim
zit.n. zitiert
nach
ZSW
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, Stuttgart

1
1 Einleitung
1.1 Hintergrund, Problemstellung und Zielsetzung
Im Zuge der sich weltweit vollziehenden Liberalisierung der Strommärkte haben sich
neue Dimensionen für den langfristigen Eintritt der erneuerbaren Energieerzeugung in
den Energiemarkt eröffnet. Strom aus regenerativen Energiequellen (REG) hat als
«grünes», ökologisches Produkt Eingang in das Wettbewerbs- und Marktgeschehen der
liberalisierten Strombranche gefunden und damit den Ausschlag für die Entwicklung
eines eigenständigen Marktsegments für «Grünen Strom»
1
gegeben.
Entgegen ihrem begrenzten Einfluß auf Stromerzeugung, -angebot und -nutzung in den
«Strom-Monopolzeiten», wählen KonsumentInnen seit der Wettbewerbsöffnung des
Energiemarktes eigenständig ihre Stromversorgung und stellen Anbieter von
regenerativ erzeugtem Strom vor die Herausforderung einer differenzierten Gestaltung
von Angeboten im Grünstrommarkt. Fragen des Marketings für Grünen Strom erlangen
damit zentrale Bedeutung. Als brisante Marketingherausforderung zeigen sich die
homogenen
2
Eigenschaften von Elektrizität. Sie entbehrt zentralen Wahrnehmungs-
merkmalen wie Gestalt oder Geschmack, ohne die sich ihr Nutzen für Energie-
bereitstellung und -verwendung nur schwer suggerieren und differenzieren läßt.
Gleichzeitig mit der zunehmenden Wettbewerbsausrichtung gehen maßgebliche Heraus-
forderungen der Elektrizitätswirtschaft auch von ihren Auswirkungen auf Umwelt und
Gesellschaft aus. Neben einer verstärkt rationellen Energienutzung ist die Bedeutung
der erneuerbaren Energien für Ressourcenschonung und Versorgungssicherheit,
Arbeitsplatzsicherung und atomare Risikominderung und im besonderen für den Klima-
schutz unbestritten.
3
Soll die Reduktion von CO
2
-Emissionen, welche in der EU zu etwa
einem Drittel durch die Stromversorgung verursacht werden
4
, ein langfristiges Ziel sein,
bedarf es eines substantiellen Ausbaus der erneuerbaren Energieerzeugung im nächsten
Jahrzehnt.
5
1
Die Bezeichnung «Grüner Strom» wird im Folgenden stets als Eigenname Grüner Strom verwendet.
2
Elektrizität ist homogen, d.h. weltweit in gleicher, physikalischer Form «der Steckdose» zu entnehmen.
3
Vgl. BMU (Erneuerbare Energien, 2000a), Vorwort sowie The LTI Research Group (Energy, 1998), p.
1 f. Anzumerken ist, daß Umwelteinflüsse der REG-Stromerzeugung (Landschaftsbeeinträchtigungen
durch Windkraftanlagen etc.) i.S. einer relativen Umweltverträglichkeit einzuschätzen sind.
4
Vgl. Matthes (Herausforderungen, 2001), S. 5.
5
Vgl. Wagner (Elektrizitätswirtschaft, 2000), S. 10; vgl. auch BMWi (Energiemärkte, 1999), S. 5.

Kapitel 1
Einleitung
2
Ein sich durch die zunehmend regenerative Energieversorgung abzeichnender,
nachhaltig orientierter Paradigmenwechsel in der Energiewirtschaft und -politik
6
erfordert gleichzeitig eine staatliche Förderung der regenerativen Stromerzeugung so-
wie den sukzessiven Aufbau von Markt- bzw. Vermarktungsstrukturen für Regenerativ-
strom.
7
Da sich der Grünstrommarkt aufgrund einer langsamen Wettbewerbsanpassung
u.a. durch hohe Verkaufspreise für regenerative Stromprodukte noch nicht zum
«Selbstläufer» entwickelt hat, erhalten für seine Etablierung marktorientierte
Instrumente der staatlichen Förderung einen maßgeblichen Stellenwert.
8
Vor diesem Hintergrund werden in der europäischen Förderpolitik zunehmend Ent-
wicklungen offensichtlich, das Instrument handelbarer «Grüner Zertifikate»
9
als
Möglichkeit zur wettbewerbsorientierten Förderung der regenerativen Stromerzeugung
zu implementieren. Eigenschaften und Hintergründe dieser handelbaren Zertifikate, die
als ökonomisches Instrument nicht nur im Stromsektor, sondern verschiedentlich in der
Umweltpolitik Einsatz finden, werden im Verlauf der Arbeit erläutert.
Parallel zur politischen Steuerung finden sich verstärkt Ansätze und Interessen, Grüne
Zertifikate im Rahmen des «freiwilligen» Marktes
10
für Grünen Strom einzusetzen.
Diese Verknüpfung zwischen dem Instrument Grüner Zertifikate und der Vermarktung
von REG-Strom legt Überlegungen zu den Wechselwirkungen mit den Heraus-
forderungen des Marketings im grünen Strommarkt nahe. Der Gedanke, daß die
Vermarktung von regenerativ erzeugtem Strom über den Einbezug Grüner Zertifikate
eine neue Dimensionierung erfährt, induziert auch die Frage nach einer damit
möglichen Stärkung der erneuerbaren Energieerzeugung. Diese Zusammenhänge geben
Anlaß, die mit ihnen verbundenen Fragestellungen als Untersuchungsgegenstand dieser
Arbeit ­ den Ansätzen eines Marketings für Grünen Strom unter dem Einbezug der
handelbaren Grünen Zertifikate ­ aufzugreifen, zu untersuchen und zu diskutieren.
Eine Analyse der Wirkung Grüner Zertifikate im Rahmen der Grünstromvermarktung
legt zudem die festzustellende, bislang geringe Beachtung dieser thematischen Ver-
knüpfung in der einschlägigen Literatur und Forschung nahe.
6
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 2 f.; vgl. auch o.V. (Nachhaltig, 2002b), S. 19.
7
Vgl. auch Altner/Michelsen (Energiepolitik, 1998), S. 36.
8
Vgl. auch Seifried (Energiewende, 1997), S. 15.
9
Auch der Begriff «Grüne Zertifikate» wird in dieser Arbeit als Eigenname Grüne Zertifikate verstanden.
10
Unter die Bezeichnungen «freiwilliger» Markt, «freiwillige»Vermarktung von Grünem Strom werden
REG-Stromangebote als individuelle Produktkonzeptionen von Anbietern subsumiert, die nicht auf
staatliche Regulierungen zur Erzeugung und Einspeisung von Regenerativstrom zurückgehen.

Kapitel 1
Einleitung
3
Als Ziel der Arbeit soll, ausgehend von der Betrachtung des Marketings bzw. dahinge-
hend erkennbarer Ansätze für bisherige grüne Stromangebote, untersucht und
herausgearbeitet werden, ob und auf welche Weise eine Vermarktung des grünen
Stroms in Verbindung mit Zertifikaten erfolgen und gestaltet werden kann und inwie-
fern Ansätze des ökologieorientierten Marketings hierbei eine Rolle spielen. Daraus ge-
hen weitere Fragestellungen nach möglichen Auswirkungen der «Zertifikatvariante» für
die Gestaltung grüner Stromprodukte, die Mobilisierung des Marktes für Grünen Strom,
das Erschließen von Marktchancen und auch die Stärkung der regenerativen Energieer-
zeugung hervor, ebenso wie die Frage nach den Rahmenbedingungen und zukünftigen
Perspektiven für das Zusammenwirken von Grünen Zertifikaten und Grünem Strom.
Eine detaillierte Vorstellung der zentralen Fragestellungen wird im Kapitel 3.2.3 im An-
schluß an die Erläuterung der theoretischen Hintergründe zu den Fördermechanismen
für erneuerbare Energien, zum Marketing im Grünstrommarkt sowie zu dem Instrument
Grüner Zertifikate vorgenommen.
In Anbetracht der aktuellen und noch wenig ausgereiften Entwicklungen zu dieser
Thematik, kann es dabei nicht um eine konkrete Beantwortung der aufgeworfenen
Fragestellungen gehen, wohl aber um eine analytische und interpretierende An-
näherung. Um diese Annäherung angemessen leisten zu können, ist ein inter-
disziplinärer Zugang erforderlich. Dieser drängt sich nicht zuletzt im Konsens zur
interdisziplinären Ausrichtung des Studiums der Umweltwissenschaften auf, in dessen
Rahmen diese Arbeit angefertigt wird und das die Erfahrung lehrt, mit einer disziplinen-
übergreifenden Betrachtung die Dimensionen umweltwissenschaftlicher und nachhaltig
orientierter Fragestellungen angemessener erfassen zu können.
Wie sich an der Struktur der Arbeit erkennen läßt, werden daher die Perspektiven er-
stens der Umweltpolitik zum Einsatz handelbarer Zertifikate als ökonomisches
Instrument, zweitens der Energiewirtschaft und -politik zur Funktion von Zertifikaten
für die Förderung erneuerbarer Energien und drittens der vermarktenden Akteure im
grünen Strommarkt
11
zum ökologieorientierten Marketing miteinander in Bezug gesetzt.
Dies erscheint zur Annäherung an die Grundfragestellung der Arbeit nach den Ver-
marktungsoptionen von Grünem Strom über den Einsatz Grüner Zertifikate ange-
messen.
