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Maßnahmen zur Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten in Hinblick auf die Umsetzungsmöglichkeiten in Alten- und Pflegeheimen

©2002 Diplomarbeit 71 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Diplomarbeit „Maßnahmen zur Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten in Hinblick auf die Umsetzungsmöglichkeiten in Alten- und Pflegeheimen“ beschäftigt sich mit der Fragestellung, mit welchen Maßnahmen krankheitsbedingte Fehlzeiten der Pflegekräfte in Alten- und Pflegeheimen mit Hilfe der Erfahrungen aus der Industrie, der öffentlichen Verwaltung und anderen Dienstleitungsbereichen sowie den jüngsten Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet dauerhaft gesenkt werden können.
Die Nutzung dieser Erfahrungen ist um so wichtiger, weil im Gesundheits- und Sozialbereich durch krankheitsbedingte Fehlzeiten erhebliche Kosten entstehen und nur wenig eigene Erfahrungen vorhanden sind.
Außerhalb des Gesundheits- und Sozialbereiches wurden durch eine verbesserte Arbeitsorganisation und ein geändertes Führungsverhalten, durch betriebliche Gesundheitsförderung und Betriebssozialarbeit, durch Rückkehrgespräche, durch veränderte Arbeitszeitmodelle und veränderten Personaleinsatz in den letzten Jahren spürbare Erfolge erzielt.
Dabei hat sich gezeigt, dass nicht durch Einzelmaßnahmen, sondern nur durch die Umsetzung von Gesamtkonzeptionen zur Verringerung der krankheitsbedingten Fehlzeiten Fortschritte gemacht wurden. Übereilte oder schlecht durchdachte Einzelmaßnahmen konnten sogar den Betriebsablauf negativ beeinflussen.
Auf Alten- und Pflegeheime lassen sich nicht alle gemachten Erfahrungen übertragen. Im Vordergrund stehen die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die betriebliche Gesundheitsförderung sowie eine individuell angepasste Arbeitszeitregelung. Personalführungsgespräche und Rückkehrgespräche können zur Reduzierung krankheitsbedingter Fehlzeiten beitragen. Diese Gespräche setzen seitens der Vorgesetzten Kompetenz und Fingerspitzengefühl voraus.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Besondere Problemlagen des Arbeitsfeldes stationäre Altenpflege2
3.Definition und Erfassung krankheitsbedingter Fehlzeiten6
4.Ergebnisse empirischer Untersuchungen über die Ausprägungen krankheitsbedingter Fehlzeiten8
5.Auswirkungen der Fehlzeiten auf die Kostensituation und den Betriebsablauf14
5.1Direkte Kosten14
5.2Indirekte Kosten und Betriebliche Probleme 15
6.Ursachen von krankheitsbedingten Fehlzeiten18
6.1Ursachen aus dem privaten Umfeld18
6.2Betriebliche Ursachen20
6.3Externe Ursachen22
7.Maßnahmen zur Senkung von krankheitsbedingten Fehlzeiten in der stationären […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt

1. Einleitung

2. Besondere Problemlagen des Arbeitsfeldes stationäre Altenpflege 2

3. Definition und Erfassung krankheitsbedingter Fehlzeiten

4. Ergebnisse empirischer Untersuchungen über die

Ausprägungen krankheitsbedingter Fehlzeiten

5. Auswirkungen der Fehlzeiten auf die Kostensituation und den Betriebsablauf
5.1. Direkte Kosten
5.2. Indirekte Kosten und Betriebliche Probleme

6. Ursachen von krankheitsbedingten Fehlzeiten
6.1. Ursachen aus dem privaten Umfeld
6.2. Betriebliche Ursachen
6.3. Externe Ursachen

7. Maßnahmen zur Senkung von krankheitsbedingten Fehlzeiten in der stationären Altenpflege
7.1 Arbeitsorganisatorische Maßnahmen und Betriebsklima
7.2. Betriebliche Gesundheitsförderung der Mitarbeiter
7.3. Betriebssozialarbeit
7.3.1. Sozialbetreuung der Merck OHG
7.4. Mitarbeitergespräche
7.4.1. Das Rückkehrgespräch
7.4.2. Opel-Modell
7.4.3. Konzeption städtischer Eigenbetrieb
7.5. Änderung von Arbeitsentgelt und Arbeitszeiten

