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Erfahrung mit der Arbeit in Gruppen

Befragung der Studentinnen und Studenten aller Fachrichtungen an der Universität Augsburg

©2002 Diplomarbeit 237 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem „Mythos Gruppe“. In den meisten Unternehmen werden – begünstigt durch wissenschaftliche Forschungen und darauf basierenden Ergebnissen und Empfehlungen – immer mehr Gruppen eingesetzt. Die Gruppe erscheint als die humanste Arbeitsform, weil sie soziale und arbeitstechnische Aspekte am besten in sich vereint und effektivere Lösungen für Probleme verspricht.
Gruppen als solche sind jedoch zu komplex, als dass man sie beobachten und verwertbare, allgemeingültige Ergebnisse daraus ableiten könnte. Die meisten Theorien basieren auf Ergebnissen, welche die Gruppenforschung mit Hilfe von Laboruntersuchungen, in denen „quasi-reale“ Bedingungen simuliert werden, gewonnen hat. Gruppen sind nur ein Instrument in der alltäglichen Organisationsarbeit. Es gibt Tätigkeiten, für deren Erledigung sie von Vorteil sind. Es gibt aber auch Tätigkeiten, die gänzlich ungeeignet sind, um in Gruppen angegangen zu werden. In dieser Arbeit werden Wahrheiten und Irrtümer hinsichtlich der Arbeit in Gruppen dargestellt und kritisch reflektiert.
Basierend auf den theoretischen und empirischen Konzepten wurde ein Fragebogen erstellt. Im Zeitraum von Dezember 2001 bis Januar 2002 wurden Studierende aller Fakultäten der Universität Augsburg anhand dieses Fragebogens befragt.
Ziel dieser Untersuchung ist es, die Erfahrungen, aber auch die Erwartungen der Studierenden bezüglich der Arbeit in Gruppen zu untersuchen und die Teamfähigkeit und -willigkeit der kommenden Berufseinsteiger greifbar zu machen. So sollen Personalverantwortliche in den verschiedensten Unternehmen für die Sinnhaltigkeit von Gruppen und die Problematik der Auswahl von Gruppenmitgliedern sensibilisiert werden.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG7
1.1Thematische Einführung und Fragestellung der Arbeit7
1.2Vorgehen9
2.EINZELARBEIT VERSUS GRUPPENARBEIT12
2.1Leistungssteigerung in Gruppen13
2.1.1Drive Theories14
2.1.2Self Theories15
2.1.3Resource Theories16
2.2Leistungsdefizite in Gruppen16
2.2.1Das Konzept der potential productivity16
2.2.2Soziales Faulenzen17
Exkurs: Kreativität in Gruppen20
2.3Zusammenfassung des Kapitels22
3.MERKMALE DER GRUPPENARBEIT23
3.1Begriffsbestimmung „Gruppe“23
3.2Aufgabentypen24
3.3Zusammensetzung der Gruppe27
3.4Der Arbeitsprozess30
3.4.1Vorbereitende Maßnahmen31
3.4.2Ablauf der Gruppenarbeit34
3.5Informationsverarbeitung35
3.6Entscheidung38
Exkurs: Minderheiten in einer […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6143
Zvara, Arnost: Erfahrung mit der Arbeit in Gruppen - Befragung der Studentinnen und
Studenten aller Fachrichtungen an der Universität Augsburg
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Augsburg, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

1
Inhaltsverzeichnis
1
EINLEITUNG
7
1.1
Thematische Einführung und Fragestellung der Arbeit
7
1.2
Vorgehen
9
2
EINZELARBEIT VERSUS GRUPPENARBEIT
12
2.1
Leistungssteigerung in Gruppen
13
2.1.1
Drive Theories
14
2.1.2
Self Theories
15
2.1.3
Resource Theories
16
2.2
Leistungsdefizite in Gruppen
16
2.2.1
Das Konzept der potential productivity
16
2.2.2
Soziales Faulenzen
17
Exkurs: Kreativität in Gruppen
20
2.3
Zusammenfassung des Kapitels
22
3
MERKMALE DER GRUPPENARBEIT
23
3.1
Begriffsbestimmung ,,Gruppe"
23
3.2
Aufgabentypen
24
3.3
Zusammensetzung der Gruppe
27
3.4
Der Arbeitsprozess
30
3.4.1
Vorbereitende Maßnahmen
31
3.4.2
Ablauf der Gruppenarbeit
34
3.5
Informationsverarbeitung
35
3.6
Entscheidung
38
Exkurs: Minderheiten in einer Gruppe
40
3.7
Zusammenfassung des Kapitels
42

2
4
BEFRAGUNG DER STUDENTINNEN DER UNIVERSITÄT AUGSBURG
45
4.1
Untersuchungsziel
45
4.2
Untersuchungsmethode und Stichprobe
45
4.3
Fragebogen
46
4.4
Hypothesen
50
4.5
Erkundungsfragen:
52
4.6
Auswertungsmethoden
53
5
DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG
55
5.1
Allgemeine Ergebnisse der Befragung
55
5.1.1
Verteilung der Tätigkeit
55
5.1.2
Freiwilligkeit der Teilnahme
57
5.1.3
Merkmale und Kompetenzen in leistungsorientierten Gruppen
61
5.1.4
Merkmale und Kompetenzen in beziehungsorientierten Gruppen
63
5.1.5
Bemühung der Gruppenmitglieder
65
5.1.6
Gründe für reduzierte Leistungen von Gruppenmitgliedern
66
5.1.7
Vorgehen vor und während der Gruppenarbeit
70
5.1.8
Entscheidungsfindung in Gruppen
78
5.1.9
Umgang mit Minderheiten
86
5.1.10
Informationsbeschaffung
87
5.1.11
Beurteilung der persönlichen Fähigkeiten
90
5.1.12
Bearbeitung von verschiedenen Aufgabentypen
95
5.1.13
Einzelarbeit versus Gruppenarbeit
100
5.1.14
Verteilung der Tätigkeiten im Beruf
112
5.1.15
Entlohnungsformen bei Arbeiten in der Gruppe
114
5.1.16
Vorstellungen über die zukünftige Berufstätigkeit
117
5.2
Überprüfung der Hypothesen
119
5.2.1
Hypothese 1: Freiwilligkeit der Teilnahme und Bemühung der Mitglieder
119
5.2.2
Hypothese 2: Merkmale und Kompetenzen in leistungs- und beziehungsorientierten Gruppen 120
5.2.3
Hypothese 3: Bemühung der Mitglieder und Gründe für soziales Faulenzen
122
5.2.4
Hypothese 4: Persönliche Fähigkeiten und Phasen der Gruppenarbeit
124
5.2.5
Hypothese 5: Aufgabentyp und persönliche Fähigkeiten
127
5.2.6
Erkundungsfragen
130

3
6
ABSCHLIEßENDE DISKUSSION UND ZUSAMMENFASSUNG
132
6.1
Diskussion der Hypothesen
134
6.1.1
Wahrnehmung der Leistung der Gruppenmitglieder in Abhängigkeit der Freiwilligkeit der
Teilnahme 134
6.1.2
Merkmale und Kompetenzen unter verschiedenen Bedingungen
135
6.1.3
Gründe für geringe Leistung bei Gruppenmitgliedern
138
6.1.4
Systematisches Vorgehen, Vorbereitung und Phasen der Gruppenarbeit
140
6.1.5
Aufgabentypen und Persönlichkeitsmerkmale
144
6.2
Diskussion der Erkundungsfragen
149
6.2.1
Der Mythos der Kreativität
149
6.2.2
Gruppenarbeit während des Berufslebens
151
6.3
Signifikante Unterschiede zwischen den Untermengen
152
6.3.1
Erfahrungen der Frauen und Männer
152
6.3.2
Erfahrungen der StudentInnen der verschiedenen Fakultäten
154
6.4
Fazit
157
6.5
Ausblick
159
LITERATURVERZEICHNIS
164
ANHANG
I

4
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verteilung der Tätigkeiten (alle StudentInnen)
55
Abbildung 2: Verteilung der Tätigkeiten (nach Geschlecht)
56
Abbildung 3: Verteilung der Tätigkeiten (nach Fakultät)
56
Abbildung 4: Freiwilligkeit der Teilnahme (alle StudentInnen)
57
Abbildung 5: Häufigkeitsverteilung bei freiwilliger Teilnahme (nach Geschlecht)
58
Abbildung 6: Häufigkeitsverteilung bei delegierter Teilnahme (nach Geschlecht)
59
Abbildung 7: Häufigkeitsverteilung bei freiwilliger Teilnahme (nach Fakultät)
59
Abbildung 8: Häufigkeitsverteilung bei delegierter Teilnahme (nach Fakultät)
60
Abbildung 9: Homogenität in leistungsorientierten Gruppen (alle StudentInnen)
61
Abbildung 10: Homogenität in leistungsorientierten Gruppen (nach Geschlecht)
62
Abbildung 11: Homogenität in leistungsorientierten Gruppen (nach Fakultät)
62
Abbildung 12: Homogenität in beziehungsorientierten Gruppen (alle StudentInnen)
63
Abbildung 13: Homogenität in beziehungsorientierten Gruppen (nach Fakultät)
64
Abbildung 14: Homogenität für Wohlbefinden in der Gruppe (nach Fakultät)
64
Abbildung 15: Bemühung der Gruppenmitglieder (alle StudentInnen)
65
Abbildung 16: Bemühung der Gruppenmitglieder (nach Geschlecht)
65
Abbildung 17: Bemühung der Gruppenmitglieder (nach Fakultät)
66
Abbildung 18: Gründe für individuell reduzierte Leistung (alle StudentInnen)
67
Abbildung 19: Gründe für individuell reduzierte Leistung (nach Geschlecht)
68
Abbildung 20: Gründe für individuell reduzierte Leistung (nach Fakultät)
69
Abbildung 21: Häufigkeitsverteilungen für vorbereitende Maßnahmen (alle StudentInnen)
70
Abbildung 22: Häufigkeitsverteilung - Zieldefinition (nach Geschlecht)
71
Abbildung 23: Häufigkeitsverteilung - Aufgabenabsprache (nach Geschlecht)
71
Abbildung 24: Häufigkeitsverteilung - Planung des Vorgehens (nach Geschlecht)
72
Abbildung 25: Häufigkeitsverteilung - Zieldefinition (nach Fakultät)
72
Abbildung 26: Häufigkeitsverteilung - Aufgabenabsprache (nach Fakultät)
73
Abbildung 27: Häufigkeitsverteilung - Planung des Vorgehens (nach Fakultät)
74
Abbildung 28: Häufigkeitsverteilungen - Tätigkeiten während der Gruppenarbeit (alle StudentInnen)
75
Abbildung 29: Häufigkeitsverteilung - Überprüfung der Strategie (nach Geschlecht)
75
Abbildung 30: Häufigkeitsverteilung - Änderung der Strategie (nach Geschlecht)
76
Abbildung 31: Häufigkeitsverteilung - Überprüfung der Strategie (nach Fakultät)
76
Abbildung 32: Häufigkeitsverteilung - Änderung der Strategie (nach Fakultät)
77
Abbildung 33: Häufigkeitsverteilungen - Entscheidungsfindung (alle StudentInnen)
78
Abbildung 34: Häufigkeitsverteilung - Einstimmige Entscheidung (nach Geschlecht)
79
Abbildung 35: Häufigkeitsverteilung - 2/3-Mehrheit (nach Geschlecht)
80
Abbildung 36: Häufigkeitsverteilung - Einfache Mehrheit (nach Geschlecht)
80
Abbildung 37: Häufigkeitsverteilung - Entscheidung durch Einzelperson (nach Geschlecht)
81
Abbildung 38: Häufigkeitsverteilung - Entscheidung durch Vorgesetzten (nach Geschlecht)
81

