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Zur Einkommens- und Vermögensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland in den neunziger Jahren im Vergleich zu den siebziger Jahren

©2002 Diplomarbeit 122 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Problem der Größenverteilung der Einkommen und Vermögen zwischen den Angehörigen eines Staates, einer Region oder einer Wirtschaftsordnung beschäftigt die Menschen, seit sie wirtschaften. Von Aristoteles stammt die Erkenntnis: „Armut ist die Mutter von Gewalt und Verbrechen.“ Angestrebt wurde und wird eine möglichst gerechte Verteilung der Güter. Was aber eine gerechte Verteilung ist und wie man sie erreichen kann, darüber herrschen von je her unterschiedliche Auffassungen.
In der Bundesrepublik Deutschland wird besonders seit den 80-er Jahren unter Ökonomen, Sozialpolitikern, aber auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion geführt, wie das nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte Modell der sozialen Marktwirtschaft die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft meistern kann. Besorgt werden Veränderungen registriert.
Im Jahr 1997 schrieb der „Spiegel“ unter dem Titel „Die gespaltene Gesellschaft“: „ Die einen sind arbeitslos, die anderen mehren an der Börse und mit Spitzengehältern ihr Vermögen: Arm und Reich driften in Deutschland auseinander, und in der Mittelschicht wächst die Angst vor dem Absturz – mit gefährlichen Folgen. Wie viel Ungleichheit verträgt die Demokratie?“
In der vorliegenden Arbeit wird die Frage untersucht, ob die so beschriebene Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung zutreffend ist, ob es nur Einzelfälle sind, die sich vielleicht empirisch belegen lassen oder ob sich anhand vorhandener Daten mit wissenschaftlichen Methoden Veränderungen der personellen Einkommens- und Vermögensverteilung untersuchen und nachweisen lassen, welchen Einfluss der Staat darauf ausüben kann und welche Ergebnisse die fiskalpolitischen Maßnahmen insbesondere in den neunziger Jahren auf die reale Einkommensverteilung hatten.
Sachlich und ohne Polemik werden die kontroversen Hypothesen über das bereits erreichte Ausmaß an Einkommensdisparität, Vermögenskonzentration und Armut, über die Effizienz von Transferzahlungen sowie deren leistungshemmende oder –fördernde Wirkungen auf ihren wissenschaftlich nachweisbaren Kern zurückgeführt. Manche Erwartungen werden möglicherweise bestätigt, doch es ergeben sich auch einige überraschende Erkenntnisse.
Betrachtungszeitraum für die Mehrzahl der Analysen ist die Periode von 1973 bis 1998, ein hinreichend langer, historisch interessanter Zeitraum, in dem sich nachhaltige wirtschaftliche und politische Veränderungen vollzogen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6211
Sünderhauf, Raik-Arnd: Zur Einkommens- und Vermögensverteilung in der
Bundesrepublik Deutschland in den neunziger Jahren im Vergleich zu den siebziger
Jahren
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Wildau, Technische Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Seite
0. Einleitung ... 4
1. Geschichtlicher Überblick unter volkswirtschaftlichen und
politischen Aspekten ... 5
1.1. Ökonomische und politische Rahmenbedingungen in den siebziger Jahren ... 5
1.2. Die ökonomische und politische Situation in Deutschland
in den neunziger Jahren ... 7
2. Die Einkommensverteilung und deren Entwicklung in den
neunziger Jahren im Vergleich zu den siebziger Jahren ... 10
2.1. Die Datenbasis und die Aussagekraft bisher vorliegender Untersuchungen ... 10
2.1.1. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ... 10
2.1.2. Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ... 11
2.1.3. Das Sozio-Ökonomische Panel ... 12
2.1.4. Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik ... 12
2.1.5. Der Mikrozensus ... 13
2.2. Die funktionelle Einkommensverteilung als Ergebnis der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ... 14
2.3. Die Größenverteilung der Einkommen ... 17
2.3.1. Der Gini-Koeffizient als Maßzahl zur Einkommenskonzentration ... 17
2.3.2. Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik ... 18
2.3.3. Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ... 24
2.3.3.1. Die Brutto- und Nettoeinkommen der Haushalte ... 25
2.3.3.2. Die Äquivalenzeinkommen ... 29
2.3.3.3. Die Anteile der Einkommensarten ... 35
2.4. Die relative Einkommensposition sozialer Gruppen ... 36
2.5. Regionale Einkommensverteilung ... 44
1

Seite
3. Die Vermögensverteilung im Vergleich ... 49
3.1. Datenbasis und Vermögensbegriff ... 49
3.2. Die Konzentration der Vermögen nach der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe ... 52
3.2.1. Übersicht über die Verbreitung einzelner Vermögensformen ... 52
3.2.2. Die Verteilung des Immobilienvermögens ... 53
3.2.3. Die Verteilung des Geldvermögens ... 58
3.2.4. Regionale Vermögensverteilung ... 64
3.3. Die Verteilung des Produktivvermögens ... 66
3.4. Das Humanvermögen ... 71
4. Volkswirtschaftliche Probleme, die durch die gegebene Situation der
Einkommens- und Vermögensverteilung entstehen ... 74
4.1.Wohlfahrtsverluste durch Ungleichverteilung ... 74
4.2. Absolute Armut und Sozialhilfe ... 76
4.3. Relative Einkommensarmut ... 80
5. Die Verteilungswirkungen staatlicher Finanzpolitik ... 83
5.1. Staatliche Instrumente der Umverteilung ... 83
5.2. Ansatzpunkte und quantitative Bedeutung staatlicher Verteilungspolitik
nach Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ... 87
5.3. Verteilungswirkung von staatlichen Aktivitäten ... 89
5.3.1. Die Hauptwirkungsverläufe von staatlichen Eingriffen ... 89
5.3.2. Die kurzfristige Inzidenz einer mengenproportionalen speziellen
Verbrauchssteuer im Modell eines Konkurrenzmarktes ... 91
5.3.3. Die Inzidenz der ökologischen Steuerreform in einer Untersuchung
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ... 94
5.3.4. Die Inzidenz einer allgemeinen Verbrauchssteuer und ihrer Erhöhung ... 97
5.3.5. Verteilungswirkungen von direkten Steuern und Sozial-
versicherungsbeiträgen ... 101
6. Fazit ... 106
2

Seite
Literatur- und Quellenverzeichnis ... 108
Abbildungsverzeichnis ... 115
Tabellenverzeichnis ... 116
3

