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Fachwerksanierung am Beispiel des alten Rathauses Biesenthal

©2002 Diplomarbeit 182 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Im Verlauf dieser Arbeit wurde im Rahmen einer Einführung in das Gebiet des Fachwerkbaus und dessen Sanierung auf kritische Punkte hingewiesen, negative Beispiele sowie sinnvolle Alternativen wurden erläutert. Ziel des ersten Teils dieser Arbeit war, die Besonderheiten der Fachwerkkonstruktionen im Unterschied zu anderen Bauweisen hervorzuheben und so eine Grundlage für weiterführende Betrachtungen zu schaffen.
Darauf aufbauend sind diese Erkenntnisse am Alten Rathaus Biesenthal in mehreren Bereichen der Fachwerksanierung ausführlich und unter Einbeziehung eigener Vorschläge angewendet worden. Besonderheit dieses zweiten, größeren Teils der Diplomarbeit war, dass er sich in seiner Zusammensetzung kurzfristig nach dem aktuellen Sanierungsfortschritt in Biesenthal richtete und die nächsten durchzuführenden Maßnahmen aufgriff. Mit den ausführlich besprochenen Themen der Balkenkopfsanierung sowie der Dimensionierung von Innenwänden und Unterzügen wurden zwei der Kernpunkte einer Sanierung beschrieben. Verfahren und Alternativen sowie eigene Vorschläge wurden untersucht.
Neben diesen rein bautechnischen Aspekten war die Koordinierung der Gewerke und der zeitliche Ablauf wichtiger Bestandteil der Sanierung. Aus den „altbauspezifischen“ Eigenheiten ergeben sich im Vergleich zum Neubau für die Planung Schwierigkeiten, die eine zusätzliche Herausforderung darstellen.
Ebenso wurde auf den Umgang mit historischen Fachwerkkonstruktionen und das Verständnis für das jeweilige Gebäude aus denkmalschützerischer Sicht eingegangen. Die Anwendung der oben genannten, technischen Grundlagen muss immer mit den Grundgedanken des behutsamen, möglichst erhaltenden Vorgehens sowie der Achtung vor dem Gebäude und der Leistung seiner Erbauer gepaart sein.
Es hat sich gezeigt, dass die Tatsache der noch nicht vollständig vorliegenden Planung nicht die zunächst vermuteten Nachteile für das Erstellen der Arbeit mit sich brachte. Das Gegenteil war der Fall: Durch die Planung „Stück für Stück“ ergab sich die Möglichkeit auch eigene Vorschläge einzubringen und selbst jeweils auf die nächsten Sanierungsmaßnahmen einzugehen. Im Fall einer abgeschlossenen Planung wäre lediglich die Dokumentation der Arbeiten vorzunehmen gewesen.
Der Umgang mit historischen Holzkonstruktionen an sich ist bereits ein interessantes Aufgabenfeld, in Verbindung mit Sanierungstechniken und der Betrachtung von Bauabläufen und deren Optimierung ergibt sich eine noch […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6172
Faensen, Alexander: Fachwerksanierung am Beispiel des alten Rathauses Biesenthal
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Fachhochschule für Wirtschaft
und Technik, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
NHALT
I. Einleitung
3
1. Fachwerkbau
6
1.1 Einführung
6
1.1.1 Entwicklung und Stile
6
1.1.2 Aufbau
8
1.2 Bestandteile
10
1.2.1 Holz und Holzschutz
10
1.2.2 Verbindungen
17
1.2.3 Wandgefache
21
1.2.4 Fassade
23
1.2.5 Dach
24
1.3 Abbund und Richten
25
1.4 Fachwerktypische Schäden
28
1.4.1 Allgemein
28
1.4.2 Schädlinge
30
1.4.3 Schädlingsbekämpfung
31
1.4.4 Auswirkungen
32
1.4.5 Schäden aus Sanierungen
33
1.4.6 Regionale Schadensbilder
35
1.5 Untersuchungsmethoden
36
2. Altes Rathaus Biesenthal
40
2.1 Baubeschreibung
40
2.1.1 Lage
40
2.1.2 Geschichte
40
2.1.3 Gebäude (Bestand)
40
2.2 Schäden
43
2.2.1 Schadensbild
43
2.2.2 Maßnahmen
51

2.3 Sanierungskonzept
54
2.3.1 Begriff
54
2.3.2 Bauzustandsanalyse
56
2.3.3 Vorgaben/Vorschläge
59
2.3.4 Denkmalpflege
59
2.3.5 Beschreibung der Maßnahmen
63
2.4 Kosten und Termine
66
2.5 Holzbalkendecke
69
2.5.1 Allgemein
69
2.5.2 Situation
70
2.5.3 Balkenkopfverstärkung 1
76
2.5.4 Balkenkopfverstärkung 2
79
2.5.5 Weitere Verfahren
83
2.5.6 Auswechslung
84
2.6 Außenwand
86
2.6.1 Allgemein
86
2.6.2 Wärmeschutz
86
2.7 Innenwand
90
2.7.1 Allgemein
90
2.7.2 Situation
91
2.7.3 Längswände und Unterzüge
92
2.7.4 Querwände und Unterzüge
103
II. Zusammenfassung
108
III. Anlagen
110
1. Altes Rathaus ­ Bestand
2. Altes Rathaus ­ Abriß und Neubau
3. Altes Rathaus ­ Statische Berechnung Unterzüge
4. Altes Rathaus ­ Statische Berechnung Deckenbalken (Vorgabe)
IV. Literaturverzeichnis 173

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
I. Einleitung
3
I. Einleitung
Das Fachwerk zeigt so deutlich wie kaum eine andere Bauweise seine Funktion und den
Hintergrund seiner Entstehung: Durch die Tragstruktur werden Kräfteverläufe deutlich;
Stil, Größe, Ausführungsgüte und Wahl der Holzverbindungen geben Hinweise auf
Entstehungszeit, Region, Bedeutung und Nutzung des Gebäudes.
Das Ziel, diese historischen Gebäude zu erhalten und somit auch ihre Aussagekraft
bezüglich der Holzbaukunst seiner Erbauer und der Lebensbedingungen seiner
ehemaligen und jetzigen Bewohner zu wahren, ist einer der Gründe für die Wahl dieses
Themas. In Verbindung mit der Untersuchung der Sanierung dieser Gebäude entsteht
die interessante Fragestellung wie mittels z.T. moderner Sanierungstechniken einem
historischen Gebäude eine heute sinnvolle Nutzung gegeben werden kann.
Bauen im Bestand macht ca. 50 % der Bautätigkeit in Deutschland aus,
1
ein Großteil
davon betrifft Fachwerkgebäude. Es handelt sich also nicht um nur wenige spezielle,
denkmalgeschützte Gebäude, sondern um ca. 2 Millionen Fachwerkhäuser.
2
Die Zahlen machen deutlich, daß die Untersuchung der Möglichkeiten zu
Fachwerksanierungen mehr als nur denkmalschützerischen Wert haben, da letztendlich
die meisten der Gebäude als Wohnraum genutzt werden und allein schon deshalb
erhaltenswert sind.
Untersucht werden ausgewählte Bereiche der Sanierung am Beispiel des Alten
Rathauses Biesenthal, ihnen geht eine ausführliche Einführung in den Themenbereich
des Fachwerkbaus und der Sanierung voran. Dazu werden im einzelnen zunächst die
unterschiedlichen Konstruktionsweisen, Verbindungen und Elemente sowie deren
Funktion im Fachwerkgebäude erläutert. Zusätzlich werden typische Schadensbilder
und Ursachen, Untersuchungstechniken und Sanierungsmaßnahmen betrachtet und
beurteilt. Dies geschieht im ersten Teil der Arbeit.
1
Informationsdienst Holz: Modernisierung von Altbauten. München 2001, S.3
2
Informationsdienst Holz: ebenso, S.3

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
I. Einleitung
4
Im zweiten Teil, dem Schwerpunkt der Diplomarbeit, werden dann Bereiche der
Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses erläutert.
Verfahren und Lösungsvorschläge zu aktuell durchzuführenden Maßnahmen werden
diskutiert. Die Zielstellung des zweiten Teiles besteht nicht darin, die Sanierung
insgesamt zu dokumentieren. So werden einige der Gebiete, die zum Bauen im Bestand
gehören, sehr intensiv untersucht (z.B. Deckenkonstruktionen, Innenwände), einige
werden weniger umfangreich angesprochen (z.B. Wärmeschutz), andere weggelassen.
Zusätzlich wird auf die Erarbeitung des Sanierungskonzeptes sowie auf den Bauablauf
eingegangen, in beiden Bereichen ist der Denkmalschutz des Gebäudes ein wichtiger
Faktor.
Die Vorgehensweise bei der Erstellung der Arbeit ist für den ersten, einführenden Teil
klar (Literaturstudium), die des zweiten Teils ergibt sich aus dem aktuellen Fortschritt
der Sanierung in Biesenthal und den nächsten anstehenden Maßnahmen.
Bestandszeichnungen und Holzschutzgutachten geben zunächst einen Überblick über
die Ausgangssituation, Ausführungspläne mit Abriß- und Neubauangaben sowie neue
Grundrisse und das Raumbuch weisen das Sanierungsziel aus.
Die bereits vorhandenen Statiken der Holzbalkendecken werden dann zum Nachweis
bzw. zur neuen Dimensionierung der Unterzüge genutzt, anhand der Angaben des
Holzschutzgutachtens werden Varianten zur Balkenkopfsanierung betrachtet.
Bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. Dipl.-Bauing. E. Delock von R
ECONTIE
I
NGENIEURE
, Zepernick, der mir viele Informationen zum Rathaus Biesenthal zur
Verfügung gestellt hat.

1. F
ACHWERKBAU

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 6
1. Fachwerkbau
1.1 Einführung
1.1.1 Entwicklung und Stile
Die Entwicklung der Fachwerkkonstruktion gliedert sich grob in drei Stufen, es sollen
hier die für das weitere Vorgehen wichtigen Merkmale der Entwicklungen angesprochen
werden.
Die P
FOSTENBAUWEISE
bildet relativ primitive Behausungen und hat nur wenig mit dem
Fachwerkbau zu tun, wie er sich uns heute präsentiert.
So ist in dieser Betrachtung der ausschlaggebende Punkt die Schadensanfälligkeit der
Stiele (,,Pfosten"), die direkt in das Erdreich gestellt werden und so zur Fäulnis neigen.
1
Gebäude in Pfostenbauweise
2
Im G
ESCHOSSBAU
führt dieser Umstand dazu, das Gebäude auf einem Sockel
aufzulagern. Zunächst werden die Stiele direkt auf diesen gestellt, eine waagerechte
Schwelle zur Einbindung wird erst nach einiger Zeit üblich. Gleichzeitig verliert das
Tragwerk aber die Einspannung, die sich aus den eingegrabenen Pfosten ergibt. Das nun
freistehende Gebäude wird durch erste Formen von Streben unverschieblich gehalten.
Der so entstandene Geschossbau (auch Ständerbau genannt) hat durchlaufende Stiele, die
Geschosse werden durch Geschossbalken, die eine Zusatzwirkung als Ankerbalken
haben, ausgebildet. Hauptmerkmale sind im Vergleich zum später folgenden
1
R
AU
/ B
RAUNE
: Der Altbau. 5. Auflage, Leinfelden-Echterdingen 1986, S.133
2
www.fachwerk.de/lexikon/pfostenbau vom 04.07.02

