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Growth- und Value-Strategie in Deutschland

Eine empirische Untersuchung unter Betrachtung konjunktureller Besonderheiten

©2002 Diplomarbeit 75 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Zu Beginn der Diplomarbeit wird das sog. „Style Investing“ erklärt. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk auf der Definition und Unterscheidung der Growth- und der Value-Strategie. Es wird sowohl die intuitive Unterscheidung der beiden Strategien, als auch die Unterscheidung anhand von Kennzahlen (Dividendenrendite, Kurs-Buch-Verhältnis, Kurs-Gewinn-Verhältnis, Gewinnwachstum) dargestellt und erläutert. Im Anschluss daran wird auf die fließenden Übergänge von Growth- und Value-Aktien anhand des „Lebenszyklusmodells von Branchen“ und anhand des „Gewinnzyklusmodells von Aktien“ (nach R. Bernstein) eingegangen. Hierbei wird der Bezug zum aktuellen Geschehen an den Kapitalmärkten hergestellt und graphisch verdeutlicht (Seite 1-17).
Die Basis dieser Arbeit bildet die durchgeführte empirische Untersuchung. Hierzu wurden die Unternehmen des DAX 30 über einen Zeitraum von 12 Jahren untersucht (1990-2001). Die Unterscheidung in Growth- und Value-Aktien wurde, für jedes Jahr neu, anhand der Dividendenrendite, des Kurs-Buch-Verhältnisses und des Kurs-Gewinn-Verhältnisses vorgenommen. Die Werte des DAX 30 wurden anhand ihrer Kennzahlenausprägungen sortiert und jweils die fünf Aktien mit den eindeutigsten Kennzahlenausprägungen wurden dann zum Growth- bzw. Value-Portefeuille kombiniert. Die Aktualisierung der Portefeuilles erfolgte jedes Jahr am ersten Handelstag des neuen Jahres. Im weiteren Verlauf wurden dann die jeweiligen Performances, das Risiko (anhand der Volatilität) und die risikoadjustierte Rendite des Growth- und des Value-Portefeuilles, sowie des DAX 30 berechnet, verglichen und ausführlich interpretiert, jeweils unterstrichen durch graphische Darstellungen. Auffällig war hierbei, dass die jeweiligen Überrenditen der Style-Portefeuilles in Phasen auftraten (Seite 18-31).
Aus diesem Grund werden die erzielten Ergebnisse mit dem Verlauf der Konjunktur in Deutschland in einen Zusammenhang gebracht. Besondere Bedeutung kommt hier den Erklärungsansätzen von R. Bernstein und T. Grünenfelder zu, die auf gegensätzliche Art und Weise versuchen, Gründe für die beobachteten Phasen zu liefern. Durch Korrelationsberechnungen von Ifo-Geschäftsklimaindex und den Style-Portefeuilles konnte dann ein Ansatz für den Untersuchungszeitraum in Deutschland eindeutig als zutreffend und einer als falsch definiert werden. Die erzielten Ergebnisse werden dann ausführlich dargestellt und interpretiert und durch eigene Schlussfolgerungen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Problemstellung und Zielsetzung dieser Arbeit

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten Ansätze der professionellen Aktienanalyse, entwickelt von Benjamin Graham, David Dodd und Charles Dow. Sie legten damit den Grundstein der fundamentalen und technischen Analyse von Aktien[1]. Auf dieser Basis aufbauend, wurden die Analysemethoden im Laufe der Zeit immer weiter verfeinert, so dass die Kenntnis der neuesten Gerüchte oder ein „Gespür“ für den Markt zu haben, weitgehend an Bedeutung verloren.

Die beiden Hauptstrategien zur Auswahl von geeigneten Aktien sind die technische und die fundamentale Analyse. Die technische Analyse versucht mit Hilfe von historischen Kursverläufen, der sog. Chartanalyse, und Kennzahlenanalysen frühzeitig Trendverläufe von Aktien zu identifizieren. Da-raus werden dann Kauf- und Verkaufsignale abgeleitet[2]. Bei der Fundamentalanalyse versucht der Anleger aus allen am Markt zugänglichen Informationen ein Urteil über das Unternehmen, bzw. die Aktie zu generieren. Das Urteil wird hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, seinen zukünftigen Gewinnaussichten und der Risiken, die mit einer Investition in dieses Unternehmen verbunden sind, gebildet[3]. Hierzu werden sowohl mikro-[4] als auch makroökonomische[5] Faktoren untersucht. Ziel der Fundamentalanalyse ist es, unterbewertete Aktien zu finden, d.h. Aktien, deren Börsenkurs geringer ist als ihr innerer Wert. Der „innere Wert“, auch Ertragswert genannt, entspricht dem kapitalisierten Wert zukünftiger Unternehmenserträge[6].