11
Im wesentlichen sind darunter Stromversorgungsunternehmen oder Energieversorger, Stromhändler
bzw. Stromlieferanten zu fassen.

Kapitel 1
Einleitung
4
1.2 Aufbau der Arbeit
Anknüpfend an die einführenden Gedanken in diesem ersten Kapitel wird im Kapitel 2
zunächst skizziert, wie sich die europäische Förderpolitik für die Energieerzeugung aus
erneuerbaren Energien darstellt, wie sich die deutschen Fördermechanismen in diesen
Rahmen einpassen und wie die Entwicklungen des grünen Strommarktes gesteuert
werden. Im Anschluß erfolgen Erläuterungen zu Rahmenbedingungen und besonderen
Aspekten des grünen Strommarktes bzw. der Grünstromvermarktung. Daran an-
knüpfend widmet sich das zweite Kapitel im weiteren dem Marketing als Herausfor-
derung im Grünstrommarkt, zunächst aus der Perspektive der einschlägigen Grünstrom-
marketing-Literatur sowie der theoretischen Grundlagen zum ökologieorientierten
Marketing. Sowohl die strategische wie auch operative Marketingebene werden
dargestellt und jeweils zum grünen Strommarkt in Bezug gesetzt, soweit sich dies der
Literatur entnehmen läßt. Diese theoretische Einordnung dient als Fundament und
Bezugsrahmen für die im Verlauf der Arbeit dargestellten empirischen Erhebungen zum
«grünen» Marketing von Strom sowie zur Erkundung des Einbezugs Grüner Zertifikate.
Hervorzuheben ist, daß sich die theoretischen Ausführungen sowie die empirisch
hergeleiteten Ergebnisse aus dem analytischen Teil dieser Arbeit primär auf Ansätze
zum Marketing beziehen und weniger auf das Erkennen konkreter, standardisierter
Marketingmaßnahmen und -konzepte. Da sich das Hauptaugenmerk in dieser Arbeit auf
die empirische Untersuchung richtet, handelt es sich um einen kurzen Theorieüberblick.
Das zweite Kapitel endet mit einem Ausblick auf die neue Dimension im grünen Strom-
markt und dem damit verbundenen Marketing für Grünen Strom durch den Einsatz von
Zertifikaten.
Angelehnt an die damit geschaffenen, konzeptionellen Grundlagen zu den Markt- und
Vermarktungsbedingungen für Grünen Strom, drängt sich somit für das dritte Kapitel
die Darstellung der theoretischen Hintergründe zum Instrument handelbarer Zertifikate
in Umweltkonfliktbereichen sowie des Zusammenspiels von Zertifikatmechanismus und
der Förderung regenerativer Energieerzeugung auf. An diese theoretischen Aus-
führungen und die damit verstärkt in den Vordergrund tretende Frage nach der Be-
deutung der Grünen Zertifikate für die Vermarktung von Grünem Strom, fügen sich im
weiteren die empirischen Komponenten der Arbeit an. Vorausgehend erfolgt jedoch als
Gegenstand des vierten Kapitels die Vorstellung und theoretische Einordnung des
methodischen Vorgehens im Rahmen der empirischen Untersuchung. Damit wird ein

Kapitel 1
Einleitung
5
konzeptioneller Rahmen für die in Kapitel 5 präsentierte Auswertung und Interpretation
der empirischen Untersuchung hergestellt. Das empirische Fundament liefern
ExpertInneninterviews mit Vertretern von Stromversorgungsunternehmen bzw.
Anbietern für Grünen Strom, wissenschaftlichen und beratenden Institutionen sowie
Verbraucherschutzorganisationen und NGOs. Im Auswertungsteil, dem Kapitel 5, wird
das aus den Interviews zusammengestellte, empirische Untersuchungsmaterial nach
Antworten bzw. Lösungsansätzen des ökologieorientierten Marketings für die Berück-
sichtigung von Grünen Zertifikaten bei der Grünstromvermarktung ausgewertet und in
einer Ergebnisdarstellung und abschließenden Interpretation bzw. Diskussion auf-
bereitet. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf die zukünftigen Perspektiven der
Gestaltung und Umsetzung des Marketings von Grünem Strom und der Rolle von
Grünen Zertifikaten auf diesem Terrain.
Im Folgenden gehen der weiteren Themenbehandlung verschiedene Anmerkungen zur
Textgestaltung und spezifischen Verwendung von Bezeichnungen voraus.
Die in der vorliegenden Arbeit verwendete Schreibweise von Personenbezeichnungen
mit dem Großbuchstaben «I» bezieht sich jeweils auf die männliche und weibliche
Begriffsform. Unberücksichtig bleibt dies bei der Verwendung von Kennzeich-
nungscodes für die interviewten ExpertInnen, um Übersichtlichkeit zu wahren (z.B.
Vertreter Wi/Be X, s. dazu Kap. 4.3) und ebenso aus Gründen der Anonymität, um nicht
durch eine Herausstellung des Geschlechts (Vertreter, Vertreterin) Aufschluß über die
Identität der Interviewten zu gewähren. Vernachlässigt wird die Berücksichtigung
beider Geschlechter auch bei allen Bezeichnungen, die institutionellen Charakters sind
bzw. eine Organisation o.ä. bezeichnen. Dieses trifft auf Begriffe wie gewerbliche
Kunden(seite), Firmenkunden, Stromanbieter, -versorger, -lieferant, Vertriebspartner,
Marktakteur oder ­teilnehmer, etc. zu. Nach den üblichen Regeln der Zitiertechnik wird
zudem in den direkten ExpertInnenzitaten der Originalton beibehalten, auch wenn darin
die Betonung beider Geschlechter nicht stattfindet.
Darüber hinaus werden für die Kurzzitierweise in den Fußnoten Kurztitel der berück-
sichtigten Quellen verwendet. Diese sind im Quellenverzeichnis durch «Fettdruck» in
den Quellentiteln gekennzeichnet. Sowohl Kurz- als auch Originaltitel der Quellen sind
von der in der Arbeit verwendeten «alten» deutschen Rechtschreibung ausgenommen,
falls sie nach der «neuen Rechtschreibung» verfaßt wurden.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
7
2 Grüner Strom im Kontext der Förderung regenerativer Energien und
des Marketings im Elektrizitätsmarkt
Die gegenwärtige Situation im europäischen Strommarkt findet ihren Dreh- und
Angelpunkt in der Liberalisierung, die in den Jahren 1996/1997 einsetzte und in
Deutschland durch die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom 24.
April 1998 vollständig vollzogen wurde.
12
Wie es die europäische Richtlinie für den
Elektrizitätsbinnenmarkt von 1996 vorsieht, wurde damit im deutschen Strommarkt die
Verpflichtung zur Öffnung der Übertragungs- und Verteilungsnetze umgesetzt und ein
diskriminierungsfreier Zugang zum Stromnetz geschaffen, der Netzbetreibern die
Durchleitung fremden Stroms durch das bestehende Leitungssystem vorschreibt.
13
Die
Marktliberalisierung hat die jahrelangen Monopolstrukturen
14
des Elektrizitätsmarktes
«aufgeweicht» und dem Wettbewerb Vorrang eingeräumt. Der Einstieg in den Wettbe-
werbsmarkt erwies sich auch als Sprungbrett für die sich parallel entwickelnde «grüne
Strombranche».
15
In ihrem Mittelpunkt steht die Vermarktung von regenerativ erzeugter
Elektrizität
16
als einem eigenständigen Produkt, welches eine zusätzliche Umwelt-
qualität garantiert und private KonsumentInnen oder gewerbliche Kunden von Strom-
versorgungsunternehmen beziehen können. Unter privaten KonsumentInnen bzw.
EndkundInnen werden in dieser Arbeit KundInnengruppen privater Haushalte subsu-
miert, aber auch Vereine und kommunale Zusammenschlüsse oder andere Gruppen, die
weder Staat noch Gewerbe angehören. Diese werden von gewerblichen oder Firmen-
kunden abgegrenzt, denen sowohl kleinere und mittlere Handwerksbetriebe, als auch
industrielle Unternehmen zugeordnet werden.
Diese KundInnen können somit den eigenen Strombedarf über erneuerbare Energien
decken, ohne auf eine direkte regenerative Versorgung aus «hauseigener» Erzeugungs-
anlage angewiesen zu sein, der oftmals Mängel an Finanzierbarkeit, Raum, fachlichen
Kenntnissen und zu investierender Zeit entgegenstehen.
17
Anzumerken bleibt, daß eine
12
Das Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG, Energiewirtschaftsgesetz, 1998) räumt
das Recht auf freie Auswahl eines Stromlieferanten ein. Damit hat die deutsche Gesetzgebung von der
Liberalisierung des Strommarktes in Stufen abgesehen, wie sie in der europäischen Richtlinie 96/92/EG
(Elektrizitätsbinnenmarkt, 1996) für Mitgliedsstaaten zur Umsetzung vorgesehen ist.
13
Vgl. Schiffer (Energiemarkt, 2000), S. 125 und Richtlinie 96/92/EG. Einfluß auf Durchleitungsentgelte
geht von den Verbändevereinbarungen (VV I, 1998 und VV II, 1999) der Stromwirtschaftsverbände aus.
Siehe auch Beutin/Paul/Schröder (Marketing, 2001), S. 171 sowie BMWi (Unter Strom, 2000a), S. 4.
14
Elektrizitätsunternehmen waren entsprechend nur in ihren angestammten Versorgungsgebieten tätig.
15
Vgl. Menges (Märkte, 1999a), S. 718.
