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Zwischen politisch-ökonomischer Notwendigkeit und Vorbehalt

Die Chancen und Risiken der Osterweiterung der Europäischen Union aus der Perspektive der Nachbarländer Deutschland und Polen

©2002 Diplomarbeit 84 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Nur wer sich kennt, kann einander verstehen.“ Die Aussage des Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Dr. Ingo Friedrich bezieht sich auf das Verhältnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den Beitrittskandidaten aus Mittel- und Osteuropa und betont die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Annäherungsprozesses zwischen beiden Seiten. Das Zitat soll eine Leitlinie der vorliegenden Arbeit zum Themengebiet der EU-Osterweiterung sein. Dies bedeutet, dass sich der Fokus der nachfolgenden Analyse auf einen ganz bestimmten Ausschnitt der aktuellen Debatte über die Erweiterung der Europäischen Union um die MOEL richtet. Dabei geht es in erster Linie darum, die Diskussion um die Chancen, Vorzüge, aber auch die Risiken und Gefahren eines Beitritts dieser Länder zur Union durch konkrete, an ausgewählten Beispielen belegte Argumente zu stützen, um damit einen wissenschaftlichen Beitrag zur genannten Thematik zu leisten.
Wie im Titel – Zwischen politisch-ökonomischer Notwendigkeit und Vorbehalt: Die Chancen und Risiken der Osterweiterung der Europäischen Union aus der Perspektive der Nachbarländer Polen und Deutschland – bereits angekündigt, befasst sich die Arbeit mit den Herausforderungen und Schwierigkeiten des europäischen Integrationsprozesses. Aus einem bilateralen Blickwinkel, das heißt aus der Sicht der benachbarten Staaten Deutschland und Polen (zur Konzeption vgl. I.2) werden wirtschaftliche und politische Fragen der Osterweiterung wissenschaftlich thematisiert.
Die Notwendigkeit einer derartigen Abhandlung ergibt sich aus der Tatsache, dass der politische aber auch der journalistische Diskurs die tatsächlichen Entwicklungen aus der polnischen und deutschen Perspektive, die sich in ihren Einschätzungen stark unterscheiden, nicht immer ausreichend und präzise genug zu beleuchten vermögen.
Schlagzeilen wie „Verheugen mahnt Polen – Harte Haltung Warschaus würde den Beitritt gefährden“ oder „Berlin verspricht Polen Unterstützung – Schröder für raschen Beitritt des Nachbarlandes zur EU“ vermitteln ein unvollständiges Bild und können eventuell zu einer verzerrten Einschätzung der Situation verleiten. Demnach verfolgt die vorliegende Arbeit zwei Ziele: Erstens die kritische Bewertung polnischer und deutscher Stimmen und Meinungen zu den Erwartungen beider Länder an die Erweiterung der Europäischen Union. Zweitens sollen die nachfolgend behandelten Aspekte die Komplexität des Integrationsprozesses aufzeigen, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


I. Einleitung

1. Darstellung der Thematik

„Nur wer sich kennt, kann einander verstehen.“[1] Die Aussage des Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments Dr. Ingo Friedrich bezieht sich auf das Verhältnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den Beitrittskandidaten aus Mittel- und Osteuropa und betont die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Annäherungsprozesses zwischen beiden Seiten.[2] Das Zitat soll eine Leitlinie der vorliegenden Arbeit zum Themengebiet der EU-Osterweiterung sein. Dies bedeutet, dass sich der Fokus der nachfolgenden Analyse auf einen ganz bestimmten Ausschnitt der aktuellen Debatte über die Erweiterung der Europäischen Union um die MOEL richtet. Dabei geht es in erster Linie darum, die Diskussion um die Chancen, Vorzüge, aber auch die Risiken und Gefahren eines Beitritts dieser Länder zur Union durch konkrete, an ausgewählten Beispielen belegte Argumente zu stützen, um damit einen wissenschaftlichen Beitrag zur genannten Thematik zu leisten.

Wie im Titel – Zwischen politisch-ökonomischer Notwendigkeit und Vorbehalt: Die Chancen und Risiken der Osterweiterung der Europäischen Union aus der Perspektive der Nachbarländer Polen und Deutschland – bereits angekündigt, befasst sich die Arbeit mit den Herausforderungen und Schwierigkeiten des europäischen Integrationsprozesses. Aus einem bilateralen Blickwinkel, das heißt aus der Sicht der benachbarten Staaten Deutschland und Polen (zur Konzeption vgl. I.2) werden wirtschaftliche und politische Fragen der Osterweiterung wissenschaftlich thematisiert.

Die Notwendigkeit einer derartigen Abhandlung ergibt sich aus der Tatsache, dass der politische aber auch der journalistische Diskurs die tatsächlichen Entwicklungen aus der polnischen und deutschen Perspektive, die sich in ihren Einschätzungen stark unterscheiden, nicht immer ausreichend und präzise genug zu beleuchten vermögen.

Schlagzeilen wie „Verheugen mahnt Polen – Harte Haltung Warschaus würde den Beitritt gefährden“[3] oder „Berlin verspricht Polen Unterstützung – Schröder für raschen Beitritt des Nachbarlandes zur EU“[4] vermitteln ein unvollständiges Bild und können eventuell zu einer verzerrten Einschätzung der Situation verleiten. Demnach verfolgt die vorliegende Arbeit zwei Ziele: Erstens die kritische Bewertung polnischer und deutscher Stimmen und Meinungen zu den Erwartungen beider Länder an die Erweiterung der Europäischen Union. Zweitens sollen die nachfolgend behandelten Aspekte die Komplexität des Integrationsprozesses aufzeigen, gleichzeitig jedoch das Verständnis für dieses politisch-ökonomische Großprojekt fördern.

Wie dies im Einzelnen vollzogen wird, und auf welchen Informationsquellen die Argumentation aufbaut, wird in der anschließenden Konzeption der Arbeit und in dem Literaturbericht ersichtlich.

2. Konzeption der Arbeit

Ausgehend von einem Rückblick, der die wesentlichen Folgen und Veränderungen[5] des historischen Umbruchs von 1989 für Deutschland und Polen skizziert, befasst sich die Arbeit im Anschluss mit den verschiedenen Phasen der Integrationspolitik. In drei Schritten (vgl. II.2) wird, stets unter Bezugnahme auf das Beispiel Polen, das für ein besseres Verständnis der weiteren Ausführungen notwendige Faktenwissen über die wichtigsten Etappen des Beitrittsprozesses vermittelt. In diesem Kontext wird zunächst die erste vertraglich geregelte Stufe der Integration, das heißt der Abschluss von Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Beitrittskandidaten aus Mittel- und Osteuropa erläutert. Ferner werden die so genannten Kopenhagener Kriterien[6], die als Messlatte für die Aufnahmefähigkeit der MOEL in die EU dienen, angesprochen. Ein letzter Punkt dieses Kapitels befasst sich schließlich mit dem Verfahren und den Beitrittsverhandlungen, an deren Ende die Aufnahme der MOEL in die Europäische Union stehen soll.

Auf der Grundlage dieser Vorkenntnisse wendet sich die Arbeit dann in den Kapiteln III und IV dem eigentlichen Kernthema, das heißt der Analyse der Chancen und Gefahren bzw. Risiken der Osterweiterung der EU aus Sicht der beiden Staaten Polen und Deutschland zu. Mit welchen Erwartungen strebt Polen die Aufnahme in die Union an? Welche politische Bedeutung hat der Beitritt für den flächenmäßig größten Staat Mittel- und Osteuropas, und welche ökonomischen Motive begleiten das Handeln der Politiker? Auf diese Fragen soll an- hand der unter III.1 aufgelisteten Aspekte eine Antwort gefunden werden.

