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Welche Faktoren und Motive beeinflussen Menschen bei der Aneignung und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität?

Darstellung des aktuellen Forschungsstandes in Form einer Literaturanalyse

©2002 Magisterarbeit 101 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Herz-Kreislauferkrankungen stehen in den Industrieländern mit Abstand an erster Stelle der Todesursachen. Risikofaktoren, die die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen begünstigen sind hinreichend bekannt. Hierzu zählen insbesondere Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, Übergewicht, Zigarettenkonsum und Bewegungsmangel.
Verschiedene Studien belegen den positiven Einfluß von körperlicher Aktivität auf den Gesundheitszustand des Menschen.
Nationale Untersuchungen konnten zeigen, daß jedoch nur ca. 10%-15% der erwachsenen Bevölkerung in dem Maße sportlich aktiv ist, daß eine Zunahme der maximalen aeroben Kapazität erwartet werden kann, die eine Voraussetzung für einen Schutz gegen kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand bereits bestehender Modelle und Theorien aus der Verhaltenspsychologie, die in Studien bereits auf den Bereich des Sports übertragen wurden, Faktoren, die Menschen zum Sporttreiben bewegen, bzw. die einmal aufgenommene sportliche Aktivität auch aufrechtzuerhalten, zu identifizieren. Dazu werden die unterschiedlichen Forschungsrichtungen vorgestellt, wesentliche Theorien und Modelle mit ihren Ergebnissen (Kapitel 2 und 3) als auch theorieungestützt ermittelte Determinanten (Kapitel 5) präsentiert.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisII
AbbildungsverzeichnisIV
TabellenverzeichnisV
1.Einleitung1
1.1Einführung in die Problematik1
1.2Ziele, Aufbau und Methodik der Arbeit3
1.2.1Determinantenforschung5
1.2.2Forschung mit Theorien und Modellen6
2.Theorien und Modelle7
2.1Modelle und Erklärungsansätze im Überblick7
2.2Health Belief Modell8
2.2.1Kurze Beschreibung8
2.2.2Anwendung auf Sportaktivität9
2.2.3Zusammenfassung und Kritik11
2.3Theorie des geplanten Verhaltens/Theorie des überlegten Handelns12
2.3.1Kurze Beschreibung12
2.3.2Anwendung auf Sportaktivität13
2.3.3Zusammenfassung und Kritik19
2.3.4Erläuterung des Intentionsbegriffes20
2.4Transtheoretisches Modell21
2.4.1Kurze Beschreibung21
2.4.2Anwendung auf Sportaktivität24
2.4.3Zusammenfassung und Kritik28
2.5Sozial-kognitive-Theorie29
2.5.1Kurze Beschreibung29
2.5.2Anwendung auf Sportaktivität30
2.5.3Zusammenfassung und Kritik32
3.Integrative Praxismodelle33
3.1Maars-Modell (Motivation zur Aneignung und Aufrechterhaltung regelmäßiger Sportaktivität)33
3.1.1Beschreibung des Modells33
3.1.2Empirische Anwendung des Modells35
3.1.3Zusammenfassung und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung in die Problematik
1.2 Ziele, Aufbau und Methodik der Arbeit
1.2.1 Determinantenforschung
1.2.2 Forschung mit Theorien und Modellen

2 Theorien und Modelle
2.1 Modelle und Erklärungsansätze im Überblick
2.2 Health Belief Modell
2.2.1 Kurze Beschreibung
2.2.2 Anwendung auf Sportaktivität
2.2.3 Zusammenfassung und Kritik
2.3 Theorie des geplanten Verhaltens/Theorie des überlegten Handelns
2.3.1 Kurze Beschreibung
2.3.2 Anwendung auf Sportaktivität
2.3.3 Zusammenfassung und Kritik
2.3.4 Erläuterung des Intentionsbegriffes
2.4 Transtheoretisches Modell
2.4.1 Kurze Beschreibung
2.4.2 Anwendung auf Sportaktivität
2.4.3 Zusammenfassung und Kritik
2.5 Sozial-kognitive-Theorie
2.5.1 Kurze Beschreibung
2.5.2 Anwendung auf Sportaktivität
2.5.3 Zusammenfassung und Kritik