16
Bei Angeboten von REG-Strom kann auch Elektrizität aus Kraft-Wärme-Kopplung einbezogen sein.
17
Vgl. Elsvier Advanced Technology (Green Energy, 2000, last access 12. Apr. 2002).

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
8
direkte Lieferung von regenerativ erzeugten Elektronen auch bei regenerativen Strom-
produkten ausbleibt, da kein «grünes Stromkabel» zur Stromübertragung von der
Anlage zum Stromanschluß der KundInnen gelegt wird. Als entscheidender Effekt wird
jedoch durch die am Ort der Erzeugung erfolgende Netzeinspeisung von «erneuer-
baren» Elektronen die konventionelle, fossil bzw. atomar erzeugte Elektrizität aus dem
Netz verdrängt und insgesamt ein geringerer Emissionsoutput erzielt. Für Angebote von
Strom aus erneuerbaren Energiequellen
18
finden sich in Literatur und Praxis
verschiedene Bezeichnungen wie Regenerativ- bzw. Alternativstrom, Ökostrom sowie
Grünstrom oder Grüner Strom. Als Synonyme werden in dieser Arbeit die beiden
Letztgenannten verwendet.
Neben einer «freiwilligen» Marktentwicklung wird die regenerative Stromerzeugung
seit Mitte der achtziger Jahre durch politische Steuerungen begleitet, um die noch
mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einzelner Technologien zu stützen. Verschiedene
staatliche Fördermechanismen sind seitdem in Deutschland und anderen europäischen
Mitgliedsstaaten etabliert
19
, um die Position der erneuerbaren Energien im Energie-
markt zu sichern. Die folgenden Kapitel 2.1 und 2.2 veranschaulichen, wie die politi-
schen Förderrahmenbedingungen und andere spezifische Faktoren des grünen Markt-
segments
20
die Grünstromvermarktung im Elektrizitätssektor determinieren. In welche
theoretischen Hintergründe des ökologieorientierten Marketings der Grünstromhandel
im Stromsegment einzuordnen ist und zu welchen Fragestellungen der Einbezug von
Zertifikaten führt, wird unter 2.3 und 2.4 aufgegriffen.
2.1 Förderung regenerativer Stromerzeugung und Entwicklung von Angeboten für
Grünen Strom
Die staatliche Förderpolitik für regenerative Elektrizitätsgewinnung wurzelt wesentlich
in den Problemen der anthropogenen Klimaveränderung, der Endlichkeit nicht-
erneuerbarer Ressourcen und damit der Versorgungssicherheit
21
, der Kernenergie sowie
in den gesellschaftlichen Forderungen und umweltpolitischen Zielbestimmungen eines
18
Strom aus erneuerbaren, regenerativen Energiequellen wird gemäß Art. 2 der Richtlinie 2001/77/EG
(Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, 2001) auf Basis von Wind, Sonne,
Wasser, Erdwärme, Wellen-, Gezeitenenergie, Biomasse, Deponie-, Klär- und Biogas erzeugt.
19
Vgl. Hentrich (Stromschnellen, 1999), S. 32.
20
Gemäß Bruhn (Marketing, 1990), S. 55 ff. gehen Marktsegmente aus der anhand von Kriterien
erfolgenden (Verkaufsgüter, Nachfrager) Aufspaltung eines Marktes in homogene Einheiten bzw.
Teilmärkte hervor, die eine differenzierte Marktbearbeitung ermöglicht.
21
Sie betrifft nach Worms (Tränen, 2001), S. 10 f. auch die Loslösung von politischer Abhängigkeit bei
einer Energieversorgung auf Basis fossiler Brennstoffe.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
9
verstärkten Einsatzes erneuerbarer Energien für eine nachhaltige Energieversorgung.
22
Einer umweltpolitischen Förderung kommt damit die Aufgabe zu, neben einer Unter-
stützung der rationellen Energienutzung (REN) und der Kraft-Wärme-Kopplung
(KWK) die technologischen Entwicklungen, Kostensenkungen und Zuwachsraten bei
der Nutzung erneuerbarer Energien
voranzutreiben.
23
Auch Arbeitsplatz- oder Regional-
strukturentwicklung werden als Fördermotive benannt. Gleichzeitig weisen kritische
Stimmen darauf hin, daß solche Aspekte bislang noch wenig Berücksichtigung ge-
funden haben, obwohl sich vor dem Hintergrund einer ,,möglichst nachhaltigen
Entwicklung ... politische [Förder-]Maßnahmen an einer Vielzahl sozialer, ökologischer
und ökonomischer Kriterien orientieren [müssen]".
24
Angelehnt an die Zielbestimmungen der Europäischen Gemeinschaft, bis zum Jahr 2010
den Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch von derzeit sechs auf
zwölf Prozent zu verdoppeln, hat sich auch die Bundesregierung dem ambitionierten
Ziel einer Verdopplung des regenerativen Anteils beim Primärenergieverbrauch und bei
der Stromerzeugung verschrieben. Langfristig ist bis zum Jahr 2030 ein Anteil von 30
bzw. bis 2050 ein Anteil von 50 vorgesehen.
25
Diese Zielvorgaben für eine nachhaltige
Energieversorgung durch den Einsatz der regenerativen Energienutzung flankieren die
Klimaschutzverpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen
26
, wie sie im
Kyoto-Protokoll (KP) zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen
27
festgelegt
wurden.
28
38 Industrieländer verpflichten sich darin, ihre Emissionen in der Zeitspanne
von 2008 bis 2012 mindestens um 5 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
29
Von
deutscher Seite vorgesehen ist eine Minderung des CO
2
-Ausstoßes bis 2005 um 25
Prozent gegenüber 1990 sowie der weiteren Treibhausgase im Zeitraum von 2008 bis
2012 um 21 Prozent bezogen auf das Basisjahr 1991.
30
22
Vgl. Rentz et al. (Instrumente, 1999), S. 4.
23
Vgl. Crookall-Fallon/Crozier-Cole (Green certificates, 2000b), p. 44; Allnoch (Energien, 2000), S. 344.
24
Madlener/Stagl (Zertifikathandel, 2001), S. 53.
25
Vgl. Arbeitsgemeinschaft DLR/WI/ZSW/IWR/Forum (Klimaschutz, 1999), Vorwort und S. 1 f. Nach
BMWi (Erneuerbare Energien, 2002, letzter Zugriff 25. Jul. 2002), S. 2 ist für das Verdopplungsziel von
einem Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 7,5 Prozent als Stand 2001 auszugehen.
26
Der anthropogene Treibhauseffekt resultiert aus den Treibhausgasemissionen: CO
2
trägt zu 50 Prozent
bei, CH
4
zu 19 Prozent, FCKW zu 17 Prozent, N
2
O zu 4 Prozent und O
3
zu 8 Prozent; vgl. Wellburn
(Klimaänderung, 1997), S. 188 f. Zu Emissionsdaten vgl. auch Kohl (Klimawandel, 2001), S. 277 f.
27
Durch das auf der CoP-3 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll wurden erstmals rechtsverbindliche
Ziele für die CO
2
-Reduktion festlegt; vgl. Frenz (Instrumentenwahl, 2001), S. 302 sowie United Nations
Framework Convention on Climate Change (Kyoto Protocol, 1997).
28
Vgl. z.B. Hennicke/Fischedick (Nachhaltigkeit, 2001), S. 311 f.
29
Vgl. Lübbe-Wolff (Emissionshandel, 2001), S. 342 sowie Wieler (Emissionszertifikate, 2000), S. 75.
30
Vgl. Schafhausen (Emissionshandel, 2001), S. 347.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
10
Für die Mechanismen zur Förderung der REG-Stromerzeugung in den europäischen
Mitgliedsstaaten sieht die Europäische Kommission eine Harmonisierung vor.
31
In
einem Beobachtungszeitraum von maximal fünf Jahren soll die Wirksamkeit dieser
Instrumente für den Wettbewerb von Regenerativstrom bzw. -technologien und für eine
nachhaltige Energieversorgung beurteilt werden. Diese Bestimmungen sind der
europäischen Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie-
quellen
32
zu entnehmen, mit der im September 2001 ein entsprechender Gemein-
schaftsrahmen in Kraft getreten ist.
33
Ein EU-weites Förderinstrument sieht die
Richtlinie jedoch nicht vor
34
und toleriert die Koexistenz verschiedener Fördersysteme.
Die Unterscheidung verschiedener Fördermodellen stellt sich in Literatur und Praxis
nicht einheitlich dar.
35
Eine für diese Arbeit zweckmäßige Abgrenzung von Förder-
mechanismen soll sich auf zwei Typen sowie ihre Variationsformen beschränken.
36
Zum einen handelt es sich um Preis- bzw. kostenorientierte Regelungen, die auf einer
staatlichen Preissteuerung für REG-Strom beruhen. Die angebotene Strommenge hängt
dabei von den Stromanbietern ab. Bei mengengesteuerten Regelungen ist die zu er-
zeugende Regenerativstrommenge vorbestimmt. Ausgesuchte Marktteilnehmer werden
verpflichtet, diese Menge anteilig zu produzieren.
37
Umgekehrt resultiert der Preis aus
der Nachfrage am Markt, die auf die Verpflichtung zur Erfüllung der Quote zurückgeht.
Bei preisgesteuerten Systemen lassen sich einerseits Modelle zur Besteuerung von
Energieträgern abgrenzen. Ziel einer Energiesteuer ist es, die Nachfrage nach umwelt-
beeinträchtigenden Energien durch Verteuerung zu mindern und Anreize für eine
effiziente Energienutzung zu schaffen.