8. Bewertung der Maßnahmen und Schlußfolgerungen 48
8.1. Arbeitsorganisatorische Maßnahmen und Betriebsklima
8.2. Betriebliche Gesundheitsförderung der Mitarbeiter
8.3. Betriebssozialarbeit
8.4. Mitarbeitergespräche
8.5 Änderung von Arbeitsentgelt und Arbeitszeiten

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Gesunde, motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmen. Dies gilt besonders in der Zeit eines tiefgreifenden Wandels der Arbeitswelt, gekennzeichnet unter anderem durch zunehmende Globalisierung, tendenziell wachsende Arbeitslosigkeit damit einhergehend Veränderungen der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse, vermehrte Teilzeitarbeit, zunehmender Befristung von Arbeitsverhältnissen, mehr Telearbeitsplätze und ein höheres Durchschnittsalter der Mitarbeiter.

Während die körperlichen Belastungen an modernen Arbeitsplätzen eher abgenommen haben, steigen die psychomentalen Anforderungen an die Mitarbeiter, deren Arbeitssituation häufig gekennzeichnet ist durch Streß, Termin- und Erfolgsdruck, Unter- oder Überforderung durch die Arbeitsinhalte und /oder -abläufe sowie ein verbesserungswürdiges Betriebsklima.[1]

Rund drei Wochen pro Jahr bleiben Beschäftigte in der Bundesrepublik Deutschland ihrem Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen fern. Diese Fehlzeiten erhöhen die Personalkosten. Allein für die Lohnfortzahlung fielen nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IDW) in Köln im Jahr 2000 knapp 28 Mrd. Euro an. Hinzu kommen indirekte Aufwendung, die Beispielsweise durch Produktionsausfälle oder Lieferschwierigkeiten entstehen.[2]

Sowohl chronische als auch akute Krankheiten können durch ungünstige Arbeitsumstände mitbedingt und im Verlauf negativ beeinflußt werden.

Solche arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren können lohnender Gegenstand betrieblicher Interventionsprogramme zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Mitarbeiter und damit gleichzeitig zur Vermeidung und Verringerung krankheitsbedingter Fehlzeiten sein, denn die Mitarbeiter können ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhalten bzw. verbessern und die Unternehmen können von höherer Produktivität und geringeren Krankheitsfolgekosten profitieren.[3]

Da ich seit dem 01. April 2002 ein Alten- und Pflegeheim leite, stellt sich mir konkret die Frage, mit welchen Maßnahmen ich die krankheitsbedingten Fehlzeiten in einer solchen Einrichtung dauerhaft senken kann. Dabei möchte ich mir die Erfahrungen aus der Industrie, der öffentlichen Verwaltung und anderen Dienstleitungsbereichen sowie die jüngsten Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet zunutze machen.

In dieser Arbeit sollen die Fehlzeiten analysiert und Strategien und Maßnahmen zur Senkung dargestellt und bewertet werden. Dies soll in Hinblick auf die Gegebenheiten in Alten- und Pflegeheimen und die Umsetzungsmöglichkeiten dort geschehen. Dabei beschränke ich mich auf die Pflegekräfte in den Einrichtungen, da sie die zahlenmäßig größte Gruppe darstellen und im Kernbereich der Dienstleistungserstellung tätig sind.

