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Das Scheitern der Zentralen Planwirtschaft am Beispiel der Tschechoslowakei von 1945 bis 1989

©2001 Diplomarbeit 139 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
1989 - das Jahr, in dem der Kalte Krieg beendet, der „Eiserne Vorhang“ demontiert, die Zweiteilung der Welt aufgehoben wurde und die kommunistische Herrschaft über Osteuropa zusammenbrach, wird in der zukünftigen Geschichtsschreibung bestimmt als ein Jahr gelten, das eine neue Epoche eingeleitet hat.
Mit dem Zusammenbruch der sowjetischen Satellitenstaaten in Osteuropa verschwand nicht nur der Ostblock und mit ihm der Warschauer Pakt , dessen Truppen die freiheitlich - demokratisch gesinnten Länder Westeuropas über 40 Jahre lang bedroht hatten, sondern es ging auch ideologisch ein System zu Grunde, welches über 70 Jahre lang in Rußland und über 40 Jahre lang in Osteuropa alle Lebensbereiche beherrscht hatte und sich totalitär über die dortigen Gesellschaften hinweg mit allen nur erdenklichen Mitteln an der Macht hielt. Während der Westen demokratisch und marktwirtschaftlich orientiert war, stellte der Ostblock ein Kommandosystem unter der Ägide Moskaus dar, dessen Hauptziel die Ausdehnung des Kommunismus auf die ganze Welt war – die Weltrevolution.
Eine wichtige Komponente des Ost-Westkonfliktes war auch die ideologisch - propagandistische Auseinandersetzung im wirtschaftlichen Bereich. Während die westlichen Staaten marktwirtschaftlich geprägt waren, hatten die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten in Osteuropa die Zentrale Planwirtschaft eingeführt, wie sie in der Theorie von Karl Marx aufgezeigt und von den späteren bolschewistischen Parteiführern Lenin und Stalin in die Realität umgesetzt und nach dem Zweiten Weltkrieg den osteuropäischen Ländern aufgezwungen wurde. Die Zentrale Planwirtschaft war das wirtschaftlich - ideologische System, mit dem gemäß der marxistisch – leninistisch – stalinistischen Theorie der Sozialismus aufgebaut werden konnte. Überall wo die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg einmarschierte, wurden nach und nach – manchmal sogar unter formaler Einhaltung demokratischer Spielregeln - Volksdemokratien errichtet, die letztlich in eine Einparteiendiktatur der jeweils nationalen kommunistischen Partei mündete. Diese waren wiederum Moskau gegenüber verantwortlich. Somit war der Machtbereich der Sowjetunion nicht nur militärisch durch den Warschauer Pakt und die Stationierung von Truppen der Roten Armee gesichert, sondern auch politisch durch die Absicherung von Einparteiendiktaturen, welche ihre Richtlinien und Befehle aus Moskau erhielten.
Die nationalen kommunistischen Parteien […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Danksagung

I. Abschnitt

Die Zentrale Planwirtschaft – Das Wirtschaftssystem des Kommunismus

1. Kapitel: Die Theorie der Zentralen Planwirtschaft

2. Kapitel: Kritik an der Theorie der Zentralen Planwirtschaft

II. Abschnitt

Die Tschechoslowakei – Musterschüler der Zentralen Planwirtschaft ?

3. Kapitel: Die Tschechoslowakei, ein hochindustrialisierter Staat

4. Kapitel: Erste Vorboten der kommunistischen Machtergreifung

5. Kapitel: Die Einführung der Zentralen Planwirtschaft

6. Kapitel: Die Auswirkungen der Zentralen Planwirtschaft

7. Kapitel: Der „Prager Frühling“

8. Kapitel: „Normalisierung“ - die Wiederherstellung der Zentralen Planwirtschaft

9. Kapitel: Die wirtschaftliche Entwicklung in den achtziger Jahren

Schlußwort

Anhang

Bibliographie

Vorwort

1989 - das Jahr, in dem der Kalte Krieg beendet, der „Eiserne Vorhang“[1] demontiert, die Zweiteilung der Welt aufgehoben wurde und die kommunistische Herrschaft über Osteuropa zusammenbrach, wird in der zukünftigen Geschichtsschreibung bestimmt als ein Jahr gelten, das eine neue Epoche eingeleitet hat.

Mit dem Zusammenbruch der sowjetischen Satellitenstaaten in Osteuropa verschwand nicht nur der Ostblock und mit ihm der Warschauer Pakt[2], dessen Truppen die freiheitlich - demokratisch gesinnten Länder Westeuropas über 40 Jahre lang bedroht hatten, sondern es ging auch ideologisch ein System zu Grunde, welches über 70 Jahre lang in Rußland und über 40 Jahre lang in Osteuropa alle Lebensbereiche beherrscht hatte und sich totalitär über die dortigen Gesellschaften hinweg mit allen nur erdenklichen Mitteln an der Macht hielt. Während der Westen demokratisch und marktwirtschaftlich orientiert war, stellte der Ostblock ein Kommandosystem unter der Ägide Moskaus dar, dessen Hauptziel die Ausdehnung des Kommunismus auf die ganze Welt war – die Weltrevolution.

Eine wichtige Komponente des Ost-Westkonfliktes war auch die ideologisch - propagandistische Auseinandersetzung im wirtschaftlichen Bereich. Während die westlichen Staaten marktwirtschaftlich geprägt waren, hatten die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten in Osteuropa die Zentrale Planwirtschaft eingeführt, wie sie in der Theorie von Karl Marx[3] aufgezeigt und von den späteren bolschewistischen Parteiführern Lenin[4] und Stalin[5] in die Realität umgesetzt und nach dem Zweiten Weltkrieg den osteuropäischen Ländern aufgezwungen wurde. Die Zentrale Planwirtschaft war das wirtschaftlich - ideologische System, mit dem gemäß der marxistisch – leninistisch – stalinistischen Theorie der Sozialismus aufgebaut werden konnte. Überall wo die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg einmarschierte, wurden nach und nach – manchmal sogar unter formaler Einhaltung demokratischer Spielregeln - Volksdemokratien errichtet, die letztlich in eine Einparteiendiktatur der jeweils nationalen kommunistischen Partei mündete. Diese waren wiederum Moskau gegenüber verantwortlich. Somit war der Machtbereich der Sowjetunion nicht nur militärisch durch den Warschauer Pakt und die Stationierung von Truppen der Roten Armee gesichert, sondern auch politisch durch die Absicherung von Einparteiendiktaturen, welche ihre Richtlinien und Befehle aus Moskau erhielten.

Die nationalen kommunistischen Parteien Osteuropas sorgten dafür, daß der Sozialismus, wie er in der Sowjetunion aufgebaut worden war, auch in Osteuropa eingeführt wurde. Sie erhielten dabei umfangreiche Unterstützung aus Moskau. Alle sowjetischen Satellitenstaaten führten auch die Zentrale Planwirtschaft ein und organisierten ihre Wirtschaft nach dem Vorbild der Sowjetunion. Daß dieses Wirtschaftssystem eigentlich nicht dazu geeignet war, die Bedürfnisse der Menschen abzudecken, hätte ein Blick in die Geschichte der Entstehung der Sowjetunion gezeigt. Daß die Realität der Zentralen Planwirtschaft gänzlich anders aussah, lehrt uns die Geschichte. Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, daß die Zentrale Planwirtschaft gerade am Beispiel der ČSSR bereits von der Theorie her zum Scheitern verurteilt war.

Im ersten Abschnitt wird die Theorie der Zentralen Planwirtschaft anhand der Thesen von Karl Marx, Friedrich Engels und von Lenin und Stalin dargestellt. Weiters werden mit der theoretischen Kritik an der Zentralen Planwirtschaft, wie sie beispielsweise von Sir Karl Popper, Friedrich A. von Hayek und anderen aufgestellt wurde, die Mängel und Funktionsschwächen der Zentralen Planwirtschaft aufgezeigt.