38
In Deutschland wurden durch das
Stromsteuergesetz (StromStG) seit 1999 die ersten der vier Stufen der ökologischen
Steuerreform vollzogen, mit der eine sukzessive Erhöhung der Mineralölsteuer einher-
geht.
39
Zum anderen fallen garantierte Einspeisevergütungen bzw. Mindestpreise
unter die Kategorie der direkten, monetären Förderung, wie sie in Spanien oder
31
Vgl. Drillisch (Quotenregelung, 1999), S. 53.
32
Vgl. Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung regenerativer Stromerzeugung im Elektrizitätsbinnenmarkt.
33
Vgl. Bernreuter (Wettstreit, 2001), S. 54.
34
Vgl. Madlener/Stagl (Zertifikathandel, 2001), S. 53.
35
Eine Übersicht bietet Rentz et al. (Instrumente, 1999).
36
Siehe zu Förderinstrumenten auch Arbeitsgemeinschaft Öko-Institut/DLR/Bergmann
(Umsetzungsaspekte, 2001), S. 10.
37
Vgl. Bräuer/Bergmann (Förderung, 2001), S. 215.
38
Vgl. Drillisch (Energieträger, 2000), S. 2 f. und S. 5 f.
39
Die Strombesteuerung beläuft sich laut BMF (Ökosteuer, 2002, letzter Zugriff 31. Jul. 2002), S. 2 auf
1,79 Cent pro kWh seit 2002. Regenerativstrom aus öffentlichen Netzen ist nicht steuerbefreit; vgl. auch
BMU (ökologische Steuerreform, 2000b), o.S.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
11
Deutschland eingeführt wurden. Naheliegenderweise soll als prototypisches Beispiel
das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
40
angeführt werden, das mit In-
krafttreten am 1. April 2000 das bisherige Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) ablöste. Die
festen Mindestbeträge dieser Einspeisevergütung bewirken eine beinahe kosten-
deckende Erzeugung von Regenerativstrom. Das Gesetz unterliegt ferner einer
bundesweiten Ausgleichsregelung, die sämtliche Akteure im Strommarkt (Erzeuger,
Netzbetreiber, Stromhändler und -anbieter) verpflichtet, regenerativ erzeugten Strom
vom vorgelagerten Akteur abzunehmen und entsprechend der Mindestsätze zu
vergüten.
41
Trotz der mit diesem Modell erzielbaren Erfolge für den Ausbau regene-
rativer Erzeugungskapazitäten, kommen für den Übergang zu einem wettbewerbs-
orientierten Elektrizitätsmarkt langfristig andere Instrumente in Betracht.
42
Auch wenn
das EU-Weißbuch Energie für die Zukunft Empfehlungen für eine europäische
Einspeise-Richtlinie ausspricht,
43
wird konträr argumentiert, daß garantierte Einspeise-
tarife weitgehend inkompatibel sind mit freien Marktstrukturen. Als Gegenargumente
berufen sich Kritiker darauf, daß durch Mindestvergütungsregelungen weder
Wettbewerb induziert, noch Innovationsanreiz für erneuerbare Technologien geschaffen
oder ein Mengenziel für die regenerative Erzeugung gewährleistet werde.
44
Vorbehalte
bestehen auch gegenüber der Abhängigkeit von politischen Willens- und Kräfte-
verhältnissen.
45
Als Ausformungen wettbewerbsorientierter Mengensteuerungen sind Ausschreibungs-
wettbewerbe bzw. -modelle anzuführen, wie sie z.B. durch die Non Fossil Fuel
Obligation (NFFO) in England und Wales eingeführt wurden (s. Kap. 3.2.2.2).
Kernelement ist ein Bieterwettbewerb, auf dem regenerative Erzeugungsmengen in
Preiskonkurrenz zueinander von Erzeugern ausgeschrieben und von anderen Markt-
akteuren erworben werden.
46
Als Variante der Mengensteuerung finden verstärkt
Quotenmodelle (Modelle obligatorischer Mindestquoten) in Verbindung mit einem
Zertifikathandel Eingang in die Regenerativstromförderung, wie es sich am Beispiel
des niederländischen Quoten-Zertifikathandelsmodells zeigt (s. Kap. 3.2.2.1). Diese
Tendenz ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die Europäische Kommission eine
40
Vgl. Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG ­ Erneuerbare-Energien-Gesetz, 2000).
41
Vgl. Markard/Timpe (Auslaufmodell, 2000), S. 202 f.
42
Monstadt (Energiepolitik, 2000), S. 49.
43
Vgl. Europäische Kommission (Energie für Zukunft, 1997); Scheer (Quotenregelungen, 1999), S. 87.
44
Vgl. Menges (Energien, 1999b), S. 1 f. sowie Metz/Piening (Energie- und Umweltpolitik, 2000), S. 1.
45
Einflüsse auf die Vergütungsregelung sind z.B. bei einem Regierungswechsel nicht auszuschließen.
46
Vgl. Hentrich (Stromschnellen, 1999), S. 34 sowie Drillisch (Energieträger, 2000), S. 13.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
12
Befürwortung dieses Fördermodells für den europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt er-
kennen läßt.
47
Dabei liegt eine Verpflichtung der Marktakteure (z.B. Erzeuger)
zugrunde, einen staatlich festgelegten Mindestanteil von Regenerativstrom (Quote)
innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu erzeugen, aufzunehmen oder zu handeln.
48
Der Nachweis der erfüllten Quote erfolgt mit Hilfe von Zertifikaten. Sie verbriefen den
umweltschonenden Effekt einer regenerativen Stromerzeugung.
49
Durch die Handel-
barkeit der Zertifikate formiert sich ein Zertifikatmarkt, auf dem Erzeuger und Anbieter
um die preisgünstigste Möglichkeit konkurrieren, die Quotenverpflichtung zu erfüllen ­
sei es durch den Erwerb von Zertifikaten oder die Investition in regenerative Technolo-
gien bzw. Anlagen.
50
Da der Zertifikatmechanismus in engem Zusammenhang steht zur
Kernfragestellung dieser Arbeit ­ nach ersten Erläuterungen in Kapitel 1 wird diese in
Kapitel 3 genauer erörtert ­ soll einer detaillierten Darstellung im dritten Kapitel nicht
vorausgegriffen werden.
Ferner läßt sich eine Kategorie flankierender Fördermechanismen abgrenzen. Hier-
unter fallen z.B. die Zuschußprogramme in Deutschland, die vom Bund oder den
Ländern für regenerative Erzeugungstechnologien ins Leben gerufen wurden, bei-
spielsweise das Förderprogramm für marktnahe erneuerbare Energien.
51
Großen
Anklang hat das seit 1999 implementierte 100.000 Dächer-Solarstrom-Programm zur
Markteinführung der Photovoltaik gefunden.
52
In Abgrenzung zu den staatlich initiierten Förderoptionen für Regenerativstrom werden
auch freiwillige Fördermechanismen unterschieden.
53
Neben z.B. freiwilligen
Selbstverpflichtungen der Energiewirtschaft, hat die von Stromversorgern ausgehende,
freiwillige Direktvermarktung von regenerativ erzeugter Elektrizität als Reaktion auf
die Marktnachfrage nach Grünem Strom an Bedeutung gewonnen
54
­ auch unter den
Schlüsselbegriffen Grüne Angebote oder green pricing
55
bekannt. Bisherige Angebots-
modelle zur Vermarktung von Grünem Strom, lassen sich (im deutschen Markt) in die
47
Vgl. Arbeitsgemeinschaft DLR/WI/ZSW/IWR/Forum (Klimaschutz, 1999), S. 18 f.
48
Vgl. Bräuer/Stronzik/Michaelowa (Koexistenz, 2001), S. 382.
49
Vgl. Madlener/Stagl (Zertifikathandel, 2000), S. 55 sowie Drillisch (Energieträger, 2000), S. 16.
50
Der Konkurrenzdruck zur kostengünstigsten Quotenerfüllung ruft Innovationsanreize für saubere
Erzeugungstechnologien hervor, falls die Grenzkosten der Zertifikatpreise Kosten für neue Technologien
übersteigen; vgl. Bernreuter (Wettstreit, 2001), S. 52 sowie Drillisch (Quotenregelung, 1999), S. 97.
51
Vgl. Arbeitsgemeinschaft DLR/WI/ZSW/IWR/Forum (Klimaschutz, 1999), S. 16.
52
Vgl. Gsänger (100.000-Dächer-Programm, 1999), S. 65; vgl. auch Richtlinien zur Förderung von
Photovoltaik-Anlagen (100.000-Dächer-Solarstrom-Programm, 2000); o.V. (100.000-Dächer-Programm,
2002a), S. 14 weist auf die am 17. März 2001 in Kraft getretene, neue Richtlinie für das Programm hin.
53
Vgl. Graehl et al. (Grüne Angebote, 2001), S. 228.
54
Vgl. Rentz et al. (Instrumente, 1999), S. 11 f.
55
Laut Weller (Green Pricing, 1998), S. 58 hat sich noch keine einheitliche Begrifflichkeit durchgesetzt.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
13
folgenden Kategorien einordnen.
56
Nach dem Händler-, Versorger- oder auch
Tarifmodell beliefern Stromanbieter KundInnen über die Versorgungsnetze nach
kaufmännischem Prinzip mit ökologisch verträglicher Elektrizität aus «regenerativen»
oder KWK-Anlagen.
