Lade Inhalt...

Entwicklung eines EDV-gestützten Vorgehens zum Erfassen und Bewerten von Schnittstellen bei der Abwicklung schlüsselfertiger Hochbauprojekte

©2002 Diplomarbeit 175 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Die fortschreitende Entwicklung und Spezialisierung in allen Bereichen der Bauwirtschaft und die gleichzeitig gestiegenen Anforderungen an die Funktionalität, Ästhetik und Wirtschaftlichkeit von Gebäuden hat das Bauen zu einem komplexen Beziehungsnetz sich immer mehr beschleunigender Abläufe, Entscheidungen und Handlungen werden lassen. Dies wirkt sich insbesondere in einer zunehmenden Zahl der Projektbeteiligten und ihrer Berührungspunkte bei der Projektabwicklung aus. Damit wachsen die Anforderungen an den Auftraggeber, die Bauabläufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordinieren, zu steuern und zu überwachen.
Der Architekt unterstützt ihn bei diesen Aufgaben, schuldet aber nicht den Erfolg seiner Koordinationsleistungen. Die originären Bauherrenaufgaben werden daher zunehmend durch die schlüsselfertige Vergabe der gesamten Bauleistung und zumindest Teilen der Planung einem Generalunternehmer übertragen. Dieser unterteilt das übernommene Gesamtprojekt und vergibt die einzelnen Teilleistungen an verschiedene Planer und Nachunternehmer. Der Generalunternehmer übernimmt damit auch die Verantwortung für die erfolgreiche Lösung der komplexen Koordinationsaufgaben, die bei der anschließenden sukzessiven Integration der Teilleistungen entstehen.
Die Arbeiten der einzelnen Beteiligten müssen auf das Projektziel ausgerichtet sein und so integriert werden, dass sie sich nahtlos in das Gesamtprojekt einfügen. Dazu ist es notwendig, die gegenseitigen Abhängigkeiten an Schnittstellen zwischen den Beteiligten zu kennen und sie zur Vermeidung von Schnittstellenproblemen entsprechend zu behandeln. Wegen der Komplexität schlüsselfertiger Hochbauprojekte stellt die erfolgreiche Behandlung der Schnittstellen eine wichtige Bedingung für den Projekterfolg des Generalunternehmers dar. Er kann mit den Projektbeteiligten vertragliche und organisatorische Regelungen vereinbaren, um die Schnittstellen beherrschbar zu machen.
Eine Behandlung aller Schnittstellen ist wegen ihrer großen Anzahl bei schlüsselfertigen Hochbauprojekten jedoch nicht zweckmäßig. Vielmehr muss nach genauerer Betrachtung entschieden werden, welche Schnittstellen vorrangig und detaillierter zu regeln sind. Die Entscheidungsgrundlage kann dabei die Bewertung der Schnittstellen nach ihrer Bedeutung für die Projektabwicklung bilden.
Bei der Unterschiedlichkeit der Inhalte, die an Schnittstellen übertragen werden, ist eine aussagekräftige […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6263
Höfeler, Christian: Entwicklung eines EDV-gestützten Vorgehens zum Erfassen und
Bewerten von Schnittstellen bei der Abwicklung schlüsselfertiger Hochbauprojekte
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Aachen, Technische Universität, Diplomarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und Zielsetzung ... 1
2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen ... 3
2.1
Besondere Bedingungen der Bauproduktion... 3
2.2
Projekt und Hochbauprojekt... 5
2.3
Projektbeteiligte... 5
2.3.1
Auftraggeber ... 7
2.3.2
Planungsbeteiligte... 9
2.3.3
Generalunternehmer... 10
2.3.4
Ausführungsbeteiligte ... 11
2.3.5
Träger öffentlicher Belange... 13
2.4
Schlüsselfertiges Bauen... 14
3 Entscheidungstheoretische Grundlagen ... 18
3.1
Entscheidungstheorie und Bewertungstheorie ... 18
3.2
Struktur von Bewertungsproblemen... 19
3.2.1
Bewertungsfeld... 20
3.2.2
Bewertungsfunktion... 23
3.3
Bewertungsverfahren... 24
3.4
Verfahren des Multi Attributive Decision Making... 26
3.4.1
Lexikografische Ordnung... 26
3.4.2
Prävalenzverfahren ... 27
3.4.3
Gewichtete Rangaddition ... 28
3.4.4
Nutzwertanalyse... 29
3.4.5
Analytic Hierarchy Process ... 30
3.4.6
Multi-Attribute Utility Theory ... 33
3.5
Gewichtungsfaktoren... 34
3.5.1
Direkte Gewichtung ... 34
3.5.2
Paarvergleich... 35
4 Schnittstellen... 37
4.1
Begriffsdefinition und -abgrenzung ... 37
4.2
Schnittstellen bei schlüsselfertigen Hochbauprojekten... 38
4.2.1
Externe und interne Schnittstellen ... 40
4.2.2
Generalunternehmer ­ Auftraggeber... 42
4.2.3
Generalunternehmer ­ Planer ... 43
4.2.4
Generalunternehmer ­ Nachunternehmer ...
46
4.2.5
Generalunternehmer ­ Träger öffentlicher Belange ...
47
4.2.6
Planer ­ Planer ... 48
4.2.7
Planer ­ Nachunternehmer ... 49
4.2.8
Planer ­ Träger öffentlicher Belange ... 49
4.2.9
Nachunternehmer ­ Nachunternehmer ...
50
4.2.10
Nachunternehmer ­ Träger öffentlicher Belange ...
50
4.3
Regelungsbedarf ... 51

Inhaltsverzeichnis
II
5 Schnittstellenerfassung ... 54
5.1
Notwendigkeit der Schnittstellenerfassung... 54
5.2
Schnittstellenidentifizierung... 56
5.2.1
Ziel der Schnittstellenidentifizierung ... 56
5.2.2
Projektanalyse... 57
5.3
Schnittstellendarstellung ... 59
5.3.1
Schnittstellenlisten... 59
5.3.2
Projektstrukturplan... 59
5.3.3
Schnittstellenmatrix ... 60
5.4
Veranlassung für die Bewertung von Schnittstellen... 62
6 Konzeption der Schnittstellenbewertung...
63
6.1
Ziel der Schnittstellenbewertung ... 63
6.2
Bewertungsverfahren... 66
6.2.1
Problemstruktur ... 66
6.2.2
Verfahrensauswahl ... 67
6.3
Bewertung nach der Nutzwertanalyse... 69
6.3.1
Ziele und Bewertungskriterien ... 70
6.3.2
Zielwerte ... 74
6.3.3
Gewichtung ... 76
6.3.4
Wertsynthese... 79
6.4
Bewertungsergebnis... 79
6.5
Ablauf der Schnittstellenbewertung... 82
7 Umsetzung der Erfassung und Bewertung im EDV-Programm SMX... 84
7.1
Entwurf des Vorgehens... 84
7.2
Entwicklungsumgebung... 85
7.2.1
Programmiersprachen ... 86
7.2.2
Visual Basic ... 87
7.2.3
Microsoft Excel ... 88
7.3
Implementierung des Vorgehens ... 88
8 Exemplarische Anwendung des EDV-Programms SMX ... 92
8.1
Grundeinstellungen und Aufbau der Schnittstellenmatrix ... 92
8.2
Ermittlung der Gewichtungsfaktoren ... 97
8.3
Schnittstellenerfassung und Schnittstellenbewertung... 99
8.4
Wertsynthese und Schnittstellendarstellung ... 102
9 Zusammenfassung und Ausblick ... 107
Anhang I: Quellcode zum EDV-Programm SMX ... 109
Anhang II: Programmdateien auf CD-ROM... 157
Literaturverzeichnis... 158
Quellenverzeichnis ... 166
Versicherung... 167

Darstellungsverzeichnis
III
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1:
Besondere Bedingungen der Bauproduktion...
3
Darstellung 2:
Gruppen der an Hochbauprojekten Beteiligten ...
6
Darstellung 3:
Planungsbeteiligte... 10
Darstellung 4:
Ausführungsbeteiligte ... 12
Darstellung 5:
Träger öffentlicher Belange... 13
Darstellung 6:
Leistungsumfang drei verschiedener Vertragstypen beim schlüsselfertigen Bauen ...
17
Darstellung 7:
Basiselemente eines Bewertungsproblems ...
19
Darstellung 8:
Übersicht der Verfahren zur Unterstützung von Entscheidungen...
25
Darstellung 9:
Verfahren des Multi Attributive Decision Making...
26
Darstellung 10:
Verfahren zur Ermittlung von Gewichtungsfaktoren ...
34
Darstellung 11:
Schnittstellen zwischen Projektbeteiligten im schlüsselfertigen Hochbau ...
40
Darstellung 12:
Abstimmungsinhalte an Schnittstellen ... 52
Darstellung 13:
Teilschritte der Schnittstellenerfassung... 56
Darstellung 14:
Informationsquellen der Schnittstellenidentifizierung ...
58
Darstellung 15:
Beispiel für eine Schnittstellenmatrix ... 61
Darstellung 16:
Anforderungen an eine Systematik zur Schnittstellenbewertung...
64
Darstellung 17:
Zusammenfassende Bewertung der Verfahren auf Erfüllung der Anforderungen ...
69
Darstellung 18:
Verknüpfung von Abstimmungsinhalten an Schnittstellen und Projektzielgrößen...
72
Darstellung 19:
Hierarchisch gegliedertes Zielsystem der Schnittstellenbewertung...
74
Darstellung 20:
Exponentiell steigende Wertfunktion der Schnittstellenbewertung ...
75
Darstellung 21:
Zusammenhang von Projektzielgrößengewichten und Gewichtungsfaktoren
für Abstimmungsinhalte ... 77
Darstellung 22:
Umrechnung der Projektzielgrößengewichte in Gewichtungsfaktoren für
Abstimmungsinhalte... 78
Darstellung 23:
Beispiel einer ABC-Analyse... 81
Darstellung 24:
Ablaufschema der Schnittstellenbewertung...
82
Darstellung 25:
Ablaufplan des Vorgehens zum Erfassen und Bewerten von Schnittstellen ...
85
Darstellung 26:
Formular ,,Info"... 92
Darstellung 27:
Formular ,,Fortschritt"... 93
Darstellung 28:
Schnittstellenmatrix im EDV-Programm SMX ...
94
Darstellung 29:
Symbolleiste im EDV-Programm SMX mit Menü ,,Einstellungen" ...
95
Darstellung 30:
Formular ,,Projektbeteiligte" ... 96
Darstellung 31:
Formular ,,Matrix-Ansicht" ... 97
Darstellung 32:
Formular ,,Gewichtung"... 98
Darstellung 33:
Auswahl der Verknüpfung im Formular ,,Gewichtung"...
99
Darstellung 34:
Formular ,,Schnittstelle" ... 100
Darstellung 35:
Formular ,,Schnittstelle" für die Schnittstelle zwischen den Nachunternehmern
für Beton-/Stahlbetonarbeiten und Estricharbeiten... 102
Darstellung 36:
Matrix-Ansicht nach Erfassung und Bewertung im Fallbeispiel ... 103
Darstellung 37:
Matrix-Ansicht für ein schlüsselfertiges Hochbauprojekt mit 53 Projektbeteiligten... 104
Darstellung 38:
Ausschnitt der Text-Datei ,,SMX.doc" nach Erfassung und Bewertung
im Fallbeispiel... 105
Darstellung 39:
Liste der erfassten Schnittstellen in der Text-Datei ,,SMX.doc" ... 105

Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
AG... Auftraggeber
Abs... Absatz
AHP ...
Analytic Hierarchy Process
ATV...
Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen
Aufl... Auflage
BauGB ... Baugesetzbuch
BauO NW...
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Bd ... Band
Begr... Begründer
ber... berichtigt
BGB... Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl... Bundesgesetzblatt
DIN...
Deutsches Institut für Normung
Ed ... Editor
EDV... elektronische
Datenverarbeitung
EN ...
Europäisches Komitee für Normung
geänd ... geändert
GU ... Generalunternehmer
H... Heft
HOAI...
Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
Hrsg ... Herausgeber
hrsg ... herausgegeben
ISO ...
International Organization for Standardization
Jg... Jahrgang
MADM ...
Multi Attributive Decision Making
MAUT ...
Multi-Attribute Utility Theory
MODM...
Multi Objective Decision Making
Nr... Nummer
NU ... Nachunternehmer
o. V...
ohne Verfasser
o. Verl ...
ohne Verlag
ÖPNV... öffentlicher
Personennahverkehr
Rdn... Randnummer
S... Seite
SMX ... EDV-Programm
,,Schnittstellen-Matrix"
TÖB...
Träger öffentlicher Belange
u. a...
und andere
Univ... Universität
URL...
Uniform Resource Locator
VBA...
Visual Basic for Applications
Verl ... Verlag
VO... Verordnung
VOB...
Verdingungsordnung für Bauleistungen
VOL ...
Verdingungsordnung für Leistungen
zugl... zugleich

1 Problemstellung und Zielsetzung
1
1 Problemstellung und Zielsetzung
Die fortschreitende Entwicklung und Spezialisierung in allen Bereichen der Bauwirtschaft und
die gleichzeitig gestiegenen Anforderungen an die Funktionalität, Ästhetik und Wirtschaftlichkeit
von Gebäuden hat das Bauen zu einem komplexen Beziehungsnetz sich immer mehr
beschleunigender Abläufe, Entscheidungen und Handlungen werden lassen. Dies wirkt sich
insbesondere in einer zunehmenden Zahl der Projektbeteiligten und ihrer Berührungspunkte bei
der Projektabwicklung aus. Damit wachsen die Anforderungen an den Auftraggeber, die Bauab-
läufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordinieren, zu steuern und zu
überwachen.
Der Architekt unterstützt ihn bei diesen Aufgaben, schuldet aber nicht den Erfolg seiner Koordi-
nationsleistungen. Die originären Bauherrenaufgaben werden daher zunehmend durch die
schlüsselfertige Vergabe der gesamten Bauleistung und zumindest Teilen der Planung einem
Generalunternehmer übertragen. Dieser unterteilt das übernommene Gesamtprojekt und vergibt
die einzelnen Teilleistungen an verschiedene Planer und Nachunternehmer. Der Generalunter-
nehmer übernimmt damit auch die Verantwortung für die erfolgreiche Lösung der komplexen
Koordinationsaufgaben, die bei der anschließenden sukzessiven Integration der Teilleistungen
entstehen.
Die Arbeiten der einzelnen Beteiligten müssen auf das Projektziel ausgerichtet sein und so
integriert werden, dass sie sich nahtlos in das Gesamtprojekt einfügen. Dazu ist es notwendig, die
gegenseitigen Abhängigkeiten an Schnittstellen zwischen den Beteiligten zu kennen und sie zur
Vermeidung von Schnittstellenproblemen entsprechend zu behandeln. Wegen der Komplexität
schlüsselfertiger Hochbauprojekte stellt die erfolgreiche Behandlung der Schnittstellen eine
wichtige Bedingung für den Projekterfolg des Generalunternehmers dar. Er kann mit den
Projektbeteiligten vertragliche und organisatorische Regelungen vereinbaren, um die
Schnittstellen beherrschbar zu machen.
Eine Behandlung aller Schnittstellen ist wegen ihrer großen Anzahl bei schlüsselfertigen Hoch-
bauprojekten jedoch nicht zweckmäßig. Vielmehr muss nach genauerer Betrachtung entschieden
werden, welche Schnittstellen vorrangig und detaillierter zu regeln sind. Die Entscheidungs-
grundlage kann dabei die Bewertung der Schnittstellen nach ihrer Bedeutung für die Projekt-
abwicklung bilden.
Bei der Unterschiedlichkeit der Inhalte, die an Schnittstellen übertragen werden, ist eine aussage-
kräftige Schnittstellenbewertung nur mit einer systematischen Methode und eindeutig definierter
Bewertungskriterien durchzuführen. Zudem ist bei der großen Anzahl der Projektbeteiligten im
schlüsselfertigen Hochbau der unterstützende Einsatz der EDV sinnvoll.