Ein zumindest in Deutschland weitgehend neuer Ansatz der Fundamentalanalyse ist das sog. „Style Investing“. Hier werden Aktien anhand diverser fundamentaler Kennzahlen unterschieden. Aktien, die ähnliche fundamentale Charakteristiken aufweisen, werden zu einem Portefeuille zusammengefasst. Stilansätze haben ihren Ursprung im angelsächsischen Raum. Die Bekanntesten sind zweifelsohne die Dividendenrendite, Size, Value und Growth. In Deutschland sind die beiden Begriffe Growth und Value erst seit dem Anstieg des DAX 30 auf über 8.000 Punkten und dem anschließenden Platzen der TMT-Blase[7] im Frühjahr 2000 in aller Munde. Vor allem in der Hausse waren sog. Growth-Aktien die Favoriten der meisten Anleger. Ak-tien, die schnell wuchsen und so das schnelle Geld versprachen, waren gefragt wie nie zuvor. Doch spätestens im Jahr 2001, eigentlich schon ein Jahr zuvor, fand ein Favoritenwechsel statt. Als die Börsen nachgaben, der DAX 30 fiel unter 4.000 Punkte, waren auf einmal defensivere Werte gefragt. Value-Aktien, die davor als „Langweiler-Aktien“ tituliert wurden, gewannen die Gunst der Anleger. Eine nähere Beschreibung der einzelnen Stile wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit im Punkt 2.2. vorgenommen.

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, den Growth- und Value-Ansatz in Deutschland darzustellen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf einem Vergleich der historischen Performance der beiden Stilansätze. Es wird für diese Arbeit eine empirische Untersuchung der 30 DAX-Werte vorgenommen. Der Be-obachtungszeitraum beträgt 12 Jahre, von 1990 bis 2001. Untersucht wird weiterhin, ob sich im Vergleich zum DAX 30, der die Benchmark bildet, eine Überrendite mit einem oder sogar beiden Ansätzen erzielen lässt. Die erzielten Ergebnisse werden dann explizit ausgeführt und es werden Gründe dargestellt, mit denen die Ergebnisse dieser Studie belegt werden können. Weiterhin wird untersucht, wie sich Growth- und Value-Aktien in bestimmten konjunkturellen Phasen verhalten haben und, ob die gleichen Untersuchungsergebnisse erzielt werden können, wie sie in anderen Studien beispielsweise für die USA[8] oder für den europäischen Raum[9] erzielt wurden.

2. Style Investing

2.1. Begriffsdefinition

Die Kernidee des Style Investing beruht auf den Ansätzen der fundamentalen Aktienbewertung. Aktien werden bezüglich ihrer fundamentalen Charakteristiken, meist anhand von Finanzkennzahlen, untersucht und diejenigen, die die größten Ähnlichkeiten zueinander aufweisen, werden zu einem Marktsegment kombiniert. Marktsegmente sind, laut der Definition von R. Bernstein, Aktiengruppen, die über ähnliche fundamentale Charakteristiken verfügen und, die diese Eigenschaften über mehrere Konjunktur- und Börsenzyklen beibehalten[10]. Somit ist Style Investing eine Kombination von mikroökonomischen Unternehmenscharakteristiken und von makroökonomischen Einflussfaktoren[11].

Um welche Art des Style Investing es sich handelt, ist abhängig von der, bzw. den gewählten Kennzahlen, anhand derer dann die Marktsegmente gebildet werden. Die anschließende Bildung von Style-Portefeuilles erfolgt nach dem Rangierungsprinzip. Aktien mit gleichen oder ähnlichen fundamentalen Charakteristiken werden zu einem Portefeuille zusammengefasst. Zu beobachten ist, dass es sich dabei häufig um Unternehmen handelt, die sich in ähnlichen Branchen befinden[12]. Hierauf wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit im Punkt 2.2.2.3. Lebenszyklus von Branchen detailliert eingegangen.

