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Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem

©2002 Diplomarbeit 95 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Spektakuläre Unternehmenszusammenbrüche und Finanzskandale, aufsehenerregende Schadenersatzurteile und die Einrichtung zweier Regierungskommissionen zum Thema Corporate Governance haben den Blickpunkt des öffentlichen Interesses in den letzten Jahren auf die Führung und Kontrolle deutscher Unternehmen gelenkt. Kernpunkt der in Deutschland in Wirtschafts- und Akademikerkreisen geführten Corporate Governance Debatte ist die Frage, wie sichergestellt werden kann, daß das Management einer Unternehmung den Firmenwert nachhaltig im Interesse der Anteilseigner und anderer Stake-holder mehrt. Auch die oftmals beklagte mangelnden Kontrolle durch den Aufsichtsrat spielt hier eine tragende Rolle.
Ein Teilaspekt dieser Diskussion beschäftigt sich mit der persönlichen Haftung von Managern und Aufsichtsräten. Das Haftungsrisiko der Unternehmensleiter wird als probates Mittel eingeschätzt, Mißmanagement, mangelnde Ausübung von Überwachungsaufgaben und Fahrlässigkeit bei der Unternehmensführung zu vermeiden. Dennoch ist die Bewertung der tatsächlichen Haftungsrisiken in Praxis und Literatur nicht einheitlich. Werden sie einerseits als noch nicht ausreichend angesehen, um eine verhaltenssteuernde Wirkung zu erzielen, sprechen andere von der Untragbarkeit der Risiken, denen Unternehmensleiter heutzutage ausgesetzt sind. Von dieser Seite wird denn auch das in Deutschland relativ neue Deckungskonzept der Directors’ and Officers’ Liability Insurance begrüßt. Die D&O-Vericherung, wie sie abgekürzt wird, ist die einzige Versicherung, die Unternehmensleiter davor schützt, Schadenersatzforderungen, die aufgrund ihrer Tätigkeit im Unternehmen gegen sie erhoben werden, aus dem persönlichen Vermögen begleichen zu müssen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Corporate Governance Debatte in Deutschland stellt sich die Frage, ob mit dieser faktischen Neutralisierung der Haftung falsche Anreize für Manager gesetzt werden. Die Befürchtungen gehen dahin, daß Manager durch die Versicherung zu fahrlässigem Umgang mit dem Unternehmensvermögen motiviert werden und Aufsichtsräte aufgrund der Haftungsfreistellung nicht über ausreichende Anreize verfügen, ihre Kontrollaufgaben wahrzunehmen.
Die vorliegende Arbeit versucht, dieser Frage nachzugehen und mit Hilfe des ökonomischen Instrumentariums zu klären, welchen Einfluß Schadenersatzversicherungen, wie sie das Konzept der D&O-Versicherung vorsieht, auf die Corporate Governance eines Unternehmens haben. Dazu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6223
Will, Birgit: Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate
Governance Problem
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Saarbrücken, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
2
INHALTSÜBERSICHT
INHALTSÜBERSICHT ... 2
INHALTSVERZEICHNIS... 3
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 6
1
PROBLEMSTELLUNG UND AUFBAU DER ARBEIT... 8
2
DIE HAFTUNG VON MANAGERN UND AUFSICHTSRÄTEN ... 10
3
SCHADENERSATZVERSICHERUNG: DIE DIRECTORS' & OFFICERS'
LIABILITY INSURANCE (DO-VERSICHERUNG) ... 17
4
CORPORATE GOVERNANCE ... 28
5
DIE DO-VERSICHERUNG ALS CORPORATE GOVERNANCE PRO-
BLEM ... 45
6
FAZIT... 67
LITERATURVERZEICHNIS ... 68
ANHANGSVERZEICHNIS ... 81

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
3
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSÜBERSICHT ... 2
INHALTSVERZEICHNIS... 3
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 6
1
PROBBLEMSTELLUNG UND AUFBAU DER ARBEIT ... 8
2
DIE HAFTUNG VON MANAGERN UND AUFSICHTSRÄTEN ... 10
2.1 Die Haftungstatbestände ... 10
2.1.1 DIE INNENHAFTUNG ... 11
2.1.2 DIE AUSSENHAFTUNG... 14
2.2 Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung... 15
3
SCHADENERSATZVERSICHERUNG: DIE DIRECTORS' OFFICERS'
LIABILITY INSURANCE (DO-VERSICHERUNG) ... 17
3.1 Die Entwicklung der DO-Versicherung... 18
3.2 Die Bedingungen der DO-Versicherung... 22
3.2.1 GEGENSTAND DER VERSICHERUNG ... 22
3.2.2 VERSICHERUNGSFALL UND ZEITLICHE BESTIMMUNGEN DES VER-
SICHERUNGSSCHUTZES ... 24
3.2.3 SACHLICHER UMFANG DES VERSICHERUNGSSCHUTZES ... 24
3.2.4 AUSSCHLÜSSE UND SONSTIGE BESTIMMUNGEN ... 25
3.3 Der Abschluß von DO-Versicherungen ... 25
3.3.1 ALLGEMEINE ABSCHLUSSKRITERIEN ... 25
3.3.2 ZUSTÄNDIGKEITEN BEIM ABSCHLUSS ... 26

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4
4
CORPORATE GOVERNANCE ... 28
4.1 Der Begriff Corporate Governance ... 28
4.2 Die Corporate Governance Debatte in Deutschland... 30
4.2.1 DER FOKUS DER DEBATTE... 31
4.2.2 LEGISLATORISCHE REFORMEN UND JURISDIKTION... 33
4.2.3 PRIVATE CORPORATE GOVERNANCE INITIATIVEN ... 35
4.2.4 DIE REGIERUNGSKOMMISSIONEN... 37
4.3 DO-relevante Entwicklungen in der deutschen Corporate Governance
Debatte... 40
4.3.1 DIE VORSCHLÄGE DER BAUMS-KOMMISSION... 41
4.3.2 DIE EMPFEHLUNGEN UND ANREGUNGEN IM DEUTSCHEN CORPO-
RATE GOVERNANCE KODEX ... 43
5
DIE DO-VERSICHERUNG ALS CORPORATE GOVERNANCE PRO-
BLEM ... 45
5.1 Der Analyserahmen für Corporate Governance Probleme ... 45
5.1.1 DIE PRINZIPAL-AGENTEN-THEORIE... 45
5.1.2 DIE THEORIE UNVOLLSTÄNDIGER VERTRÄGE ... 49