0. Einleitung
Das Problem der Größenverteilung der Einkommen und Vermögen zwischen den Angehö-
rigen eines Staates, einer Region oder einer Wirtschaftsordnung beschäftigt die Menschen,
seit sie wirtschaften. Von Aristoteles stammt die Erkenntnis: ,,Armut ist die Mutter von
Gewalt und Verbrechen." Angestrebt wurde und wird eine möglichst gerechte Verteilung der
Güter. Was aber eine gerechte Verteilung ist und wie man sie erreichen kann, darüber
herrschen von je her unterschiedliche Auffassungen.
In der Bundesrepublik Deutschland wird besonders seit den 80-er Jahren unter Ökonomen,
Sozialpolitikern, aber auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion geführt, wie das nach dem
zweiten Weltkrieg entwickelte Modell der sozialen Marktwirtschaft die Anforderungen der
Gegenwart und Zukunft meistern kann. Besorgt werden Veränderungen registriert.
Im Jahr 1997 schrieb der ,,Spiegel" unter dem Titel ,,Die gespaltene Gesellschaft": ,, Die
einen sind arbeitslos, die anderen mehren an der Börse und mit Spitzengehältern ihr Vermö-
gen: Arm und Reich driften in Deutschland auseinander, und in der Mittelschicht wächst die
Angst vor dem Absturz ­ mit gefährlichen Folgen. Wie viel Ungleichheit verträgt die
Demokratie?"
1
Es ist zu fragen, ob die so beschriebene Wahrnehmung der gesellschaftlichen Entwicklung
zutreffend ist, ob es nur Einzelfälle sind, die sich vielleicht empirisch belegen lassen oder ob
sich anhand vorhandener Daten mit wissenschaftlichen Methoden Veränderungen der Ein-
kommens- und Vermögensverteilung untersuchen und nachweisen lassen, und welchen
Einfluss der Staat darauf ausüben kann.
1
Quelle: Der Spiegel, Heft 40, 29.09.1997, S. 86
4

1. Geschichtlicher Überblick unter volkswirtschaftlichen und politischen Aspekten
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland haben sich Veränderungen der Einkom-
mens- und Vermögensverteilung im Durchschnitt nicht mehr abrupt oder radikal vollzogen.
Um Entwicklungen sichtbar zu machen und mit hinreichender Sicherheit beweisen zu können,
bedarf es der Untersuchung über einen längeren Zeitraum hinweg. Wichtige Erkenntnisse
bringt dabei der Vergleich zwischen der Situation in den 70-er Jahren und der Lage in den 90-
er Jahren in den alten Bundesländern, aber auch in Gesamtdeutschland.
1.1. Ökonomische und politische Rahmenbedingungen in den siebziger Jahren
Die deutsche Wirtschaft befand sich zu Beginn der 70-er Jahre in einer äußerst günstigen
Situation. Die 50-er und 60-er Jahre waren vom Wiederaufbau nach dem Krieg geprägt. Dabei
wurden hervorragende Leistungen vollbracht. Die Wirtschaft wuchs, das Volkseinkommen,
der ,,zu verteilende Kuchen", wurde nominal und preisbereinigt jedes Jahr größer. Das Brutto-
sozialprodukt war in den 60-er Jahren mit Ausnahme des Jahres 1967 real jährlich um 2,8 ­
7,5 % gewachsen.
2
Die Kapitalrendite
3
in der gewerblichen Wirtschaft war bis 1973 zwei-
stellig, sie betrug jährlich zwischen 10,1 und 16,7 %.
4
Der Arbeitskräftebedarf war außerordentlich. Die Arbeitslosenquote lag in den 60-er Jahren
meist unter 1 %. Trotz der angeworbenen Gastarbeiter gab es zu Beginn der 70-er Jahre im
Jahresdurchschnitt weniger als 200.000 Arbeitslose.
In der Folgezeit verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum etwas, nicht zuletzt unter dem
Einfluss des ,,Ölpreis-Schocks". Das Jahr 1973 war das letzte Jahr, in dem man von Voll-
beschäftigung sprechen konnte. 1974 stagnierte das Wirtschaftswachstum, 1975 schrumpfte
das Bruttosozialprodukt real sogar um 1,4 %. Doch in den übrigen Jahren des Jahrzehnts
lagen die Wachstumsraten zwischen 2,7 und 5,6 %.
5
Die Arbeitslosenzahl als Jahresdurch-
schnittswert überschritt im Jahre 1975 erstmals die Millionengrenze. In den folgenden Jahren
2
Quelle: Heinrich Lützel: Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 1960 - 1984, Wirtschaft und
Statistik (WiSta), Heft 8/1985, S. 605.
3
Verhältnis des Bruttoeinkommens aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (nach Abzug eines kalkulatori-
schen Unternehmerlohns) zum Nettoanlagevermögen zu Wiederbeschaffungspreisen einschließlich der Vorräte
zu Buchwerten
4
Quelle: Handbuch einkommens-, vermögens- und sozialpolitischer Daten, Loseblattsammlung, Köln, Sach-
verständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 27/September 77, Abschnitt E 55
5
Quelle: Heinrich Lützel: Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 1960 - 1984, a.a.O., S. 605
5

bis 1980 ging sie zwar wieder leicht zurück, die Werte der 60-er und frühen 70-er Jahre
wurden jedoch nie wieder erreicht.
Abb. 1:
Arbeitslose und offene Stellen im früheren Bundesgebiet
und in den neuen
Ländern einschl. Berlin-Ost, Jahresdurchschnittswerte. Bis 1958 ohne Angaben für
das Saarland.
6
Politisch waren die 70-er Jahre geprägt von der Tätigkeit der SPD-geführten Bundesregie-
rung. Im Jahre 1969 löste eine sozial-liberale Koalition die bis dahin regierende CDU ab,
zunächst mit Willy Brandt als Bundeskanzler, ab 1974 unter der Führung von Helmut
Schmidt. Karl Schiller (SPD), der zunächst Wirtschafts- und später auch Finanzminister
wurde, war wichtiger Fürsprecher einer antizyklischen, auf die Stimulierung der Nachfrage
zielenden und Haushaltsdefizite bewusst in Kauf nehmenden staatlichen Wirtschafts- und
Fiskalpolitik. Nachdem er erkannte, dass er seine Vorstellungen im Bundeskabinett nicht
durchsetzen konnte, trat er im Juli 1972 von seinem Amt zurück.
Wichtige gesetzgeberische Projekte der 70-er Jahre waren unter anderem das Betriebsverfas-
sungsgesetz (1971), das Bundesausbildungsförderungsgesetz (1971), das Gesetz über Kon-
kursausfallgeld (1974), das Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheits-
falle (1969) oder das Dritte Vermögensbildungsgesetz (1970).
6
Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, Grafik in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 1999, Zahlen und
Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2000, S. 97
6