Im zweiten Abschnitt wird anhand der praktischen Umsetzung der Zentralen Planwirtschaft in der Tschechoslowakischen Volksrepublik dargestellt, daß diese Wirtschaftsordnung vom Prinzip her nicht funktionieren konnte und als wirtschaftliches System die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht abdeckte bzw. sich die Zentrale Planwirtschaft nur dann etablieren konnte, wenn diese durch ein totalitäres System, wie es der Kommunismus war, aufgebaut und durchgesetzt wurde.

Als Quellen für die Arbeit wurden hauptsächlich Artikel aus der Reihe „Osteuropa Wirtschaft“, aus der Reihe „Österreichische Osthefte“, Artikel aus der Zeitschrift „Economist“ und einige Forschungsberichte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche herangezogen.

Zusätzlich stützt sich die Arbeit auf Sekundärliteratur aus der Hauptbibliothek der Universität Wien, der Hauptbibliothek der Wirtschaftsuniversität Wien, der Wiener Städtischen Büchereien, der Wiener Landesbibliothek, der Österreichischen Nationalbibliothek, der Institutsbibliothek des Osteuropa-Instituts und der Institutsbibliothek des Instituts für Staats- und Politikwissenschaft.

Danksagung

Herzlich danke ich meinem wissenschaftlichen Betreuer, Herrn Universitätsprofessor Dr. Arnold Suppan, für seinen tatkräftigen Rat und seine Hilfe, welche er mir beim Verfassen meiner Arbeit zuteil werden ließ. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Freund, Herrn MMag. Erik Kroiher, MA. (Lon.), AKC (theol.), für seine freundliche Unterstützung und das mühsame Korrekturlesen.

Weiteres danke ich meinen Freunden, Herrn Mag. Helmut Sorger für seine nationalökonomische Beratung und Herrn Universitätsassistent Mag. Alexander Veverka für die Literaturempfehlungen und seine wertvolle Hilfe bei der Bereitstellung der Literatur an der Wiener Wirtschaftsuniversität.

Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Mutter, Frau Regine Hödl, die in unzähligen Stunden das Manuskript immer wieder aufs Neue durchgelesen und korrigiert hat.

Nicht zu vergessen sind auch meine Arbeitskollegen und meine Vorgesetzte, Frau Prokuristin Ingrid Wetzstein, die es mir durch ihre Nachsicht und ihr Einspringen für meine berufliche Tätigkeit ermöglicht haben, diese Arbeit zu verfassen.

Andreas Hödl Wien, August 2001

I. Abschnitt

Die Zentrale Planwirtschaft –

Das Wirtschaftssystem des Kommunismus

1. Kapitel: Die Theorie der Zentralen Planwirtschaft

Als Kern der Ideologie des Sozialismus oder Kommunismus - beide Begriffe werden von Karl Marx nicht klar genug getrennt[6] - ist der historische Materialismus, wie er von Karl Marx aufgestellt wurde und auf den sich alle nachfolgenden Theoretiker des Sozialismus berufen, zu sehen.

Die Marxschen ökonomischen Studien basieren einerseits auf den philosophischen Arbeiten von Hegel[7], der mit seiner materialistischen Geschichtsauffassung und seinem System des absoluten Geistes prägend auf Marx wirkte, und andererseits auf Feuerbach[8], von dem Marx das Denken in Kategorien der endzeitlichen Vollendung der menschlichen Geschichte übernahm und somit auch zur Auffassung gelangte, daß der Mensch einem endgültigen sozialen Zustand zustrebe. Aber auch die Religionskritik von Marx ist geprägt durch Feuerbach.[9]

Karl Marx gilt als der Theoretiker des Sozialismus. Gemeinsam mit Friedrich Engels[10] gab er 1848 in London die erste zusammenfassende Darstellung der marxistischen Theorie unter dem Titel: „Das Kommunistische Manifest“ heraus. Mit seinen beiden Hauptwerken „Zur Kritik der politischen Ökonomie“[11] und „Das Kapital – Erster Band – Kritik der politischen Ökonomie“[12] analysiert Marx die kapitalistische Produktionsweise und beschreibt deren Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf die Menschheit im Allgemeinen. Nach seiner Darstellung wird sich der Kapitalismus selbst zerstören, wie er diese Annahme auch im Manifest der Kommunistischen Partei dargestellt hat:

„Der Fortschritt der Industrie, dessen willenloser und widerstandsloser Träger die Bourgeoisie ist, setzt an die Stelle der Isolierung der Arbeiter durch die Konkurrenz ihre revolutionäre Vereinigung durch die Assoziation. Mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst weggezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich aneignet. Sie produziert also vor allem ihre eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich. Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehn, ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse. Die übrigen Klassen verkommen und gehn unter mit der großen Industrie, das Proletariat ist ihr eigenstes Produkt. ...[13]

Daß Karl Marx von der Vorstellung ausging, daß das Ende des Kapitalismus bald kommen würde, läßt sich auch aus dem Vorwort seines Hauptwerkes „Das Kapital“ ableiten.[14] Er vertrat die Meinung, die er durch die Theorie des historischen Materialismus untermauerte, daß wie der Kapitalismus die Feudalgesellschaft abgelöst hätte, dieser nun selbst durch die klassenlose Gesellschaft, dem Sozialismus, ersetzt werden würde.

Durch den zentralen Bezug auf den historischen Materialismus wird dieser zum Kernstück der sozialistischen Ideologie. Karl Marx beschäftigt sich mit der Frage, worin der Hauptfaktor im System der Bedingungen des materiellen Lebens der Gesellschaft bestünde, der in der Art und Weise der Gewinnung von Mitteln für den Lebensunterhalt, die für die Existenz der Menschen notwendig sind, gefunden würde[15]. In der marxistischen Terminologie werden sie als die sogenannten Produktionsverhältnisse und Produktionskräfte bezeichnet.[16] Die Produktionsverhältnisse sind die Wechselbeziehungen der Menschen im Produktionsprozeß[17]. Die Produktionskräfte sind einerseits die Instrumente und Werkzeuge, die zur Herstellung von materiellen Gütern benötigt werden, und anderseits die Menschen selbst. Die Werkzeuge und Instrumente zur Herstellung der materiellen Güter werden auch als Produktionsinstrumente bezeichnet. Die Menschen zählen deshalb zu den Produktionskräften, da sie durch ihre Erfahrung und ihr Wissen befähigt sind, mit den Produktionsinstrumenten die materiellen Güter herzustellen. Die Produktionskräfte und Produktionsverhältnisse müssen im Produktionsprozeß der Gesellschaft zusammenwirken, damit die für das Leben notwendigen Güter produziert werden.[18]

Auffällig ist, daß die marxistischen Theoretiker immer wieder die Argumentation vertreten, daß für ein von Glück erfülltes Leben die materiellen Güter im Mittelpunkt stünden.[19] Ja, sogar die gesamte Menschheitsgeschichte wird diesem Kerngedanken unterworfen. Es ist zwar richtig, daß die materiellen Güter, wie auch der Soziologe Maslow in seiner Bedürfnispyramide[20] klarlegte, die Basis für die menschliche Existenz darstellen, aber die Befriedigung der rein materiellen Bedürfnisse machen den Menschen nicht glücklich, ein Phänomen das sich in unserer Konsumgesellschaft immer wieder bestätigt. Denn laut Maslow stellen die Grundbedürfnisse wie Nahrung und Kleidung die unterste Stufe der Pyramide dar.[21] Danach folgen die Sicherheitsbedürfnisse, welche bereits nur zum Teil durch materielle Güter abzudecken sind. Denn Schutz vor Verbrechen oder Krankheit sind bereits keine materiellen Güter mehr. Jedoch können diese Dienstleistungen noch finanziell erworben werden, während soziale Bedürfnisse, wie etwa die der Liebe, Freundschaft und Familie, bestimmt nicht durch materielle Güter ersetzt werden können.