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 7
Stockwerkbau die fehlende Geschossauskragung und leicht an der Außenwand
erkennbare, durchgestemmte Zapfen mit Schloss.
Der S
TOCKWERKBAU
dominiert nach einer Übergangszeit (14. Jh. bis 15.Jh.)
3
mit
Mischformen, bis der Fachwerkbau nach dem 2. Weltkrieg aufgegeben wird.
Jedes Stockwerk wird, gelenkig gelagert, einzeln auf dem Darunterliegenden
aufgeschlagen. Die Stiele werden in Stockwerksschwelle und Rähm eingezapft.
Die Auskragung des jeweils höher liegenden Stockes wird üblich, Vorteil ist in erster
Linie Raumgewinn. Aber auch konstruktiver Holzschutz ergibt sich durch die
Auskragungen.
Die Stockwerksschwelle lagert auf der Balkenlage des darunter liegenden Stockes auf.
Die Entwicklung zum Stockwerkbau vollzieht sich aus mehreren Gründen. So sind durch
die unterbrochenen Stiele die benötigten Holzlängen geringer, der Abbund sowie das
Richten werden durch die Aufteilung in untereinander unabhängige Stockwerke
erleichtert.
Weiterhin werden die Querschnittsschwächungen der Stiele, die beim Geschossbau durch
die durchgestemmten Zapfen der Geschossbalken entstehen, vermieden.
Der Schwachpunkt des schadensanfälligen Zapfenschlosses dieser Verbindung entfällt
ebenso, lt. G
ERNER
4
ist eben diese Anfälligkeit der Anstoß vom Geschoss- zum
Stockwerksbau überzugehen.
Der regionale Stil ist ein weiteres Kriterium bei der Klassifizierung der Gebäude. Hier
treten die beiden Varianten Geschoss- und Stockwerkbau in jeweiliger Prägung auf,
wobei sich regional erhebliche Unterschiede im Zeitpunkt der Entwicklung ergeben.
Trotz vieler Überschneidungen (besonders in Grenzgebieten zwischen zwei Regionen)
und zeitlich bedingter Mischformen lassen sich die drei in Deutschland auftretenden
Stilgruppen mit ihren Merkmalen unterteilen:
N
IEDERDEUTSCHES
F
ACHWERK
(Sächsisches Fachwerk):
Verbreitung: ,,...vom Norden Deutschlands bis ins Ruhrgebiet, Nordhessen und das
nördliche Brandenburg."
5
Das Niederdeutsche Fachwerk zeichnet sich durch relativ enge Ständerstellung aus.
Die Anordnung ist streng symmetrisch und orientiert sich an der Lage der Deckenbalken
auf dem Rähm. Durch diese enge Ständerstellung und die Anordnung von Riegeln mit z.
T. kräftigen Blättern oder Zapfen entsteht bedingte Biegesteifigkeit.
Dieser Tatsache trägt das Niederdeutsche Fachwerk durch wenige Streben Rechnung, oft
sind lediglich Eckstiele verstrebt. Optisch ist die meist schlichte Ausführung mit
Betonung von waagerechten und senkrechten Bauteilen auffällig, sie zieht sich durch die
gesamte Entwicklung.
M
ITTELDEUTSCHES
F
ACHWERK
(Fränkisches Fachwerk):
Verbreitung: ,,...in Hessen, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, aber auch in
Brandenburg oder teilweise im Elsass."
5
Das Mitteldeutsche Fachwerk ist durch eine unsymmetrische und weitere Ständerstellung
als beim Niederdeutschen Fachwerk geprägt, Bund- und Eckstiele haben größere
Querschnitte als die Zwischenstiele und sind verstrebt.
3
G
ERNER
, Manfred: Historische Häuser erhalten und instandsetzen. 2. Auflage, Augsburg 1990, S.108
4
G
ERNER
, Manfred: Zimmerarbeiten an historischen Fachwerkbauten. Köln 1996, S. 81
5
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 65, 68, 71

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 8
Weiteres Merkmal sind zahlreiche Verstrebungsfiguren und deren Perfektionierung
während der Entwicklungsgeschichte, sie führten bis zur ,,Mann-Figur".
O
BERDEUTSCHES
F
ACHWERK
(Alemannisches Fachwerk):
Verbreitung: ,,...vom Elsaß bis nach Nürnberg und von der Gegend südlich der Mainlinie
bis in die Schweiz."
5
Der sehr weite Ständerabstand kennzeichnet das Oberdeutsche Fachwerk ebenso wie die
deswegen erforderlichen doppelten Rähme, Kopf- und Fußbänder.
Die Strebenfiguren (,,schwäbisches Weible", ,,Mann-Figuren"), bestehend aus beidseitig
am Stiel verblatteten Kopf- und Fußbändern, sind ebenso typisch.
Die Entwicklung bringt eine Angleichung des Oberdeutschen an das Mitteldeutsche
Fachwerk im Spätmittelalter
6
, dadurch beschränkt sich die Unterteilung ab diesem
Zeitpunkt auf lediglich zwei Gruppen.
Ab dem 16. Jh. variieren lediglich verschiedene Zierformen, die Entwicklung des
Fachwerkbaus ist abgeschlossen.
1.1.2 Aufbau
Der Begriff ,,Fachwerkbauweise" beschreibt wandbildende Konstruktionen in
Skelettbauweise. Seine Stäbe bilden ein standfestes Gefüge mit offenen Feldern, den
,,Gefachen". Die Stabenden laufen in Knoten zusammen, die im traditionellen
Fachwerkbau durch zimmermannsmäßige Holzverbindungen ausgeführt sind.
Praktisch alle in der Fachwerkwand auftretenden Kräfte sind Druckkräfte, die
traditionelle Holzverbindung kann keine, bzw. nur äußerst begrenzt Zugkräfte
aufnehmen.
Wegen des gelenkigen Anschlusses dieser Verbindungen sind Diagonalstäbe in Form
von Streben, Kopf- oder Fußbändern nötig. Allerdings ist die Aussteifung der Wand u.U.
bei kräftiger Dimensionierung und ausreichender Anzahl von Riegel-Stielanschlüssen
auch ohne Diagonalstäbe gegeben.
7
Bestandteile sind unabhängig von Epoche und regionalem Stil Schwelle (Sockel- und
Stockwerkschwelle), Stiele (Eck-, Bund-, Normal- und Klebestiele), Riegel (Brüstungs-,
Sturz- und einfacher Riegel), Rähm und Streben. Verschieden sind lediglich Anzahl,
Verbindung und Ausprägung der einzelnen Elemente. Ebenso sind die Ausfachungen
regional unterschiedlich ausgeführt
5
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 65, 68, 71
6
G
ERNER
, Manfred: Fachwerklexikon. Stuttgart 1997, S. 56
7
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 51

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 9
Explosionszeichnung Fachwerkwand
8
Das Fachwerkgebäude wird aus den einzelnen Wänden durch Eckverbindungen
zusammengefügt. Auf das Rähm wird die dazugehörige Deckenbalkenlage aufgekämmt,
sie hält die Wände zusätzlich.
Innere Wände haben ebenfalls aussteifende und lastabtragende Wirkung, sie werden über
Bundstiele an die Außenwände angeschlossen.
Im Stockwerkbau wird auf den so komplettierten Stock der jeweils Nächste aufgestellt.
Die Gefache haben raumabschließende und bauphysikalische Funktionen, sie sind nicht
am Lastabtrag oder an der Aussteifung beteiligt (Ausnahme Ziegelausfachung).
Lehmausfachungen sind möglichst ,,weich" ausgebildet, um so die beim Fachwerkbau
unumgänglichen Bewegungen der arbeitenden Hölzer sowie Bewegungen des gesamten
Gebäudes schadensfrei aufzunehmen.
8
G
ERNER
, Manfred: Handwerkliche Holzverbindungen der Zimmerer. Stuttgart 1992, S. 54

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 10
Wandecke mit typischen Bauteilen
9
1.2 Bestandteile
1.2.1 Holz und Holzschutz
Abgesehen von seinen beiden Defiziten Schädlingsanfälligkeit und Feuergefährlichkeit
ist Holz ein idealer Baustoff. Hohe Festigkeiten bei geringem Gewicht, leichte
Bearbeitung und gute Wärmedämmeigenschaften zeichnen es aus.
Zu seiner Erzeugung ist kein zusätzlicher Energieaufwand nötig, die Ressourcen sind
erneuerbar. Holz ist ein lebendiger und, fachgerechte Verarbeitung vorausgesetzt,
schöner Baustoff.
Das W
ACHSTUM
des Baumes findet im Kambium statt. Es gibt zwei Wachstumsphasen,
die jeweils das Früh- und Spätholz eines Jahres bilden. Die Frühjahrszellen sind große,
dünnwandige Zellen, die das Frühholz des jeweiligen Jahresringes bilden. Die zweite
Wachstumsphase im Sommer produziert die langsamer gewachsenen, dickwandigeren
Zellen, das dunklere Spätholz. Die Festigkeit eines Holzes ist direkt davon abhängig, wie
schnell der Baum gewachsen ist. Je langsamer das Wachstum vorangeht, desto enger
liegen die Jahresringe beieinander und desto größer ist der Anteil des festeren Spätholzes
innerhalb eines Jahresringes.
9
S
TADE
, Franz: Die Holzkonstruktionen. Leipzig 1904, S. 78

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 11
Bereiche des Stammquerschnittes
10
Der zuletzt gewachsene, außen am Querschnitt liegende Splintholzanteil (er dient dem
Nährstofftransport innerhalb des Stammes) ist am stärksten von Schädlingsbefall
bedroht.
Die innere Kernholzzone, bestehend aus abgestorbenen, verharzten Zellen, ist resistent
gegen Schädlinge und ausschlaggebend für die Beanspruchbarkeit eines Holzes.
Je nach Holzart sind Kern- und Splintholzzone mehr oder weniger leicht zu
differenzieren, Eiche und Kiefer haben im Gegensatz zu Fichte eine dunkle
Kernholzzone und hellen Splint.
Auch die Wuchsbedingungen beeinflussen neben der Holzart die Nutzbarkeit. Kriterien
wie Drehwuchs, Astigkeit, Abholzigkeit und Krummschäftigkeit sind u. a. abhängig von
Nährstoff- und Feuchteangebot, Witterungseinflüssen und Bestandsdichte.
Durch diese verschiedenen Parameter ist Holz im Vergleich zu anderen Baustoffen ein
inhomogener Baustoff. Durch entsprechend hohe Sicherheitsbeiwerte in der Bemessung
wird dem Rechnung getragen.
Die Beachtung der H
OLZFEUCHTE
beim Einbau der Hölzer ist eine der elementaren
Grundregeln.
Bei zunehmender Feuchte verschlechtern sich praktisch alle Festigkeitswerte des
Baustoffes Holz
11
(vgl. Grafik). Ebenso beeinflußt sie das Wärmedämmvermögen und
fördert bei dauerhafter Einwirkung und Erreichen bestimmter Grenzwerte den
Schädlingsbefall. Die Holzfeuchte wird ausgedrückt als Verhältnis der Masse des
enthaltenen Wassers zur Masse des darrtrockenen Holzes. Angaben in Masseprozent.
10
www.fachwerk.de/img/baumstamm vom 04.07.02
11
E
RLER
, Klaus: Alte Holzbauwerke. 2. Auflage, Berlin 1997, S. 51