Im Rahmen des Stabilitätsprogramms der Bundesregierung ist für die Zeit vom 01.07.1973
bis 30.06.1974 ein 10%-iger ,,Stabilitätszuschlag" zur Einkommen- und Körperschaftsteuer
erhoben worden, der zusammen mit der ,,Investitionssteuer" (09.05. bis 30.11.1973) zinslos
als Konjunkturausgleichsrücklage bei der Bundesbank stillgelegt wurde. Ab Dezember 1974
wurden die stillgelegten Mittel wieder freigegeben. Zur Konjunkturbelebung sollte das Inve-
stitionszulagengesetz von 1975 dienen, wonach für betriebliche Investitionen, die im Zeit-
raum vom 01.12.1974 bis 30.06.1975 begonnen und innerhalb bestimmter Fristen abge-
schlossen wurden, eine Zulage von 7,5 % gewährt wurde.
Die Staatsverschuldung wurde in weit stärkerem Maße als zuvor als Instrument zur
Finanzierung staatlicher Vorhaben eingesetzt. Während noch in den 60-er Jahren die
Kreditmarktschulden der öffentlichen Haushalte langsamer als das Bruttoinlandsprodukt
(BIP) gestiegen waren und 1970 mit 123 Mrd. DM 18,2 % des BIP betrugen, erreichten sie im
Jahre 1980 31,4 % des Bruttoinlandsproduktes.
1.2. Die ökonomische und politische Situation in Deutschland in den neunziger Jahren
In den 90-er Jahren war die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gekennzeichnet von
durchschnittlich geringeren Wachstumsraten und von anhaltend höherer Arbeitslosigkeit als
in den 70-er Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im Jahre 1993 gegenüber
dem Vorjahr preisbereinigt um 1,2 %. In den übrigen Jahren lagen die Wachstumsraten zwi-
schen 1,2 und 2,8 %.
7
Die Arbeitslosenzahl lag in den alten Bundesländern nur noch in den
Jahren 1990 bis 1992 unter der 2-Millionen-Grenze, sie stieg bis auf 3 Millionen im Jahre
1997.
8
Die deutsche Wirtschaft war zunehmend dem Prozess der Globalisierung ausgesetzt und
beteiligte sich auch selbst aktiv daran. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion
wurde schrittweise von der Idee zur Wirklichkeit. Eine besondere Rolle spielte die Vereini-
gung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990.
7
Quelle: Statistisches Bundesamt (Hrsg): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Fachserie 18, Reihe 1.1,
Wiesbaden 1998, S. 6
8
Jahresdurchschnittswerte. Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport
1999, a.a.O., S. 95.
7

Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte stieg auf neue Höchststände und erreichte im
Jahre 1998 mit 2.280,2 Mrd. DM einen Wert, der 60 % des BIP betrug.
Abb. 2:
Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Deutschland 1960 ­ 2000 im
Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt
9
0
500.000
1.000.000
1.500.000
2.000.000
2.500.000
3.000.000
3.500.000
4.000.000
4.500.000
1960
1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr
Millionen DM
Bruttoinlandsprodukt
Schulden der öffentlichen Haushalte
insgesamt
Schulden des Bundes, ab 1990 incl. Fonds
Deutsche Einheit, ab 1999 incl.
Erblastentilgungsfond und
Bundeseisenbahnvermögen
Schulden der Länder
Schulden der Gemeinden, einschl.
Zweckverbände
In der Politik hatte die seit 1982 von CDU und FDP getragene Bundesregierung versucht,
auf diese Probleme Antworten zu finden und das wirtschaftliche und soziale Leben zu
gestalten. In der Wirtschaftspolitik wurden einige neue Akzente gesetzt. Die Theorie des
Neoliberalismus wurde zunächst in den USA, später auch in den westeuropäischen Ländern
zu einer einflussreichen Wirtschaftslehre. Viele Wirtschafts- und Sozialgesetze wurden
modifiziert.
Einige Reformprojekte in Deutschland waren unter anderem die Einführung einer Pflegever-
sicherung (1994), das fünfte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung (1994) oder das
Gesetz zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung (1995). Zur Erhö-
hung der Flexibilität des Arbeitsmarktes sollten die Lockerung des Kündigungsschutzes
(1996), der Wegfall des Schlechtwettergeldes auf dem Bau (1996) oder das Arbeitsförde-
rungsreformgesetz (1997) beitragen. Das Fördergebietsgesetz (1991) und das mehrfach
geänderte Investitionszulagengesetz hatte zum Ziel, die Investitionstätigkeit in den neuen
9
Grafik erstellt unter Zugrundelegung von Bundesbankberichten und Veröffentlichungen des Statistischen
Bundesamtes. Ab 1991 einschließlich der neuen Bundesländer. Quellen: Deutsche Bundesbank: 40 Jahre
Deutsche Mark. Monetäre Statistiken 1948 ­ 1987 S. 237, Monatsbericht Dezember 1995, S. 56f Stat. Teil,
Monatsbericht März 2002, S. 55f Stat. Teil, Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Volkswirtschaftliche Gesamt-
rechnungen, Fachserie 18, Reihe 1.1, Wiesbaden 1998, S. 6, aktuelle Angaben auf der Homepage des
Statistischen Bundesamtes, http://www.statistk-bund.de/, sowie eigene Berechnungen.
8

Bundesländern anzuregen, um den Kapitalstock im Gebiet der ehemaligen DDR zu
modernisieren und zu vergrößern.
Das Umfeld für die Haushalte zu wirtschaften, Einkommen zu erzielen, zu sparen oder zu
konsumieren, hat sich in den Vergleichszeiträumen also deutlich verändert.
Das Volkseinkommen je Erwerbstätigen war 1998 im Vergleich zu 1970 preisbereinigt um
63,3 % gestiegen.
10
Es ist zu untersuchen, wie sich die in diesem Zeitraum erfolgte Wohl-
standsmehrung und die vollzogenen rechtlichen und strukturellen Veränderungen auf die
personelle Einkommens- und Vermögensverteilung ausgewirkt haben und welche Daten für
diesen Vergleich zur Verfügung stehen.
10
vgl. Tabelle 1.
9