5.2 Einflüsse der DO-Versicherung auf die Corporate Governance... 50
5.2.1 ADVERSE ANREIZEFFEKTE ... 50
5.2.2 POSITIVE ANREIZEFFEKTE... 53
5.2.3 WEITERE EFFEKTE ... 56
5.3 Empirische Belege für unterschiedliche Effekte der DO-Versicherung . 59
5.3.1 DER EINFLUSS AUF DEN SHAREHOLDER WEALTH ... 59
5.3.2 DIE NACHFRAGE DER UNTERNEHMEN NACH DO-
VERSICHERUNGEN... 60
5.3.3 DIE SIGNALWIRKUNG DER VERÖFFENTLICHUNG VON DO-
RELEVANTEN DATEN ... 62
5.3.4 DIE ÜBERWACHUNGSFUNKTION VON DO-VERSICHERERN... 64
5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ... 65

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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5
6
FAZIT... 67
LITERATURVERZEICHNIS ... 68
ANHANGSVERZEICHNIS ... 81
A-1: AVB-AVG ... 82
A-2: DO-FRAGEBOGEN DER HISCOX AG... 91

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6
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abs. Absatz
AG Aktiengesellschaft
AktG Aktiengesetz
AMEX American Stock Exchange
AO Abgabenordnung
Art. Artikel
Aufl. Auflage
AVB-AVG Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögens-
schaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorstän-
den und Geschäftsführern
AVB
OLA
93
Allgemeine Bedingungen zur Vermögensschaden-Haftpflicht-
versicherung für Organe und leitende Angestellte
bspw. beispielsweise
bzgl. bezüglich
BAV Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
Bd. Band
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl. Bundesgesetzblatt (Jahr, Seite)
BGH Bundesgerichtshof
BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Band-
nummer, Seite)
BMJ Bundesministerium für Justiz
BT Bundestag
d.h. das heißt
DO Directors' and Officers' Liability Insurance, synonym verwen-
det für Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Unter-
nehmensleiter

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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7
DM Deutsche Mark
DSV Deutsche Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz e.V.
e.V. eingetragener Verein
f. folgende
ff. fortfolgende
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung (Jahr, Nummer, Seite)
GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
hrsg. herausgegeben
Hrsg. Herausgeber
Kap. Kapitel
KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
Mio. Million, Millionen
Nr. Nummer
NYSX New York Stock Exchange
o.V. ohne Verfasser
OECD Organization for Economic Cooperation Development (Organi-
sation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
Rz. Randzeichen
S. Seite
StGB Strafgesetzbuch
TransPuG Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu
Transparenz- und Publizität (Transparenz- und Publizitäts-
gesetz)
VVaG Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
z.B. zum Beispiel

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1
PROBLEMSTELLUNG UND AUFBAU DER AR-
BEIT
Spektakuläre Unternehmenszusammenbrüche und Finanzskandale, aufsehenerregende
Schadenersatzurteile und die Einrichtung zweier Regierungskommissionen zum Thema
Corporate Governance haben den Blickpunkt des öffentlichen Interesses in den letzten
Jahren auf die Führung und Kontrolle deutscher Unternehmen gelenkt. Kernpunkt der in
Deutschland in Wirtschafts- und Akademikerkreisen geführten Corporate Governance
Debatte ist die Frage, wie sichergestellt werden kann, daß das Management einer Unter-
nehmung den Firmenwert nachhaltig im Interesse der Anteilseigner und anderer Stake-
holder mehrt. Auch die oftmals beklagte mangelnden Kontrolle durch den Aufsichtsrat
spielt hier eine tragende Rolle.
Ein Teilaspekt dieser Diskussion beschäftigt sich mit der persönlichen Haftung von
Managern und Aufsichtsräten. Das Haftungsrisiko der Unternehmensleiter wird als pro-
bates Mittel eingeschätzt, Mißmanagement, mangelnde Ausübung von Überwachungs-
aufgaben und Fahrlässigkeit bei der Unternehmensführung zu vermeiden. Dennoch ist
die Bewertung der tatsächlichen Haftungsrisiken in Praxis und Literatur nicht einheit-
lich. Werden sie einerseits als noch nicht ausreichend angesehen, um eine verhaltens-
steuernde Wirkung zu erzielen, sprechen andere von der Untragbarkeit der Risiken, de-
nen Unternehmensleiter heutzutage ausgesetzt sind. Von dieser Seite wird denn auch
das in Deutschland relativ neue Deckungskonzept der Directors' and Officers' Liability
Insurance begrüßt. Die DO-Vericherung, wie sie abgekürzt wird, ist die einzige Ver-
sicherung, die Unternehmensleiter davor schützt, Schadenersatzforderungen, die auf-
grund ihrer Tätigkeit im Unternehmen gegen sie erhoben werden, aus dem persönlichen
Vermögen begleichen zu müssen.
1
Vor dem Hintergrund der aktuellen Corporate Governance Debatte in Deutschland stellt
sich die Frage, ob mit dieser faktischen Neutralisierung der Haftung falsche Anreize für
Manager gesetzt werden. Die Befürchtungen gehen dahin, daß Manager durch die Ver-
sicherung zu fahrlässigem Umgang mit dem Unternehmensvermögen motiviert werden
1
Auf den Aspekt der Rechtsschutzversicherung der DO-Versicherung wird in dieser Arbeit nicht näher
eingegangen.

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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9
und Aufsichtsräte aufgrund der Haftungsfreistellung nicht über ausreichende Anreize
verfügen, ihre Kontrollaufgaben wahrzunehmen.