2. Besondere Problemlagen des Arbeitsfeldes stationäre Altenpflege

Die Betreuung und Pflege alter Menschen hat sich mittlerweile zu einem bedeutenden Arbeitsfeld im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens entwickelt. Die in der Altenpflege tätigen Beschäftigten sind davon betroffen, daß ein hoher gesellschaftlicher Bedarf an Pflege, Betreuung, Beratung und Förderung besteht, während zugleich ein Mangel an fachlich hinreichend qualfiziertem Personal immer stärker zutage tritt.[4] Darüber hinaus verläßt ein großer Teil des ausgebildeten Fachpersonals den erlernten Beruf schon nach kurzer Zeit, viele davon bereits im ersten Jahr.[5]

So hat das Bundesinstitut für Berufsbildung zwischen 1992 und 1997 eine bis dahin für Pflegeberufe einmalige Untersuchung über Berufseinmündung und Berufsverbleib von Altenpflegerinnen und Altenpflegern in den ersten fünf Berufsjahren durchgeführt.

In der Altenpflege waren fünf Jahre nach Ausbildungsabschluß noch etwa 18% der Absolventen von 1992 im erlernten Beruf tätig; und selbst für diese trägt die Ausbildung nach Ergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) längstens neun Jahre. 18% sind jetzt in einem anderen Beruf tätig, etwa 10% haben ein Studium aufgenommen; 55% arbeiten definitiv nicht mehr in diesem Beruf. Über ihre weitere berufliche Entwicklung gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine genauen Informationen.

Unter den herrschenden und von den befragten Altenpflegerinnen und Altenpflegern ausgiebig kritisierten Bildungs- und Arbeitsbedingungen ist Altenpflege kaum mehr als Lebensberuf zu betrachten. Während 1994 noch etwa 65 % die Frage, ob Altenpflege für sie ein Lebensberuf sei, mit JA beantworteten, hat sich die Zustimmung zum Beruf bis 1997 drastisch reduziert.

Insofern bleiben die starken Ausstiegsbewegungen und das definitive Verlassen des Berufs, bzw. des Berufsfeldes die zentralen Probleme für die berufliche Altenpflege. Bei 78% der "aussteigenden" Altenpflegefachkräfte wurde 1997 explizit "die Pflegeversicherung", die ein an (Pflege-)Standards und menschlich verantwortlichen Kriterien orientiertes berufliches Arbeiten nicht mehr zuläßt, als Ausstiegsgrund genannt.

Unter diesen Bedingungen in der Altenhilfe muß mehr denn je davon ausgegangen werden, daß nach fünf Jahren Berufszugehörigkeit in etwa die Anzahl der Teilnehmer eines Ausbildungsjahrgangs den Beruf wieder verlassen haben wird. Die Abkehr vom Beruf gilt im übrigen auch für Frauen, die aufgrund einer Schwangerschaft und/oder für den Erziehungsurlaub den Beruf verlassen: 85% von ihnen geben mindestens als "Zweitgrund" für die Entscheidung, eine Familie zu gründen, massive Unzufriedenheit mit dem Beruf Altenpflege an.[6]

Die Arbeit in der Altenpflege ist durch hohe physische und psychische Belastungen und Beanspruchungen gekennzeichnet. Diese Arbeitsbedingungen können zu einem frühzeitigen gesundheitlichen Verschleiß und Motivationsverlusten führen und dadurch die Tätigkeitsdauer der Pflegekräfte einschränken.[7]

Die Pflegeversicherung in ihrer jetzigen Form hat zu einer spürbaren Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Altenpflege geführt. Diese Auffassung vertritt auch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Die Ursache wird vor allem im Einstufungssystem gesehen.

Die Bewertung der Pflegebedürftigkeit und die Berechnung der Pflegesätze richten sich in erster Linie nach den körperlichen Beeinträchtigungen der zu Pflegenden. Ursula Wetzel, Leiterin des Referats Altenhilfe beim Caritasverband, verweist darauf, die Pflegeversicherung klammere die besonderen Probleme von Demenzkranken aus. Sie berücksichtige nur den Hilfsbedarf bei der Körperhygiene, der Ernährung und der Fortbewegung.