1 Problemstellung und Zielsetzung
2
Ziel dieser Arbeit ist deshalb die Entwicklung eines EDV-Programms, das
T
die Erfassung der Schnittstellen bei schlüsselfertigen Hochbauprojekten unterstützt und den
jeweiligen Regelungsbedarf dokumentiert,
T
die Bewertung der Schnittstellen auf der Basis eines rationalen Bewertungsverfahrens mit
definierten Methoden und Kriterien ermöglicht,
T
die erfassten Schnittstellen einschließlich des Bewertungsergebnisses übersichtlich darstellt
und das Erkennen wichtiger Schnittstellen erleichtert.
Dazu soll zunächst die Erfassung der Schnittstellen untersucht und danach eine Konzeption der
Schnittstellenbewertung entwickelt werden. Diese beiden Punkte werden zu einem
systematischen Vorgehen zur Schnittstellenerfassung und -bewertung verbunden. Durch die
Unterteilung des Vorgehens in Funktionen wird im Anschluss daran seine Implementierung in
EDV-gestützte Prozesse erreicht und damit die Umsetzung in ein EDV-Programm ermöglicht.
Die marktreife Entwicklung einer entsprechenden Software wäre nur mit professionellen
Programmierkenntnissen und der Verwendung sehr komplexer Datenbanksysteme zu realisieren.
Sie ist nicht Thema der Diplomarbeit. Dagegen wurde das EDV-Programm SMX im Sinne eines
Prototyps in Hauptfunktionen entwickelt, um die Durchführbarkeit des EDV-gestützten Vor-
gehens zum Erfassen und Bewerten von Schnittstellen in der Praxis zu überprüfen.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
3
2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
Im Unterschied zur Produktion anderer Industriezweige, insbesondere der stationären indus-
triellen Fertigung, unterliegt die Erstellung von Bauleistungen besonderen Zwängen, die sich aus
der Art und dem Ablauf der Bauproduktion ergeben. Die Gestaltung des Vertrags zwischen
Auftraggeber und Auftragnehmer sowie die Projektorganisation müssen diesen Bedingungen in
besonderer Weise Rechung tragen.
Dieses Kapitel verdeutlicht die besonderen Bedingungen bei der Abwicklung von Bauprojekten
und definiert die Begriffe Projekt und Hochbauprojekt. Es gibt darüber hinaus einen Überblick
über die Projektbeteiligten im schlüsselfertigen Hochbau und erläutert die drei charakteristischen
Formen der Vertragsgestaltung beim schlüsselfertigen Bauen.
2.1 Besondere Bedingungen der Bauproduktion
Drei wesentliche Besonderheiten im Vergleich zu Produktionsbedingungen anderer Industrie-
zweige sind für die Bauproduktion kennzeichnend.
Darstellung 1: Besondere Bedingungen der Bauproduktion
1
Die erste Besonderheit besteht darin, dass Baubetriebe Bereitschaftsbetriebe sind. Sie fertigen
ihre Produkte auf Bestellung. Der Auftraggeber bestimmt in jedem Einzelfall, mit welchen Eigen-
schaften das Endprodukt versehen ist. Durch die Vorgabe von Anfangs- und Endterminen,
quantitativen Größen und eines limitierten Kostenrahmens wird die Produktplanung maßgeblich
von Seiten des Auftraggebers beeinflusst und begrenzt. Die Planungsfristen, besonders die Zeiten
für Ausführungsplanungen, sind im Vergleich zur Entwicklung industrieller Produkte extrem
kurz bemessen. Die nähere Definition der Qualitätsvorgaben durch den Auftraggeber wird häufig
1
In Anlehnung an Dornbusch, Johannes, Wirtschaftslehre, 2001, S. 7.
Preisbildung vor Produktionsbeginn
Nicht-stationäre Einzelfertigung
Produktion auf Bestellung
immer neue Projektbeteiligte
immer neuer Produktionsstandort
immer neue Randbedingungen

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
4
erst im Zuge der Beauftragung durchgeführt. Diese Trennung von Produktplanung und Produkt-
fertigung hat für die Bauproduktion weitreichende Folgen.
2
Die Bauproduktion ist geprägt durch eine nichtstationäre Einzelfertigung. Dieses ist die zweite
Besonderheit im Vergleich zu Produktionsbedingungen anderer Industriezweige. Wegen des
Einmaligkeitscharakters des zu erstellenden Bauwerks und des immer neuen Produktionsstand-
orts sind Aufgabenstellung, Randbedingungen und Zielvorgaben ohne bekanntes Beispiel. Jedes
Bauvorhaben ist von Besonderheiten des Baugrundes und des umgebenden Baubestandes, von
jahreszeitlich unterschiedlichen Witterungsbedingungen, wechselnden Grundwasserständen und
anderen im Voraus schwer überschaubaren Randbedingungen abhängig. Erfahrungen aus abge-
wickelten Projekten lassen sich daher nur bedingt einbringen.
In übergeordnetem Zusammenhang ist ein Bauvorhaben im Hinblick auf ein einzelnes Endpro-
dukt, dem fertigen Bauwerk, durchzuführen. Bei der Bauproduktion handelt es sich jedoch nicht
um einen homogenen Fertigungsvorgang, sondern um einen ,,Maßnahmenkomplex"
3
, um vielfäl-
tige und differenzierte Vorgänge, die ganzheitlich zu delegieren, organisieren und koordinieren
sind. Die arbeitsteilige Erfüllung der Leistungen obliegt einer Gruppe von Planenden bzw. Aus-
führenden, die in gleicher Zusammensetzung zuvor in aller Regel nicht an einem Projekt
miteinander gearbeitet haben.
4
Selten treffen die gleichen Architekten, Fachingenieure und
Genehmigungsbehörden oder Nachunternehmer und Lieferanten in einer Planungsphase wieder
zusammen. Selbst wenn ein weiteres Projekt einem vorangegangenen stark gleicht, wird einer der
Beteiligten spätestens in der Ausführungsphase neu zum Kreis der Projektbeteiligten hinzu-
kommen.
5
Die dritte Besonderheit der Bauproduktion ist schließlich durch die Preisbildung vor Produkti-
onsbeginn gekennzeichnet. Der Preis für ein Bauwerk muss vor der Angebotsabgabe festgelegt
werden. Damit erfolgt die Preisbildung, noch bevor genaue Informationen über den Bauablauf
und andere Randbedingungen bekannt sind. Infolge der langen Projektlaufzeiten ändern sich
nicht selten die von Bauherren und Nutzern angestrebten Produkteigenschaften, die Kostenrela-
tionen sowie die allgemeinen Wirtschaftsbedingungen während der Herstellungszeit. Diesen
Einflüssen muss bei einer Angebotsbearbeitung Rechnung getragen werden, da sie sich erheblich
auf den Preis des Bauwerks auswirken können. Eine möglichst frühzeitige und exakte Kosten-
ermittlung ist deshalb für den Baubetrieb von zentraler Bedeutung.
Diese besonderen Bedingungen der Bauproduktion führten in der Vergangenheit zur traditionel-
len Struktur des Bauens und der Bauwirtschaft. Eine bauliche Anlage wird mittels arbeitsteiliger
Leistungen ­ oft durch lokale Unternehmungen ­ geplant und erstellt. Auf diese Arbeitsteilung
ist die Entstehung zahlreicher Spezialunternehmen zurückzuführen.
2
Beispielsweise für die Unternehmensorganisation der Baubetriebe und deren Kapazitätsrisiken.
3
Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 27
4
Man spricht bei diesem immer neuen Projektteam auch von einer ,,ad hoc-Gesellschaft", vgl. ebenda.
5
Vgl. Klärner, Erich/Schwörer, Albert, Qualitätssicherung, 1992, S. 15.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
5
2.2 Projekt und Hochbauprojekt
Der Begriff Projekt leitet sich vom lateinischen Wort ,,proicere" ab, das in etwa mit ,,werfen"
oder ,,vorwärts werfen" übersetzt werden kann.
6
Nach der Norm DIN 69901
7
ist ein Projekt definiert als ein ,,Vorhaben, das im Wesentlichen
durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B:
T
Zielvorgabe,
T
zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen,
T
Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben,
T
projektspezifische Organisation."
8
Es werden verschiedene Projektarten differenziert. Geläufig ist die Unterscheidung nach
Investitionsprojekten, Forschungs-/Entwicklungsprojekten und Organisationsprojekten.
9
Diese
Projektarten unterscheiden sich nicht nur in ihren Inhalten voneinander, sondern auch und vor
allem in ihren Freiheitsgraden bei Zielen, Zeit, Ressourcen und Kosten. Projekte im Bauwesen
sind grundsätzlich den Investitionsprojekten zuzuordnen. In der Regel haben solche Projekte fest
umrissene Ziele sowie fixierte Zeit- und Kostenrahmen. Allein die Ressourcen sind variabel.
Hochbauprojekte können demnach als zeitlich und leistungsmäßig abgegrenzte Gesamtaufgabe
beschrieben werden, die ein nutzungsbereites Hochbauobjekt zum Ziel haben.
10
Die Aufgabenin-
halte umfassen die Planung, Erstellung bzw. Veränderung und Inbetriebsetzung des Objekts
unter den besonderen Bedingungen der Bauproduktion.
11
Dabei ist das Bauprojekt als ein ,,offenes, dynamisches, sozio-technisches System"
12
mit
Beziehungen zu seiner Umwelt zu verstehen. Dieses Bauprojektsystem umfasst das Bauvorhaben
an sich und darüber hinaus die Bauprojektorganisation sowie die entsprechenden Tätigkeiten der
Gestaltung des Bauwerks und des Projektmanagements.
2.3 Projektbeteiligte
Die Beteiligten an Hochbauprojekten lassen sich im Wesentlichen in folgende drei Gruppen
gliedern:
13
T
Auftraggeber
T
Planungsbeteiligte
6
Vgl. Scheifele, Daniel R., Bauprojektablauf, 1991, Anhang, S. 11. Daher heißt Projekt auch Wurf oder Entwurf, wenn damit ein Plan, ein
gedankliches Vorhaben gemeint ist; vgl. Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 26.
7
DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (Hrsg.), DIN 69901, 1987.
8
S. ebenda.
9
Vgl. Greiner, Peter/Mayer, Peter/Stark, Karlhans, Baubetriebslehre, 2000, S. 2 ff. in Übereinstimmung mit RKW Rationalisierungs-Kuratorium der
Deutschen Wirtschaft e.V. (Hrsg.), Projektmanagement-Fachmann, 1994.
10
Vgl. Berger, Rudolf, Bauprojektkosten, 1988, S. 12.
11
Zu den besonderen Bedingungen der Bauproduktion vgl. Kapitel 2.1.
12
Scheifele, Daniel R., Bauprojektablauf, 1991, Anhang, S. 25 zitiert aus Burger, Rudolf, Bauprojektorganisation, 1985.
13
Eine ähnliche Einteilung nimmt Sommer, Hans, Projektmanagement, 1998 vor; anderer Ansicht sind Matzke, Martin, Leistungsbeziehungen,
2000, S. 15 f. und Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 115 f. Sie ergänzen diese vier Gruppen um Zulieferer bzw. Nutzer und Rechtsbe-
rater. Diese werden in der vorliegenden Gliederung jedoch umfasst von den Sphären der Ausführungsbeteiligten bzw. des Auftraggebers und
der Planungsbeteiligten.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
6
T
Ausführungsbeteiligte
Den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend sind zusätzlich Behörden und Träger öffentlicher
Belange einzuschalten, mit denen über die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens zu verhan-
deln ist.
Darstellung 2: Gruppen der an Hochbauprojekten Beteiligten
Der Auftraggeber kann durch eine Einzelperson, aber auch durch verschiedenartige Organisati-
onen mit unterschiedlichsten Zielsetzungen und Kompetenzen repräsentiert werden. Er stellt die
Bauaufgabe und formuliert das Leistungsprogramm, wozu bei größeren und komplexeren Pro-
jekten Berater hinzugezogen werden.
Planer und Berater, die Planungsbeteiligten, setzen das Leistungsprogramm in eine standort-
bezogene Objektplanung um und erstellen die notwendigen Pläne, Berechnungen und
Leistungsverzeichnisse. Außerdem überwachen sie im Regelfall die fachgerechte Ausführung der
Bauleistungen. Ihre Vergütung richtet sich nach der Honorarordnung für Architekten und
Ingenieure (HOAI)
14
.
14
Vgl. die Textausgabe der HOAI in Werner, Ulrich (Hrsg.), VOB/HOAI, 2001, S. 207-377.
Planungs-
beteiligte
Ausführungs-
beteiligte
Auftraggeber
Projekt
Träger öffentlicher Belange