Die vorliegende Arbeit versucht, dieser Frage nachzugehen und mit Hilfe des ökono-
mischen Instrumentariums zu klären, welchen Einfluß Schadenersatzversicherungen,
wie sie das Konzept der DO-Versicherung vorsieht, auf die Corporate Governance
eines Unternehmens haben. Sie beschränkt sich dem Titel entsprechend auf die Analyse
der Umstände, die für Vorständen und Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften
relevant sind.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Haftung von Managern und Aufsichtsräten. In Kapitel
2.1 werden die allgemeinen Haftungstatbestände dargestellt, während Kapitel 2.2 die
Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung darlegt.
Kapitel 3 stellt die DO-Versicherung als konkrete Ausprägung einer Schadenersatz-
versicherung vor. Kapitel 3.1 gibt einen Überblick über die Entwicklung der DO-
Versicherung in Deutschland. Kapitel 3.2 beschreibt das zugrundeliegende Deckungs-
konzept. Dabei wird auf die einzelnen gesellschaftsrechtlichen Probleme der Versiche-
rung verwiesen. Kapitel 3.3 geht auf die Abschlußumstände ein.
Kapitel 4 widmet sich der Corporate Governance Debatte, wie sie in den letzten Jahren
in Deutschland geführt wurde. Nach einer Begriffsdefinition in Kapitel 4.1 werden in
Kapitel 4.2 die jüngsten rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen vorgestellt.
Kapitel 4.3 legt den Fokus auf die DO-relevanten Empfehlungen der beiden Regie-
rungskommissionen.
Kapitel 5 schließlich konzentriert sich auf die ökonomische Analyse des Zusammen-
spiels von Corporate Governance, Haftung und DO-Versicherung. Der Bestimmung
eines Analyserahmens in Kapitel 5.1 folgt die theoretische Diskussion der wichtigsten
Effekte, die von einer DO-Versicherung ausgehen, in Kapitel 5.2. Kapitel 5.3 belegt
anhand der Ergebnisse empirischer Studien die Bedeutung der einzelnen Wirk-
zusammenhänge für die Praxis. Kapitel 5.4 faßt die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
In Kapitel 6 wird das Fazit gezogen.

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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10
2
DIE HAFTUNG VON MANAGERN UND AUF-
SICHTSRÄTEN
Die folgenden beiden Abschnitte geben Auskunft über die Haftungstatbestände, mit
denen sich die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft kon-
frontiert sehen, und welche Möglichkeiten existieren, diese Haftungsrisiken zu be-
schränken.
2.1 Die Haftungstatbestände
Die persönliche Haftung von Managern und Kontrollorganen wird in der Literatur häu-
fig unter dem Begriff der Managerhaftung zusammengefaßt.
2
Gemeint ist in Bezug auf
die Aktiengesellschaft die Haftung der unternehmensleitenden Organe, also des Vor-
stands und des Aufsichtsrats. Die Hauptversammlung, das dritte Organ einer Aktienge-
sellschaft ist von persönlichen Haftungspflichten grundsätzlich ausgenommen: Aktionä-
re haften nur mit ihrer Einlage.
3
T
H Ü M M E L
(1998) definiert die Managerhaftung als ,,Verpflichtung des Unternehmens-
leiters, für durch seine Tätigkeit oder Untätigkeit verursachte, bei seinem Unternehmen
oder Dritten eingetretenen Schäden Ersatz zu leisten".
4
Präzisierend kann die persön-
liche Haftung von Organen wie folgt beschrieben werden: Vorstände und Aufsichtsräte
haften im Innen- wie im Außenverhältnis für schuldhafte Verletzungen der Pflichten,
die sich aus ihrer Organtätigkeit ergeben, sofern daraus Schäden entstehen, persönlich
mit ihrem Privatvermögen in unbegrenzter Höhe.
5
Haftungsgrundlage für die persönliche Haftung der Organe ist ein breiter Pflichten-
katalog, der weitgehend gesetzlich geregelt ist und durch Rechtsprechung sowie ver-
tragliche Regelungen ergänzt wird.
2
Vgl. T
HÜMMEL
(1998, S. 22).
3
In Praxis und Literatur wird gelegentlich die Auffassung vertreten, der Begriff des Managers umfasse
auch Aufsichtsratsmitglieder. Vgl. etwa GDV
P
RESSESERVICE
(1998, S. 2). Der Klarheit wegen wird in
dieser Arbeit der Begriff Unternehmensleiter verwendet, wenn explizit Vorstände und Aufsichtsräte ge-
meint sind. Vgl. zur Unschärfe des Begriffs etwa T
HÜMMEL
(1998, S. 31).
4
T
HÜMMEL
(1998, S. 22).
5
Vgl. auch
S
CHILLING
(2002, S.1).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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11
2.1.1 DIE INNENHAFTUNG
Der Bereich der Innenhaftung betrifft das Verhältnis des Unternehmensleiters zu seiner
Unternehmung. Ansprüche stehen also grundsätzlich nur dem Unternehmen zu, in wel-
chem der betroffene Unternehmensleiter eine Organtätigkeit ausübt, sei es nun in Form
einer Vorstands- oder Aufsichtsratmitgliedschaft. Die Schadenersatzpflicht eines Mana-
gers oder Aufsichtsrates bezieht sich generell auf einen Schaden, den die Unternehmung
in Form einer Beeinträchtigung ihres Gesellschaftsvermögens erlitten hat. Beispiele für
typische Innenhaftungsfälle sind Regreßansprüche der Unternehmung aus der Befriedi-
gung von Drittansprüchen, erlittene Vermögensverluste oder auch Situationen, in denen
sich eine Firma von ihrem Management trennt und mögliche Haftungs- gegen Abfin-
dungsansprüche aufrechnet.
Die Innenhaftung bei Aktiengesellschaften ist als Organhaftung weitgehend gesetzlich
geregelt
6
und ergibt sich für Vorstandsmitglieder aus § 93 AktG sowie für Aufsichtsräte
aus § 116 AktG (mit Verweis auf § 93 AktG). Organen von AGs wird hier die allge-
meine Pflicht einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsausübung übertragen.