Der tatsächlich höhere Pflege- und Betreuungsaufwand werde von den Pflegekassen nicht angemessen vergütet. Für die Pflegebedürftigen führe das zu einem raschen Abbau ihrer Fähigkeiten und ihrer Selbständigkeit. Für die Beschäftigten entstünden dauernde Frustration, beständiger Streß und die Gefährdung ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit.[8]

Vertreterversammlung und Vorstand der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) fordern umgehend rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um für die Pflegebedürftigen eine qualitative Pflege zu ermöglichen und zugleich für das Pflegepersonal eine Tätigkeit ohne Gefährdung für die eigene Gesundheit sicherzustellen.

Die krank machenden Rahmenbedingungen führen zu folgender Kostenkette: Entgeltfortzahlungen, Heil- und Behandlungskosten, medizinische und berufliche Rehabilitation, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Sie belasten sowohl die Volkswirtschaft als auch die Betriebe; dies geht auch zu Lasten der Pflegebedürftigen.[9]

Um die Belastung der Mitarbeiter in den Alten- und Pflegeheimen zu verdeutlichen, möchte ich an dieser Stelle die durchschnittlichen Personalzahlen bei den Pflegeberufen in unseren Nachbarländern erwähnen.

Setzt man die Personalzahlen in den alten Bundesländern gleich 100 ergibt sich für

- die Niederlande ein Wert von 304
- Dänemark ein Wert von 316
- die Schweiz ein Wert von 182

Von den westlichen Industrienationen liegen bei der Anzahl der Pflegekräfte nur Österreich, Italien und Belgien unter den deutschen Werten.

Die hohen Kosten des Gesundheitswesens sind also nicht mit der hohen Zahl der Pflegekräfte zu erklären.[10]

Um ein die Dimension der Fragestellung dieser Arbeit zu vermitteln: Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland etwa 8300 Alten- und Pflegeheime mit einer Personalrelation von 10,6 Stellen auf 30 Pflegeplätze.[11]

Bei einer Anzahl von 803000 Menschen, die in Heimen leben, ergeben sich daraus 28372,66 volle Stellen in Alten- und Pflegeheimen. Da in diesem Berufsfeld viele Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten ist die Gesamtzahl der Mitarbeiter erheblich höher.[12]

3. Definition und Erfassung krankheitsbedingter Fehlzeiten

In der Betriebspraxis wird der Begriff „Fehlzeiten“ nicht einheitlich verwendet. Sinnvoll und praktikabel erwies sich die Unterscheidung von „Ausfallzeiten“ und „Fehlzeiten“.[13]

Dabei sind Ausfallzeiten alle Zeiten, „in denen der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Aufgaben, zu der er sich vertraglich verpflichtet hat, nicht zur Verfügung steht.“[14]

Dazu gehören außer den krankheitsbedingten Fehlzeiten auch die Abwesenheiten wegen Urlaub, Feiertagen oder anderen aus Gesetz, Tarifvertrag oder betrieblichen Regelungen bedingten Gründen.

Im Jahre 1998 hatten die Beschäftigen in Deutschland im Durchschnitt Ausfallzeiten im Umfang von 57 (Ausfall-) Tagen. Darunter waren 30 Urlaubstage, 9 Feiertage, 16 Fehltage wegen Krankheit und 2 Tage aus sonstigen Gründen. Fehlzeiten sind in der konkreten Begriffsdefinition also die Zeiten, in denen der Beschäftigte aus persönlichen Gründen abwesend ist. Diese Zeiten sind deshalb für die Unternehmensführung interessant, weil sie sich durch betriebliche Maßnahmen beeinflussen lassen.[15]

Dazu ist es notwendig, über entsprechende Informationen zu verfügen, um Umfang und Struktur der Fehlzeiten im Betrieb analysieren zu können. Außerdem müssen die Ursachen der Fehlzeiten ermittelt werden.[16]

Ein Personalinformationssystem auf EDV-Basis, das mit einer maschinellen An- und Abwesenheitskontrolle gekoppelt ist, erleichtert ein möglichst vollständige Erfassung der Fehlzeiten. Hierbei ergeben sich Probleme, weil dieses Verfahren nicht ausreichend den Grund der Abwesenheit klassifiziert, so daß in der Betriebsabteilung oder im Personalwesen eine Nacharbeit erforderlich ist.