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
7
Die Ausführungsbeteiligten realisieren die in den Plänen und Leistungsverzeichnissen definierte
Bauaufgabe. Sie erhalten für die Erbringung ihrer Leistung eine Einzel- oder Pauschalvergütung.
Ihren Verträgen wird neben dem Werkvertragsrecht überwiegend die Verdingungsordnung für
Bauleistungen (VOB)
15
zugrunde gelegt.
Zu den Trägern öffentlicher Belange zählen neben den Genehmigungsbehörden auch Ver- und
Entsorgungsunternehmen, Umweltschutzbehörden und Privatinitiativen. Die Bauausführung
kann erst beginnen, wenn die zuständigen Genehmigungsbehörden Pläne und Berechnungen
freigegeben haben. Diese Genehmigungsprozesse können bei größeren Bauvorhaben zu äußerst
zeit- und kostenintensiven Verfahren werden, insbesondere wenn keine gültigen Bebauungspläne
vorliegen oder diese geändert werden sollen. In diesen Fällen steigt die Anzahl der zu beteiligen-
den Träger öffentlicher Belange stark an.
Im Folgenden werden die wesentlichen Erscheinungsformen der Projektbeteiligten kurz dar-
gestellt und deren unterschiedliche Aufgabenstellungen bei der Projektabwicklung im schlüssel-
fertigen Hochbau skizziert.
2.3.1 Auftraggeber
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
16
, welches das private Baurecht regelt, wird der Auftraggeber
als Besteller bezeichnet. Er ist nach § 631 Abs. 1 BGB zur Entrichtung der vereinbarten Vergü-
tung verpflichtet.
17
In den Landesbauordnungen, die Teil des öffentlichen Baurechts sind, wird
der Bauherr als derjenige beschrieben, ,,der auf seine Verantwortung eine bauliche Anlage vorbe-
reitet oder ausführt oder vorbereiten oder ausführen lässt"
18
. Zu unterscheiden ist zwischen
öffentlichen und privaten Auftraggebern.
Öffentliche Auftraggeber sind beispielsweise Bund, Länder, Gemeinden und deren Verwal-
tungen, aber auch Unternehmen aus dem Bereich der Trinkwasser- und Energieversorgung sowie
des Verkehrs- und Fernmeldewesens. Nichtöffentliche Auftraggeber, deren Bauvorhaben zu
mehr als 50 % mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, gelten ebenso als öffentliche Auftrag-
geber.
19
Öffentliche Auftraggeber sind durch die Bundeshaushaltsordnung, Landeshaushaltsord-
nungen und Gemeindehaushaltsordnungen zur Anwendung der VOB/A verpflichtet, die die
Vergabe von Bauleistungen regelt.
Private Auftraggeber können Einzelpersonen oder Unternehmen sein, welche ein Bauvorhaben
für die eigene Nutzung, als Anlage- oder Renditeobjekt insbesondere im Wohnungsbau und
gewerblichen Hochbau in Auftrag geben. Private Auftraggeber können die VOB/A freiwillig
anwenden. Da die VOB/A zahlreiche Einschränkungen und Vorgaben macht, wird sie jedoch in
den seltensten Fällen Vertragsbestandteil von privaten Bauverträgen.
20
15
Vgl. zum Originaltext der VOB auch Werner, Ulrich (Hrsg.), VOB/HOAI, 2001, S. 1-171. Die Teile A, B und C der VOB werden nachfolgend
als VOB/A, VOB/B und VOB/C bezeichnet. Zum Inhalt der einzelnen Teile vgl. Kapitel 2.4.
16
Vgl. die Textausgabe des BGB in Palandt, Otto (Hrsg.), BGB, 2001.
17
Vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 48.
18
§ 57 BauO NW. Vgl. die Textausgabe der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in Rehborn, Helmut (Hrsg.), BauO NW, 2000.
19
Vgl. Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 102 ff; ebenso Cadez, Ivan, Risikowertanalyse, 1998, S. 19 f.
20
Wichtiger Grund ist, dass gem. § 24 Nr. 3 VOB/A eine Verhandlung über Änderung der Preise unstatthaft ist; vgl. Cadez, Ivan,
Risikowertanalyse, 1998, S. 20.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
8
In der Sprachregelung der VOB wird der Bauherr als Auftraggeber bezeichnet, wenn er die
Bauleistung nicht selbst ausführt.
21
Die VOB/B regelt seine Haupt- und Nebenpflichten, auf die
in Kapitel 4.2.2 näher eingegangen wird. Einen Teil dieser Pflichten kann der Auftraggeber an
andere Projektbeteiligte abtreten, die ihn in der Wahrnehmung dieser Pflichten vertreten. Speziell
bei großen und komplexen Bauprojekten zieht der Bauherr daher, abhängig von der Art des
Bauvorhabens und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, weitere Beteiligte hinzu. Die Gruppe des
Auftraggebers setzt sich demnach aus einem Teil oder allen der im Folgenden aufgeführten
Projektbeteiligten zusammen.
T
Bauherr/Eigentümer/Investor
Der Bauherr ist der Veranlasser einer Baumaßnahme. Nach den Landesbauordnungen ist er dafür
verantwortlich, dass die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspricht. Darüber hinaus
hat er für genehmigungsbedürftige Maßnahmen einen Entwurfsverfasser und einen Unternehmer
zu bestellen
22
, teilweise auch noch einen Bauleiter.
Als Bauherren kommen beispielsweise Verwaltungen der öffentlichen Hand, Sparkassen, Banken,
Unternehmen der Versicherungswirtschaft, der Industrie, des Handels, der Bau- und Wohnungs-
wirtschaft und private Investoren in Frage.
23
Der Bauherr stellt das Kapital und eventuell ein
Grundstück für die Immobilieninvestition aus eigenen Mitteln oder fremdfinanziert zur Verfü-
gung. Er erhält die erwirtschafteten Erträge aus der Immobilie, die sich nach Abzug der Vergü-
tung für alle an der Erstellung, Vermarktung und dem Betrieb Beteiligten ergeben.
T
Projektentwickler/Initiator/Developer
Der Projektentwickler hat die Idee für das Projekt, sucht das Grundstück, beschafft die Mieter
und den Investor und bereitet die Realisierung einschließlich der Erbringung der Baugeneh-
migung vor. Die Beschaffung des Grundstücks geht dabei häufig der Projektidee voraus. Der
Projektentwickler bringt das Angebot an Grundstücken und die Nachfrage nach Immobilien
zusammen. Grundstückssuche und Mieterbeschaffung werden von ihm oft in Zusammenarbeit
mit Immobilienmaklern durchgeführt. Bei der Planungsvorbereitung, der Beschaffung der
notwendigen Genehmigungen sowie der Überwachung in der Realisierungsphase setzt er eigene
oder fremde Projektmanager ein.
24
T
Nutzer/Mieter/Betreiber
Große und komplexe Bauvorhaben sind in der Regel sehr auf die Eigenarten der späteren Nut-
zung ausgerichtet. Diese Bedingung erfordert die eingehende Beteiligung der späteren Nutzer
oder Betreiber bei der Planung und Ausführung. Das gilt vor allem für den Innenausbau, da er
auf die speziellen Bedürfnisse des Nutzers zugeschnitten wird. Dieser entscheidet mit seinem
Urteil über den späteren Gebrauchswert, einen wesentlichen Zielbestandteil des Objekts. Für die
21
Vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 71 f.
22
Für das Bundesland Nordrhein-Westfalen s. beispielsweise § 57 Abs. 1 BauO NW.
23
Vgl. Sommer, Hans, Projektmanagement, 1998, S. 7.
24
Die Projektentwicklung wird auch als ,,Projektgeschäft" bezeichnet; vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 281.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
9
Nutzung der Immobilie hat der Nutzer ein Entgelt, die Miete, zu bezahlen.
25
Bei einem aktiven
Geschäftsbetrieb spricht man von einem Betreiber.
26
T
Projektsteuerer/Projektmanager/General Manager
Schwerpunkt der Aufgabe des Projektsteuerers ist die Umsetzung der Programm- und Planungs-
vorgaben des Bauherrn. Diese ergeben sich aus der gewählten Vermarktungsstrategie und müssen
in funktionaler, wirtschaftlicher und bautechnischer Hinsicht optimiert und durch Planungs- und
Ausführungsbeteiligte umgesetzt werden.
27
Der Projektsteuerer hat einen Gebäudestandard zu
definieren und auf dieser Basis einen Kosten- und Terminrahmen festzulegen. Das Controlling
und die Einhaltung von Kosten und Terminen hat er durch geeignete Verfahren unabhängig von
der Vergabestrategie sicherzustellen, den Auftraggeber über alle Abweichungen zu informieren
und die notwendigen Entscheidungen herbeizuführen. In der Regel vertritt der Projektsteuerer
den Bauherrn gegenüber allen anderen an der Planung und Ausführung Beteiligten und zieht den
Bauherrn selbst nur in wichtigen Entscheidungsfällen hinzu.
28
2.3.2 Planungsbeteiligte
Die Planungsbeteiligten setzen die Vorgaben des Auftraggebers um. Sie beschreiben das Bau-
projekt mit den notwendigen Plänen, Berechnungen und ergänzenden Unterlagen. Dazu
übernehmen Planer teilweise die örtliche Überwachung der Bauausführung. Ihre Gruppe umfasst
folgende Projektbeteiligte:
T
Architekten
29
erbringen bei Hochbauten die Objektplanung nach § 15 HOAI.
T
Sonderfachleute
30
haben als Fachplaner ebenfalls ein in der HOAI definiertes Leistungsbild.
Sie erstellen ihre Planung eigenverantwortlich, haben aber gleichzeitig entsprechende Mitwir-
kungspflichten bei der Abwicklung des Gesamtprojekts.
T
Berater und Gutachter werden im Einzelfall je nach Bedarf beauftragt. Gutachter sind Ingeni-
eure oder Spezialisten, die für Bauphysik, Bodengutachten, Vermessung und Ähnliches hinzu-
gezogen werden. Anders als die Fachplaner werden sie in der Regel nur punktuell für be-
stimmte Problemstellungen eingeschaltet. Je nach Bedarf kann auch eine Fülle von Beratern
für das Bauprojekt tätig werden. Die Spanne reicht vom Steuerberater über den Rechtsberater
bis zum Berater für betriebliche Abläufe und Nutzungstechniken.
31
Darstellung 3 zeigt die an komplexen Hochbauprojekten besonders häufig beteiligten Planer.
Diese Auflistung muss im Einzelfall noch um weitere Berater und Gutachter ergänzt werden.
32
25
Zu Einzelheiten s. §§ 535-580 BGB.
26
Beispielsweise der Betrieb eines Hotels, Kaufhauses oder Theaters.
27
Projektmanagement ist nach DIN 69901 die ,,Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisationen, -techniken und -mitteln für die Abwick-
lung eines Projektes"; s. DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (Hrsg.), DIN 69901, 1987; vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 281.
28
Vgl. Sommer, Hans, Projektmanagement, 1998, S. 8.
29
Der Architekt wird in der HOAI als ,,Objektplaner" bezeichnet.
30
Der Begriff Sonderfachleute umfasst alle als ,,Fachplaner" bezeichneten Planer und Ingenieure.
31
Vgl. Greiner, Peter/Mayer, Peter/Stark, Karlhans, Baubetriebslehre, 2000, S. 217.
32
Eine Liste der Berater und Gutachter enthält beispielsweise Diederichs, Claus J., Organisationshandbuch, 1994, S. 77 ff.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
10
Darstellung 3: Planungsbeteiligte
33
Die große und durch fortschreitende Spezialisierung der einzelnen Fachgebiete wachsende
Anzahl von Planungsbeteiligten ist mit erheblichen Koordinierungsleistungen, auch inhaltlicher
Art, für den Auftraggeber verbunden. Dieser Umstand führt zunehmend zum Einsatz von
Generalplanern.
Der Generalplaner erbringt die gesamte Planungsleistung mit eigenen oder von ihm beauftragten
Planern, Sachverständigen und Beratern. Seine Vertragsleistung enthält gewöhnlich ein Leis-
tungsspektrum im Sinne der HOAI, ergänzt um weitere Leistungen von Sonderfachleuten, soweit
es ihrer Mitwirkung bedarf. Er ist der für die Planung alleinverantwortliche Vertragspartner des
Auftraggebers.
34
Im schlüsselfertigen Hochbau sind die Planer teils Erfüllungsgehilfen
35
des Auftraggebers, teils
des Generalunternehmers. Diese Unterscheidung richtet sich nach der Vertragsgestaltung des
Generalunternehmervertrags, die in Kapitel 2.4 behandelt wird.
2.3.3 Generalunternehmer
Der Wunsch des Auftraggebers nach Kostensicherheit durch eine pauschale Vergütung bei
gleichzeitig reduziertem eigenem Koordinationsaufwand hat zur Entwicklung des Generalunter-
nehmers geführt. Der Generalunternehmer schließt mit dem Auftraggeber einen General-
unternehmervertrag ab, der ein Schlüsselfertigbau-Vertrag
36
ist. In ihm übernimmt er je nach
Vertragsgestaltung die schlüsselfertige Erstellung der gesamten Bauleistung und zumindest Teile
der Planung. Er trägt die Verantwortung für einen ungestörten Bauablauf und die
33
In Anlehnung an die Leistungsbilder der HOAI.
34
Vgl. Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 125 f.
35
Das BGB definiert den Erfüllungsgehilfen als denjenigen, der ,,nach den tatsächlichen Umständen mit dem Willen eines anderen bei der
Erfüllung einer diesem obliegenden Verpflichtung als dessen Hilfsperson tätig wird"; s. § 278 BGB. Mit den Erfüllungsgehilfen sind je nach
Vertragsgestaltung beim Auftraggeber die Planer und beim Generalunternehmer die Planer und Nachunternehmer gemeint. Berater, Gut-
achter und ähnliche Beteiligte bei Auftraggeber und Generalunternehmer werden nicht berücksichtigt, da sie nicht Planungs- oder Bauleistun-
gen erbringen. Vgl. dazu auch Kapellmann, Klaus D./Langen, Werner, VOB/B, 2001, Rdn. 4.
36
Zum Schlüsselfertigbau-Vertrag vgl. Kapitel 2.4.
Architekt
Ingenieur für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau
Ingenieur für Wärmeversorgungs-,
Brauchwassererwärmungs- und Raumlufttechnik
Ingenieur für Gas-, Wasser-, Abwasser-
und Feuerlöschtechnik
Ingenieur für Elektrotechnik
Ingenieur für Fassadentechnik
Ingenieur für Tragwerksplanung
Ingenieur für thermische Bauphysik, Schallschutz
und Raumakustik
Ingenieure für spezielle Technische Ausrüstung
Ingenieur für Vermessungstechnik