57
KonsumentInnen zahlen für Grünen Strom einen Aufschlag auf
den Standardtarif, der bei Angeboten mit konventionellem Strom-Mix erhoben wird,
oder sie wählen einen separaten «grünen Stromtarif».
58
Als Gegenleistung wird garan-
tiert, daß eine am Verbrauch der KonsumentInnen gemessene Energiemenge
regenerativ erzeugt und ins Netz eingespeist wird, allerdings zumeist nicht zeitgleich
59
zum Stromverbrauch der KundInnen (Verbrauchsprinzip).
60
Daß der Strom tatsächlich
vom Anbieter aus Regenerativanlagen bezogen wird, ist jedoch i.d.R. nicht der Fall.
61
Im Sinne der Förder-, Fonds-, Spenden- oder auch Zuschußmodelle werden von An-
bietern «Grüne Fonds» zur Finanzierung von Projekten regenerativer Energieerzeugung
eingerichtet. Von KundInnen wird ein Zuschlag oder Aufpreis auf die Gesamtstrom-
rechnung gezahlt, der den Fonds i.S. einer Spende zugewiesen wird und dem Bau neuer
Erzeugungsanlagen zugute kommt.
62
Eine Gewinnbeteiligung der KundInnen an der
Anlage ist ausgeschlossen (Spendenprinzip).
63
Umgekehrt ermöglichen Beteiligungs-
modelle KundInnen, Anteile an Anlagen zu erwerben und an Gewinnen beteiligt zu
werden. (Investitionsprinzip).
64
Grüne Stromangebote nach obigen Modellen werden in
der Arbeit als «klassisch» bezeichnet, um sie von neueren Angebotskonzepten, die im
empirischen Teil der Arbeit erläutert werden, abzugrenzen.
Die Bedeutung und der Erfolg grüner Angebote erschöpfen sich jedoch nicht in der Art
ihrer Preiskonzeption, durch welche die Förderung regenerativer Energieanlagen er-
folgt. Eine wesentliche Rolle für die Vermarktung von grünen Angeboten als nachge-
fragtes Produkt im Strommarkt und für eine entsprechende Entwicklung dieses grünen
Marktes trägt das Marketing.
65
Sein Einbezug und seine Gestaltung treffen im
Grünstrommarkt auf verschiedene Herausforderungen bzw. Rahmenbedingungen, wie
das folgende Kapitel anhand ausgewählter Aspekte aufzeigt.
56
Wohlgemuth/Getzner/Park (Green Power, 1999), S. 366 stellen die Modelle leicht differenziert dar.
57
Vgl. Langniß (Ökostrom, 2000), S.29 sowie Timpe/Fritsche (Qualitätsdifferenzen, o.J., letzter Zugriff
20. Jul. 2002), S. 5 f.
58
Vgl. Schnorrenberg (Grüne Tarife, 1998), S. 265.
59
Zur «Gleichzeitigkeit» siehe Oesterwind/Pfaffenberger/Hasse (Energieversorgung, 1996), S. 90.
60
Vgl. Dreher et al. (Grüne Angebote, 1999), S. 238.
61
Vgl. Rentz et al. (Instrumente, 1999), S. 29.
62
Vgl Elsvier Advanced Technology (Green Energy, 2000, last access 12. Apr. 2002).
63
Vgl. Timpe/Fritsche (Qualitätsdifferenzen, o.J., letzter Zugriff 20. Jul. 2002), S. 6.
64
Vgl. Dreher et al. (Grüne Angebote, 2000a), S. 6.
65
Vgl. Rentz et al. (Instrumente, 1999), S. 42 f.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
14
2.2 Bedingungen für Marktentwicklung und Vermarktung von Grünem Strom
Zu Beginn des liberalisierten Strommarktes dominierte ein buntes Bild aus
konventionellen, etablierten Stromversorgern sowie kleineren, unabhängigen «start-
up»-Grünstromanbietern
66
, die allesamt mit freiwilligen Grünstromangeboten auf den
Markt drängten
67
und eine Entwicklung des grünen Marktsegments hervorriefen.
68
Demgegenüber stehen bislang noch geringe Nachfrageanteile grüner Stromangebote
von unter einem bis zu vier Prozent im europäischen Strommarkt.
69
Wie allgemein
diskutiert, ist dies nicht zuletzt auf das Merkmal ökologischer Produkte zurückzuführen,
einen ausgeprägten Sozialnutzen zu Ungunsten eines nur geringen Individualnutzens
zu entfalten ­ so auch zutreffend für «ökologische» Stromprodukte. Die Schwierigkeit,
diese Produkte als attraktiv, nutzbringend und unter ,,altruistischen Motiven"
70
zu
vermitteln, wird in der grundsätzlich schwer greifbaren Produktform von Strom
potenziert. Neben den Verständlichkeitshürden durch fehlende materielle Eigenschaften
kommt hinzu, daß «grüne Elektronen» aufgrund der physikalischen Gegebenheiten des
Stromflusses nicht direkt aus der «Heimsteckdose» bezogen werden können (s.o.).
KundInnen müssen den individuellen Nutzen aufgeben zugunsten des Kollektivnutzens
(u.a. Klima- und Ressourcenschutz), der sich aus der Unterstützung regenerativer
Erzeugung ergibt. Darüber hinaus stellen auch die höheren Erzeugungskosten einen
«Stolperstein» für die individuelle KundInnennützlichkeit dar.
71
Um Problemen durch
Produkteigenschaften und damit verbundenen Glaubwürdigkeitsverlusten entgegen-
zuwirken, wurden Bemühungen unternommen, Zertifizierungsverfahren für grüne
Stromangebote einzuführen und verschiedene Grünstrom-Gütesiegel oder -Labels zu
entwickeln.
72
Ziel dieser ist es, eine qualitative Standardisierung ökologischer Strom-
produkte sowie eine verstärkte Transparenz in diesem Marktsegment zu schaffen.
73
Nicht nur die Produktbewertung für KundInnen soll erleichtert, sondern auch Anbietern
66
Vgl. Graehl et al. (Grüne Angebote, 2001), S. 221.
67
Vgl. Dreher et al. (Grüne Angebote, 2000a), S. 6.
68
Dies entspricht in einer Marktentwicklung den Phasen der Marktentstehung (z.B. durch
Produktinnovation) und des Wachstums durch das Nachdrängen von Konkurrenzprodukten. Die Reife-
und Rückgangsphase schließen sich an; vgl. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1999), S. 601.
69
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 95 und S. 103. Nach Dreher et al. (Entwicklungstendenzen,
2000b), S. 198 hat sich die Anzahl von Anbietern und Angeboten von 1999 bis 2000 mehr als verdoppelt.
70
Bamberg/Braun (Ökostrom, 2001), S. 89.
71
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 199 ff.
72
Vgl. auch Kohler/Kralemann (Gegen den Strom, 1999), S. 42; Langniß/Markard (Strom, 1999), S. 275.
73
Eine Übersicht für den deutschen Raum findet sich z.B. bei Köpke (Wie grün, 2000), S. 22; vgl. auch
Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 258 f. und EAWAG (eco-labels, o.J., letzter Zugriff 01. Okt. 2001).

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
15
eine entsprechende Qualitätsabsicherung ihrer Stromprodukte ermöglicht werden.
74
Im
deutschen Raum haben sich u.a. das OK-Power-Gütesiegel des EnergieVision e.V., das
Siegel des Grüner Strom Label e.V.
75
sowie verschiedene Gütesiegel der TÜV-
Institutionen in Deutschland etabliert.
76
Hinzuweisen ist auf die Verwendung des
Zertifizierungsbegriffs in verschiedenen Zusammenhängen. Neben dem Zertifizierungs-
oder Labeling-Verfahren, bei dem über ein Gütesiegel, Label oder Zertifikat die
ökologische Qualitätsauszeichnung physisch (z.B. in Form eines Formulars) kom-
primiert abgebildet und von einer unabhängigen Institution vergeben wird,
77
ist der
Zertifikats- bzw. Zertifizierungsbegriff auch vorbehalten für das in umweltpolitischen
Zusammenhängen eingesetzte Instrument handelbarer Zertifikate. Einzelheiten zu
diesem Instrument werden in Kapitel 3 und in der Auseinandersetzung mit der Grund-
fragestellung der Arbeit aufgezeigt. Zur Klarstellung der begrifflichen Überscheindung
soll jedoch bereits darauf verwiesen werden, daß das handelbare Zertifikat als
«ökologische» Wertschrift die erlaubte Nutzung von Umweltmedien oder einen Beitrag
zur Umweltentlastung nachweist.
Bei strengen Qualitätszertifizierungen von grünen Stromprodukten wird eine
zusätzliche Umweltentlastung, additionality, durch die erneuerbare Energieerzeugung
erfordert, d.h. der Beitrag zum Ausbau der regenerativen Erzeugung und damit zur
Emissionsreduktion aus fossiler Erzeugung durch zusätzliche Anlageninstallierung. In
Deutschland wird dafür nach den Regelungen des EEG die Errichtung neuer
Erzeugungsanlagen vorausgesetzt. Unter den Status «neu» fallen gemäß EEG solche
Anlagen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April 2000 in Betrieb genommen
wurden.
78
Altanlagen i.S. des EEG wurden vor diesem Datum betrieben (z.B. viele
Wasserkraftwerke) und haben bereits jahrelang den herkömmlichen Strom-Mix durch
ihre Erzeugung gespeist. Die Elektrizität aus alten Anlagen liefert daher keinen Impuls
für eine weitere Verschiebung der Strommischung im Netz zugunsten erneuerbarer
Anteile.