So wird von der marxistischen Theorie eigentlich nur an die systemerhaltend – biologischen Grundbedürfnisse des Menschen gedacht. Dies ist bestimmt einerseits durch die akute Not der Arbeiter im 19. Jahrhundert erklärbar, aber anderseits geht es hier um die Darstellung eines Menschenbildes, welches ohne soziale Beziehungen, wie sie die dritte Stufe von Maslow darstellt, einfach unvollständig ist. Auf die vierte und fünfte Stufe der Maslowschen Bedürfnispyramide geht der Marxismus schon gar nicht ein, da diese zu sehr auf den Individualismus und die Freiheit des Einzelnen abzielen. Denn Geltungsbedürfnisse, wie es zum Beispiel Anerkennung durch andere, aber auch die Selbsteinschätzung jedes einzelnen bzw. die Selbstverwirklichung sind, stellen bereits die fünfte und letzte Stufe in der Bedürfnispyramide dar. Diese Darstellung widerspricht eindeutig der Hegelschen Ansicht, daß der einzelne Mensch, das Individuum, zurückzutreten hat im Vergleich zum Kollektiv, zur Gesamtheit der Gesellschaft und ihrer sinnerfüllten, vorbestimmten Entwicklung.[22] In diesem Zusammenhang beziehen sich auch die beiden totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts, der Kommunismus und der Nationalsozialismus, in ihrer Ideologie auf Hegel, worauf Karl Popper schlüssig hinweist.[23]

Aber nicht nur westliche Wirtschafts- und Sozialwissenschafter haben sich mit der Frage nach bestimmenden Faktoren der menschlichen Existenz auseinandergesetzt, ein wichtiger Vertreter ist auch die christliche Weltanschauung. So heißt es unter anderem in der Bibel, im Evangelium nach Johannes: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Somit hat bereits Jesus Christus den Menschen erklärt, daß die reine Abdeckung der materiellen Bedürfnisse nicht das menschliche Leben ausmacht, ein Umstand, den die christliche Philosophie seit der Zeit der Patristik immer wieder thematisiert und der bis in die Epoche der apostolischen Sozialenzyklikae, die mit rerum novarum des Jahres 1891 ihren Anfang nahm, hineinwirkt.[24]

Jedoch nicht nur, daß die marxistische Lehre von einem minimalistischen Menschenbild ausgeht, so lehrt sie auch ein deterministisches Geschichtsbild. Denn der historische Materialismus, wie ihn die Marxisten verstehen, teilt die Menschheitsgeschichte in fünf Epochen ein. Es sind dies die Urgemeinschaft, die Sklavenhalterordnung, die feudale Ordnung, der Kapitalismus und der Sozialismus.[25] Die Geschichte wird als ein Ablauf der Veränderungen der Produktion gesehen, der wie folgt durch Marx definiert ist:

„In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft...“[26]

Mit einfachen Worten erklärt, nehmen die Menschen Arbeitsverhältnisse an, um ihre materiellen Bedürfnisse zu decken. Die Summe aller Arbeitsverhältnisse soll nach Marx die gesamte ökonomische Struktur ergeben. Die Produktion wurde von Marx als allgemein gültiges Gesetz für die Geschichtsentwicklung angesehen.[27]

Nun stellt sich die Frage, wann es zu einem Epochenwechsel kommt. Dieser entsteht dann, wenn sich die Produktionsweise ändert, wie zum Beispiel durch die Erfindung der Dampfmaschine. Diese Veränderungen bei den Produktionsweisen hat selbstverständlich Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Deshalb sehen überzeugte Vertreter des historischen Materialismus den Schlüssel zur Erforschung der Geschichte in der Erforschung der Produktionsweisen.[28]

Ein besseres Beispiel für ein deterministisches Geschichtsbild kann es kaum geben. Wenn auch der Anspruch der Wissenschaftlichkeit und Objektivität an die Geschichtswissenschaft letztlich nur ein schwer erfüllbarer bleibt, so ist es jedoch unverzeihlich, an die historischen Fakten und Ereignisse mit einer bereits „rosarot“ gefärbten Brille heranzutreten und die Geschichtsentwicklung in ein bereits vorgefertigtes Korsett zu drücken.

Weiters geht die marxistische Ideologie von der Annahme aus, daß der Anstoß für alle Veränderungen der Produktionsweisen durch Veränderungen in der Entwicklung der Produktionskräfte gegeben ist. Die folgenden Beispiele aus der Geschichte werden meist angeführt, um die Theorie der Entwicklung der Produktion zu untermauern. Dabei wird übersehen, daß es sehr einfache Verallgemeinerungen und meist eigene (Wunsch)Vorstellungen des Geschichtsablaufes des Ursprungs der Geschichtsdarstellung sind und nicht die Fakten und Tatsachen. Die folgende kurze Darstellung der marxistischen Version des historischen Materialismus ist nicht nur gekennzeichnet durch massive Vereinfachungen der Geschichtsentwicklung, sondern auch dadurch, daß die menschliche Entwicklung durch eine vorgefaßte Meinung dargestellt wird. Dies sah in der marxistischen Theorie folgendermaßen aus:

In der Urgemeinschaft waren die Produktionsmittel gesellschaftliches Eigentum. Denn um zu überleben, mußten die Menschen gemeinsam auf die Jagd gehen, gemeinsam ihre Behausung aufbauen. Deshalb führt die gemeinsame Arbeit zum gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln. Wo es kein Privateigentum an Produktionsmitteln gibt, da gibt es auch keine Klassen und damit auch keine Ausbeutung einer Klasse durch eine andere.[29]

Durch die Verwendung von Eisen wurde die erste große Änderung der Produktionsweise ausgelöst. Es ergab sich die Möglichkeit, Viehzucht, Ackerbau und Handwerk zu betreiben, es kam zur gesellschaftlichen Arbeitsteilung und zur Notwendigkeit des Austausches von materiellen Gütern: der Handel entstand. Dies ermöglichte die Anhäufung von Produktionsmitteln in den Händen weniger Menschen, die Unterwerfung der Mehrheit durch eine Minderheit, die Sklavenhaltergesellschaft entstand. Hier gab es keine gemeinsame und freie Arbeit aller Mitglieder der Gesellschaft, hier herrschte die Zwangsarbeit von Sklaven, die von den nichtarbeitenden Sklavenhaltern ausgebeutet, verkauft, gekauft oder getötet wurden. Daher gab es auch kein Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, auch nicht an den materiellen Gütern. Das Gemeineigentum wurde abgelöst durch das Privateigentum.[30]

Durch die weitere Verbesserung des Ackerbaues, der Gartenwirtschaft und des Weinbaues sowie der Erfindung des Webstuhls und des Aufkommens von Manufakturen vollzog sich ein Epochenwechsel. Die herrschende Klasse verzichtete auf die Sklaven, da diese nicht an der Arbeit interessiert waren und nur durch Zwang bereit waren zu arbeiten. Die Sklaven wurden von den Leibeigenen abgelöst, die mit eigenen Produktionsinstrumenten ihre eigene Wirtschaft betrieben. Aus dem Ernteertrag mußten sie jedoch den Feudalherren Naturalabgaben leisten. Die Ausbeutung der Leibeigenen durch die Feudalherren war fast genauso grausam wie die der Sklaven.[31]

Durch die Erfindung der Dampfmaschine und der Etablierung von Fabriken und Maschinen kam es erneut zu einem Epochenwechsel. In der Epoche des Kapitalismus entstand der schärfste Klassenkampf zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten. Die Grundlage für die kapitalistische Gesellschaftsordnung ist dergestalt gelagert, daß die Produktionsmittel im Eigentum von einigen wenigen Kapitalisten sind. Die ausgebeutete Klasse ist im Gegensatz zum Feudalismus persönlich frei, jedoch ist sie gezwungen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, um zu überleben. Der Kapitalismus produziert schließlich immer mehr Waren, senkt die Warenpreise, verschärft die Konkurrenz, ruiniert die Massen der kleinen und mittleren Privateigentümer und verwandelt sie in Proletarier, die nur noch eine geringe Kaufkraft besitzen, wodurch es unmöglich wird, Waren abzusetzen. Während die Massen immer mehr in das Elend getrieben werden, eignet sich die geringe Zahl der Kapitalisten, bedingt durch den Konkurrenzkampf, die Produktionsmittel an. Dieser unversöhnliche Gegensatz zwischen den Produktionskräften und den Produktionsverhältnissen wird in periodischen Übergangskrisen sichtbar, in denen die Kapitalisten gezwungen sind, Produkte zu verbrennen, fertige Waren zu vernichten und die Produktion stillzulegen, da die Nachfrage immer geringer wird, weil eben die Kaufkraft nachläßt. Dadurch werden Millionen von Produktivkräften arbeitslos und leiden an Hunger. Dies aber nicht, weil es an Waren mangelt, sondern weil die Produktionsverhältnisse in unversöhnlichem Gegensatz zu den Produktivkräften stehen. [32]