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
11
Gewährleistungsverpflichtung. Der Auftraggeber hat ­ im Einzelfall von Architekten und
Sonderfachleuten abgesehen ­ nur einen Vertragspartner.
37
In der Regel erbringt der Generalunternehmer allenfalls Teile der Bauleistung selbst
38
und vergibt
die übrigen Leistungen an Nachunternehmer, die die Ausführung selbständig und eigen-
verantwortlich übernehmen. Diese haben keine Rechtsbeziehung zum Auftraggeber des General-
unternehmers. Der Generalunternehmer ist ihr Auftraggeber. Die Haftung und Gewährleistung
der Nachunternehmer richtet sich nach dem zwischen ihnen und dem Generalunternehmer
geschlossenen Vertrag. Dabei ist für diese Verträge gemäß § 4 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B die VOB
zugrunde zu legen, wenn sie Vertragsbestandteil des Generalunternehmervertrags ist. Darüber
hinaus regelt § 4 Nr. 8 Abs. 1 VOB/B, dass es zum Nachunternehmereinsatz nur dann der
Zustimmung des Auftraggebers bedarf, wenn der Generalunternehmer die vergebenen Arbeiten
auch hätte selbst ausführen können.
Der Generalunternehmer übernimmt das in der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunter-
nehmer liegende Preis- und Terminrisiko sowie die komplexen Koordinationsaufgaben bei der
Abwicklung des Bauprojekts.
39
2.3.4 Ausführungsbeteiligte
Ausführungsbeteiligte übernehmen die Ausführung von Bauleistungen. Auf ihre Verträge wird
das BGB angewandt, wenn keine anders lautenden Regelungen getroffen werden. In der über-
wiegenden Mehrzahl der Bauleistungsverträge mit den Ausführungsbeteiligten wird jedoch die
VOB/B vereinbart. Sie stellt Allgemeine Geschäftsbedingungen dar.
40
Bauleistungen werden in der Regel nach Fachgebieten vergeben. Diese gliedern sich nach den
Gewerbezweigen der Bauwirtschaft in Gewerke. Für Hochbauprojekte lassen sich grob die
folgenden Fachgebiete unterscheiden:
T
Erd- und Rohbauarbeiten
T
Technische Gebäudeausrüstung
T
Dach-, Fassade- und Ausbauarbeiten
Die einzelnen Gewerke werden in der VOB/A als Fachlose
41
und im Bereich des Standard-
leistungsbuches
42
als Leistungsbereiche bezeichnet. Sie entsprechen überwiegend der Einteilung
der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) in den Normen
DIN 18300 bis DIN 18451 der VOB/C.
Darstellung 4 gibt einen Überblick der Erd- und Rohbaugewerke, der Gewerke der Technischen
Gebäudeausrüstung sowie der Dach-, Fassade- und Ausbaugewerke mit Bezug auf die Normen
der VOB/C.
37
Vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 164.
38
Häufig sind dies die Rohbauarbeiten.
39
Vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 164; Sommer, Hans, Projektmanagement, 1998, S. 10.
40
Zu Verträgen über Bauleistungen vgl. auch Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 32. Für Ausführungsbeteiligte, deren Leistungen nicht
Bauleistungen sind, regelt die VOL analog zur VOB die Vertragsbedingungen; vgl. dazu Jasper, Ute (Hrsg.), Vergaberecht, 2001.
41
S. dazu § 4 Nr. 3 VOB/A.
42
DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (Hrsg.), Standardleistungsbuch, 1999

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
12
Darstellung 4: Ausführungsbeteiligte
43
Ausführungsbeteiligte sind bei schlüsselfertigen Hochbauprojekten in der Regel als Nachunter-
nehmer
44
Erfüllungsgehilfen des Generalunternehmers. Nachunternehmer ist ein Unternehmer,
der Bauleistungen oder Teile davon ausführt, ohne von einem Bauherrn dazu beauftragt zu sein.
Der Auftraggeber des Nachunternehmers ist der Generalunternehmer und ein Vertragsverhältnis
besteht nur zwischen diesen beiden.
45
Aus diesem Grund haftet der Nachunternehmer nur gegen-
43
In Anlehnung an die Normen DIN 18300 bis DIN 18451 der VOB/C.
44
Auch als ,,Subunternehmer" bezeichnet.
45
Vgl. Kapellmann, Klaus D./Langen, Werner, VOB/B, 2001, Rdn. 4. Dabei ist die VOB vertraglich zu vereinbaren, wenn sie Vertragsbestandteil
des Generalunternehmervertrags ist; vgl. Kapitel 2.3.3; ebenso Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 256.
Erdarbeiten (DIN 18 300)
Baugrubenumschließung und
Wasserhaltungsarbeiten (DIN 18 309)
Entwässerungskanalarb. (DIN 18 306)
Dränarbeiten (DIN 18 308)
Mauerarbeiten (DIN 18 330)
Beton- und Stahlbetonarb. (DIN 18 331)
Abdichtungsarbeiten (DIN 18 336)
Stahlbauarbeiten (DIN18 335)
Korrosionsschutzarbeiten an Stahl- und
Aluminiumbauten (DIN 18 364)
Gerüstarbeiten (DIN 18 451)
Raumlufttechn. Anlagen (DIN 18 379)
Heizanlagen und zentrale Wasser-
erwärmungsanlagen (DIN 18 380)
Gas-, Wasser- und Abwasserinstallationen
(DIN 18 381)
Nieder- und Mittelspannungsanlagen mit
Nennspannungen bis 36 kV (DIN 18 382)
Blitzschutzanlagen (DIN 18 384)
Förderanlagen, Aufzugsanlagen, Fahrtreppen
und Fahrsteige (DIN 18 385)
Gebäudeautomation (DIN 18 386)
Dämmarbeiten an technischen Anlagen
(DIN 18 421)
Naturwerkstein- und Betonwerksteinarbeiten
(DIN 18 332 ­ DIN 18 333)
Zimmer- und Holzbauarbeiten
(DIN 18 334)
Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten
(DIN 18 338)
Klempnerarbeiten (DIN 18 339)
Putz- und Stuckarbeiten, einschl. Trockenbau
(DIN 18 350)
Fassadenarbeiten (DIN 18 351)
Fliesen- und Plattenarbeiten (DIN 18 352)
Estricharbeiten (DIN 18 353)
Gussasphaltarbeiten (DIN 18 354)
Tischlerarbeiten (DIN 18 355)
Parkett- und Holzpflasterarbeiten
(DIN 18 356, DIN 18 367)
Beschlagarbeiten (DIN 18 357)
Rolladenarbeiten, Sonnenschutz und
Verdunkelung (DIN 18 358)
Metallbau- und Verglasungsarbeiten
(DIN 18 360, DIN 18 361)
Maler- und Lackierarbeiten, Tapezierarbeiten
(DIN 18 363, DIN 18 366)
Bodenbelagarbeiten (DIN 18 365)
Erd- und Rohbauarbeiten
Techn. Gebäudeausrüstung
Dach-, Fassade- u. Ausbauarbeiten

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
13
über seinem Auftraggeber und nicht gegenüber dem Bauherrn für die Einhaltung seiner
Leistungs- und Gewährleistungsverpflichtungen.
2.3.5 Träger öffentlicher Belange
An der Planung und Abwicklung von Bauprojekten sind Träger öffentlicher Belange den gesetz-
lichen Bestimmungen entsprechend zu beteiligen.
46
Durch die rechtlichen und technischen
Vorschriften und insbesondere die kommunal unterschiedlichen Ortssatzungen variieren Anzahl
und Umfang ihrer Beteiligung je nach Art des Bauwerks und einzelner Bauleistungen und
abhängig von den örtlichen Randbedingungen. Träger öffentlicher Belange sind neben den
einzuschaltenden Bauaufsichtsbehörden beispielsweise Arbeitsämter, Naturschutzbehörden,
Gesundheitsämter, Straßenverkehrsbehörden, Straßenbauämter, Handwerkskammern, Industrie-
und Handelskammern, Kirchengemeinden, Feuerwehr, und Versorgungsunternehmen.
47
Darstellung 5: Träger öffentlicher Belange
Mit den einzuschaltenden Bauaufsichtsbehörden ist gemäß den Landesbauordnungen in der
Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Vorplanung und Entwurfsplanung über die Ge-
46
Das BauGB regelt deren grundsätzliche Beteiligung; s. § 4 BauGB. Zum BauGB vgl. auch Söfker, Wilhelm (Hrsg.), Baugesetzbuch, 1999.
47
Vgl. Brüssel, Wolfgang, Baubetrieb, 1998, S. 339; ähnlich Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 117 f.
Stadtverwaltung
Amt für Lufttechn. Auswertung
Stadtplanungsamt
Liegenschaftsamt
Bauordnungsamt
Prüfingenieur
Vermessungs- und Katasteramt
Tiefbauamt
Amt für Abfallwirtschaft
Untere Wasserbehörde
Amt für Denkmalschutz
Amt für Verkehrsanlagen
Grünflächenamt
Feuerwehr
Elektro
Wasser
Gas
Fernwärme
Telefon
Staatliche Gewerbeaufsicht
Schornsteinfegerinnung
Versorgungsunternehmen
Techn. Überwachungsverein
Betriebe des ÖPNV

