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Überprüfung der Einsatzmöglichkeit von Produktionskennlinien als Instrument des Produktions-Controlling bei Wertstromoptimierten Fertigungen

©2001 Diplomarbeit 106 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Industrieunternehmen wirtschaften in einem Marktumfeld, das dem ständigen Wandel unterzogen ist. Ein härter werdender Wettbewerb, gesättigte Märkte, eine starke Differenzierung der Nachfrage und kurze Produktlebenszyklen sind Merkmale dieser „turbulenten Aufgabenumwelten“.
Der Produktionsbereich hat sich diesem Umfeld anzupassen. Eine Massenproduktion im tayloristischen Stil wird den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Eine Antwort auf diese Herausforderung wurde in Japan von der Firma Toyota als Lean Production entwickelt. Das Konzept wurde hierzulande Anfang der 90er Jahre durch eine Studie vom Massachusetts Institut of Technology (MIT) bekannt.
Eine Methode, um Lean Production in der Produktion umzusetzen, ist Wertstromdesign. Mit Wertstromdesign steht ein Modell zur Verfügung, mit dem sich die Produktion mit einfachen Mitteln abbilden und optimieren lässt.
Eine „schlanke“ (=lean) oder Wertstrom-optimierte Produktion muss, wie jede andere Produktion auch, gesteuert (Produktionsplanung und –steuerung) und überwacht (Controlling) werden.
Ein Element der Produktionsplanung und –steuerung beim Wertstromdesign ist Kanban. Beim Controlling wurde das Konzept des Lean Management Accounting entwickelt. Allerdings mangelt es für Wertstrom-optimierte Produktionen an Controlling-Instrumenten, mit denen die Zusammenhänge zwischen den logistischen Zielgrößen der Produktion, wie Durchlaufzeit, Leistung und Bestand ermittelt und visualisiert werden können. Das Wissen über die Zusammenhänge zwischen den logistischen Zielgrößen ist aber wichtig, um eine einseitige Optimierung der Produktion nach einer Zielgröße zu vermeiden.
Bei einem anderen Modell zur Abbildung und Optimierung der Produktion, dem Trichtermodell, gibt es solche Controlling-Instrumente. Mit den logistischen Produktionskennlinien und den Lagerkennlinien, die aus dem Trichtermodell entwickelt wurden, lassen sich anschaulich die Zusammenhänge zwischen den Zielgrößen in der Produktion darstellen. Produktions- und Lagerkennlinien können unter dem Oberbegriff Betriebskennlinien zusammengefasst werden.
Das Trichtermodell ist besonders geeignet für Produktionen, die nach dem Werkstattprinzip organisiert sind, während beim Wertstromdesign die Produktion nach dem Fließprinzip ausgerichtet wird.
Es liegt nahe zu fragen, ob die in den Betriebskennlinien formulierten logistischen Zusammenhänge auch für Wertstrom-optimierte Produktionen gelten und ob sich die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und Formelzeichen

1 Einführung

2 Stand der Technik
2.1 Produktion
2.1.1 Ziele der Produktion
2.1.2 Organisation der Produktion
2.2 Modelle zur Abbildung der Produktion
2.2.1 Modell für Produktionen nach dem Werkstattprinzip (Trichtermodell)
2.2.2 Modell für Produktionen nach dem Fließprinzip (Wertstromdesign)
2.3 Produktionsplanung und -steuerung
2.3.1 Steuerung von Produktionen nach dem Werkstattprinzip mit der Belastungsorientierten Auftragsfreigabe
2.3.2 Steuerung von Produktionen nach dem Fließprinzip mit KANBAN
2.4 Controlling
2.4.1 Produktionscontrolling bei Produktionen nach dem Werkstattprinzip
2.4.2 Produktionscontrolling bei Fertigungen nach dem Fließprinzip

3 Offene Punkte/ Ziel der Arbeit/ Vorgehensweise

4 Überprüfung der Einsatzmöglichkeit von Betriebskennlinien zum Controlling von Wertstrom-optimierten Produktionen
4.1 Anwendungsvoraussetzungen von Betriebskennlinien
4.1.1 Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Produktionskennlinien
4.1.2 Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Lagerkennlinien
4.2 Abbildung des logistischen Potentials
4.2.1 Abbildung von Fließfertigungen in Form von Fertigungszellen
4.2.2 Abbildung von KANBAN-Supermärkten und FiFo-Bahnen
4.2.3 Abbildung des Ausgleiches des Produktionsmixes und des –volumens
4.3 Abbildung der Prinzipien von Wertstromdesign mit Betriebskennlinien
4.3.1 Abbildung der relevanten Stell- und Zielgrößen
4.3.2 Übereinstimmung der Definitionen
4.3.3 Vereinheitlichung unterschiedlicher Definitionen
4.4 Vorschläge zur Anpassung von Betriebskennlinien
4.4.1 Einbindung des Kundentaktes in die Produktionskennlinien
4.4.2 Einbindung des „EPEI“ in die Produktionskennlinien
4.4.3 Einbindung der Wertschöpfung in die Produktionskennlinien
4.5 Weitere Anforderungen

5 Schlussbetrachtung
5.1 Zusammenfassung
5.2 Ausblick

Summary

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Glossar

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung und Einverständnis-Erklärung

Danksagung

Anhang
1 Formelübersicht Betriebskennlinien
2 Symbole des Wertstromdesigns
3 Grafische Darstellungsmöglichkeiten von Kennzahlen zur Messung der Leistung von Wertstrom-optimierten Produktionen

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen und Formelzeichen

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Formelzeichen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Industrieunternehmen wirtschaften in einem Marktumfeld, das dem ständigen Wandel unterzogen ist[1]. Ein härter werdender Wettbewerb, gesättigte Märkte, eine starke Differenzierung der Nachfrage und kurze Produktlebenszyklen sind Merkmale dieser „turbulenten Aufgabenumwelten“[2].