Die letzte Epoche in der marxistischen Version des historischen Materialismus ist der Sozialismus, in dem der Gegensatz zwischen Produktionsverhältnissen und Produktionskräften aufgehoben ist. Die Produktionsmittel befinden sich zum Einen in gesellschaftlichem Eigentum, womit die klassenlose Gesellschaft aufgebaut werden kann. Es gibt somit keine Ausbeuter und Ausgebeuteten mehr. Zum Zweiten werden die materiellen Güter der Arbeitsleistung gemäß verteilt, nach dem Prinzip: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“.[33] Und zum Dritten kann es zu keiner Überproduktion mehr kommen, da die Produktion zentral geplant wird.[34]

Der Übergang von der kapitalistischen Gesellschaft zum Sozialismus geschieht jedoch, wie jeder Epochenwechsel, nicht ohne Konflikte und Erschütterungen. Im Gegenteil, ein solcher Übergang vollzieht sich meist revolutionär. Eine gewisse Zeit lang vollziehen sich die Entwicklungen der Produktion als ein elementarer Prozeß, aber nur bis zu jenem Zeitpunkt, an dem die neuen Produktionskräfte den kollektiven Willen erlangen, die bestehenden Produktionsverhältnisse und ihre Träger, die herrschenden Klassen, aus dem Weg räumen.[35]

Ein weiteres kritisches Eingehen auf den in aller Kürze dargestellten historischen Materialismus würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, jedoch haben die soeben dargestellten Beispiele aus dem historischen Materialismus gezeigt, daß diese Geschichtsauffassung nicht nur stark vereinfacht ist, sondern letztlich nur dazu dient, die endzeitliche Vorstellung des Sozialismus der Menschheitsentwicklung zu untermauern, die Diktatur des Proletariats zu errichten. Karl Marx schreibt in seinem Manifest der Kommunistischen Partei:

„Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benützen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staates, das heißt des als herrschende Klasse organisierte Proletariats zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren“. [36]

So läßt sich bereits in den Theorien von Karl Marx die totalitäre Tendenz des Kommunismus herauslesen, wie auch der berühmte Satz in seinem Hauptwerk erkennen läßt:

„Die Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“[37]

Marx vertrat die Ansicht, daß es die historische Mission der Arbeiterklasse sei, mit der sozialistischen Revolution die Bedingungen für eine klassenlose, sozialistische Gesellschaft zu schaffen und die Diktatur des Proletariats zu errichten.[38]

Lenin baute diese Theorie mit seiner Partei- und Staatstheorie weiter aus. Dabei ging Lenin von Gewerkschaftsbewegungen aus, die aufgrund der Tarifkonflikte und der sozialen Konfrontation mit den Kapitalisten entstanden. Diese waren für ihn zwar notwendige Schritte im Kampf um die politische Systemänderung, jedoch konnte diese nur von den marxistischen Intellektuellen getragen werden, welche die Kerntruppe der Revolution konstituierten, die sogenannten Berufsrevolutionäre. Sie hatten Art und Zeitpunkt sowie Taktik und Strategie der Revolution zu bestimmen. Nur so würde die Revolution gelingen und das Proletariat den bürgerlichen Herrschaftsapparat zerschlagen, die ökonomische Existenzgrundlage der Kapitalisten beseitigen und die politischen Rechte der bürgerlichen Klasse, wie etwa die Rede- und Meinungsfreiheit, einschränken können.[39]

Durch den Putsch der Bolschewisten in Rußland im Oktober 1917 und dem nachfolgenden Bürgerkrieg begannen Lenin und danach Stalin die Theorie von Karl Marx in die Tat umzusetzen. Rußland sollte der erste sozialistische Staat der Welt werden. (In der Tat wurde die 1911 / 12 entstandene Mongolei das erste sozialistische Land). Durch den Vormarsch der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg wurde der Kommunismus auf ganz Osteuropa ausgedehnt. Die Zentrale Planwirtschaft wurde durch die sowjetische Expansion zum Wirtschaftssystem für ganz Osteuropa.

Was kennzeichnet nun eine Zentrale Planwirtschaft? Worin unterscheidet sie sich von der freien Marktwirtschaft? Die drei wesentlichen Merkmale einer Zentralen Planwirtschaft sind gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln, zentrale, volkswirtschaftliche Planung und die Verteilung der Güter nach Arbeitsleistung.[40]

Gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln bedeutet zunächst die Abschaffung von Privateigentum an Produktionsmitteln und die Übertragung des Eigentums an kollektive Instanzen. Dies gilt für alle Produktionsmittel wie Grund und Boden, Naturschätze, Rohstoffe aber auch Industrieanlagen, Maschinen und Finanzen.[41] Die Vergesellschaftung von Produktionsmitteln wurde in den sozialistischen Ländern einerseits durch die rigorose Verstaatlichung von Betrieben wie Industrie, Banken und Versicherungen erreicht und anderseits durch die Kollektivierung der Landwirtschaft, wie beispielsweise den Aufbau von genossenschaftlich organisierten Betrieben, den sogenannten Kolchosen, veranlaßt.

Manchmal läßt sich die Darstellung finden, daß eine Verstaatlichung von Betrieben keine Sozialisierung oder Vergesellschaftung sei, da die Werktätigen durch die Verstaatlichung nicht die Verfügungsgewalt über den Betrieb erhalten. Diese Argumentation führt sogar soweit, daß der Sowjetunion und den osteuropäischen Planwirtschaften das Prädikat „sozialistisch“ abgesprochen wird. Dabei wird oft das Argument vorgebracht, daß Marx mit Vergesellschaftung nur die Selbstbestimmung der gesamten arbeitenden Bevölkerung gemeint hat.[42]

Grundsätzlich mag diese theoretische Annahme stimmen, aber es haben weder Lenin noch seine Nachfolger die These verworfen, welche den Staat nur als Mittel zum Zweck betrachtet, der solange benötigt wird, bis der Sozialismus den Kapitalismus besiegt hat.

In Lenins Partei- und Staatstheorie wird in einem dreistufigen Konzept der Weg zum Sozialismus vorgezeigt: So sind erstens alle Entscheidungen für den Weg zum Sozialismus in die Hände einer „Avantgarde“ zu legen, dem fortschrittlichsten Teil der Partei der Arbeiter. Diese haben das Recht und die Pflicht, die gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Ziele zu definieren und die geeigneten Maßnahmen anzuordnen. Dies gilt für die politische und ökonomische Unterdrückung der Kapitalisten ebenso, wie für die Schaffung der materiellen Basis für den Kommunismus. Zweitens sind bürgerliche Freiheiten und parlamentarische Demokratie sowie Fraktionsbildung innerhalb des Sozialismus unvereinbar. Die sozialistische Demokratie besteht vielmehr darin, daß die objektiven Interessen der Gesamtgesellschaft, welche ja mit den Interessen der Arbeiterklasse als identisch angenommen werden und nur durch die Avantgarde korrekt erkannt werden können, durchgesetzt werden. Drittens schließlich obliegt es der Parteiführung, den Zeitpunkt für das allmähliche Absterben des Staates zu bestimmen. Da die oberste Parteileitung den Kampf gegen die Reste der alten Kapitalistenklasse führt, wisse sie selbst am besten, wann diese dem Sozialismus nicht mehr gefährlich werden können. Erst dann kann und darf sie ihre Entscheidungsbefugnisse und ihre Herrschaftsprivilegien abgeben.[43]

Somit ist aus der Sicht der Kommunisten die Verstaatlichung nur ein Mittel zum Zweck. Außerdem bedeutet Vergesellschaftung von Produktionsmittel die Überführung von Eigentum an kollektive Instanzen. Der Staat ist eine kollektive Instanz.