Ähnliche Fragestellungen ergeben sich auch für den zweiten Teil von Kapitel III, der die Ansichten und Meinungen der deutschen Politik und Wirtschaft zur EU-Erweiterung resümiert. Die Ergebnisse der Untersuchung der Standpunkte beider Staaten werden im Fazit abschließend verglichen und kommentiert.

Um den Anforderungen eines systematischen Aufbaus gerecht zu werden, folgt das Kapitel IV in seiner Struktur dem Kapitel III des Hauptteils. Hier sollen die Risiken der Osterweiterung als Analysekategorie fungieren. Es gilt folglich, den Themenkomplex der potenziellen Gefahren, die eine Erweiterung unter Umständen mit sich bringt, genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu ist es notwendig, sich vorab ein Bild der politisch-ökonomischen Verhältnisse in Polen zu machen, wobei der wirtschaftliche Schwerpunkt auf der Landwirtschaft liegt, die zweifelsfrei ein großes Problem darstellt (vgl. IV.1.2.1).

Ferner werden deutsche Bedenken gegenüber der Aufnahme neuer Länder in die EU formuliert und in den politisch-ökonomischen Kontext einbezogen.

Das Fazit dient am Ende dieses Kapitels der Abwägung zwischen tatsächlich berechtigten Vorbehalten und vermeintlich unbegründeten Gefahren, die im Zusammenhang mit der Osterweiterung oftmals angeführt werden.

Die Schlussbetrachtung soll alle Ergebnisse bündeln und in einer Gesamtschau eine übergreifende Bewertung ermöglichen. Der abschließende Ausblick erfolgt anhand dieser Bewertung, aus der mögliche Tendenzen für die weitere Entwicklung der Osterweiterung abgeleitet und Rückschlüsse für die Weiterentwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen gezogen werden sollen.

Der Verfasser der vorliegenden Arbeit möchte noch darauf hinweisen, dass auf Grund der Weitläufigkeit der Thematik, die das große Feld der EU-Osterweiterung zwangsläufig mit sich bringt, eine Reduzierung auf die in der Gliederung angeführten Aspekte erfolgen muss. Es würde zu weit führen, wenn darüber hinaus noch andere Themen, die in die Osterweiterungsdebatte einfließen, etwa die Notwendigkeit institutioneller Reformen der EU, in allen Einzelheiten dargestellt würden. Es wird nochmals an den bilateralen Charakter dieser Arbeit erinnert, die eine klare Standortbestimmung der deutschen und polnischen Erwartungen und Bedenken hinsichtlich der Osterweiterung der EU zum Ziel hat.

3. Literaturbericht

Die Aktualität und die immense Bedeutung des behandelten Themas für Europa stellen hohe Anforderungen an die Wahl geeigneter Informationsquellen und Literatur. Es vergeht kein Tag, ohne dass die Osterweiterung der Europäischen Union nicht in irgendeiner Weise Gegenstand journalistischer Beiträge und politischer Äußerungen ist. Und gerade weil die Erweiterung so viele Lebensbereiche betrifft – Politik, Wirtschaft, Kultur, um nur die geläufigsten Kategorien zu nennen - existiert eine nahezu unüberschaubare Bandbreite an Publikationen zu diesem Forschungsfeld. Dies hat unweigerlich zur Folge, dass bei der Auswahl der Literatur nicht alle Quellen berücksichtigt werden können. Dennoch schöpft die Arbeit aus einem repräsentativen Fundus an Veröffentlichungen, der an dieser Stelle kurz vorgestellt werden soll.

Zur Erläuterung des historischen Hintergrundes (Kapitel II) eignen sich bestimmte Überblicksdarstellungen, die die wichtigsten Ereignisse des politischen Wandels nach 1989 in Polen und Deutschland zusammenfassen und deren weitreichende Folgen für die politisch-ökonomische Entwicklung beider Länder bis in die jüngste Vergangenheit thematisieren. Besonders hingewiesen sei hier auf zwei Publikationen des Verlages der Bertelsmann Stiftung: Osteuropa: Herausforderungen – Probleme – Strategien[7] und Was ändert die deutsche Einheit?[8].

Erstgenannte befasst sich mit den Problemen der osteuropäischen Transformation aus politikwissenschaftlicher Sicht und erörtert verschiedene Themengebiete, u.a. Demokratiedefizite und Strukturprobleme, die auch für den Fall Polen von großer Bedeutung sind. Die Beiträge zur Deutschen Einheit in Was ändert die deutsche Einheit? beleuchten die vielseitigen Konsequenzen dieses Ereignisses für den gesamteuropäischen Raum und ermöglichen eine fundierte Einschätzung der veränderten deutschen Position in Europa.

Äußerst zahlreich sind die Veröffentlichungen, die sich mit dem Erweiterungsprozess befassen und die einzelnen Verfahrensschritte bis hin zur Aufnahme der MOEL in die Europäische Union beschreiben. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen hier wiederum von Werner Weidenfeld herausgegebene Publikationen, so beispielweise das Jahrbuch der Europäischen Integration 2000/2001 [9] oder der Bericht zum Stand der Integrationsfähigkeit Mittel- und Osteuropa auf dem Weg in die Europäische Union [10]. Beide Schriften beinhalten länderspezifische Informationen verschiedener Experten und decken somit die wichtigsten Aspekte zum Thema Integration ab. Darüber hinaus greift der Verfasser dieser Arbeit bei der Erläuterung des Aufnahmeverfahrens (vgl. II.2) auf verschiedene Informationsschriften der Europäischen Kommission zur Erweiterung der Union zurück, die an dieser Stelle aus Platzgründen nicht im Einzelnen vorgestellt werden können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Literatur zur allgemeinen Erweiterungsthematik sehr umfangreich und detailliert ist. Neben den bereits erwähnten Schriften der Bertelsmann Stiftung oder des Europa Union Verlages, die zweifelsfrei zahlreiche Aspekte der Erweiterungsdebatte behandeln, finden weitere Dokumente Eingang in den Argumentationsstrang dieser Arbeit. Exemplarisch seien noch einige im Internet[11] verfügbare Informationsquellen erwähnt.

So bietet die Europäische Kommission auf ihrer Internetseite (vgl. Bibliografie) laufend aktualisierte Dokumente zum Erweiterungsverfahren, wobei insbesondere die regelmäßigen Berichte über die Fortschritte der Beitrittkandidaten auf dem Weg zur Aufnahme in die EU von großer Bedeutung sind.[12] Das Institut für europäische Politik in Berlin[13] bietet ebenfalls spezifische Informationen zur Erweiterung der Europäischen Union. Insgesamt ist das Forschungsfeld Osterweiterung im Internet durch zahlreiche, überwiegend aktuelle und detaillierte Beiträge gut abgedeckt.

Für den weiteren Verlauf werden neben zahlreichen Artikeln der internationalen Tages- und Fachpresse[14] auch die wissenschaftlichen Arbeitspapiere des Osteuropa – Instituts München herangezogen. Wirtschaftliche Fragestellungen, die jeweils in den Kapiteln III und IV einen Schwerpunkt bilden, werden mitunter durch die Einbeziehung der Forschungsergebnisse der Deutsche Bank Research [15] erläutert.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich die ausgewählte Literatur sowohl aus Monografien, als auch aus Presseartikeln und wissenschaftlichen Berichten zusammensetzt.