Der Produktionsbereich hat sich diesem Umfeld anzupassen. Eine Massenproduktion im tayloristischen Stil wird den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Eine Antwort auf diese Herausforderung wurde in Japan von der Firma Toyota als Lean Production entwickelt. Das Konzept wurde hierzulande Anfang der 90er Jahre durch eine Studie vom Massachusetts Institut of Technology (MIT)[3] bekannt.

Eine Methode, um Lean Production in der Produktion umzusetzen, ist Wertstromdesign. Mit Wertstromdesign steht ein Modell zur Verfügung, mit dem sich die Produktion mit einfachen Mitteln abbilden und optimieren lässt.

Eine „schlanke“ (=lean) oder Wertstrom-optimierte Produktion muss, wie jede andere Produktion auch, gesteuert (Produktionsplanung und –steuerung) und überwacht (Controlling) werden.

Ein Element der Produktionsplanung und –steuerung beim Wertstromdesign ist Kanban. Beim Controlling wurde das Konzept des Lean Management Accounting entwickelt. Allerdings mangelt es für Wertstrom-optimierte Produktionen an Controlling-Instrumenten, mit denen die Zusammenhänge zwischen den logistischen Zielgrößen der Produktion, wie Durchlaufzeit, Leistung und Bestand ermittelt und visualisiert werden können. Das Wissen über die Zusammenhänge zwischen den logistischen Zielgrößen ist aber wichtig, um eine einseitige Optimierung der Produktion nach einer Zielgröße zu vermeiden.

Bei einem anderen Modell zur Abbildung und Optimierung der Produktion, dem Trichtermodell, gibt es solche Controlling-Instrumente. Mit den logistischen Produktionskennlinien und den Lagerkennlinien, die aus dem Trichtermodell entwickelt wurden, lassen sich anschaulich die Zusammenhänge zwischen den Zielgrößen in der Produktion darstellen. Produktions- und Lagerkennlinien können unter dem Oberbegriff Betriebskennlinien zusammengefasst werden.

Das Trichtermodell ist besonders geeignet für Produktionen, die nach dem Werkstattprinzip organisiert sind, während beim Wertstromdesign die Produktion nach dem Fließprinzip ausgerichtet wird.

Es liegt nahe zu fragen, ob die in den Betriebskennlinien formulierten logistischen Zusammenhänge auch für Wertstrom-optimierte Produktionen gelten und ob sich die Betriebskennlinien als Controlling-Instrument für Wertstrom-optimierte Produktionen einsetzen lassen. Die der Diplomarbeit zugrunde liegende Fragestellung lautet daher:

Können logistische Betriebskennlinien sinnvoll als Controlling-Instrument von Wertstrom-optimierten Produktionen eingesetzt werden?

Die oben aufgeführte Fragestellung umfasst ausdrücklich auch die Lagerkennlinien, da sich im Laufe der Untersuchung gezeigt hat, dass zur Abbildung von Wertstrom-optimierten Produktionen auch Lagerkennlinien verwendet werden sollten.

Der Aufbau der Untersuchung ist in Abbildung 1 dargestellt. Im Kapitel 2 „Stand der Technik“ wird zuerst allgemein auf den Produktionsbereich eingegangen. Neben grundlegenden Definitionen werden die Ziele einer modernen Produktion und die Organisationsformen der Produktion beschrieben (Kapitel 2.1). Im Kapitel 2.2 werden die beiden Modelle zur Abbildung der Produktion, Trichtermodell und Wertstromdesign, vorgestellt. Im Kapitel 2.3 werden Produktionsplanung und –steuerungskonzepte, die im Zusammenhang mit den Modellen entwickelt wurden, beziehungsweise in die Modelle eingebunden sind, dargestellt. Beim Trichtermodell ist dies die Belastungsorientierte Auftragsfreigabe, beim Wertstromdesign ist es Kanban.

In Kapitel 2.4 werden Controlling-Ansätze aufgeführt, die im Zusammenhang mit den Modellen entwickelt wurden. Beim Trichtermodell wird auf die engpassorientierte Logistikanalyse, beim Wertstromdesign auf das Lean Management Accounting- Konzept eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Kapitel 3 wird das weitere Vorgehen erläutert. Dafür werden die offenen Punkte, die sich aus dem Stand der Technik ergeben, dargestellt und die Ziele der Arbeit konkretisiert. Im Kapitel 4 folgt die eigentliche Untersuchung mit der Fragestellung, ob Betriebsskennlinien ein geeignetes Controlling-Instrument für Wertstrom-optimierte Produktionen sind. In der Schlussbetrachtung werden die Untersuchungsergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick über Ansätze zur Vertiefung des Untersuchungsgebietes gegeben.

2 Stand der Technik

2.1 Produktion

In diesem Kapitel werden grundlegende Begriffe des Produktionsbereiches von Industrieunternehmen definiert, die Ziele der Produktion beschrieben sowie die unterschiedlichen Formen der Ablauforganisation der Produktion dargestellt.

Unter Produktion werden „alle Vorgänge und Tätigkeiten, die unmittelbar oder mittelbar zur Herstellung von Erzeugnissen dienen“[4], verstanden. Die Produktion lässt sich unterteilen in direkte Bereiche wie Fertigung und Montage, als auch indirekte Bereiche wie Arbeitsvorbereitung, Produktionsplanung und -steuerung sowie Qualitätssicherung.

In der Literatur wird häufig nicht sauber zwischen den Begriffen Produktion und Fertigung unterschieden[5]. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher die in der Literatur gängigen Begriffe wie Werkstattfertigung, Serienfertigung, Fließfertigung oder Fertigungszellen übernommen, selbst wenn sich diese auch auf den Montagebereich beziehen können.