Im nun folgenden Punkt 2.2. werden die Stilvarianten Dividendenrendite und die Growth- und Value-Strategie vorgestellt. Ebenso werden in diesem Zusammenhang die wichtigsten Kennzahlen zur Bildung von Style-Portefeuilles erläutert. Das Hauptaugenmerk, auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit, liegt auf der Darstellung und Unterscheidung der Growth- und Value-Strategie.

2.2. Stilansätze

2.2.1. Dividendenrendite

Eine Art ein Style-Portefeuille zu bilden, ist Aktien nach ihrer Dividendenrendite zu sortieren. Vorab wird ein Aktienuniversum[13] definiert, das untersucht werden soll. Von diesen Aktien wird der Quotient aus zuletzt gezahlter Dividende und dem aktuellen Börsenkurs des Unternehmens gebildet. Anschließend erfolgt die Rangierung der untersuchten Aktien nach der Höhe ihrer Dividendenrendite. Die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite werden zu einem Portefeuille zusammengefasst. Umschichtungen erfolgen immer nach einem Jahr.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[14]

Aus dieser Gleichung ist ersichtlich, dass die Dividendenrendite steigt, wenn der Börsenkurs sinkt und umgekehrt. Aus diesem Grund wird sie als antizyklischer Indikator bezeichnet[15]. Von ihr gehen Kaufsignale aus, wenn der Kurs eines Unternehmens sinkt und als Folge der Quotient aus Dividende und Börsenkurs steigt.

Diverse Studien, unter anderem von O’Higgins, haben gezeigt, dass sich eine deutliche Überrendite im Vergleich zur jeweiligen Benchmark erzielen lässt, wenn man über einen längeren Zeitraum konsequent nur die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite zu einem Portefeuille kombiniert. O’Higgins untersuchte die 30 Werte des Dow Jones Industrial Average über einen Zeitraum von 25 Jahren. Während der DJIA eine Durchschnittsperformance von 13,22% erreichte, schaffte O’Higgins mit seinem Top 10-Portefeuille eine Performance von 17,98% p.a..

Gleichzeitig stellt eine hohe Dividendenrendite eine Absicherung gegen zu große Kursrückschläge einer Aktie dar. Würde der Kurs einer Aktie, auch bei einem allgemeinen Crash, zu stark absinken, so würde die Dividendenrendite über das Niveau der Verzinsung von festverzinslichen Wertpapieren steigen. Kann die Höhe der Dividendenauszahlung als sicher angesehen werden, handelt es sich somit um eine zusätzliche Absicherung gegen zu große Kursverluste[16].

Als Nachteil der Dividendenstrategie muss jedoch festgestellt werden, dass es sich um eine Vergangenheitsbetrachtung handelt, die somit nur eine beschränkte Aussagekraft auf zukünftige Kursentwicklungen zulässt.

2.2.2. Growth- und Value-Strategie

2.2.2.1. Begriffsdefinition

Die wohl am häufigsten diskutierten Investmentstile sind die Growth- und die Value-Strategie. Obwohl beide Begriffe im Portfoliomanagement eine intuitiv festgelegte Bedeutung haben, existiert keine allgemein anerkannte Definition dieser beiden Ansätze[17]. Ins Deutsche übersetzt wird „Growth“ mit Wachstum und „Value“ mit Substanz. Die Begriffe Wachstums- und Substanzwerte werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit synonym zu den Begriffen Growth- und Value-Aktien verwendet. Somit lässt sich die intuitive Definition erklären. Mit der Bezeichnung „Growth“ werden allgemein Unternehmen aus Wachstumsbranchen tituliert, so zum Beispiel aus den Bereichen Medien, Telekommunikation oder Biotechnologie[18]. Unter „Value“ werden Unternehmen verstanden, die in eher traditionellen Branchen tätig sind, wie dem Baugewerbe oder der Chemie.