5
Abbildung 39: Häufigkeitsverteilung - Einstimmige Entscheidung (nach Fakultät)
82
Abbildung 40: Häufigkeitsverteilung - 2/3-Mehrheit (nach Fakultät)
83
Abbildung 41: Häufigkeitsverteilung - Einfache Mehrheit (nach Fakultät)
83
Abbildung 42: Häufigkeitsverteilung - Entscheidung durch Einzelperson (nach Fakultät)
84
Abbildung 43: Häufigkeitsverteilung - Entscheidung durch Vorgesetzten (nach Fakultät)
85
Abbildung 44: Berücksichtigung von Minderheiten (alle StudentInnen)
86
Abbildung 45: Berücksichtigung von Minderheiten (nach Geschlecht)
86
Abbildung 46: Berücksichtigung von Minderheiten (nach Fakultät)
87
Abbildung 47: Häufigkeitsverteilung - Informationsbeschaffung (alle StudentInnen)
87
Abbildung 48: Häufigkeitsverteilung - Information beschaffen (nach Geschlecht)
88
Abbildung 49: Häufigkeitsverteilung - Information kriegen (nach Geschlecht)
88
Abbildung 50: Häufigkeitsverteilung - Information beschaffen (nach Fakultät)
89
Abbildung 51: Häufigkeitsverteilung - Information kriegen (nach Fakultät)
90
Abbildung 52: Kompetenzen und Verhaltensweisen (alle StudentInnen)
91
Abbildung 53: Kompetenzen und Verhaltensweisen (nach Geschlecht)
92
Abbildung 54: Kompetenzen und Verhaltensweisen (nach Fakultät) [I]
93
Abbildung 55: Kompetenzen und Verhaltensweisen (nach Fakultät) [II]
94
Abbildung 56: Bearbeitung von Aufgabentypen (alle StudentInnen)
96
Abbildung 57: Bearbeitung von Aufgabentypen (nach Geschlecht)
97
Abbildung 58: Bearbeitung von Aufgabentypen (Jura & Wiwi)
98
Abbildung 59: Bearbeitung von Aufgabentypen (Phil & Mathe)
99
Abbildung 60: Vergleich Einzelarbeit - Gruppenarbeit (alle StudentInnen)
101
Abbildung 61: Risikofreudige Entscheidung (nach Geschlecht)
102
Abbildung 62: Größere Ideenanzahl (nach Geschlecht)
103
Abbildung 63: Ideenvielfalt (nach Geschlecht)
104
Abbildung 64: Neuartige Ideen (nach Geschlecht)
104
Abbildung 65: Modifikation von Ideen (nach Geschlecht)
105
Abbildung 66: Richtige Lösung (nach Geschlecht)
105
Abbildung 67: Fehler aufdecken (nach Geschlecht)
106
Abbildung 68: Bessere Informationsverarbeitung (nach Geschlecht)
106
Abbildung 69: Risikofreudige Entscheidung (nach Fakultäten)
107
Abbildung 70: Größere Ideenanzahl (nach Fakultät)
107
Abbildung 71: Ideenvielfalt (nach Fakultät)
108
Abbildung 72: Neuartige Ideen (nach Fakultät)
109
Abbildung 73: Modifikation von Ideen (nach Fakultät)
109
Abbildung 74: Richtige Lösung (nach Fakultät)
110
Abbildung 75: Fehler aufdecken (nach Fakultät)
111
Abbildung 76: Bessere Informationsverarbeitung (nach Fakultät)
111
Abbildung 77: Verteilung der Tätigkeiten im Beruf (alle StudentInnen)
112
Abbildung 78: Verteilung der Tätigkeiten im Beruf (nach Geschlecht)
113
Abbildung 79: Verteilung der Tätigkeiten im Beruf (nach Fakultät)
113

6
Abbildung 80: Entlohnungsarten (alle StudentInnen)
114
Abbildung 81: Entlohnungsarten (nach Geschlecht)
115
Abbildung 82: Entlohnungsarten (nach Fakultät)
116
Abbildung 83: Zukünftige Berufstätigkeit (alle StudentInnen)
117
Abbildung 84: Zukünftige Berufstätigkeit (nach Geschlecht)
117
Abbildung 85: Zukünftige Berufstätigkeit (nach Fakultät)
118

7
1 Einleitung
1.1 Thematische Einführung und Fragestellung der Arbeit
,,Teamfähigkeit"!
Immer mehr Unternehmen verlangen diese Fähigkeit von ihren Mitarbeitern. Sie wird
nicht nur gewünscht, sondern wird verlangt, ja vorausgesetzt. Doch wieso ist diese
Fähigkeit so wichtig? Die Antwort liegt in der immer intensiveren Nutzung von Team-
bzw. Gruppenarbeit innerhalb von Unternehmen und den damit verbundenen
Kompetenzen, die ein Unternehmensmitglied vorweisen muss.
Gruppenarbeit gewinnt aus mehreren Gründen immer mehr an Bedeutung. Zum
einen reagieren Unternehmen stärker auf die komplexen Anforderungen, denen sie
tagtäglich begegnen müssen. Heutzutage genügt es einfach nicht mehr eine Aufgabe
von einem Experten bearbeiten zu lassen. Probleme sind meist fachübergreifender
Natur und erfordern die Zusammenarbeit von Experten aus verschiedenen
Bereichen. Wird z.B. eine Lernsoftware entwickelt, so braucht man neben einem
Entwickler einen Webdesigner, einen Pädagogen und einen Experten für den zu
vermittelnden Lernstoff. In einem Interview mit Huber (1999) meint Heinz Mandl,
dass Teamarbeit mehr denn je erforderlich ist, denn die ,,effiziente Entwicklung und
Nutzung von komplexen und vernetztem Wissen verlangt nach teamfähigen und
sozialkompetenten Mitarbeitern" (Huber 1999, S. 37).
Ein weiterer Grund für die zunehmende Bedeutung von Gruppenarbeit in
Unternehmen liegt in der ,,humaneren" Arbeitsweise. Durch die Verteilung von
Aufgaben auf mehrere Gruppenmitglieder sinkt der Leistungsdruck für das einzelne
Individuum. Die Gruppenmitglieder haben nicht nur fachlichen, sondern auch
sozialen Kontakt zueinander und unterstützen sich so gegenseitig. Die rein
technische Einzelarbeit weicht der sozialeren und eben humaneren Gruppenarbeit.
Zudem regen sich die Gruppenmitglieder gegenseitig an und weisen dadurch
bessere Ergebnisse auf als sie es in Einzelarbeit tun.
Gruppen begegnen wir aber nicht nur im Arbeitsbereich, sondern auch im
Privatleben. Freundes- und Familienkreise, Beziehungen, aber auch Vereine und
politische Parteien stellen Beispiele für Gruppen dar. Gruppen im Privatleben und in

8
der Arbeitswelt unterscheiden sich jedoch gewaltig. Während in privaten Gruppen die
sozio-emotionalen Bedürfnisse im Vordergrund stehen und eventuell gemeinsame
Interessen verfolgt werden, zeichnet sich eine Arbeitsgruppe durch ein zu
bearbeitendes Ziel aus. Arbeitsgruppen werden meist nur aus diesem Grund gebildet
und sozio-emotionale Bedürfnisse der Gruppenmitglieder werden bestenfalls
nebenbei befriedigt. Ein wichtiger Aspekt von Gruppen ist die Sympathie zwischen
den Mitgliedern. Während dieser Aspekt nahezu in allen privaten Gruppen eine
wichtige ­ wenn nicht die wichtigste ­ Rolle spielt, ist er in Arbeitsgruppen
nebensächlich.
Für Fengler (1996) ist das Team in allen Lebenslagen eine optimale soziale Form,
denn es ,,regt an" (Fengler 1996, S. 198), es ,,weiß mehr" (ebd., S. 199) und es
,,gleicht aus" (ebd., S. 201). Ein Team regt an, da durch den ständigen Kontakt unter
den Gruppenmitgliedern die Kommunikation gefördert wird und die Mitglieder
gegenseitig Informationen austauschen. Das Team weiss mehr, da jedes Individuum
denselben Sachverhalt anders, nämlich aus der eigenen Perspektive, betrachtet. So
gibt es zu einem Sachverhalt immer mehrere Meinungen. Schließlich gleicht das
Team noch aus, da es fehlerhafte Verhaltens- oder Vorgehensweisen eines Mitglieds
bemerkt und es auf den richtigen Weg zurückholt.
Der zunehmende Einsatz von Gruppenarbeit in Unternehmen findet aber auch
Kritiker.
,,Teamarbeit gilt grundsätzlich und generell als dem einzelnen oder der Einzelarbeit überlegen.
[...] Teamarbeit, so die kaum hinterfragte Mehrheitsmeinung, sei die einzige Arbeitsform, mit
der man die komplexen Probleme unserer Zeit lösen könne." (Malik 1999, S. 33)
Eine Arbeitsgruppe funktioniert nicht immer und ihre Wirksamkeit hängt von
mehreren Bedingungen ab:
-
Die Arbeitsgruppen müssen in eine Unternehmensstruktur eingebettet sein, die
Teamarbeit fordert und fördert. Wird Teamarbeit nur als Vorwand für modernes
und humanes Arbeiten verwendet, so wird eine Gruppe nie ein optimales
Ergebnis erzielen können bzw. dürfen. Die meisten Unternehmen sind noch
hierarchisch gegliedert, jedoch ist diese Unternehmenskultur Gift für die
Entwicklung von Gruppen.
-
Nicht jede Aufgabe ist für die Bearbeitung durch Gruppen geeignet. Es gibt sehr
viele Aufgaben, die von Individuen alleine besser und schneller bearbeitet

9
werden. Dennoch werden Gruppen meist mit allen in einem Unternehmen, in
einer Abteilung, etc. anfallenden Arbeiten beauftragt, obwohl sie für die
Bearbeitung der meisten Aufgaben mehr ein Hindernis darstellen.
-
Zuguterletzt ist der Einsatz von Gruppen von bestimmten Merkmalen ihrer
Mitglieder abhängig. Hier geht es in erster Linie um Fachwissen und um
Teamfähigkeit, d.h. die Fähigkeit mit anderen zusammenzuarbeiten. ,,Viele
Menschen bringen Teamfähigkeit oder kommunikative Kompetenzen nicht mit,
weil sie diese in ihrer Sozialisation nicht entwickeln konnten" (Huber 1999, S. 39),
bemängelt Heinz Mandl.
Mit diesen Worten will Heinz Mandl darauf hinweisen, dass in der Schule und später
in der Berufsausbildung oder im Studium mehr Wert auf Wettkampf als auf
Kooperation gelegt wird. Während der Ausbildungsphase wird nur die Einzelleistung
von Individuen beurteilt. Auch kommunikative und soziale Kompetenzen, die für eine
gute Zusammenarbeit von Menschen unentbehrlich sind, werden nicht oder nur
nebenbei geschult. Dies führt zu der Fragestellung der vorliegenden Arbeit.
Das Hauptanliegen dieser Arbeit besteht darin, herauszufinden, welche Erfahrungen
StudentInnen mit der Arbeit in Gruppen gemacht haben und machen. Diese
Erfahrungen werden mittels einer schriftlichen Befragung erhoben.
Basierend auf Theorien und empirischen Untersuchungen wird ein Fragebogen
entwickelt, der verschiedene Erkenntnisse der Gruppenforschung beinhaltet und die
Erfahrungen der StudentInnen mit diesen Erkenntnissen abfragt. Von Interesse ist
zum einen, ob die Erfahrungen und das Verhalten der StudentInnen mit den
Erkenntnissen der Theorien und empirischen Untersuchungen übereinstimmen oder
davon abweichen und in welchem Ausmaß. Die Befragung soll zudem Erkenntnisse
über das Verhalten von StudentInnen in Gruppen geben. Hierbei wird vor allem auf
die Unterschiede zwischen Frauen und Männern und zwischen StudentInnen
verschiedener Fachrichtungen eingegangen.
1.2 Vorgehen
Im ersten Teil der Arbeit wird auf die theoretischen und empirischen Erkenntnisse der
Gruppenforschung eingegangen. Es werden ausgesuchte und für die Befragung
relevante Forschungszweige dargestellt.