Eine Querschnittsfunktion über die Bereiche der Produktion hat die Produktionslogistik. Sie ist für die „Planung, Gestaltung, Abwicklung und Kontrolle des gesamten Material- und dazugehörigen Informationsflusses“[6] innerhalb der Produktion verantwortlich. Dazu gehören Transport- und Lageraufgaben (Materialfluss), aber auch Planung und Steuerung der Produktion (Informationsfluss)[7]. Die Produktionslogistik ist über Schnittstellen mit der Beschaffungs- und der Vertriebslogistik verbunden.

Ziel der Logistik und damit auch der Produktionslogistik ist es, sicherzustellen, dass die richtigen Produkte (Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe, Halb- und Fertigwaren) „in der richtigen Menge, der richtigen Qualität, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, zu den richtigen Kosten, für die richtigen Kunden verfügbar sind.“[8] Um diese Zielsetzung optimal zu erfüllen, ist es notwendig, das Produktionslogistiksystem entsprechend den drei logistischen Gestaltungsprinzipien Systemdenken, Flussdenken und Kunden- und Wettbewerbsorientierung zu konzipieren[9].

2.1.1 Ziele der Produktion

Die Ziele der Produktion lassen sich unterteilen in Sachziele, Formalziele sowie soziale und ökologische Ziele (s. Abbildung 2):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ziele der Produktion. In Anlehnung an [Braß-00, S.32-35], [Zahn-96, S.68-70], [Witt-91, S.166]

- Sachziel der Produktion ist die „Erstellung marktfähiger Sachgüter und industrieller Dienstleistungen zur Bedarfsdeckung“[10]. Mit der Festlegung von Sachzielen wird das Produktionsprogramm in mengenmäßiger, qualitativer und zeitlicher Hinsicht festgelegt.
- Das Formalziel der Produktion ist die „Realisierung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolges der Industrieunternehmung“[11]. Dazu hat die Produktion die geforderten Güter möglichst wirtschaftlich herzustellen. Die Wirtschaftlichkeit bemisst sich aus dem Verhältnis des bewerteten Ergebnisses (Leistung) zum bewerteten Faktoreinsatz (Kosten).
- Humanziele sind mitarbeiterbezogene Zielsetzungen in Hinsicht auf die Arbeitsbedingungen.
- Ökologische Ziele berücksichtigen, dass ein Industrieunternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung zum Schutz der Umwelt hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zielbeziehungen. [Enge-00, S.8]

Mit dem Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt haben sich die Gewichtungen der Produktionsziele verschoben. Während früher die Produktion schwerpunktmäßig auf eine gute Auslastung der Maschinen ausgerichtet wurde, um eine hohe Wirtschaftlichkeit zu erreichen, gewinnen heute durch die stärkere Markt- und Kundenorientierung die Faktoren kurze Durchlaufzeiten, hohe Liefertermintreue, hohe Flexibilität und Qualität zunehmend an Bedeutung[12].

Die einzelnen Produktionsziele können nicht isoliert voneinander optimiert werden, da vielfältige Abhängigkeiten zwischen Einzelzielen bestehen (s. Abbildung 3). So kann die Reduzierung von Beständen zwar zu kürzeren Durchlaufzeiten führen, aber gleichzeitig muss geprüft werden, inwieweit die Auslastung der Maschinen sinkt.

2.1.2 Organisation der Produktion

Die Ablauforganisation der Produktion lässt sich nach drei grundlegenden Fertigungs- und Montageprinzipien ausrichten[13]. Im folgenden werden die Prinzipien anhand des Fertigungsbereiches erklärt, die Prinzipien gelten aber analog auch für die Montage:

- Werkstattfertigungen sind nach dem Verrichtungsprinzip ausgerichtet. „Maschinen und Arbeitsplätze mit den gleichen Verrichtungen werden örtlich in Werkstätten zusammengefasst [...]. Die Aufträge durchlaufen die zur Bearbeitung notwendigen Werkstätten entsprechend ihrer individuellen, durch den Arbeitsplan festgelegten Arbeitsfolge.“[14]
- Bei Fließfertigungen werden die Maschinen nach dem Produktionsablauf des Erzeugnisses oder der Erzeugnisgruppe angeordnet. Durch diese Anordnung erreichen Fließfertigungen kürzere Wegezeiten als Werkstattfertigungen. Auch der Steuerungsaufwand wird durch die übersichtliche Anordnung erheblich erleichtert.
- Eine Zwischenform zwischen Werkstatt- und Fließfertigung ist die Gruppenfertigung. Alle Maschinen oder Arbeitsplätze, die zur Bearbeitung eines Produktes/ Teiles notwendig sind, werden räumlich konzentriert. Die Anordnung der Maschinen kann dabei gegebenenfalls dem Fließprinzip folgen. Beispiele für Fertigungen nach dem Gruppenprinzip sind Fertigungszellen, Fertigungsinseln und Fertigungssegmente.

2.2 Modelle zur Abbildung der Produktion

Um eine möglichst wirtschaftliche Produktion sicherzustellen, bedient man sich bei der Beurteilung der Gestaltungs- und Handlungsalternativen der Hilfe von Modellen. Nachfolgend wird nach einer allgemeinen Definition des Modellbegriffs je ein Modell für die Produktion nach dem Werkstattprinzip (Trichtermodell) und für die Produktion nach dem Fließprinzip (Wertstromdesign) vorgestellt.

Mit einem Modell wird versucht, die Wirklichkeit abzubilden. Dabei wird durch Reduktion oder Idealisierung die Komplexität der Realität reduziert und es werden nur die relevanten Zusammenhänge wirklichkeitsgetreu wiedergegeben. Modelle dienen u.a. dazu, Ursache-/ Wirkungsbeziehungen begreifbar zu machen und die Auswirkungen von Maßnahmen vorherzusagen. Modelle können die empirischen Erscheinungen abbilden, ohne sie zu erklären (Beschreibungsmodelle), die Zusammenhänge zwischen Einfluss- und Zielgrößen aufzeigen (Erklärungsmodelle) oder die Bestimmung optimaler Handlungsmöglichkeiten erleichtern (Entscheidungsmodelle)[15].