Das zweite Merkmal ist die zentrale, volkswirtschaftliche Planung. Eigentlich ist die Bezeichnung Planwirtschaft irreführend, da in jeder Wirtschaft geplant werden muß. Eine wissenschaftlich genauere Bezeichnung wäre „Zentralverwaltungswirtschaft“, jedoch hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff „Zentrale Planwirtschaft“ durchgesetzt.[44] Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden theoretischen Modellen der Markwirtschaft und der Zentralverwaltungswirtschaft, welche die Volkswirtschaftslehre kennt, liegt in der Lenkung der Wirtschaft. Während in der Marktwirtschaft die Wirtschaftsteuerung dezentral von allen beteiligten Akteuren (wie Haushalten, Unternehmen) erfolgt, wird in der Zentralverwaltungswirtschaft die gesamte Produktion und Verteilung der Güter der Disposition der Haushalte und Unternehmen entzogen. Statt dessen entscheidet eine staatliche Behörde, welche Güter in welcher Menge und Qualität zu erzeugen und in welcher Reihenfolge sie an Unternehmen und Haushalte zu verteilen sind. Die oberste Pflicht der Unternehmen ist die fristgerechte Erfüllung dieser Planauflagen.[45]

Um die Steuerung der Wirtschaft in diesem Ausmaß durchführen zu können, wird ein hochbürokratisierter Apparat benötigt, an dessen Spitze die Parteiführung steht. Sie legt die wirtschaftspolitischen Ziele fest und beschließt gemeinsam mit dem Parlament über die Annahme der Volkswirtschaftspläne. Der Ministerrat mit dem obersten Planungsorgan, der Staatlichen Plankommission, ist letztlich ausführendes Organ der Parteispitze. Ihm unterstehen wiederum zahlreiche spezialisierte Industrieministerien zur Leitung einzelner Wirtschaftszweige, wobei häufig zwischen Ministerium und Betrieb noch Zwischenverwaltungen eingeschaltet sind, wie etwa die Hauptverwaltungen. Dieser bürokratische Apparat arbeitet vor allem für eine Periode von fünf Jahren bzw. für ein Jahr die Anweisungen zur Plandurchführung aus, verteilt Rohstoffe, Investitionsgüter und teilt die monetären Mittel zu bzw. überwacht die Plandurchführung.[46] Die im Anhang I dargestellte Graphik verdeutlicht den Planungsprozeß.

Der volkswirtschaftliche Planungsprozeß teilt sich in zwei Zweige. Der erste, die naturale Planung und Bilanzierung, macht es sich zur Aufgabe, einerseits den Bedarfsplan für alle benötigten Güter zu ermitteln und anderseits den Produktionsplan für jedes dieser Güter aufzustellen. Eine besonders anschauliche Darstellung, wie für jedes einzelne Produkt ein Bedarfsplan bzw. ein Produktionsplan erstellt wird und dieser unter Berücksichtigung der zu verwendeten Rohstoffe, benötigten Arbeitsstunden und Maschinenstunden bilanziert wird, findet man bei Helmut Leipold.[47] Er stellt anhand des Beispiels des Bedarfs an 200 Schuhen schematisch den Planungsprozeß dar, wodurch eine ungefähre Vorstellung von der ungeheuren Menge an Statistiken und Bilanzen vermittelt wird, wobei beim dargestellten Beispiel nur die Produktionsplanung berücksichtigt ist und sogar noch die Arbeitskräfteplanung sowie die Investitionsplanung fehlen. Aufgrund der Produktionsplanung ergibt sich die Arbeitskräfteplanung, die wiederum durch die Bildungsplanung beeinflußt ist. Schätzungen ehemaliger DDR-Planexperten zufolge liegen die zu erfassenden und zu planenden ökonomischen Beziehungen für ein Jahr zwischen 2 und 20 Milliarden.[48] Damit ist eindeutig klar, daß eine detaillierte und lückenlose Aufstellung des Planungsprozesses die Kapazitäten der zentralen Planungsbehörden übersteigt. Selbst wenn man von der Annahme ausgeht, daß die Verarbeitung der Datenmenge durch ein EDV-System erfolgt, bleibt das Problem der Datenerfassung bestehen, welches sich jedes Jahr neu stellt.

Doch ist bisher erst der erste Zweig der Zentralen Planwirtschaft dargestellt worden, der zweite ist die monetäre Planung, die bloß eine Ergänzung der naturalen Planung ist. In der Endstufe des Sozialismus soll die Wirtschaft gänzlich ohne Geld funktionieren, da die Verteilung der Güter nach der Arbeitsleistung erfolgt, dem dritten und letzten, wesentlichen Element der Zentralen Planwirtschaft. Um jedoch das Ziel der Verteilung der Güter nach Arbeitsleistung zu erreichen, müßten die einzelnen, individuellen Leistungsbeiträge gemessen und diese wiederum in naturale Kategorien bewertet werden. Die Durchführung scheitert ebenso wie die lückenlose Aufstellung der Planauflagen durch die unüberschaubaren Informationsmengen. Hinzu kommt, daß eine Bewertung der Arbeitsleistung mehrdimensional zu erfolgen hätte. Man müßte die Arbeitszeit, die Menge, die Qualität, den Materialverbrauch jeder einzelnen Leistungsdimension aufstellen und in naturale Kategorien umsetzen, was jedoch eine Aufgabe wäre, die jede Behörde überfordert würde. Deshalb übernehmen die staatlich festgesetzten Preise die Leistungsbewertung, welche nicht aufgrund der Angebot-Nachfrage-Relationen gebildet werden, sondern auf Basis der sogenannten Selbstkosten ermittelt werden. Diese ergeben sich aus den Abschreibungen der Grund- und Arbeitsmittel, den Material- und Lohnkosten. Zu den Selbstkosten wird ein Plangewinn hinzugezählt, der an den Staatshaushalt abzuliefern ist. Es ergibt sich der Betriebspreis, der jener Preis ist, den der Erzeugerbetrieb erlöst. Der abnehmende Betrieb hat den Industrieabgabepreis zu entrichten, in den Umsatzsteuer und Subventionen eingehen. Auf diese Weise kann der sozialistische Staat niedrige Preise für Produktionsmittel sowie für Massenkonsumgüter bestimmen. Durch das Hinzufügen einer Handelsspanne erhält man den Verkaufspreis, den der Konsument zu entrichten hat. Zusammenfassend erscheint das Modell der Preisbildung auf der ersten Blick sinnvoll. Jedoch darf man nicht der Täuschung erliegen, daß die Selbstkosten kostendeckend wären. Denn viele Preise weichen aufgrund informationstechnischer Defizite bewußt oder unbewußt von den Kosten ab. Zudem werden aufgrund sozialpolitischer Überlegungen Preise für Grundnahrungsmittel bewußt niedrig gehalten. Abgesehen davon ist eine Preisbestimmung, die am Durchschnitt orientiert ist, weder an einem sparsamen Einsatz der Ressourcen interessiert, noch werden neue Produkte oder Produktionsverfahren, die kostensparender sind, gefördert.[49]