3 Integrative Praxismodelle
3.1 Maars-Modell (Motivation zur Aneignung und Aufrechterhaltung regelmäßiger Sportaktivität)
3.1.1 Beschreibung des Modells
3.1.2 Empirische Anwendung des Modells
3.1.3 Zusammenfassung und Kritik
3.2 Unterscheidung zwischen Motivation und Volition
3.3 HAPA-Modell (Prozeßmodell gesundheitlichen Handelns)
3.4 Berliner Sportstadienmodell (BSM)
3.4.1 Beschreibung des Modells
3.4.2 Empirische Anwendung des Modells
3.4.3 Zusammenfassung und Kritik

4 Problem des Abbruchs der sportlichen Aktivität
4.1 Begriffsbestimmung
4.2 Forschung zum Drop-Out
4.3 Determinanten zur Erklärung des Ausstiegs bzw. der Aufrechterhaltung

5 Weitere Determinanten der Aneignung und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität

6 Relevante Einflußfaktoren der Aneignung und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität
6.1 Personale Faktoren
6.1.1 Selbstwirksamkeitserwartungen
6.1.2 Konsequenzerwartungen
6.1.3 Physischer Zustand und Vulnerabilität
6.1.4 Lebensstil, Lebensgewohnheiten, Streßwahrnehmung
6.2 Soziale Faktoren
6.2.1 Soziale Unterstützung
6.2.2 Gruppe
6.2.3 Übungsleiterverhalten
6.3 Weitere Einflußfaktoren
6.3.1 Inhaltlich-konzeptionelle Programmbedingungen
6.3.2 Räumlich-materielle Programmbedingungen

7 Zusammenfassung und Ausblick

8 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Abb.: Darstellung der unterschiedlichen Forschungsrichtungen, eigene Darstellung

2. Abb.: Ursprüngliche Formulierung des Health Belief Modell (nach Becker et al. 1986, 95)

3. Abb.: Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen 1988; Übersetzung ins Deutsche nach Fuchs 1997, 126)

4. Abb.: Maars-Modell (Fuchs 1997, 270)

5. Abb.: Berliner Sportstadienmodell (Fuchs 2001, 263)

Tabellenverzeichnis

1. Tab.: Darstellung der Suchergebnisse, eigene Darstellung

2. Tab.: Psychologische Verhaltenserklärungsmodelle, eigene Darstellung

3. Tab.: Überblick über die wichtigsten Erklärungsmodelle mit Variablen (nach Sallis, Owen 1999, 112, eigene Übersetzung ins Deutsche)

4. Tab.: Prozesse der Veränderung (processes of change) im Transtheoretischen Modell (nach Prochaska, DiClemente 1992; Skalen zur Erfassung sportbezogener Veränderungsprozesse (nach Marcus, Rossi et al. 1992, 389, Übersetzung ins Deutsche nach Fuchs 1997, 165)

5. Tab.: Faktoren, die den Ausstieg aus Sportprogrammen begründen (vgl. Bös, Brehm (Hrsg.) 1998, Pahmeier, 128)

6. Tab.: Einfluß unterschiedlicher Determinanten auf körperliche Aktivität bei Erwachsenen (vgl. Sallis, Owen 1999, 115-116)

1 Einleitung

1.1 Einführung in die Problematik

Herz-Kreislauferkrankungen stehen in den Industrieländern mit Abstand an erster Stelle der Todesursachen. Risikofaktoren, die die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen begünstigen sind hinreichend bekannt. Hierzu zählen insbesondere Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, Übergewicht, Zigarettenkonsum und Bewegungsmangel (vgl. DHP Forschungsverband 1991; Schwarzer 1996).