Im Produktionsbereich werden Modelle vor allem für

- die Planung einer effizienten Ablauf- und Aufbauorganisation der Produktion,
- die Steuerung der Produktionsaufträge und
- die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der Produktion im Rahmen des Controllings eingesetzt.

2.2.1 Modell für Produktionen nach dem Werkstattprinzip (Trichtermodell)

Das nachfolgend beschriebene Trichtermodell und die daraus abgeleiteten Komponenten sind am Institut für Fabrikanlagen in Hannover entwickelt worden. Das Modell ist besonders gut für Produktionen, die nach dem Werkstattprinzip angeordnet sind, geeignet. Bevor das Modell beschrieben wird, ist es nötig, einige Basisdefinitionen und Kennzahlen festzulegen.

Eine wichtige Größe für die nachfolgend beschriebenen Komponenten des Modells ist die Auftragszeit[16] ZAU. „Die Auftragszeit entspricht der Vorgabezeit, die für die Ausführung eines Arbeitsvorganges an einem Arbeitssystem vorgesehen ist.“[17] Dabei ist neben der Bearbeitungszeit, auch die Rüstzeit für das Los zu berücksichtigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die Auftragszeit kann nach den üblichen Formeln das arithmetische Mittel, die Standardabweichung (beschreibt, wie stark die Verteilung streut) sowie der Variationskoeffizient ermittelt werden[18]. Die Auftragszeit wird in der Dimension Vorgabestunden angegeben. Für einige Berechnungen ist es notwendig, die Zeit, die ein Auftrag ein Arbeitssystem belegt, in der Dimension Betriebskalendertage angeben zu können. Dafür wird die Auftragszeit durch die maximal mögliche Leistung des Arbeitssystems dividiert. Das Ergebnis wird Durchführungszeit (ZDF) genannt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die maximal mögliche Leistung ergibt sich, wenn man von der Kapazität die bestandsunabhängigen Auslastungsverluste des restriktiven Kapazitätsfaktors (Maschinen oder Personal) abzieht. Beispiele für bestandsunabhängige Auslastungsverluste sind Störungen, Wartungsarbeiten, Urlaubstage der Mitarbeiter, Krankheitsausfälle des Personals.

Die Durchlaufzeit[19] (ZDL) eines Arbeitsvorganges ergibt sich aus Durchführungs- und Übergangszeit. Wenn die Termine erfasst werden, wann die Arbeitsvorgänge enden (s. Abbildung 4), kann die Durchlaufzeit folgendermaßen ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Übergangszeit (ZUE) zwischen zwei Arbeitsgängen ergibt sich aus der Differenz von Durchlaufzeit und Durchführungszeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Durchlaufelement. In Anlehnung an [Nyhu-99 S.22]

Trichtermodell

Beim Trichtermodell[20] wird in „Analogie zur Abbildung verfahrenstechnischer Fließprozesse“[21] das Durchlaufverhalten der einzelnen Arbeitssysteme mittels der Größen Zugang, Bestand und Abgang beschreiben. Ein Arbeitssystem kann je nach Hierarchiestufe ein einzelner Arbeitsplatz, eine Kostenstelle, ein Bereich oder auch der gesamte Betrieb sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die am Arbeitssystem ankommenden Aufträge bilden mit den schon am Arbeitssystem vorliegenden Aufträgen den Bestand an wartenden Aufträgen (s. Abbildung 5, links). Die Aufträge werden vom Arbeitssystem sukzessive abgearbeitet und fließen durch die untere Trichteröffnung ab. Dabei hängt die Geschwindigkeit, wie schnell Aufträge abgearbeitet werden, von der aktuellen Leistung des Arbeitssystems ab. Die Leistung eines Arbeitssystems wiederum kann maximal nur so groß sein, wie die Kapazität des Arbeitssystems.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Trichtermodell und Durchlaufdiagramm einer Arbeitsstation. [Nyhu-99, S.25]

Durchlaufdiagramm[22]

Die Zusammenhänge aus dem Trichtermodell lassen sich in das Durchlaufdiagramm übertragen (s. Abbildung 5, rechts). Im Durchlaufdiagramm werden die Zugänge und die Abgänge an einem Arbeitssystem über die Zeit aufgetragen.

Die Leistung am Arbeitssystem bemisst sich nach der Summe der im Bezugszeitraum abgearbeiteten Arbeitsinhalte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Bestand stellt die Fläche zwischen Zugangs- und Abgangskurve über einen Zeitraum dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die gewichtete mittlere Durchlaufzeit ist eine Hilfsgröße, die errechnet wird, um Rückschlüsse über das Abfertigungsverhalten zu erhalten. Die Durchlaufzeiten der Aufträge werden jeweils mit ihren Arbeitsinhalten gewichtet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die mittlere Reichweite gibt an, wie lange es dauert, bis bei gleichmäßiger Leistung der Bestand am Arbeitssystem abgebaut ist. Die Formel für die mittlere Reichweite wird auch Trichterformel genannt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die verschiedenen Arbeitssysteme lassen sich drei typische Betriebszustände charakterisieren (s. Abbildung 6):

- Unterlast: Am Arbeitssystem liegt ein relativ geringes Bestandsniveau vor. Zeitweise kommt es zu beschäftigungsbedingten Leistungseinbußen, da keine Arbeit vorliegt.
- Übergang: Zugangs- und Abgangskurve liegen eng beieinander. Es liegt kontinuierlich Arbeit vor, ohne dass es zu einem größeren Bestandsaufbau kommt.
- Überlast: Am Arbeitssystem liegt jederzeit Arbeit vor. Das hohe Bestandsniveau führt aber zu langen Durchlaufzeiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Typische Betriebszustände an einem Arbeitssystem. [Nyhu-99, S.37]

Produktionskennlinien[23]