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 12
X
-A
CHSE
:
F
EUCHTEGEHALT
(%)
Y
- A
CHSE
:
AUFNEHMBARE
S
PANNUNG
(
POUNDS
/
INCH
2
)
A: Z
UG PARALLEL ZUR
F
ASER
B: B
IEGUNG
C: D
RUCK PARALLEL ZUR
F
ASER
D: D
RUCK RECHTWINKLIG ZUR
F
ASER
E: Z
UG RECHTWINKLIG ZUR
F
ASER
E
Einfluss der Holzfeuchte auf Festigkeitswerte
12
Unterhalb des F
ASERSÄTTIGUNGSPUNKTES
von ca. 30% beginnt Holz ,,zu arbeiten".
Dann ist das sogenannte freie Wasser abgegeben, durch weitere Abgabe unterhalb des
Fasersättigungspunktes wird gebundenes Wasser aus den Zellen frei. Das Holz beginnt
zu schwinden. Umgekehrt findet Quellen nur bis zur Erreichung des Sättigungspunktes
statt.
Schwind- und Quellverhalten sind in axialer, radialer und tangentialer Richtung
verschieden, radial und tangential erreicht die Verformung das 40fache des axialen
Wertes.
13
Aufgrund dieser stark unterschiedlichen Werte entstehen Spannungen im Holz, die dann
zu Verdrehen, Werfen und Reißen führen.
Das Verhalten beim ,,Arbeiten" des Holzes ist abhängig von der Größe des Querschnitts
und dem Einschnitt des Stammholzes.
12
U.S. D
EPARTMENT OF
A
GRICULTURE
, F
OREST
S
ERVICE
. Forest Products Laboratory, 1999.
Wood handbook. Gen. Tech. Rep. FPL­GTR­113. Madison, WI., p.113
aus: www.fpl.fs.fed.us/documnts/FPLGTR/fplgtr113/fplgtr113.htm vom 04.07.02
13
N
EBEL
, Herbert: Sanieren und Modernisieren von Fachwerkbauten. o.O., o.J., S. 16

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 13
Schwind- und Verformungsverhalten verschiedener Stammbereiche
je nach Anordnung der Jahresringe im geschnittenen Holz.
14
So reißen Vollquerschnitte am stärksten, Halbhölzer deutlich weniger, und Viertel- oder
Kreuzhölzer kaum noch.
Die G
LEICHGEWICHTSFEUCHTE
ist der Feuchtegehalt, der dem der Umgebung
entspricht. Da Holz hygroskopisch ist, strebt es die Gleichgewichtsfeuchte an.
Ideal ist eine Einbaufeuchte, die derjenigen während der Nutzung entspricht
(Ausgleichsfeuchte).
Die Trocknungszeiten sind sehr unterschiedlich; Nadelhölzer können innerhalb eines
Jahres trocknen, Eichenholz benötigt pro cm nach innen getrockneten Querschnitts ein
Jahr.
15
14
U.S. D
EPARTMENT OF
A
GRICULTURE
, F
OREST
S
ERVICE
. Forest Products Laboratory, 1999.
Wood handbook. Gen. Tech. Rep. FPL­GTR­113. Madison, WI., p. 61
aus: www.fpl.fs.fed.us/documnts/FPLGTR/fplgtr113/fplgtr113.htm vom 04.07.02
15
G
ERNER
, Manfred: Historische Häuser erhalten und instandsetzen. 2. Auflage, Augsburg 1990, S. 56

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 14
Trockenes Holz
0 %
Gleichgewichtsfeuchte, Normalklima
ca. 12 %
Grenzwert für Pilzwachstum lt. DIN 68365
20 %
Grenzwert für ,,trockenes Holz" lt. DIN 4074
20 %
Fasersättigungspunkt erreicht
ca. 30 %
Grenzwert für ,,halbtrockenes Holz" (Querschnitte 200 cm²)
30 %
Grenzwert für ,,halbtrockenes Holz" (Querschnitte > 200 cm²)
35 %
Tab. 1 Charakteristische Holzfeuchten für Bauhölzer
16
A
LTHOLZ
hat im allgemeinen die gleichen Festigkeitswerte wie Neuholz.
Allerdings darf es nicht pauschal als Bauholz GK II angesetzt werden, Aussparungen
alter Verbindungen oder andere Querschnittsschwächungen können die Belastbarkeit
reduzieren. Andererseits liefern Althölzer in Versuchen lt. G
ÖRLACHER
17
z. T.
Festigkeitswerte, die einer Sortierung nach GK I genügen.
Letztendlich kann Altholz nach einer gründlichen Inaugenscheinnahme bezüglich
Querschnittsschwächungen und Fehlstellen mit Neuholz GK II gleichgesetzt werden.
Es ist bei Reparaturen bevorzugt zu verwenden, da es weniger von Schädlingen befallen
wird, die Ausgleichsfeuchte erreicht hat, und sich optisch einfügt.
Bei erneuter Nutzung müssen verformte Hölzer eine Funktion erhalten, die der
Durchbiegung oder sonstiger vorhandener Verformung weitestgehend entspricht, die
Fasern reißen sonst schnell.
Verbesserte Festigkeitswerte aufgrund von Winterfällung oder Wasserlagerung wurden
bei Altholz nicht nachgewiesen.
18
H
OLZSCHUTZ
beinhaltet alle Maßnahmen, die schädliche Einflüsse vom Holz fernhalten
und so eine Zerstörung oder Wertminderung verhindern. Eine lange Gebrauchsdauer soll
gewährleistet werden.
Grundsätzlich wird zwischen vorbeugendem und bekämpfendem Holzschutz
unterschieden:
1. V
ORBEUGENDER
H
OLZSCHUTZ
Der vorbeugende Holzschutz wirkt, indem Bedingungen geschaffen werden, die den von
Schädlingen benötigten Lebensbedingungen widersprechen.
Dieses Ziel kann durch konstruktiven Holzschutz erreicht werden, d. h. durch bauliche
Maßnahmen, die dauerhafte Durchfeuchtung verhindern (Dachüberstände,
Horizontalsperren, Tropfkanten, Belüftungen, Schutz von Hirnholz usw.).
Konstruktionen als Ganzes, z. B. Wände, müssen so ausgebildet sein, dass kein Wasser
anfällt (Kondenswasser) und dass eine Trocknungsmöglichkeit besteht.
16
Werte aus: G
ERNER
, Manfred: Schäden an Fachwerkfassaden. Stuttgart 1998, S. 78
17
G
ÖRLACHER
, Rainer: Historische Holztragwerke. SFB 315 Universität Karlsruhe 1999, S. 13
18
G
ÖRLACHER
, Rainer: ebenso S. 30

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 15
Aber auch die richtige Holzwahl je nach Einsatzzweck, Verwendung kernholzhaltiger
Querschnitte speziell im Außenbereich, Beachtung der Einbaufeuchte, Zugänglichkeit
der Konstruktion sowie die Wahl der Holzverbindung zählen zum konstruktiven
Holzschutz.
Lt. C
OLLING
19
ist die künstliche Trocknung von Holz ein wirksames vorbeugendes Mittel,
da durch hohe Temperaturen die von den Larven des Hausbocks benötigte Eiweiße
zerstört werden. Dieser Vorgang entspricht chemisch gesehen einer künstlichen Alterung
des Holzes, auch Althölzer haben ein deutlich geringeres Nahrungsangebot und werden
deswegen kaum noch befallen. Zusätzlich gibt das Kernholz durch die künstliche
Trocknung Stoffe frei, die sonst langfristig den Hausbock anlocken.
Der chemische Holzschutz verhindert durch Aufbringen von Giften Schädlingsbefall.
Übliche Verfahren sind Streichen und Trogtränkung zur Imprägnierung von Bauholz. Je
nach Eindringtiefe in den Querschnitt steigt die Wirksamkeit eines Mittels:
· Streichen und Tauchen: Oberflächenschutz mit minimaler Eindringtiefe
· Trogtränkung über mehrere Stunden: Randschutz von einigen Millimetern
· Kesseldruckimprägnierung: Querschnitt komplett vom Holzschutzmittel
durchdrungen (Tiefenschutz).
Unterschieden wird zwischen öligen und wasserlöslichen Mitteln:
· ölige Mittel sind für beim Aufbringen halbtrockenes oder trockenes Holz und für
Außenbereiche geeignet, da sie schwer auslaugbar sind. Sie wirken stärker und
werden nicht im Innenbereich eingesetzt.
· Wasserlösliche Mittel sind weniger umweltschädigend als Ölige, allerdings läßt
aufgrund der Auslaugbarkeit die Wirkung eher nach.
Wird konstruktiver Holzschutz vernachlässigt und kommt es zusätzlich zu dauerhafter
Feuchteeinwirkung, tritt Pilzbefall trotz chemischen Schutzes auf.
20
Lediglich der Befallsbeginn wird verzögert. Dies zeigt, dass durch Einsatz chemischen
Holzschutzes der konstruktive Schutz nicht zu ersetzen ist.
Die Möglichkeiten des konstruktiven Holzschutzes sollen so weit wie möglich
ausgeschöpft werden, bevor der chemische Holzschutz eingesetzt wird.
Auch die DIN 68800 fordert Ausführungsvarianten ohne chemischen Schutz zu
bevorzugen.
21
Ehemals schrieb sie vorbeugenden chemischen Holzschutz für tragende Bauteile
zwingend vor, heute können auch nach DIN tragende Teile rein konstruktiv geschützt
werden. Die Änderung der Norm beruht nicht nur auf gesundheitlichen Aspekten,
sondern auch auf der Argumentation, dass, selbst wenn ein Befall vorliegt, dieser dann
nur Splintholz angreift. Es wird vorausgesetzt, dass der tragende Restquerschnitt
ausreichend dimensioniert ist und dass bei erkanntem Befall Maßnahmen ergriffen
werden.
19
C
OLLING
, François: Lernen aus Schäden im Holzbau. München 2000, S. 176
20
C
OLLING
, François: ebenso S. 184
21
DIN 68800 T4: ,,Holzschutz im Hochbau, Bekämpfungsmaßnahmen gegen Pilz- und Insektenbefall"

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 16
2. B
EKÄMPFENDER
H
OLZSCHUTZ
Bekämpfungsmaßnahmen sind chemische Verfahren (Anstrich, Schaum,
Bohrlochtränkung, Injektion) oder Erhitzungs- und Begasungsverfahren:
Anstriche (mehrfach) mit chemischen Holzschutzmitteln sind wirksam, in bewohnten
Räumen ist Gift allerdings bedenklich.
Schaumverfahren haben den Vorteil, dass sie schwer zugängliche Bereiche erreichen.
Sie sind für Holz und Mauerwerk einsetzbar, aber ebenfalls giftig.
Bohrlochtränkung dringt besonders tief in befallene Hölzer ein und ist ein
hochwirksames, aber aufwendiges Verfahren.
Injektionen mit hohem Druck tränken das Querschnittsinnere. Eignung für Holz und
Mauerwerk. Hoher Aufwand.
Erhitzung des Holzes auf ca. 60° C für bis zu 12 Stunden ist eine verläßliche und
ungiftige Methode. Sie erfordert jedoch Raumtemperaturen von über 100° C, so dass
bestimmte Materialien im Raum Schaden nehmen können.
22
Großer Nachteil der sonst
sehr wirkungsvollen Erhitzung ist, dass sie nicht präventiv wirkt.
Begasungen mit Giften sollten nur dort angewendet werden, wo Erhitzung zu Schäden
führen würde.
Lt. C
OLLING
23
sind sog. ,,schlupfhemmende Mittel" in der Entwicklung, die es dem
Insekt im Larvenstadium unmöglich machen, sich zu verpuppen, und so den Befall
beenden würden. Es liegen allerdings bis jetzt keine Zulassungen für diese Verfahren
vor.
3. H
ISTORISCHER
H
OLZSCHUTZ
Er beruhte hauptsächlich auf Kenntnis der Holzeigenschaften.
So wurde möglichst viel Kernholzanteil verbaut, besonders in gefährdeten Bereichen wie
z. B. der Sockelschwelle.
Durch Flössen oder Wasserlagerung entzog man dem Stammholz Nährstoffe, so dass es
Schädlingen weniger Nahrung bot.
Winterfällung (wenig Saftfluß im Splint) trug ebenfalls zu verminderter
Befallswahrscheinlichkeit bei, außerdem reißen wintergefällte Hölzer weniger da sie
gleichmäßiger schwinden.
Aber auch konstruktiver Holzschutz durch Geschossauskragungen, abgedeckte
Hirnhölzer an Balkenlagen und erste Formen von Sperrschichten
24
gehörten zu
historischen Holzschutzmaßnahmen.
22
E
RLER
, Klaus: Alte Holzbauwerke. 2. Auflage, Berlin 1997, S. 185
23
C
OLLING
, François: Lernen aus Schäden im Holzbau. München 2000, S. 174
24
M
ÜLLER
, Klaus: Holzschutzpraxis. Wiesbaden, Berlin 1993, S.19