10
Am kontroversesten wird in der Wissenschaft darüber diskutiert, ob die
Gruppenarbeit der Einzelarbeit überlegen ist. Es werden verschiedene Theorien und
Erkenntnisse aufgeführt, welche die Überlegenheit der Gruppenarbeit stützen oder in
Frage stellen. Die ,,social facilitation"-Theorien gehen davon aus, dass ein Individuum
in Anwesenheit anderer eine gesteigerte Leistung erbringt, während die ,,social
loafing"-Theorien die Meinung vertreten, dass Individuen in Gruppen nicht ihre
Leistung erbringen. In diesem Zusammenhang wird in einem Exkurs die Diskussion
über die Kreativität von Gruppen angeschnitten.
Nachdem der Begriff der Gruppe eingegrenzt worden ist, werden im nächsten
Abschnitt diverse Merkmale einer Gruppenarbeit dargestellt. Wie schon kurz im
vorherigen Absatz angedeutet, ist die Art der Aufgabe höchst relevant für die
Gruppenarbeit. Es werden verschiedene Konzepte zur Kategorisierung von
Aufgaben dargestellt. Danach wird auf die Wichtigkeit der Zusammensetzung der
Gruppe eingegangen. Die Zusammensetzung der Gruppe hat Auswirkungen auf
bestimmte Aufgabentypen. Auch der Arbeitsprozess ist ein wichtiger Bestandteil der
Gruppenarbeit. Er gliedert sich in die Vorbereitungsphase und die eigentliche
Gruppenarbeit. Es wird gezeigt, welche Relevanz die Einhaltung und Durchführung
von bestimmten Tätigkeiten und Phasen für den Erfolg einer Gruppenarbeit hat.
Arbeitet eine Gruppe bereits an einer Aufgabe, so werden Informationen zwischen
den Mitgliedern ausgetauscht. Es wird dargestellt, wie Informationen von Gruppen
verarbeitet werden und welche Folgen sie für das Ergebnis der Gruppenarbeit haben
können. Nachdem die Gruppenmitglieder Informationen ausgetauscht und
verarbeitet haben, gehen sie dem eigentlichen Gruppenzweck nach. Der Zweck von
Arbeitsgruppen ist die Findung einer Entscheidung, d.h. eine Aufgabe oder ein
Problem muss gelöst werden und diese Lösung soll durch eine Gruppenarbeit
herbeigeführt werden. Wie Gruppen zu einer Entscheidung kommen und welche
Rolle dabei Minderheiten spielen wird im letzten Abschnitt der theoretischen und
empirischen Erkenntnisse dargestellt.
Das nächste Kapitel widmet sich der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten
schriftlichen Befragung. Es wird erklärt, wieso die Untersuchungsform der Befragung
gewählt worden ist., wie groß die befragte Stichprobe ist und wie sie sich
zusammensetzt, in welchem Zeitraum und auf welche Art und Weise die Befragung

11
stattfand und welche Ziele mit dieser Befragung verfolgt werden. Der Fragebogen
wird kurz dargestellt und die theoretische Grundlage wird erläutert.
Danach werden die Arbeitshypothesen und Erkundungsfragen dieser Untersuchung
aufgezeigt, die gezielt theoretische oder empirische Erkenntnisse der
Gruppenforschung hinterfragen und mit den Erfahrungen der Befragten vergleichen.
So soll herausgefunden werden, ob die in der Theorie und in der Laborforschung
festgestellten Gruppenphänomene auch in der ,,realen Welt" bestätigt werden oder
nicht.
Nach diesen einleitenden Kapiteln werden die Ergebnisse der Befragung dargestellt.
Zuerst wird auf die allgemeinen Ergebnisse eingegangen und signifikante
Unterschiede oder aber auch Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Stichproben
werden ausgewiesen. Dies geschieht anhand statistischer Kennzahlen und Tests.
Ebenso wird daraufhin mit den Hypothesen verfahren. Diese werden auf ihre
Gültigkeit bezüglich jeder einzelnen Stichprobe überprüft.
Zum Schluss werden alle Ergebnisse noch einmal hinsichtlich des Untersuchungs-
ziels zusammengefasst, kurz dargestellt und bei Bedarf diskutiert. Im abschließenden
Ausblick werden diese Ergebnisse verwendet, um auf eventuell festgestellte
Differenzen zwischen Theorie, Erfahrungen und praktischen Anforderungen
hinzuweisen und damit mögliche Schritte zur Verbesserung anzuregen.

12
2 Einzelarbeit versus Gruppenarbeit
Betrachtet man die Forschung zur Gruppenarbeit, so stößt man zwangsläufig auf den
Vergleich von Gruppenarbeit und Einzelarbeit. Gruppen gelten häufig als bessere
Problemlöser und Ideengenerierer als Individuen. Locke, Tirnauer und Roberson
(2001) fassen Vorteile der Gruppenarbeit gegenüber der Einzelarbeit wie folgt
zusammen:
"Don´t get us wrong - there are legitimate reasons for using teams or groups, three in
particular:
1. Knowledge. Other things (such as intelligence, experience, and effort) being equal, teams
possess more knowledge than individuals - more precisely, five knowledgeable individuals can
know more than one, especially when each has expertise in a different field or speciality.
2. Action Capability. An effective group of people can accomplish tasks no individual could
accomplish alone, for example, build a skyscraper, play a symphony, run a factory.
3. Coordination. A team can be a useful way to coordinate the activities of individuals so that
tasks get done more efficiently and effectively."
(Locke, Tirnauer, Roberson 2001, S. 502)
Aufgrund der vielfältigen Meinungen, Ansichten und Haltungen der
Gruppenmitglieder entsteht der Gruppe ein großer Vorteil gegenüber dem
Individuum. Wenn ein Individuum bei der Bearbeitung einer Aufgabe einen Fehler
macht, wird es diesen höchstwahrscheinlich nicht mehr rückgängig machen können,
da es aufgrund seiner Kenntnisse keinen Fehler vermuten wird. In einer Gruppe wird
ein Problem immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und so steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Fehler entdeckt wird. Ebenso ist es mit bereits
bestehenden Ideen. Diese können aufgrund der Vielfältigkeit in einer Gruppe besser
weiterentwickelt werden. Da ein Individuum nur eine bestimmte Menge an
Informationen speichern und verarbeiten kann, hat die Gruppe auch hier Vorteile,
denn jedes Gruppenmitglied dient als Informationsspeicher und verfügt idealerweise
über andere Informationen. Gruppen haben auch das Potential, bessere Lösungen
zu finden. Ob sie dies allerdings in die Tat umsetzen können ist, eine andere Frage.
In diesem Zusammenhang gibt es auch Stimmen, die sich etwas kritischer mit der
scheinbaren Überlegenheit der Gruppenarbeit befassen:

13
,,In addition to the democratic ideal and desire to foster commitments, there is the belief that
groups potentially benefit from the diversity of knowledge, experience, and points of view that
their membership brings to bear on a decision. As a result, group decisions are thought to be
better informed than individual decisions." (Stasser, G. 1992, S. 48)
Viele Forscher stellen sich auch die Frage unter welchen Bedingungen welche Art
der Arbeit effektiver ist. Schon Anderson und Buys (1978) führten ein hitziges Duell,
in dem sie ihre jeweiligen Standpunkte gegenüberstellten. Buys meinte ,,Humans
would do better without groups" (Buys 1978, S. 123) und Anderson behauptete
,,Groups would do better without humans" (Anderson 1978, S. 557). Doch wer hatte
Recht?
Die Antwort auf diese Frage ist: Beide. Es gibt Theorien und Untersuchungen, die
zeigen, dass Gruppen mehr leisten können als Individuen. Individuen können in
Gruppen mehr leisten als in Einzelarbeit. Jedoch kann es auch passieren, dass
Individuen in der Gruppe weniger leisten.
Nachfolgend werden Theorien aufgeführt, die zu erklären versuchen, wieso
Individuen in Gruppen besser arbeiten als alleine. Diese Theorien beschäftigen sich
mit dem Phänomen der sogenannten social facilitation. Danach werden Theorien
näher dargestellt, die sich damit beschäftigen, wieso Individuen in Gruppen weniger
leisten als sie tatsächlich könnten.
2.1 Leistungssteigerung in Gruppen
Die Theorien zur social facilitation beschäftigen sich mit der Leistung des
Individuums in der Anwesenheit anderer. Die Vertreter dieser Theorie gehen davon
aus, dass Individuen ihre Leistung verbessern, wenn andere Individuen anwesend
sind.
Allerdings kommt hier noch ein wichtiger Aspekt hinzu: Die Art der Aufgabe. Ist die
Aufgabe leicht, so steigt die Leistung des Individuums. Eine Aufgabe ist leicht, wenn
sie entweder wenig geistige oder körperliche Fähigkeiten und Kapazitäten erfordert
oder wenn das Individuum bereits mit ihr vertraut ist und sie beherrscht (vgl. Karau,
Wiliams 2001). Ist die Aufgabe hingegen schwer, so wird die Leistung des
Individuums sinken.

14
Zur Begründung dieser Aussagen gibt es drei verschiedene Erklärungsansätze: Die
sogenannten drive theories, self theories und die resource theories (vgl. Parks,
Sanna 1999). Im folgenden wird darauf genauer eingegangen.
2.1.1 Drive Theories
Die sogenannten drive theories gehen von zwei Konzepten aus. (1) Die Macht der
Gewohnheit und (2) der drive. Die Macht der Gewohnheit besagt, dass sich
Individuen in ihnen bereits bekannten Situationen immer oder annähernd gleich
verhalten. Der drive hat etwas mit Aufmerksamkeit und Wachsamkeit zu tun. Ist man
in der Anwesenheit von anderen Individuen, so kommt man ,,in Fahrt".
Nun ist es so, dass die Macht der Gewohnheit im Zusammenhang mit der Güte der
Aufgabe steht. Ist die Aufgabe leicht (also auch bekannt), so wird das Individuum
höchstwahrscheinlich das richtige Verhalten zeigen. Ist die Aufgabe hingegen schwer
(also unbekannt), so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Individuum die falsche
Reaktion zeigt. Zeigt das Individuum die richtige Reaktion, so wird die Leistung
gesteigert. Zeigt es die falsche Reaktion, so sinkt die Leistung. Der drive hat nun eine
verstärkende Funktion, d.h. die Leistung wird entweder noch besser (bei einer
leichten Aufgabe) oder noch schlechter (bei einer schweren Aufgabe).
Es gibt drei verschiedene Erklärungsansätze, welche die Entstehung von drive und
die damit verbundene Verstärkung oder Verringerung der Leistung zu erklären
versuchen (vgl. Parks, Sanna 1999):
1. Die bloße Anwesenheit von anderen genügt, um den drive zu erzeugen.
Die bloße Anwesenheit von anderen erzeugt beim Individuum Unsicherheit und
führt somit zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Sensibilität. Ist die Aufgabe
leicht, so wird sie dank der erhöhten Sensibilität besser ausgeführt. Ist sie
dagegen schwer, so führt die erhöhte Sensibilität zu mehr Unsicherheit, da man
erkennen muss, dass man der Aufgabe möglicherweise nicht gewachsen ist. Die
Leistung wird schlechter.
2. Zusätzlich zu der bloßen Anwesenheit anderer muss das Individuum Kenntnis
über die Evaluation seiner Leistung haben.
Die bloße Anwesenheit anderer erinnert das Individuum an eine frühere gute oder
schlechte Erfahrung, die es im Zusammenhang mit der gezeigten Leistung und

15
der/den anwesenden Person(en) gemacht hat. Das Individuum hat also gelernt,
welche Sanktionen es von den anderen Individuen zu erwarten hat, wenn es eine
bestimmte Leistung zeigt. Ist eine Aufgabe leicht und hat das Individuum diese
Aufgabe schon mal ausgeführt, so wird die Sanktion höchstwahrscheinlich positiv
gewesen sein und die Leistung wird gesteigert. Der gegenteilige Effekt tritt bei
einer schweren Aufgabe auf.
3. Vor allem Ablenkung und Konflikt erzeugen den drive.
Dieser Erklärungsansatz geht davon aus, dass die Anwesenheit anderer zu einer
Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe führt. Es entsteht ein innerer Konflikt
zwischen Aufmerksamkeit für die eigentliche Aufgabe oder Aufmerksamkeit für
die anwesenden Personen. Ist die Aufgabe leicht, so wird dieser Konflikt nicht als
hinderlich wahrgenommen. Die erhöhte Aufmerksamkeit für das Publikum kann
das Individuum sogar noch mehr motivieren und die Leistung steigern. Ist die
Aufgabe schwer, so ist der Konflikt hinderlich, da er die Konzentration von der
eigentlichen Aufgabe ablenkt und zu einer mangelhaften Ausführung führt.
2.1.2 Self Theories
Auch hier gibt es drei verschiedene Erklärungsansätze für die Wirkung, die die
Anwesenheit anderer auf ein Individuum ausübt.
1. Self-Attention
Dieser Theorie zufolge vergleicht ein Individuum seine gezeigte Leistung
fortwährend mit dem in seinen Augen geforderten Standard der anderen
Individuen. Dies tut es, um vor sich selbst gut dazustehen. Bei leichten Aufgaben
ist zu erwarten, dass die Leistung mit dem erwarteten Standard übereinstimmt.
Die Leistung wird gesteigert. Bei schweren Aufgaben wird der geforderte
Standard höchstwahrscheinlich nicht erreicht werden. Die Leistung wird sinken.
2. Self-Presentation
Diese Theorie ist im Ansatz ähnlich zu der vorherigen. Jedoch geht es hier dem
Individuum nicht darum gut vor sich selber dazustehen, sondern in den Augen der
anderen als kompetent und positiv zu erscheinen. Ist eine Aufgabe nun leicht, so
glaubt das Individuum, dass es ein ,,image of competence" (Parks, Sanna 1999,
S. 73) aufbauen kann und es wird seine Leistung steigern. Ist die Aufgabe