Mit dem Durchlaufdiagramm kann nur der momentane Betriebszustand am Arbeitssystem wiedergegeben werden. Produktionskennlinien hingegen zeigen, wie sich die Leistung (Leistungskennlinie), die Reichweite und die Durchlaufzeit (Kennlinien der Zeitgrößen) am Arbeitssystem in Abhängigkeit vom Bestandsniveau verändern (s. Abbildung 7). Der momentane Betriebszustand des Arbeitssystems wird bei den Produktionskennlinien verdichtet als ein Punkt auf den Kennlinien wiedergegeben. Die anderen Punkte auf den Produktionskennlinien stellen das logistische Verhalten des Systems bei Bestandsveränderungen dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ableitung der Produktionskennlinien erfolgt, in dem zuerst vereinfachte Annahmen getroffen werden, die zu idealisierten Kennlinien führen. Unter den Voraussetzungen, dass sich zu jeder Zeit genau ein Auftrag am Arbeitssystem befindet und es keine Übergangszeiten zwischen zwei Arbeitsvorgängen gibt, ergibt sich eine Leistungskennlinie, bei der mit zunehmendem Bestand die Leistung am Arbeitssystem proportional steigt, bis der Punkt erreicht ist, an dem das Arbeitssystem die maximal mögliche Leistung erreicht (s. Abbildung 8). Dieser Punkt wird als Idealer Mindestbestand bezeichnet und lässt sich wie folgt errechnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Darstellung der Betriebszustände in den Produktionskennlinien. [Nyhu-99, S.37]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In ähnlicher Weise ergeben sich auch ideale Kennlinien für die Zeitgrößen Reichweite und Durchlaufzeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die ideale Leistungskennlinie spiegelt nicht das Verhalten eines realen Arbeitssystems wider. Die Ermittlung realer Leistungskennlinien durch Simulation zeigt einen Verlauf ohne einen festen Abknickpunkt (s. Abbildung 8). Der horizontale Abstand zwischen idealer und realer Kennlinie ergibt den Pufferbestand, das heißt den Bestand an wartenden Aufträgen, der nötig ist, um Leistungseinbußen zu verhindern. Die idealen Kennlinien können durch die Integration einer CNORM-Funktion und entsprechender Parametrierung den simulierten Kennlinien angeglichen werden[24]. Für die Parametrierung wird ein Streckfaktor eingeführt. Dieser Streckfaktor a lässt sich bisher nur durch Simulationen genau bestimmen. Je kleiner a ist, desto geringer ist der Abstand zwischen realer und idealer Kennlinie.

Abbildung 8: Gegenüberstellung von idealen und simulierten Leistungskennlinien. [Nyhu-99, S.70]

Die Berechnung der Kennlinien erfolgt über folgende Gleichungen:

Die Leistungskennlinie ergibt sich aus der Berechnung der Wertepaare Bm und Lm zum jeweiligen Zeitpunkt t:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Kennlinie für die Durchlaufzeit kann über die folgende Gleichung ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kostenkennlinien

Durch die Produktionskennlinien kann für die einzelnen Arbeitssysteme ein angestrebter Betriebspunkt für Bestand, Leistung und Durchlaufzeit festgelegt werden. Es ist damit aber nicht gesagt, dass dieser Betriebspunkt auch der betriebswirtschaftlich günstigste ist. Um die Zusammenhänge auch ökonomisch bewerten zu können, müssen die Zeit- und Mengengrößen in Kosten und Erlösgrößen überführt werden.

Die Überführung der logistischen Größen in Kosten- und Erlösgrößen gestaltet sich sehr schwierig. Erstens ist es problematisch, einen einwandfreien Bewertungsansatz zu finden. Ein Bestand, der in Vorgabestunden vorliegt, kann sich aus den unterschiedlichsten Aufträgen, denen jeweils andere Wertansätze zugrunde liegen, zusammensetzen. Zweitens ist es schwierig vorauszusagen, in welchem Umfang die Veränderung der Durchlaufzeit die Kosten und Erlöse beeinflusst.

Durch die Bewertungsschwierigkeiten, die mit der Überführung der logistischen Größen in Kosten- und Erlösgrößen verbunden sind, haben sich die bisherigen Vorschläge zur Ermittlung von Kostenkennlinien nicht in der Praxis durchsetzen können[25].

Lagerkennlinien

Analog zu den Produktionskennlinien wurde von Gläßner[26] ein Modell entworfen, um auch für den Lagerbereich die Zusammenhänge zwischen konkurrierenden logistischen Zielgrößen mittels Durchlaufdiagramm und Lagerkennlinien abzubilden.

Beim Lager-Durchlaufdiagramm werden die Zu- und Abgänge eines Artikels oder einer Artikelgruppe über die Zeit abgetragen. Das Diagramm lässt sich detaillieren, wenn auch der Bestellvorgang erfasst wird. Sobald der aktuelle Bestand bei Null ist und gleichzeitig der Artikel bestellt wird, entsteht ein Lieferverzug und eine Nachfragekurve kann eingezeichnet werden (Abbildung 9, links).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Lagerdurchlaufdiagramm und Lagerkennlinie. [Nyhu-99, S.227]

Der Zielkonflikt zwischen einem möglichst hohem Lieferbereitschaftsgrad und geringen Beständen wird durch Lagerkennlinien deutlich (Abbildung 9, rechts). Ein niedriger mittlerer Lagerbestand führt zu einem hohen Lieferverzug für den Artikel. Anderseits ist ein geringer Lieferverzug mit höheren Beständen verbunden. Neben der Kennlinie für den Lieferverzug kann zusätzlich noch die mittlere Lagerverweilzeit in Abhängigkeit des Bestands eingetragen werden.

Gekoppelte Kennlinien

Bei den Produktionskennlinien erfolgt die Optimierung von Bestand, Durchlaufzeit und Auslastung für jedes Arbeitssystem einzeln. Eine rechnerische Verbindung zu anderen Arbeitssystemen oder den Lagerkennlinien ist nicht vorgesehen. Diese isolierte Betrachtung der Einzelsysteme widerspricht aber dem logistischen Grundprinzip des Systemdenkens.