2. Die Einkommensverteilung und deren Entwicklung in den neunziger Jahren im
Vergleich zu den siebziger Jahren
2.1. Die Datenbasis und die Aussagekraft bisher vorliegender Untersuchungen
Untersuchungen über die Größenverteilung von Einkommen und Vermögen in der Bundes-
republik Deutschland können sich auf zahlreiche Erhebungen und Statistiken stützen.
Die wichtigsten sind:
- die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR),
- die Einkommens- und Verbrauchsstichproben (EVS),
- das Sozio-Ökonomische Panel der Universität Frankfurt a.M. (SOEP),
- Lohn-, Einkommen- und Vermögensteuerstatistiken,
- der
Mikrozensus,
- Gehalts- und Lohnstrukturerhebungen,
- Geschäftsstatistiken verschiedener Sozialleistungsträger.
Vor ihrer Verwendung und Auswertung sind sie jedoch kritisch zu prüfen. Die von den ver-
schiedenen Institutionen in Auftrag gegeben Statistiken unterscheiden sich hinsichtlich der
Konzeption, des einbezogenen Personenkreises, der Abgrenzung der Merkmalsträger oder
dem Inhalt der verwendeten Einkommens- und Vermögensbegriffe häufig so stark, dass die
Ergebnisse nicht miteinander vergleichbar sind. Selbst die von der gleichen Behörde oder
Institution durchgeführten Befragungen oder erstellten Statistiken haben im Laufe der Jahre
methodische oder konzeptionelle Änderungen erfahren, so dass ein direkter Vergleich ein-
geschränkt ist.
2.1.1. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) werden auf der Grundlage von Ergebnissen
aus praktisch allen Gebieten der Wirtschafts- und Finanzstatistik aufgestellt. In unregel-
mäßigen Abständen wird das Einkommen nach Haushaltsgruppen ermittelt. Der Nachweis der
Verteilung und Verwendung der Einkommen der privaten Haushalte nach sozioökonomischen
10

Haushaltsgruppen, nach Einkommensgrößenklassen, nach der Haushaltsgröße und weiteren
Merkmalen ergänzt die aggregierte Einkommensdarstellung für den Sektor ,,Private Haus-
halte". Den jährlichen Vermögensrechnungen lassen sich Daten über die Sachvermögens-
bildung entnehmen. Die VGR liefert keine detaillierten Aussagen zur Einkommens- oder
Vermögenskonzentration. Zum 28.04.1999 wurde die deutsche VGR auf das Europäische
System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 1995 umgestellt.
2.1.2. Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
Hinsichtlich der Einkommenserfassung stellt die seit 1962/63 jeweils in etwa fünfjährigem
Abstand durchgeführte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen
Bundesamts die verlässlichste Datenquelle dar. Rechtsgrundlage für die Erhebung ist das
Gesetz über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte in Verbindung mit
dem Gesetz über Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz).
Angestrebt wird, bis 0,3% aller privaten Haushalte zu einzubeziehen. An der EVS 1993 haben
mehr als 50.000 Haushalte teilgenommen. Während einer einjährigen Erhebungsperiode
wurden Einkommen und Ausgaben detailliert dokumentiert, was zu einem hohen Grad an
Genauigkeit führte. Bei der EVS 1998 wurde auf ein Rotationsverfahren mit Quartalsan-
schreibungen umgestellt. Damit könnte es im Vergleich zu den Vorjahren zu einer höheren
Streuung gekommen sein. Die EVS ist eine Quoten-, keine Zufallsstichprobe und wird auf der
Basis des jeweiligen Mikrozensus hochgerechnet.
Haushalte mit besonders hohen Einkommen bleiben unberücksichtigt, wobei die Obergrenze
in den einzelnen Schritten der Preis- und Wohlstandsentwicklung angepasst wurde. Die
Abschneidegrenzen in Bezug auf das Haushaltsnettoeinkommen pro Monat betrugen 1969
10.000 DM, 1973 15.000 DM, 1978 20.000 DM, 1983 und 1988 25.000 DM, 1993 und 1998
35.000 DM. Aber auch unterhalb dieser Abschneidegrenze muss damit gerechnet werden,
dass die Haushalte mit hohem Einkommen zu schwach repräsentiert sind, weil die Auskunfts-
bereitschaft dieser Haushaltsgruppen gering ist.
11
Auch am unteren Rand werden bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgeblendet, Personen, die
in Einrichtungen leben (z.B. Justizvollzug, Kasernen, Pflegeheime) werden ebenso wenig
erfasst wie Wohnungslose.
11
Vgl.: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wirtschaftsrechnungen, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
1993, Fachserie 15, Heft 4, Wiesbaden 1997, S. 30
11

Problematisch ist weiterhin die fehlende Repräsentativität bezüglich der ausländischen
Bevölkerung. Die 7. EVS 1993 wurde erstmals in West- und Ostdeutschland durchgeführt,
außerdem wurden hier erstmals Haushalte von Ausländern einbezogen. Die Teilnahmebereit-
schaft dieser Gruppe war aber sehr gering. Es muss auch mit Verzerrungen gerechnet werden,
da die ausländische Bevölkerung nicht gesondert hochgerechnet wird.
Zumindest die ersten beiden Einschränkungen lassen vermuten, dass die statistisch erfasste
Ungleichheit der Einkommensverteilung und möglicherweise auch ihre Änderung im Zeit-
ablauf in der EVS geringer erscheinen, als sie tatsächlich sind.
Angaben zu Lebenslageaspekten, wie zur Biografie der erwachsenen Personen, zum Gesund-
heitszustand, zu Behinderungen oder zur subjektiven Zufriedenheit, werden bei der EVS nicht
erfragt. Eingeschränkt vorhanden sind Angaben zur Wohnsituation.
2.1.3. Das Sozio-Ökonomische Panel
Das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP), entwickelt von den Universitäten Frankfurt a.M. und
Mannheim, wird von Infratest Sozialforschung im Auftrag des Deutschen Instituts für Wirt-
schaftsforschung (DIW Berlin) durchgeführt und vom DIW ausgewertet.
Es stellt eine repräsentative Längsschnittbefragung dar, die 1984 mit der Befragung von ca.
6.000 Haushalten begann. Seitdem wird jedes Haushaltsmitglied, das älter ist als 16 Jahre,
jährlich zu den verschiedensten Bereichen befragt. Das Panel wies 1998 einen Stichproben-
umfang von etwa 5.800 westdeutschen und 1.900 ostdeutschen Haushalten auf.
Der Vorteil des SOEP liegt zum einen darin, dass es als Panelbefragung eine Analyse im Zeit-
verlauf erlaubt. Zum anderen erfasst das SOEP auch die ausländische Bevölkerung. Von einer
Untererfassung besonders hoher Einkommen ist aber auch im SOEP auszugehen, ebenso von
einer Untererfassung der wohnungslosen oder in Einrichtungen lebenden Personen. Dazu
kommt, dass der beschränkte Stichprobenumfang (etwa ein Zehntel der in der EVS erfassten
Haushalte) keine differenzierteren Analysen von Teilgruppen, z.B. der Bezieher niedriger
Einkommen, erlaubt.
2.1.4. Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik
Eine weitere Datenquelle auf der Basis von Einzeldatensätzen stellt die Lohn- und
Einkommensteuerstatistik dar.
12

Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik ist die einzige Erhebung in Deutschland, die auch
hohe und höchste Einkommen erfasst. Zu berücksichtigen ist, dass diese Statistik für steuer-
liche und fiskalische Zwecke und nicht für die Untersuchung der Einkommensverteilung
konzipiert worden ist. Zusammenveranlagte Ehepaare erscheinen als ein Steuerpflichtiger.
Angesichts vielfältiger steuerrechtlicher Abschreibungsmöglichkeiten ist das zu versteuernde
Einkommen im Hinblick auf das tatsächlich erzielte Einkommen gerade im oberen Bereich
nur eingeschränkt aussagekräftig.
Im Jahr 1995 wurden 400 Merkmale für ca. 40 Mio. Personen erfasst. Damit war etwa jeder
zweite Bundesbürger in der Statistik vertreten. Nicht enthalten sind die Angaben derjenigen
Personen, die keine Steuererklärung einreichen, weil ihre Einkünfte z. B. als Rentner, Student,
geringfügig Beschäftigter oder Sozialhilfebezieher, nicht oder nur teilweise der Steuerpflicht
unterliegen. Nach den Erfahrungen der Finanzbehörden gibt eine unbekannte Zahl von Steu-
erpflichtigen ihre Lohnsteuerkarte nicht bei den Finanzämtern ab, obwohl teilweise Arbeits-
lohn bezogen wurde. Diese Personen sind in der Statistik ebenfalls nicht berücksichtigt.
2.1.5. Der Mikrozensus
Die vom Umfang her größte Haushaltsstichprobe ist der vom Statistischen Bundesamt in
jährlichem Abstand durchgeführte Mikrozensus, der 1% der Bevölkerung umfasst. Befragt
werden während einer Berichtswoche rund 800.000 Personen in ca. 370.000 Haushalten. Der
Mikrozensus ist als Mehrzweckstichprobe angelegt. Er stellt umfangreiche Angaben zur
Bevölkerungsstruktur, zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bevölkerung und der
Familien und Haushalte sowie zur Erwerbssituation, Ausbildung und Wohnverhältnissen
bereit. Er liefert jedoch keine differenzierten Einkommensdaten. Vermögensdaten werden
nicht erhoben.
Bei allen genannten Individualbefragungen muss beachtet werden, dass die Aussagekraft der
Ergebnisse wesentlich von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Haushalte
abhängt. Einkommensangaben, die zu einem bestimmten Stichtag (z. B. beim sozio-ökono-
mischen Panel) oder in einer Berichtswoche (z. B. beim Mikrozensus) erhoben werden, sind
generell deshalb mit Zurückhaltung zu bewerten, da davon auszugehen ist, dass nur ein
geringer Teil der Befragten in der Lage ist, an einem Stichtag alle, auch die unregelmäßig
zufließenden Einkommen eines Haushalts auch nur annähernd treffgenau anzugeben.
13

Schließlich sind viele Daten aufgrund langer Aufbereitungszeiten erst mit erheblicher
zeitlicher Verzögerung verfügbar. So konnten trotz Nutzung der modernen Datenver-
arbeitungstechnik die wesentlichen Ergebnisse der EVS 1998 erst im Jahre 2001
veröffentlicht werden.
2.2. Die funktionelle Einkommensverteilung als Ergebnis der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung
Aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung lässt sich ablesen, welchen Anteil die Arbeit-
nehmerentgelte
12
und die Unternehmens- und Vermögenseinkommen
13
am Volkseinkommen
haben. Damit wird der Anteil dargestellt, den die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital
(einschließlich Boden) am erzielten Volkseinkommen haben, die sogenannte funktionale
Einkommensverteilung. Diese kann man auch als Lohnquote bzw. Gewinnquote ausdrücken.
Möglicherweise wegen ihrer leichten Verfügbarkeit spielte die Lohnquote immer wieder eine
bedeutsame Rolle in tarifpolitischen Diskussionen.
Betrachtet man in Tabelle 1 den Entwicklung der tatsächlichen Lohnquote, so erscheint
zunächst deren Anstieg von 68,0 % im Jahre 1970 auf 75,8 % im Jahre 1980 und der dann
einsetzende Rückgang sowohl für Westdeutschland als auch für Gesamtdeutschland bemer-
kenswert. Lediglich nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten war dieser Prozess
für drei Jahre unterbrochen.
Allerdings kann man aus dieser Entwicklung noch nicht schlussfolgern, dass sich die Vertei-
lungsposition der Arbeitnehmer relativ zu den Beziehern von Unternehmer- und Vermögens-
einkommen in gleichem Maße verändert hätten. Denn auch der Anteil der Arbeitnehmer an
der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, die sogenannte Arbeitnehmerquote (hier berechnet nach
dem Inländerkonzept), hat sich verändert. Von 1970, mit 83,4 % dem niedrigsten Stand im
Betrachtungszeitraum, ist sie bis auf über 89 % im Jahre 1990 gestiegen und verharrt seither
im Wesentlichen auf diesem hohen Niveau. Die Arbeitnehmer mussten sich also ihren Anteil
am Volkseinkommen mit einer größeren Zahl von Beschäftigten als im Jahre 1970 teilen.
Indem man die Beschäftigungsstruktur konstant hält, kann man Aussagen über die
Veränderung des durchschnittlichen Lohns im Verhältnis zum durchschnittlichen Einkommen
12
nach ESVG 1995, frühere Bezeichnung: Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit
13
nach ESVG 1995, frühere Bezeichnung: Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen
14

aller Erwerbstätigen treffen. Die bereinigte Lohnquote (tatsächliche Lohnquote / Arbeitneh-
merquote * Arbeitnehmerquote des Basisjahres, hier 1970) zeigt von 1970 (68,0 %) bis 1975
15