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 17
Anstriche zum Schutz vor Schädlingen und Feuchtigkeit waren u. a.
Quecksilberlösungen und Teer.
Mit der Entwicklung und industriellen Herstellung des chemischen Holzschutzes wurde
der konstruktive Schutz in den Hintergrund gedrängt, man vertraute auf die chemischen
Produkte.
Wie sich herausstellte, sind viele ältere Holzschutzmittel nicht nur auch für den
Menschen hochgiftig (vgl. 2.2.1), sondern auch nicht in der Lage ohne angemessenen
konstruktiven Holzschutz ein Bauteil dauerhaft zu schützen.
Erst durch auftretende Gesundheitsbeschwerden und kritischere Einstellungen gegenüber
den Produkten in den siebziger Jahren wurde der Einsatz der chemischen
Holzschutzmittel verringert, und der konstruktive Schutz gewann wieder an Bedeutung.
1.2.2 Verbindungen
Die Holzverbindungen, die hier aufgezeigt werden, sind diejenigen die sich als tauglich
erwiesen haben. Über Jahrhunderte wurden viele Varianten erprobt, die Mehrzahl hat aus
den vielfältigsten Gründen nicht ,,überlebt". Entweder waren sie nicht ausreichend
tragfähig, zu aufwendig, hatten einen hohen Holzverbrauch oder waren schadensanfällig.
Erfahrungen zu Verwendung und Dimensionierung wurden gesammelt, das Wissen
weitergereicht.
Im Vergleich zu ingenieurmäßigen Verbindungsmitteln ist die Holzverbindung in fast
allen Bereichen unterlegen. Sie ist durch Querschnittsschwächung weniger tragfähig und
aufwendiger zu berechnen, die Herstellung dauert länger und verlangt entsprechende
Kenntnisse. Erst in Bereichen, in denen es nicht darauf ankommt, Querschnitte
auszureizen und schnelle, genormte Verbindungen einzusetzen, übertrifft die
Holzverbindung die leistungsfähigere Ingenieurverbindung. Umgang mit alter
Bausubstanz ist einer dieser Bereiche.
Häufigste L
ÄNGSVERBINDUNGEN
sind: Gerades Blatt,
Schräges Blatt, Hakenblatt und Schräges Hakenblatt, jeweils
auch mit Gratschnitt gegen seitliches Verschieben möglich.
Das Gerade Hakenblatt ist die häufigste zugbelastete,
historische Längsverbindung.
25
Schräge Blätter neigen weniger zum Aufspalten im Bereich
der Blattecke, brauchen aber immer Auflasten, um zu
wirken. Kompliziertere Längsverbindungen wie versteckte
Hakenblätter (gerade oder schräg) haben die gleichen
Funktionen wie die sichtbaren Varianten, im Zuge des
Konstruktiven Holschutzes (Sockelschwelle) ist das
Verstecken der Verbindung sinnvoll, wenn auch aufwendig.
Gerades
Hakenblatt
26
25
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 263
26
S
TADE
, Franz: Die Holzkonstruktionen. Leipzig 1904, Anhang-Tafel 1

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 18
Q
UERVERBINDUNGEN
in Form von Blättern sind entweder angeblattet oder überblattet.
Bei der Überblattung kreuzen sich beide Querschnitte komplett, bei Anblattungen endet
das Oberblatt im Querschnitt des Unterblattes. Gerades Blatt und Schräges Blatt sind
einfache Querverbindungen und an älteren Riegeln zu finden. Generell ist die
Überblattung älter als die Zapfenverbindung, wegen der hohen Querschnitts-
schwächungen bei Blättern ersetzte der Zapfen sie in vielen Bereichen.
Hakenblatt und Schwalbenschwanz sind bedingt zugfeste Anschlüsse und wurden bei
mittelalterlichen Konstruktionen für Kopfband- oder Strebenanschlüsse genutzt.
Auch diese Verbindungen wurden später vom Zapfen verdrängt.
V
ERKÄMMUNGEN
sind nichtbündige Querverbindungen und dienen der Verbindung von
Stockwerksschwelle und Rähm mit der Balkenlage. Variationen sind u. a. der Einfache-,
Doppel, oder Schwalbenschwanzkamm
Häufigste E
CKVERBINDUNGEN
sind Gerades Eckblatt, Hakeneckblatt und Französisches
Eckblatt (Druckblatt). Letzteres erfüllt durch seinen schrägen Anschnitt den
konstruktiven Holzschutz gut. Es ist besonders für Schwellenverbindungen geeignet,
durch die Auflast des Eckstiels wird die Verbindung nach allen Seiten unverschieblich.
Z
APFENVERBINDUNGEN
sind die im Fachwerkwandbau am häufigsten auftretenden
Verbindungen. Anschlüsse wie Stiel-Schwelle, Stiel-Rähm und Riegel-Stiel werden
durch Einfache Zapfen hergestellt. Es wird zwischen Bohr- und Setzzapfen unterschie-
den, bis auf den Anschluß des Stiels an die Schwelle wird der längere Bohrzapfen ver-
wendet. Auswechslungen an Balkenlagen werden durch Zapfen mit gerader oder schrä-
ger Brust hergestellt, der schräge Brustzapfen schwächt den Wechselbalken weniger.
Der in 1.1.1 angesprochene durchgestemmte Zapfen der Geschossbalken durchdringt den
Stielquerschnitt komplett und ist auf der Außenseite durch ein ZapfenSchloss in Form
eines Keils gesichert. Dieser wird durch einin den Zapfen gestemmtes Loch geschlagen.
Zapfen treten auch in Verbindung mit Versätzen auf, um deren kraftübertragende Stirn-
fläche zu vergrößern und um seitliche Unverschieblichkeit zu gewährleisten.
Durchgestemmter Zapfen mit zwei Keilen
1

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 19
V
ERSÄTZE
dienen dem Anschluß von Hölzern, die in spitzem Winkel aufeinandertreffen.
Beispiele hierfür sind Hängesäulen mit Streben oder Fußpunkte beim Sparrendach.
Versatzformen sind Stirnversatz, Fersenversatz und doppelter, d. h. Stirn und Ferse
aufweisender Versatz zur Übertragung hoher Kräfte. Beim doppelten Versatz ist auf
unterschiedliche Versatztiefen zur Vermeidung einer gemeinsamen Scherfuge zu achten.
Abgesehen von der zur Verfügung stehenden Stirnfläche zur Kraftübertragung ist die
Vorholzlänge des zweiten Holzes wichtig. Querschnittsbreite und Vorholzlänge bilden
die Scherfläche, welche die Kraft überträgt. Äste, Risse oder andere Fehlstellen innerhalb
der Scherfuge mindern die Belastbarkeit z. T. erheblich.
Zur Festlegung der Versatzneigung wird üblicherweise die Hälfte des stumpfen Winkels
der beiden Hölzer angesetzt, da so die Faserverläufe gleich beansprucht werden.
Die Tragfähigkeit alter Konstruktionen mit Versatz ist nach G
ÖRLACHER
1
von DIN
1052 abweichend nachweisbar, wenn die Althölzer im gefährdeten Bereich überprüft
werden. Weiterhin wurde dort nachgewiesen, dass bei rissfreien Vorhölzern
Scherspannungen die zulässigen Werte lt. DIN 1052 bis zu 80% überschreiten können,
ohne dass dies zum Versagen führt.
Versatzarten
2
K
LAUEN
werden zur Aufsattelung des Sparrens auf Schwellen und Pfetten ausgeführt
und durch Sparrennägel gesichert.
H
OLZNÄGEL
haben lagesichernde Funktion, unter Umständen können sie auch geringe
Zugkräfte übertragen, so z. B. bei Blattverbindungen.
Sie werden aus den verschiedensten Hölzern hergestellt, sind entweder rund oder
achteckig, die Spitze ist leicht angefast, der Kopf kann verschiedenste Verzierungen
tragen. Der Vorteil des Holznagels gegenüber stählernen Verbindungsmitteln besteht
darin, dass Korrosion ausgeschlossen wird. Beim Abbohren wird die Bohrung des
Zapfens im Vergleich zur Bohrung im Zapfenloch einige Millimeter Richtung
Zapfenschulter versetzt, beim Einschlagen zieht der Nagel die Verbindung dicht.
1
G
ÖRLACHER
, Rainer: Historische Holztragwerke. SFB 315 Universität Karlsruhe 1999, S. 73
2
S
TADE
, Franz: Die Holzkonstruktionen. Leipzig 1904, Anhang-Tafel 5

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 20
R
EPARATURVERBINDUNGEN
Bei Reparaturen
sollte auf Altholz der gleichen Art zurückgegriffen werden. Es ist nicht
nur optisch stimmiger, sondern wird auch nicht mehr von Schädlingen befallen (vgl.
1.2.1). Auf gleiche Holzfeuchte beim Einbau ist zu achten, da sonst die Verbindung
klafft und verstärkt Risse bei schneller Trocknung oder Pilzbefall bei behinderter
Verdunstung auftreten.
Je nach zu reparierendem Bauteil und Methode kann das übrige Gefüge bei
Instandsetzungen verbleiben oder muss demontiert werden. So müssen zum Austausch
eines Stieles entweder Rähm oder Schwelle bewegt werden, oder man bedient sich
Hilfsmethoden, die dies auch ohne Demontage ermöglichen:
Der S
CHLEIFZAPFEN
ermöglicht die Montage durch in Rähm und Schwelle gestemmte
Zapfenbahnen. Der zunächst verkantete Stiel wird so über diese zunehmend tiefer
werdenden Nuten in die Zapfenlöcher geführt.
Beim F
ALSCHEN
Z
APFEN
erhält der Stiel anstelle seines Zapfens eine Ausklinkung
ähnlich der des Scherzapfens, in der ein bereits vorher ins Zapfenloch eingebrachtes
Paßstück die Funktion des Zapfens übernimmt. Der Stiel wird seitlich eingeschoben,
mit Keilen fixiert und erhält Holznägel.
Gerades Blatt mit Gratschnitt
1
Falscher Zapfen
2
Wird nicht der komplette Stiel ausgetauscht, sondern nur der oft verrottete Stielfuß,
kommt das Gerade Blatt, meist in Verbindung mit Falschen Zapfen, zur Anwendung
In Verbindung mit einem Gratschnitt und Sicherung durch Holznägel ist der Stiel gegen
Knicken in alle Richtungen gesichert.
3
Die gleichen Verfahren eignen sich für zwischen Stielen eingezapfte Riegel. Geblattete
Riegel sind problemlos austauschbar.
J
AGDZAPFEN
werden genutzt um Kopfbänder nachträglich einzusetzen, die Zapfenstirn
ist jeweils so abgeschrägt, dass zur Montage die Pfette nicht angehoben werden muss.
1
G
ERNER
, Manfred: Handwerkliche Holzverbindungen der Zimmerer. Stuttgart 1992, S. 79
2
G
ERNER
, Manfred: ebenso S. 175
3
G
ERNER
, Manfred: Zimmerarbeiten an historischen Fachwerkbauten. Köln 1996, S. 82