Neben dieser intuitiven Erklärung hat sich im Laufe der Zeit eine zweite, wenn auch nicht einheitliche Erklärung am Markt durchgesetzt. Die Unterscheidung von Growth- und Value-Aktien wird anhand bestimmter mikroökonomischer Kennzahlen vorgenommen. So wird im DJ STOXX 50 die Unterscheidung anhand von sechs Kennzahlen vorgenommen. Neben dem prognostizierten und historischen KGV[19], dem prognostizierten EPS[20], dem Gewinnwachstum, dem Price to Book Ratio wird zusätzlich die Dividendenrendite berücksichtigt[21]. Im Gegensatz dazu wird die Trennung in Growth- und Value-Aktien beim Morgan Stanley Composite Index (MSCI) lediglich anhand des Price to Book Ratio festgelegt. Die Hälfte mit den höheren Price to Book Ratios wird als Growth-Aktien definiert, die Hälfte mit den niedrigeren als Value[22]. Die Interpretationen der diversen Kennzahlen, also was diese über die betreffenden Aktien aussagen, sind eindeutig. Es differiert lediglich die Auswahl einzelner Kennzahlen, die zur Unterscheidung von Growth- und Value-Aktien herangezogen werden.

Anhand der unterschiedlichen Kennzahlenausprägung werden auch die beiden gegensätzlichen Strategien von Growth- und Value-Investoren offensichtlich. Der Value-Anleger versucht unterbewertete Titel zu identifizieren, weil er der Meinung ist, dass der Markt diese Unterbewertung erkennen wird und diese dann ausgleicht. Bei der Value-Strategie liegt die Annahme effizienter Märkte zugrunde[23]. Eine Aktie ist dann unterbewertet, wenn ihr Börsenwert unter ihrem inneren Wert liegt. Unter dem inneren Wert kann man, neben dem kapitalisierten Wert zukünftiger Unternehmenserträge[24], auch die Substanz eines Unternehmens verstehen, z.B. in Form von Vermögenswerten, Ertragskraft, stillen Reserven oder auch der Marktposition. Im Gegensatz dazu spielt bei der Growth-Strategie die aktuelle Bewertung einer Aktie nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr ist das Potential entscheidend. Ist eine Aktie aktuell hoch bewertet, hat aber weiterhin ein großes Potential bezüglich Umsatz- und Gewinnwachstum, ist sie für einen Growth-Investor weiterhin ein klarer Kauf[25]. Die aktuell hohe Bewertung scheint gerechtfertigt oder sogar noch zu niedrig zu sein.

Im Punkt 2.2.2.2. werden die wichtigsten Kennzahlen in tabellarischer Form kurz dargestellt und anschließend ausführlich erklärt. Der Schwerpunkt der Erläuterungen liegt dabei auf den Ausprägungen der Kennzahlen und ihren jeweiligen Bedeutungen für die Unterscheidung in Growth- und Value-Aktien.

2.2.2.2. Kennzahlendefinition

Die nun folgende Tabelle zeigt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Finanzkennzahlen und was diese, laut herrschender Meinung, über die entsprechenden Aktien, bezüglich ihrer Einteilung in Wachstums- und Substanzwerte, aussagen[26]. Es handelt sich dabei keineswegs um eine vollständige Darstellung aller zur Unterscheidung in Frage kommender Kennzahlen. Je nach Ausprägung der untersuchten Kennzahl kann eine Defini-tion vorgenommen werden, ob es sich um eine Growth- oder um eine Value-Aktie handelt.

Tabelle 1: Unterscheidungskriterien von Growth- und Value-Aktien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an CREDIT SUISSE Economic Research, November 2000

Diese Tabelle macht deutlich, dass Value-Aktien grundsätzlich niedriger bewertet sind als Growth-Aktien und auch als der Gesamtmarkt. Niedrige Ausprägungen sowohl beim Kurs-Buch-Verhältnis, Kurs-Gewinn-Verhältnis als auch beim Gewinnwachstum sind typische Charakteristiken für Value-Aktien[27]. Im Gegensatz dazu sind diese Kennzahlen bei Wachstumsaktien höher als der Marktdurchschnitt.