Bewegungsmangel begünstigt neben der Entstehung der koronaren Herzkrankheit zusätzlich auch die Bildung orthopädischer Probleme.

Verschiedene Studien belegen den positiven Einfluß von körperlicher Aktivität auf den Gesundheitszustand des Menschen. So zeigen beispielsweise die Ergebnisse der British-Regional Heart-Study (vgl. Sharper, Wannamethee 1991; Wannamethee, Sharper 1992) oder die Langzeitstudie an ehemaligen Studenten der Harvard-Universität (vgl. Paffenbarger et al. 1990), daß sich bei einer Veränderung des inaktiven Verhaltens, hin zu körperlicher Aktivität, mit einem wöchentlichen Energieverbrauch von etwa 2000 kcal, das Mortalitätsrisiko um 24% reduziert.

Fast 50% der erwachsenen Bevölkerung in den Industrienationen kann nur als mäßig oder als gelegentlich aktiv bezeichnet werden. Diese niedrige körperliche Beanspruchung kennzeichnet sowohl das Berufsleben als auch das Alltags- und Freizeitverhalten dieser Personen (vgl. Powell, Blair 1994; Morris 1996).

Nationale Untersuchungen konnten zeigen, daß jedoch nur ca. 10%-15% der erwachsenen Bevölkerung in dem Maße sportlich aktiv ist, daß eine Zunahme der maximalen aeroben Kapazität erwartet werden kann, die eine Voraussetzung für einen Schutz gegen kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt. (vgl. Abele, Brehm 1990; Bös, Brehm 1995; Bouchard 1996).

Umso erstaunlicher erscheinen die Ergebnisse des Datenreports 1999 des Statistischen Bundesamtes. Die Gesundheit nimmt im Leben von rund 85% der Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert ein. Damit liegt die Gesundheit noch vor der Familie an erster Stelle der Wichtigkeitsrangfolge verschiedener Lebensbereiche (vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 1999). Auch der Zusammenhang zwischen regelmäßiger sportlicher Betätigung und einem daraus resultierenden verbesserten Gesundheitszustand ist den meisten Menschen bewußt. Nicht überraschend ist demzufolge die gerade in den letzten Jahren zu beobachtende starke Zunahme von gesundheitsförderlichen Angeboten, wie Rückenschulen, Yoga-Kursen, Entspannungskursen etc..

Auch im Bereich der kommerziellen Sportangebote konnten enorme Zuwachsraten beobachtet werden. Die Mitgliederzahl in deutschen Fitness-Studios lag 1990 bei noch etwa 1,7 Mio., 1998 waren bereits 3,9 Millionen Menschen Mitglied in einem Fitness-Studio (vgl. Rampf, Brehm 2000).

Eins der größten Probleme für gesundheitsorientierte Sportprogramme als auch für Fitness-Studios sind trotzdem die sehr hohen Drop-Out-Zahlen von Teilnehmern bzw. Mitgliedern. Ausstiegsquoten von 50% aus gesundheitsorientierten Sportprogrammen innerhalb eines Jahres sind keine Seltenheit (vgl. Dishman 1988). In deutschen und amerikanischen Fitness-Studios liegt die Aussteigerzahl ähnlich hoch. Hier verlassen bezogen auf die Gesamtmitgliederzahl innerhalb eines Jahres etwa 30-50% der Teilnehmer das Studio (vgl. Rampf, Brehm 2000). Betrachtet man die Zahl der Aussteiger innerhalb eines Jahres in Relation zu den Einsteigern, so liegt die Quote deutlich höher. Nach aktuellen Erhebungen variiert die Zahl zwischen 60% und 140% (vgl. Brehm, Eberhardt 1995; Rampf, Brehm 2000).