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 21
Es kann bei allen Verfahren das alte Zapfenloch genutzt werden, die Verbindungen
erhalten neue Holznägel.
Bei allen Instandsetzungen sind Maßnahmen des Konstruktiven Holzschutzes zu
beachten.
1.2.3 Wandgefache
An die Ausfachungsmaterialien einer Fachwerkwand werden hohe Ansprüche gestellt.
Die Baustoffe müssen diffusionsoffen, witterungsbeständig, wärmedämmend und
winddicht sein. Bewegungen des Tragskelettes müssen schadlos aufgenommen werden,
Holz und Ausfachungsmaterial in ihren Eigenschaften harmonieren.
In Mittel- und Süddeutschland sind reine Lehmausfachungen üblich, in
Norddeutschland wurde zusätzlich zum Lehm Sichtmauerwerk als Gefachmaterial
verwendet.
Die A
USMAUERUNG
mit Sichtmauerwerk hat die Nachteile der schlechteren
Wärmedämmwirkung, beim historischen Bauwerk waren die Kosten durch Anschaffung
und Einbau der Steine höher.
Oft wurden lediglich Straßenfassaden derartig gestaltet, andere Bereiche des Gebäudes
wurden mit Lehm ausgefacht.
4
Zur Lagesicherung der Steine im Gefach, aber auch um Gefachränder schlagregen- und
winddicht herzustellen, wurde seitlich an den Stielen eine Dreikantleiste aus Hartholz
befestigt. Randsteine erhielten eine Nut und waren so fixiert.
Auch Neuausfachungen mit Mauerwerk oder Gasbeton sind auf diese Weise
herzustellen, andere Fugenausbildungen mit dauerelastischen Dichtstoffen oder
Montageschäumen haben sich als ungeeignet erwiesen. Entweder lösen sie sich oder
sind nicht dehnbar genug, in jedem Fall tragen sie zum Einschluß von eingedrungener
Feuchtigkeit bei.
Die L
EHMAUSFACHUNG
war dagegen recht kostengünstig, da Lehm fast überall in
Deutschland zu finden ist, und die Veredelung nicht aufwendig ist.
Lehmausfachung aus Lehmbewurf erfordert eine Unterkonstruktion. Stakung (meist
Eiche) wird senkrecht in Nuten oder Bohrungen der horizontalen Wandelemente
gesteckt und mit Weiden- oder Haselruten umflochten. Der Bewurf wird beidseitig,
möglichst gleichzeitig, aufgebracht und angedrückt. Durch Variation der Tonanteile und
Beimischung verschiedener Zuschläge wie Stroh oder Häcksel als Armierung wird das
Ausfachungsmaterial Lehm belastbar.
Nach Durchtrocknung wird das Gefach holzbündig verputzt, andere Fugenausbildungen
als Lehmmörtel haben sich nicht bewährt.
Lehmausfachung erfordert Wartungsaufwand, um einwandfrei funktionieren zu können.
Verwitterung und Auswaschungen müssen schnell behoben werden, um weiteren
Schäden vorzubeugen, bei rechtzeitiger Durchführung aber ist der Aufwand noch so
4
G
ROßMANN
, G. Ulrich: Der Fachwerkbau. 3. Auflage, Köln 1992, S.36

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 22
gering, dass alle Vorteile, die der Baustoff sonst mit sich bringt, bei Weitem
überwiegen.
Wird allerdings die notwendige Reparatur am Gefach nicht durchgeführt, führt dies zu
immer größeren Schäden, die zusätzlich zur räumlichen Ausbreitung auch qualitativ
ernstzunehmender sind:
Fehlstellen im Gefach führen schnell zu Feuchtebelastung der sie umgebenden Bauteile,
dauerhafte Durchfeuchtung führt zu Schädlingsbefall und Fäulnisgefahr für die gesamte
Konstruktion.
Darstellung der verschiedenen Ausfachungsarten:
Lehm, Bruchstein und Mauerwerk
5
L
EHM
setzt sich aus Ton, Schluff und Sand zusammen.
Zusätzlich können auch Kiese oder organische Stoffe enthalten sein. Der Ton wirkt als
Bindemittel, die anderen Stoffe als Zuschläge. Je nach Verteilung der Bestandteile wird
der Lehm klassifiziert (tonig, schluffig oder sandig). Die großen Vorteile des Lehms
sind neben seiner erwähnten Verfügbarkeit ein gutes Wärmedämmverhalten,
Feuerbeständigkeit, der konservierende Effekt auf Holz aufgrund seiner geringeren
eigenen Gleichgewichtsfeuchte und die sehr niedrige Aufbereitungsenergie (lt. M
INKE
6
nur ca. 1% der benötigten Energie eines vergleichbaren Ziegels).
Weitere, ebenfalls günstige Eigenschaften sind die Wiederverwendbarkeit von ehemals
verbautem Lehm, die zum größten Teil einfache Handhabung (Selbstbau), und die (lt.
M
INKE
35
bekannte, aber noch nicht nachgewiesene) Fähigkeit, Feuchtigkeit und vor
allem Schadstoffe aus der Raumluft zu binden.
Der größte Nachteil betrifft die bereits angesprochenen Auswaschungen; Lehm ist nicht
wasserfest. Für im Außenbereich verbauten Lehm erfordert dies Schutzmaßnahmen wie
Dachüberstände, hydrophobierende Putze oder Anstriche. Dass Lehm praktisch überall
zu finden ist, bringt, obwohl an sich vorteilhaft, den weiteren Nachteil der
Inhomogenität und Probleme bei der Normung mit sich.
5
G
ERNER
, Manfred: Schäden an Fachwerkfassaden. Stuttgart 1998, S. 20
6
M
INKE
, Gernot: Das neue Lehmbau-Handbuch. 5. Auflage, Staufen bei Freiburg 2001, S. 20

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 23
1.2.4 Fassade
Die Fassade vereint die Funktionen Wetterschutz, Raumabschluß und
Gestaltungsmittel. Ihr Schutz, hauptsächlich vor dauerhafter Durchfeuchtung, ist
ähnlich essentiell für ein Gebäude wie eine einwandfreie Dachhaut. Wie in 1.4 erläutert
wird, ist das Ziel beim Fachwerkbau keine komplett ,,dichte" Fassade. Vielmehr soll sie
in der Lage sein, Wasseraufnahme bis zu bestimmten Mengen zu verkraften und
ungehindert Feuchte wieder abzugeben.
Stärkste Einwirkung von außen auf die Fassade ist neben Wind, Frost und
Sonneneinstrahlung der Schlagregen. So wurde die Wetterseite eines Gebäudes je nach
Region verkleidet, falls die Belastungen sich als zu hoch erwiesen. Im ,,Normalfall"
aber nimmt die Wand die Wassermengen auf und gibt sie auch wieder ab, bevor es zu
Schäden kommt, es sei denn der Schichtenaufbau verhindert dies.
P
UTZ
spielt bei Fachwerkgebäuden im Raum Berlin/Brandenburg eine bedeutende
Rolle, die meisten von ihnen sind vollflächig, d. h. einschließlich des Holztragwerkes
verputzt. Gründe sind der verbesserte Witterungsschutz, aber auch die Ablehnung der
Optik der im 18. und 19. Jh. als ,,bäuerlich" und ,,einfach" abgewerteten
Fachwerkgebäude. Durch Putz sollte ein als höherwertig angesehenes
Mauerwerksgebäude vorgetäuscht werden.
1
Es gab allerdings auch Fachwerkbauten, die bereits als zu verputzende Gebäude geplant
waren. Besonders im städtischen Bereich ergab sich aus der hohen Brandgefahr ein
weiteres Argument für den vollflächigen Putz.
Anforderungen an Außenputz sind wie bei allen Wandbauteilen Diffusionsoffenheit,
Haftung auf dem Ausfachungsmaterial sowie Witterungsbeständigkeit. Weiterhin muss
er ,,weich" sein, um bei Bewegungen der Konstruktion rißfrei zu bleiben, durch
Beimischen von Tierhaaren wird der Putz belastbarer.
Gefache sollen bündig mit der Holzkonstruktion verputzt abschließen, um Niederschlag
ungehindert ablaufen zu lassen.
T
HERMOGRAPHIE
Um Fachwerkstrukturen unter Putz zu erkennen, wird mit Hilfe der Thermographie ein
Wärmebild der Wand erstellt. Durch das unterschiedliche Dämmverhalten der
Bestandteile Holztragwerk und Gefach zeichnet die Infrarotkamera das Tragskelett auf.
Dann kann durch Bohrkerne der Zustand einzelner Hölzer überprüft werden.
Aber auch bei der Erstellung von Schadensgutachten wird die Infrarottechnik
eingesetzt. Wärmebrücken aufgrund durchfeuchteter Wandteile, mangelhafte
Dämmungen und ähnliche Baumängel können ermittelt werden.
1
E
RLER
, Klaus: Alte Holzbauwerke. 2. Auflage, Berlin 1997, S. 156

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 24
Wärmebild einer Fachwerkkonstruktion
2
F
ASSADENBEWUCHS
Abgesehen von seiner Eigenschaft als Gestaltungsmöglichkeit bietet der
Fassadenbewuchs einige nicht zu unterschätzende Vorteile:
Regen- und Windschutz, d. h. Schutz vor Feuchtebelastung, Auskühlung und
Verwitterung der Fassade.
Es kommt zu einer Dämmwirkung (auch sommerlicher Wärmeschutz) durch das
Luftpolster zwischen Außenwand und Bewuchs.
3
Weiterhin bildet Fassadenbewuchs Lebensraum und verbessert das Mikroklima.
Je nach Himmelsrichtung und bevorzugten Pflanzen bieten sich viele
Bewuchsmöglichkeiten an.
1.2.5 Dach
Sowohl Sparren- wie auch Pfettendächer treten im Fachwerkbau auf, wobei außer im
oberdeutschen Raum das Sparrendach überwiegt.
4
Auf die Funktion und Schwachpunkte des Sparrendachs und Schadensbereiche an
Dächern wird in diesem Abschnitt eingegangen.
Beim S
PARRENDACH
werden die Lasten direkt von den einzelnen Gespärren
abgetragen, sie geben diese über die Deckenbalken, mit denen sie unverschiebliche
Dreiecke bilden, an die Außenwände ab. Scherzapfen oder Blatt sind gängige
2
www.fh-jena.de/fh/fb/gw/forschung/otto/bauwesen.html vom 26.06.02
3
R
AU
/ B
RAUNE
: Der Altbau. 5. Auflage, Leinfelden-Echterdingen 1986, S.51
4
G
ROßMANN
, G. Ulrich: Der Fachwerkbau. 3. Auflage, Köln 1992, S.53

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 25
Firstpunktverbindungen, Fußpunkte werden durch Versatz oder Zapfen ausgebildet. Zur
Verringerung der Durchbiegung der Sparren kann ein Kehlbalken oder Hahnenbalken
eingesetzt werden (Kehlbalkendach).
Die Längsaussteifung erfolgt beim Sparrendach durch Windrispen.
Neuralgischer Punkt des Sparrendachs ist der Anschluß des Sparrenfußes am
Deckenbalken. Die für die Schubaufnahme aus dem Gespärre wichtige Vorholzzone des
Deckenbalkens garantiert die Funktion des Dachsystems.
Sie liegt allerdings im feuchtegefährdeten Traufbereich, das Hirnholz des Balkens kann
je nach Konstruktion sogar direkt der Witterung ausgesetzt sein.
Schert die Vorholzzone ab oder ist aufgrund eines verrotteten Zapfens oder Versatzes
kein Kraftschluß mehr gegeben, verschiebt sich der Fußpunkt.
Auch eine kleine Verschiebung kann bereits Spannungen in der Dachhaut hervorrufen,
die daraufhin undicht wird und so zu weiterer Durchfeuchtung der Dachkonstruktion
führt.
S
CHWACHPUNKTE
von Dächern generell bezüglich Feuchtebelastung sind Kehlen und
Ortgänge mit ihren schadensanfälligen Deckungen sowie Durchdringungen durch
Gauben und Schornsteine.
Lt. L
IßNER
/R
UG
5
sind Durchfeuchtungen im Traufbereich aus defekten Rinnen und
Fallrohren sowie undichter Dachhaut die statistisch häufigsten Schadenspunkte am
Dach.
Die D
ACHDECKUNG
ist nach der Fassade wichtigstes optisches Merkmal eines
Gebäudes, gleichzeitig schützt sie das Bauwerk vor Witterungseinflüssen.
Reet und Stroh bieten zusätzlich zur Funktion als Dachhaut eine gute
Wärmedämmwirkung, die Lebensdauer beträgt lt. R
AU
/B
RAUNE
6
ca. 30 Jahre. Durch
Imprägnieren gegen Brennbarkeit entfällt das Gegenargument der Feuergefährlichkeit.
Ziegel treten in Form von Biberschwänzen, Hohlziegeln sowie ,,Mönch- und Nonne"
Deckungen auf. Die Ziegeldeckung löste in vielen Fällen die Strohdeckung ab, damals
noch aus Gründen der Brandgefahr. Dies brachte allerdings eine Erhöhung der Last aus
Dachdeckungsmaterial mit sich, so dass z. T. zusätzliche Sparren eingebaut werden
mussten.
7
1.3 Abbund und Richten
Um mit historischen Holzkonstruktionen arbeiten zu können, ist es nötig, die
Herstellung und ihre Arbeitsmethoden zumindest ansatzweise zu kennen und zu
verstehen.
Es ist nicht möglich und auch nicht nötig, den kompletten Prozeß von der
Holzbeschaffung bis zum Richtspruch darzustellen, aber einige grundlegende Schritte
sind erwähnenswert.
5
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 126
6
R
AU
/ B
RAUNE
: Der Altbau. 5. Auflage, Leinfelden-Echterdingen 1986, S.29
7
G
ROßMANN
, G. Ulrich: ebenso S. 41