Das von Fastabend entwickelte Modell der gekoppelten Kennlinien[27] versucht, diesen Nachteil der Betriebskennlinien zu überwinden. In dem Modell werden die Produktionskennlinien für den Fertigungsbereich mit den Lagerkennlinien und den Produktionskennlinien für den Montagebereich rechentechnisch miteinander verbunden. Dies geschieht mittels der sogenannten Koppelgrößen, die die Schnittstellen zwischen den Kennlinien darstellen (s. Tabelle 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Ein- und Ausgangsgrößen zur Kopplung der bereichsbezogenen Kennlinien. [Fast-97, S.98]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch gekoppelte Kennlinien wird eine Synchronisation der Produktion über die Bereiche hinweg möglich. Der Rechenaufwand zur Ermittlung der gekoppelten Kennlinien ist höher als bei den einfachen Kennlinien.

2.2.2 Modell für Produktionen nach dem Fließprinzip (Wertstromdesign)

Wertstromdesign (Value Stream Mapping) ist eine Methode zum Abbilden und Gestalten der Material- und Informationsflüsse in einem Unternehmen. Die Methode wurde ursprünglich von der Firma Toyota entwickelt und stellt einen Baustein auf dem Weg zum „schlanken Unternehmen“ dar[28].

Ziel des Wertstromdesign ist es, Verschwendung in der Produktion zu eliminieren und eine fließende Produktion mit geringen Durchlaufzeiten zu erreichen. Verschwendung umfasst alle Aktivitäten, die nicht den Wert des herzustellenden Produktes aus Kundensicht erhöhen (meistens Aktivitäten, bei der es zu keiner physischen Umformung des Produktes kommt).

Wertstromdesign ist eine einfach zu erlernende Technik, die die Kommunikation erleichtert und die Gestaltung von Prozessen transparent macht. Die Material- und Informationsflüsse werden nicht aufwendig mit Computerprogrammen erfasst, sondern mit einfachen Symbolen (siehe Anhang) auf das Papier gebracht.

Der Ablauf des Wertstromdesigns erfolgt in drei Schritten und wird nachfolgend genauer beschrieben. Im ersten Schritt wird der Ist-Zustand der Produktion[29] abgebildet. Danach wird anhand allgemeiner Wertstrom-Richtlinien ein in absehbarer Zeit (z.B. 18 Monate) erreichbarer Soll-Zustand entworfen. In der letzten Phase werden die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet, um den Soll-Zustand zu erreichen.

Ist-Zustand (erster Schritt)[30]:

Es wird eine Produktfamilie ausgewählt, für die der Wertstrom verbessert werden soll. Dabei gehören alle Produkte zu einer Produktfamilie, die die gleichen Fertigungsschritte am flussabwärtigen Ende des Wertstromes durchlaufen.

Der Materialfluss wird vom Kunden zum Lieferanten aufgezeichnet[31]. Ein Fabriksymbol kennzeichnet den/ die (wichtigsten) Kunden der Produktfamilie. Im Datenkasten darunter werden die monatlichen Kundenabrufe und die Kundenanforderungen aufgeführt.

Als nächstes werden die einzelnen Produktionsprozesse gemäß der Ablaufreihenfolge abgebildet. Ein Prozess ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen den Bearbeitungsschritten der Materialfluss nicht unterbrochen wird. Ein Prozess kann sich folglich aus einem oder auch mehreren Arbeitssystemen zusammensetzen solange keine Bestände zwischen den Arbeitsschritten gelagert werden. Für eine Montagezelle mit mehreren Bearbeitungsschritten wird z.B. nur ein Prozesskasten eingezeichnet.

In einem Datenkasten unterhalb des jeweiligen Prozesskastens werden zusätzliche Informationen über den Prozess eingetragen[32], wie z.B.

- Zykluszeit [Sek.]: Zeitspanne die nötig ist, um ein Teil herzustellen.
- Rüstzeit [Sek.]: Benötigte Zeit, um eine Maschine/ einen Prozess auf einen anderen Produktionstyp umzustellen.
- Maschinenzuverlässigkeit [%]: Zeit, in der die Maschine verfügbar ist, geteilt durch die Gesamtmaschinenlaufzeit.
- “EPEI” („Every Part Every Intervall“): Angabe, in welchem Zeitraum alle Produktvarianten hergestellt werden können.
- Zahl der Mitarbeiter zur Durchführung eines Prozesses und Anzahl der gefahrenen Schichten.
- Zahl der Produktvarianten, die über den Prozess laufen.
- Behältergröße für Fertigteile [Stück/ Behälter].
- Verfügbare Arbeitszeit pro Schicht [Sek.] abzüglich der Pausen und Unterbrechungen.
- Ausschussrate [%]: Anzahl der Ausschussteile geteilt durch die Anzahl aller produzierten Teile.
- Nacharbeitungsrate [%]: Anzahl der nachgearbeiteten Teile geteilt durch die Anzahl aller produzierten Teile.

Der Transport von Material zwischen den Prozessen wird mit einem Pfeil angezeigt. Dabei wird differenziert, ob die Materialbewegungen vom Hersteller angestoßen werden (Push-Pfeil) oder der Kunde das Material anfordert (Pull-Pfeil). Pufferlager, die zwischen den Produktionsprozessen eingerichtet sind, werden mit einem Dreieckssymbol gekennzeichnet. Die Menge des Bestandes wird unter dem Symbol in Stück eingetragen.

Schließlich werden die Lieferanten für die wichtigsten Rohmaterialien eingezeichnet. In den dazugehörigen Datenkasten werden vor allem die durchschnittlich gelieferten Mengen an Rohmaterialien und die Anlieferhäufigkeit erfasst.