16
hingegen schwer, so plagen das Individuum Selbstzweifel und es wird seine
Leistung senken.
3. Self-Efficacy
Diese Theorie geht davon aus, dass der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe die
Leistung nur insofern beeinträchtigt, als dass das Individuum Vermutungen über
seinen Erfolg oder Misserfolg anstellt. Außerdem muss das Individuum davon
ausgehen, dass seine Leistung evaluiert wird (vgl. Karau, Wiliams 2001). Ist die
Aufgabe leicht, so wird das Individuum einen Erfolg erwarten und seine Leistung
steigern. Bei schweren Aufgaben wird der gegenteilige Effekt eintreten.
2.1.3 Resource Theories
Diese Erklärungsansätze beschäftigen sich nicht mit der Anwesenheit anderer,
sondern gehen von einer bestimmten physischen und/oder kognitiven Kapazität des
Individuums aus, d.h. es kann zur gleichen Zeit nur eine bestimmte Anzahl an
Informationen verarbeiten. Um dies machen zu können, muss das Individuum die
Informationen eingrenzen, d.h. die Komplexität reduzieren, und einen gewissen
Fokus setzen, auf den es sich konzentriert.
Leichte Aufgaben haben normalerweise einen recht engen Fokus, so dass das
Individuum höchstwahrscheinlich eine sehr gute Leistung erbringen wird. Da
komplexe Aufgaben aber meist diverse Informationen benötigen, wird ein zu enger
Fokus zwangsläufig bestimmte Informationen ausblenden und somit zu einer
schlechteren Leistung führen (vgl. Parks, Sanna 1999).
2.2 Leistungsdefizite in Gruppen
In diesem Kapitel werden Erklärungsansätze dargestellt, die sich mit den Gründen für
eine mangelhafte Leistung von Individuen innerhalb von Gruppen beschäftigt. Diese
Theorien unterscheiden sich nur wenig voneinander oder bauen aufeinander auf. Im
großen und ganzen geht es um Rahmenbedingungen der Gruppenarbeit, die zu
einer verminderten Leistung einzelner Gruppenmitglieder führen.
2.2.1 Das Konzept der potential productivity
Mit seinem Konzept der potential productivity wollte Steiner (1972) zum Ausdruck
bringen, dass Individuen, die sich zu einer Gruppe zusammenschließen, um eine

17
Aufgabe gemeinsam zu erledigen, ein erhöhtes Problemlösungspotential haben. Die
potentielle Produktivität der Gruppe ist abhängig von den einzelnen Fähigkeiten und
Erfahrungen der Gruppenmitglieder und den Anforderungen, welche die Aufgabe an
die Gruppenmitglieder stellt. Zu diesen Anforderungen gehört die Teilbarkeit der
Aufgabe, d.h. die mögliche Aufteilung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben, oder das
zu erreichende Ergebnis, d.h. ist eine Maximierung (z.B. eine schnelle Erledigung der
Aufgabe) oder eine Optimierung (z.B. eine möglichst richtige Lösung der Aufgabe)
vonnöten (vgl. Parks, Sanna 1999)?
Eigentlich müsste das Potential die Summe der Einzelpotentiale der Gruppen-
mitglieder sein, d.h. das Ergebnis der Gruppenarbeit müsste außerordentlich besser
sein als dies der Fall bei Einzelarbeit wäre. Steiner stellte fest, dass Aufgaben zwar
besser gelöst wurden als in Einzelarbeit, jedoch nicht in dem Umfang, in dem man es
erwarten durfte. In anderen Worten: Würde man Individuen Teilschritte der
Gesamtaufgabe in Einzelarbeit erledigen lassen und diese dann am Ende
zusammenfügen, so müsste man zu einem besseren Ergebnis kommen als in der
gemeinsamen Gruppenarbeit.
Es muss also Gründe dafür geben, dass Gruppen nicht ihr volles Potential
ausschöpfen können. Steiner spricht in diesem Zusammenhang von Prozess-
verlusten. Prozessverluste können sowohl durch eine mangelhafte Koordination der
Beiträge der Gruppenmitglieder als auch durch Motivationsverluste der einzelnen
Gruppenmitglieder auftreten (vgl. Schäfer-Pietig 1995).
2.2.2 Soziales Faulenzen
Der Erklärungsansatz des sogenannten social loafing geht davon aus, dass
bestimmte Rahmenbedingungen Gruppenmitglieder dazu verleiten ihre Leistung zu
reduzieren. Ging Steiner noch davon aus, dass alle Gruppenmitglieder im gleichen
Maße am unausgenutzten Potential Schuld sein können, so geht es in dieser Theorie
um die Gründe, wieso sich einzelne Gruppenmitglieder weniger bemühen als andere.
Forscher haben verschiedene Aspekte herausgefunden, die soziales Faulenzen
begünstigen:
1. Fehlende Identifizierbarkeit des Einzelbeitrags.
Je größer die Anzahl der Gruppenmitglieder ist, die gemeinsam an einer Aufgabe
arbeiten, desto weniger ist die Leistung des Einzelnen zu identifizieren. Das führt

18
dazu, dass einzelne Gruppenmitglieder ihre Leistung reduzieren. (vgl. Parks,
Sanna 1999)
2. Fehlende Evaluierbarkeit des Einzelbeitrags.
Die Identifizierbarkeit des Einzelbeitrags ist in den Augen einiger Wissenschaftler
nicht ausreichend, um soziales Faulenzen zu unterbinden. Denn ist jeder einzelne
Beitrag zwar identifizierbar, jedoch nicht evaluierbar, so gibt es immer noch
Gruppenmitglieder, die sich weniger bemühen. Werden Einzelbeiträge nicht
evaluiert, so fehlen jegliche Sanktionsmaßnahmen und es kommt zu sozialem
Faulenzen. (vgl. Karau, Wiliams 2001)
3. Persönliche Motive und Ziele.
Dieser Aspekt kann im Gegensatz zu den beiden vorher genannten am
schlechtesten von aussen beeinflusst werden. Natürlich neigt ein Individuum zum
sozialem Faulenzen, wenn es kein Interesse an der Aufgabe der Gruppe hat und
das Ziel der Gruppe nicht mit dem des Individuums zumindest teilweise
übereinstimmt. (vgl. Parks, Sanna 1999)
4. Free-Riding.
Dieses Phänomen könnte man im Deutschen am besten mit ,,Trittbrettfahren"
übersetzen. Ein Gruppenmitglied ruht sich auf den Leistungen anderer aus und
profitiert dennoch im vollen Ausmaß vom erbrachten Gruppenergebnis.
5. Sucker-Effekt.
Dieser Effekt ist eine unmittelbare Folge des Free-Riding. Bemerkt ein
Gruppenmitglied, dass es Free-Rider in seiner Gruppe gibt, so versucht es alles
zu vermeiden, um von diesen Trittbrettfahrern nicht ausgenutzt zu werden. Es
wird seine Bemühungen reduzieren. Damit das Gruppenmitglied dies tut genügt
schon die Erwartung, dass es Free-Rider geben wird (vgl. Locke, Tirnauer,
Roberson 2001).
Den Sucker-Effekt kann man auch mit einem Allokationseffekt erklären. Dieser
tritt ein, wenn ein Gruppenmitglied merkt, dass sein sogenanntes input/output
ratio geringer ist, als das eines anderen Gruppenmitglieds. Mit anderen Worten:
Das eine Gruppenmitglied investiert mehr Leistung (input) als das andere und

19
erhält den gleichen Lohn (output) dafür. Diese Unausgewogenheit führt dazu,
dass das Gruppenmitglied mit dem höheren Input seine Bemühungen reduziert.
(vgl. Cropanzano, Schminke 2001)
6. Gefühl der Entbehrlichkeit.
Wenn sich einzelne Gruppenmitglieder entbehrlich fühlen, werden sie auch ihre
Bemühungen reduzieren. Dies kann geschehen, wenn es ihrer Meinung nach
fähigere Gruppenmitglieder gibt, die besser in der Lage sind, die Aufgabe zu
erledigen. Auch bei dem Gedanken daran, als weniger kompetentes
Gruppenmitglied die Aufgabe zum scheitern zu bringen, führt zu einer
verminderten Leistungsfähigkeit. Ein weiterer Grund kann die ständige
Wiederholung von Beiträgen anderer Mitglieder sein, d.h. das Gruppenmitglied
bemerkt, dass es keine eigenen Ideen einbringen kann. (vgl. Locke, Tirnauer,
Roberson 2001)
7. Weitere mögliche Gründe.
Paulus, Larey und Dzindolet meinen z.B. ,,social anxiety, blocking, and downward
comparison have been suggested as potential reasons for this productivity loss."
(Paulus, Larey, Dzindolet 2001, S. 333) Auch findet man weitere Gründe, wie
,,Konservatismus, Konformität, Gruppendenken, Risikoschub" (Badke-Schnaub,
P. 1995, S. 222). Es gibt also noch weitere Gründe für eine verminderte Leistung
von einzelnen Gruppenmitgliedern, auf die nicht weiter eingegangen werden soll.
Das soziale Faulenzen führt also dazu, dass einzelne Gruppenmitglieder nicht ihr
volles Potential ausschöpfen und somit die gesamte Gruppenleistung sinkt. Es gibt
jedoch auch positive Auswirkungen, die man als social compensation (vgl. Parks,
Sanna 1999) bezeichnet. Es gibt nämlich auch Individuen, die ihre Leistung steigern
und ihr volles Potential ausschöpfen ­ wenn nicht sogar ausweiten ­, wenn sie
merken oder glauben, dass es Gruppenmitglieder gibt, deren Leistung mangelhaft
ist. Durch ihre erhöhte Leistungsbereitschaft versuchen sie die durch soziales
Faulenzen entstandenen Defizite zu kompensieren und das Potential der Gruppe voll
zu entfalten.

20
Exkurs: Kreativität in Gruppen
Ein immer wieder angeführtes Beispiel, das für die Überlegenheit der Gruppenarbeit
gegenüber der Einzelarbeit stehen soll, ist das Brainstorming. Diese von Alex Osborn
in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts entwickelte Methode der
Informationssammlung und ­verarbeitung soll die Kreativität von Individuen um ein
vielfaches steigern. Aufgrund von festgelegten Regeln (vgl. Lück 2000) sollen die
Gruppenmitglieder immer wieder durch neue Ideen gegenseitig stimuliert werden und
somit zahlreiche Ideen aus den verschiedensten Bereichen entwickeln.
In diversen empirischen Untersuchungen konnten diese angeblichen Vorteile des
Brainstormings im Vergleich zur Einzelarbeit jedoch nicht bestätigt werden. Ganz im
Gegenteil:
,,In a series of studies in which the productivity of brainstorming groups was assessed by
comparing the quantity and quality of the ideas produced by real groups and those produced
by nominal groups (i.e., subjects who work individually and whose individual products are
statistically aggregated), subjects produced fewer ideas when working in real groups than
when working individually [...]." (Stroebe, Diehl, Abakoumkin 1992, S. 643)
Dass Individuen in Brainstorming-Gruppen weniger Ideen generieren als in
Einzelarbeit, liegt zum Teil an den oben dargestellten Gründen für soziales
Faulenzen. Es kommen aber noch verschiedene Aspekte hinzu, die besonders beim
Brainstorming eintreten (vgl. Paulus, Larey, Dzindolet 2001):
-
Obwohl eine Regel des Brainstormings besagt, dass man Vorschläge eines
anderen Gruppenmitglieds nicht kritisieren darf, scheint dennoch eine kompetitive
Atmosphäre vorzuherrschen, die einige Mitglieder einschüchtert und somit die
Ideengenerierung hemmt.
-
Für die Generierung von Ideen wird eine bestimmte Zeit festgelegt, innerhalb
derer die Gruppenmitglieder Vorschläge äußern dürfen. Probleme tauchen auf,
wenn es entweder eine Hierarchie innerhalb der Gruppe gibt, da hochrangige
Mitglieder mehr Ideen einbringen können und niederrangige Mitglieder diesen
Ideen meist zustimmen und auf diesen sogar aufbauen. Dadurch werden nur
Ideen generiert, die aus dem selben Bereich stammen.
-
Ein weiteres Problem der Zeitbegrenzung besteht darin, dass Mitglieder ihre
Ideen zurückhalten müssen, während ein anderes Mitglied seine Idee äußert. So

21
ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die wartenden Gruppenmitglieder ihre
ursprünglichen Ideen vergessen und eventuell eine neue Idee basierend auf der
eben eingebrachten Idee äußern. So kann es wieder zu gleichgearteten
Vorschlägen kommen.
-
Für manche Individuen kann es recht schwer sein, Ideen zu generieren, während
andere Mitglieder ihre Ideen äußern, da sie dadurch abgelenkt werden.
-
In Brainstorming-Gruppen besteht die Tendenz, Ideen aufzugreifen und
weiterzuentwickeln, die alle Mitglieder haben. Diese Tendenz entsteht aus dem
gegenseitigen Vergleich der Gruppenmitglieder und der Tendenz nach
Homogenität innerhalb einer Gruppe.
Aufgrund der aufgeführten Aspekte werden in Gruppen (a) weniger Ideen pro
Mitglied produziert und (b) stammen die entwickelten Ideen aus weniger Bereichen
als bei der Einzelarbeit. Zudem kommt noch die Einbildung der Mitglieder:
,,Even though in all our experiments [...] subjects who brainstormed individually produced
markedly more ideas than subjects who brainstormed in groups, this had no impact on
subjects´ impression that group sessions were more productive than individual sessions.
Thus, members of real groups indicated that they felt facilitated in their idea production by the
presence of other subjects. They enjoyed the brainstorming sessions more and were more
satisfied with their own productivity than subjects who had brainstormed individually."
(Stroebe, Diehl, Abakoumkin 1992, S. 649)
Die Durchführung dieser Methode führt also dazu, dass sowohl die
Gruppenmitglieder als auch Individuen, die nicht am Brainstorming teilgenommen
haben, das Brainstorming als durchwegs positiv und der Einzelarbeit überlegen
ansehen. Gruppenmitglieder tun dies, weil sie ihre Leistung mit der Leistung der
anderen Mitglieder vergleichen und aufgrund der Tendenz zur Homogenität zu dem
Entschluss gelangen, dass ihre Leistung sehr gut war. Individuen, die nicht an
Brainstormings teilnehmen, fehlt diese Vergleichsmöglichkeit und aufgrund dessen
können sie ihre Leistung nicht einordnen. Sie gehen davon aus, dass Brainstorming
effektiver ist und bestätigen diesen Mythos.