Die meisten Personen, die das Sportreiben in Gesundheitsprogrammen nach kurzer Zeit wieder aufgeben, tun dies innerhalb der ersten sechs Monate nach Kursbeginn (vgl. Dishman, 1984, 1986). Nach einem kontinuierlichen Anstieg des Drop-Outs bis zur 12. bis 14. Woche nach Kursbeginn, pendelt sich diese dann auf dem erreichten Niveau ein (vgl. Willis, Campbell 1992).

Ebenso wie die ersten sechs Monate einen kritischen Zeitpunkt darstellen, scheint es auch das Ende eines Gesundheitssportprogrammes zu sein. Ergebnisse von Studien in Koronarsportgruppen (vgl. Martin, Dubbert 1985), bei beschwerdeorientierten Bewegungsprogrammen (vgl. Pahmeier 1994) oder generell bei älteren Erwachsenen (vgl. McAuley 1993) zeigen, daß ein Ende des Programms für die meisten Teilnehmer ein „Aus“ ihrer regelmäßigen sportlichen Betätigung bedeutet.

Nach § 20 SGB V Absatz 1 macht der Gesetzgeber die Primärprävention als Sollvorschrift zu einer gesetzlichen Aufgabe der Krankenkassen mit stark verpflichtendem Charakter. Die Leistungen der Primärprävention sollen den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern und insbesondere einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen leisten (vgl. Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien der Spitzenverbände der Krankenkassen 2000). Hierzu gehört auch die Entwicklung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen mit ganz unterschiedlich gestalteten Sportanteilen. Die Ausgaben der Krankenkassen für die Wahrnehmung dieser Aufgaben umfassen für jeden ihrer Versicherten einen Betrag von fünf DM. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, gerade für die Entwicklung des Bewegungsteils dieser Programme, die Faktoren, die das Sportverhalten beeinflussen, genauer zu untersuchen.

Es bleibt zu klären, welche Faktoren den Beginn und die Aufrechterhaltung einer sportlichen Aktivität beeinflussen und welche Faktoren für den Ausstieg aus einem Sportprogramm verantwortlich sind.

1.2 Ziele, Aufbau und Methodik der Arbeit

Anhand bereits bestehender Modelle und Theorien aus der Verhaltenspsychologie, die in Studien bereits auf den Bereich des Sports übertragen wurden, sollen Faktoren, die Menschen zum Sporttreiben bewegen, bzw. die einmal aufgenommene sportliche Aktivität auch aufrechtzuerhalten, identifiziert werden. Dazu werden die unterschiedlichen Forschungsrichtungen vorgestellt, wesentliche Theorien und Modelle mit ihren Ergebnissen als auch theorieungestützt ermittelte Determinanten präsentiert. Ziel ist es hierbei, den aktuellen Stand der Forschung darzustellen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Abb.: Darstellung der unterschiedlichen Forschungsrichtungen, eigene Darstellung

Anhand der Abbildung soll zum einen der Aufbau der vorliegenden Arbeit dargestellt werden, zum anderen wird die unterschiedliche Vorgehensweise bei der Erklärung der Aufnahme und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität, der Gesundheitswissenschaft auf der einen Seite, und der Sportwissenschaft auf der anderen Seite, erkennbar. Für den Bereich der Gesundheitswissenschaften sind vor allem die USA, Kanada, Großbritannien und Finnland zu nennen, die der gesundheitsfördernden körperlichen Aktivität in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit gewidmet haben. Die im Laufe der Arbeit präsentierten Studien zum Thema Determinanten der Sportteilnahme beziehen sich fast ausschließlich auf die Forschung in diesen Ländern. In den Gesundheitswissenschaften in Deutschland wird sportliche Aktivität noch nicht in diesem Maße berücksichtigt.