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
14
nehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens zu verhandeln.
48
Darüber hinaus überwachen sie die
Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen während der Ausführungsphase. Zu den beteiligten
Behörden gehören unter anderem Ämter der Stadtverwaltung, hiervon Beauftragte
49
, die staat-
liche Gewerbeaufsicht und der Technische Überwachungsverein.
50
Darstellung 5 vermittelt einen Eindruck von der Vielzahl der Träger öffentlicher Belange, die an
Hochbauprojekten beteiligt sind. Im Einzelfall wird von den Bauaufsichtsbehörden entschieden,
welche sonstige Behörde einzuschalten ist.
2.4 Schlüsselfertiges Bauen
Die Vergabe von Hochbauprojekten wurde bis in die 1990er Jahre überwiegend nach Einzel-
gewerken durchgeführt. Dabei beauftragt der Auftraggeber selbst die ausführenden Unternehmen
und muss sie untereinander sowie mit allen weiteren Projektbeteiligten
51
koordinieren. Der
beauftragte Architekt schuldet dem Auftraggeber zwar Planungsleistungen, jedoch nicht eine
umfassende und erfolgreiche Koordination der Bauwerkserstellung. Damit trägt der Auftraggeber
selbst die Verantwortung für die Vollständigkeit der Leistung und das Zusammenwirken der
Projektbeteiligten.
Mit steigender Größe und Komplexität von Bauprojekten wachsen die Anforderungen an den
Auftraggeber, die Bauabläufe in technischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu koordi-
nieren, zu steuern und zu überwachen. Diese Tätigkeiten sind originäre Aufgaben des Auftrag-
gebers. Er ist jedoch ab einer bestimmten Größenordnung des Projekts nicht immer in der Lage,
diese selbst zu übernehmen. In der Praxis werden in diesen Fällen Hochbauprojekte zunehmend
als schlüsselfertige Leistung zu einem Pauschalpreis an einen Unternehmer, den Generalunter-
nehmer
52
, vergeben.
Schlüsselfertigbau-Verträge zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber werden wie alle
Bauverträge auf der Grundlage des Werkvertragsrechts nach §§ 631 ff. BGB geschlossen. Werk-
verträge sind dadurch gekennzeichnet, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber für den Erfolg
aller mit dem Vertrag übernommenen Leistungen haftet. Für Mängel haftet er unabhängig von
dem Umstand, auf den der Mangel zurückzuführen ist.
53
Eingeschränkt wird die Haftung nur,
wenn der Mangel auf einer ausdrücklichen Anweisung des Auftraggebers oder seines Erfüllungs-
gehilfen beruht und der Auftragnehmer seine Bedenken gegen die Ausführung entsprechend der
Anweisung dem Auftraggeber mitgeteilt hat.
54
Der Generalunternehmer schuldet die Abnahme
des Werks und die Vergütung ­ den Werklohn.
55
Weitergehende Regelungen im Bezug auf die
Vergütung trifft das BGB jedoch nicht.
48
Genehmigungspflichtig sind gemäß den Landesbauordnungen in der Bundesrepublik Deutschland die Errichtung, Aufstellung, Anbringung
und Änderung, Nutzungsänderung, der Abbruch und die Beseitigung von baulichen Anlagen oder von Teilen baulicher Anlagen. Von der
Genehmigungspflicht ausgenommen sind einige untergeordnete bauliche Anlagen. Für das Bundesland Nordrhein-Westfalen siehe § 63
BauO NW.
49
Beispielsweise Prüfingenieur.
50
Vgl. Rösel, Wolfgang, Baumanagement, 1999, S. 116.
51
Planer, Träger öffentlicher Belange und ggf. Nachbarn.
52
Auf die Unterscheidung von Generalunternehmer, Generalübernehmer, Totalübernehmer und Totalübernehmer wird hier verzichtet.
53
S. dazu § 635 BGB.
54
Vgl. Werner, Ulrich/Pastor, Walter, Bauprozeß, 1999, Rdn. 1516 f.
55
Vgl. Kapellmann, Klaus D./Langen, Werner, VOB/B, 2001, Rdn. 6 f.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
15
Um die Art und Weise der Vergütung zu detaillieren und einen Interessensausgleich zwischen
den Vertragspartnern zu schaffen, wurde in den 1920er Jahren die Verdingungsordnung für
Bauleistungen (VOB) entwickelt.
56
Die VOB gliedert sich in drei Teile. Sie behandelt in ihrem
Teil A die Vergabe von Bauleistungen bis zum Abschluss des Vertrags, in Teil B die Vertrags-
bestimmungen für die Ausführung von Bauleistungen und enthält in Teil C die Allgemeinen
Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) und damit die DIN-Vorschriften für
die wichtigsten Gewerke. Wird in Bauverträgen die VOB vereinbart, so bezieht sich dies auf die
Regelungen der Teile B und C. Die Bestimmungen der VOB/B stellen spezielle Allgemeine
Geschäftsbedingungen dar, deren Anwendung ausdrücklich zwischen den Vertragspartnern
vereinbart werden muss, wobei die VOB/C durch die in § 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/B vorgesehene
Verweisung dann ebenfalls zum Vertragsinhalt wird. Für Planungsleistungen innerhalb des
Vertrags gelten die Regelungen der VOB/B nicht, für sie sind die Vorschriften des BGB maß-
gebend.
57
Der Schlüsselfertigbau-Vertrag setzt sich aus drei rechtlichen Elementen zusammen.
58
Das erste
Element bildet die Unternehmereinsatzform des Generalunternehmers. Dieser nimmt das
Bauwerk als Ganzes in Auftrag und ist damit ,,Kumulativ-Leistungsträger"
59
. Der Anspruch des
Auftraggebers an den Generalunternehmer, die Vertragsleistung ,,nach fachlicher Meinung
komplett und funktionstüchtig"
60
zu erstellen, bildet das zweite Element. Das dritte Element
besteht in der pauschalen Vergütung der vom Generalunternehmer geschuldeten Leistung. Diese
mit Vertragsschluss feststehende Vergütung ist das Kennzeichen des Schlüsselfertigbaus und
ergibt in Verbindung mit der Komplettheit der Leistung die Kostensicherheit für den Auftrag-
geber beim schlüsselfertigen Bauen.
61
Der Generalunternehmer trägt mit der Übernahme der gesamten Bauleistung und zumindest
Teilen der Planung das Risiko für die Mengenermittlung und die Ausführung und übernimmt die
Haftung für die Vollständigkeit der Leistung.
62
Er übernimmt auch die komplexen
Koordinationsaufgaben bei der Abwicklung des Bauprojekts und, wichtiger noch, die Ver-
antwortung für die Koordination der Projektbeteiligten. Für den Generalunternehmer ergeben
sich daraus zwei Aufgaben, die über den Erfolg des Vorhabens entscheiden, zum einen die
sorgfältige Bestimmung des Leistungsinhalts, zum anderen die Beherrschung der Koordinations-
aufgaben.
In der Praxis kommen die unterschiedlichsten Ausprägungen des Schlüsselfertigbau-Vertrags vor.
Abhängig vom Umfang der durch den Generalunternehmer übernommenen Leistung lassen sich
folgende drei Typen des Schlüsselfertigbau-Vertrags unterscheiden:
63
56
Vgl. Speer, Ulrike, Bauaufträge, 1997, S. 52.
57
Vgl. Kapellmann, Klaus D./Schiffers, Karl-Heinz, Bauvertrag 2, 2000, Rdn. 472 f.
58
Vgl. Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 16.
59
Pfarr, Karlheinz/Hasselmann, Willi/Will, Ludwig, Bauherrenleistungen, 1984, S. 92.
60
BGH, BauR 1984 (395), 396. Der Generalunternehmer schuldet danach ,,all das, was nach den örtlichen und sachlichen Gegebenheiten jeder
Fachmann als notwendig erachtet hätte", vgl. ebenda. Selbst wenn nach Vertrag keine Planungsleistungen zu erbringen sind, muss der Gene-
ralunternehmer vor Ausführung der Leistung mindestens die Komplettheit überprüfen; vgl. dazu Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 17.
61
Vgl. Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 22.
62
Vgl. Speer, Ulrike, Bauaufträge, 1997, S. 56 f.
63
Vgl. so Cadez, Ivan, Risikominimierung, 1998, S. 1574; ähnlich auch Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 12; ebenso FIEC Fédération
Internationale Européenne de la Construction (Hrsg.), Construire, 1995, S. 13.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
16
T
Vertragstyp 1: Schlüsselfertigbau mit auftragnehmerseitiger Entwurfsplanung
Der Auftraggeber schreibt nach einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm aus. Die
Vertragsleistung des Generalunternehmers umfasst die Entwurfsplanung, die Ausführungs-
planung und die gesamte Bauausführung. In dieser maximalen Ausprägung des Schlüsselfertig-
baus werden lediglich Grundlagenermittlung und Vorplanung durch den Auftraggeber erbracht.
64
T
Vertragstyp 2: Schlüsselfertigbau mit auftragnehmerseitiger Ausführungsplanung
In diesem Fall schreibt der Auftraggeber die gewünschte Bauleistung funktionell oder nur durch
Oberbegriffe aus und legt einen Entwurf und die Genehmigungsplanung vor. Der Generalunter-
nehmer übernimmt vertraglich alle Leistungen ab der Ausführungsplanung. Er schuldet den
Erfolg seiner Tätigkeit im Hinblick auf die im Entwurf festgelegten Leistungsmerkmale ein-
schließlich Ausgestaltung der Details, Füllen der fehlenden Elemente und Herbeiführen der
vollständigen Leistung.
65
T
Vertragstyp 3: Schlüsselfertigbau mit auftraggeberseitiger Ausführungsplanung
Der Auftraggeber behält sich die Ausführungsplanung vor. Die Vertragsleistung des General-
unternehmers beinhaltet die Bauausführung. Er ist jedoch verpflichtet im Sinne der Prüfung der
Vorleistungen, die von Dritten erbrachten Planungsleistungen auf ihre Durchführbarkeit, tech-
nisch-konstruktive Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Auch wenn der Generalunter-
nehmer keine umfassende Planungsleistung erbringt, trifft ihn beim Schlüsselfertigbau-Vertrag
eine Überwachungs- und Kontrollpflicht.
66
64
Dieser Vertragstyp wird auch als ,,Totalunternehmervertrag" oder ,,Totalübernehmervertrag" bezeichnet; vgl. dazu Kapellmann, Klaus D.,
Bauen, 1997, Rdn. 12.
65
Vgl.: Kapellmann, Klaus D./Schiffers, Karl-Heinz, Vertragstyp, 1997, S. 67.
66
Vgl.: Klärner, Erich/Schwörer, Albert, Qualitätssicherung, 1992, S. 19.

2 Baubetriebliche und baurechtliche Grundlagen
17
Darstellung 6: Leistungsumfang drei verschiedener Vertragstypen beim schlüsselfertigen Bauen
67
Darstellung 6 verdeutlicht für die drei genannten Vertragstypen den vom Generalunternehmer
übernommenen Leistungsumfang an den Leistungsphasen nach § 15 HOAI.
Zu diesen drei Grundtypen des Schlüsselfertigbau-Vertrags existiert in der Praxis eine Fülle von
weiteren Vertragstypen, beispielsweise schlüsselfertige Ausschreibung mit garantiertem
Maximumpreis, Projektentwicklerverträge, Anlagenverträge oder Mischformen.
68
Diese Vertrags-
typen sind jedoch für die weitere Thematik unerheblich und werden nicht weiter behandelt.
67
In Bezug auf die Leistungsphasen nach § 15 HOAI.
68
Vgl. dazu Kapellmann, Klaus D., Bauen, 1997, Rdn. 13; ebenso Kapellmann, Klaus D./Schiffers, Karl-Heinz, Vertragstyp, 1997, S. 68; ähnlich auch
Klärner, Erich/Schwörer, Albert, Qualitätssicherung, 1992, S. 19.
Vertragstyp 1
AG
Grundlagenermittlung
Vorplanung
Entwurfsplanung
Genehmigungsplanung
Ausführungsplanung
Ausführung
Le
ist
ung
spha
se
n na
ch §
15 HOA
I
1
2
3
4
5
6-9
AG
GU GU GU
AG
Vertragstyp 2
Vertragstyp 3

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
18
3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
Die allgemeine Entscheidungstheorie umfasst im speziellen die Bewertungstheorie und gibt
Verfahren vor, die zur Lösung komplexer Entscheidungsprobleme angewendet werden.
Dieses Kapitel dient der Einordnung des im Weiteren behandelten Bewertungsproblems und
stellt die Hauptzielsetzungen der Entscheidungstheorie vor. Es gibt einen Überblick über die
allgemeine Struktur von Bewertungsproblemen und dessen Elemente. Danach werden jene aus
der modernen präskriptiven Entscheidungstheorie entwickelten Bewertungsverfahren dargestellt,
die prinzipiell auf das vorliegende Bewertungsproblem anwendbar sind. Abschließend wird auf
spezielle Verfahren zur Ermittlung von Gewichtungsfaktoren eingegangen.
3.1 Entscheidungstheorie und Bewertungstheorie
Als Entscheidungstheorie bezeichnet man allgemein alle logischen und empirischen Analysen des
Entscheidungsverhaltens.
69
Entscheidungstheorien lassen sich demnach je nach ihrer Hauptziel-
setzung unterscheiden.
T
Die deskriptive Entscheidungstheorie
70
befasst sich mit der Gewinnung von beschreibenden
Aussagen des Entscheidungsträgers und analysiert das Zustandekommen von Entscheidungs-
prämissen. Um eine Entscheidung herbeizuführen, muss sich der Entscheidungsträger
zunächst über seine Zielsetzung im Klaren sein. Diese Zielsetzung ist Grundlage für die
Bildung von Entscheidungsprämissen, die sein Verhalten im Entscheidungsprozess bestim-
men.
71
Die deskriptive Entscheidungstheorie versucht zu erklären, wie Individuen und
Gruppen ihre Entscheidungsprämissen gewinnen, analysiert, wie in der Realität tatsächlich
bewertet und entschieden wird, und versucht, dieses Verhalten psychologisch zu erklären. Sie
stellt nicht die Frage, ob die so gefällte Bewertung auch rational begründet ist. Die Ergebnisse
der deskriptiven Entscheidungstheorie dienen dazu, die Bewertung im Rahmen eines
Entscheidungsverfahrens verhaltenswissenschaftlich zu analysieren und die zwingende
Ungenauigkeit der intuitiv gewonnenen Werte zu berücksichtigen.
T
Ziel der präskriptiven Entscheidungstheorie
72
ist es dagegen, rationales Verhalten zu unter-
stützen. Sie untersucht, wie bei gegebenen Entscheidungsprämissen ,,unter der Voraussetzung
rationalen Handeln zu entscheiden"
73
ist. Die rationale Lösung des Entscheidungsproblems
muss die Zielsetzung des Entscheidungsträgers in einem Zielsystem berücksichtigen. Haupt-
gegenstand der Theorie ist daher die Frage, wie das Zielsystem erforscht werden kann, um zu
einer rationalen Bewertung zu gelangen. Die präskriptive Entscheidungstheorie gibt Ver-
fahren vor, mit deren Hilfe zunächst die ungefähre Zielsetzung des Entscheidungsträgers
abgeleitet wird. Mit den Ergebnissen wird auf die tatsächlichen Ziele geschlossen, soweit sie
69
Vgl.
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 1.
70
Auch als ,,empirisch realistische Entscheidungstheorie" bezeichnet; vgl. dazu Sieben, Günther/Schildbach, Thomas, Entscheidungstheorie, 1994,
S. 3.
71
Vgl.
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 4.
72
Analog wird die Bezeichnung ,,normative Entscheidungstheorie" verwendet; vgl. dazu Sieben, Günther/Schildbach, Thomas, Entscheidungstheo-
rie, 1994, S. 1.
73
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 3.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
19
für die eigentliche Bewertung relevant sind.
74
Darauf aufbauend wird unter Einsatz der Logik
und rechnerischer Hilfsmittel das Entscheidungsproblem gelöst.
Unter Bewertung versteht man die Ermittlung und Zuordnung von Wertgrößen. Wert ist die
Maßgröße für den Grad der Zielerreichung durch das Bewertungsobjekt. Ziele bilden damit eine
wichtige Bedingung, ohne die eine sinnvolle Bewertung nicht möglich ist. Grundlage zur Lösung
eines Entscheidungsproblems ist daher neben der Identifizierung der zur Auswahl stehenden
Aktionen, das Definieren einer Bewertungsfunktion, die möglichst alle Aspekte der Zielsetzung
des Entscheidungsträgers abbildet.
Als Ergebnis der Bewertung lässt sich bei mehreren zu bewertenden Aktionen häufig eine ein-
deutige Rangordnung herstellen. Der Übergang von der Bewertung zur Entscheidung als Wahl
einer optimalen Aktion ist dann fließend. Denn mit der Rangordnung ist die optimale Aktion
fixiert, für die man sich rational entscheiden müsste. In der Entscheidungstheorie existieren
zahlreiche Entscheidungsverfahren, die durch Auslassen des letzten Schritts, nämlich der
Entscheidung, auf Bewertungsverfahren reduziert werden können. Im Folgenden werden daher
allgemein die Begriffe Bewertungsproblem und Bewertungsverfahren verwendet.
3.2 Struktur von Bewertungsproblemen
Um ein komplexes Bewertungsproblem zu strukturieren, wird es in Komponenten zerlegt.
75
Die
Basiselemente sind das Bewertungsfeld und die Bewertungsfunktion.
Darstellung 7: Basiselemente eines Bewertungsproblems
76
Das Bewertungsfeld setzt sich wiederum zusammen aus den erfassten Aktionen
77
, den jeweiligen
Aktionsresultaten
78
und den Umweltzuständen
79
. Die Bewertungsfunktion
80
soll möglichst genau
die Zielsetzung des Entscheidungsträgers abbilden.
74
Vgl.
Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 16.
75
Dieser Vorgang wird auch ,,Dekomposition" genannt.
76
Entwickelt aus dem Entscheidungsmodell nach Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 20.
77
In der Entscheidungstheorie werden sinngemäß die Bezeichnungen ,,Handlungsalternativen", ,,Handlungsweisen" oder ,,Strategien"
verwendet; vgl. dazu auch Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 16.
78
Analog auch als ,,Ergebnis" bezeichnet; vgl. Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 23.
Aktionen
Bewertungsfeld
Aktionsresultate
Umweltzustände
Bewertungsfunktion