Nachdem der Materialfluss erfasst wurde, wird der Informationsfluss dargestellt. Die Weitergabe von Informationen wird mit einem dünnen Pfeil (oder Blitz bei einem elektronischem Informationsfluss) gekennzeichnet. Ein Großteil des Informationsflusses läuft über die Produktionsplanung, wobei vor allem folgende drei Fragen von Interesse sind:

- An welchen Stellen im Wertstrom werden die Aufträge eingesteuert und mit welchem Zeithorizont?
- Wie werden die Bestellungen zu den Lieferanten abgewickelt (Rahmenvertrag, Vorschau, täglicher Abruf etc.)?
- Wann erhält die Produktionsplanung von den Kunden Informationen bezüglich der (zu erwartenden) Bestellungen (Vorschauzeitraum, täglicher Abruf, etc.)?

Für den gesamten Prozess kann die Durchlaufzeit ermittelt werden. Dafür werden auf einer Zeitlinie die Verarbeitungszeiten (Prozessdurchlaufzeiten) und die Lagerungszeiten, die durch die Bestände zwischen den Prozessen verursacht werden, aufgetragen. Die jeweiligen Lagerungszeiten werden ermittelt, in dem die Bestandsmenge durch den täglichen Kundenbedarf geteilt wird. Die Gesamtdurchlaufzeit wird beim Wertstromdesign vereinfacht errechnet, in dem nur die Lagerungszeiten berücksichtigt werden. Dies ist möglich, da die Verarbeitungszeiten nur einen sehr kleinen Anteil an der Gesamtdurchlaufzeit haben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Abbildung 10 ist ein Beispiel für den Ist-Zustand eines Wertstromes abgebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Beispiel eines Ist-Zustandes. [Roth-00, S. 32-33]

Entwurf eines Soll-Zustandes anhand von Wertstromrichtlinien (zweiter Schritt)[33]:

Der Soll-Zustand muss individuell und unternehmensabhängig entwickelt werden. Folgende Leitlinien helfen dabei, einen Wertstrom zu entwickeln, der Überproduktionen vermeidet, Verschwendung beseitigt und zu einer verbesserten Durchlaufzeit führt:

1. Ausrichtung der Produktion nach dem Kundentakt

Um bedarfsgerecht zu produzieren, sollte das Produktionstempo mit dem Verkaufstempo synchronisiert werden. Der Kundentakt (Taktzeit[34] ) gibt den Zeitraum an, in dem jeweils ein Produkt hergestellt werden muss, um den Kundenbedarf zeitgenau zu befriedigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die tatsächliche Prozesszeit sollte etwas unterhalb des Kundentaktes liegen, um einen gesteigerten Bedarf an Fertigwaren kompensieren zu können.

2. Einsatz einer kontinuierlichen Fließfertigung

Eine Fließfertigung liegt vor, wenn Arbeitssysteme ohne Bestände und losweisen Transport miteinander gekoppelt werden (one-piece-flow). Fließfertigungen ermöglichen kurze Durchlaufzeiten und geringe Bestände, sie unterliegen aber einer Reihe von Voraussetzungen. Die einzusetzenden Maschinen müssen eine hohe Prozesssicherheit (Störungen wirken sich auf den gesamten Fließprozess aus) und kurze Rüstzeiten aufweisen. Die Maschinen müssen klein genug sein, damit sie vom Layout her in die Fließfertigung integriert werden können. Beim Wertstromdesign werden Fließfertigungen häufig innerhalb von Fertigungszellen realisiert.

3. Einsatz von Supermarkt-Pull-Systemen zur Produktsteuerung, falls eine Fließfertigung zwischen zwei Prozessen nicht möglich ist

Nicht überall ist es wirtschaftlich, Fließfertigungen einzusetzen. Bei Prozessen mit langen Zykluszeiten, hohen Rüstzeiten und geringer Zuverlässigkeit müssen Prozesse entkoppelt werden. In diesem Fall bietet sich bei Serienprodukten die Einrichtung sogenannter Supermarkt-Pull-Systeme an. Das Supermarkt-Pull-System entspricht dem KANBAN-Prinzip, auf das ausführlich im Kapitel 2.3.2 eingegangen wird.

Für Produkte, die nicht die Anforderungen von Fließfertigungen oder Kanban erfüllen (z.B. Sonderanfertigungen, Exoten), ist die Einrichtung von FiFo-Bahnen zwischen den Prozessschritten sinnvoll. Bei einer FiFo-Bahn dient die Transportstrecke zwischen zwei Prozessen als Puffer. Sobald die FiFo-Bahn gefüllt ist, ist der vorgelagerte Prozess angehalten, die Produktion zu stoppen. Dadurch wird erreicht, dass trotz Pull-Steuerung eine festgelegte Bestandsmenge nicht überschritten wird.

4. Einsteuerung der Produktionsaufträge an einer Stelle nahe dem externen Kunden

Beim Wertstromdesign wird das Produktionsprogramm nur an einem einzigen Prozess im Wertstrom eingesteuert. Dieser Prozess wird „Schrittmacher-Prozess“ genannt, da die Taktzeit des Schrittmacher-Prozesses die Taktzeit der vorgelagerten Prozesse bestimmt. Der Schrittmacher-Prozess entspricht dem letzten KANBAN-Kreis. Nach dem Schrittmacher-Prozess dürfen nur noch Fließfertigungen folgen.

5. Ausgleich des Produktionsmixes am Schrittmacherprozess

Am Schrittmacherprozess sollten kleine Produktionslose eingesteuert werden. Zwar ermöglichen große Produktionslose geringe Rüstzeiten, die damit verbundenen Nachteile sind aber nicht zu unterschätzen. So steigen bei großen Losen die Durchlaufzeiten für einzelne Produkte. Dies wird häufig durch einen höheren Fertigwarenbestand versucht auszugleichen. Die den Schrittmacher-Prozess vorgelagerten Prozesse müssen bei großen Losen natürlich auch größere Bestände an Komponenten vorhalten. Hinzu kommt, dass sich die durch große Lose ausgelösten Probleme in den vorgelagerten Produktionsstufen noch verstärken, wie Untersuchungen gezeigt haben: „Die Dynamik der Logistikketten äußert sich darin, dass Nachfrageänderungen der Endkunden rückwärts der Kette zu Vorlieferanten verstärkt werden...“[35].