II. Der historische Hintergrund und das Erweiterungsverfahren

1. Das Umbruchjahr 1989 und dessen Folgen

„Die Osterweiterung ist die historische Aufgabe Europas und die wichtigste sowie ertragreichste Investition Europas in seine Zukunft.“[16] Wenngleich diese äußerst positive Einschätzung des Integrationsprozesses sicherlich über so manche Probleme[17] hinwegsieht, ist der Verweis auf die historische Dimension dieses europäischen „Projektes“ durchaus angebracht.

Es ist wohl bekannt, dass das Jahr 1989 eine historische Wende für die gesamte europäische Staatenwelt bedeutet. Der Fall der Berliner Mauer, das Ende des Kalten Krieges und damit einhergehend die Überwindung des Eisernen Vorhangs sind einschneidende Ereignisse bzw. Entwicklungen, die das Staatengefüge des europäischen Kontinents zu einer völligen Umorientierung zwingen. Während sich ab 1989 der Zusammenbruch des gesamten Ostblocks abzeichnet, ist es im Westen Europas die Wiedervereinigung Deutschlands, die sich anbahnt und die politische Agenda beherrscht. Die Parallelität dieser bedeutenden Umbrüche sorgt in allen Staaten der Welt für Unsicherheit und Ungewissheit, aber auch für eine Aufbruchstimmung in Europa, die die Überwindung der Teilung des Kontinents möglich erscheinen lässt. So konstatiert beispielsweise Michael Dauderstädt:

„Der Umbruch in Mittel- und Osteuropa (MOE) 1989/90 brachte in Polen (...) politische Kräfte an die Macht, die die Abkehr vom alten kommunistischen System in dreifacher Weis e vollziehen wollten: von der Parteidiktatur zur Demokratie, von der Plan- zur Marktwirtschaft und von der Zwangsintegration im Osten (Warschauer Pakt und RGW) zur Westintegration (NATO und EU).“[18]

Unschwer lassen sich an dieser Äußerung das Ausmaß und die Bedeutung der 1989 ein-geleiteten Systemtransformation erkennen. Und weil dieser Umbruch schließlich die Grundlage des rasanten Wandels im östlichen Europa in den 1990er Jahren bildet, sollen nachfolgend die wichtigsten Stationen dieser Entwicklung nochmals nachgezeichnet werden. Ferner wird die Wiedervereinigung Deutschlands auf Grund ihrer tiefgreifenden Wirkung auf die Europäische Integration und die Stellung Deutschlands in Europa in I.1.2 angesprochen.

Damit ist ein Blick in die Entwicklung Polens und Deutschlands nach 1989 gewährleistet, der als Hintergrundwissen für die weitere Untersuchung der Problematik von Nutzen sein wird.

1.1 Polens Systemwandel nach dem Zusammenbruch des Ostblocks

Um zu begreifen, welchen Herausforderungen sich Polen als Beitrittskandidat zur Europäischen Union seit dem Zusammenbruch des Kommunismus in den MOEL zu stellen hat, und welche Probleme es auf diesem Weg zu überwinden gilt, ist ein Rückblick auf die Ereignisse der letzten 20 Jahre hilfreich. In diesen Zeitraum ist die schrittweise Vorbereitung auf den Umbruch, der schließlich Ende der 1980er Jahre vollzogen wird, einzuordnen. Wenngleich auch weiter zurückliegende Ereignisse in der polnischen Geschichte[19] dem Aufbegehren gegen das kommunistische Regime des Landes den Boden bereiteten, können diese hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht weiter erörtert werden. Das Augenmerk des Verfassers richtet sich demnach in erster Linie auf die Entwicklung nach 1980, als sich im polnischen Staat zunächst die Arbeiterschaft in der Solidarnosc-Gewerkschaft zur organisierten Vereinigung gegen das politische Regime zusammenschließt. Dieter Bingen schildert die angespannte politische Lage in Polen zu Beginn der 1980er Jahre wie folgt:

„Mit der Anerkennung einer von der PZPR unabhängigen und selbstverwalteten Gewerkschaft [gemeint ist hier die Solidarnosc, Anm. d. Verf.] im Herbst 1980 durch Partei, Regierung und Gerichte war der entscheidende Schritt zur Aufgabe des Organisationsmonopols über die Arbeiterschaft getan. Innerhalb weniger Wochen verlor die PZPR die direkte Kontrolle über mehr als 90 % der organisierten Arbeiter und damit die Legitimationsbasis als „führende Kraft“ beim Aufbau des Sozialismus in Polen.“[20]

Ein weiteres Jahr später, im Dezember 1981 versucht der amtierende polnische Ministerpräsident und Parteisekretär General Jaruzelski die Ordnung im Staat mit der Verhängung des Kriegsrechts wieder herzustellen. Er begründet seine radikale Vorgehensweise mit den „(...) Umsturzplänen der Solidarnosc, die „Anarchie, Willkür und Chaos“ und einen Bürgerkrieg heraufbeschworen hätten.“[21] Im Oktober 1982 kommt es schließlich mit der Verabschiedung des Gewerkschaftsgesetzes zum Verbot der Solidarnosc, doch auch dieses Ereignis kann die regimefeindliche Bewegung nicht von weiteren Aktionen abhalten. Die 1987 von der polnischen Regierung angekündigten politischen und wirtschaftlichen Reformvorschläge werden im ersten freien Referendum seit 1946 am 27.11.1987 von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt.[22] Die angespannte Lage der polnischen Regierung lässt gegen Ende der 1980er Jahre bereits den 1989 eintretenden Umbruch erahnen.

„Mit der Wahl des ersten nichtkommunistischen Regierungschefs in Polen seit 42 Jahren [Am 24.8.1989 wurde Mazowiecki mit überwältigender Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt. Anm. d. Verf.] und der Etablierung einer Regierung, in der von der PZPR nur noch vier (...) Ministerien geleitet wurden, ging in Polen eine historische Epoche zu Ende; ein neues politisches Zeitalter hatte begonnen.“[23]

Das Ende der kommunistischen Ära Polens bedeutet zugleich einen schwierigen Systemwandel und einen politischen wie auch wirtschaftlichen Neuanfang, den der östliche Nachbarstaat Deutschlands nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit dem Fernziel des EU-Beitritts mit großem Einsatz vorantreibt. Es steht außer Frage, dass ein solcher Übergang nicht immer reibungslos verläuft, da viele Hindernisse aus der Zeit vor 1989 den Fortgang der Reformen zum Teil massiv verlangsamen. So gestaltet sich zum Beispiel der Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft in den 1990er Jahren in Polen zunächst schwierig, ist jedoch seit dem Systemwechsel 1989 so weit fortgeschritten, dass die Europäische Kommission 2001 zu folgender Einschätzung bezüglich der polnischen Wirtschaft gelangt:

„Polen hat eine funktionierende Marktwirtschaft und dürfte in naher Zukunft in der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, sofern es seine gegenwärtigen Reformbemühungen fortsetzt und zu Ende führt.“[24]

Noch immer hat Polen mit zahlreichen Rückständen aus der Zeit der kommunistischen Regierungen zu kämpfen, die auch unter dem Begriff „osteuropäisches Syndrom“[25] bekannt sind. Damit sind insbesondere Strukturprobleme in der Wirtschaft gemeint, aber auch Defizite in der Ausbildung einer funktionsfähigen demokratisch gefestigten Gesellschaft, im Sinne einer „civic culture“[26] westlicher Prägung. Darüber hinaus sind es politische Faktoren, die den Systemwandel des Landes maßgeblich mitbestimmen und sein Tempo beeinflussen. Hierzu bemerken Czachór Zbigniew und Dieter Bingen:

„In den letzten Jahren hat sich das politische System Polens grundsätzlich verändert. Man kann auf die folgenden Errungenschaften und Entwicklungstendenzen hinweisen: die Ersetzung des autoritären Systems des Realsozialismus durch die politische Demokratie; die Ersetzung des Monopols der kommunistischen Partei durch ein pluralistisches Parteiensystem; der veränderte Mechanismus der Elitenauswahl (...); die Anerkennung des Selbstverwaltungsrechts lokaler Gemeinschaften.“[27]

Insgesamt verfügt Polen dank kontinuierlicher Fortschritte in der Wirtschaft, Politik und Verwaltung über stabile Strukturen, die einen baldigen Beitritt zur Europäischen Union wahrscheinlich erscheinen lassen. Ähnlich schätzt auch EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen bei seinem Besuch am 11. Juli 2002 in Warschau die Situation Polens ein: “In contrast to last year's situation, Poland now stands at the forefront of the negotiation process.”[28]

Es bleibt abzuwarten, wie die polnische Politik und Wirtschaft die weiteren Schritte bis hin zur endgültigen Aufnahme in die EU gestalten wird. Sicher ist jedoch, dass das laufende Beitrittsverfahren Polens zur Europäischen Union – häufig findet sich in der Literatur und Presse dafür die Wendung „Rückkehr nach Europa“[29] – nur vor dem Hintergrund der geschichtlichen Umbrüche der 1980er und der Systemtransformation der 1990er Jahre richtig zu beurteilen ist. Gleiches gilt für Deutschland dessen Wiedervereinigung den Rang der Bundesrepublik in Europa entscheidend verändert hat.

1.2 Die Bedeutung der Wiedervereinigung Deutschlands

„Mit der Einheit weichen zugleich politische Realitäten, die über Jahrzehnte hinweg deutsches Bewusstsein bestimmten.“[30] Werner Weidenfeld spricht mit dieser Aussage die herausragende Bedeutung der Wiedervereinigung für die deutsche Politik deutlich an. In der Tat ist die Wiedervereinigung ein zentrales Ereignis nicht nur der deutschen, sondern auch der europäischen Geschichte und Politik. Die weitreichenden Folgen der Überwindung der deutschen Teilung bilden demnach im Rahmen dieser Arbeit über die Risiken und Chancen der Osterweiterung aus Sicht der Nachbarstaaten Polen und Deutschland einen durchaus wichtigen Bezugspunkt.

Einerseits kann die vollzogene Wiedervereinigung der Bundesrepublik Deutschland mit der DDR als erste Erweiterung der Europäischen Union nach Osten betrachtet werden, da die Bundesrepublik Deutschland nach dem Beitritt der DDR auf der Grundlage des Artikel 23 Grundgesetz weiterhin Vollmitglied der EU bleibt.[31] Andererseits erfordert die Einheit einen tief greifenden Wandel im Denken der Politiker, und somit eine Neubestimmung deutscher Positionen auf europäischer Ebene. Und gerade in Bezug auf die bevorstehende Osterweiterung der Europäischen Union um die MOEL ist die Stellung Deutschlands ein nicht vernachlässigbarer Faktor, wie es folgendes Zitat belegt:

„ (...) die Wiedervereinigung Deutschlands [hat] vielfältige Befürchtungen unserer Nachbarn im Westen wie im Osten vor deutschen Dominanzbestrebungen wieder aufleben lassen. Alte Ängste paaren sich mit neuen Besorgnissen und Beklemmungen hinsichtlich der weiteren ökonomisch-politischen Entwicklung Deutschlands.“[32]

Ausgehend von dieser realistischen Einschätzung der politischen Stimmung in den Nachbarstaaten ist Deutschland in der ersten Hälfte der 1990er Jahre zunächst bestrebt „(...) die Rolle des gleichberechtigten, an der Gesamtentwicklung partizipierenden Partners (...)“[33] in Europa einzunehmen. Im Vordergrund der Politik stehen „Vertrauensgewinn“ und „Vermeidung von Isolation“[34], zwei nach wie vor gültige Leitkategorien Adenauerscher Außenpolitik. Gleichzeitig jedoch darf nicht übersehen werden, dass durch die Wiedervereinigung die Erwartungen der europäischen Nachbarstaaten sowohl im Westen als auch im Osten erheblich gestiegen sind. „(...) Osteuropa hofft auf deutsche Wirtschaftshilfe, und die EG-Partner erwarten eine Schlüsselfunktion im Integrationsprozess.“[35]

Im Spannungsfeld hoher Erwartungen der Nachbarstaaten und des Modernisierungsdrucks in den neuen Bundesländern – letzterer ist verbunden mit erheblichen finanziellen Aufwendungen seitens der Bundesregierung – ist die Regierung Kohl anfänglich bemüht beide Seiten zufrieden zu stellen.

Verträge mit den MOEL über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit[36] ebnen den Weg für eine dauerhafte Aussöhnung mit den Staaten Ostmitteleuropas. Im Westen sucht der Bundeskanzler Helmut Kohl die Ängste der europäischen Partner Frankreich[37] und Großbritannien bezüglich des Phantoms einer deutschen Übermacht in Europa durch regelmäßige Treffen und unter ständigem Verweis auf die Bedeutung der Fortsetzung des europäischen Einigungsprozesses zu entkräften.[38]

Ökonomisch erfahren die neuen Bundesländer von der Bundesregierung, aber auch von der EG (später EU, Anm. d. Verf.) in großem Umfang Unterstützung durch die Vergabe zinsgünstiger Kredite in Milliardenhöhe. Zuwendungen aus den Strukturfonds der Europäischen Union und verstärkte Investitionen der Nachbarstaaten Deutschlands in den neuen Bundesländern[39] sind weitere wirtschaftliche Stützen, die den Abschluss eines insgesamt erfolgreichen Eingliederungsprozesses von historischer Einmaligkeit zu Beginn der 1990er Jahre ermöglichen.

Obwohl die Wiedervereinigung fast 12 Jahre nach ihrem Vollzug als ein gelungenes politisches Projekt bezeichnet werden kann, bündelt sie immer noch zahlreiche Kräfte in der deutschen Politik und Wirtschaft, was sich wiederum auch auf die deutsche Europapolitik nachhaltig auswirkt. So ist die seit 1998 in Deutschland regierende rot-grüne Koalition von SPD und Grünen unter Bundeskanzler Gerhard Schröder um einen „neuen Realismus“[40] in der deutschen Europapolitik bemüht, der sich von den Fakten der politischen Entwicklung leiten lässt, und damit weniger visionär als die Politik Helmut Kohls anmutet. Das äußerst sich unter anderem in der Debatte um die Kosten der Osterweiterung der Union, die Deutschland nach den Belastungen durch die Wiedervereinigung auf alle Mitgliedstaaten gerecht verteilt wissen möchte. Dies belegt ein Auszug aus dem Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 14. Januar 1999, in dem steht:

„(...) Deutschland wird als wirtschaftsstärkstes EU-Mitglied auch künftig seine europäische Verantwortung tragen und größter Nettozahler bleiben. Aber bei der Verteilung der Lasten haben sich Ungerechtigkeiten eingeschlichen, die wir korrigieren müssen.“[41]

Abgesehen von finanziellen Aspekten ist die Rolle Deutschlands in Europa seit der Wiedervereinigung auch politisch bedeutender als noch vor der Wende 1989. Daraus

erwächst den deutschen Politikern einerseits ein höheres Maß an europapolitischer Verantwortung. Andererseits, werden auf europäischer Ebene verstärkt deutsche Interessen mit Nachdruck vertreten. Der Verweis auf die Wiedervereinigung ist dabei nicht unerheblich.