Bei Klein- und Mittelbetrieben ist wegen des Fehlens der beschriebenen maschinellen Voraussetzungen eine manuelle Erfassung notwendig. Dabei wird in der Regel ein für jeden Mitarbeiter auszufüllendes Formular verwendet. Bei der Auswertung können die Fehlzeiten nach betriebsorganisatorischen Kriterien geordnet werden oder nach den individuellen Merkmalen der Mitarbeiter oder des Arbeitsplatz wie zum Beispiel Lebensalter, Dienstalter, Geschlecht, Familienstand, Kinderanzahl, Qualifikation, Arbeitszeitmodell, Nationalität oder Wohnort.[17]

Individuelle Fehlzeitendaten machen die Hintergründe für die Abwesenheit des Einzelnen vom Arbeitsplatz transparent, was der Führungskraft die Einflußnahme erleichtert. Daraus können allerdings nur individuelle, auf den einzelnen Mitarbeiter zugeschnittene Maßnahmen abgeleitet werden. Individuelle Maßnahmen erfordern einen geeigneten kollektiven Rahmen, der durch unternehmensweite einheitliche Instrumente zur Fehlzeitenreduzierung angeboten werden sollte.[18]

Aus den individuellen Fehlzeiten wird der Krankenstand für die Gesamtheit der Beschäftigten ermittelt, der dann ausgedrückt als das prozentuale Verhältnis der krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Sollarbeitszeit mit anderen Betrieben oder der Branche verglichen werden kann. Dabei werden Erkrankungen im eigentlichen Sinne, Arbeitsunfälle einschließlich Wegeunfälle, häusliche Unfälle und Berufskrankheiten zusammengefaßt betrachtet.[19]

4. Ergebnisse empirischer Untersuchungen über die Ausprägungen krankheitsbedingter Fehlzeiten

Das Bundesgesundheitsministerium ließ durch die Krankenkassen den Jahresdurchschnitt aller arbeitsunfähig erkrankten Pflichtmitglieder in den alten Bundesländern ermitteln. Als Stichtagserhebung zum ersten des Monats ergab sich eine kontinuierliche Abwärtsbewegung von 5,2 % im Jahr 1991 auf 4,2 % im Jahre 2000.

Deutlich anders verlief die Entwicklung der Krankenstände bei der monatsdurchschnittlichen Erhebung, die sich auf die Betriebskrankenkassen beschränkte.

Dort war der Verlauf von 4 % im Jahre 1991 über den Höchststand von 5,1 % im Jahre 1995 auf 4,3 % im Jahr 2000.[20] Aus diesen Zahlen ist keineswegs abzuleiten, das Problem der krankheitsbedingten Fehlzeiten werde immer gravierender, wie von einigen Autoren behauptet wird.[21]

Nimmt man die statistische Verteilung der Arbeitsunfähigkeitsfälle und –tage des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen (1995)[22], so ergibt sich folgendes Bild: Fast die Hälfte aller Arbeitsunfähigkeitsfälle beanspruchen einen Zeitraum von einer Woche, ein Viertel eine Dauer von zwei Wochen. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage der Versicherten der Betriebskrankenkassen betrug 1995 im Durchschnitt 21 Tage und blieb damit vier Jahre auf gleichen Niveau, nachdem die Beschäftigten Anfang der neunziger Jahre vier Tage länger krank waren.[23]

Im Fehlzeiten-Report der AOK werden die krankheitsbedingten Fehlzeiten nach Erkrankungen in Bezug auf die Anzahl und die Dauer der Arbeitsunfähigkeitstage aufgeschlüsselt. Auch die unterschiedliche Entwicklung der Krankenstände in den verschiedenen Branchen wird dargestellt:

Krankenstandentwicklung 1994-1999

in Prozent nach Wirtschaftszweigen (für die BRD)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Fehlzeiten-Report 2000[24]

Auffällig ist, daß die Krankenstände in den Branchen recht unterschiedlich sind. Ein Einfluß der unterschiedlichen Tätigkeiten und unterschiedlichen Arbeitsbedingungen auf die Höhe des Krankenstandes liegt somit auf der Hand. Weitere Schlüsse aus diesen Zahl zu ziehen gestaltet sich schwierig, da viele Berufsgruppen und Personengruppen zusammengefaßt dargestellt werden.