6. Ausgleich des Produktionsvolumens am Schrittmacherprozess

Am Schrittmacher-Prozess sollten kleine, gleichmäßige Arbeitsportionen freigegeben werden. Statt die Arbeitsaufträge einer ganzen Woche freizugeben, werden in der Serienfertigung oft nur Arbeitsinkremente mit Arbeit für die nächsten 5-60 Minuten freigegeben. Dies hat den Vorteil, dass am Schrittmacher-Prozess ein besseres „Taktgefühl“ vorherrscht und dass die Arbeitsbelastung gleichmäßiger über die Arbeitszeit verteilt wird. Auch hier gilt der Effekt, dass sich eine ungleichmäßige Arbeitsverteilung über die Zeit bei den vorgelagerten Prozessen verstärkt. Ein weiterer Effekt ist, dass schneller festgestellt wird, ob der momentane Output (Leistung) dem Kundenbedarf entspricht und ob Produktionsprobleme aufgetaucht sind.

7. Die dem Schrittmacher vorgelagerten Prozesse sollten in der Lage sein, „Jedes Teil jeden Tag“ produzieren zu können.

Der Produktionsausgleich beim Schrittmacher-Prozess erfordert von den vorgelagerten Prozessen, dass sie in der Lage sind, alle Produktionstypen an einem Tag zu produzieren. Gemessen wird diese Fähigkeit mit dem „EPEI“ („Every Part Every Intervall“). Der „EPEI“ gibt an, „welchen Zeitraum ein Prozess braucht, um alle Typenvariationen produzieren zu können.“[36] Der „EPEI“ kann folgendermaßen ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Mittels des „EPEI“ kann die optimale Losgröße für die einzelnen Typenvarianten ermittelt werden, in dem der tägliche Kundenbedarf der Variante mit dem „EPEI“-Wert des Prozesses multipliziert wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11 zeigt ein Beispiel für einen Soll-Zustand.

[...]


[1] Vgl. im folgenden [Zahn-95, S.134-143]

[2] [Zahn-95, S. 139]

[3] Vgl. [Woma-90]

[4] [Mein-95]

[5] Vgl. z.B. [Schu-95], [Ever-97], [Adam-93]

[6] [Schu-95 S.1]

[7] Vgl. [Schu-95, S.177]

[8] [Iser-94, S.22]

[9] siehe Glossar

[10] [Zahn-96, S.68]

[11] [Zahn-96, S.68]

[12] Vgl. [Adam-93, S.17]

[13] Vgl. [Schu-95, S.190-193] und [Adam-93, S. 11-14]. In der Literatur wird teilweise das Baustellenprinzip als viertes Fertigungs- und Montageprinzip angeführt. Vgl. diesbezüglich [Ever-97, S.188]

[14] [Adam-93, S.11]

[15] Vgl. [Fast-97, S. 21]

[16] Vgl. [Nyhu-99, S.17-21]

[17] [Nyhu-99, S.17]. Die Auftragszeiten werden über Vorgabewerte ermittelt, da diese meist im PPS-System vorhanden sind, während die tatsächlichen Ausführungszeiten meist nicht erfasst werden. Bezüglich fehlerhafter Vorgabezeiten s. [Nyhu-99, S.244-245].

[18] Vgl. [Nyhu-99, S. 18-19]. Formelübersicht siehe Anhang.

[19] Vgl. [Nyhu-99, S.21-23]

[20] Vgl. [Nyhu-99, S.24-25]

[21] [Nyhu-99, S.24]

[22] Vgl. [Nyhu-99, S.26-31]

[23] Vgl. [Nyhu-99, S.36-38 und 62-90]

[24] Vgl. [Nyhu-99, S.69-81]. Die CNorm Funktion stellt eine Funktion aus der Differentialrechnung zur Verallgemeinerung des Kreises dar. Formel siehe Anhang.

[25] Vgl. [Nyhu-99, S. 162f.] und [Fast-94, S.373-376]

[26] Vgl. [Nyhu-99, S.223ff.], Gläßner, J.: Modellgestütztes Controlling der beschaffungslogistischen Prozesskette. Fortschr.-Ber. VDI, Reihe 2, Nr. 337, Düsseldorf, 1995.

[27] Vgl. [Fast-97]

[28] Wertstromdesign wird in den Büchern „Sehen Lernen“ [Roth-00] und „Creating Continous Flow“ [Roth-01] beschrieben. Zum Thema „schlankes Unternehmen“ siehe Glossar.

[29] Grundsätzlich können mit dem Wertstromdesign alle Arten von Wertströmen erfasst werden, also auch außerhalb der Produktion.

[30] Vgl. [Roth-00, S.13-31]

[31] siehe auch Anhang: Symbole des Wertstromdesigns

[32] Vgl. [Roth-00, S. 19-21]

[33] Vgl. [Roth-00, S.41-54]

[34] Synonym zum Begriff Kundentakt wird auch der Begriff Taktzeit verwendet.

[35] [Vahr-94, S.287]. Vgl. auch [Enge-00, S.34-36]

[36] [Roth-00, S.54]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832462826
ISBN (Paperback)
9783838662824
DOI
10.3239/9783832462826
Dateigröße
850 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
wertstromdesign lean production fertigungskennlinie betriebskennlinien controlling
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Titel: Überprüfung der Einsatzmöglichkeit von Produktionskennlinien als Instrument des Produktions-Controlling bei Wertstromoptimierten Fertigungen
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