2. Die Phasen der Integrationspolitik

Nach den erfolgreichen Umbrüchen der ausgehenden 1980er Jahre – sowohl Polen als auch Deutschland haben nach 1989 die erforderlichen Schritte für einen dauerhaften Systemwandel getan – stellt sich bald die Frage nach einer Ausweitung der Europäischen Union nach Osten. Dabei soll an dieser Stelle daran erinnert werden, dass der Gedanke einer Europäischen Staatengemeinschaft, über die Grenze des einstigen Eisernen Vorhangs hinaus, bereits lange vor 1989 in der politischen Diskussion kursierte.[42] Aus heutiger Sicht scheint es möglich, sogar wahrscheinlich, dass dieser Schritt in naher Zukunft vollzogen wird, selbst wenn die verschiedenen Phasen der Integration bisweilen ohne konkrete Ausrichtung auf ein übergeordnetes Ziel verlaufen. Der europäische Einigungsprozess leidet nach Auffassung bestimmter Wissenschaftler und Politiker an einem Finalitätsmangel, den Werner Weidenfeld wie folgt beschreibt:

„Erschwert wurde ein Vorantreiben des Integrationsprozesses besonders durch die Tatsache, dass Europa lange Zeit ohne Leitbild seinen Weg sucht. Es entstand eine Art Wildwuchs-Europa, in dem es unmöglich war, klare Konturen auszumachen. (...) Heute rächt sich, dass die Europapolitik seit den 50er Jahren keine anspruchsvolle Auseinandersetzung mehr über ihre Grundlagen und ihre Ziele geführt hat. (...) Die europäische Integration funktionierte nie nach dem Muster eines Grand Design.“[43]

Damit ist eines der größten Probleme des heutigen Integrationsprozesses angesprochen, das in der aktuellen Debatte um die Zukunft der Europäischen Union nach der Osterweiterung seinen Niederschlag findet. Die laufenden Verhandlungen mit den Staaten Mittel- und Osteuropas über deren Eintritt in die Europäische Union werden zeigen, wie dieser Konflikt zwischen pragmatischer Fortsetzung der Erweiterung und notwendiger konzeptioneller Weiterentwicklung der Integration zu lösen ist.

Im Augenblick steht der zügige Abschluss dieser Beitrittsverhandlungen auf der Agenda der europäischen Politik, die dazu mittels einer progressiven Heranführungsstrategie der MOEL an die EU in den vergangenen Jahren die Rahmenbedingungen definiert und bestimmte Voraussetzungen geschaffen hat. Von Seiten der Beitrittsländer werden ebenfalls entsprechende Anstrengungen unternommen, wie es der polnische Außenminister Włodzimierz Cimoszewicz für sein Land auf dem 10. Forum Polen–Deutschland am 25. Januar 2002 betont.[44] In welchen Etappen sich die Integration, insbesondere Polens, seit 1989 vollzieht, soll nun im Anschluss kurz dargestellt werden.

2.1 Die Unterzeichnung von Assoziierungsabkommen mit den MOE-Ländern

„Polen hat wie kaum ein anderes osteuropäisches Land die Integration in die europäischen Strukturen, insbesondere die EU, als vorrangiges Ziel angestrebt, dies nicht nur aus wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gründen, sondern auch auf Grund allgemeiner staatspolitischer und ideologischer Motive, endlich wieder den historischen „Anschluss“ an Europa zu vollziehen.“[45]

Ausgehend von dieser Basismotivation, welche die Durchführung wichtiger Reformen in Polen ermöglicht, kommt es bereits im Dezember 1991, zwei Jahre nach dem Ende der kommunistischen Ära, zur Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens zwischen Polen und der Europäischen Union.[46] Dieses tritt am 1. Februar 1994 in Kraft. Ziel dieses so genannten Europaabkommens ist es, „(...) eine volle Beteiligung [der Reformstaaten] am europäischen Integrationsprozess im politischen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Bereich [zu] ermöglichen“[47], mit anderen Worten, die Erweiterung der Europäischen Union um die Länder Mittel- und Osteuropas vorzubereiten. Im Unterschied zu anderen Assoziierungsverträgen beinhalten diese Europaabkommen eine klare Beitrittsoption zur Europäischen Union.

Im Einzelnen besteht die gemäß Artikel 310 EG-Vertrag (bisher Artikel 238) geschlossene Assoziierung aus folgenden Punkten: politischer Dialog, freier Handel und freier Verkehr, wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Zusammenarbeit.[48] Flankierende Maßnahmen bilden im Falle der Europaabkommen die verschiedenen finanziellen Förder-

programme der EU, nämlich PHARE, ISPA und SAPARD.[49] Dabei ist Polen mit einem Budget von ca. 450 Millionen Euro an den PHARE-Zuweisungen 2001 der EU beteiligt, somit größter Empfänger des Programms.[50] Gleiches gilt für ISPA, das in Polen Projekte mit insgesamt 335 Millionen Euro im Jahr 2001 gefördert hat. Weitere 175 Millionen Euro bezieht Polen schließlich noch aus dem SAPARD-Fonds im selben Jahr als Heranführungshilfe in der Landwirtschaft (vgl. Anhang).

Die intensive Zusammenarbeit zwischen den assoziierten MOEL und der Europäischen Union nach dem Abschluss der Europaabkommen ist der Beginn einer kontinuierlichen Heranführung dieser Länder an die EU. Durch den schrittweisen Aufbau einer zeitlich begrenzten Freihandelszone[51] zwischen den MOEL und der EU, kann der Handel zwischen den Vertragspartnern nach dem Inkrafttreten dieser Abkommen bedeutend gesteigert werden.[52] So steigt beispielsweise die EU-Importquote aus Polen binnen eines Jahres (Differenzrechnung 1999/2000) um 5532 Millionen Euro an.[53]

Rückblickend ist damit die Unterzeichnung der Europaabkommen als entscheidender Meilenstein auf dem Weg der MOEL in die Europäische Union einzustufen.

2.2 Die Definition und Festlegung der Kopenhagener Beitrittskriterien

Auf dem Europäischen Rat in Kopenhagen kommt es 1993 zu einer qualitativen Vertiefung der Heranführungsstrategie der MOEL an die Europäische Union. Die Mitglieder der EU einigen sich auf diesem Gipfel auf die Festlegung bestimmter Beitrittskriterien, die sie den Beitrittskandidaten als Voraussetzung für deren Mitgliedschaft in der Union vorschreiben. Allgemein bestimmt sich die Beitrittsfähigkeit danach, ob ein Land die erforderlichen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen erfüllt. Diese sind:

„(...) Stabilität der Institutionen als Garantie der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Achtung und Schutz der Minderheiten; eine funktionierende Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der Union standzuhalten; die Fähigkeit zur Übernahme der Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft [so genannter acquis communautaire, Anm. d. Verf.], einschließlich der Ziele der politischen Union und der Wirtschafts- und Währungsunion.“[54]