Durch die staatlich bestimmten Preise können die Haushalte und Betriebe die ursprünglich natural geplanten Güter finanzieren, tauschen bzw. erwerben. Deshalb ergibt sich die Notwendigkeit einer geldwirtschaftlichen Planung, damit die Haushalte und Betriebe mit Geldbeträgen versorgt sind. Zwar kann die Zentrale Planwirtschaft auf die klassischen Funktionen des Geldes als Tausch-, Rechen- und Wertaufbewahrungsmittel nicht verzichten, aber diese Funktionen sind im Wirtschaftsprozeß aufgeteilt. So spielt die Tauschmittelfunktion und Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes hauptsächlich im Konsumgütersektor zwischen Haushalten und Betrieben eine Rolle, während im Produktionssektor das Geld primär als Recheneinheit zur Verrechnung dient. Deshalb findet der Bargeldkreislauf im wesentlichen im Konsumgüterbereich statt, während der Schwerpunkt des Buchgeldkreislaufes im Produktions- und Handelssektor liegt. Die Geldversorgung und Geldregulierung obliegt der Staatsbank in Verbindung mit dem Finanzministerium. Hauptziel der Staatsbank ist es, mit der Emission von Münzen und Banknoten die Bargeldversorgung und mit der Vergabe von Krediten den Buchgeldumlauf sicherzustellen. Dabei hat die Geldemission im Einklang mit der Leistungsentwicklung, die anhand der Wachstumsrate des realen Nationaleinkommens festgelegt wird, zu stehen. Wie jedoch bei der naturalen Planung sind Informationsdefizite und manipulierte Daten die Ursache dafür, daß die ohnehin undurchführbare Planung nicht der Realität entspricht. Die Folge ist, daß das tatsächliche Bargeld in der Regel sehr viel höher ist als die geplante Bargeldmenge. Die sozialistischen Planwirtschaften sind daher von einer permanenten monetären Überversorgung gekennzeichnet, welches die illegalen Märkte fördert.[50]

Zusammenfassend lassen sich bereits zwei Grundprobleme der Zentralen Planwirtschaft erkennen. Einerseits das Informationsproblem der Zentralen Planbehörden, die von den einzelnen Betrieben manipulierte Daten erhalten und vor allem mit der Notwendigkeit konfrontiert sind, große Mengen von Daten zu sammeln, die sie nicht verarbeiten können. Hinzu kommt noch das Motivationsproblem der Betriebe und Haushalte, die durch das staatliche regulierte Preis-Leistungssystem keinerlei Veranlassung sehen, Innovationen und neue Produktideen zu realisieren.

2. Kapitel: Kritik an der Theorie der Zentralen Planwirtschrift

In jeder volkswirtschaftlichen Einführung lernt man als eine der ersten Lektionen, daß die Wirtschaft die Bedürfnisse der Menschen abdecken soll. Der Sozialismus vertritt die These, die Menschen hätten nur materielle Bedürfnisse, eine Anschauung, die sogar auf die Geschichtsentwicklung übertragen wurde. Dies wurde bereits im Vorkapitel dargestellt und kritisiert. Daß durch das unvollkommene Menschenbild und die deterministischen Geschichtsauffassung das entworfene Wirtschaftssystem, die Zentrale Planwirtschaft, einige gravierende Mängel aufweist, verwundert nicht, was im vorangegangenen konkludent dargestellt wurde. Es ist aufgrund des massiven Angriffes auf die Individualität und Freiheit jedes einzelnen Menschen auch leicht verständlich, daß sich diese Ideologie und ihr Wirtschaftssystem nur gemeinsam mit totalitären Methoden ausbreiten konnte. Sir Karl Popper schreibt in seinem Vorwort zur siebenten deutschen Auflage seines Buches „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“,

„Die Geschichte des Sowjetreiches ist die grausame Geschichte einer völlig verfehlten Ideologie, für die ihr Begründer in Anspruch nahm, sie sei eine Wissenschaft, die Wissenschaft von der historischen Evolution. ... Es ist auch die Geschichte des unermeßlichen Schadens, den eine verfehlte Ideologie, eine irregeleitete Religion, verursachen kann, wenn sie in einem Land zu Macht kommt.“[51]

Es wird ohne Zweifel wohl in ein paar Jahren zu den Leitlinien eines objektiven Geschichtsunterrichts zählen, daß der Kommunismus neben dem Nationalsozialismus zu den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts zählt und beide Systeme den Menschen eine glorreiche Zukunft versprachen, statt dessen aber Massenmord, Terror und Unterdrückung brachten. Den Millionen Opfern dieser beiden menschenverachtenden Systeme wird es egal sein, ob sie wegen der Nürnberger Rassengesetze oder als Klassenfeinde gebrandmarkt und getötet wurden. Es geht auch bei der Aufarbeitung der Verbrechen des Kommunismus nicht um eine Aufrechnung mit dem Nationalsozialismus, nach dem Prinzip, welches System mehr Menschen umgebracht hat, denn deshalb ist das jeweils andere um keinen Deut besser.

Eine erste zusammenfassende Aufarbeitung des Kommunismus und dessen totalitärer Auswirkungen findet man im „Schwarzbuch des Kommunismus“. Die Autoren zeigen dabei die blutige Spur des Kommunismus auf und kommen auf die unvorstellbare Summe von geschätzten 100 Millionen Todesopfern.[52] Die Statistik wird von China mit 65 Millionen Toten angeführt, gefolgt von der Sowjetunion mit 20 Millionen, Nordkorea mit 2 Millionen, Vietnam mit 1 Million, Osteuropa mit 1 Million, Afrika 1,7 Millionen, Afghanistan mit 1,5 Millionen und Lateinamerika mit 150.000 Toten.[53] Schätzungen sind immer mit Vorsicht zu betrachten, aber der Blickwinkel, den uns die Autoren öffnen, zeigt, wie wichtig die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Menschheitsgeschichte ist.

Ein weiteres Eingehen auf die totalitäre Vergangenheit des Kommunismus würde uns zu sehr vom eigentlichen Problemkreis entfernen, den Schwächen und Mängeln der Zentralen Planwirtschaft. Jedoch sei nochmals festgehalten, das die Zentrale Planwirtschaft sich ohne das diktatorische System des Kommunismus nicht hätte halten können, ja ohne militärische Machtergreifung in Osteuropa hätte sich die Zentrale Planwirtschaft als wirtschaftliches System gar nicht etablieren können.

Anhand der Notwendigkeit der Diktatur wird das grundsätzliche Problem der Zentralen Planwirtschaft offenbar - der Umgang mit der persönlichen Freiheit. Wie auch schon im Vorkapitel erwähnt, steht beim Sozialismus die Gesellschaft, das Kollektiv im Mittelpunkt, während der einzelne Mensch unbedeutend ist. Das Wohl des Kollektivs und nicht das Wohl des Einzelnen ist wichtig. Individualismus wird mit Eigennutz und Selbstsucht verbunden. Individualismus, wie er in der abendländisch - christlichen Welt auf Grundlage der Antike entstanden ist, ist anders zu verstehen. Die Hauptbotschaft des Individualismus, wie er seit der Renaissance entwickelt wurde, ist gekennzeichnet durch die Achtung vor dem Individuum als Mensch. Dies ist gleichbedeutend mit der Anerkennung seiner Person, seiner Ansichten und Überzeugungen. Persönliche Freiheit, ein Begriff, dessen Bedeutung nur allzu oft mißbraucht wurde, wird damit zum Grundübel und Haupthindernis für den Aufbau des Sozialismus. Deshalb wird auch die Demokratie, eine der wesentlichen individualistischen Institutionen, von den Kommunisten als Instrument der Kapitalisten zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft betrachtet. Alexis de Tocqueville erkannte diesen unüberbrückbaren Gegensatz:

„Die Demokratie dehnt die Sphäre der individuellen Freiheit aus, der Sozialismus dagegen schränkt sie ein. Die Demokratie erkennt jedem einzelnen seinen Eigenwert zu, der Sozialismus degradiert jeden einzelnen zu einem Funktionär der Gesellschaft, zu einer bloßen Nummer. Demokratie und Sozialismus haben nur ein Wort miteinander gemeinsam: die Gleichheit. Aber man beachte den Unterschied: während die Demokratie die Gleichheit in der Freiheit sucht, sucht der Sozialismus sie im Zwang und in der Knechtung.“[55]

„Freiheit“ als Hauptfeind des Kollektivismus, wie er in der Form des Sozialismus, Faschismus, Nationalsozialismus oder Kommunismus gesehen wurde, läßt sich nicht nur anhand der Verdrehungen der Bedeutung des Wortes „Freiheit“ erkennen, sondern allein durch die Tatsache, wie sehr die Menschenrechte unter diesen Systemen mit den Füßen getreten wurden.