Bezieht man die Analyse auf die Arbeitsunfähigkeitstage, so ergibt sich ein relativer Anteil der Arbeitsunfähigkeitstage der ersten zwei Wochen an der Gesamtdauer von etwas mehr als einem Viertel (26 %).[25]

Unter Hinzuziehung der Arbeitsunfähigkeitsfälle heißt das, daß 75 % aller Krankmeldungen nur 26 % der Fehltage ausmachen, und diese innerhalb der ersten zwei Wochen abgehandelt sind. Folglich macht nur ein Viertel der Krankmeldungen drei Viertel der gesamten Fehltage aus.

Von der dritten bis zur sechsten Woche nehmen Arbeitsunfähigkeitsfälle und –tage ab. Am Ende der sechsten Woche sind 94 % der Arbeitsunfähigkeitsfälle und 54 % der Arbeitsunfähigkeitstage abgeschlossen. Für sechs Prozent der Fälle und 46 % der Tage tragen somit die Krankenkassen die Kosten.[26]

Die Fehlzeiten sind nicht auf die einzelnen Wochentage gleichmäßig verteilt. Am Montag und am Freitag sind die Fehlzeiten höher als an den anderen Tagen, ebenso auch an den Tagen vor, nach oder zwischen Feiertagen.[27]

Im Jahresverlauf schwankt der Krankenstand sehr stark. Wenn man von einem Jahresdurchschnitt von 100 ausgeht steigt der Krankenstand im Winter mit einem Höchststand im Februar von 125 sinkt dann bis zur Jahresmitte mit einer kleinen Steigerung im Mai auf den Jahrestiefststand im Juli von 82. Zum Herbst hin steigt der Krankenstand bis zu einen Hochstand im Oktober von 109 und sinkt dann bis zum Jahresende auf einen Krankenstand von 85.[28]

Als Gesamttrend stellen Pohen/Esser fest:

„Ein Großer Teil der Fehlzeiten (70-80 %) entfällt auf einen verhältnismäßig geringen Anteil der Mitarbeiter (etwa 20-30 %)."[29]

Für alle Beschäftigten kann man die Krankheiten, die zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt haben, in der untenstehenden Darstellung erkennen.

Quelle: Fehlzeiten-Report 2000[30]

Für die Beschäftigten im Bereich der Altenpflege ergibt sich ein davon abweichendes Bild:

Nach Angaben der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege (BGW) gibt es in der Altenpflege 840.000 Beschäftigte in über 1.000 ambulanten und stationären Einrichtungen.

1998 wurden der BGW 2137 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit gemeldet, hauptsächlich Hauterkrankungen (943), Infektionskrankheiten (306), Wirbelsäulenerkrankungen (687) und Atemwegserkrankungen (99). Auch die Arbeitsunfallhäufigkeit ist hoch.[31]

Der Beruf der Altenpflegerin bzw. des Altenpflegers ist mit vielfachen gesundheitlichen Risiken verbunden. Wie die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen belegen, sind Altenpflegekräfte sowohl hinsichtlich der physischen als auch hinsichtlich der psychischen Gesundheit stärker beeinträchtigt als andere Berufsgruppen.[32]

Auch die Analysen des vorliegenden BGW-DAK Gesundheitsreports 2001 Altenpflege kommen zu diesem Schluß: Der psychische Gesundheitszustand der Altenpfleger ist um fast 12 % schlechter als der Vergleichswert der berufstätigen Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Altenpfleger leiden erheblich stärker als die Vergleichsbevölkerung unter psychosomatischen Beschwerden (44,3 % über dem Durchschnitt).