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
20
Diese Komponenten sind Teil eines jeden Bewertungsproblems, jedoch werden sie in den ver-
schiedenen Bewertungsverfahren auf unterschiedliche Weise erfasst. Wegen ihrer Bedeutung für
die modellhafte Strukturierung von Bewertungsproblemen werden sie in den folgenden Kapiteln
kurz erläutert.
3.2.1 Bewertungsfeld
Das Bewertungsfeld kann definiert werden als Menge und Art der Personen und Sachen, die
durch Aktionen direkt oder indirekt beeinflusst werden können, und die Zustände der Umwelt,
die die Ergebnisse der Aktionen beeinflussen, selbst aber von den Aktionen unabhängig sind.
81
Seine drei Bestandteile Aktionen, Aktionsresultate und Umweltzustände werden im Folgenden
getrennt voneinander charakterisiert.
3.2.1.a Aktionen
Ein Bewertungsproblem liegt nur dann vor, wenn eine Menge A von mehreren, mindestens
zwei, Aktionen
A
a
existiert. Die Aktionen werden durch die Ausprägung verschiedener
Kriterien beschrieben, die der Entscheidungsträger bestimmen kann. Diese Kriterien werden als
Aktionsparameter
k
X (
1
=
k
,..., m ) bezeichnet.
82
Es gibt einfache Bewertungsprobleme, bei
denen die Aktionen durch einen Aktionsparameter beschrieben werden können. In der Regel ist
die Beschreibung von Aktionen jedoch von verschiedenen Aspekten abhängig. Es sind dann
mehrere Aktionsparameter relevant.
3.2.1.b Aktionsresultate
Nach der Spezifikation der Aktionsparameter sind die Aktionen gemäß den Präferenzvorstel-
lungen des Entscheidungsträgers zu bewerten. Dazu muss den einzelnen Aktionsparametern
k
X
jeder Aktion a , abhängig von ihrer Ausprägung
k
x , eine Wertgröße
))
(
(
a
x
v
k
k
zugeordnet
werden. Die Wertzuordnung bringt zum Ausdruck, welcher Ausprägung des Aktionsparameters
der Entscheidungsträger welche Bedeutung beimisst. Eine Wertekonstellation der Aktions-
parameter einer Aktion kann in einem Vektor dargestellt werden und wird als Aktionsresultat
)
(a
vH
bezeichnet. Bei der Messung von Werten für Aktionsparameter spricht man auch von der
Bestimmung der Höhenpräferenz.
83
79
Begriff
nach
Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 19; ebenso Eisenführ, Franz/Weber, Martin, Entscheiden, 1993, S. 15; anderer
Ansicht Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 15. Sie vermeiden diese Bezeichnung, da die Begriffe ,,Umwelt"
und ,,Umweltzustand" zunehmend mit ökologischen Problemen assoziiert würden.
80
Bezeichnung nach Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 33. Sie wird in der Entscheidungstheorie auch
,,Präferenzfunktional", ,,Präferenzfunktion" oder ,,Zielfunktion" genannt; vgl. dazu Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre,
2000, S. 33 f; ebenso Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 10; Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 98.
81
Zur Definition des Bewertungsfeldes vgl. auch Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 15.
82
In der Literatur sind für Aktionsparameter auch die Bezeichnungen ,,Entscheidungsvariablen", ,,Aktionsvariablen", ,,Ereignisvariablen",
,,Zielgrößen", ,,Zielkriterien" oder ,,Zustandsraum" zu finden; vgl. hierzu Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 20; Eisenführ,
Franz/Weber, Martin, Entscheiden, 1993, S. 18; Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 18.
83
Vgl. Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 16; ebenso Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 96; Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G.,
Entscheidungslehre, 2000, S. 29.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
21
Sind mehrere Aktionsparameter für die Beschreibung der Aktionen relevant, so ist gleichzeitig die
Wichtigkeit der Parameter untereinander zu berücksichtigen. Die relative Bedeutung der Aktions-
parameter wird über Gewichtungsfaktoren
k
g festgelegt. Diese geben an, in welchem Maße die
Werte der einzelnen Aktionsparameter in die Gesamtbewertung eingehen. Die Ermittlung der
Gewichtungsfaktoren wird auch als Bestimmung der Artenpräferenz bezeichnet.
84
Der Schritt der
Gewichtung stellt ein eigenes untergeordnetes Bewertungsproblem dar und wird in Kapitel 3.5
ausführlicher behandelt.
Die Messung numerischer Wertgrößen
k
v ist für eine genaue Bewertung von besonderer
Bedeutung. Die Ausprägungen der Aktionsparameter können auf einer nominalen, ordinalen
oder kardinalen Skala gemessen werden. Die Unterschiede der Messung auf diesen Skalen werden
im Folgenden kurz erläutert, da die Art der Wertgrößenerfassung Grundlage für die Wahl des
geeigneten Bewertungsverfahrens ist.
85
T
Auf einer Nominalskala ist nur eine Klassifizierung nach rein nominalen Parameterausprä-
gungen möglich. Die Parameterausprägungen werden mit verschiedenen Namen versehen,
anhand derer sie identifiziert werden können. Aktionen werden dann hinsichtlich der
Erfüllung einer Ausprägung klassifiziert.
86
Die Aktionsparameter liefern keine weiteren
Informationen, insbesondere besteht zwischen den Parameterausprägungen keine Vergleichs-
möglichkeit und damit kein eindeutiges Werturteil. Die Äquivalenzklassen lassen sich lediglich
gemäß den Präferenzen des Entscheidungsträgers anordnen.
87
T
Auf einer Ordinalskala wird eine Anordnungsrelation durch die Vergabe von Rangpunkten
festgelegt. Ordinale Skalen werden verwendet, wenn der Abstand zwischen den einzelnen
Parameterausprägungen nicht exakt angegeben werden kann. Das ist bei Aktionsparametern
mit qualitativ zu messenden Ausprägungen der Fall. Hinsichtlich der Zuordnung der
Wertgrößen sind zwei Verfahren ­ Ranking und Rating ­ zu unterscheiden. Bei einem
Ranking werden Rangpunkte vergeben, die zu einer eindeutigen Reihenfolge der
Parameterausprägungen führen. Der maximale Wert, der dabei dem Aktionsparameter
zugeteilt wird, richtet sich nach der Anzahl der Aktionen, die in die Bewertung einbezogen
werden. Verändert sich die Anzahl der Aktionen, so verändert sich auch die Wertgröße, die
der besten Ausprägung des Parameters entspricht. Aktionsparameter, die nur das Ranking
zulassen, werden als streng ordinal bezeichnet. Bei einem Rating werden als Wertgrößen
Notenpunkte vergeben, die an einem unabhängigen Maßstab orientiert sind. Die
zugeordneten Werte werden durch die Anzahl der Aktionen nicht beeinflusst.
88
Das hat den
Vorteil, dass sich zusätzliche Ausprägungen der Aktionsparameter zwischen den bereits
bestehenden Notenpunkten der Skala einordnen lassen, sodass alle Aktionen durch ein
fixiertes, unabhängiges Bewertungsschema beurteilt werden können. Die Aktionsparameter
bei einem Rating werden deshalb als quasi-kardinal bezeichnet.
89
84
Vgl. Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 16; ebenso Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 96. Kritisch gegenüber der Gewichtung als
Form der Artenpräferenzrelation dagegen Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 29.
85
Zur Bedeutung der verschiedenen Skalen vgl. Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 40 ff.
86
Parameterausprägungen sind beispielsweise ,,erfüllt" = 1, ,,nicht erfüllt" = 0.
87
Vgl. Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 41 f; ähnlich auch Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 26 ff; Cadez, Ivan, Risikowertanalyse,
1998, S. 62.
88
Diese Eigenschaft der Unabhängigkeit des Bewertungsmaßstabs wird in der Entscheidungstheorie als ,,Stabilität" bezeichnet; vgl. dazu
Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 44.
89
Vgl. Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 43 ff; ebenso Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 28 ff.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
22
T
Auf einer Kardinalskala können neben der Rangordnung auch die Abstände der Parameter-
ausprägungen zueinander angegeben werden. Dies setzt ein hohes Abstraktionsvermögen des
Entscheidungsträgers voraus und ist daher meist nur bei Aktionsparametern mit quantitativen
Ausprägungen möglich. Bei Kardinalskalen werden je nachdem, ob der Nullpunkt der Skala
oder die Skaleneinheit festgelegt ist, drei Skalentypen unterschieden. Von einer Intervallskala
wird gesprochen, wenn weder der Nullpunkt noch die Skaleneinheit festgelegt ist. Die
Wertdifferenz der Ausprägungen lässt sich durch eine der drei Beziehungen ,,>", ,,<" oder
,,=" bestimmen. Wird der Nullpunkt der Skala festgelegt, so liegt eine Verhältnisskala
90
vor.
Mit den Wertgrößen der Verhältnisskala lassen sich sämtliche elementaren Rechen-
operationen durchführen, ohne sich auf eine Skaleneinheit festlegen zu müssen.
91
Wenn
neben dem Nullpunkt auch die Skaleneinheit festgelegt ist, spricht man von einer absoluten
Skala.
92
Die Übergänge von einer quasi-kardinalen zu einer kardinalen Skala sind zum Teil fließend. Wird
beispielsweise eine Rating-Skala mit Werten von 1 bis 5 gewählt, so sind die Ausprägungsdif-
ferenzen nicht vergleichbar. Geht man jedoch zu einer Skala mit Werten von 0 bis 100 über, so
ist zumindest anhand der qualitativen Abstände der zugeordneten Wertgrößen eine Aussage über
die Intensität der Präferenz möglich. Diese differenzierte ordinale Bewertung entspricht somit
annähernd einer kardinalen Bewertung auf einer Intervallskala.
93
3.2.1.c Umweltzustände
Die Entscheidungstheorie unterscheidet zwischen Entscheidungen bei Sicherheit, Entschei-
dungen bei Risiko und Entscheidungen bei Ungewissheit
94
. Für eine Bewertung gilt dies sinnge-
mäß. Bei der Bewertung unter Sicherheit wird davon ausgegangen, dass der Entscheidungsträger
die Bedeutung aller Aktionsparameter endgültig bestimmen kann. Bei Risiko hängt das Aktions-
resultat von Umweltzuständen ab, deren Auswirkungen auf die Aktionsresultate vom Entschei-
dungsträger in bestimmten Grenzen abgeschätzt und als Eintrittswahrscheinlichkeiten angegeben
werden können. Ungewissheit liegt dann vor, wenn für die Umweltzustände keine Wahrschein-
lichkeitsverteilungen formuliert werden können.
Streng genommen gibt es keine Bewertung unter totaler Sicherheit.
95
Da der Entscheidungsträger
im Allgemeinen nicht über vollkommene Informationen verfügen kann, muss er seine Bewertung
bei unsicheren Annahmen treffen, ,,denn eine realitätsgetreue Abbildung setzt empirisches
Wissen voraus, das zum Teil gar nicht vorhanden ist"
96
. Es kann für die Transparenz und
Praktikabilität von Bewertungsverfahren von Vorteil sein, die Aktionsresultate als sichere Werte
anzunehmen und die Umweltzustände zu vernachlässigen. Die Vernachlässigung der unsicheren
Umwelteinflüsse wird dann als vorteilhaft angesehen, wenn diese ,,für alle erwogenen Alterna-
90
Die Verhältnisskala wird auch als ,,Ratio-Skala" bezeichnet; vgl. Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Multi-Criteria Analyse, 1991, S. 12.
91
Dieser Vorteil wird bei monetären Werten von Aktionsparametern ausgenutzt. Während der Geldmenge Null der Nullpunkt zugewiesen
wird, sind die Währungseinheiten ­ beispielsweise , $, ¥ ­ als Skaleneinheiten frei wählbar.
92
Zu den unterschiedlichen Kardinalskalen vgl. auch Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 45 ff; Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 31.
93
Vgl. Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 30; ähnlich auch Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 47.
94
Ungewissheit wird auch als ,,Unsicherheit im engeren Sinne" bezeichnet; vgl. dazu Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 103 ff.
95
So die Feststellung in Eisenführ, Franz/Weber, Martin, Entscheiden, 1993, S. 19; vgl. ebenda.
96
Franke, Günter, Utility, 1978, S. 271.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
23
tiven [Aktionen] ähnlich sind"
97
, oder wenn die aus den Umwelteinflüssen resultierende Un-
sicherheit nicht das eigentliche Hauptbewertungsproblem ist.
98
Die Formulierung oder Schätzung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen für Umweltzustände
erfordert eine umfassende und exakte Analyse der Randbedingungen, die für die Beeinflussung
des Bewertungsfeldes in Frage kommen. Die Analyse ist jedoch für die in dieser Arbeit behan-
delte Problematik extrem zeit- und kostenintensiv oder sogar unmöglich. Bei der weiteren Be-
trachtung werden die Aktionsresultate daher unter Sicherheit angenommen und mit Risiko oder
Unsicherheit behaftete Umwelteinflüsse vernachlässigt.
3.2.2 Bewertungsfunktion
Die Bewertungsfunktion muss auf einer Bewertung der den Aktionen zugeordneten Wertgrößen
beruhen. Zu diesem Zweck muss sie alle Informationen des Bewertungsfeldes, also sowohl die
Höhenpräferenz der Aktionsresultate als auch die Artenpräferenz der Gewichtungsfaktoren,
erfassen. Die Bewertungsfunktion hat darüber hinaus die Aufgabe, die Ziele des Entscheidungs-
trägers möglichst genau abzubilden und auf diese Weise die Grundlage zur Lösung des Bewer-
tungsproblems zu schaffen, das in der globalen Beurteilung der Aktionen besteht.
Formal lässt sich die Verknüpfung von Bewertungsfeldinformationen und Zielen des Entschei-
dungsträgers als eine Abbildung
A
:
IR
kennzeichnen, mittels der jeder Aktion
A
a
eine reelle Zahl
)
(a
IR derart zugeordnet wird,
dass die natürliche Anordnung der den Aktionen zugeordneten Zahlen der tatsächlich durch den
Entscheidungsträger eingeschätzten Wertrangfolge der Aktionen entspricht. Das bedeutet, es
muss für je zwei Aktionen
A
a
a
j
i
,
gelten:
j
i
a
a
µ
)
(
)
(
j
i
a
a
j
i
a
a
B
)
(
)
(
j
i
a
a
>
j
i
a
a ~
)
(
)
(
j
i
a
a
=
Dabei bedeuten die drei Symbole ,,
µ", ,,B", ,,~" die Präferenz
99
, strikte Präferenz und Indif-
ferenz zwischen je zwei Aktionen. Die Bewertungsfunktion
repräsentiert also die Präferenz-
relation, die der Entscheidungsträger bezüglich der Aktion besitzt.
Ist die Bewertungsfunktion
gegeben und sind die Werte
)
(a
bekannt, so ist die
Bewertungssituation formal gelöst.
100
Die für eine bestimmte Bewertungssituation relevante
97
Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 61.
98
Vgl.
Eisenführ, Franz/Weber, Martin, Entscheiden, 1993, S. 20.
99
Vorziehenswürdigkeit; von lateinisch ,,praeferre" = vorziehen. Sie besagt, dass der Entscheidungsträger die erste Aktion mindestens so hoch
einschätzt wie die zweite Aktion; vgl. Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 34; Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren,
1992, S. 9 f. Diese Relation wird auch als ,,schwache Ordnung" bezeichnet; vgl. dazu Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 89 f.
100
Vgl. Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 34.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
24
Bewertungsfunktion ist jedoch nicht von vornherein vorgegeben. Sie ergibt sich aus der entschei-
dungstheoretischen Problemstellung und der Wahl eines geeigneten Bewertungsverfahrens.
101
Als entscheidungstheoretische Problemstellungen unterscheidet man die drei Typen Ordnen,
Separation und Selektion.
102
T
Das Ordnen bringt die Aktionen in eine qualitative Beziehung. Diese Problemstellung stellt
die höchsten Anforderungen an die Bewertungsstruktur. Der Entscheidungsträger muss in
der Lage sein, je zwei Alternativen vergleichen zu können. Darüber hinaus muss auch die
Transitivität der Vergleichsurteile erfüllt sein. Das bedeutet, aus
2
1
a
a
µ und
3
2
a
a
µ folgt
3
1
a
a
µ für alle
A
a
.
T
Die Separation ermöglicht eine Einteilung der Aktionen in Bewertungsklassen. Zu jeder
Klasse wird eine Notenbewertung festgelegt, die eine Aussage über die absolute Beurteilung
der Elemente dieser Klasse zulässt.
T
Ziel der Selektion ist es, lediglich die beste Aktion zu finden. Dieses Problem stellt die
geringsten Anforderungen an die zu konstruierende Bewertungsfunktion. Es ist nur
sicherzustellen, dass die optimale Aktion
*
a mit allen anderen Elementen der Aktionsmenge
A vergleichbar ist und das Präferenzurteil
a
a
µ
*
für alle
A
a
gilt.
Die Selektion ergibt als Ergebnis eine einzelne Aktion. Sie ist für eine Bewertung aller Aktionen
ungeeignet, da die Beziehungen der Aktionen untereinander vernachlässigt werden. Die
Problemstellung der Selektion wird daher als unzweckmäßig für die Thematik dieser Arbeit
verworfen. Für die weitere Betrachtung der Bewertungsverfahren sind die Problemstellungen der
Separation und des Ordnens maßgebend.
3.3 Bewertungsverfahren
Wie bereits in Kapitel 3.1 erwähnt, lassen sich Entscheidungsprobleme auf Bewertungsprobleme
zurückführen. Gleiches gilt für Verfahren, die die Lösung von Entscheidungsproblemen
unterstützen. Die folgende Darstellung 8 gibt eine Übersicht über die Einteilung der Verfahren
zur Unterstützung von Entscheidungen.
Es werden grundsätzlich einkriterielle Verfahren und multikriterielle Verfahren unterschieden.
Einkriterielle Verfahren berücksichtigen einen Aktionsparameter und können nur dann
eindeutige Resultate erzielen, wenn die Erfassung aller relevanten Aspekte in der jeweiligen
Größe möglich ist. In der Praxis lassen sich Bewertungssituationen, bei denen alle Aktionen
durch einen quantitativ, meist monetär zu messenden Parameter ­ beispielsweise Gewinn oder
Kosten ­ beschrieben werden können, mit einkriteriellen Verfahren behandeln. Liegen jedoch in
komplexeren Projekten sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien vor, können diese nicht
durch einen Aktionsparameter in ihrer Bedeutung voll erfasst werden. Reale Bewertungs-
101
Die Wahl des Bewertungsverfahrens und damit verbunden die Konstruktion der Bewertungsfunktion ist also ihrerseits Bewertungs- und
Entscheidungsproblem und wird auch als ,,Meta-Entscheidungsproblem" bezeichnet; vgl. dazu Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998,
S. 26.
102
Vgl. Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 12 f.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
25
situationen lassen durch ihre Komplexität einkriteriellen Verfahren daher im Allgemeinen nicht
zu. Aus diesem Grund werden sie im Weiteren nicht berücksichtigt.
Darstellung 8: Übersicht der Verfahren zur Unterstützung von Entscheidungen
Multikriterielle Bewertungsverfahren werden allgemein als Instrumente zur Bewertung von
Aktionen in Abhängigkeit von mehreren spezifischen Parametern verstanden.
103
Sie lassen sich
aus multikriteriellen Entscheidungsverfahren ableiten. Jene können in Verfahren des Multi
Attributive Decision Making (MADM) und des Multi Objective Decision Making (MODM)
104
eingeteilt werden. Diese beiden Klassen unterscheiden sich in ihrer Struktur und in der Art, das
multikriterielle Problem zu lösen.
105
Mit Hilfe der MADM-Verfahren wird aus einer Menge von gegebenen Aktionen diejenige
ausgewählt, die der zu ermittelnden Bewertungsfunktion am besten entspricht. Die Menge der
zulässigen Aktionen besteht aus einer endlichen Anzahl von Aktionen, deren Ausprägung im
Voraus vom Entscheidungsträger explizit angegeben wird. Die Aktionsmenge wird als diskreter
Lösungsraum bezeichnet.
106
Im Gegensatz dazu gelten bei MODM-Verfahren alle Aktionen als zulässig, die sich den vom
Entscheidungsträger definierten Nebenbedingungen annähern. Die zu erfüllenden Neben-
bedingungen sind durch quantifizierbare Bewertungsfunktionen
107
ausdrücklich anzugeben. Die
in die Bewertung einbezogenen Aktionen sind bei diesen Verfahren nicht vorbestimmt, sondern
werden in einem Prozess berechnet. Ihre Menge ist meist unendlich groß und bildet einen
stetigen Lösungsraum aus der Menge der natürlichen Zahlen.
108
103
Vgl.
Schuh, Heiko, Entscheidungsverfahren, 2001, S. 7.
104
Auch als ,,Vektoroptimierungsmodelle" bezeichnet.
105
Zur Klassifizierung von multikriteriellen Entscheidungen und der Unterscheidung von MADM und MODM vgl. Hwang, Chin-Lai/Yoon,
Kwangsun, Decision, 1981, S. 8 f; ebenso Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Analyse, 1991, S. 25 ff.
106
Vgl. dazu Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Analyse, 1991, S. 25.
107
Auf Englisch ,,objectives", daher die Bezeichnung der Verfahrensklasse.
108
Vgl. Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Analyse, 1991, S. 25.
Aktionsparameter
monetär
nicht-monetär quantitativ
qualitativ
statistische Verfahren
einkriterielle Verfahren
dynamische Verfahren
MADM-Verfahren
multikriterielle Verfahren
MODM-Verfahren
ein
Aktionsparameter
mehrere
Aktionsparameter