So sind die wirtschaftlichen Freiheiten einer Marktwirtschaft bestimmt nicht mit der Zentralen Planwirtschaft vereinbar, denn die Produktionsmittelzuteilung bzw. die zentrale Aufstellung von Planungsziffern für die Produktion sowie die Konsumzuteilung sind mit freier Konsumwahl, freier Berufswahl und einem freien Unternehmertum inkompatibel.

Somit kann neben dem unvollkommenen Menschenbild und der deterministischen Geschichtsauffassung als dritter zentraler Kritikpunkt am Sozialismus der Umgang mit der persönlichen Freiheit jedes Einzelnen angesehen werden. Die Mißachtung der Freiheit, der Aufbau eines falschen Geschichtsbildes und die Minimierung der menschlichen Bedürfnisse auf die materiellen stellen die wesentlichen ideologischen Eckpfeiler des totalitären Systems des Kommunismus dar. Das Scheitern eines Wirtschaftssystems, dessen gesellschaftliche Ansichten derart menschenfeindlich sind, erscheint dadurch logisch.

Die wesentlichen Grundzüge der Zentralen Planwirtschaft, die sich in großen Teilen der Welt etabliert hatte, wurden bereits im Vorkapitel dargestellt. Dabei konnte bereits festgestellt werden, daß die Praxis der Zentralen Planwirtschaft bereits gravierende Unterschiede zur Theorie aufwies, welche auf das Informationsproblem zurückzuführen waren.

Nicht nur, daß die Forderung der Theorie der Zentralen Planwirtschaft für die Erstellung der Planauflagen jedes einzelnen Betriebes ein Unterfangen ist, welches aufgrund der Datenmenge nicht durchführbar ist, denn selbst wenn man es ermöglichen könnte, so bleibt es ein statistisches Modell, dessen Daten infolge der realen – nämlich dynamischen - Entwicklung, regelmäßig veraltern. Hinzu kommt, daß die Zentrale Planbehörde ihre Informationen von den Betrieben erhält. Damit haben die Betriebe ein Informationsmonopol. Da das Hauptinteresse der Betriebe nicht eine effiziente, gewinnorientierte Produktion ist, sondern einzig und allein die Planerfüllung der von der Zentralen Planbehörde vorgegebenen Planauflage, bemühen sich die Betriebe um erhöhte Produktionsmittelzuteilung und um niedrige Produktionsziele. Damit versuchen sie leicht erfüllbare bzw. sogar übererfüllbare Plankennziffern zu erhalten. Durch die Hierarchie der Zentralen Planung gilt dies auch für die Hauptverwaltungen und für die Industrieministerien.[56]

[...]


[1] Am 5. März 1946 hielt Winston Churchill, britischer Premierminister von 1940-1945, einen Vortrag zur politischen Situation nach dem 2. Weltkrieg in der Welt, vor allem zur politischen Entwicklung in Europa. Aus diesem Anlaß sprach er erstmals vor der Weltöffentlichkeit vom „Iron Curtain“, von einem „Eisernen Vorhang“, der sich über Europa gelegt habe. Der Begriff wurde nicht nur rasch zum Symbol der Unfreiheit unter dem Kommunismus, sondern auch zur realen Wirklichkeit der Verhinderung des freien Grenzübertritts aus kommunistischen Ländern in westliche Länder. (zit.: Alois Mock: „Mahnmal „Eiserner Vorhang““ in: Der Eiserne Vorhang – Die Geschichte – Das Ende – Die Mahnung, hrsg.: Roman Sandgruber, (Linz 1999), 5

[2] Der Warschauer Pakt wurde am 14. Mai 1955 in Warschau mit dem von Albanien (Austritt 1961/68), Bulgarien, der DDR (bis 2. Oktober 1990), Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion und Ungarn unterzeichneten ›Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand‹ (Warschauer Vertrag) sowie mit dem Beschluß über die Bildung eines ›Vereinten Kommandos der Streitkräfte‹ gegründet. Neben dem RGW war der Warschauer Pakt die wichtigste multilaterale Organisation der europäisch-kommunistischen Staaten. Die Sowjetunion sah in diesem Bündnis ein Gegengewicht zur NATO, eine Möglichkeit, die Streitkräfte der europäisch-kommunistischen Staaten einheitlich zusammenzufassen und diese Staaten möglichst eng an sich zu binden. Der Warschauer Pakt löste sich zum 30.Juni 1991 selbst auf. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Warschauer Pakt“)

[3] Karl Marx, geboren in Trier am 5. Mai 1818, gestorben in London am 14. März1883, deutscher Philosoph und Theoretiker des Sozialismus (Marxismus). Er ist der Verfasser der kommunistisch - ideologischen Hauptwerke, in denen er die kapitalistische Produktionsweise analysierte: ›Zur Kritik der polit. Ökonomie‹ (1859) und ›Das Kapital‹ (1.)Bd. 1867; 2. und 3.)Bd. von Engels 1885 bzw. 1894 hrsg.) (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Karl Marx“)

[4] Wladimir Iljitsch Lenin, eigentlicher Name W.I. Uljanow, geboren in Simbirsk (= Uljanowsk) am 22.4. 1870, gestorben in Gorki bei Moskau am 21.Jänner 1924, ab 1914 Agitation gegen den 1. Weltkrieg, den er als Beginn der allg. Krise des Kapitalismus deutete. In der Februarrevolution 1917 in Rußland sah L. die Möglichkeit, ›den Krieg in einen Bürgerkrieg zu verwandeln‹, um so die proletarische Revolution herbeizuführen. Nach seiner Rückkehr über Deutschland (16. April 1917) verkündete er in den Aprilthesen: ›Alle Macht den Sowjets‹. Im Juli 1917 Flucht nach Finnland, nachdem eine von den Bolschewiki getragene Revolte gescheitert war. Dort entwickelte er in ›Staat und Revolution‹ (1917) eine marxistische Staatstheorie. Von Finnland aus agitierte er erneut für den bewaffneten Aufstand. In einem von Trotzki vorbereiteten Aufstand rissen die Bolschewiki am 25. Oktober 1917 (nach dem in Rußland geltenden Julian. Kalender; nach dem Gregorian. Kalender 7. November) die Macht an sich. Lenin wurde als Vorsitzender des Rats der Volkskommissare erster Regierungschef der UdSSR. Er ersetzte den Kriegskommunismus durch die Neue Ökonom. Politik (NEP), schuf 1919 Politbüro und Sekretariat des ZK der KPdSU und konzentrierte durch das Verbot der Fraktionsbildung (1921) die Macht auf eine diktatorische Führungsgruppe. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Lenin“)

[5] Iossif (Josef) Wissarionowitsch Stalin, eigentlicher Name I.W. Dschugaschwili, geboren in Gori am 21.12. 1879, gestorben in Kunzewo bei Moskau am 5. März 1953, sowjet. Politiker. Seit Jänner 1912 im bolschewistischen ZK; ab 1917 als Mitglied des Politbüros an der Vorbereitung und Durchführung der Oktoberrevolution beteiligt. 1917-23 Volkskommissar für Nationalitätenfragen, 1919-22 für Arbeiter- und Bauerninspektion. Ab 1922 Generalsekretär des ZK, Ausbau seiner Machtposition. Ab 1927 unumschränkter Diktator, rücksichtslose Vernichtung möglicher Gegner und Klassenfeinde („Säuberungen“ bei Partei, Armee, Wissenschaft, Bauern, Industrie). Als Marschall (1943) und schließlich Generalissimus (1945) im 2.Weltkrieg weitere Steigerung des Personenkults. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Stalin“)

[6] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, (Darmstadt, 1986), 1

[7] Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, geboren in Stuttgart am 27. August 1770, gestorben in Berlin am 14. November 1831. Deutscher Philosoph. Im Mittelpunkt dieses Systems steht das Absolute, das sich als subjektiver Geist im menschl. Individuum, als objektiver Geist in Familie, Gesellschaft, Staat, als absoluter Geist in Kunst, Religion und Philosophie konkretisiert, und zwar im dialekt. Dreischritt von These, Antithese, Synthese.- Die Weltgeschichte sieht H. als notwendig fortschreitenden Prozeß des absoluten Geistes. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Hegel“).