22
2.3 Zusammenfassung des Kapitels
In diesem Kapitel wurde der Forschungsstand zum Vergleich der Leistungsfähigkeit
von Individuen in Einzelarbeit und Gruppenarbeit überblickartig dargestellt.
Individuen sind nach der social facilitation-Theorie durchaus in der Lage ihre
Leistung in der Anwesenheit anderer Personen zu steigern. Jedoch gelingt dies
ausschließlich bei leichten Aufgaben. Bei schweren Aufgaben wird die Leistung eher
gesenkt. Es wird unterschiedlich versucht, diesen Effekt zu erklären. Die drive
theories befassen sich mit der gesteigerten Aufmerksamkeit und Sensibilität, welche
die gezeigte Leistung positiv oder negativ verstärken kann. Die self theories gehen
davon aus, dass das Individuum entweder vor sich selbst oder vor anderen als
positiv oder kompetent dastehen will, oder seine Leistungsbereitschaft vom
erwarteten Erfolg bzw. Misserfolg abhängig macht. Die resource theories letztendlich
beschäftigen sich mit der kognitiven und physischen Leistungsfähigkeit von
Individuen, die je nach Schwierigkeitsgrad der Aufgabe leistungssteigernd oder
leistungshemmend wirken kann.
Mangelhafte Leistungen können entweder durch Koordinations- oder durch
Motivationsverluste erklärt werden, die eine optimale Ausnutzung der potentiellen
Produktivität von Gruppen verhindern. Auch das Phänomen des sozialen Faulenzens
führt zu verminderten Leistungen durch einzelne Gruppenmitglieder. Dieses
Phänomen kann durch verschiedenste Bedingungen hervorgerufen oder verstärkt
werden. Hierzu gehören Rahmenbedingungen, wie z.B. Identifizierbarkeit und
Evaluierbarkeit der Einzelbeiträge, aber auch personenabhängige Bedingungen, wie
z.B. persönliche Motive, das Free-Riding, der Sucker-Effekt oder das Gefühl der
Entbehrlichkeit. Jedoch kann auch ein so negatives Phänomen wie das soziale
Faulenzen positive Auswirkungen haben und zu Kompensationsleistungen seitens
einzelner Gruppenmitglieder führen.
In einem Exkurs wurde dargestellt, dass Gruppenarbeit im Bezug auf Kreativität der
Einzelarbeit als überlegen dargestellt wird. Dies ist laut empirischen Untersuchungen
jedoch nicht der Fall. Sowohl die Anzahl der generierten Ideen pro Individuum als
auch die Vielfalt der Ideenbereiche ist bei der Gruppenarbeit geringer als bei
Einzelarbeit.

23
3 Merkmale der Gruppenarbeit
3.1 Begriffsbestimmung ,,Gruppe"
,,Arbeit in Gruppen" ist das Thema der vorliegenden Arbeit. Im alltäglichen
Sprachgebrauch wird oft von Gruppen gesprochen. Würde man Personen bitten den
Begriff ,,Gruppe" zu definieren so ergäben sich höchstwahrscheinlich ähnliche
Definitionen. Unterschiede könnten eventuell in verschieden gelagerten
Schwerpunkten auftreten. Auch die Wissenschaft ist sich über die Begriffs-
bestimmung annähernd einig.
Zu Beginn ist die Menge von der Gruppe zu unterscheiden. Bei beiden Formen
handelt es sich um eine Ansammlung von mehr als zwei Personen, die sich zur
gleichen Zeit am gleichen Ort befinden. Die Gruppe zeichnet sich aber noch durch
weitere Merkmale aus. Gebert und von Rosenstiel (1996) definieren die Gruppe wie
folgt:
"Meist wird von einer Gruppe dann gesprochen, wenn
-
eine Mehrzahl von Personen
-
eine längere Zeitdauer unmittelbar (face to face) miteinander interagiert und dabei
-
eine Rollendifferenzierung aufweist,
-
gemeinsame Normen herausgebildet hat und
-
sich durch ein Wir-Gefühl verbunden weiß [...]." (Gebert, Von Rosenstiel 1996, S. 127)
Die Gruppe weist mit der Menge nur eine Gemeinsamkeit auf. Sie unterscheidet sich
von der Menge in der längeren Zeitdauer und im direkten Kontakt zwischen den
Mitgliedern. Damit dieser direkte Kontakt funktioniert, müssen sich Rollen
herausbilden oder definiert werden. Wenn Menschen über einen längeren Zeitraum
kommunizieren, bilden sich Normen über den Umgang miteinander heraus oder sie
werden von den Mitgliedern festgelegt. Normen haben eine ordnende und
unterstützende Funktion. Ist die Kommunikation angenehm und erfolgreich, so
identifizieren sich die Mitglieder mit der Gruppe und entwickeln ein sogenanntes Wir-
Gefühl. Eine Gruppe ist entstanden. Schäfer-Pietig (1995) fügt dieser Definition noch
zwei Merkmale hinzu:

24
"Von einer Gruppe wird dann gesprochen, wenn
-
sich die Gruppenmitglieder mit einer gemeinsamen Aufgabe identifizieren,
-
die Gruppenmitglieder Verhaltensvorschriften für einen bestimmten Verhaltensbereich
teilen,
-
die Gruppenmitglieder ein gemeinsames Ziel verfolgen,
-
die Gruppenmitglieder untereinander unmittelbaren Kontakt haben, sog. Face-to-face-
Interaktion möglich ist." (Schäfer-Pietig 1995, S. 7)
Für sie sind eine gemeinsame Aufgabe und ein gemeinsames Ziel der
Gruppenmitglieder wichtige Merkmale einer Gruppe. Diesem stimmt Lück (2000)
auch zu:
,,So ist eine soziale Gruppe eine überschaubare Anzahl von Personen, die zum Zweck der
Erreichung eines gemeinsamen Zieles in Interaktionsbeziehungen steht, eigene soziale
Normen, Rollendifferenzierungen und damit einhergehend spezifische G.strukturen
[Gruppenstrukturen; d. Autor] aufweist." (Lück 2000, S. 265)
Wichtig ist auch die Unterteilung in informale und formale Gruppen. Informale
Gruppen entstehen häufig durch einen freiwilligen Zusammenschluss von mehreren
Personen, wohingegen formale Gruppen von externen Interessenten bezüglich ihrer
Struktur und ihrer Normen vorgegeben werden. Die Besetzung der Gruppe erfolgt
meist durch die externen Interessenten. Informale Gruppen sind z.B. Freundeskreise
oder studentische Lerngruppen. Beispiele für formale Gruppen sind Arbeitsgruppen
oder aber auch Vereine. Am Beispiel der Vereine erkennt man, dass innerhalb von
formalen Gruppen (hier die durch die Vereinssatzung vorgegebene Hierarchie) auch
informale Gruppen (hier z.B. Freundschaften zwischen den Vereinsmitgliedern)
bestehen können.
3.2 Aufgabentypen
Die zu bearbeitenden Aufgaben in einer Gruppe sind nicht immer gleicher Natur. Die
Wissenschaft beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Aufgabentypen sehr
intensiv, ohne sich jedoch auf ein einheitliches Muster oder eine einheitliche
Definition einigen zu können.
Zu Beginn wäre es interessant zu wissen, welche Elemente eine Aufgabe enthält.
Wageman (2001) listet folgende vier Elemente einer Aufgabe an, die zu beachten
sind (vgl. Wageman 2001):

25
-
Definition der Aufgabe. Ist die gesamte Gruppe für die Aufgabe oder sind
einzelne Individuen für einzelne Teilaufgaben verantwortlich?
-
Rollenverteilung während des Bearbeitungsprozesses. Es muss geregelt werden,
wer auf welche Art an der Bearbeitung der Aufgabe beteiligt ist. Wann müssen die
Gruppenmitglieder zusammen arbeiten und wann jedes Mitglied für sich?
-
Physische Technologie einer Aufgabe. Müssen die Mitglieder die Aufgabe
gleichzeitig bearbeiten, damit diese gelingt, oder müssen Teilaufgaben bearbeitet
werden, damit man andere Teilaufgaben überhaupt bearbeiten kann?
-
Verteilung der Ressourcen. Wie und von wem dürfen die vorhandenen
Ressourcen genutzt werden?
Nun gibt es unterschiedliche Unter- und Aufteilungen von Aufgabentypen. Diese
reichen von einem Kontinuum über vier verschiedenen Aufgabentypen bis hin zu
acht verschiedenen Aufgabentypen. Die geringste Unterteilung in Aufgabentypen
nehmen Laughlin et al. vor (vgl. Schäfer-Pietig 1995; Argote, Gruenfeld, Naquin
2001). Sie sind der Meinung, dass alle Aufgaben auf einem Kontinuum abgebildet
werden können. Die Endpunkte dieses Kontinuums bilden (1) die sogenannten
,,intellective tasks" und (2) die ,,judgmental tasks" (Argote, Gruenfeld, Naquin 2001, S.
380). Intellective tasks sind Aufgaben für die es eine demonstrierbar korrekte Lösung
gibt, wohingegen es für judgmental tasks oder Entscheidungsfragen keine
demonstrierbar korrekte Lösung gibt. Bei diesem Aufgabentyp kommt es auf die
Entscheidung der Gruppe an und diese ist im Sinne der Gruppe dann auch richtig.
Einen sehr bekannten Ansatz zur Kategorisierung von Aufgaben liefert Steiner
(1972). Er unterscheidet zwischen fünf verschiedenen Aufgabentypen. Es gibt
allerdings zwei Merkmale bestehend aus jeweils zwei Aspekten, die auf alle vier
Aufgabentypen anwendbar sind. Das erste Merkmal bezieht sich auf die Teilbarkeit
von Aufgaben. Aufgaben können teilbar sein, d.h. die gesamte Aufgabe kann in
Unteraufgaben aufgeteilt werden, oder sie ist unteilbar, d.h. die gesamte Aufgabe
kann nicht in Teilaufgaben zerlegt werden. Das zweite Aspekt bezieht sich auf die
Güte der angestrebten Aufgabenlösung. Ziel einer Aufgabe kann eine Maximierung
sein, d.h. die Quantität steht im Vordergrund. Ziel einer Aufgabe kann es aber auch
sein, eine Optimierung zu erreichen, d.h. das Augenmerk ist auf die Qualität des
Ergebnisses gerichtet.