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 26
Die durch Dendrochronologie (vgl.1.5) belegte Tatsache, dass zur Entstehungszeit der
meisten Fachwerkgebäude vermehrt W
INTERFÄLLUNG
betrieben wurde
8
, hat mehrere
Gründe:
Einerseits war das Wissen um die Saftarmut im Splint und den geringen
Gerbsäuregehalt der Eiche während des Winters ausschlaggebend. Andererseits gab es
auch organisatorische Gründe. So waren die Zimmerleute, die damals auch für die
Fällungen und das Kantigschlagen der Stämme zuständig waren, im Sinne einer
Vollbeschäftigung an Arbeit während der Wintermonate interessiert, da dann einige
andere Tätigkeiten wie Lehmarbeiten entfielen.
9
Wurden Hölzer wegen Holzmangels antransportiert, erfolgte dies durch F
LÖSSEN
, was
zusätzlich zur Winterfällung einen Beitrag zum vorbeugenden Holzschutz leistete.
Die Hölzer wurden durch längeren Wasserkontakt ,,ausgewaschen", d. h. das
Nährstoffangebot für Schädlinge verringerte sich.
Die D
IMENSIONIERUNG
der Querschnitte eines Fachwerkhauses erfolgte basierend auf
empirischem Wissen und einfachen Faustformeln.
Erst ab ca. 1920 begann man Fachwerke nach statischen Berechnungen zu
dimensionieren.
10
Eine der vielen Methoden ist die Querschnittsermittlung nach Schlüsselzahlen:
Spannweite l
(in m) * 2 + Schlüsselzahl
= Querschnittshöhe h
Je nach Bauteil wird eine Schlüsselzahl angenommen:
Sparren: 5
Stiel: 7
Pfette: 9
Balken: 13
Bei einer 5 m spannenden Balkenlage ergibt sich also eine Querschnittshöhe von:
2 * 5 + 13 = 23 cm Die Querschnittsbreite entspricht mit 5/7 h = 16,4 17 cm
Dass Formeln dieser Art Einflüsse wie Lasten, genaue Balkenabstände,
Durchlaufwirkung, Holzeigenschaften und andere wichtige Faktoren nicht im einzelnen
berücksichtigen, spielt keine große Rolle. Die sich ergebenden Querschnitte sind so
stark dimensioniert, dass man in (fast) allen Fällen ,,auf der sicheren Seite" liegt, und
das ist genau der Zweck einer Faustformel.
Die V
ERARBEITUNG
der Hölzer erfolgte in frischem Zustand.
11
Erstens läßt sich Eiche in diesem Zustand leichter bearbeiten, und zweitens wurde Holz
erst für eine konkrete Bauaufgabe geschlagen, d. h. es gab keine Lagerung auf Vorrat
(und somit Trocknung). Nachweisbar ist die frische Verarbeitung an den
schiefwinkeligen Querschnitten der Hölzer, die offensichtlich erst nach ihrem Zuschnitt
getrocknet sind und nicht aus getrockneten Hölzern winklig geschnitten wurden.
8
G
ROßMANN
, G. Ulrich: Der Fachwerkbau. 3. Auflage, Köln 1992, S.17
9
G
ROßMANN
, G. Ulrich: ebenso S.17
10
TU Darmstadt, Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik. Fachgebiet Holzbau, Skript 1, S.6
11
G
ROßMANN
, G. Ulrich: Der Fachwerkbau. 3. Auflage, Köln 1992, S.18

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 27
Der A
BBUND
erfolgte auf dem Zimmerplatz. Diese Arbeit konnte, falls nötig, wie die
Holzbeschaffung in die Wintermonate gelegt werden. Im Unterschied zu heutigen
Abbundarbeiten gehörte auch die Herstellung von Rechteckquerschnitten aus den
Stämmen zur Arbeit. Durch Schnurschläge vorgegebene Querschnitte wurden aus den
Stammhölzern herausgetrennt. Erst danach begann das Anreissen und Ausarbeiten der
eigentlichen Konstruktionsteile und ihrer Verbindungen.
Die Festlegung und Markierung einer oder (beim Eckstiel) mehrerer B
UNDSEITEN
vor
dem Anreissen ist unerläßlich. Die Bundseite ist aufgrund der meist verschieden starken
Hölzer nötig und dient als Bezugsebene. Im montierten Zustand bildet sie die
Wandseite, die ,,bündig" ist. Je nach Fehlstellen, Kernseite, Verformung und Optik
werden die Bundseiten der Hölzer gewählt. Die Bundseite einer Wand zeigt immer nach
außen. Zum einen, um optisch eine bündige Außenwand zu erhalten, zum anderen, um
Ablaufen von Niederschlägen zu gewährleisten. Bei Innenwänden zeigt sie zum
,,wichtigeren", d. h. repräsentativeren Raum.
A
BBUNDZEICHEN
, die im weiteren erläutert werden sollen, wurden generell auf der
Bundseite nahe der Holzverbindung gestochen . Trotz verschiedenster Varianten der
Zeichen gibt es immer gleiche Grundregeln:
1. Nummerierung der Hölzer durch römische Zahlen
Von einer festgelegten Gebäudeecke ausgehend sind
alle Hölzer einer Wand auf der Bundseite fortlaufend
nummeriert.
2. Ruten zur Kennzeichnung der Längswand
Da Wände oft entweder in sich symmetrisch sind
oder mehrere Wände einander gleichen, muss bei
gleichen Hölzern erkennbar sein, in welche
Längswand sie gehören.
3. Stiche zur Kennzeichnung der Querwand
Analog
zur
Längswand
4. Stockwerkszeichen
Existieren mehrere Stöcke mit sich
gleichenden Wänden, muss auch der
Abbundzeichen an Kopfbandanschluß
jeweilige Stock mit angegeben werden.
Zweck der Abbundzeichen ist die Zuordnung der zu montierenden Teile vor Ort. Durch
die große Anzahl der verwendeten Hölzer ist es ohne ein Kennzeichnungssystem
äußerst umständlich, ein Fachwerkgebäude zu errichten.
Durch Vergleich der verschiedenen Abbundzeichen lassen sich oftmals nachträglich
eingebaute Hölzer in Wand oder Dachverband identifizieren.
Das R
ICHTEN
des Gebäudes ging im Vergleich zum Abbund zügig vor sich.

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 28
Oftmals mit Unterstützung weiterer Helfer war der Bauherr beim Richten dabei, von der
Schnelligkeit des Vorgangs zeugen Inschriften am Gebäude wie ,,Gerichtet am.."
In einigen Fällen, wie beim niederdeutschen Hallenhaus, spielt auch die Art der
Verzimmerung beim Richten eine große Rolle.
Der Richtvorgang ist abhängig von der geplanten Lage des Rähms im Gebäude:
Die Oberrähmzimmerung
arbeitet mit einzelnen Bindern, die jeweils gerichtet und
dann mit dem abschließend darauf gelegten Rähm längs verbunden werden.
Die Binder müssen während des Richtvorganges provisorisch verschwertet werden, bis
das Rähm gelegt wird. Die Oberrähmzimmerung ist die ältere der beiden Bauweisen.
Bei der Unterrähmzimmerung werden erst die Längswände gestellt, das Rähm ist
bereits im Wandverband der Längswände enthalten. Die danach aufgekämmte
Balkenlage dient als Ankerbalken und sorgt ebenso wie eingefügte Querwände für die
Queraussteifung.
Der Stockwerkbau brachte im Vergleich zum Geschossbau große Vorteile mit sich.
So wurde jetzt ein ,,Stock" nach dem anderen aufgeschlagen, jeweils beginnend mit der
Schwelle auf der Balkenlage und endend mit dem zugehörigen Rähm. Während des
Zusammenfügens wird der Holznagel als Montagehilfe genutzt.
Kopfbänder, Streben, und Riegel mit Blatt hatten, bevor dieses durch den Zapfen
weitgehend ersetzt wurde, den Vorteil, dass sie nicht genau zum ,,richtigen" Zeitpunkt
eingesetzt werden mussten. Die Vorteile durch diese montagefreundliche Tatsache sind
im Vergleich zur starken Querschnittsschwächung durch Blätter allerdings gering.
Wird beim Richten ein gezapftes Holz vergessen, helfen nur noch Notlösungen in Form
von Reparaturverbindungen (vgl. 1.2.2).
1.4 Fachwerktypische Schäden
1.4.1 Allgemein
Schadensursachen, wie sie sich an Fachwerkbauten in Deutschland darstellen, sind auf
zwei verschiedene Ausgangssituationen zurückzuführen.
12
In der ehemaligen Bundesrepublik stammen die meisten Schadensfälle aus fehlerhaften
Sanierungen und unangemessenen Instandsetzungen. In der ehemaligen DDR ergibt
sich der schlechte Zustand der Bausubstanz aus jahrzehntelanger Vernachlässigung.
Unabhängig von den fachwerktypischen Faktoren gelten übergeordnet generelle
Überlegungen zu Schäden an (Holz)bauwerken.
Einflussgrößen sind:
12
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 107

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 29
· Baugrundqualität
· Qualität des Entwurfes
· Qualität der Ausführung
· Baustoffe (Holzarten und Holzgüten)
· Belastungen und Nutzungen
· Witterungseinflüsse
Wie in der im zweiten Teil behandelten Bauzustandsanalyse (vgl. 2.3.2) angesprochen,
ist die Einteilung von Ereignissen in die Kategorien Schadensursache und Schaden nicht
immer eindeutig möglich. So ist je nach Schadenskette ein Ereignis als Ursache oder
aber auch als Folge anzusehen:
Pilzbefall ist Folge von Durchfeuchtung und somit ein Schaden, er kann aber auch
Ursache für Überbelastung von anderen Bauteilen sein und somit erst am Anfang einer
Kette stehen.
In jedem Einzelfall müssen die Zusammenhänge erkannt werden.
F
EUCHTEEINWIRKUNG
über einen längeren Zeitraum ist die häufigste Ursache für
Schäden an Fachwerkbauten, sie führt zu biotischem Befall und Zerstörung der Hölzer.
Die Gründe für Durchfeuchtung von außen sind vielfältig, sie reichen von undichter
Dachhaut und beschädigter Fassade über defekte Dachentwässerung,
Schlagregenbeanspruchung und aufsteigende Feuchte.
Belastungen aus dem Gebäudeinneren sind defekte Rohre und verhinderte
Dampfdiffusion (Kondensatbildung).
Ü
BERBELASTUNG
eines Bauteiles mit verstärkter Durchbiegung, Bruch oder sonstigem
Versagen resultiert aus Schäden an anderen Bauteilen oder deren Verbindungen.
So hängt jede dritte mechanische Überbelastung lt. L
IßNER
/R
UG
13
mit vorhergehendem
Schädlingsbefall eines anderen Bauteiles zusammen, welches versagt und diese
hervorruft. Auch veränderte Nutzung mit erhöhten Lasten oder Setzungen im Baugrund
sind Auslöser für Über- und somit Fehlbelastungen von Bauteilen.
V
ERSCHIEBLICHKEIT
einer Konstruktion entsteht, wenn Hölzer z. B. zur besseren
Nutzung eines Raumes herausgeschnitten werden. Fehlende Kopfbänder oder
Windrispen im Längsverband sind typische Beispiele. Bei der Bauzustandsanalyse sind
ungenutzte Zapfenlöcher oder Blattsassen Anzeichen für ein solches Vorgehen,
andererseits kann es sich auch um erneut genutzte Althölzer handeln.
S
CHADENSKETTEN
und Zusammenhänge zu erkennen ist in diesem Zusammenhang
wichtig. Nicht immer ist die Ursache an der gleichen Stelle zu finden, an welcher der
Schaden auftritt. Schäden können mehrere Auslöser haben, deren Ursprung an anderen
Stellen im Gebäude zu finden ist.
13
L
IßNER
/ R
UG
: ebenso S.146