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1973
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1990
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31.
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(71,9 %) einen Anstieg, um danach bis 1991 auf 64,9 % im früheren Bundesgebiet zu fallen.
Die Einbeziehung der neuen Bundesländer 1991 bedeutete zunächst einen Anstieg wegen der
insgesamt negativen Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Gebiet der ehe-
maligen DDR, sichtbar an dem entsprechenden Wert, der 1991 für Gesamtdeutschland gerin-
ger war als für die alten Bundesländer. Im Jahre 1998 lag sie nur noch bei 63,8 %.
Die Schwankungen waren großenteils konjunkturbedingt. Die bereinigte Lohnquote war am
höchsten in den Rezessionsjahren 1975 und 1993 (vgl. Abschnitt 1.1. und 1.2.). In den neuen
Bundesländern war sie höher als in den alten, verursacht durch die schlechtere Gewinnlage
der Unternehmen dieser Region.
Zu beachten ist auch, dass die Arbeitgeber-Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung in
die Lohnquote einfließen. So kann staatliches Handeln, z. B. die Steigerung des Beitrags-
satzes zu einer Sozialversicherung oder die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze,
unabhängig vom Willen der Tarifparteien zur Erhöhung der Lohnquote führen, obwohl die
Nettolöhne dabei sogar sinken.
In den Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen sind auch kalkulatorische
Unternehmerlöhne enthalten, d. h. der fiktive Arbeitslohn für Selbständige oder für mithel-
fende Familienangehörige. Deshalb wurde das Konzept der Arbeitseinkommensquote ent-
wickelt, bei deren Berechnung neben dem Einkommen aus unselbständiger Arbeit ein kalku-
latorisches Arbeitseinkommen der Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen
unterstellt wird. Auf diese Weise wird versucht, das gesamte Entgelt des Produktionsfaktors
Arbeit zu erfassen.
14
In welcher Höhe man das Arbeitseinkommen der Selbständigen und Mithelfenden ansetzt,
steht nicht von vornherein fest. Hier (s. Tabelle 1) wird jedem von ihnen das Durchschnitts-
einkommen der Arbeitnehmer zugerechnet. In diesem Fall gibt die Arbeitseinkommensquote
an, in welchem Verhältnis das Arbeitseinkommen je erwerbstätigem Inländer zum durch-
schnittlichen Volkseinkommen steht.
Die Tabelle zeigt, dass die Arbeitseinkommensquote ebenso wie die bereinigte Lohnquote seit
1975 eine fallende Tendenz aufweist. Das bedeutet, dass Vermögens- und Gewinneinkommen
einen steigenden Anteil am Volkseinkommen ausmachen.
Aber da die Individualeinkommen innerhalb der beiden Gruppen sich von deren Durch-
schnittseinkommen durchaus unterscheiden und Unselbständige zunehmend auch andere als
14
vgl. Bedau: Anteil der Arbeitseinkommen in fast allen Mitgliedsländern der Europäischen Union seit 1980
rückläufig, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW), Wochenbericht 48/1997
17

Lohneinkommen beziehen, haben die Daten zur funktionellen Einkommensverteilung ihre
Aussagekraft in der Verteilungsdiskussion weitgehend verloren.
2.3. Die Größenverteilung der Einkommen
2.3.1. Der Gini-Koeffizient als Maßzahl zur Einkommenskonzentration
Um das Ausmaß der relativen Konzentration bzw. Streuung der Einkommen anzugeben, wird
häufig der Gini-Koeffizient verwendet. Der Gini-Koeffizient basiert auf der Lorenzkurve.
Dazu werden auf der Abszisse die kumulierten Prozentpunkte der Einkommensempfänger
und auf der Ordinate die kumulierten Einkommensanteile der jeweils erfassten Einkommens-
gruppen am Gesamteinkommen abgetragen. Der Gini-Koeffizient beinhaltet die Informatio-
nen der Lorenzkurve in einer Maßzahl. Sie entspricht dem Verhältnis der Fläche zwischen der
Gleichverteilungslinie (45°) und der jeweiligen Lorenzkurve zum gesamten Dreieck. Der sich
ergebende Wert liegt zwischen 0 (bei Gleichverteilung) und 1 (bei höchst-möglicher Konzen-
tration).
Die in den Statistiken übliche Einteilung der Empfänger in Einkommensgrößenklassen hat
systematisch bedingt großen Einfluss auf die Höhe des Gini-Koeffizienten, da innerhalb einer
Größenklasse jeweils Gleichverteilung impliziert wird. Grafisch entstehen unterhalb der
Gleichverteilungslinie einzelne Trapezflächen (F), deren Begrenzung die Größenklassen und
die jeweilige Besetzung bilden.
Abb. 3: Skizze einer Lorenzkurve für klassierte Werte
15
Zur Ermittlung des Gini-Koeffizienten wird die Summe dieser Werte dividiert durch die
Fläche des Dreiecks unter der Gleichverteilungslinie und von der Zahl 1 abgezogen.
15
Quelle: Dr. Ricabal: Messung der relativen Konzentration, http://www.wiwi.uni-rostock.de/
18

Die größte Sensitivität weist der Gini-Koeffizient bei Veränderungen im mittleren Einkom-
mensbereich auf. Nachteilig ist, dass man bei Änderungen des Koeffizienten im Zeitablauf
nicht erkennen kann, ob überwiegend das obere oder das untere Einkommenssegment von der
Veränderung betroffen ist.
2.3.2. Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik
In der Bundesrepublik Deutschland werden in seit 1950 in zunächst unregelmäßigem, seit
1965 in dreijährigem Abstand Lohn- und Einkommensteuerstatistiken erhoben. Grundlage ist
das Gesetz über die Steuerstatistiken (1966) in der jeweils geltenden Fassung. Bis 1989
wurden die Einkommen der Lohnsteuer- und der Einkommensteuerpflichtigen statistisch
getrennt erfasst. In der ersten Gruppe waren alle Lohn- oder Gehaltsempfänger enthalten.
Sofern sie allerdings noch weitere Einkünfte über 800 DM, z. B. aus Vermietung und
Verpachtung oder aus selbständiger Arbeit, bezogen oder ihre Einkünfte aus nichtselbstän-
diger Arbeit die Veranlagungsgrenze (1974 16.000 DM für zusammenveranlagte Ehegatten,
bis 1992 schrittweise erhöht auf 54.000 DM, für Ledige jeweils 8.000 bzw. 27.000 DM
16
)
überstiegen, wurden sie zusätzlich noch in der Einkommensteuerstatistik aufgeführt.
Beide Statistiken wurden unabhängig voneinander geführt.
Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Verteilung der Einkommen aus nichtselbständiger
Arbeit auf die lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmer für das Jahr 1974. Danach entfielen auf ein
Viertel der Lohnempfänger mit den niedrigsten Löhnen, in der Tabelle die unteren beiden
Gruppen, weniger als 6 % der Bruttolöhne. Die niedrigen Durchschnittsjahreslöhne weisen
darauf hin, dass in diesen Gruppen eine große Zahl von Auszubildenden, Teilzeit- oder nicht
ganzjährig Beschäftigten enthalten sein dürfte. Mehr als 70 % der Lohnsteuerpflichtigen lagen
in den Einkommensklassen zwischen 12.000 und 50.000 DM. Den beiden obersten Einkom-
mensklassen gehörten knapp 0,2 % der Lohnempfänger an. Das bedeutet, dass bereits im
Jahre 1974 37.000 Arbeitnehmer einen Jahresbruttolohn von 100.000 DM oder mehr
erzielten.
Die durchschnittliche steuerliche Belastung nahm, wie wegen des progressiven Tarifs zu
erwarten war, mit steigendem Bruttolohn von 1,4 % in der untersten Klasse bis auf 40,4 % in
der obersten Lohnklasse zu. Die durchschnittliche Steuerbelastung aller Lohnempfänger lag
16
vgl. § 46 EStG in der jeweils geltenden Fassung.
19