Es steht außer Frage, dass dieser Katalog an Forderungen den Beitrittskandidaten große Anstrengungen und weit reichende Reformen abverlangt. Daher sind längere Zeiträume zur Umsetzung der ehrgeizigen Ziele von vornherein eingeplant. Aber auch die Europäische Union sieht sich im Hinblick auf die Erweiterung in der Pflicht, Reformen durchzuführen, um die MOEL aufnehmen zu können. Die Fähigkeit der Europäischen Union, weitere Mitglieder aufzunehmen, steht als viertes Kopenhagener Kriterium auf der Liste der vorgeschriebenen Maßnahmen, soll jedoch in der vorliegenden Arbeit nicht näher thematisiert werden.[55] Im Wesentlichen geht es dabei um institutionelle Reformen und um die Festlegung neuer Abstimmungsverfahren in den europäischen Gremien. Im Ergebnis bleibt festzuhalten,

„(...) dass sich die Europäische Union mit ihrem Kopenhagener Versprechen, jene assoziierten Länder aufzunehmen, die der EU beitreten wollen und die genannten Kriterien erfüllen, selbst politisch irreversibel auf die Osterweiterung verpflichtet hat.“[56]

Die klar definierten Beitrittskriterien bedeuten damit auch eine Absage an Konzepte, die zunächst eine Teilmitgliedschaft der MOEL in der EU vorsehen. Ziel ist eindeutig die vollständige Integration dieser Länder, wie es auch das von der Kommission am 2. Mai 1995 vorgelegte "Weißbuch über die Vorbereitung der assoziierten mittel- und osteuropäischen Staaten auf die Integration in den Binnenmarkt der Union"[57] verdeutlicht. Ein multilateraler Dialog zwischen den Reformstaaten Mittel- und Osteuropas und den Institutionen der Union, der ebenfalls auf dem Rat von Kopenhagen 1993 beschlossen wird, räumt zusätzlich Zweifel an dem Ziel einer Vollmitgliedschaft der MOEL aus.[58]

Ohne die Bewertung der Umsetzung der Beitrittskriterien in Bezug auf Polen an dieser Stelle genau darzulegen – dies ist u.a. Gegenstand der Kapitel III und IV –, soll vorab ein Resümee der Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Antrag Polens auf

Mitgliedschaft den Stand der polnischen Integrationsvorbereitungen wiedergeben. Bereits 1997 bescheinigt die Kommission in ihrem Bericht[59] dem Beitrittskandidaten Polen ein hohes Maß an Umsetzung der Kriterien von Kopenhagen. Stabile politische Institutionen, eine funktionsfähige Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck der Europäischen Union langfristig Stand halten kann und die schrittweise Übernahme des gemeinsamen Besitzstandes (acquis communautaire) bilden eine gute Basis für den angestrebten Beitritt Polens zur EU. Auf dieser Grundlage kommt es dann 1998 zur Aufnahme offizieller Beitrittsverhandlungen.

2.3 Das Verfahren und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen

Nach der Festlegung der Beitrittskriterien 1993 durch den Europäischen Rat von Kopenhagen, erfolgen wenige Zeit später die ersten Beitrittsanträge einiger MOEL, darunter auch Polen, das den Antrag am 8. April 1994 stellt.[60] Damit folgen die MOEL der Beitrittsoption der Europaabkommen und bauen den vertraglichen Rahmen, in dem die Erweiterung der Union nach Osten eingebettet ist, weiter aus. Dies hat zur Folge, dass die Europäische Kommission im Juli 1997 für die zügige Aufnahme – in der ersten Jahreshälfte 1998, so der Vorschlag der Kommission – von Beitrittsverhandlungen mit bestimmten Bewerberländern aus Mittel- und Osteuropa plädiert.[61]

Auf der Grundlage der Stellungnahmen der Kommission[62] zum Stand der Beitrittsvorbereitungen in den MOEL und der regelmäßigen Berichte[63] über die Fortschritte der beitrittswilligen Staaten beschließt der Europäische Rat von Luxemburg im Dezember 1997, die Verhandlungen mit sechs Bewerberländern im März 1998 einzuleiten.

Verfahrenstechnisch laufen die Beitrittsverhandlungen nach den Bestimmungen des Artikel 49 EUV (ehemals Artikel O des Maastrichter Vertrages, Anm. d. Verf.), wonach gilt:

Jeder europäische Staat, der die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Grundsätze achtet, kann beantragen, Mitglied der Union zu werden. Er richtet seinen Antrag an den Rat; dieser beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, das mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder beschließt. Die Aufnahmebedingungen und die durch eine Aufnahme erforderlich werdenden Anpassungen der Verträge, auf denen die Union beruht, werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat geregelt. Das Abkommen bedarf der Ratifikation durch alle Vertragsstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.“[64]

Im Unterschied zur früheren Fassung, betont Artikel 49 EUV durch Bezug auf Artikel 6 EUV[65] eindeutig die fundamentalen Grundsätze der Union, nämlich Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit. Die Einhaltung dieser Grundsätze ist somit integrale Bedingung für den Beitritt zur Union.

Das in Artikel 49 EUV beschriebene Verfahren macht die Dominanz des Rates bei den Verhandlungen deutlich. Nicht die Kommission, sondern der Rat unter dem jeweiligen Ratsvorsitz ist Herr des Verfahrens und somit im Stande Tempo und Inhalte der Verhandlungen weitgehend selbst zu bestimmen. Nationale Interessen der Mitgliedstaaten der Union stehen dem zu Folge stärker im Zentrum der Auseinandersetzungen, weil die Ratsvertreter zumeist nicht die konsensorientierte Sicht der Kommission vertreten. Aussagen wie „[d]ie Veranstaltung Beitrittsverhandlung ist für die Beteiligten daher (...) nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig“[66] erscheinen vor diesem Hintergrund nicht weiter verwunderlich.

Angesichts der immensen Verhandlungsmasse, die im Vorfeld der Beitritte der Bewerberländer von beiden Vertragsseiten zu bewältigen ist, und auf Grund der wirtschaftlich-politischen Heterogenität[67] der Kandidaten, ist aber eine andere Vorgehensweise als das praktizierte Abhandeln der insgesamt 31 Kapitel[68] zur Übernahme des acquis communautaire schwerlich umsetzbar. Zum Ablauf der Verhandlungen sei noch erwähnt, dass diese in Form bilateraler Konferenzen zwischen den Vertretern der Mitgliedstaaten und denen der beitrittswilligen Staaten stattfinden. Nach eingehender Prü-fung der verschiedenen Bereiche des acquis communautaire (sog. Screening-Verfahren, Anm. d. Verf.), die von den Beitrittskandidaten implementiert werden müssen, erfolgen zu jedem Kapitel Verhandlungen. Ein Kapitel gilt dann als vorübergehend abgeschlossen, wenn kein Verhandlungsbedarf mehr besteht. Die EU kann allerdings jederzeit jedes Kapitel wieder auf die Tagesordnung setzen, wenn der jeweilige Besitzstand erweitert wird oder ein Beitrittskandidat die Umsetzung des betreffenden acquis communautaire nicht beachtet.

[...]


[1] Aussage von Dr. Ingo Friedrich, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, anlässlich einer Podiumsdiskussion während des VII. Kulturwirtsymposiums zum Thema EU-Osterweiterung am 14. Juni 2002 an der Universität Passau.

[2] Im weiteren Verlauf werden diese Länder, mit denen die Europäische Union Beitrittsverhandlungen führt, mit der Kurzformel MOEL (Mittel- und osteuropäische Länder) zusammengefasst. Folgende Länder gehören zu dieser Kategorie: Estland, Polen, Slowenien, Tschechische Republik sowie Zypern (sog. Luxemburg-Gruppe). Ferner: Bulgarien, Lettland, Litauen, Malta, Rumänien und die Slowakische Republik (sog. Helsinki-Gruppe).