79
Ein weiteres Qualitätskriterium von Grünem Strom betrifft den Ausschluß
74
Vgl. Timpe/Fritsche (Gütesiegel, 1999), S. 730.
75
Einzelheiten zur Einführung, Vergabe und Kontrolle der Gütesiegel finden sich unter
http://www.energie-vision.de, http://www.eurosolar.org/vereinnetz/gs_strom_ev.html sowie unter
http://www.energie-zertifizierung.de.
76
Hinzuweisen ist auf den erhöhten Informationsaufwand (Transaktionskosten) bei einer Vielzahl von
Gütesiegeln, was die positiven Kommunikationseigenschaften entkräftigen kann.
77
Vgl. Timpe/Fritsche (Gütesiegel, 1999), S. 730; vgl. auch Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement,
1998), S. 305 sowie OECD (Labeling, 1991), p. 12.
78
Vgl. § 2 Abs. 3 EEG; vgl. Timpe/Fritsche (Qualitätsdifferenzen, o.J., letzter Zugriff 20. Jul. 2002), S. 5.
79
Diese «additionality»-Problematik wird besonders bei «alten» Wasserkraftwerken als Präzedenzfällen
diskutiert. Eine Erläuterung gibt z.B. Bülow (Ökostrom, 2002, letzter Zugriff 12. Feb. 2002).

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
16
einer doppelten Vermarktung von Strom aus EEG-vergüteten Anlagen.
80
Nur wenn
dieser nicht gleichzeitig mit einer gewährten gesetzlichen Vergütung als grünes
Stromprodukt vermarktet wird, ergibt sich über die Förderwirkung dieses Gesetzes
hinaus ein zusätzliches Plus an regenerativer Erzeugung.
81
Das Problem der
«Doppelvermarktung» kann auch bei Import von REG-Strom auftreten. Vordergründig
ist in diesem Fall die Sicherstellung, daß die heimische Regenerativstromerzeugung
nicht durch günstigere grüne Stromangebote aus dem Ausland vom deutschen Markt
verdrängt und Regenerativstrom in verschiedenen Ländern nicht mehrfach registriert
wird. In diesem Zusammenhang von Transparenz über Herkunft und Zusammensetzung
von regenerativem Strom steht auch die Einführung einer europäischen
Kennzeichnungs- oder Offenlegungspflicht für Regenerativstrom über Herkunfts-
zertifikate (certificates of origin, information disclosure requirements), die auch in der
EU-Förderrichtlinie für erneuerbare Energien Zuspruch findet.
82
Wie die obigen Ausführungen zu den spezifischen Aspekten bzw. Herausforderungen
von Qualitäts-, Leistungs- und Nutzeneigenschaften bei Angeboten von Grünem Strom
erkennen lassen, steht diese Branche seit der Deregulierung und Wettbewerbsöffnung
vor einer Marketingherausforderung (s. Kap. 1). Dies erklärt sich durch die
Anreizstrukturen, die KonsumentInnen ermöglichen, ihren Strom nach Art und
Herkunft frei zu wählen und durch ihre Nachfrage Einfluß auf Preise und damit auf
Stromprodukte selber zu nehmen.
83
Waren Konzepte für Elektrizitätsmarketing im
Energiesektor zuvor beinahe nicht vorhanden, da StromkundInnen auf den lokalen
Versorger angewiesen waren,
84
zeichnet sich im freiwilligen Grünstrommarkt heute um
so klarer der Bedarf eines gezielten Marketings ab.
85
Auf welche theoretischen
Grundlagen des ökologieorientierten Marketings bei dieser Marketingherausforderung
und -gestaltung zurückzugreifen ist, erkundet der folgende Abschnitt.
80
§ 2 EEG enthält eine Auflistung der Anlagen, deren Strom unter die Vergütung nach dem EEG fällt.
81
Vgl. Öko-Institut e.V. (Zertifizierungsverfahrens, 1999), S. 5.
82
Gemäß Art. 10 der Richtlinie 2001/77/EG (Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energiequellen, 2001) ist es Ziel der Kennzeichnung, den Handel mit REG-Strom zu fördern und die
Transparenz für VerbraucherInnen bei der Stromproduktwahl zu verbessern. Art. 11 betont die
Differenzierung von Herkunftszertifikaten und handelbaren Grünen Zertifikaten. Eine Erläuterung findet
sich bei Reimer (Strom, 2002), S. 9 sowie zu Stromdeklarationspflichten in Österreich oder
Kalifornien/USA bei Janzin (Transparenz, 2001), S. 28-30.
83
Vgl. Hamm (Öko-Strom, 1999), S. 57.
84
Vgl. Allnoch (Grüner Strom, 1998), S. 11 ff.
85
Vgl. Wohlgemuth/Getzner/Park (Green Power, 1999), p. 362; Bamberg/Braun (Ökostrom, 2001), S. 89.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
17
2.3 Grundlagen zum ökologieorientierten Marketing für Grünen Strom
Über eine zunächst verstärkte KundInnen- und Wettbewerbsorientierung hat ein zu-
nehmender Sozial- und Umweltbezug die Entwicklung eines an Umweltschutzbelangen
ausgerichteten Marketings bestimmt.
86
Im Kontext der Managementlehre dient das
Marketing grundsätzlich einer am Absatz orientierten Planung, Organisation, Durch-
führung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensaktivitäten. Zentrales Element ist dabei
die Abstimmung zwischen dem unternehmensbezogenen Leistungsprogramm und dem
KundInnennutzen.
Wie u.a. Meffert und Kirchgeorg betonen, nimmt das ökologieorientierte Marketing
eine Schlüsselrolle bei der marktorientierten Ausrichtung des Umweltmanagements ein,
indem es dazu beiträgt, Marktchancen aus Umweltschutzzusammenhängen aufzu-
decken, in KundInnen- und Wettbewerbsvorteile zu übertragen und zu nutzen.
Umgekehrt ist Marketing im umweltbezogenen Kontext mit der Kritik konfrontiert,
durch seine konsumstiftende Wirkung dem Suffizienzgedanken als nachhaltigem
Grundprinzip
87
entgegenzulaufen. Da Herstellungs- und Verbrauchsprozesse von
Gütern stets mit Umweltauswirkungen verbunden sind, wird bei ökologieorientiertem
Marketing auf unternehmensbezogene Prozesse abgestellt, die eine im Verhältnis zu
konventionellen Produkten geringere Umweltbelastung aufweisen.
88
Fokussiert wird
diese unternehmensseitige Verantwortungsintegration, um umweltbelastenden Maß-
nahmen und Produktimplikationen in der Gesamtheit ihres Produktlebenszyklusses vor-
zubeugen und sie einzuschränken.
89
Daraus gehen die Aufgaben hervor, über
Produktqualitäten und -prozesse zu informieren und das Leistungsversprechen glaub-
würdig zu vermitteln (Informationsintegration). Handlungsleitend bleibt dabei die
Erfüllung der Unternehmensziele unter Berücksichtigung langfristiger KundInnenbe-
dürfnisse und -dialoge, wettbewerbsbezogener Vorteile und gesellschaftlicher Legiti-
mation.
90
Eine Umsetzung dieser Anforderungen kann die Zahlungsbereitschaft im
Absatzmarkt erhöhen und zu Differenzierungsoptionen im Markt führen.
91
Hopfenbeck
86
Vgl. Bruhn (Marketing, 1990), S. 13 sowie Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000), S. 170.
87
Nach Diekmann/Preisendörfer (Umweltsoziologie, 2001), S. 195 geht der Suffizienzgedanke davon
aus, daß das Wohlstandsmodell der Industrieländer nicht verallgemeinert werden könne, da es die
weltweite ökologische Tragfähigkeit übersteige und das Zurückstufen dieser Lebensführung erfordere.
88
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 291 sowie Böttger (Produkte, 1996), S. 6 f.
89
Vgl. auch Tietz (Marketing, 1989), S. 7.
90
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 23 und 273. Tiebler (Ökologieorientiertes
Marketing, 1996), S. 11 weist auf die in der Literatur verwendeten, verschiedenen Synonyme für diesen
Marketingbereich hin, wie u.a. Öko-Marketing, umweltschutzbezogenes oder ökologisches Marketing.
91
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 273 f.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
18
führt im Zusammenhang mit der kundInnenorientierten Ausrichtung an, daß neben Auf-
und Ausbau von Umweltbewußtsein auch umweltgerechtes Verhalten durch Marketing-
maßnahmen zu mobilisieren sei.
92
Dafür zu adressierende KonsumentInnen, so zeigen
es übereinstimmend Studien zur Zielgruppenanalyse für Grünen Strom, zeichnen sich
durch ein gutes Einkommens- und Bildungsniveau aus, sind in städtischen Regionen
angesiedelt und gehören einer überwiegend niedrigen Altersstufe an.
93
Die Ausgestaltung des Marketings in operative Maßnahmen und Prozesse setzt eine
strategische Fundierung voraus.
94
Ziel- und Strategieentscheidungen sind daher auch bei
der Betrachtung des Grünstrommarketings nicht zu vernachlässigen, auch wenn die
Grundfragestellung dieser Arbeit primär auf operative Marketingprozesse gerichtet ist.
2.3.1 Marketingstrategische Aspekte für Grünen Strom
Als Ausgangspunkt strategischer Überlegungen stellt sich die Frage nach marktbezoge-
nen Chancen bzw. Risiken sowie unternehmensinternen Stärken und Schwächen für den
Umgang eines Unternehmens mit umweltrelevanten Aspekten.