bei 14,5 %. Angesichts des damals geltenden geringen Grundfreibetrages von 1.680 DM und
der Grenzsteuersätze von 19 bis 53 % erscheint dieser Wert relativ niedrig.
Tabelle 2: Einkom m enssituation der Lohnsteuerpflichtigen in den alten B undesländern 1974
1
Jahresbruttolohn Anteil d. Gruppe
Anteil
Anteil
Durchschnitts-
Lohnsteuer
von ... DM bis
an der Gesamt-
der Gruppe
der Gruppe
bruttolohn je
der Gruppe
unter ... DM
zahl der
am Gesamt-
am Gesamt-
LSt-pflichtigem
in % des
LSt-pflichtigen
bruttolohn
nettolohn
in der Gruppe
Bruttolohns
in %
in %
in %
in DM
unter 4.800
12,72
1,22
1,41
2.175
1,40
4.800 - 12.000
12,64
4,70
5,09
8.414
7,41
12.000 - 25.000
35,79
30,04
30,89
16.365
12,03
25.000 - 50.000
34,55
51,83
51,41
33.930
15,17
50.000 - 75.000
3,66
9,37
8,80
57.969
19,67
75.000 - 100.000
0,46
1,69
1,50
83.978
24,22
100.000 - 200.000
0,16
0,89
0,72
125.046
30,94
200.000 und mehr
0,02
0,25
0,18
311.164
40,37
insgesamt:
100,0
100,0
100,0
22.619
14,47
(20,81 Mio.)
(470,6 Mrd. DM) (402,5 Mrd. DM)
G ini-Koeffizienten
vor Steuern: nach Steuern:
berechnet nach O riginaldaten (14 G rößenklassen):
0,3573
0,3383
berechnet nach zusam m engefassten D aten (8 G rößenklassen):
0,3317
0,3143
1
Q uelle: Statistisches Bundesam t (H rsg): Fachserie 14, Finanzen und Steuern, R eihe 7.3:
Lohnsteuer 1974, W iesbaden 1977, S. 20, sow ie eigene Berechnungen.
Der Grad der Ungleichverteilung, gemessen am Gini-Koeffizienten, betrug für die Brutto-
löhne 0,3573 und für die Löhne nach Steuern 0,3383, was auf eine deutliche Nivellierung der
Einkommen durch die Lohnsteuer hinweist. Der ausgleichende Effekt, den die Verringerung
der Zahl der Einkommensklassen gegenüber den Originaldaten bewirkt, wird durch die
erheblich niedrigeren Werte für die jeweiligen Gini-Koeffizienten ebenfalls sichtbar.
Die Verteilung des Gesamtbetrages der Einkünfte auf die veranlagten Steuerpflichtigen
desselben Jahres (Tabelle 3) zeigt ein anderes Bild.
Auffallend ist ein mit 12,4 % im Vergleich zu den Lohnempfängern nur etwa halb so hoher
Prozentsatz der Einkommensbezieher der unteren beiden Einkommensklassen sowie der mit
3 % relativ hohe Anteil der Einkommensempfänger mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte
von 100.000 DM und mehr. Dies weist auf eine insgesamt höhere Ungleichverteilung des
20

Gesamtbetrages der Einkünfte als die der zuvor dargestellten Bruttolöhne hin.
17
Der Gini-
Koeffizient von 0,3675 im Vergleich zu 0,3317
18
bestätigt dies.
Auch bei den veranlagten Einkommensteuerpflichtigen zeigt sich die progressive Wirkung
der Einkommensteuer an den mit zunehmendem Einkommen steigenden Werten der durch-
schnittlichen Steuerbelastung. Dadurch beträgt der Gini-Koeffizient für die um die Einkom-
mensteuer verminderten Gesamtbeträge der Einkünfte nur noch 0,3146 und ist damit fast so
niedrig wie der für die Löhne nach Steuern ermittelte Wert.
Tabelle 3: Einkom m enssituation der veranlagten Einkom m ensteuerpflichtigen in den alten B undes-
ländern 1974
1
Gesamtbetrag
Anteil d. Gruppe
Anteil der
Anteil d.Gruppe durchschnittl. ESt d.Gruppe
der Einkünfte
an der Gesamt-
Gruppe am
am Gesamtbe- Gesamtbetrag in % des Ge-
von ... DM bis
zahl der
Gesamtbetrag trag d.Einkünfte der Einkünfte samtbetrags
unter ... DM
Steuerpflichtigen der Einkünfte
abzgl. ESt
in der Gruppe der Einkünfte
in %
in %
in %
in DM
unter 5.000
3,23
0,3
0,4
3.388
1,1
5.000 - 12.000
9,13
2,1
2,5
8.517
5,6
12.000 - 25.000
23,34
11,9
13,4
19.055
10,9
25.000 - 50.000
49,90
47,3
50,0
35.406
16,4
50.000 - 75.000
9,20
14,5
14,3
58.964
21,9
75.000 - 100.000
2,16
4,9
4,6
85.332
26,2
100.000 - 250.000
2,43
9,6
8,1
146.552
33,0
über 250.000
0,61
9,4
6,7
574.212
43,1
insgesamt:
100,0
100,0
100,0
37.328
20,9
(8,7 Mio.)
(324,6 Mrd. DM) (256,8 Mrd. DM)
G ini-Koeffizienten
vor Steuern: nach Steuern:
berechnet nach O riginaldaten (16 G rößenklassen):
0,3680
0,3169
berechnet nach zusam m engefassten D aten (8 G rößenklassen):
0,3657
0,3146
1
Q uellen: W olfgang R osinus: Einkom m en und Besteuerung der Einkom m ensteuerpflichtigen, Ergebnis
der Einkom m ensteuerstatistik 1974, W irtschaft und Statistik, H eft 12/1978, S. 772 ff., sow ie eigene
Berechnungen.
Die Tabelle 4 spiegelt die Entwicklung wider, die sich in der Lohnstruktur im früheren
Bundesgebiet bis zum Jahr 1992 vollzogen hat.
Der durchschnittliche Bruttolohn je Beschäftigten hat sich im Vergleich zu 1974 nominal
mehr als verdoppelt. Die Besetzungszahlen der unteren vier Lohngrößenklassen haben ab-
genommen, die der oberen vier entsprechend zugenommen. Doch die Größenverteilung der
Löhne ist nicht gleichmäßiger geworden. Das untere Viertel der Lohnempfänger, die ersten
17
Bei einem Vergleich der Daten ist allerdings zu beachten, dass die Einkommensgrößen und die Angabe der
Steuerbelastung in % nicht vollständig miteinander vergleichbar sind, da steuersystematisch beim Gesamtbetrag
der Einkünfte die Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben bereits abgezogen sind und beim Bruttolohn nicht.
18
Um systematische Verzerrungen auszuschließen, dürfen hier nur die Gini-Koeffizienten der zusammenge-
fassten Daten, nicht der Originaltabellen, verglichen werden, da die Zahl der Einkommensklassen in den beiden
Statistiken abweicht.
21