Neben der namentlichen Nennung von neun Einzeltatbeständen in Zusammenhang mit
der Kapitalerhaltungspflicht (§93 Abs. 3 AktG) wird auch der allgemeine Haftungstat-
bestand definiert: Jedwede Pflichtverletzung führt zur Schadenersatzpflicht (§ 93 Abs. 2
AktG). Festzuhalten bleibt auch, daß Vorstand wie Aufsichtsrat generell gesamtschuld-
nerisch haften (ebenfalls § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG).
Eine Besonderheit im Haftungsrecht stellt die Umkehr der Beweislast bei Innenhaf-
tungsansprüchen dar. Diese liegt grundsätzlich beim Vorstand oder Aufsichtsrat, der
nachweisen muß, die nötige Sorgfalt angewandt zu haben (§ 93, Abs. 2 Satz 2 AktG).
Problematisch kann diese Beweislastumkehr dann sein, wenn die behaupteten Pflicht-
verstöße lange zurückliegen oder der beschuldigte Manager sogar bereits entlassen wur-
de. Vorstandsprotokolle und ähnliche Unterlagen, die der Entlastung dienen könnten,
sind dann schwer oder gar nicht mehr zu beschaffen.
7
6
Neben der gesetzlichen Organhaftung kommt noch die Vertragshaftung aus positiver Forderungs-
verletzung des Dienstvertrages in Betracht. Da verbreitet jedoch die Meinung vertreten wird, die Organ-
haftung nehme die Vertragshaftung in sich auf, wird auf diesen Aspekt nicht näher eingegangen. Vgl.
dazu T
HÜMMEL
(1998, S. 25).
7
Vgl. etwa R
OHLES
(2001, S. 268).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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12
Als gesetzliche Einzelpflichten für Vorstände seien hier nur beispielhaft die folgenden
genannt: Einberufung der Hauptversammlung bei Verlust (§ 92 Abs. 1 AktG), Konkurs-
antragspflicht (§ 92 Abs. 2 AktG), Wettbewerbsverbot (§ 88 Abs. 1 AktG), Risikoma-
nagement (§ 91 Abs. 2, neu eingeführt durch Art. 1 Nr. 9c KonTraG). Gesetzlich gere-
gelte Einzelpflichten der Aufsichtsräte im Rahmen ihrer Überwachungs- und Beratungs-
funktion sind hier etwa Pflichten zur Einberufung der Hauptversammlung (§ 111 Abs. 3
AktG), Bestellung und Abberufung des Vorstandes (§ 84 AktG) oder die Begründung
von Zustimmungsvorbehalten (§111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Hinzu kommt die Pflicht der
Prüfung und Geltendmachung von Ersatzansprüchen, die allerdings auf ein BGH-Urteil
zurückzuführen ist.
8
Der in § 93 Abs. 1 AktG definierte Sorgfaltsbegriff (,,Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters") kann einerseits als Generalklausel angesehen werden,
die die allgemeinen Verhaltenspflichten umschreibt. Die Verhaltenspflichten des Vor-
standes lassen sich in die Bereiche ,,ordnungsgemäße Wahrnehmung der Organfunkti-
on" (z.B. Leitung des Unternehmens (§ 76 AktG), Unternehmensorganisation, Ressort-
aufteilung) und ,,Treuepflicht" gliedern. Aufsichtsräte unterliegen selbstverständlich
genauso der Treuepflicht, die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer Organfunktion be-
zieht sich jedoch gemäß §111 AktG auf Überwachungsaufgaben und nicht auf das ope-
rative Geschäft.
Andererseits normiert dieser Sorgfaltsbegriff aber auch einen Verschuldensmaßstab.
Der ,,ordentliche und gewissenhafte Geschäftsmann" dient als normatives Vorbild, an
dem Gerichte im Einzelfall das Verhalten des betroffenen Unternehmensleiters messen.
Demnach wird ein Manager oder Aufsichtsrat immer dann für eine Pflichtverletzung
haftbar gemacht werden, wenn er nicht die entsprechende Sorgfalt hat walten lassen und
damit zumindest fahrlässig gehandelt hat. Eine verschuldensunabhängige Gefährdungs-
haftung ist dagegen ausgeschlossen. Der verwendete Sorgfaltsbegriff ist insofern relativ
strikt, als er über das Niveau hinausreicht, das dem Normalbürger sonst abverlangt wird.
Dennoch wird dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat ein gewisses Maß an unterneh-
merischem Ermessen zugestanden. Handelt ein Unternehmensleiter innerhalb dieses
Ermessensspielraums, der durch branchenübliche betriebswirtschaftliche Grundsätze
und Regeln bestimm wird, haftet er nicht für vermögensschädigende Folgen, die dem
8
Vgl. die ,,ARAG/Garmenbeck"-Entscheidung, BGHZ (135, S. 244).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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Unternehmen aus seinem Handeln entstehen. Damit soll gewährleistet werden, daß
kreative Unternehmensführung möglich bleibt. Im angloamerikanischen Rechtsraum
wird dieser Sachverhalt als business judgement rule bezeichnet.
9
Bei der Verschuldensfrage von Aufsichtsräten ist darüber hinaus immer der Aspekt der
nebenberuflichen Ausübung ihres Amtes zu beachten. Ist der Verschuldensmaßstab bei
einem Vorstandsmitglied als rein normativ anzusehen, sind Differenzierungen dieses
Sorgfaltsbegriffes in Hinblick auf die persönlichen Fähigkeiten eines Aufsichtsratsmit-
glieds durchaus zulässig. Dies liegt vor allem auch daran, daß Aufsichtsräte oft nicht
nur nach ihren Kenntnissen ausgewählt werden können, sondern durchaus auch Anfor-
derungen bzgl. ihrer beruflichen Herkunft und gesellschaftlichen Stellung erfüllen müs-
sen.
Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber dem Vorstand obliegt dem Auf-
sichtsrat, ein Beschluß der Hauptversammlung ist dazu nicht nötig. Wegen der zahlrei-
chen denkbaren Interessenkonflikte, sei es, weil eine Anspruchserhebung eigene Über-
wachungsdefizite offenlegen würde, sei es, daß eine grundsätzliche Hemmschwelle be-
steht, das kollegiale Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand zu belasten, haben
auch die Aktionäre einer Aktiengesellschaft die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche
im Namen der Gesellschaft geltend zu machen bzw. den Aufsichtsrat zur Geltendma-
chung zu zwingen. Allerdings bedarf es hierzu eines einfachen Mehrheitsbeschlusses
der Hauptversammlung oder des Verlangens einer Minderheit, deren Anteile zusammen
10% des Grundkapitals ausmachen. Bei Verdacht auf Unredlichkeit oder schweren Ge-
setzes- oder Satzungsverstößen kann auch eine Minderheit von 5% einen besonderen
Vertreter gerichtlich bestellen lassen, um die Ansprüche geltend zu machen.
10
Sollen
Ersatzansprüche gegenüber dem Aufsichtsrat geltend gemacht werden, so steht dieses
9
Zum Begriff des unternehmerischen Ermessens bzw. der business judgement rule vgl. etwa B
AUMS
(1996, S. 8f.) oder T
HÜMMEL
(1997, S. 1118).
10
Die 5%-Regelung bei vermuteten groben Pflichtverstößen wurde erst mit dem KonTraG (Artikel 1 Nr.
22c) eingeführt, vgl. S
CHILLING
(2002, S. 5). Bis dahin verlangte §147 AktG in jedem Fall eine qualifi-
zierte Minderheit von 10% des Grundkapitals. Die Aktionärs-Klageerhebung erfolgt nicht direkt wie im
US-amerikanischen Recht mittels einer derivative action, sondern mittels der Bestellung eines besonderen
Vertreters. Vgl. dazu T
HÜMMEL
(1998, S. 91). Zu weitergehenden vorgeschlagenen Änderungen vgl. die
Ausführungen zur Regierungskommission ,,Corporate Governance ­ Unternehmensführung ­ Unterneh-
menskontrolle ­ Modernisierung des Aktienrechts" (Baums-Kommission) in Kapitel 4.3.1.

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
14
Recht und damit auch die Pflicht dem Vorstand zu. Die oben geschilderten Rechte der
Hauptversammlung gelten natürlich ebenso.
11
2.1.2 DIE AUSSENHAFTUNG
Die Außenhaftung bezieht sich auf Ansprüche, die von Dritten an die Unternehmenslei-
ter gerichtet sind. Dritte in diesem Sinne sind zum einen Lieferanten, Kunden, Wettbe-
werber oder der Staat, zum anderen aber auch eigene Mitarbeiter, Aktionäre oder ab-
hängige Unternehmen. Generell richten sich solche Außenhaftungsansprüche auch ge-
gen das Unternehmen selbst, da dieses nach § 31 BGB für seine Organe einzustehen
hat. Eine Klage gegen die Gesellschaft ist in vielen Fällen für den Anspruchsteller at-
traktiver, vor allem wenn diese über größere Ressourcen verfügt als der betroffene Un-
ternehmensleiter. Anders sieht dies jedoch in Insolvenzfällen aus; dann erhält die Au-
ßenhaftung besondere Bedeutung. Da die Verpflichtungen des Unternehmensleiters mit
denen des Unternehmens parallel laufen, wird dem Gläubiger über die Haftung des Ma-
nagers ein weiterer Schuldner verschafft. Er haftet subsidiär neben dem Unternehmen
und hat auch dann noch mit seinem Privatvermögen einzustehen, wenn die Gesellschaft
nicht mehr in der Lage ist, Ansprüche zu befriedigen. Beispielhaft sei das Urteil des
BGH genannt, bei dem ein GmbH-Geschäftsführer verpflichtet wurde, einem Neugläu-
biger den kompletten Schaden aus dem mit der insolventen Firma eingegangenen Ge-
schäft zu ersetzen, weil er versäumt hatte, den Konkursantrag rechtzeitig zu stellen.
12
Weitere typische Beispiele für Außenhaftungsfälle sind die Prospekthaftung, bei der die
Unternehmensleiter für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen haften,
und Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten.
Grundsätzlich ist bei der Außenhaftung zwischen zwei Szenarien zu unterscheiden:
Zum einen haften Unternehmensleiter für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens, zum
anderen haften sie für eigenes Fehlverhalten, das zu Rechtsverletzungen bei Dritten
führt. Im Gegensatz zur Innenhaftung sind die haftungsbegründenden Normen der Au-
ßenhaftung verstreut; es existiert kein geschlossener Katalog von Anspruchsgrundlagen.
Gesetzliche Einzelregelungen betreffen spezifische Fallkonstellationen wie bspw. das
11
Vgl. zur Innenhaftung von Vorständen T
HÜMMEL
(1998, S. 48ff., 73ff., 88ff.) sowie I
HLAS
(1997, S.
74ff., 98ff.), von Aufsichtsräten T
HÜMMEL
(1998, S. 98ff., 115ff.) und allgemein T
HÜMMEL
(1998, S.
23ff.) sowie S
CHILLING
(2002, S. 2ff.).
12
BGHZ (126, S. 181).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
15
Einstehen für Steuerverpflichtungen des Unternehmens (§§ 34, 69 AO) oder die Han-
delnden-Haftung in der Gründungsphase (§ 41 Abs. 1 Satz 2 AktG). Darüber hinaus
sind Außenhaftungsansprüche häufig in allgemeinen Rechtsinstituten wie der culpa in
contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluß) und im allgemeinen Deliktrecht begrün-
det.