95
Wie Marktchancen-
und Marktgefahrenanalysen aufzeigen, resultieren Marktchancen aus der Überschnei-
dung positiver umwelt- bzw. marktbezogener Rahmenbedingungen und den Stärken
eines Unternehmens, diese Chancen als Wettbewerbsvorteile zu nutzen.
96
Markt-
bezogene Gefahren entspringen der unternehmenseigenen Schwäche, auf ein starkes
Umweltbewußtsein nicht mit einem umweltgerechteren Produktangebot reagieren zu
können. Die Ausführungen zur Chancen- und Gefahrenanalyse sollen hier kurz gehalten
werden, um sie ausschließlich als Element in Marketingprozessen und damit im
Marketing für Grünen Strom zu benennen. Weitere Elemente stellen die Auswahl von
Zielmärkten bzw. -segmenten für die anzubietenden Produkte aus dem Gesamtkun-
dInnensegment und die Bestimmung der Geschäftsfelder dar.
97
Ebenso werden
Marketingphilosophie und -ziele entwickelt.
98
Für marketingstrategische Aspekte ist
92
Vgl. Hopfenbeck (Marketing, 1994), S. 302.
93
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 119.
94
Vgl. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1999), S. S. 157 und S. 505. Es wird ausgeführt, daß
neben der Entwicklung der Marketingstrategien auch die Analyse der Marketingchancen, die Planung der
Marketingprogramme, die Entscheidung über den Marketing-Mix und die Umsetzung sowie Steuerung
der Marketingprogramme zu den Elementen des Marketingprozesses zählen.
95
Vgl. z.B. Tiebler (Ökologieorientiertes Marketing, 1996), S. 46.
96
Vgl. Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000), S. 173 f. Betont wird ferner die Bedeutung von
Unternehmensmotivation und -fähigkeit zur Realisierung von Chancenpotentialen bei Aspekten zum
Entrepreneurship; vgl. dazu auch Schaltegger/Schneidewind/Petersen (Entrepreneurship, 2000).
97
Vgl. Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000), S. 177.
98
Vgl. Tiebler (Ökologieorientiertes Marketing, 1996), S. 47.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
19
ferner die Ausrichtung an übergreifenden Basis-Unternehmensstrategien essentiell, die
im wesentlichen als defensive, reaktive, innovative sowie offensive Strategien
charakterisiert werden. Ein defensives Verhalten impliziert die Orientierung an Einspa-
rungen und am Rückzug aus umweltbezogenen Geschäftsfeldern. Die reaktive Strategie
berücksichtigt umweltschützende Anforderungen im Rahmen gesetzlicher Vorschriften.
Aus diesen Verpflichtungen versucht die offensive Orientierung unternehmenseigene
Wettbewerbsvorteile abzuleiten. Diese Tendenz gipfelt in der innovativen Strategie, die
eine umweltbezogene Profilierung im Markt anstrebt, indem umwelt- und nachhaltig
orientierten Problemfeldern mit neuen Verfahren und Produkten begegnet wird.
99
Anknüpfend an die Basisstrategie werden von Unternehmensseite Grundsatzentschei-
dungen zur Marktpositionierung für umweltorientierte Produkte und Leistungs-
angebote getroffen. Dies ist auch im grünen Strommarkt der Fall.
100
Inwiefern
umweltgerechte Produkteigenschaften, z.B. bei grünen Stromangeboten, unterschiedlich
im Markt präsentiert werden können, geben die vier Grundpositionierungen Einbezug
der Umweltverträglichkeit als dominierende Nutzendimension, als Zusatznutzen neben
anderen Eigenschaften, als flankierender Bestandteil der bestehenden Eigenschaften
und die Nichtberücksichtigung der Umweltverträglichkeit als Profilierungsdimension zu
erkennen. Mit Ausnahme der ersten, nischenmarktorientierten Option, mit der sich spe-
zifische KundInneninteressen abschöpfen lassen, sind die anderen Positionierungen im
Massenmarkt einsetzbar und ermöglichen somit eine umfassende Interessenberücksich-
tigung.
101
Die Produktanforderungen der KundInnenzielgruppen sind als maßgeblich für
die Entscheidung zu einer Produktpositionierung und für ihren Erfolg einzustufen. Fer-
ner üben produkt-, programm- und wettbewerbsbezogene Faktoren einen Einfluß aus.
102
Wettbewerbsstrategische Überlegungen zum umweltorientierten Leistungsprogramm
gegenüber der Marktkonkurrenz dienen dem Aufbau und Erhalt langfristiger Wettbe-
werbsvorteile. In der Literatur werden Klassifikationen für Wettbewerbsstrategien un-
einheitlich dargestellt. Zum einen wird eine Einteilung in Kostenführerschaft, Qualitäts-
führerschaft bzw. Differenzierungsstrategie und Nischen- bzw. Teilmarktorientierung
99
Vgl. Neumann-Szyska (Marketing, 1991), S. 13 und S. 22. Andere Strukturierungen von
Unternehmensstrategien finden sich z.B. bei Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 202-
205, wobei die Widerstands- und Passivitätsstrategien darin analog zur defensiven Strategie zu betrachten
sind, die Rückzugsstrategie entsprechend zur reaktiven Strategie sowie die Antizipations- und die
Innovationsstrategie jeweils zur offensiven bzw. zur innovativen Strategie.
100
Vgl. u.a. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 199.
101
Vgl.
Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 200; Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1992), S.
568.
102
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 277 ff.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
20
angeführt, wohingegen andere Systematiken auf einer Vierteilung nach Markt-
absicherungs-, Kosten-, Differenzierungs- und Marktentwicklungsstrategie beruhen.
103
Diese Divergenzen nicht näher zu betrachten, erscheint vernachlässigbar, da
wettbewerbsstrategische Aspekte nicht den Kern der Untersuchungsfrage betreffen. Den
Ansätzen gemeinsam ist die Unterscheidung zwischen einer Wettbewerbsposition, mit
der man sich der ökologisch positionierten Konkurrenz annähert und damit eine
defensive Strategie i. S. einer Marktabsicherung oder Kostenführerschaft verfolgt. Zum
anderen kann ein neuer Zielmarkt besetzt und offensiv gemäß der Differenzierungs-
oder Marktentwicklungsstrategie agiert werden. Im grünen Strommarkt lassen sich nach
Einschätzungen aus der Literatur vorwiegend marktabsicherndes Verhalten sowie
offensives Differenzieren
104
beobachten. Kostenstrategische Ansätze
105
sowie das Be-
streben zur Marktentwicklung durch ,,innovatives, intelligentes Marketing, eine saubere
Positionierung und eine klare Werbebotschaft"
106
zeigen sich nur vereinzelt.
Im Anschluß an die strategischen Vorentscheidungen werden die operativen Elemente
des Marketingprozesses im nachfolgenden Abschnitt dargestellt. Zuvor ist ferner auf die
Gestaltung von Marketingplänen als ein wesentliches Ergebnis des Marketingprozesses
hinzuweisen. Ziele, Strategien und Instrumente eines ökologieorientierten Marketings
werden darin aufeinander abgestimmt, um umweltbezogenen Produkten zum Markter-
folg zu verhelfen. Auch Marketingkontrollen
107
finden Anwendung, um in Rückkopp-
lung mit der Marktchancen und -gefahrenanalyse den Erfolg des strategischen und
operativen Marketings zu überprüfen.
108
2.3.2 Aspekte des operativen Marketings für Grünen Strom
Umweltorientiertes Marketing gewinnt auf der Umsetzungsebene durch die Instrumente
des «klassischen» Marketing-Mix seine Form. Dessen Struktur wird im Folgenden
skizziert, da sie der empirischen Untersuchung der Arbeit als «Maßstab» zugrundege-
legt wird. Die Komponenten des Marketing-Mix, die Produkt-, Kommunikations-,
Distributions- und Preispolitik (in der klassischen Managementlehre auch unter dem
103
Vgl. Porter (Wettbewerbsvorteile, 1986), o.S., zit.n. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998),
S. 221 ff. sowie Dyllik/Belz/Schneidewind (Ökologie, 1997), S. 75 ff., zit.n. Wüstenhagen (Ökostrom,
2000), S. 202 ff.
104
Differenzierung kann z.B. über Produkte oder Serviceleistungen erfolgen; vgl. dazu Kotler/Bliemel
(Marketing-Management, 1999), S. 505.
105
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 204 f.
106
Tschischwitz (Geld statt Gelb, 2002), S. 9.
107
Vgl. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1999), S. 157 sowie S. 1217.
108
Vgl. Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000), S. 172.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
21
Synonym 4 P's geläufig ), werden separat dargestellt, es sei jedoch angemerkt, daß erst
das integrierte Zusammenwirken dieser Elemente und die Koordination der Marketing-
aktivitäten die Wirksamkeit eines ökologieorientierten Marketings unter Beweis
stellt.
109
Der ökologischen Produktpolitik (product) bzw. dem Leistungsprogramm wird die
Funktion zugeschrieben, Umwelt- und Ressourceneinwirkungen über die Gestaltung des
Produktportfolios steuern und gleichzeitig umweltbezogenen KundInnenbedürfnissen
nachkommen zu können. Dies kann anhand von Produktvariationen, -eliminierungen
und -innovationen erfolgen, z.B. durch die Addition oder Substitution ressourcenscho-
nender Zusatzeigenschaften.
110
Bei Variationen wird gemeinhin der Effekt befürwortet,
verschiedene Marktsegmente mit variierenden Produktangeboten bedienen zu können.