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 30
1.4.2 Schädlinge
1. I
NSEKTEN
Holzzerstörende Insekten sind Trockenholzinsekten wie der Hausbock und Anobien.
Im Larvenstadium, das bis zu 10 Jahre dauern kann, frißt das Insekt den Splintholzanteil
des Holzes, das später entstehende Vollinsekt ist ungefährlich. Hier werden die beiden
am meisten verbreiteten und gefährlichsten tierischen Schädlinge angeführt:
Der Hausbock befällt den Splintanteil trockenen Nadelholzes, Eier werden in Rissen im
Querschnitt abgelegt.
Kernholz hat einen geringeren Eiweißanteil, deshalb wird der Splint bevorzugt.
Idealerweise ist Befall erkennbar an ovalen Ausfluglöchern (Ø ca. 5 mm),
Nagegeräuschen und Bohrmehl. Meist läßt der Hausbock die Holzoberfläche jedoch bis
auf Ausfluglöcher unangetastet und frißt im Inneren des Holzes.
Der Käfer selbst ist dunkelbraun bis schwarz und bis zu 25 mm lang.
Der Hausbock tritt im Temperaturbereich von 12° C bis 38° C auf, die ideale
Temperatur liegt zwischen 28° C und 30° C, der ideale Feuchtegehalt beim
Fasersättigungspunkt.
Der Gewöhnliche Nagekäfer (Gruppe der Anobien) befällt den Splint von Nadel- und
Laubhölzern sowie pilzgeschädigtes Kernholz bei Holzfeuchten nahe dem
Fasersättigungspunkt.
Vorkommen in Fußböden und Treppen, der ideale Temperaturbereich liegt bei 22° C.
Viele Runde Ausfluglöcher (Ø ca. 2 mm) und Bohrmehl sind Erkennungsmerkmale.
Das Vollinsekt ist zwischen 3- 5 mm lang.
2. P
ILZE
Pilzwachstum ist nur möglich, wenn neben anderen Bedingungen die Holzfeuchte
dauerhaft über dem Fasersättigungspunkt liegt, also oberhalb von 30%.
C
OLLING
14
führt an, dass dieser Wert nicht im Widerspruch zum Grenzwert von 20%
der DIN 68800 T4
15
steht, da Holzfeuchten im Bauteil sehr schwanken.
So wird zum DIN-Wert argumentiert, dass selbst falls die Meßstelle der 20% noch die
trockenste (also ungünstigste) Stelle des gesamten Querschnitts ist, eine Feuchte von
30% an anderer Stelle nicht auftritt.
Wie auch die Holzinsekten befallen holzzerstörende Pilze kein Kernholz, dies hat zur
Folge, dass auch hier die DIN 68800 Verzicht auf chemischen Holzschutz zuläßt,
vorausgesetzt, es werden Kernholquerschnitte von Douglasie, Lärche oder Kiefer
verwendet.
16
Auf den Aufbau von Pilzen und ihre genaue Unterscheidung wird hier nicht
eingegangen, aufgeführt sind die einzelnen Arten mit ihren Eigenschaften.
Der Echte Hausschwamm gilt aus vielen Gründen als der gefährlichste Gebäudepilz.
Er ist in der Lage schnell zu wachsen, tritt oft in nicht einsehbaren Bereichen wie
Deckenfeldern auf und wird deswegen spät entdeckt.
14
C
OLLING
, François: Lernen aus Schäden im Holzbau. München 2000, S. 177
15
DIN 68800 T4: ,,Holzschutz im Hochbau, Bekämpfungsmaßnahmen gegen Pilz- und Insektenbefall"
16
C
OLLING
, François: ebenso S. 178

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 31
Gleichzeitig ist er schwer zu bekämpfen, da er auch Mauerwerk durchwächst und lange
Trockenperioden überdauert.
Der Hausschwamm kann über seine Myzelstränge Feuchtigkeit an trockene Holzzonen
leiten und diese zerstören. Dadurch reicht eine Feuchtequelle zum Befall von
mehreren, eigentlich trockenen Bereichen aus. Die benötigte Feuchtemenge ist dazu
noch geringer als bei anderen Pilzen. Der optimale Temperaturbereich liegt zwischen 8°
C und 26° C , die ideale Feuchte für den Hausschwamm beträgt 28%.
Er befällt hauptsächlich Nadelholz, bei Feststellung von Befall besteht Meldepflicht bei
der Bauaufsichtsbehörde.
17
Schadensbild ist Braunfäule (auch Destruktionsfäule genannt), die durch den Abbau der
Zellulose in den Zellwänden zustande kommt.
18
Das Holz zerfällt im Endstadium in
kleinere Teile (,,Würfelbruch") durch Risse längs und quer zur Faser.
Der Keller- oder Warzenschwamm befällt hauptsächlich Nadelholz, auch hier entsteht
letztendlich Würfelbruch. Der Kellerschwamm wächst bei hoher Holzfeuchte schnell, er
ist neben dem Hausschwamm der gefährlichste Pilz. Die Idealtemperatur beträgt 24° C.
Er benötigt ständige hohe Feuchte, falls diese nicht vorhanden ist, kann er bis zu 5 Jahre
Trockenheit überdauern und bei erneutem Feuchteangebot weiterwachsen.
1.4.3 Schädlingsbekämpfung
1. I
NSEKTEN
:
Maßnahmen sind Abbeilen und Ausbürsten, dann folgt chemischer Holzschutz
entweder durch Streichen oder durch Bohrlochtränkung.
Stellt sich beim Abbeilen heraus, dass der Querschnitt nicht mehr tragfähig ist, wird er
ersetzt oder verstärkt.
2. P
ILZE
:
Für von Pilzen befallene Bereiche gelten folgende Maßnahmen:
Vom Hausschwamm befallene Hölzer werden 1,0 m, von Naßfäulepilzen (z. B.
Kellerschwamm) befallene Hölzer 0,3 m über den erkennbaren Befall hinaus entfernt
und verbrannt, bis dahin ist Kontakt mit gesundem Holz zu vermeiden.
Einbringungsarten des bekämpfenden chemischen Holzschutzes sind Streichen oder
Bohrlochtränkung. Auch befallene Schüttungen sind zu entfernen und Nachbarräume zu
untersuchen. Mauerwerk abbrennen, Mörtelfugen auskratzen, Bohrlochtränkung falls
nötig.
An dieser Stelle kommt es oft zu Konflikten mit dem Denkmalschutz, der ein
weitreichendes ,,Gesundschneiden" und Abschlagen von Putz wegen
Hausschwammbefalls in größerem Umfang ablehnt.
B
RÜCKNER
19
verweist darauf, dass auch innerhalb der DIN 68800 Spielräume vorhanden
sind, die vom Denkmalschutz genutzt werden sollen. So läßt die Norm bei
17
L
IßNER
/ R
UG
: Holzbausanierung. Berlin/Heidelberg/New York 2000, S. 196
18
W
EIß
/ W
AGENFÜHR
u. a.: Beschreibung und Bestimmung von Bauholzpilzen.
Leinfelden-Echterdingen 2000, S. 8
19
B
RÜCKNER
, Georg: Holzschädlinge und ihre Bekämpfung. Fulda 2000, S. 65-68

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 32
unersetzbaren Kunstobjekten zu, dass bei Befall durch einige Pilzarten lediglich das
Myzel abgetötet wird und die bereits zerstörten Schichten abgebeilt werden.
Voraussetzung ist, dass der Restquerschnitt tragfähig ist, erneuter Befall durch weitere
Maßnahmen ausgeschlossen ist (Bohrlochtränkung) und der betroffene Bereich
einsehbar bleibt. Erneute Feuchtebelastung muss ausgeschlossen sein um ein
Wiederaufleben zu verhindern.
Der Echte Hausschwamm ist allerdings von dieser Regelung ausgeschlossen.
Bekämpfender Holzschutz in Form von Anstrichen ist aus denkmalschützerischer Sicht
problematisch, da irreversible Veränderungen an Altanstrichen, z. B. Farbgebungen
entstehen.
1.4.4 Auswirkungen
V
ERSCHIEBLICHKEIT
der Konstruktion äußert sich in Form von z. T. erheblichen
Schiefstellungen im Fachwerkgefüge. Es kommt aufgrund der Gelenkigkeit der
Anschlüsse zwar nicht zum Versagen, aber es können weitere Schadensursachen
entstehen. Schiefstellung von Wänden kann im allgemeinen als fachwerktypisch
angesehen werden, eine Begradigung ist meist nicht erforderlich.
Allerdings muss durch Sicherungsmaßnahmen weitere Verformung ausgeschlossen
sein, und durch die Schiefstellung darf kein Folgeschaden wie Durchfeuchtung am
Gebäude hervorgerufen werden. Weiterhin muss geprüft werden, ob Funktionalität und
Nutzbarkeit für die Bewohner noch gegeben sind.
Die Folgen von Ü
BERBELASTUNG
sind nur bedingt mit Schiefstellungen aus
Verschieblichkeit vergleichbar. Versagt ein Bauteil, so kommt es zur Verformung oder
zum Bruch innerhalb eines Konstruktionsteiles.
Die Folgen für das Gebäude durch einen gebrochenen Sparren können gravierender sein
als die durch eine aus dem Lot geratene, komplette Wand.
Der Schaden ist zwar lokal begrenzt, bringt aber u.U. weitere Überlastung anderer
Bauteile sowie mögliche Durchfeuchtung mit sich.
Auswirkungen von S
CHÄDLINGSBEFALL
sind Zerstörung des Splintholzes durch
Fraßgänge bei Insekten und Abbau der Zellulose durch Braunfäule bei Schwämmen.
Es kommt zum Versagen des Bauteils, Lastumlagerungen auf andere Konstruktionsteile
und dadurch u.U. zu weiteren Schäden.
.
G
ENERELL
wird zwischen sichtbaren und verdeckten sowie zwischen sich
ausbreitenden und sich nicht ausbreitenden Bauschäden unterschieden.
Verformungen, Brüche oder Zerstörungen in einsehbaren Bereichen sind sichtbare
Schäden, sie können dementsprechend leicht erkannt und behoben werden. Ein
verdeckter Schaden wie Pilzbefall im Inneren einer Decke ist schwerer zu orten und
deswegen u.U. bereits weit fortgeschritten (sich ausbreitender Schaden).