Im Deliktrecht werden Rechtsgutsverletzungen (§ 823 Abs. 1 BGB) und Schutzgesetz-
verletzungen (§ 823 Abs. 2) unterschieden. Zu Rechtsgutsverletzungen zählen vor allem
Verletzung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums. Rechts-
gutsverletzungen können in solchen Fällen auch durch Unterlassung entstehen, in denen
eine gesetzliche Handlungspflicht bestand, bspw. die Schaffung einer betrieblichen Or-
ganisation, die eine Verletzung absoluter Rechtsgüter Dritter weitgehend ausschließt.
13
Darüberhinaus werden absolute Rechtsgüter wie Urheber-rechte oder gewerbliche
Schutzrechte durch Spezialgesetze geschützt. Die Verletzung eines Schutzgesetzes in
Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB führt ebenfalls zu Schadenersatzansprüchen. Die
Zahl der in Frage kommenden Schutzgesetze ist groß. Beispielhaft genannt seien hier
die Konkursverschleppung, die sich aus § 92 Abs. 2 AktG ,,Konkursantragspflicht" er-
gibt, allgemeine Gesetze zum Schutz von Gläubigern (§§ 399ff. AktG), sowie allgemei-
ne Betrugs- und Untreuetatbestände (§§ 263, 266 StGB). Als Haftungsnorm kommt
außerdem noch § 826 BGB in Betracht, die das Vermögen des Geschädigten vor vor-
sätzlicher und sittenwidriger Schädigung schützen soll, auch wenn kein bestimmtes ab-
solutes Rechtsgut verletzt wurde.
14
2.2 Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung
Es wird immer wieder diskutiert, ob die zahlreichen Haftungsrisiken, wie sie oben be-
schrieben wurden, nicht eine derart abschreckende Wirkung haben, daß es mehr als
schwierig ist, geeignete Kandidaten für die Übernahme von Organtätigkeiten zu finden.
Gerade der strenge Sorgfaltsbegriff birgt für potentielle Aufsichtsräte, die ihr Amt nur
13
Vgl. dazu die ,,Baustoff"-Entscheidung des BGH, BGHZ (109, S. 297).
14
Vgl. zur Außenhaftung R
OHLES
(2001, S. 267), T
HÜMMEL
(1998, S. 25 ff., 126ff., 137ff.), I
HLAS
(1997,
S. 136ff.), sowie S
CHILLING
(2002, S. 7ff.).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
16
nebenberuflich ausüben werden, oft unüberschaubare Risiken.
15
So stellt sich die Frage,
inwieweit Haftungsrisiken beschränkt werden können.
Im Bereich der Innenhaftung sind drei Beschränkungsmöglichkeiten zu unterscheiden:
die Billigung im Vorhinein durch andere Organe der Aktiengesellschaft, eine vertragli-
che Haftungsbeschränkung, sowie der nachträgliche Verzicht auf etwaige Ansprüche.
Eine Billigung pflichtwidrigen Verhaltens des Vorstandes ist nur durch Mehrheits-
beschluß der Hauptversammlung möglich, sofern der Vorstand diese Billigung aus-
drücklich verlangt. Eine etwaige Genehmigung durch den Aufsichtsrat führt höchstens
zur Mithaftung desselben. Eine Haftungsbefreiung des Aufsichtsrates durch die Haupt-
versammlung ist nicht vorgesehen. Insgesamt erscheint dieses Billigungs-verfahren eher
unpraktikabel und hat in der Praxis vor allem aufgrund der durch Ladefristen und ähnli-
chem bedingten Zeitverzögerungen auch wenig Bedeutung.
Eine Haftungsbeschränkung durch vertragliche Vereinbarung ist in Aktiengesell-
schaften grundsätzlich nicht zulässig. Solche Vereinbarungen würden bspw. den Gläu-
bigerschutz empfindlich stören.
Ein Verzicht auf Innenhaftungsansprüche dagegen ist möglich. Dabei ist jedoch zu be-
achten, daß die alljährliche Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrates durch die
Hauptversammlung nicht als Anspruchsverzicht gewertet werden kann. Ein solcher
Verzicht kann nur durch die faktische Nichtgeltendmachung von Innenhaftungs-
ansprüchen oder durch einen Erlaß der Hauptversammlung nach einer Dreijahresfrist
seit Entstehen des Anspruchs erfolgen.
Im Bereich der Außenhaftung spricht man von der Freistellung von Haftungs-
ansprüchen. Dies bedeutet, daß die Gesellschaft entweder den Anspruchsteller direkt
befriedigt oder die Aufwendungen des Unternehmensleiters übernimmt, die dieser bei
der Anspruchsbefriedigung des Dritten hatte. Als Aufwendungen kommen dabei sowohl
die geleisteten Schadenersatzzahlungen als auch entstandene Prozeßkosten in Frage.
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Freistellung ist allerdings, daß mit den Forde-
15
Vgl. M
ERTENS
(2000, S. 451).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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17
rungen der Drittpartei keine Innenhaftungsansprüche betroffen sind, bzw. daß ein Haf-
tungsverzicht auf die Innenhaftungsansprüche möglich ist.
16
Völlig unberührt von diesen Regelungen bleibt die Möglichkeit des Abschlusses einer
DO-Versicherung, deren Deckungskonzept in Kapitel 3 ausführlich erläutert wird. Im
Außenverhältnis schien dieser Punkt von Anfang an unstrittig zu sein. Nach Aufkom-
men der ersten DO-Konzepte in Deutschland stellte sich allerdings durchaus die Frage
nach der Zulässigkeit eines solchen Versicherungsschutzes im Innenverhältnis. Inzwi-
schen wird jedoch einhellig argumentiert, daß der Abschluß einer Vermögensschaden-
Haftpflichtversicherung für Unternehmensleiter keinem Verzicht auf Ersatzansprüche
der Gesellschaft gleichkommt.