[3] Brössler, Daniel, „Verheugen mahnt Polen“, in: Süddeutsche Zeitung, 07.02.2002, S. 7.

[4] o.V., „Berlin verspricht Polen Unterstützung“, in: Süddeutsche Zeitung, 07.03.2002, S. 8.

[5] Hierbei richtet sich das Augenmerk insbesondere auf die Ereignisse, die sowohl in Polen als auch in Deutschland richtungsweisende Veränderungen herbeigeführt haben, also u.a. die deutsche Wiedervereinigung und die Abkehr Polens vom Kommunismus und der Zentralverwaltungswirtschaft.

[6] Diese Kriterien wurden vom Europäischen Rat von Kopenhagen im Juni 1993 als Voraussetzung für die Aufnahme der MOEL in die EU festgelegt.

[7] Weidenfeld, Werner, Osteuropa: Herausforderungen – Probleme – Strategien, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1992.

[8] Weidenfeld, Werner (Hrsg.) , Was ändert die deutsche Einheit?, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1993.

[9] Weidenfeld, Werner (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration, Bonn: Europa Union Verlag GmbH, 2001.

[10] Weidenfeld, Werner (Hrsg.), Mittel- und Osteuropa auf dem Weg in die Europäische Union, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1996.

[11] Die einschlägigen WWW-Adressen und weitere links zu Websites, die sich mit der Osterweiterung befassen, sind der Bibliografie zu entnehmen.

[12] Länderspezifische Informationen und weitere wichtige Links zu Polen bietet die Internetseite http://europa.eu.int/comm/enlargement/poland/index.htm der Europäischen Kommission (Abruf 20.07.2002).

[13] Unter der Internet-Adresse des Instituts für Europäsche Politik Berlin (www.iep-berlin.de) findet der Leser zahlreiche Informationen zum Themenkreis Europa, somit auch zur Erweiterung der Union.

[14] Der Verfasser weist an dieser Stelle beispielhaft auf zwei wichtige Organe der Fachpresse hin: Osteuropa – Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens und Osteuropa – Archiv.

[15] Das Forschungsteam der Deutschen Bank Deutsche Bank Research befasst sich im Rahmen eines eigenen Projekts mit den wirtschaftlichen Implikationen der EU-Osterweiterung. Die Ergebnisse sind der Öffentlichkeit zugänglich und werden auf der Internetseite www.dbresearch.com veröffentlicht.

[16] Bertelsmann Stiftung Forschungsgruppe Europa (Hrsg.), Kosten, Nutzen und Chancen der Osterweiterung für die Europäische Union, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1998, S. 13.

[17] So verweist Barbara Lippert in ihrem Buch Osterweiterung der Europäischen Union – die doppelte Reifeprüfung, Bonn: Europa Union Verlag, 2000, z.B. auf die Tatsache, dass noch zahlreiche Personen das Bild einer abgeschlossenen, nicht erweiterungsbedürftigen Europäischen Union vertreten, dessen ranghöchster Verfechter der ehemalige Kommissionspräsident Jacques Delors ist (vgl. S. 18 f.).

[18] Dauderstädt, Michael, „Die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten der ersten Reihe auf dem Weg in die Europäische Union“, in: Lippert, Barbara, Osterweiterung der Europäischen Union – die doppelte Reifeprüfung, Bonn: Europa Union Verlag, 2000, S. 167. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[19] Zum Beispiel die restriktive politische Entwicklung in Polen nach Ende des Zweiten Weltkrieges. „Die am 22.7.1952 verabschiedete neue Verfassung trug dem Machtanspruch der PZPR (Polnische vereinigte Arbeiterpartei, Anm. d. Verfassers) Rechnung. (...) Die Bestimmungen der Justiz, Verwaltung und Kommunalordnung spiegelten das stalinistische Selbstverständnis wider (...).“ (Bingen, Dieter, Die Republik Polen: eine kleine politische Landeskunde, München: Olzog Verlag, 1999, S. 36).

[20] Bingen, Dieter, Die Republik Polen. Eine kleine politische Landeskunde, München: Olzog Verlag, 1999, S. 47. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[21] Ebd. S. 52.

[22] Vgl. ebd. S. 56. Siehe auch Bingen, Dieter, „Vorgeschichte und Phasen des Systemwechsels in Polen, in: Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln, 1990, S. 1-6.

[23] Bingen, Dieter, Die Republik Polen. Eine kleine politische Landeskunde, München: Olzog Verlag, 1999, S. 62. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[24] Europäische Kommission (Hrsg.), Regelmäßiger Bericht 2001 über die Fortschritte Polens auf dem Weg zum Beitritt, Brüssel, den 13.11.2001, S. 30. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[25] Weidenfeld, Werner, Osteuropa: Herausforderungen – Probleme – Strategien, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1992, S. 17.

[26] Ebd. S. 26ff.

[27] Zbigniew, Czachór/ Bingen, Dieter, „Polen“, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Mittel- und Osteuropa auf dem Weg in die Europäische Union, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1996, S. 117. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[28] o.V., „The Homestretch”, in: The Warsaw Voice, 11.07.2002, S. 2.

[29] Vgl. u.a. Lagemann, Bernhard, „Die Osterweiterung der EU. Testfall für die Strukturreife der Beitrittskandidaten“, in: Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln, 1998, S. 3.

[30] Weidenfeld, Werner (Hrsg.) , Was ändert die deutsche Einheit?, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1993, S. 9.

[31] Vgl. Weber, Jürgen, Deutsche Geschichte 1945-1990, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, 2001, S. 305.

[32] Weidenfeld, Werner (Hrsg.) , Was ändert die deutsche Einheit?, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1993, S. 11. Ähnlich formuliert es auch Jürgen Weber, wenn er schreibt: „Mit einem Mal waren alte Ängste der großen und kleinen europäischen Völker wieder da, Deutschland könne zu stark werden. Unausgesprochen galt die Zweistaatlichkeit Deutschlands Jahrzehnte lang als ein Faktor der Stabilität in Europa.“ (Weber, Jürgen, Deutsche Geschichte 1945-1990, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, 2001, S. 289) Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[33] Ebd. S. 11.

[34] Ebd. S. 11.

[35] Ebd. S. 13.

[36] Besonders wichtig ist in dieser Hinsicht der deutsch-polnische Kooperationsvertrag vom 17. Juni 1991. Er stellt die Basis für eine Überwindung der historisch belasteten Beziehungen beider Staaten dar. Ähnliche Verträge mit anderen MOEL, u.a. Ungarn, Rumänien, werden ebenfalls Anfang der 1990er Jahre abgeschlossen. Vgl. Gasteyger, Curt, Europa von der Spaltung zur Einigung, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2001, S. 406ff.

[37] Vgl. Janning, Josef/ Piepenschneider, Melanie, „Deutschland in Europa“, in: Deutschland-Report (hrsg. v. Konrad-Adenauer-Stiftung), St. Augustin, 1993, S. 44f.

[38] Helmut Kohl: „Die künftige Architektur Deutschlands muss sich einfügen in die künftige Architektur Gesamteuropas.“ (Zitiert nach: Weber, Jürgen, Deutsche Geschichte 1945-1990, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildung, 2001, S. 294).

[39] Vgl. Janning, Josef/ Piepenschneider, Melanie, „Deutschland in Europa“, in: Deutschland-Report (hrsg. v. Konrad-Adenauer-Stiftung), St. Augustin, 1993, S. 46.