Bei den körperlichen und Allgemeinbeschwerden sind besonders Kreuz- und Rückenschmerzen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich stärker ausgeprägt. Hinweise auf starke Stressbelastungen konnten darüber hinaus auch bei der Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsdaten gewonnen werden. Psychische Erkrankungen lagen bei Beschäftigten in Altenpflegeeinrichtungen in ihrer Bedeutung für den Krankenstand an dritter Stelle hinter Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparates und der Atmungsorgane.[33]

Auf alle Beschäftigten bezogen haben psychische Probleme wie Depressionen, Angst und Eßstörungen von 1997 bis 2001 um 51 Prozent zugenommen. Bei jungen Menschen zwischen 15 und 29 Jahren hat die Deutsche Angestelltenkrankenkasse (DAK) sogar ein Wachstum dieser Krankheiten um 70 bis 90 % festgestellt.[34]

5. Auswirkungen der Fehlzeiten auf die Kostensituation und den Betriebsablauf

Die durch krankheitsbedingte Fehlzeiten entstehenden Kosten werden in der Literatur häufig als Schätzungen oder Hochrechnungen angegeben und können wegen der oft unterschiedliche Erhebungsmethoden nur begrenzt zwischen Unternehmen und Branchen verglichen werden. Die direkte Kosten in Form der Entgeltfortzahlung sind noch recht genau zu ermitteln, die indirekten Kosten und die sonstigen entstehen betrieblichen Probleme sind schwer zu erfassen, haben aber ein großes Gewicht.[35]

5.1. Direkte Kosten

Nach Pohen/Esser fehlt in Deutschland jeder Arbeitnehmer durchschnittlich an 18 Arbeitstagen im Jahr. Das bedeutet, daß an einem Arbeitstag im Durchschnitt 8,5 % aller Mitarbeiter fehlen. Jeder Fehltag verursacht zwischen 250 und 300 DM Lohnfortzahlungskosten.[36] Um diese Kosten für den Betrieb zu ermitteln beschreiben Pohen/Esser folgendes Rechenmodell:

(...) Berechnung der Kosten für Fehlzeiten

a) Berechnung des Kostenumfangs

Zahl der Mitarbeiter 1000

Durchschnittliches Jahreseinkommen 55000 DM

Fehlzeiten je Mitarbeiter 18,7 Tage = 8,5 %

Personalkosten für Fehlzeiten

(je Mitarbeiter 4675 DM) für 1000 Mitarbeiter 4675000DM

()

Fehltage je Jahr (18,7 x 1000) 18700 Tage

Fehlende Mitarbeiter je Arbeitstag 85

Personalkosten je Mitarbeiter/Fehltag 250 DM

b) Einsparung bei Senkung der Fehlzeiten

Bei einer Fehlzeitenreduzierung, die bei konsequenter Durchführung von

Maßnahmen möglich ist, kann eine Senkung der Personalkosten erreicht werden,

und zwar

Senkung um 1 %-Punkte 550000 DM

Senkung um 2 %-Punkte 1100000 DM

Senkung um 3 %-Punkte 1650000 DM

[37]

Zu diesen Kosten müssen noch die indirekten Kosten, die unter 5.2. beschrieben werden hinzugerechnet werden.[38]

5.2. Indirekte Kosten und Betriebliche Probleme

Neben den Kosten für die Entgeltfortzahlung werden aber auch die innerbetrieblichen Abläufe erheblich gestört[39], die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen sinkt und Vertragsstrafen oder ein Imageschaden können die Folgen sein.

Als unmittelbar anfallende Personalkosten durch Fehlzeiten nennen Pohen und Esser: „ Anteilige Kosten für Ausfallzeiten (beispielsweise Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, anteiliges 13. Monatsgehalt, Kontoführungsgebühren, Zuschuß zum Krankengeld bei Krankheit über 6 Wochen“ und die „Mehrkosten für Arbeitskraftreserve“[40]

Darüber hinaus entstehen mittelbar Kosten durch

„- Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung
- Gesetzliche Unfallversicherung
- Freiwillige Versicherungsbeiträge zu Krankenkassen
- Personal- und Sachaufwendungen für die Betriebskrankenkasse
- Betrieblicher Gesundheitsdienst
- Kosten für Mehrarbeit (beispielsweise Überstundenzuschläge)“[41]