In die vorliegende Arbeit wurden schwerpunktmäßig Studien mit dem Erscheinungsdatum zwischen 1995 bis heute einbezogen. Die Recherche erfolgte in den psychologischen Datenbanken PSYNDEX plus with Test Finder, PsycINFO, in der medizinischen Datenbank Medline und in der sportwissenschaftlichen Datenbank SPOLIT. Um zum einen Studien, die sich mit der Aneignung einer Sportaktivität, und zum anderen auch Studien, die sich mit der Aufrechterhaltung einer Sportaktivität beschäftigen zu berücksichtigen, wurden folgende Suchbegriffe verwendet: Psychology and physical exercise, Psychology and physical activity, Psychologie und Sport, Motivation und Sport, Exercise adoption, Exercise adherence, Physical activity and motivation, Physical exercise and motivation. Des weiteren wurde speziell nach theoriegestützten Studien gesucht. Hier wurden die Suchbegriffe Health Belief Model and exercise, Theory of planned behavior and reasoned action and exercise, Social-cognitive-theory and exercise und Transtheoretical Model and exercise eingegeben, um die Verknüpfung des Modells bzw. der Theorie mit dem Sport zu gewährleisten.

Die folgende Tabelle stellt das Suchergebnis dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Tab.: Darstellung der Suchergebnisse, eigene Darstellung

In die vorliegende Arbeit wurden von den ermittelten Studien die einbezogen, die sich mit den motivationalen Faktoren zum Sporttreiben, im freizeit- und. gesundheitssportlichen Kontext beschäftigten. Um eine umfassende Darstellung der bisherigen Forschungsergebnisse zu gewährleisten, wird auch auf Studien und Beiträge mit einem Erscheinungsdatum vor 1995 eingegangen.

1.2.1 Determinantenforschung

Systematische Untersuchungen zur „exercise compliance“ bzw. „exercise adherence“ begannen in den 80er Jahren weniger in der Sportwissenschaft als in der Public-Health-Forschung. Hinsichtlich der Bearbeitung des Themas „Determinanten der Sportaktivität“ sowie einer Anfertigung zahlreicher systematischer Übersichtsartikel ist Rod Dishman als einer der bekanntesten Vertreter zu nennen. Determinantenlisten vermitteln einen ersten Eindruck von der empirischen Forschungslage. Die einzelnen Variablen des sehr komplexen Motivationsgeschehen werden hierbei aus ihrem Zusammenhang herausgelöst und isoliert betrachtet. Unterschiedliche Phasen einer Handlung können nicht mitberücksichtigt werden. So können z.B. in der Phase der Aneignung einer Sporthandlung andere Faktoren wichtiger sein als in der Phase der Aufrechterhaltung. Trotzdem hat die von der Public-Health-Forschung initiierte Sport-Determinantenforschung einen entscheidenden Beitrag zur systematischen Erforschung der Bedingungen der alltäglichen Sportteilnahme geliefert und stellt einen wichtigen Baustein der sich anschließenden theoretischen, prozeßorientierten Betrachtungsweise der Sportpartizipation dar.

1.2.2 Forschung mit Theorien und Modellen

Bereits Ende der 80er Jahre hat sich auch die Sportpsychologie zunehmend mit dem Thema der Sportpartizipation beschäftigt. Es bildete sich ein Forschungsbereich um die „Exercise Psychology“, in dem das Sporttreiben vor dem Hintergrund einschlägiger Theorien aus der Allgemeinen Psychologie und der Sozial-, Entwicklungs- und Gesundheitspsychologie untersucht wurde. Ziel dieser Forschungsrichtung ist es, die Theorien daraufhin zu untersuchen, wie gut sie zur Erklärung der Sportteilnahme taugen. Die möglichen Einflußfaktoren werden jetzt nicht mehr isoliert betrachtet, sondern als Komponenten einer umfassenden Theorie zur Erklärung des Verhaltens.