26
Wie schon erwähnt unterscheidet Steiner fünf verschiedene Aufgabentypen:
-
,,Disjunctive tasks" (Steiner 1972, S. 19ff).
Eine Gruppe verfügt über mehrere Entscheidungsalternativen, aber nur eine
davon wird ausgewählt und als Gruppenresultat bekannt gegeben. Beispiele für
disjunktive Aufgaben sind z.B. mathematische Probleme oder Ja-Nein-Antworten.
-
,,Conjunctive tasks" (ebd., S. 28ff).
Alle Gruppenmitglieder tragen zu einer Gruppenentscheidung bei. Ist die Aufgabe
teilbar, so ist es am besten, wenn die Teilaufgaben aufgrund der individuellen
Kompetenzen auf die Mitglieder verteilt werden. Ist die Aufgabe jedoch nicht
teilbar, so entspricht das Gruppenergebnis der Leistung des schlechtesten
Gruppenmitgliedes. Beispiele für konjunktive Aufgaben sind z.B. Berg-
besteigungen oder einige Mannschaftssportarten.
-
,,Additive tasks" (ebd., S. 32ff).
Das Gruppenergebnis ergibt sich, wenn die Einzelleistungen der Gruppen-
mitglieder summiert werden. Das beste Ergebnis wird aber nur erreicht, wenn die
individuellen Leistungen maximal sind und sich die einzelnen Mitglieder bei der
Bearbeitung der Aufgabe nicht gegenseitig behindern. Beispiele für additive
Aufgaben sind z.B. Seilziehen oder Aufräumen.
-
,,Discretionary tasks" (ebd., S. 34ff).
Die Gruppenmitglieder können über ihr Vorgehen und die Verteilung und
Gewichtung der Einzelleistungen selbst bestimmen.
-
,,Kompensatorische Aufgaben" (Schäfer-Pietig 1995, S. 8ff).
Jedes Gruppenmitglied gibt seinen Beitrag ab, der im gleichen Maße gewichtet
wird wie die anderen Beiträge. Dann bildet die Gruppe den Durchschnitt aus allen
Einzelleistungen und erhält so die Gruppenleistung. Ein Beispiel für eine
kompensatorische Aufgabe ist die Bildung eines Mittelwertes zur Schätzung eines
Wertes.
Ein weiterer, sehr bekannter Ansatz zur Bestimmung von Aufgabentypen ist das
Circumplex-Modell von McGrath (vgl. Schäfer-Pietig 1995; Tschan 2000). Seine
Aufgaben basieren auf vier Phasen des Problemlöseprozesses in Gruppen. Diese
Phasen sind (a) Generieren, (b) Wählen, (c) Verhandeln und (d) Ausführen und

27
folgen logisch aufeinander. Während jeder Phase gibt es zwei verschiedene
Aufgaben, die entweder einzeln oder gemeinsam auftreten und auch einzeln oder
gemeinsam gelöst werden müssen. In der ersten Phase, der Generierung, gibt es (1)
Planungsaufgaben, d.h. Aufgaben, in denen Handlungs- und Ablaufpläne erstellt
werden, und (2) Kreativitätsaufgaben, d.h. Aufgaben, in denen Ideen und
Alternativen produziert werden. Während der Auswahl-Phase müssen entweder (3)
intellektive Fragen oder (4) Entscheidungsfragen bearbeitet werden, deren
Bedeutung bereits oben beschrieben worden ist. In der dritten Phase, der
Verhandlung, treten (5) kognitive Konflikte und (6) Interessenskonflikte auf, die gelöst
werden müssen. Kognitive Konflikte entstehen aufgrund von unterschiedlichen
Meinungen und Standpunkten, während Interessenskonflikte auf verschiedenen
Interessen der Gruppenmitglieder basieren. In der Ausführungsphase, welche die
letzte Phase des Problemlöseprozesses darstellt, liegt der Schwerpunkt der
Unterscheidung auf dem Wettbewerb. Es gibt (7) kompetitive Aufgaben, d.h. die
Lösung wird durch einen Wettkampf herbeigeführt. Oder (8) Leistungsaufgaben, d.h.
nur durch kooperatives Verhalten der Gruppenmitglieder kann diese Aufgabe gelöst
werden.
3.3 Zusammensetzung der Gruppe
Gruppen setzen sich aus Individuen zusammen und Individuen bilden Gruppen. Im
privaten Bereich entstehen Gruppen zumeist durch den freiwilligen Zusammen-
schluss von Menschen. Hierbei handelt es sich, wie schon oben beschrieben, um
informale Gruppen. In informalen Gruppen spielen meist sozio-emotionale Faktoren
eine Rolle und die zwischenmenschliche Sympathie ist wohl der wichtigste Aspekt.
Ist eine Person einer anderen Person sympathisch, so steigt die Kontakthäufigkeit
und dies fördert wiederum die Sympathie. Dieses Phänomen nannte George Caspar
Homans die ,,Kontakt-Sympathie-Regel" (Lück 2000, S. 266). In formalen Gruppen
stehen häufig aufgabenorientierte Aspekte im Vordergrund, jedoch entsteht auch hier
durch vermehrten Kontakt Sympathie zwischen den Mitgliedern.
Doch wie setzen sich Gruppen zusammen und wie wirkt sich die Zusammensetzung
auf die Leistung der Gruppe aus? Will man eine Gruppe besetzen, so muss man
mehrere Aspekte berücksichtigen. In erster Linie sind die Rahmenbedingungen der
Gruppenarbeit zu berücksichtigen. Hierzu gehören z.B. die Aufgabe, die Ressourcen,

28
die Struktur und Organisation der Gruppe, usw. Weiss man hierüber Bescheid, so
kann man beginnen die Gruppe zusammenzusetzen.
Menschen zeichnen sich durch verschiedene Merkmale und Fähigkeiten aus, die
Morgan und Lassiter (1992) in (1) biographische und (2) persönliche Merkmale, (3)
generelle Kompetenzen und Teamfähigkeiten und (4) Führungsqualitäten unterteilen
(vgl. Morgan, Lassiter 1992). Diese Unterteilung ist nur eine von vielen. Jedoch kann
man sagen, dass es bezüglich der ersten beiden Kategorien keine
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Wissenschaftlern gibt. Zu den bio- oder
demographischen Merkmalen gehören sichtbare Merkmale, wie z.B. Geschlecht,
Alter oder Hautfarbe. Zu den Persönlichkeitsmerkmalen gehören individuelle
Verhaltensweisen, Einstellungen und Werte. Oft sind diese erst durch
psychologische Tests und/oder längere Interaktion erkennbar.
Sind sich Personen bezüglich solcher Merkmale ähnlich, so spricht man von
homogenen Merkmalen. Sind die Merkmale verschieden, dann nennt man diese
Merkmale heterogen. Jackson (1992) weist darauf hin, welche Auswirkungen die
Zusammensetzung einer Gruppe auf einen Problemlöseprozess hat:
"Consequently, the composition of the decision-making team can determine what information
is available during problem identification and formulation and the meaning it is given. During
the problem-solving phase, team composition can influence the number, variety, and quality of
the solutions generated and considered, as well as the nature of the discussions about
alternative solutions. During the implementation phase, the characteristics of top team
members may affect their ability to sell decisions to others and to access and mobilize needed
resources." (Jackson 1992, S. 160)
An diesem Zitat erkennt man, dass die Homo- oder Heterogenität der Merkmale der
Gruppenmitglieder eine wichtige Rahmenbedingung einer Gruppenarbeit darstellt.
Die Wissenschaft ist sich nicht immer einig, welche Form der Zusammensetzung
wann am besten ist. Es zeigt sich der Trend, dass heterogenen Gruppen bessere
Chancen bei der Bearbeitung von Entscheidungsfragen und Kreativitätsaufgaben
zugestanden wird, wohingegen homogene Gruppen bessere Resultate bei
intellektiven und körperlichen Aufgaben erzielen sollten (vgl. Argote, Gruenfeld,
Naquin 2001; Greitemeyer 2000). Auch sollte man sich Gedanken machen, welchen
Schwerpunkt die Gruppe hat. Ist die Gruppe eher sozio-emotional orientiert, so ist
eine homogene Zusammensetzung von Vorteil. Steht die Bearbeitung von Aufgaben
im Vordergrund, so sind heterogene Gruppen hier effektiver.

29
Jedoch gewinnt die sozio-emotionale Orientierung mit der Zeit durch die Vertrautheit
und die erhöhte Sympathie zwischen den Mitgliedern immer mehr an Bedeutung, so
dass solche Gruppen meist nicht mehr in der Lage sind Entscheidungs- und kreative
Aufgaben zu bearbeiten.
"Im allgemeinen dürften bei Langzeitgruppen, die eine gemeinsame Geschichte und eine
gemeinsame Zukunft haben, die sozio-emotionalen Bedürfnisse dominieren. Das Gruppenziel,
nämlich die Aufrechterhaltung der Harmonie in der Gruppe, sollte hauptsächlich durch den
sozial-normativen Einflußmodus geregelt und erreicht werden können. Ad-hoc-Gruppen, die
alleine zur Aufgabenbearbeitung zusammengestellt wurden, werden dagegen die optimale
Problemlösung als vorrangiges Ziel ansehen, und dementsprechend wird der Austausch und
die Nutzung von Informationen stärkere Beachtung finden." (Schäfer-Pietig 1995, S. 20)
Ad-hoc-Gruppen, also Gruppen die allein für die Bearbeitung einer Aufgabe gebildet
wurden, unterliegen auch sehr häufig diesem Orientierungswandel.
In homogenen Gruppen weisen die Mitglieder sehr ähnliche Hintergründe und
Verhaltensweisen auf. Dies ist zu Beginn bei allen Aufgabentypen im Vergleich zur
heterogenen Zusammensetzung von Vorteil, da sich die Mitglieder sehr schnell über
das Vorgehen und die Entscheidung einig sind. Sie haben in dieser Phase aufgrund
ihrer besseren Koordination kaum Prozessverluste zu erleiden. Die Qualität der
Entscheidungen ist aufgrund eines Mangels an verschiedenen Ansichten nicht sehr
hoch. Mit der Zeit wird die heterogene Gruppe jedoch besser in ihren
Entscheidungen. Die Mitglieder lernen den Umgang miteinander und koordinieren
ihre Schwächen und Stärken besser. Aufgrund der verschiedenen Hintergründe und
Verhaltensweisen der Mitglieder fließen auch verschiedene Ansichten in die
Entscheidungen mit ein und sind qualitativ hochwertiger als die Entscheidungen
einer homogenen Gruppe.
"Homogene Gruppen zeigten zu Beginn bessere Leistungen als heterogene Gruppen. Mit
zunehmender Zeit verschwand dieser Leistungsvorteil jedoch und zum Ende hin übertrafen
die heterogenen Gruppen sogar tendenziell die homogenen Gruppen. In heterogenen
Gruppen gelang zunehmend eine bessere Problemidentifikation und es wurden häufiger
verschiedene Lösungsalternativen betrachtet. Allerdings wird dafür Zeit und Erfahrung
benötigt." (Greitemeyer 2000, S. 36)
Einen empirischen Versuch Aufgabentypen und bestimmte Persönlichkeitsmerkmale
zu verbinden unternahmen Larson und LaFasto (1989). Sie befragten Manager
großer amerikanischer Unternehmen und stellten fest, welche Eigenschaften eine
Person haben muss, damit sie zusammen mit anderen entweder eine kreative

30
Aufgabe bearbeiten, ein Problem lösen oder eine Aufgabe mit einer vorgegebener
Lösung bearbeiten kann (vgl. Larson, LaFasto 1989). Damit eine Person mit anderen
etwas Kreatives hervorbringen kann, muss sie analytische Fähigkeiten haben,
außerordentliche Ideen entwickeln können, sich über die eigentliche Arbeitszeit
hinaus mit der Aufgabe beschäftigen wollen und über ein hohes Selbstbewusstsein
verfügen, um sich gegen Widerstände durchsetzen zu können. Ein idealer
,,Problemlöser" sollte über analytische Fähigkeiten verfügen, sich nicht in
bürokratischen Dingen verfangen, sondern auf den Punkt kommen, Bedürfnisse der
anderen Gruppenmitglieder erkennen, um Konflikten vorzubeugen und auf eine
vertrauensvolle Atmosphäre aufbauen können. Eine Person, die taktisch mit anderen
zusammenarbeitet, also an einer Aufgabe mit einer vorgegebenen Lösung, sollte
folgende Fähigkeiten aufweisen: Sie sollte sich mit anderen Personen absprechen
und abstimmen können, eine niedrige Fehlerquote haben, sich strikt an die
vorgegebene Aufgabe halten und das Wohl und das Ziel der Gruppe als höchsten
Wert ansehen.
Natürlich sind solche empirischen Untersuchungen mit Vorsicht zu genießen und
nicht immer allgemeingültig. Sie bieten jedoch eine interessante Verknüpfung von
Theorie und Praxis.
3.4 Der Arbeitsprozess
Ein Forschungszweig, in dem sich die Wissenschaftler größtenteils einig sind,
beschäftigt sich mit der Strukturierung des Arbeitsprozesses. Hier geht es um die
Frage, ob es eine Art gesetzmäßige Abfolge von Handlungen während einer
Gruppenarbeit gibt. Ist die Einhaltung dieser Reihenfolge ein Erfolgsfaktor oder
macht es keinen Unterschied, ob eine Gruppe diese Handlungsschritte einhält oder
nicht?
In der Literatur findet man verschiedene Phasenmodelle vor, die für eine
(erfolgreiche) Gruppenarbeit typisch sein sollen. Diese unterscheiden sich jedoch
kaum in ihren Aussagen. Unterschiede treten nur aufgrund von Unterteilungen
einzelner Phasen auf.
Fuller und Aldag (2001) unterscheiden die drei Phasen (a) Problemidentifikation, (b)
Generierung von Alternativen und (c) Evaluation und Entscheidung (vgl. Fuller, Aldag
2001). Diese drei Phasen findet man in jedem beliebigen Phasenmodell. Es scheint