Die einzige Ausnahme stellt die Dividendenrendite dar. Eine hohe Dividendenrendite, bzw. Dividendenausschüttung, ist ein Signal für ein gesundes Unternehmen, da es sich erlauben kann, einen Teil des erwirtschafteten Gewinns auszuschütten und nicht alles reinvestieren muss. Ziel vieler Unternehmen, vor allem solcher, die schon über Jahre hinweg Dividenden ausschütten, ist es, eine Kontinuität in der Auszahlung zu gewährleisten. Erreicht wird dies durch Rücklagen, die das Unternehmen in besonders erfolgreichen Jahren bildet. So können Schwankungen in der Gewinnsituation eines Unternehmens ausgeglichen werden[28]. Dies gilt als typisches Merkmal für Substanzaktien. Genau gegensätzlich verhält es sich bei Wachstumsaktien. Viele schütten überhaupt keine Dividenden aus, da sie den gesamten erwirtschafteten Gewinn für neue Investitionen benötigen, um so weiter zu wachsen[29].

Die niedrigen Ausprägungen der anderen drei Kennzahlen, wie sie typisch für Substanzwerte sind, zeigen auf, dass der Börsenkurs eines Unternehmens nicht in großem Maße von dessen fundamentaler Bewertung abweicht. Dagegen sind Wachstumsaktien in der Regel höher bewertet. Auf die diversen Gründe, wie es zu diesen unterschiedlichen Bewertungen kommt, wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch detailliert eingegangen. Nachfolgend werden die einzelnen Kennzahlen dargestellt und erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Quotient aus Kurs- und Buchwert stellt das Verhältnis von Marktkapitalisierung zu bilanziell ausgewiesenem Eigenkapital dar[30]. Ein niedriges KBV drückt also aus, dass eine große Substanz in Form von Eigenkapital in dem betreffenden Unternehmen vorhanden ist. Dies reduziert als Folge auch das Risiko eines Investments in ein solches Unternehmen. Grundsätzlich gilt der Buchwert als Untergrenze für die Bewertung eines Unternehmens. Dennoch kann es vorkommen, dass das KBV kleiner 1 ist. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn Investoren von dem Geschäftsmodell des Unternehmens nicht überzeugt sind und es so keine oder kaum Käufer gibt, die den Kurs auf eine angemessene Höhe befördern[31]. Als Nachteil des KBV muss jedoch gesehen werden, dass es sich immer nur um eine Vergangenheitsbetrachtung handeln kann. Es wird der zuletzt bekannte Buchwert ins Verhältnis zum aktuellen Kurs gesetzt. Somit ist die Aussagefähigkeit für die zukünftige Bewertung eines Unternehmens eingeschränkt.

Die in der Praxis wohl wichtigste und am häufigsten verwendete Finanzkennzahl ist das KGV. Zweifelsohne ist der Gewinn, den ein Unternehmen erwirtschaftet, das entscheidende Kriterium bei der Bewertung einer Aktie[32]. Beim KGV wird der Quotient aus dem aktuellen Kurs einer Aktie und dem dazugehörigen geschätzten Zukunftsgewinn, oder dem aktuell ausgewiesenen Gewinn, pro Aktie gebildet. Das KGV sagt aus, mit dem Wie vielfachen seines Jahresgewinns ein Unternehmen an der Börse bewertet ist. Der Gewinn pro Aktie setzt sich aus der ausgeschütteten Dividende und dem einbehaltenen Gewinn eines Unternehmens zusammen[33]. Je niedriger das KGV ausfällt, desto eher wird die Aktie als unterbewertet bezeichnet. Substanzwerte haben in aller Regel ein niedrigeres KGV als der Gesamtmarkt, oder zumindest als es für ihre Branche üblich ist[34]. Das durchschnittliche KGV lag Anfang 1990 noch bei 16,31, im Jahr 2002 lag der Durchschnitt bei 35,48[35]. Der Vorteil im Vergleich zum KBV oder der Dividendenrendite liegt darin, dass der zukünftig geschätzte Gewinn zugrundegelegt wird. Somit erhält man eine bessere Ausgangssituation für die zukunftsbezogene Beurteilung eines Unternehmens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das KGV birgt durch die Schätzung des zukünftigen Gewinns aber auch eine offensichtliche Gefahr. Für eine Schätzung gibt es keine Garantie und an der Börse ist es ein fast alltäglicher Vorgang, dass Gewinnschätzungen revidiert werden müssen[36].