[8] Feuerbach, Ludwig, geboren in Landshut am 28. Juli. 1804, gestorben auf dem Rechenberg bei Nürnberg am 13. September 1872. Deutscher Philosoph. In Auseinandersetzung mit der Hegelschen Kategorie des ›absoluten Geistes‹ entwickelte Feuerbach eine philosophische Kritik der Theologie, worin er Gott als die Projektion menschlichen Vollkommenheitsstrebens definiert. Sein Ziel war es, Religion und Theologie in der Anthropologie aufzulösen. Seine Anthropologie wirkte auf den frühen Marx und Engels. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Feuerbach“).

[9] vgl. Ludwig G. Bress: „Kommunismus bei Karl Marx“, hsrg.: Paul Hensel u. Klemens Pleyer, (Stuttgart, 1972).

[10] Engels, Friedrich, geboren in Barmen (= Wuppertal) am 28. November 1820, gestorben in London am 5. August 1895, Theoretiker des Sozialismus. 1842-44 wurde er als Kaufmann in Manchester mit der englischen Arbeiterfrage konfrontiert, trat mit Anhängern der Frühsozialisten in Verbindung und wurde zum Sozialrevolutionär. Sein auf Studien dieser Zeit beruhendes Werk ›Die Lage der arbeitenden Klasse in England‹ (1845) gehört zu den frühen Grundlagen der politischen Ökonomie des Marxismus. Engels wurde durch eine enge Verbindung zu Marx geprägt, mit dem ihn ab 1844 eine lebenslange Freundschaft verband. Mit zahlreichen Schriften hatte Engels großen Anteil an der Begründung des Marxismus und - in Verbindung mit seiner auch praktisch-politischen Tätigkeit im Generalrat der 1. Internationale- an dessen Ausbreitung und Entwicklung zur Massenbewegung. (vgl. Meyers Lexikon in: LexiRom 1995 hrsg.: Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, Stichwort: „Engels“).

[11] Erstmals herausgegeben in London, 1859.

[12] Der erste Band von „Das Kapital“ heißt „Kritik der politischen Ökonomie“ und wurde 1867 erstmalig in London herausgegeben. Der zweite Band sowie der dritte Band wurden von Friedrich Engels 1885 bzw. 1894 herausgegeben.

[13] zit. Karl Marx, Friedrich Engels: „Manifest der Kommunistischen Partei“, (London 1848) in: Karl Marx: „Das Kapital – Erster Band: Kritik der politischen Ökonomie“ (Berlin 1998).

[14] vgl. Karl Marx: „Das Kapital – Erster Band: Kritik der politischen Ökonomie“ (Berlin 1998), 16.

[15] vgl. Leo Stern: „Der Imperialismus und der Zweite Weltkrieg – Die Lehren von Marx – Engels – Lenin – Stalin über die sozialökonomischen Formationen“, hrsg.: Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Österreichs, Abteilung für Agitation, Schulung und Presse, (Wien, o.D.), 4.

[16] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, 1.

[17] vgl. Leo Stern „Der Imperialismus und der Zweite Weltkrieg“, 4.

[18] vgl. ibid, 5.

[19] vgl. Helmut Leipold: „Das Eigentumsproblem in der Transformationspolitik“ in: „Privatisierungskonzepte im Systemwandel“ hrsg.: Helmut Leipold, [=Arbeitsberichte zum Systemvergleich der Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme der Philipps-Universität Marburg Bd. 16], (Marburg 1992) , 2 – 4.

[20] vgl. Horst Steinmann, Georg Schreyögg: “Management – Grundlagen der Unternehmensführung Konzepte – Funktionen, Fallstudien”, (Wiesbaden 1993), 474 ff.

[21] vgl. ibid, 474.

[22] vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: „Werke“. Vollständige Ausgabe, hrsg: Ph. Marheineke et al, Bd. 13, 2. Auflage, (Berlin 1840), 8 – 62. vgl. auch Erik Kroiher: „Staat und Individuum in der Gegenwart in der Philosoph Karl Poppers: Zusammenfassung und Interpretation“, Seminararbeit am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde der Universität Wien, (Wien, 1997), 14 – 19.

[23] vgl. Karl Popper: „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, Bd. 1, „Der Zauber Platons“, 7. Auflage, (Tübingen, 1992), Vorwort zur 7. deutschen Auflage 1992, IX - IVX.

[24] vgl. Emmerich Tálos und Alois Riedlsperger: „Zeit-Gerecht 100 Jahre katholische Soziallehre“ (Steyr, 1991), 8 – 13., 130 – 136 u. 180 – 191. vgl. auch: Gerhard Steger: „Materialien zur Arbeiterbewegung Christ und Gesellschaftliche Verantwortung am Beispiel der Katholischen Sozialakademie Österreichs 1958 bis 1980“, (Wien, 1984), 21 – 27.

[25] vgl. Josef Stalin: „Über dialektischen und historischen Materialismus“, (Wien, 1945), 24.

[26] vgl. Leo Stern: „Der Imperialismus und der Zweite Weltkrieg“, 6 - 7.

[27] vgl. Josef Stalin: „Über dialektischen und historischen Materialismus“, 20.

[28] vgl. Leo Stern: „Der Imperialismus und der Zweite Weltkrieg“, 7.

[29] vgl. Josef Stalin: „Über dialektischen und historischen Materialismus“, 24.

[30] vgl. ibid, 24 -25.

[31] vgl. ibid, 25.

[32] vgl. ibid, 26.

[33] zit. ibid, 27.

[34] vgl. ibid, 27.

[35] vgl. ibid, 30.

[36] zit. Karl Marx: „Manifest der Kommunistischen Partei“, in: Josef Stalin: „Über dialektischen und historischen Materialismus“, (Wien, 1945), 31.

[37] zit. Karl Marx: „Das Kapital – Erster Band: Kritik der politischen Ökonomie“ (Berlin 1998), 779.

[38] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, (Darmstadt, 1986), 3.

[39] vgl. ibid, 4.

[40] Jiří Kosta: „Sozialistische Planwirtschaft – Theorie und Praxis“, (Opladen, 1974), 19.

[41] vgl. ibid, 19.

[42] vgl. ibid, 20.

[43] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, 4.

[44] vgl. Artur Woll: „Allgemeine Volkswirtschaftslehre“, (München, 2000), 69.

[45] vgl. ibid, 69 – 70.

[46] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, 34.

[47] vgl. Helmut Leipold: „Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme im Vergleich – Grundzüge einer Theorie der Wirtschaftssysteme“, (Stuttgart, 1988), 213 ff.

[48] vgl. ibid, 217.

[49] vgl. ibid, 220 ff.

[50] vgl. ibid, 228 ff.

[51] vgl. Karl Popper: „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, (München, 1992), XIII.

[52] vgl. Stéphane Courtois: „Die Verbrechen des Kommunismus“ in: Das Schwarzbuch des Kommunismus – Unterdrückung, Verbrechen und Terror, hrsg.: Stéphane Courtois, Nicolas Werth, Jean-Louis Panné, Andrzej Pacskowski, Karel Bartosek, Jaen-Louis Margolin, (Paris, 1997), 16.

[53] vgl. ibid, 16.

[54] vgl. Friedrich A. von Hayek: „Der Weg zur Knechtschaft“, (München, 1994), 32.

[55] zit. Alexis de Tocqueville: „Discours prononcé à l´assemblée constituante le 12 septembre 1848 sur la question du droit au travail“, in: Friedrich A. Hayek: „Der Weg zur Knechtschaft“, (München, 1994), 45.

[56] vgl. Peter Dobias: „Die Wirtschaftsysteme Osteuropas“, 38.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832460617
ISBN (Paperback)
9783838660615
DOI
10.3239/9783832460617
Dateigröße
2.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Wien – Geistes- und Kulturwissenschaftliche Fakultät
Erscheinungsdatum
2002 (November)
Note
2
Schlagworte
planwirtschaft tschechoslowakei geschichte
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Titel: Das Scheitern der Zentralen Planwirtschaft am Beispiel der Tschechoslowakei von 1945 bis 1989
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