31
sich also um basale Phasen zu handeln, die nicht weiter unterteilt werden können.
Schöne Beispiele hierfür sind Dörners Handlungsstationen eines
Problemlöseprozesses (vgl. Badke-Schnaub 1995) oder das Phasenmodell von
Hirokawa, das aus den fünf Phasen (1) Problemanalyse, (2) Kriterien festlegen, (3)
Lösungsvorschläge erarbeiten, (4) Evaluation von Lösungsvorschlägen und (5)
Vorgehensdiskussionen besteht (vgl. Tschan 2000).
Nachfolgend wird die Notwendigkeit vorbereitender Maßnahmen im Hinblick auf den
Ablauf des eigentlichen Arbeitsprozesses betrachtet. Anschließend wird genauer auf
die Strukturierung des eigentlichen Arbeitsprozesses eingegangen und die
Verarbeitung der Informationen durch die Gruppenmitglieder erläutert. Danach ist
das Zustandekommen und die Güte von Entscheidungen von Interesse.
3.4.1 Vorbereitende Maßnahmen
Dieser Punkt wird nicht immer von Gruppen, die an einem Problem arbeiten,
berücksichtigt. Dies mag wohl daran liegen, dass man die Vorbereitungsphase
unterschätzt oder aber glaubt, dass alles im Laufe des Arbeitsprozesses seinen
richtigen Weg gehen wird. Jedoch haben empirische Untersuchungen zum Ergebnis
geführt, dass das Fehlen einer Vorbereitungs- oder Orientierungsphase häufig mit
Leistungseinbussen einhergeht (vgl. Tschan 2001).
Für Gruppen ist es sehr wichtig, dass vor ihrer eigentlichen Zusammenarbeit drei
Punkte diskutiert, strukturiert und festgelegt werden: (a) die genaue Definition des zu
lösenden Problems, (b) die Einigung auf ein gemeinsames Ziel und (c) die Planung
des Vorgehens, d.h. der einzelnen Handlungsschritte während des eigentlichen
Arbeitsprozesses.
Schon an der Problemanalyse bzw. -identifikation scheitern viele Gruppen und
verhindern so bereits im Vorfeld der eigentlichen Gruppenarbeit eine optimale
Lösung. Wird ein Problem nämlich nur benannt, aber nicht diskutiert, so ist die
Gefahr sehr hoch, dass jedes Gruppenmitglied etwas anderes unter diesem Problem
versteht (vgl. Schäfer-Pietig 1995).
,,Finally, agreement that a problem exists does not guarantee that it will be diagnosed in the
same way by every group member. People can develop very different representations of the
same problem, leading to further arguments about why the problem occured, how it might be
solved, and so on." (Moreland, Levine 1992, S. 21)

32
Zu einer genauen Problemanalyse gehören laut Fuller und Aldag (2001) eine genaue
Informationssuche, ein Überblick über angestrebte Ziele und eine explizite Definition
des Problems (vgl. Fuller, Aldag 2001). Wird ein Problem nun nicht genau analysiert,
so besteht die Gefahr, dass jedes Gruppenmitglied infolgedessen ein anderes Ziel
anstrebt. Dies aber geschieht mit der Gewissheit, das eigene Ziel entspreche dem
gemeinsam verfolgten Ziel. Infolgedessen sind Koordinationsprobleme und
suboptimale Nutzung des Gruppenpotentials nicht auszuschließen.
Damit wird auch die Notwendigkeit einer Zielvereinbarung klar. Die Gruppe muss
sich darüber im klaren sein, welches gemeinsame Ziel sie verfolgt, damit alle
Mitglieder ihre Kräfte auf einen gemeinsamen Punkt richten. Wird das gemeinsame
Ziel nicht genau festgelegt, so interpretiert jedes Gruppenmitglied die Zielsetzung
aufgrund seiner individuellen Erfahrungen und Kompetenzen auf seine eigene Art
und Weise und richtet seine gesamte Leistung auf das Erreichen dieses Zieles.
Badke-Schnaub (1995) meint: ,,[...] sobald kontradiktorische Zielvorstellungen in
Gruppen geäußert werden, muß gemeinsam entschieden werden, in welcher Weise
eine Einigung auf ein einheitliches Ziel erfolgen kann. Eine kompetitive
Zielverfolgung wird die Effektivität einer gemeinsamen Problemlösung drastisch
reduzieren." (Badke-Schnaub 1995, S. 228)
Laut Tschan (2000) sollten die Gruppenmitglieder zudem ,,eine gemeinsame
Vorstellung über die Art und Weise der Kooperation entwickeln." (Tschan 2000, S.
76). Die Planung der Vorgehensweise ist die dritte wichtige Maßnahme im Vorfeld
der eigentlichen Gruppenarbeit. Die Abfolge der einzelnen Handlungen, die
Zuweisung einzelner Teilaufgaben auf einzelne Gruppenmitglieder, die zeitliche
Planung der Erreichung der Teilziele ­ falls es solche gibt ­ und viele weitere
organisatorische Planungen müssen hier getätigt und koordiniert werden. Diese
Planungen haben eine wichtige Funktion für die spätere Erfüllung der
Gruppenaufgabe. Die Vermutung liegt nahe, dass frühzeitige Planungen zu einem
straffen ,,Fahrplan" führen, der rigoros verfolgt wird ­ komme was wolle. Dieser
Vermutung wird im nächsten Kapitel nachgegangen.
Einen interessanten Aspekt bringen Wittenbaum, Vaughan und Stasser (1998) in die
Diskussion über die Planung im Vorfeld einer Gruppenarbeit ein. Sie gehen davon
aus, dass Planungen vor und auch während des eigentlichen Arbeitsprozesses nicht
nur explizit vereinbart werden, sondern auch implizit ­ also unausgesprochen ­

33
durchgeführt werden. Diese impliziten Vereinbarungen nennen sie ,,tacit
precoordination" und ,,in-process tacit coordination" (Wittenbaum, Vaughan, Stasser
1998, S. 179). Implizite Koordinationsmechanismen finden häufig in Verbindung mit
expliziten Planungen statt.
Im Vorfeld der Gruppenarbeit werden Hypothesen über andere Gruppenmitglieder
(z.B. Fähigkeiten und Kompetenzen), die zu bearbeitende Aufgabe und die
Rahmenbedingungen der Gruppenarbeit aufgestellt. Auf diesen Hypothesen
aufbauend wird das eigene Vorgehen geplant. Während des eigentlichen
Arbeitsprozesses beobachten die Gruppenmitglieder das Verhalten und Vorgehen
ihrer Kollegen und richten danach ihr eigenes Vorgehen aus.
Werden Planungen nun implizit getroffen, also ohne nennenswerte Diskussion über
das gemeinsame Vorgehen, so kann natürlich Zeit eingespart werden. Zeit, die für
die explizite Planung benötigt worden wäre, kann dann bereits für die Bearbeitung
der Aufgabe genutzt werden. Sind die impliziten Annahmen über die Kompetenzen
und Expertisen der einzelnen Gruppenmitglieder richtig, so steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass Gruppenmitglieder Aufgaben bearbeiten, für die sie am
besten geeignet sind: Jedem Mitglied wird die ,,richtige" Aufgabe zugeteilt. Ein
weiterer Vorteil zeigt sich darin, dass unangenehme Diskussionen über die Stärken
und Schwächen der einzelnen Gruppenmitglieder vermieden werden. (s.
Wittenbaum, Vaughan, Stasser 1998)
Allerdings können Annahmen über Fähigkeiten einzelner Gruppenmitglieder falsch
sein. Dies kann dann zu einer falschen Verteilung der Aufgaben unter den
Gruppenmitgliedern führen, da z.B. Kompetenzen falsch eingeschätzt werden. Ein
weiterer kritischer Aspekt ist die Bildung von Annahmen aufgrund von Stereotypen
(vgl. Wittenbaum, Vaughan, Stasser 1998). Solche Stereotypen basieren z.B. auf
dem Geschlecht, der Rasse oder dem gesellschaftlichen Stand eines
Gruppenmitglieds. Wird ein Mitglied nun als weniger kompetent angesehen, so wird
es weniger in Diskussionen berücksichtigt und dessen Vorschläge werden als
mangelhaft angesehen.
Baut die Koordination in Gruppen auf impliziten Vereinbarungen auf, so stellt das
Ausscheiden eines Gruppenmitglieds einen radikalen Einschnitt in der Gruppenarbeit
dar. Die verbleibenden Gruppenmitglieder wissen eventuell nicht, welche Rolle es
innerhalb der Gruppe innehatte, welche Aufgaben das ausgeschiedene Mitglied

34
übernommen hatte und welche Expertise nötig ist, um die entstandene Lücke
auszufüllen. Aber auch ein neues Mitglied, das ein ausgeschiedenes ersetzt, hat es
aufgrund der speziellen Kommunikation (aufbauend auf impliziten Vereinbarungen)
unter den Gruppenmitgliedern schwer sich in der Gruppe zu integrieren.
Erst wenn Individuen schon über einen längeren Zeitraum zusammen in einer
Gruppe arbeiten, entwickeln sie ein sogenanntes transaktives Gedächtnis:
,,According to Wegner, as social systems gain experience, members aquire knowledge about
the collective as well as knowledge of how to perform their individual tasks. Members learn
who is good at what, whom to trust, and how to coordinate and communicate with one
another." (Argote, Gruenfeld, Naquin 2001, S. 392)
Jedes Gruppenmitglied hat dann dank des transaktiven Gedächtnisses Kenntnis
über die Verteilung der Expertisen und Rollen innerhalb der Gruppe. Verlässt ein
Mitglied nun die Gruppe, so wissen die anderen Mitglieder, welche Kompetenzen
abhanden gekommen sind und somit wieder benötigt werden.
3.4.2 Ablauf der Gruppenarbeit
Die eigentliche Gruppenarbeit setzt sich bei Fuller und Aldag (2001) aus den oben
genannten Phasen (b) und (c) zusammen. Bei Hirokawa wären dies die Phasen (3),
(4) und (5). Die Phase (2) ist größtenteils als vorbereitende Maßnahme zu verstehen.
Man muss in diesem Zusammenhang jedoch feststellen, dass es keine feststehende
Abfolge der Phasen gibt, die eine bessere Leistung fördern würde. Vielmehr sollten
diese Phasen zwar durchlaufen werden, jedoch kann es auch zu Sprüngen kommen,
wenn diese erforderlich sind. So kann z.B. eine neue Problemanalyse stattfinden,
wenn die Evaluation ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis erbracht hat. Eine
Gruppe sollte also immer in der Lage sein, kontextabhängig ihr Vorgehen zu
überdenken und eventuell abzuändern.
Im vorgehenden Kapitel ist die Vermutung geäußert worden, dass eine frühzeitige
Planung zu einem festgelegten Fahrplan führt, der unabhängig von situativen oder
personellen Veränderungen
ausgeführt wird. Jedoch haben empirische
Untersuchungen erwiesen, dass Gruppen, die im Vorfeld ihr Vorgehen geplant und
gemeinsame Ziele festgelegt haben, besser in der Lage sind ihre Strategien ­ also
ihr Vorgehen ­ an sich verändernde Situationen anzupassen als Gruppen, die ihre
Ziele und ihr Vorgehen schlechter oder nicht festgelegt und geplant haben.

35
"A major reason for the positive impact of planning on group performance is that setting group
goals is associated with the tendency to change strategies when necessary. It seems that
although difficult goals may interfere with group-planning prior to the task, they actually
increase the tendencies to change strategies [...], reorganize materials and working space,
and discuss who should do what, when, and where during task execution [...]. All of these
strategy change acitvities were associated with superior group performance." (Argote,
Gruenfeld, Naquin 2001, S. 391)
Dies setzt natürlich auch voraus, dass die Gruppenmitglieder immer wieder ihr
Vorgehen evaluieren. Hier zeigt sich wieder, dass die einzelnen Phasen nicht in einer
festen Reihenfolge durchlaufen werden und auch nicht durchlaufen werden müssen,
um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
3.5 Informationsverarbeitung
Ein sehr wichtiger Aspekt einer Gruppenarbeit ist die Informationsverarbeitung. Um
eine Aufgabe zu lösen und zu einem Ergebnis zu kommen, müssen Informationen
unter den Gruppenmitgliedern ausgetauscht werden. Die richtige Lösung einer
Aufgabe kann eine Gruppe also nur finden, wenn entweder jedes Gruppenmitglied
über alle Informationen verfügt oder eine nicht allen bekannte Information von dem
Gruppenmitglied, das die Information kennt, bekannt gemacht wird.
Das ,,biased sampling model" (Schäfer-Pietig 1995, S. 27) beschäftigt sich mit dem
Problem der Informationsverarbeitung in Gruppen. Es unterscheidet zwischen zwei
verschiedenen Arten von Informationen, den geteilten und den ungeteilten. Ist eine
Information vor der Bearbeitung einer Aufgabe mehr als zwei Gruppenmitgliedern
bekannt, dann spricht man von einer geteilten Informationen. Um eine ungeteilte
Information handelt es sich, wenn ein Gruppenmitglied im Besitz einer Information ist,
die allen anderen Gruppenmitgliedern nicht bekannt ist. Jede Gruppe steht nun vor
der Aufgabe eine Entscheidung zu treffen, die möglichst alle Informationen
berücksichtigt.
Würden die Mitglieder einer Gruppe alle ihnen bekannten Informationen
austauschen, so kämen sie zu einem anderen (meist besseren) Gruppenergebnis als
dies bei einem alleinigen Austausch von geteilten Informationen der Fall wäre (vgl.
Schäfer-Pietig 1995). Diese Situation bezeichnet Stasser als ,,Hidden Profile"-
Situation (Stasser 1992, S. 56). Ein hidden profile lässt sich nur auflösen, wenn alle
Mitglieder ihre ungeteilten Informationen austauschen.