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
26
Da der Lösungsraum des in dieser Arbeit zu untersuchenden Bewertungsproblems aus einer
endlichen Zahl von Aktionen besteht, sind die Verfahren des MODM für die weitere Thematik
nicht relevant. Auf eine Untersuchung dieser Verfahrensklasse wird daher verzichtet. Die
wesentlichen MADM-Verfahren sind im Folgenden kurz dargestellt. Ihre unterschiedlichen
Lösungsansätze werden konkretisiert.
3.4 Verfahren des Multi Attributive Decision Making
MADM-Verfahren sind Methoden zur Lösung eines Multi-Attribut-Problems in diskreten
Lösungsräumen. Die Verfahren unterscheiden sich in der Art der Verarbeitung von Informa-
tionen über das Bewertungsfeld. Eine Übersicht der in diesem Kapitel behandelten Verfahren des
MADM gibt Darstellung 9.
Darstellung 9: Verfahren des Multi Attributive Decision Making
3.4.1 Lexikografische Ordnung
Mit Hilfe der lexikografischen Ordnung
109
lässt sich eine Rangfolge der Aktionen bilden. Dieses
Verfahren führt zur Ordnung der Aktionen nach der Rangfolge der verschiedenen Aktionspara-
meter ,,in entsprechender Weise wie eine alphabetische Ordnung von Worten in einem Lexi-
kon"
110
. Die Aktionsparameter werden qualitativ gewichtet und in eine Reihenfolge gebracht, die
den Nutzenvorstellungen des Entscheidungsträgers entspricht. Die Aktionen werden zunächst
nach der Ausprägung des wichtigsten Parameters geordnet. Erst wenn mindestens zwei Aktionen
im wichtigsten Parameter die gleiche Ausprägung aufweisen, wird der zweitwichtigste Aktions-
parameter zur Bewertung herangezogen. Stimmen zwei oder mehr Aktionen auch in diesem
109
Auch als ,,lexikografische Gesamtnutzenmessung" bezeichnet.
110
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 57.
Lexikografische Ordnung
Gewichtete Rangaddition
Nutzwertanalyse
Analytic Hierarchy Process
Multi-Attribute Utility Theory
Prävalenzverfahren