[40] Albinski, Piotr, „Deutschland, die Europäische Union und der Beitritt Polens“, in: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens, April 2000, S. 383. Eine fast identische Einschätzung nimmt Josef Janning vor, wenn er schreibt: „Je weiter die europäische Integration voranschreitet, desto deutlicher wird die Diskrepanz zwischen den „neuen“ deutschen Interessen und der „alten“ Milieu-Orientierung.“ (Janning, Josef, Deutsche Europapolitik: Vorschläge zur Effektivierung, Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1998, S. 14).

[41] Zitiert nach: Schmuck, Otto/ Hillenbrand, Olaf, Die Zukunft der Europäischen Union, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2000, S. 64.

[42] Erwähnt sei hier u.a. die Vision Charles de Gaulles eines Europas vom „Atlantik bis zum Ural“. In der Tat ist die Ausweitung der Europäischen Integration auf die Staaten Mittel- und Osteuropas in dieser Formulierung bereits Anfang der 1960er Jahre ein Anknüpfungspunkt de Gaullescher Überlegungen. Vgl. u.a. Lucas, Hans-Dieter, Europa vom Atlantik bis zum Ural? Europapolitik und Europadenken im Frankreich der Ära de Gaulle (1958-1969), Bonn 1992.

[43] Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang, Europa von A bis Z, Bonn: Europa Union Verlag, 2002, S. 10. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[44] Vgl. Ansprache des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen, Włodzimierz Cimoszewicz auf dem 10. Forum Polen-Deutschland am 25.01.2002 in Warschau. „Alle Reformen, die in den letzten zwölf Jahren in Polen angepackt wurden, waren Vorbereitung auf die EU-Mitgliedschaft.“

(http://www.botschaft-polen.de/reden/ci250102.html, Abruf 26.07.2002).

[45] Juchler, Jakob, „Polen“, in: Vom Baltikum zum Schwarzen Meer, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 2002, S. 302. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[46] Auch andere Transformationsländer, etwa Ungarn, die baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Slowakei haben nach und nach solche Verträge, sog. Europaabkommen, mit der Europäischen Union geschlossen.

[47] Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang, Europa von A bis Z, Bonn: Europa Union Verlag, 2002, S. 393.

[48] Vgl. Fontaine, Pascal, Europa in 10 Lektionen, in: Europäische Kommission (Hrsg.): Europäische Dokumentation, 1998, S. 42.

[49] Alle drei Programme gewähren finanzielle Unterstützung für die Beitrittsländer. Das 1989 aufgelegte PHARE-Programm soll die Erweiterungsvorbereitungen verstärken, wobei hauptsächlich die Privatwirtschaft in den MOEL gefördert wird. ISPA ist ein strukturpolitisches Förderprogramm, während SAPARD für die Landwirtschaft und ländliche Entwicklung konzipiert wurde. Die letztgenannten Programme wurden 1999 beschlossen und sind im Jahr 2000 angelaufen. Weitere Einzelheiten vgl. Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung (Hrsg.), Der Erweiterungsprozess der Europäischen Union und die drei Instrumente zur Vorbereitung des Beitritts: PHARE, ISPA, SAPARD, Brüssel, 2002.

[50] Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung (Hrsg.), Der Erweiterungsprozess der Europäischen Union und die drei Instrumente zur Vorbereitung des Beitritts: PHARE, ISPA, SAPARD, Brüssel, 2002, S. 9. Siehe auch im Internet unter http://europa.eu.int/comm/enlargement/pas/phare/index.htm (Abruf: 29.07.2002).

[51] So ist die Freihandelszone zwischen der EU und Polen auf eine Dauer von maximal zehn Jahren ab dem Inkrafttreten des Europaabkommens (Februar 1994) angelegt. Weitere Informationen in: Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung (Hrsg.), Die Erweiterung der Europäischen Union. Eine historische Gelegenheit, Brüssel, 2002, S. 10ff.

[52] Vgl. ebd. S. 38ff.

[53] Ebd. S. 40.

[54] Europäische Kommission (Hrsg.), Die Europäische Union: ein ständiger Erweiterungsprozess, Brüssel, 2001, S. 8.

[55] Vgl. hierzu u.a. Weidenfeld, Werner/ Wessels, Wolfgang (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 2000/2001, Bonn: Europa Union Verlag, 2001, S. 13ff.

[56] Lippert, Barbara, „Erweiterung der Europäischen Union – Chancen und Risiken“, in: Europa an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Reform und Zukunft der Europäischen Union, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998, S. 224. Hervorhebungen von Lippert übernommen.

[57] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Weißbuch über die Vorbereitung der assoziierten mittel- und osteuropäischen Staaten auf die Integration in den Binnenmarkt der Union, Brüssel, 1995.

[58] Vgl. Thiel, Elke, Die Europäische Union, München: Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, 1997, S. 267f.

[59] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Agenda 2000 – Stellungnahme der Kommission zum Antrag Polens auf Beitritt zur Europäischen Union (DOC/97/16), Brüssel, 1997, S. 144f.

[60] Vgl. Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung (Hrsg.), Die Erweiterung der Europäischen Union. Eine historische Gelegenheit, Brüssel, 2002, S. 7.

[61] Vgl. ebd. S. 25 (für die sechs Länder Estland, Polen, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern erfolgt der Auftakt der Beitrittsverhandlungen gemäß dem Vorschlag der Kommission noch im März 1998. Mit der sog. Helsinki-Gruppe (siehe Fußnote Nr. 2, S. 1) beginnen die Verhandlungen am 15. Februar 2000).

[62] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.), Agenda 2000 – Stellungnahme der Kommission zum Antrag Polens auf Beitritt zur Europäischen Union (DOC/97/16), Brüssel, 1997.

[63] Die Europäische Kommission veröffentlicht seit November 1998 jährlich länderspezifische Berichte, die Aufschluss über die Integrationsbemühungen der MOEL geben. Diese dienen u.a. dem Europäischen Rat als Gradmesser für die Beitrittsfähigkeit der Bewerberländer.

[64] Artikel 49 EU-Vertrag in der Fassung des Vertrages von Amsterdam vom 9. Oktober 1997, zitiert nach: S chmuck, Otto/ Hillenbrand, Olaf, Die Zukunft der Europäischen Union, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2000, S. 48. Hervorhebungen durch den Verfasser dieser Arbeit.

[65] Vgl. ebd. S. 29.

[66] Albrecht, Rothacher, „Beitrittsszenarien. Die Verhandlungen zur EU-Osterweiterung, in: Wagener, Hans-Jürgen/ Fritz, Heiko (Hrsg.), Im Osten was Neues. Aspekte der EU-Osterweiterung, Bonn: Dietz, 1998, S. 255.

[67] Vgl. u.a. Strukturdaten der mittel- und osteuropäischen Staaten im Vergleich zur EU in: S chmuck, Otto/ Hillenbrand, Olaf, Die Zukunft der Europäischen Union, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2000, S. 47.

[68] Die Liste der 31 Verhandlungskapitel findet sich u.a. in: Europäische Kommission, Generaldirektion Erweiterung (Hrsg.), Die Erweiterung der Europäischen Union. Eine historische Gelegenheit, Brüssel, 2002, S. 23.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832465346
ISBN (Paperback)
9783838665344
Dateigröße
822 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Passau – Politikwissenschaften
Note
1,3
Schlagworte
eu-beitrittskandidaten wirtschaft osteuropa deutsch-polnische beziehungen eu-politik
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Titel: Zwischen politisch-ökonomischer Notwendigkeit und Vorbehalt
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