36
Nun wird immer wieder festgestellt, dass im Vergleich zu ungeteilten verhältnismäßig
viele geteilte Informationen ausgetauscht werden. Dies führt laut der hidden profile-
Theorie dazu, dass von der Gruppe gefällte Entscheidungen nicht immer optimal
sind.
"Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Information in einer Gruppendiskussion diskutiert wird,
steigt demnach mit der Anzahl der Gruppenmitglieder, die diese Information vor der
Gruppendiskussion besitzen." (Greitemeyer 2000, S. 13)
Dieses Phänomen kann auf verschiedene Gründe zurückgeführt werden. Einer
davon könnte die von Individuen angestrebte Komplexitätsreduktion sein. Ein
Individuum versucht die Anzahl der Informationen möglichst gering zu halten, damit
es entscheidungsfähig bleibt. Je mehr Informationen es erhält, umso höher ist die
Zahl der Entscheidungsalternativen. Das Individuum hat die ,,Qual der Wahl". Zudem
kann es bei Überversorgung mit Informationen leicht den Überblick verlieren und
somit auch entscheidungsunfähig werden.
Stehen dem Gruppenmitglied nun schon vor der Gruppenarbeit Informationen zur
Verfügung, so wird es versuchen anhand dieser zu einer Entscheidung zu kommen.
Wenn ein Gruppenmitglieder in einer Gruppe nun diskutiert, erinnert es sich daran,
welche Informationen mehreren Mitgliedern bekannt sind. Diese nennt es nun auch,
da es davon ausgehen kann, von den anderen Mitgliedern, die ebenfalls über die
Informationen verfügen, Zustimmung zu erhalten. Informationen, von denen das
Gruppenmitglied nicht weiss, ob sie anderen bekannt sind, behält es lieber für sich,
um nicht auf Ablehnung zu stossen.
Jedes Mitglied hat schon vor der Gruppenarbeit aufgrund seiner Vorkenntnisse und
Informationen Präferenzen hinsichtlich einer Entscheidung. Während der
Gruppendiskussion wird es nur solche Informationen preisgeben, die seiner Meinung
nach nützlich für die präferierte Entscheidung sind. Aufgrund dieser Fixierung auf
eine Entscheidung wird ein Gruppenmitglied seine Entscheidung konsequent
anstreben, auch wenn Informationen genannt werden, die diese Entscheidung in
Frage stellen oder revidieren würden (vgl. Greitemeyer 2000). Macht dies nun jedes
Gruppenmitglied und beharrt auf seiner Präferenz, so kann es im schlimmsten Fall,
nämlich bei total gegensätzlichen Präferenzen der Individuen, dazu kommen, dass
keine Gruppenentscheidung gefällt wird.

37
Die individuellen Präferenzen scheinen sich sogar stärker auf eine Entscheidung
auszuwirken als die Nennung von Informationen. In Untersuchungen hat man
festgestellt, dass geteilte Informationen, die eine Entscheidungspräferenz unter-
stützen, sich auch dann in höchstem Maße auf eine Gruppenentscheidung
auswirken, wenn sie während der Gruppendiskussion gar nicht erwähnt worden sind.
Ungeteilte Informationen hingegen haben auch dann eine geringe Wirkung auf die
Gruppenentscheidung, wenn sie während der Gruppenarbeit genannt werden (vgl.
Greitemeyer 2000).
"Dabei zeigte sich, daß unabhängig voneinander sowohl geteilte als auch
präferenzkonsistente Informationen als glaubwürdiger und wichtiger für die Entscheidung
erachtet werden und eher wiederholt und stärker in die eigene Entscheidung einfließen
würden als ungeteilte bzw. präferenzinkonsistente Informationen. Beide Mechanismen wirken
demnach unabhängig voneinander. Daraus läßt sich schließen, daß Hidden Profiles unter
anderem deshalb so selten gelöst werden, da in Gruppendiskussionen genannte geteilte
Informationen positiver bewertet und stärker gewichtet werden als ungeteilte Informationen."
(Greitemeyer 2000, S. 140)
Um ein hidden profile lösen zu können wäre es also wichtig, dass vor allem
ungeteilten Informationen mehr Aufmerksamkeit zukäme. Am besten lässt sich
dieses bewerkstelligen, wenn es in einer Gruppe Experten gibt. Diese Experten und
ihr jeweiliges Fachgebiet müssen den anderen Gruppenmitgliedern bekannt sein (vgl.
Thompson, Fox 2001). Da Experten meist im Besitz von ungeteilten Informationen
sind und ihr Status sie dazu bemächtigt diese Informationen preiszugeben, werden in
Gruppen mit bekannten Experten mehr ungeteilte Informationen genannt und somit
das Dilemma des hidden profile eher gelöst als in Gruppen ohne bekannte Experten
(vgl. Argote, Gruenfeld, Naquin 2001). Jedes Gruppenmitglied entwickelt mit der Zeit
ein transaktives Gedächtnis und kennt die Expertisen der einzelnen Gruppen-
mitglieder. Jedoch gibt es auch Untersuchungen, die darlegen, dass in Gruppen, die
über einen längeren Zeitraum miteinander arbeiten, trotz ausgewiesener Experten
weiterhin weniger ungeteilte als geteilte Informationen ausgetauscht werden und
somit den positiven Experten-Effekt auf das hidden profile weitgehend zunichte
machen (vgl. Greitemeyer 2000).
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der dazu führt, dass Informationen in Gruppen meist
nur unzureichend ausgetauscht und verarbeitet werden, ist mikropolitischer Natur.
Informationen werden auch zurückgehalten, wenn sich ein Gruppenmitglied davon
einen Vorteil verspricht, einem anderen Gruppenmitglied die Arbeit erschweren will

38
oder ähnliches (vgl. Tschan 2000). Auch werden Informationen von einigen
Mitgliedern, z.B. Minderheiten, von anderen Mitgliedern der Gruppe gar nicht erst zur
Kenntnis genommen (vgl. Fengler 1996).
3.6 Entscheidung
Nachdem im vorhergehenden Abschnitt beschrieben worden ist, wie Informationen
auf dem Weg zur Entscheidungsfindung verarbeitet werden, werden nun verschiede
Arten der Entscheidungsfindung genauer betrachtet. Hier geht es nicht um das wie,
sondern um das wer. Wer, d.h. welche Person(en), Untergruppe(n), fällen eine
Entscheidung?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Entscheidung zu fällen. Meistens werden in
Gruppen Entscheidungen mittels einer Mehrheit herbeigeführt. Es gibt verschiedene
Arten von Mehrheitsentscheidungen: (1) einstimmig, d.h. alle Mitglieder stimmen der
Entscheidung zu, (2) einfach, d.h. eine Entscheidung wird aufgrund einer
Mehrheitsdifferenz von einer Person gefällt, oder (3) eine Entscheidung, der mit
einem Unterschied von mindestens zwei Personen zugestimmt wird. Mehrheits-
entscheidungen unterliegen nach Thompson und Fox (2001) allgemein
verschiedenen Einflüssen (vgl. Thompson, Fox 2001):
-
Normativer Einfluss, d.h. Gruppenmitglieder verhalten sich, wie es die
Gruppennormen verlangen. Sie tun dies, um akzeptiert und respektiert zu
werden und Konflikte zu vermeiden.
-
Informationaler Einfluss, d.h. Mitglieder einer Gruppe wollen aufgrund von
Fakten und objektiven Begründungen die Entscheidung beeinflussen.
-
Moralischer Einfluss, d.h. bei jeder Entscheidung wird an die Moral jedes
Gruppenmitgliedes und das Einhalten der ,,richtigen" (Gruppen-)Werte
appelliert.
Häufig sind Entscheidungen, die durch eine Mehrheit zustande kommen nicht
optimal, da individuelle Gewichtungen einzelner Beiträge außer acht gelassen
werden und nur aufgrund von Personen bzw. Gruppenzugehörigkeiten eine Wahl
getroffen wird.
,,[...] voting focuses the group on members´ positions rather than on their underlying interests,
hence inhibiting members´ ability to identify pareto-improving solutions. (Thompson, Fox 2001,
S. 249)

39
Bei einstimmigen Entscheidungen handelt es sich meistens um einen Kompromiss.
Einem Kompromiss stimmen öffentlich alle Gruppenmitglieder bei, auch wenn sie
individuell eine andere Entscheidung präferiert haben. Jedoch ist diese Art der
Entscheidung zumeist suboptimal. Denn die Gruppenmitglieder unterdrücken ihre
eigene Meinung, ,,da der Mehrheit widersprechende Personen soziale Mißachtung
riskieren" (Greitemeyer 2000, S. 39). Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, führt
das Unterdrücken von Informationen zumeist zu unausgewogenen und suboptimalen
Entscheidungen. Ein weiterer großer Nachteil von einstimmigen Entscheidungen ist,
dass sie meist sehr voreilig gefällt werden. Die Gruppe spart sich Zeit und verhindert
offene Konflikte, die durch eine Diskussion entstehen könnten. Es kommt jedoch zu
latenten Konflikten, die jederzeit ausbrechen können.
Eine 2/3-Mehrheit, also eine Mehrheit, die sich aus ca. 66% der Mitglieder
zusammensetzt, scheint nach Untersuchungen die optimalste Mehrheitslösung zu
erzielen (vgl. Nemeth 1992). Die Entscheidung wird von 2 von 3 (oder 8 von 12, etc.)
Mitgliedern favorisiert. Es gibt in diesem Fall aber auch eine Minderheit, die diese
Entscheidung nicht unterstützt. Eine solche Entscheidung hat aufgrund der
alternativen Ansichten der Minderheitsmitglieder eine gute Chance, diskutiert und
analysiert zu werden, vorausgesetzt die Mehrheit lässt die Minderheit ihre Meinungen
mitteilen und die Minderheit macht dies auch.

40
Exkurs: Minderheiten in einer Gruppe
Minderheiten in Gruppen kommt eine wichtige Rolle zu, die häufig von den
Mitgliedern einer Gruppe übersehen wird. Werden Entscheidungen nur von
Mehrheiten gefällt, so wird ein konvergentes Denken innerhalb der Gruppe gefördert.
Dieses Phänomen bezeichnete Janis als Groupthink.
,,Auch Janis (1972) demonstrierte in seinen Untersuchungen zum Gruppendenken
nachdrücklich Tendenzen zur Anpassung und Übereinstimmung bei Gruppenentscheidungen.
[...] Dabei konnte er sehr deutlich die leistungsbehindernde Funktion eines einheitlichen
Gruppengeistes nachweisen, der zu gruppenkonformem Denken und Handeln führt und jede
entscheidungsrelevante, abweichende Meinung unterdrückt." (Schäfer-Pietig 1995, S. 18-19)
Minderheiten fördern in Gruppen aber das divergente Denken. Die Fähigkeit der
Mitglieder, Sachverhalte aus verschiedenen Perspektiven zu beobachten, wird
gefördert. Dies kann sich auf Entscheidungsfindungen positiv auswirken, da
Sachverhalte gegeneinander abgewogen werden und nur mit einer guten
Begründung in eine Entscheidung einfließen können.
,,Demnach fördern Minoritäten sowohl die Erinnerung als auch die Suche weiterer
Informationen. Zudem verwenden Individuen unter Minoritäteneinfluß bei der Bearbeitung von
Problemen eine größere Anzahl verschiedener Strategien [...] und zeichnen sich durch
originelle Lösungen aus [...]." (Greitemeyer 2000, S. 35)
Oft ist es so, dass Mehrheiten öffentlich die Meinung der Minderheit ablehnen, privat
aber teilen (conversion). Minderheiten stimmen nur öffentlich der Meinung der
Mehrheit zu (compliance), da sie aufgrund von normativen Einflüssen dazu
gezwungen sind. Privat teilen sie jedoch nicht die Meinung der Mehrheit.
Nun sind Minderheiten nicht dazu verdammt, sich jeder Meinung der Mehrheit
anzuschließen und ihre eigene Meinung hintan zu stellen. Minderheiten müssen
bestimmte Verhaltensregeln einhalten, damit ihre Meinungen und Ansichten in eine
Entscheidung einfließen können (vgl. Argote, Gruenfeld, Naquin 2001; Nemeth
1992):
-
Die Minderheit muss in ihrer Argumentation und Meinungsäußerung
konsequent und konsistent sein.
-
Die Minderheit muss den Eindruck erwecken, dass ihr Leitmotiv das Wohl der
Gruppe und nicht die eigene Macht ist.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832461430
ISBN (Paperback)
9783838661438
DOI
10.3239/9783832461430
Dateigröße
2.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Augsburg – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2002 (November)
Note
1,0
Schlagworte
gruppenarbeit teamwork effektivität gruppen teamfähigkeit studenten
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Titel: Erfahrung mit der Arbeit in Gruppen
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