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
27
zweiten Parameter überein, wird die Ausprägung des drittwichtigsten Parameters zum Ordnungs-
merkmal erhoben usw.
111
Das Konzept der lexikografischen Ordnung bietet einerseits den Vorteil, dass es relativ einfach
anzuwenden ist. Andererseits kann es aber zu sehr problematischen Rangfolgen der Aktionen
führen. Eine Aktion
i
a wird einer Aktion
j
a schon dann vorgezogen, wenn
i
a gegenüber
j
a in
Bezug auf den wichtigsten Aktionsparameter nur geringfügig überlegen, in Bezug auf alle anderen
Parameter hingegen erheblich unterlegen ist. Streng genommen stellt die lexikografische
Ordnung somit kein eigentliches multikriterielles Bewertungsverfahren dar, da die Mehrfachziel-
setzung in den einzelnen Ordnungsschritten auf eine Einfachzielsetzung reduziert wird.
112
3.4.2 Prävalenzverfahren
Im Gegensatz zu den Methoden der eindeutigen Bewertungszuordnung, wie der lexikografischen
Ordnung, lassen die Prävalenzverfahren
113
die Unvergleichbarkeit von Aktionen zu. So
berücksichtigen sie, dass der Entscheidungsträger häufig nicht über vollständige und wider-
spruchsfreie Informationen verfügt.
114
Das Verfahren ELECTRE
115
ist das älteste Prävalenzverfahren. Es wurde seit seiner Entstehung
in den 1960er Jahren stets weiterentwickelt und auf unterschiedliche Entscheidungssituationen
angepasst.
Der Entscheidungsträger muss zunächst die Höhenpräferenz getrennt für die einzelnen Aktions-
parameter jeder Aktion angeben. Die entstehende Nutzenmatrix wird üblicherweise als ,,Matrix
der Score-Werte"
116
bezeichnet. Zusätzlich sind für die Aktionsparameter Gewichte anzugeben,
die die Bedeutung der jeweiligen Parameter ­ die Artenpräferenz ­ widerspiegeln. Darüber hinaus
müssen für jeden Aktionsparameter Schwellenfunktionen definiert werden. Aus der Indifferenz-
schwellenfunktion wird ersichtlich, welche Score-Werte noch als gleichwertig anzusehen sind,
eine Präferenzschwellenfunktion klärt ab, wann ein Wert strikt besser als ein anderer ist, und eine
Vetoschwellenfunktion zeigt auf, wann ein Score-Wert erheblich besser als ein anderer ist.
117
111
Vgl. Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 58; Saliger, Edgar, Entscheidungstheorie, 1998, S. 33 f.
112
Vgl. Laux, Helmut, Entscheidungstheorie, 1998, S. 93 f; Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Analyse, 1991, S. 49 ff; Schneeweiß, Christoph,
Planung, 1991, S. 109, 294; Zangemeister, Christof, Nutzwertanalyse, 1976, S. 258.
113
Auch unter den Bezeichnungen ,,Outranking-Verfahren", englisch ,,multi-attribute decision aid" und französisch ,,approche de sur
classement"; vgl. hierzu Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Multi-Criteria Analyse, 1991, S. 204; ebenso Schneeweiß, Christoph, Planung,
1991, S. 296.
114
Vgl. Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Multi-Criteria Analyse, 1991, S. 204 ff; ebenso Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G.,
Entscheidungslehre, 2000, S. 66 ff.
115
Abkürzung für die französische Bezeichnung ,,ELimination Et Chiox Traduisant la REalité". Wird auch als ,,Konkordanzanalyse" bezeichnet.
Seine Verwendung ist in erster Linie in den Ländern des französischen Sprachraums gebräuchlich. So Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar,
Multi-Criteria Analyse, 1991, S. 207. Vgl. auch Roy, Bernard, Decision-Aid, 1990, S. 174-176; Hwang, Chin-Lai/Yoon, Kwangsun, Decision
Making, 1981; Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 66.
116
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 67.
117
Vgl. Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 66 ff.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
28
Aus diesen Daten wird mit Hilfe einiger hier nicht dargestellter Verfahrensschritte
118
eine
Präferenzrelation berechnet. Dazu wird jedem Aktionenpaar
)
,
(
j
i
a
a
eine Zahl
]
1
,
0
[
)
,
(
j
i
a
a
p
zugeordnet mit der folgenden Bedeutung: ,,
)
,
(
j
i
a
a
p
ist der Glaubwürdigkeitsgrad für die
Hypothese, dass bezüglich der Präferenzen des Entscheidungsträgers die Aktion
i
a mindestens
so gut wie die Aktion
j
a ist."
119
Die Werte lassen sich in einer Matrix sammeln, die als Prävalenz-Matrix bezeichnet wird. Das
Verfahren ist nach diesem Schritt beendet. Zur Analyse der Prävalenz-Matrix und Bildung einer
Rangfolge der Alternativen existiert eine Reihe von Auswertungsverfahren, auf deren
Beschreibung hier verzichtet wird.
Eine ähnliche Methode ­ trotz der Unterschiede in algorithmischen Details ­ wird bei den
Präferenzverfahren ORESTE
120
, PROMETHEE
121
und LINMAP
122
angewandt. Sie sind für die
weitere Thematik jedoch irrelevant und werden daher im Rahmen dieser Arbeit nicht näher
behandelt.
123
Der Vorteil der Präferenzmethoden besteht in der Berücksichtigung der Unvergleichbarkeit von
Aktionen. Er relativiert sich jedoch durch den beträchtlichen Aufwand bei der Erhebung der
Präferenzdaten durch Paarabfragen und der geringen Aussagefähigkeit der Prävalenz-Matrix.
Diese muss durch weitere Auswertungsschritte
124
gedeutet werden, was der Transparenz und der
Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses entgegensteht. Folglich ist die Anwendung dieser Verfahren
bei komplexen Bewertungsproblemen beschränkt.
3.4.3 Gewichtete Rangaddition
Die gewichtete Rangaddition
125
ist ein vergleichsweise einfaches Verfahren, Präferenzinformatio-
nen in der Weise zu verwerten, dass eine Rangordnung der Aktionen möglich wird. Zunächst
werden die Ausprägungen jedes einzelnen Aktionsparameters streng ordinal durch ein Ranking
bewertet. Im zweiten Schritt werden die Aktionsparameter durch die Vergabe von Faktoren ge-
wichtet. Der Gewichtungsfaktor
GRA
k
g
drückt die gesamtheitliche Bedeutung des Aktionspara-
meters
k
X aus. Die vergebenen Rangpunkte werden mit den Gewichtungsfaktoren des je-
weiligen Aktionsparameters multipliziert. Schließlich werden die gewichteten Parameter für jede
einzelne Aktion zu einem Gesamtwert summiert. Diese Summen ermöglichen die Erstellung
einer Rangfolge aller Aktionen auf einer streng ordinalen Skala.
126
118
Durch qualitative Vergleiche einzelner Aktionen mit der gesamten Menge der restlichen Aktionen zerfällt die Menge der Aktionen in zwei
Teilmengen. Die Konkordanzmenge enthält diejenigen alternativen Aktionen, die der Referenzaktion vorgezogen werden oder ihr gleichwer-
tig sind. Die Diskordanzmenge enthält die Komplementärmenge der Konkordanzmenge. Der Vergleich dieser beiden Mengen ergibt die
Präferenzrelation der jeweiligen Referenzaktion. Vgl. dazu Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 67 f.
119
Bamberg, Günter/Coenenberg, Adolf G., Entscheidungslehre, 2000, S. 67.
120
Abkürzung für französisch ,,Organisation, Rangement Et Synthèse de données relaTionElle"; Zur Entwicklung vgl. Roubens, Marc/Vincke,
Philippe, Relations, 1985.
121
Abkürzung für englisch ,,Preference Ranking Organisation METHod for Enrichment Evaluations".
122
Abkürzung für englisch ,,LINear programming techniques for Multidimensional Analysis of Preference".
123
Vgl. zu diesen Präferenzverfahren Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 295 ff; und Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 90 ff.
124
Dies sind beispielsweise die Darstellung in Graphen oder die Einführung von Äquivalenzklassen.
125
Wird auch als ,,rein-ordinale Nutzwertanalyse" bezeichnet; vgl. Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 86. Variationen der gewichteten
Rangaddition stellen die Majoritätsregel, die Copeland-Regel, die Austin-Slight-Regel, und die Thurstone-Regel dar; vgl. dazu Zangemeister,
Christof, Nutzwertanalyse, 1976, S. 260 ff.
126
Vgl. Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 117 ff.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
29
Die endlich vielen Aktionen
A
a
können nur schwach angeordnet werden. Die Aggregation
dieser m schwachen Ordnungen geschieht anhand des additiven Präferenzindex
å
=
=
m
k
i
k
GRA
k
i
GRA
a
r
g
a
1
)
(
)
(
.
Hierbei bezeichnet
)
(
i
k
a
r
den Rang von Alternative
i
a innerhalb der Anordnung
j
i
j
k
i
k
a
a
a
r
a
r
µ
)
(
)
(
.
Die Abbildung einer eindimensionalen Ordnung auf einer ordinalen Skala stellt die vergleichs-
weise geringsten Anforderungen an den Entscheidungsträger. Für die gewichtete Rangaddition
hat dies den Vorteil, dass sich eine eindeutige Rangfolge mit relativ geringem Informationsbedarf
erzeugen lässt. Nachteilig für die Aussagekraft der zugeordneten Wertgrößen ist allerdings die
starke Abhängigkeit des Ranking von der Anzahl der Aktionen. So ist es nicht möglich, die
Modellstruktur der gewichteten Rangaddition für nachträglich entstehende, zusätzliche Aktionen
offen zu halten.
3.4.4 Nutzwertanalyse
Das Konzept der Nutzwertanalyse wurde zu Beginn der 1970er Jahre entwickelt und ist seit dem
ständig erweitert und auf unterschiedliche Problemstellungen angepasst worden.
127
Mittlerweile
handelt es sich bei der Nutzwertanalyse streng genommen nicht um ein einziges Verfahren,
sondern eine ganze Klasse von Verfahrensvarianten. Diese unterscheiden sich in erster Linie
darin, wie einzelnen Aktionsparametern Wertgrößen zugeordnet und gewichtet werden. Bei aller
Verschiedenheit lassen sich aber gemeinsame Strukturmerkmale identifizieren, sodass es gerecht-
fertigt ist, insgesamt von der Nutzwertanalyse zu sprechen.
128
Die Nutzwertanalyse ist die Analyse einer Menge komplexer Aktionen mit dem Zweck, diese
entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers durch ein multikriterielles Bewertungs-
system zu ordnen.
129
Durch die Auflösung einer komplexen Bewertungssituation in einfachere
Teilaspekte, die Bewertung dieser Teilaspekte und eine daran anknüpfende Zusammenfassung
der Teilbewertungen ermöglicht sie eine umfassende Bewertungsaussage. Die Zusammenfassung
zu einer gemeinsamen dimensionslosen Gesamtgröße, dem so genannten Nutzwert der jeweiligen
Aktion, lässt gleichzeitig quantitativ und qualitativ zu messende Aktionsparameter zu und macht
die Nutzwertanalyse auch bei multidimensionalen Bewertungsproblemen anwendbar.
130
Für die Parameter der Aktionen werden zunächst ihre Ausprägungen in der jeweiligen Dimension
quantitativ gemessen oder verbal beschrieben.
131
Diese Ausprägungen werden als Zielerträge
127
Zur Entstehung und Entwicklung der Nutzwertanalyse vgl. auch die umfangreichen Ausführungen bei Zangemeister, Christof, Nutzwertanalyse,
1976; Bechmann, Arnim, Nutzwertanalyse, 1978; Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992.
128
Vgl. Schneeweiß, Christoph, Planung, 1991, S. 121.
129
So auch Zangemeister, Christof, Nutzwertanalyse, 1976, S. 45.
130
Vgl. Bechmann, Arnim, Nutzwertanalyse, 1978, S. 21; Lusti, Markus, Data, 1999, S. 16.
131
Quantitativ beispielsweise ,,24 Stunden", ,,100 ", ,,20 m³"; qualitativ beispielsweise ,,gering", ,,mittel", ,,hoch".

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
30
bezeichnet. Um sie zu einem Nutzwert zusammenfassen zu können, werden im zweiten Schritt
die Zielerträge in dimensionslose Zielwerte
NWA
k
v
transformiert. Möglichen Ausprägungen der
Aktionsparameter (Zielerträgen) ordnet man dabei Wertgrößen (Zielwerte) zu.
132
Die relative
Bedeutung des Aktionsparameters wird durch sein Zielgewicht, einen Gewichtungsfaktor
NWA
k
g
,
festgelegt. Multipliziert mit dem betreffenden Zielwert ergibt sich der Teilnutzwert der jeweiligen
Aktion für den Aktionsparameter
k
X . Alle Teilnutzwerte einer Aktion lassen sich zu einer
Gesamtgröße, dem so genannten Nutzwert der Aktion, summieren. Dieser Vorgang wird als
Wertsynthese bezeichnet. Der gewichtete Nutzwert
i
N für eine Aktion
i
a (
1
=
i
,..., n ) ent-
spricht der Bewertungsfunktion. Sie wird berechnet durch die folgende Formel:
å
=
=
=
m
k
i
NWA
k
NWA
k
NWA
i
i
NWA
a
v
g
N
a
1
)
(
)
(
Hierbei bezeichnet
i
N den Nutzwert der Aktion
i
a ,
NWA
k
g
den Gewichtungsfaktor von Aktions-
parameter
k
X ,
)
(
i
NWA
k
a
v
die Zielgröße von Aktionsparameter
k
X für Aktion
i
a und m die
Anzahl der Aktionsparameter.
Die weite Verbreitung der Nutzwertanalyse ist zu einem großen Teil auf die Einfachheit ihrer
formalen Struktur, die Anschaulichkeit ihres Lösungswegs und ihre allgemeine Anwendbarkeit
zurückzuführen. Durch die Zerlegung des Bewertungsprozesses sind die einzelnen Schritte des
Verfahrens transparent und leicht durchführbar. Verglichen mit einer Gesamtbewertung der
Aktionen durch andere Verfahren resultiert jedoch aus der Bewertung in Teilaspekten nicht
immer ein exakteres Ergebnis. Vielmehr besteht die Gefahr, durch die scheinbare Präzision der
Nutzwerte einer tatsächlich nicht erreichten Genauigkeit der Ergebnisse zu vertrauen, da die
äußere Form der Nutzwertanalyse über eventuelle inhaltliche Mängel hinwegtäuschen kann.
133
Zur Anwendung der Nutzwertanalyse bedarf es demnach einer ausreichenden inhaltlichen
Begründung des Bewertungsfeldes. Diese muss sowohl die klare Definition der zu bewertenden
Aktionsparameter als auch die fundierte Bestimmung der Gewichtungsfaktoren umfassen.
3.4.5 Analytic Hierarchy Process
Der Analytic Hierarchy Process (AHP)
134
ist als Weiterentwicklung der Nutzwertanalyse ent-
standen.
135
Bei diesem Verfahren wird zunächst durch Einzelabfragen die relative Ausprägung
zweier Aktionen in einem Aktionsparameter auf einer Fünf- oder Neun-Punkte-Skala abgefragt.
Der Entscheidungsträger gibt also für jedes Aktionenpaar
)
,
(
j
i
a
a
ein Präferenzurteil
)
,
(
j
i
k
a
a
p
ab, das die Vorziehenswürdigkeit von Aktion
i
a über
j
a bezüglich Parameter
k
X angibt.
132
Beispielsweise fünf Punkte für die beste, ein Punkt für die schlechteste Ausprägung
133
Vgl. Bechmann, Arnim, Nutzwertanalyse, 1978, S. 34 f.
134
Das Verfahren wird auch ,,Eigenvektor-Methode" genannt; vgl. Zimmermann, Hans-Jürgen/Gutsche, Lothar, Analyse, 1991, S. 65.
135
Vgl. Lusti, Markus, Data, 1999, S. 16. Zur Entwicklung des AHP vgl. Saaty, Thomas L., Process, 1980.

3 Entscheidungstheoretische Grundlagen
31
Es gilt dabei die Annahme, dass er
)
,
(
j
i
k
a
a
p
als Verhältnis
)
(
)
(
)
,
(
j
AHP
k
i
AHP
k
j
i
k
a
v
a
v
a
a
p
=
mit
0
AHP
k
v
für alle k bestimmt. Somit folgt hieraus
)
,
(
1
)
,
(
i
j
k
j
i
k
a
a
p
a
a
p
=
und insbesondere
1
)
,
(
=
i
i
k
a
a
p
.
Bei n Aktionen hat der Entscheidungsträger für jeden Aktionsparameter
2
)
1
(
-
n
n
Präferenz-
urteile abzugeben. Die Ergebnisse werden im zweiten Schritt in einer Paarvergleichsmatrix
k
V er-
fasst.
ú
ú
ú
ú
ú
ú
ú
ú
ú
ú
ú
û
ù
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ê
ë
é
=
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
)
,
(
)
,
(
1
)
,
(
1
)
,
(
)
,
(
)
,
(
)
,
(
1
4
3
2
1
4
4
3
4
2
4
1
3
4
3
3
2
3
1
2
4
2
3
2
2
1
1
4
1
3
1
2
1
L
M
O
M
M
M
M
L
L
L
L
n
k
n
k
n
k
n
k
n
k
k
k
k
n
k
k
k
k
n
k
k
k
k
n
k
k
k
k
AHP
k
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
a
a
p
V
Gemäß der oben genannten Annahme enthält deren Hälfte unterhalb der Diagonalen die re-
ziproken Werte der Einträge oberhalb der Diagonalen.
136
Diese Vergleichsmatrix wird normiert
durch die Vorschrift
å
=
=
n
i
i
AHP
k
a
v
1
1
)
(
.
Nach Durchführung aller Paarvergleiche muss die Konsistenz
137
der Einzelbewertungen über-
prüft werden. Der AHP bedient sich zu diesem Zweck der Eigenwertmethode. Diese besagt, dass
136
Vgl. dazu Lillich, Lothar, Nutzwertverfahren, 1992, S. 77 ff.
137
Widerspruchsfreiheit

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832462635
ISBN (Paperback)
9783838662633
DOI
10.3239/9783832462635
Dateigröße
4.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – Bauingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2003 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
schnittstellenmanagement generalunternehmer schlüsselfertiges bauen projektsteuerung projektmanagement
Zurück

Titel: Entwicklung eines EDV-gestützten Vorgehens zum Erfassen und Bewerten von Schnittstellen bei der Abwicklung schlüsselfertiger Hochbauprojekte
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
175 Seiten
Cookie-Einstellungen