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 33
1.4.5 Schäden aus Sanierungen
Alle fachwerktypischen Schäden, die an historischen Gebäuden auftreten, können auch
am fehlerhaft sanierten Bauwerk auftreten. Je nach Schwere des Fehlers und seiner Art
können die Auswirkungen entweder sofort (z. B. Verschieblichkeit bei herausgetrennten
Teilen im Dachverband während des DachGeschossausbaus) oder verzögert auftreten.
Ein Hauptproblem bei Sanierung und Modernisierung von Fachwerkbauten ist
F
EUCHTEBELASTUNG DURCH UNSACHGEMÄSSE
V
ERÄNDERUNGEN DER
A
UßENWÄNDE
:
Lehm wie auch Ziegel ermöglichen aufgrund ihrer hohen Kapillarität die für eine
Fachwerkwand ,,lebenswichtige" Feuchtigkeitsabgabe nach innen und außen.
Wasser (Schlagregen), das durch die unvermeidbaren Fugen des Sichtfachwerks
eindringt, stellt demnach zunächst kein Problem dar. Es sei denn, die Gefache sind
durch zu starke innere Wärmedämmungen oder Dampfbremsen an der
Feuchtigkeitsabgabe nach innen oder sperrende Schichten an der Fassade an der Abgabe
nach außen gehindert.
Zusätzlich zur Feuchte von außen wird die Wand von innen durch Atemluft sowie durch
Feuchte aus Küche und Bad (Kondenswasser) belastet.
Erst die Annahme, es sei erstens möglich und zweitens nötig, eine Fachwerkwand durch
Folien oder sperrende Anstriche komplett ,,dicht zu bekommen", führt also dazu, dass
Wasser in der Wand verbleibt, da es am ausdiffundieren gehindert wird.
Dampfbremsen wirken bei fachgerechtem Einbau Durchfeuchtung entgegen, doch für
die Fachwerkwand sind sie ungeeignet.
20
Folien sind besonders am Rähm
problematisch, da sie dort von der Deckenbalkenlage durchdrungen werden. Selbst bei
größter Sorgfalt sind die Anschlüsse nicht komplett dicht ausführbar.
21
Dadurch entsteht
Feuchtigkeit im konstruktiv wichtigen wie auch schwer zu schützenden
Balkenkopfbereich. Auch die meist unebenen Wände und die leichten Bewegungen des
Gebäudes sprechen gegen eine Folie.
Die Wandkonstruktion wird durch die Innendämmung in den ungünstigeren, kalten
Bereich verlegt. Zusätzlich wird durch Addition des auftreffenden Regens von außen
und der durch Dampfbremsen und zu starke Wärmedämmungen gehaltenen Feuchte, die
bereits in der Wand verblieben ist, der Feuchtegehalt zum tatsächlichen Problem. Es
ergibt sich die Situation, dass die jetzt besonders feuchte und kalte Wand erst Recht ihre
Feuchtigkeit nicht mehr abgeben kann, sie verliert immer mehr ihre wärmedämmende
Funktion wie auch die Möglichkeit zu trocknen.
Die Wärmedämmung einer Sichtfachwerkwand ist immer problematisch, da die
bauphysikalisch beste Variante der Außendämmung entfällt. Allerdings kann die
Innendämmung nicht schadlos leisten, was eine Außendämmung zu leisten in der Lage
wäre, ohne die erwähnten Probleme mit sich zu bringen.
Die angestrebte Verbesserung der bauphysikalischen Eigenschaften durch zusätzliche
Wärmedämmung und Dampfbremsen trägt so nicht nur zum Gegenteil bei,
20
WTA- Merkblatt E-8-5-xx-D ,,Innendämmsysteme"
21
S
CHULZE
, Jörg: Regendichtes Fachwerk- eine Utopie ? in: Sanierung von Holz- und Fachwerkbauten.
Fulda 2000, S.98

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 34
(Wärmedämmwirkung verringert), sondern zusätzlich ist die Feuchteeinwirkung über
einen längeren Zeitraum der Startschuß für Pilzbefall und Fäulnis.
Für V
ORSCHLÄGE
, die den Wärmeschutz verbessern, müssen andere Richtlinien als für
den Neubau gelten. Folgende Wandaufbauten haben sich als sinnvoll erwiesen.
57
1. Innendämmung bei Ziegelgefachen
Auf den inneren Lehmputz wird Mineralleichtputz aufgebracht.
2. Innendämmung bei Lehmgefachen
Eine Holzwolleleichtbauplatte, die gleichzeitig als Putzträger wirkt, wird auf den
alten Innenputz aufgebracht. Auf sie wird der neue Innenputz aufgetragen.
3. Außendämmung bei Lehmgefachen
Auf den freigelegten, am Rand angeschrägten Gefachbereich wird außen ein
Wärmedämmputz aufgetragen, der abgeschrägte Anschlußkanten erhält.
Diese laufen direkt auf die Holzkanten aus.
Varianten Wärmedämmung 1-3
22
Eine weitere Form der Innendämmung ergibt sich aus dem Gedanken, den Baustoff
Lehm mit seinen günstigen Eigenschaften flächig auf die gesamte Innenwand zu
übertragen. Es bieten sich folgende Möglichkeiten an:
4. Innendämmung mit Leichtlehm und verlorener Schalung
Der Lehm wird zwischen die Innenseite der Außenwand und einer Schalung
eingebracht und verdichtet. Die Schalung bleibt auch nach Trocknung des
Lehms stehen und dient als Putzträger.
5. Innendämmung durch Leichtlehmsteine
Vor die Wand wird eine Schale aus Leichtlehmsteinen gemauert, die Fuge
zwischen Wand und Lehmwand wird mit Lehmmörtel ausgegossen um keine
Hohlräume erzeugen (Gefahr von Feuchtansammlung).
22
G
ERNER
, Manfred: Schäden an Fachwerkfassaden. Stuttgart 1998, S. 132

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 35
Diese Methoden verändern nicht die eigentliche Ausfachung, die eingesetzten Stoffe
sind diffusionsoffen und gut wärmedämmend. Sind die Gefache so stark geschädigt,
dass sie nicht belassen werden können, kann ein dämmendes Ausfachungsmaterial mit
einer Innendämmung kombiniert werden.
Welche Wärmedämmaßnahme auch gewählt wird, sie hat sich nach der Belastbarkeit
der Wand in bauphysikalischer Hinsicht zu richten.
Durch Erarbeiten von
FACHWERKSPEZIFISCHEN
L
ÖSUNGEN
ist es also möglich
bauphysikalisch günstige Verhältnisse hinsichtlich Feuchtebelastung und Wärmeschutz
zu schaffen. Die Übertragung von im Neubau eingesetzten Methoden ist ohne genaue
Prüfung ihrer Eignung nicht sinnvoll und kann in absehbarer Zeit zu erneutem
Sanierungsbedarf führen.
1.4.6 Regionale Schadensbilder
Die regional unterschiedlichen Schadensbilder können nicht konkret am Fachwerkstil
festgemacht werden, der in der jeweiligen Region vorherrscht.
Die Schadensarten und -häufigkeiten sowie die Schwere der Schäden hängen stärker mit
anderen Faktoren zusammen:
Äußere Umstände wie Witterung und Holzgüte der Region sowie die Qualität der
Ausführungen sind ausschlaggebend für Dauerhaftigkeit und Schadensanfälligkeit.
Wichtigste Faktoren allerdings sind die wirtschaftliche Lage sowie die Einstellung der
Bewohner zu ihrem Gebäude über die Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte. Sie haben
direkten Einfluß auf das Bauwerk, die ergriffenen Maßnahmen und
Instandhaltungsintervalle.
Konstruktive Unterschiede, die einen Stil gegenüber einem anderen anfälliger für
bestimmte Schadensbilder machen, sind z. B. umlaufende Bretter zum Schutz des
Hirnholzes der Balkenlagen (Mitteldeutsch) im Gegensatz zu exponierten Balkenköpfen
bei Nieder- und Oberdeutschem Fachwerk.
Diese Unterschiede, die aus der Umsetzung der Erkenntnisse im konstruktiven
Holzschutz beruhen, sollten nicht vernachlässigt werden, sind aber eher begleitende
Umstände.

Fachwerksanierung am Beispiel des Alten Rathauses Biesenthal
Alexander Faensen
1. Fachwerkbau 36
1.5 Untersuchungsmethoden
Im Rahmen der Bauzustandsanalyse werden Bestand und Schäden aufgenommen. Die
Möglichkeiten zur Erfassung werden hier im ersten Teil aufgeführt, während auf die
Bauzustandsanalyse selbst im Rahmen des Sanierungskonzeptes (vgl. 2.3), mit welchem
die Analyse eng verbunden ist, eingegangen wird.
Die hier beschriebenen Methoden sind auf die Untersuchung von Holzbauteilen
ausgerichtet, auch wenn beispielsweise die Endoskopie zusätzlich für Mauerwerk
geeignet ist. Als Werkzeuge innerhalb der Bauzustandsanalyse sind sie je nach Bauwerk
und Zielstellung geeignet, um über die Analyse ein Sanierungskonzept festzulegen.
V
ISUELLE
B
EGUTACHTUNG
(auf Risse, Brüche, Schädlingsbefall) und Abklopfen mit
dem Zimmermannshammer sind einfache und aussagekräftige Methoden, um einen
ersten Eindruck über den Zustand des Bauteils zu erhalten. Festigkeit kann am Klang
beim Schlagen, Insektenfraß oder Pilzbefall an Eindringtiefen mit Hammerspitze oder
Stecheisen erkannt werden. Durch Abbeilen wird der verbleibende Querschnitt sichtbar
und kann beurteilt werden. Bei schützenswerten Bauteilen verbietet sich diese Methode
wegen der großen Zerstörungen.
Probenahme und Messung der Holzfeuchte sind weiterführende Maßnahmen.
Die B
OHRKERNENTNAHME
gibt Aufschluß über den Zustand eines Querschnitts an der
Entnahmestelle.
Bohrkerne zwischen 20 und 30 mm Durchmesser werden gezogen und untersucht.
Holzart, Jahresringe (dendrochronologische Untersuchungen), Feuchte, Schädigungen
und eventuell vorhandene Holzschutzmittel werden erkennbar.
Gut erhaltene Proben können auch einer Festigkeitsprüfung (Druckprüfung) zur exakten
Feststellung der Belastbarkeit unterzogen werden.
Zur Beurteilung sind aber Einflüsse wie z. B. Äste zu berücksichtigen. Görlacher
1
weist
darauf hin, dass, abhängig von der Ästigkeit des Bauteils, die realen Festigkeiten so sehr
schwanken, dass sich lediglich bei Altholz mit wenigen, kleinen Ästen eine
Untersuchung zur Ermittlung der Festigkeiten überhaupt lohnt.
Im Rahmen der D
ENDROCHRONOLOGIE
(Bestimmung des Holzalters) wird eine Probe
mit möglichst vielen Jahresringen per Computer mit der Jahresringabfolge von Hölzern
verglichen, deren Alter bekannt ist. Für verschiedene Holzarten und Gebiete liegen
Standardkurven vor.
2
Das 1919 entwickelte
3
Prinzip beruht darauf, dass Hölzer aus der gleichen Region im
gleichen Zeitraum aufgrund von Nahrungsangebot und Witterung Ähnlichkeit in der
Jahresringabfolge zeigen. Zur genauen Angabe des Fällalters (und somit des
Einbaudatums) ist allerdings Baumkante am Querschnitt nötig, um den identifizierten
Abschnitt zuordnen zu können.
1
G
ÖRLACHER
, Rainer: Historische Holztragwerke. SFB 315 Universität Karlsruhe 1999, S. 35
2
D
ZIERZON
/ Z
ULL
: Altbauten zerstörungsarm untersuchen. Köln 1990, S. 92
3
www.bfbk.de/leidendr.htm vom 27.06.02

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832461720
ISBN (Paperback)
9783838661728
DOI
10.3239/9783832461720
Dateigröße
6.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin – Ingenieurwissenschaften II
Erscheinungsdatum
2002 (Dezember)
Note
1,7
Schlagworte
fachwerk sanierung holzbau denkmalschutz zimmermansmäßiger
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