Eine weitere wichtige Kennzahl, die der Unterscheidung von Wachstums- und Substanzaktien dient, ist das geschätzte Gewinnwachstum. Hierbei sind vor allem die langfristigen Gewinnsteigerungspotentiale eines Unternehmens von vorrangiger Bedeutung[37]. Ein für Value-Aktien typisches Merkmal ist ein niedriges, aber konstantes Gewinnwachstum. Dagegen sind die Wachstumspotentiale von Growth-Aktien wesentlich größer. Auch hier gibt es keine eindeutige Definition ab wann das Gewinnwachstum als hoch bezeichnet wird. In der Literatur finden sich verschiedene beispielhafte Nennungen, die zwischen 10 bis 15% p.a. variieren[38]. Anleger, die in Value-Aktien investieren wollen, suchen Aktien mit langfristig stabilen Erträgen, dagegen suchen Growth-Investoren nach Unternehmen mit großen Potentialen für die zukünftige Entwicklung[39]. Das Gewinnwachstum wird anhand folgender Formel bestimmt:

[...]


[1] Vgl. www.stock-market-essence.de

[2] Vgl. Leven, F./ Schlienkamp, C. (1998), S. 208

[3] Vgl. Leven, F./ Schlienkamp, C. (1998), S. 172

[4] Faktoren, die direkt mit dem Unternehmen zusammenhängen, wie z.B. die Bilanzkenn-

zahlen oder Umsatzentwicklungen

[5] Gesamtwirtschaftliche Faktoren, z.B. Inflationsrate oder konjunkturelles Umfeld

[6] Vgl. Gabler Banklexikon (2000)

[7] TMT = Telekommunikation, Medien, Technologie

[8] Unter anderem untersuchten 1992 Fama und French Stilansätze bei amerikanischen

Unternehmen, sie unterschieden die Unternehmen anhand des Buchwert-zu-Marktwert-

Verhältnisses.

[9] H. Paulus untersuchte 1997 Stilansätze im europäischen Raum.

[10] Vgl. Bernstein, R. (1995), S. 4

[11] Vgl. Bernstein, R. (1995), S. 4

[12] Vgl. Grünenfelder, T. (1998), S. 166

[13] Unter einem Aktienuniversum versteht man die Summe aller untersuchten Aktien.

[14] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2001), S. 110

[15] Vgl. Lakonishok, J./ Shleifer, A./ Vishny, R. W. (1994), S. 1551

[16] Vgl. Leven, J./ Schlienkamp, C. (1998), S. 201

[17] Vgl. Kieselstein, T./ Sauer, A. (1998), S. 824

[18] Vgl. O.V. (2001), Innere Werte bei Value-Investments, S. 1

[19] KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis

[20] EPS = Earnings per Share

[21] Vgl. O.V. (2001), Innere Werte bei Value-Investments, S. 2

[22] Vgl. O.V. (2001), Innere Werte bei Value-Investments, S. 2

[23] Vgl. Fama, E./ French, K. (1992)

[24] Vgl. Gabler Banklexikon (2000)

[25] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2001), S. 129

[26] Vgl. Bertoglio, M. (11/2000), in: Der Finanzmarkt, S. 1

[27] Vgl. Krämer, W. (2000), S. 1

[28] Vgl. Schierenbeck, H. (1999), S. 587

[29] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2001), S. 129

[30] Vgl. Steiner, M./ Bruns, C. (1996), S. 202

[31] Vgl. O.V. (2002), in: Im Blickpunkt II, S. 1

[32] Vgl. www.econo-my.de/boe806.html

[33] Vgl. Leven, J./ Schlienkamp, C. (1998), S. 203

[34] Vgl. Steiner, M./ Bruns, C. (1996), S. 199

[35] Eigene Berechnung

[36] Vgl. Beike, R./ Schlütz, J. (2001), S. 107

[37] Vgl. Steiner, M./ Bruns, C. (1996), S. 201

[38] Vgl. u.a. Beike, R./ Schlütz, J. (2001), S. 128

[39] Vgl. O. V. (2002), Innere Werte bei Value-Investments, S. 1

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832459635
ISBN (Paperback)
9783838659633
DOI
10.3239/9783832459635
Dateigröße
959 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach, früher: Berufsakademie Lörrach – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,4
Schlagworte
aktien wertpapiere kapitalmarkt konjunktur wirtschaft
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