Sonstige Kosten entstehen außerdem durch Verwaltungsaufwand, Kosten wegen ungenutzter Kapazitäten und die Ersatzbeschaffung von Mitarbeitern z.B. als Leiharbeitskräfte.[42]

Auch die Organisation der betrieblichen Arbeitsabläufe wird durch die krankheitsbedingten Fehlzeiten schwerwiegend beeinträchtigt. Es entstehen personelle Engpässe, wenn qualitativ gleichwertiger Ersatz gefunden werden muß. Werden ungeübte oder wenig qualifizierte Mitarbeiter als Vertretungen eingesetzt, muß mit einer höheren Fehlerquote und sinkender Arbeitsqualität gerechnet werden.[43]

[...]


[1] Vgl. AOK Baden-Würtemberg online Business, Website 21.04.2002, S. 1

[2] Vgl. Sparkassen-Finanzgruppe, 2002, S. 12

[3] Vgl. AOK Baden-Würtemberg online Business, Website 21.04.2002, S. 3

[4] Vgl. Meifort/Becker, 1998, S. 41

[5] Vgl. Brüggemann-Ebner, 1995, S. 106

[6] Vgl. Theodor Springmann Stiftung, Website 13.05.05

[7] Vgl. Naegele, 2002, S. 1

[8] Vgl. Arbeit & Ökologie-Briefe 9/1999, S. 4

[9] Vgl. LabourNet Germany, Website, 28.04.02

[10] Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 1996, S. 215

[11] Vgl. Naegele, 1997, S. 19/30

[12] Vgl. Rückert, 1997, S. 18/13

[13] Vgl. Kador/Brock, 1999, S. 25

[14] Kador/Brock, 1999, S. 27

[15] Vgl. Kador/Brock, 1999, S. 27

[16] Vgl. Pohen/Esser, 1995, S. 19-20

[17] Vgl. Kador/Brock, 1999, S. 30

[18] Vgl. Spies/Beigel, 1997, S. 22-23

[19] Vgl. Kador/Brock, 1999, S. 36-37

[20] Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2001, S. 79

[21] Vgl. Bitzer, 1999, S. 9

[22] Vgl. Kaufmännische Krankenkasse, 2002, S. 14

[23] ebenda

[24] zitiert nach: AOK Baden-Würtemberg online Business, 21.04.2002, S. 1

[25] Vgl. Deutsche Angestelltenkrankenkasse, 2001/S. 72

[26] Vgl. ebenda

[27] Vgl. Pohen/Esser, 1995, S. 54

[28] Vgl. Pohen/Esser, 1995, S. 55

[29] Pohen/Esser, 1995, S. 54

[30] zitiert nach: AOK Baden-Würtemberg online Business, 21.04.2002, S. 1

[31] Vgl. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege, Website 04.05.02

[32] Vgl. Nolte, 2002, S. 24

[33] Vgl. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege, Website 04.05.02

[34] Vgl. Starkenburger Echo, 5. Juni 2002, S. 35

[35] Vgl. Spies/Beigel, 1997, S. 35-39

[36] Vgl. Pohen/Esser, 1995; S. 21

[37] Pohen/Esser, 1995, S. 22

[38] Vgl. Pohen/Esser, 1995, S. 22

[39] Vgl.Pohen/Esser, 1995, S. 21

[40] Pohen/Esser, 1995, S. 24

[41] ebenda

[42] Vgl. ebenda

[43] Vgl. Spies/Beigel, 1997, S. 39

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832462536
ISBN (Paperback)
9783838662534
DOI
10.3239/9783832462536
Dateigröße
666 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Heidelberg – Sozial- und Gesundheitswesen
Erscheinungsdatum
2002 (Dezember)
Note
2,1
Schlagworte
personalwesen rückkehrgespräche führung altenhilfe gesundheitsförderung
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