Dies zeigt sich im grünen Strommarkt durch Produktsortimente aus Grünstromangebo-
ten in verschiedenen ökologischen Qualitätsstufen.
111
Anknüpfend an das Verständnis
eines umweltfreundlicheren Produktes von Hopfenbeck, das im gesamten Pro-
duktlebenszyklus geringere Umweltbelastungen hervorruft, bezieht sich die produkt-
politische Gestaltung über das Kernprodukt
112
hinaus auf das gesamte Leistungs-
programm, das im Markt angeboten, genutzt oder gekauft wird und das Bedürfnisse
befriedigt. Darunter fallen z.B. die Herstellung, Verpackung, Markenbildung und
flankierende Serviceleistungen.
113
Einzubeziehen in die umweltbezogene Produktpolitik
ist neben der Nachfrage nach der Funktionalität somit auch der Erlebniswert eines
Produktes, jedoch unter Beachtung nachhaltiger Konsumprinzipien.
114
Analog zum
erweiterten Produktverständnis und sich abzeichnenden Entwicklungen einer Dienst-
leistungsgesellschaft
115
, ist auch in die Grünstromproduktgestaltung der Einbezug von
Dienstleistungen nicht zu vernachlässigen. Nach Liebehenschel läßt sich die
Stromversorgung den bedürfnisorientierten Dienstleistungen zuordnen.
116
Entsprechend
beziehen sich «grüne Energiedienstleistungen» auf die Bereitstellung von z.B. Licht aus
109
Vgl. Neumann-Szyska (Marketing, 1991), S. 25.
110
Variationen sind auch: erhöhte Produktlebensdauer, Berücksichtigung regionaler Aspekte, Einsatz
regenerativer Energien; vgl. Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000), S. 183 und S. 285 ff.
111
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 97.
112
Nach Böttger (Produkte, 1996), S. 5 werden Produkte in Konzeptionsebenen aufgeteilt: Kernprodukt
mit erworbener Produktleistung, formales Produkt bzw. physisches Kaufobjekt und erweitertes Produkt
mit von KundInnen erwarteten Produktaspekten.
113
Vgl. Hopfenbeck (Marketing, 1994), S. 307; vgl. dazu auch das Produktverständnis bei Kotler/Bliemel
(Marketing-Management, 1992), S. 621 f.
114
Vgl. Neumann-Szyska (Marketing, 1991), S. 26.
115
Vgl. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1999), S. 753.
116
Vgl. Liebehenschel (Produkt- und Dienstleistungspolitik, 1999), S. 100 f.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
22
regenerativer Energieerzeugung
117
als gleichzeitige Herausforderung des Anbieters zum
Wandel vom «Versorger» zum «Dienstleister».
118
Dies berücksichtigend, ist in dieser
Arbeit das Dienstleistungs-verständnis bei produktpolitischen Aspekten stets impliziert.
Die ökologische Kommunikationspolitik (promotion) schafft über transparente,
konsistente und nachprüfbare Produkt- und Leistungsinformationen die Voraussetzung,
ein umweltbezogenes Profil oder Image, eine Unternehmensidentität (corporate
identity), abzubilden und in der Werbung zur KundInnenbindung einzusetzen. Vielfach
werden direkte Kommunikationsinstrumente eingesetzt, die KundInnen stärker für um-
weltorientierte Produkte sensibilisieren.
119
Auch bei unpersönlichen Kommunikations-
formen wie klassischen Werbemaßnahmen, allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit oder der
Verkaufsförderung gilt es, den Dialog mit Anspruchsgruppen des Unternehmens
120
zu
fördern und damit frühzeitig Risiken im Unternehmensumfeld wahrnehmen und
entkräftigen zu können. Als zentrale Problemfaktoren der Marketingkommunikation im
ökologischen Kontext werden Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit der
umweltbezogenen Qualitätsmerkmale sowie des individuellen KundInnennutzens eines
Produktes (s. auch Kap. 2.2) augenfällig. Die Literatur deutet darauf hin, daß diese
Problemaspekte auch bei grünen Stromprodukten zu den Mängeln der Kommunika-
tionsmaßnahmen von Anbietern beitragen.
121
Im Zentrum ökologischer Preispolitik (price) steht das Entschärfen des hohen Kosten-
drucks umweltorientierter Produkte durch eine Annäherung an Preise marktgängiger,
i.d.R. weniger umweltfreundlicher Produkte. Neben den Preisen der Wettbewerber tra-
gen zur Preisfindung auch Zahlungsbereitschaften, Nachfrage, Transaktionskosten
122
,
Serviceleistungen sowie Herstellungskosten bei. Um Kostenüberwälzungen auf die
117
Vgl. Hennicke (Energiedienstleistung, 1999), S. 37.
118
Vgl. Seifried/Stark (Energiedienstleistungen, 1995), S. 7 und Weller (Grüne Angebote, o.J., letzter
Zugriff 11. Nov. 2001). Ebenfalls Behrendt/Pfitzner/Kreibich (Wettbewerbsvorteile, 1999), S. 1.
119
Vgl. Hopfenbeck (Marketing, 1994), S. 313. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1999), S. 970
weisen auch auf die Rolle von Sender-Empfängermodellen aus der Kommunikationstheorie, z.B. das
Vier-Seiten-Modell einer Nachricht von Schulz von Thun (Miteinander reden, 1981).
120
Zu Anspruchsgruppen (stakeholder) gehören nach Freemann (Strategic Management, 1984), S. 25,
zit.n. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 46 Individuen oder Gruppen mit (im)materiellem Anspruch
(stake) an einer Unternehmung, durch den sie am Unternehmenserfolg oder -mißerfolg beteiligt sind bzw.
diesen beeinflussen. vgl. auch Figge/Schaltegger (Stakeholder Value, 2000), p. 61.
121
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 211.
122
Transaktionskosten entstehen z.B. durch den Aufwand für Produktinformationen; vgl. Hindle
(Strategisches Management, 1994), S. 241.

Kapitel 2
Grüner Strom, Förderung regenerativer Energien und Marketing im Elektrizitätsmarkt
23
KonsumentInnen abzufangen, werden häufig Mischkalkulationen als Preiskalkulations-
verfahren oder -ausgleich eingesetzt.
123
Bei umweltverträglichen Produkten ist das Hochpreissegment meist begrenzt auf
Nischenmärkte bzw. die Preiselastizität der Nachfrage. Die Nachfrage ist elastisch,
wenn sie bei leichter Preiserhöhung stark sinkt, umgekehrt bedeutet eine geringe Ände-
rung eine unelastische Nachfrage.
124
Auch in Segmenten nachhaltig orientierter,
umweltbewußter KonsumentInnen sind Preisspielräume durch Zahlungsbereitschaften
begrenzt.
125
Dies verhält sich für grüne Stromangebote ebenso, auch weil der Preis nicht
alleiniges Kriterium für den Bezug von Grünem Strom darstellt.
126
Kern der ökologischen Distributionspolitik (place) ist die Entwicklung der Absatz-
oder Vertriebskanäle (z.T. unter Einbezug von Absatzmittlern), der logistischen Sy-
steme sowie der Produkt- und Verpackungsrückführung (Retrodistribution).
127
Bei
Grünem Strom ergeben sich distributionspolitische Bezüge nicht unmittelbar.
Logistische und Retrodistributionsaspekte entfallen, da keine physikalische Belieferung
mit «grünen Elektronen» erfolgt (s. Kap. 2). Wesentlich sind jedoch die Vertriebswege
eines Grünstromproduktes über die zum Verkauf beitragenden Marktakteure.
128
Die Erweiterung des klassischen Marketing-Mix zum Megamarketing berücksichtigt als
zusätzliche, politik- und gesellschaftszugewandte Komponenten die politische
Einflußnahme (politics) und die Beeinflussung öffentlicher Meinung (public opinion).
129
Entsprechend widmet sich ökologieorientiertes Megamarketing den umweltpolitischen
Ansprüchen oder Einflüssen von Anspruchsgruppen. Da politische Unternehmensinter-
essen selten offengelegt werden, lassen sich diese schwer als Marketingbereich bei
Grünem Strom darstellen, auch wenn die Literatur auf Beispiele von Grünstromanbie-
tern hinweist, die sich einem Mega-Marketing-Mix annähern.
130
In der empirischen
Untersuchung der Arbeit (s. Kap. 5) konnten daher diese Dimension des operativen
Marketings nicht entsprechend einbezogen werden. Es kann jedoch angenommen
werden, daß durch den Zusammenhang zwischen Grünstromangeboten und Politikein-
flüssen auch ein Mega-Grünstrommarketing-Mix an Bedeutung gewinnt.
123
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 339; Zentes (Grundbegriffe, 1996), S. 25.
124
Vgl. Kotler/Bliemel (Marketing-Management, 1992), S. 696 f.
125
Vgl. Neumann-Szyska (Marketing, 1991), S. 29.
126
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 209.
127
Vgl. Meffert/Kirchgeorg (Umweltmanagement, 1998), S. 345 f.
128
Vgl. Ahlert (Distributionspolitik, 1985), S. 26 f.
129
Vgl.
Kotler (Megamarketing, 1986), p. 32 f., zit.n. Petersen/Schaltegger (Umweltmanagement, 2000),
S. 221.
130
Vgl. Wüstenhagen (Ökostrom, 2000), S. 205.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832467678
ISBN (Paperback)
9783838667676
DOI
10.3239/9783832467678
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg – Umweltwissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Mai)
Note
2,0
Schlagworte
energiepolitik marketing grüne zertifikate regenerativ strom ökostrom
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