17
3
SCHADENERSATZVERSICHERUNG: DIE DI-
RECTORS' OFFICERS' LIABILITY INSURAN-
CE (DO-VERSICHERUNG)
Die DO-Versicherung deckt erstmals direkt das persönliche Haftungsrisiko von Ma-
nagern und Aufsichtsräten. Sie übernimmt im Schadensfall die Zahlung des Schadener-
satzes an die geschädigte Person und bietet darüber hinaus diverse Serviceleistungen im
Rahmen einer Rechtsschutzkomponente. Sie ist damit eine attraktive Ergänzung zu den
bereits am Markt angebotenen Rechtschutzversicherungen für Manager.
18
In den nächsten drei Abschnitten werden die Entwicklung und das Deckungskonzept
der DO-Versicherung in Deutschland beschrieben.
16
Vgl. zur Beschränkung der Innenhaftung T
HÜMMEL
(1998, S. 117ff.), zur Freistellung von der Außen-
haftung T
HÜMMEL
(1998, S.157ff.) und allgemein I
HLAS
(1997, S. 177ff.) sowie S
CHILLING
(2002, S.
8f.).
17
Vgl. K
ÄSTNER
(2000, S. 118f.), sowie I
HLAS
(1997, S.59ff.)
18
Im Gegensatz zur Rechtsschutzkomponente der DO-Police, die Rechtsschutz sowohl für die gericht-
liche als auch die außergerichtliche Abwehr von Schadenersatzansprüchen bietet, begrenzen die gängigen
Rechtsschutz-Policen ihr Angebot auf die Übernahme der Prozeßkosten. Die wichtigsten Versicherungen
im Bereich der Organ-Absicherung sind die Vermögensschaden-Rechtsschutz-Police im Haftpflichtpro-
zeß und die Strafrechtsschutz-Police für Straftatbestände. Vgl. hierzu S
CHILLING
(2002, S. 32ff.) sowie
I
HLAS
(1997, S. 49ff.). Zur Abgrenzung der Deckungskonzepte Vermögensschaden-
Rechtsschutzversicherung und DO-Versicherung vgl. auch H
ENDRICKS
(1994, S. 1548ff.).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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18
3.1 Die Entwicklung der DO-Versicherung
Die Directors' and Officers' Liability Insurance, kurz DO, nahm ihren Ausgangspunkt
in den 30er Jahren in den USA. Die Kursstürze am black friday, dem 25. Oktober 1929,
lösten Haftungsverschärfungen wie den securities act of 1933 oder den securities ex-
change act of 1934 aus. Darauf reagierten erste Versicherer mit Absicherungs-
angeboten gegen die Haftungsrisiken, die den directors und officers drohten.
19
Zum
Durchbruch gelangte die DO allerdings erst Ende der 70er Jahre. Heute gilt sie in den
USA als Standardversicherung. Eine Absicherung des Top-Managements im Rahmen
der betrieblichen Fürsorge wird als selbstverständlich angesehen.
20
Ein Grund, warum sich dieses Versicherungskonzept zunächst vor allem im angloame-
rikanischen Raum durchsetzen konnte, ist darin zu sehen, daß das US-amerikanische
Rechtssystem eine Reihe von Besonderheiten aufweist, die Schadenersatzklagen von
Anteilseignern begünstigen.
21
So erlaubt es bspw. das Rechtsinstitut der derivative suit
einzelnen Aktionären, Ansprüche des Unternehmens im eigenen Namen geltend zu ma-
chen. Eine solche Klage ist im Vergleich zu deutschen Verhältnissen, in denen ein Kla-
gerecht des Einzelaktionärs für die Gesellschaft nicht vorgesehen ist
22
, einfach zu erhe-
ben. Zudem hält die sogenannte american rule, die sich auf die Prozeßkostenzuweisung
bezieht, Shareholderklagen relativ kostengünstig, da der Beklagte auch im Fall einer
erfolgreichen Abweisung seine eigenen Kosten zu tragen hat, und diese nicht auf den
erfolglosen Kläger übertragen werden, wie es bspw. in Deutschland Rechtspraxis ist.
Die Häufigkeit von Aktionärsklagen überrascht demnach nicht und stellt für Unterneh-
mensleiter ein beträchtliches Risiko dar, das es abzudecken gilt.
19
Den US-amerikanischen directors entsprechen im deutschen Aktienrecht die geschäftsführenden und
-überwachenden Organe der Aktiengesellschaft, also Vorstände und Aufsichtsräte. Das board of directors
wird in inside und outside directors unterteilt, je nachdem ob das board-Mitglied auch Exekutivaufgaben
wahrnimmt oder nicht. Outside directors sind aufgrund der Wahrnehmung von Kontrolltätigkeiten mit
Aufsichtsratsmitgliedern vergleichbar. Den officers entsprechen nach deutschem Recht leitende Ange-
stellte. Vgl. dazu etwa Magnus (2001, S. 12ff.).
20
Vgl. zur Entwicklung der DO in den USA GDV
P
RESSESERVICE
(1998, S. 1ff.) sowie ausführlich
I
HLAS
(1997, S. 35ff.).
21
Vgl. zu den Besonderheiten des amerikanischen Rechtssystems auch T
HÜMMEL
(1998, S. 160f.). Spe-
ziell zur derivative suit vgl. auch B
OYLE
(1994, S. 268).
22
Vgl. zu den Einzelheiten der deutschen Klagebefugnis bei Innen- und Außenhaftungsansprüchen Kapi-
tel 2.1.

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
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19
In Deutschland dagegen sind die Aktionärsrechte vergleichsweise schwach ausgestaltet,
und zahlreiche mögliche Interessenkonflikte hindern Aufsichtsräte daran, Ansprüche
der Gesellschaft gegenüber ihren eigenen Managern geltend zu machen und umgekehrt.
Aufgrund des kollegialen Umgangs miteinander und der faktischen Nähe von Auf-
sichtsrat und Vorstand dürfte es im Einzelfall durchaus schwerfallen, ein verdientes
Mitglied des Top-Managements zu belangen. Auch die weitreichenden Verflechtungen
in der deutschen AG-Landschaft haben eine Art ,,Berufs-Ethos" entstehen lassen nach
dem Motto ,,Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus".