drei Klassen in Tabelle 4, erzielten im Jahr 1992 weniger als 5 % (1974: 6 %) aller Brutto-
löhne. Die oberen 11 % der Arbeitnehmer vereinigten 28 % der Bruttolöhne auf sich. Unter
diesen waren auch 1.975 Beschäftigte mit einem Bruttolohn von über 1 Million DM. Der
Vergleich der Gini-Koeffizienten (0,3969 zu 0,3317 im Jahre 1974) unterstreicht die deutlich
gewachsene Ungleichverteilung der Bruttolöhne und -gehälter.
Die nivellierende Wirkung der Lohnsteuer ist an der Tabelle und den Gini-Koeffizienten
wiederum gut abzulesen. Auffällig ist, dass sich die durchschnittliche Steuerbelastung der
Bruttolöhne mit 15,8 % (1974: 14,5 %) nur moderat erhöht hat, obwohl die Bruttolöhne im
Durchschnitt um den Faktor 2,4 gestiegen waren. Auch in der obersten Einkommensklasse,
wo der durchschnittliche Bruttolohn 1992 mit 383.147 DM einen um 23 % höheren Wert als
im Jahre 1974 aufwies, war die durchschnittliche Steuerbelastung auf 35,7 % (1974: 40,4 %)
des Bruttolohns zurückgegangen. Die Prozentsätze für den Eingangs- und den Spitzensteuer-
satz lagen 1992 nach zwischenzeitlichen Änderungen wieder bei 19 bzw. 53 %, d. h. in der
gleichen Höhe wie 1974. Offensichtlich gab es also andere Freibeträge, Förder- und Abzugs-
möglichkeiten, die die Arbeitnehmer zur Reduzierung ihrer Steuerlast nutzen konnten.
Tabelle 4: Einkom m enssituation der Lohnsteuerpflichtigen in den alten Bundesländern 1992
1
Jahresbruttolohn Anteil d. Gruppe
Anteil
Anteil
Durchschnitts-
Lohnsteuer
von ... DM bis
an der Gesamt-
der Gruppe
der Gruppe
bruttolohn je
der Gruppe
unter ... DM
zahl der
am Gesamt- am Gesamt- LSt-pflichtigem
in % des
LSt-pflichtigen
bruttolohn
nettolohn
in der Gruppe
Bruttolohns
in %
in %
in %
in DM
unter 5.000
9,02
0,38
0,45
2.271
0,8
5.000 - 12.500
7,45
1,19
1,38
8.496
1,7
12.500 - 25.000
9,73
3,35
3,76
18.386
5,6
25.000 - 50.000
27,31
20,02
20,97
39.113
11,8
50.000 - 75.000
23,40
26,71
27,32
60.896
13,9
75.000 - 100.000
12,42
20,02
19,99
86.019
15,9
100.000 - 250.000
10,22
25,14
23,70
131.228
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über 250.000
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3,17
2,43
383.147
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100,0
100,0
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22

Ab dem Jahr 1992 wurden die Lohnsteuer- und die Einkommensteuerstatistik zusammen-
geführt. Angaben über die Lohnsteuerpflichtigen werden als Auszug aus der Gesamtheit der
Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen veröffentlicht, Doppelzählungen werden damit
vermieden.
Aufgrund der langen Dauer, die die Finanzbehörden für die Festsetzung der Steuern und die
anschließende Aufbereitung der Daten benötigen, liegt für 1998 gegenwärtig noch keine Ein-
kommensteuerstatistik vor. Die aktuellsten verfügbaren Daten beziehen sich auf den Veranla-
gungszeitraum 1995. Der Einkommensteuerstatistik 1995 sind keine gesonderten Nachweise
für die alten Bundesländer und das Beitrittgebiet zu entnehmen, da für das Land Berlin keine
Trennung in Ost- und Westberlin mehr vorgenommen wurde. Um einen näherungsweisen
Eindruck von den Größenverhältnissen der Einkommen zu erhalten, kann man die Angaben
für Berlin aus den Werten der Bundesländer eliminieren und den Ost-West- Vergleich voll-
ständig ohne Berlin vornehmen. Die so aufgestellte Tabelle 5 zeigt interessante Ergebnisse.
Es überrascht nicht, dass die Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen der neuen Bundesländer
(ohne Berlin-Ost) in den unteren Einkommensklassen mit höheren Anteilswerten vertreten
waren als die des früheren Bundesgebietes (ohne Berlin-West). Die Einkommensgruppe von
25.000 bis 50.000 DM war in beiden Teilen Deutschlands am häufigsten vertreten, jedoch nur
in Ostdeutschland bildete sie einen deutlich erkennbaren Schwerpunkt.
Bei den oberen vier Einkommensgruppen dominierten dagegen die Steuerpflichtigen der alten
Bundesländer. Nur 35,2 % der ostdeutschen Steuerzahler verfügten über einen Gesamtbetrag
der Einkünfte von mehr als 50.000 DM, gegenüber 49,6 % im Westen. Das Durchschnittsein-
kommen der höchsten Einkommensgruppe betrug mit 580.107 DM im Westen ca. 43 % mehr
als das in Ostdeutschland. Das ist hauptsächlich auf das Fehlen von Spitzenverdienern in den
neuen Bundesländern zurückzuführen. Den 19.782 Steuerpflichtigen mit einem Gesamtbetrag
der Einkünfte von über 1 Million DM im Westen standen lediglich 281 im Osten gegenüber
(jeweils ohne Berlin). In Berlin lebten 939 Steuerpflichtige dieser Einkommenskategorie.
Insgesamt lag der durchschnittliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Lohn- und Einkommen-
steuerpflichtigen in Westdeutschland (ohne Berlin-West) mit 61.873 DM um 33,4 % über
dem ostdeutschen Wert (46.379 DM), für das Jahr 1995 ein unerwartet deutlicher Unter-
schied.
Die niedrigeren Einkommen in Ostdeutschland gingen einher mit einer geringeren durch-
schnittlichen Steuerbelastung in fast allen Einkommensklassen. Der Durchschnittssteuersatz
23

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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832462116
ISBN (Paperback)
9783838662114
DOI
10.3239/9783832462116
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Hochschule Wildau, ehem. Technische Fachhochschule Wildau – Betriebswirtschaft/Wirtschaftsinformatik
Erscheinungsdatum
2002 (Dezember)
Note
1,4
Schlagworte
einkommen vermögen armut verteilungswirkungen finanzpolitik
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Titel: Zur Einkommens- und Vermögensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland in den neunziger Jahren im Vergleich zu den siebziger Jahren
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