23
T
H Ü M M E L
(1998) spricht
gar davon, ,,daß es nicht zum ,,gesellschaftlichen Leitbild" gehörte, seine eigenen Ma-
nager zur Kasse zu bitten".
24
Stattdessen bestand bislang die Standardreaktion auf
Mißmanagement im Lösen des Arbeitsverhältnisses ­ man trennte sich von seinem Un-
ternehmensleiter und ließ es dabei bewenden. Ein weiterer Grund, Fehlverhalten von
Managern nicht weiter zu belangen, liegt für Aufsichtsräte natürlich in der Überlegung,
eventuell selbst haften zu müssen, weil die Pflichtverletzung nur aufgrund ihres eigenen
Versagens beim Ausüben ihrer Überwachungspflicht möglich war.
Inzwischen werden jedoch auch in Deutschland bedeutend mehr Ansprüche gegen die
Organe von Kapitalgesellschaften geltend gemacht.
25
Ein Schadenersatzanspruch ge-
genüber den Managern und Aufsichtsräten einer Gesellschaft wird nicht mehr als abwe-
gig eingestuft. Claus D. Bothe, Geschäftsführer der UNITA-Gruppe, sieht einen ,,Wan-
del in Unternehmenskultur und Business-Kodex".
26
Bekannt ist in diesem Zusammen-
hang das Deep Pockets-Phänomen. Es beschreibt die zunehmende Neigung von Unter-
nehmen, bzw. vielmehr die ihrer Anteilseigner, heute in wirtschaftlichen Krisen die ei-
genen Manager vermehrt in Anspruch zu nehmen. Der Grund liegt in der empfundenen
Diskrepanz zwischen der wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens und der Zah-
lung exzessiver Managergehälter, der Gewährung von Aktienoptionen oder den frühe-
ren Börsengewinnen, an denen die Organe beteiligt waren. Des weiteren führt die An-
passung der Rechtslage an internationale Standards unter den Stichworten Shareholder
Value und Corporate Governance zu einer Verschärfung des Haftungsrisikos, so daß
23
Vgl. etwa W
IESE
(2000, S. 1902) oder B
REUER
(2001, S. 545f.).
24
T
HÜMMEL
(1998, S. 161).
25
Vgl. B
AUMS
(1996, S. 16).
26
Vgl. UNITA (2001).

Schadenersatzversicherung für Manager und Aufsichtsräte als Corporate Governance Problem
Birgit Will
20
eine Absicherung mittlerweile als notwendig angesehen wird.
27
Auslöser hierfür waren
sich häufende Wirtschaftsskandale, genannt seien hier beispielhaft die Fälle Balsam,
Holzmann, Bremer Vulkan, EM.TV oder auch ARAG/Garmenbeck, die zu drastischen
Urteilen zu lasten von Organen juristischer Personen führten und das öffentliche Inter-
esse anheizten.
28
Zu einer Sensibilisierung des Haftungsbewußtseins trugen maßgeblich
auch die jüngsten Änderungen des Gesetzgebers bei: Sowohl das 1998 verabschiedete
KonTraG
29
als auch das TransPuG
30
vom Juli 2002 messen Vorständen und Aufsichts-
räten mehr Verantwortung bei als bisher, auch wenn gelegentlich die Meinung vertreten
wird, der Gesetzgeber sei nicht weit genug gegangen und habe ,,bloße Kosmetik" be-
trieben.
31
Walter Tesarczyk, Vorstand der Allianz Versicherungs-AG, vergleicht die
Arbeit von Managern unter diesen Bedingungen mit einem Drahtseilakt: Zum einen
würden ,,mutige unternehmerische Entscheidungen gefordert", zum anderen drohten
jedoch schon ,,bei kleinen Versäumnissen" und ,,leichteste(r) Fahrlässigkeit" ,,erhebli-
che Haftungsrisiken". Er befürchtet deswegen risikoarmes Verhalten der Unterneh-
mensleiter, was in einem deutlichen Widerspruch zu den angestrebten Zielen der Ge-
sellschaft stehen kann.
32
Das deutsche Pendant zur DO-Versicherung heißt ,,Vermögensschaden-Haftpflicht-
versicherung für Unternehmensleiter", ,,Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für
Organe und leitende Angestellte", ,,Organ-Haftpflichtversicherung" oder ,,Haft-
pflichtversicherung für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer".
33
Vor allem in
27
Vgl. zur geänderten Rechtslage auch Kapitel 4.2.2.
28
W
ERRES
(2000) gibt einen kurzen Überblick über die Haftungsfälle Holzmann, Refugium, Messe Düs-
seldorf und Balsam.
29
BGBl. I (1998, S. 786).
30
BGBl. I (2002, S. 2681).
31
Vgl. zur Entwicklung des Haftungsrisikos für Manager und Aufsichtsräte S
IEG
(2001, S. 90f.), T
HÜM-
MEL
(1998, S.161f.), B
USINESS
-G
UIDE
(2000, S. 1), GDV
P
RESSEFORUM
(1998), sowie GDV
P
RESSESER-
VICE
(1998, S. 1). S
IEG
(2001, S. 90f.) bspw. sieht die Verschärfung der Haftung durch die Legislative als
nicht signifikant an, betont aber die haftungspräzisierende Rolle der Jurisdiktion und den Anstieg der
Anspruchsmentalität in Deutschland.
32
Vgl. Allianz (2001, S. 1).
33
Vgl. I
HLAS
(1997, S. 33) oder S
CHILLING
(2002, S. 13). In der Praxis finden sich gelegentlich auch
weniger präzise Ausdrücke wie ,,Manager-Haftpflichtversicherung" oder auch nur ,,Managerversiche-
rung", vgl. etwa A
LLIANZ
(2002). Vereinzelt ist sogar die Auffassung vertreten, das Konzept der DO-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832462239
ISBN (Paperback)
9783838662237
DOI
10.3239/9783832462239
Dateigröße
694 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (Dezember)
Note
1,7
Schlagworte
d&o-versicherung vermögensschaden-haftpflicht organhaftung anreizeffekte prinzipal-agenten-theorie
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