Die wichtigsten Erklärungsmodelle, die ursprünglich zur Erklärung ganz unterschiedlicher Verhaltensweisen konzipiert, in Studien aber auch zur Erklärung des Sportverhaltens angewendet wurden, werden in der folgenden Tabelle mit ihren jeweiligen Autoren aufgelistet. Auf die markierten Modelle wird im weiteren Verlauf noch näher eingegangen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Tab.: Psychologische Verhaltenserklärungsmodelle, eigene Darstellung

2 Theorien und Modelle

2.1 Modelle und Erklärungsansätze im Überblick

Im folgenden werden das Health Belief Modell, die Sozial-kognitive-Theorie, die Theorie des überlegten Handelns, die Theorie des geplanten Verhaltens und das Transtheoretische Modell

genauer untersucht. Die Auswahl erfolgte aufgrund der modellinternen Variablen, die sich bei der Forschung zur Aneignung und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität als relevant erwiesen. Die ursprünglich überwiegend zur Vorhersage des Gesundheitsverhaltens entwickelten Modelle wurden alle auf die sportliche Aktivität als ein mögliches präventives Verhalten angewendet.

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Modelle mit den zu untersuchenden Variablen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Tab.: Überblick über die wichtigsten Erklärungsmodelle mit Variablen (nach Sallis, Owen 1999, 112, eigene Übersetzung ins Deutsche)

2.2 Health Belief Modell

2.2.1 Kurze Beschreibung

Einer der ältesten und bis heute auch einer der am häufigsten verwandten Ansätze zur Erklärung gesundheitsrelevanten Handelns ist das Health Belief Modell (vgl. Sheeran, Abraham 1996). Ursprünge des HBM gehen bis in die 50er Jahre zurück. Das Modell versucht, gesundheitsschützendes Verhalten vorherzusagen und zu erklären.

Ab 1974 wurde das HBM auch zur Vorhersage des individuellen Gesundheits- bzw. Krankheitsverhaltens herangezogen, zu dem auch das sportliche Aktivsein zählt (vgl. Becker 1974).

Das wahrgenommene gesundheitliche Risiko und das Sporttreiben werden in dem Modell verknüpft. Durch das Sporttreiben soll eine antizipierte Gefährdung der Gesundheit abgewendet werden.

Seiner ursprünglichen Fassung nach besagt das Modell, daß eine Person ein empfohlenes Gesundheitsverhalten dann zeigen wird, wenn sie sich selbst als anfällig für eine Erkrankung betrachtet, wenn sie die Folgen dieser Erkrankung als schwerwiegend einschätzt; wenn sie der Auffassung ist, daß das empfohlene Gesundheitsverhalten tatsächlich nützlich ist, um die eigene Anfälligkeit (perceived susceptibility) oder den Schweregrad der Erkrankung (perceived severity) zu verringern, und schließlich, wenn sie davon überzeugt ist, daß die zu überwindenden Barrieren (perceived barriers) bei der Ausführung des Gesundheitsverhaltens (seine Kosten) durch seine Vorteile (perceived benefits) austariert werden (vgl. Fuchs 1997)(vgl. dazu auch Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Abb.: Ursprüngliche Formulierung des Health Belief Modell (nach Becker et al. 1986, 95)

Neben diesen vier Faktoren des Bedrohungserlebens und der Kosten-Nutzen-Bilanzierung sind im Health Belief Modell als weitere Komponenten die Handlungsreize (cues of action) aufgeführt. Dazu gehören externe Hinweise (z.B. die schwere Erkrankung eines Freundes oder Familienmitgliedes oder Zeitungsberichte über die Krankheit usw.), und interne Hinweise (z.B. Schmerzen, körperliche Veränderungen usw.), die die erlebte Bedrohung durch die Krankheit beeinflussen können. Ebenso können demographische Variablen (Alter, Geschlecht, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur usw.) und sozialpsychologische Variablen (Persönlichkeit, soziale Schicht usw.) sowohl auf die erlebte Bedrohung als auch auf die Kosten-Nutzen-Bilanzierung einer folgenden Präventivhandlung Einfluß nehmen.

2.2.2 Anwendung auf Sportaktivität

Das Health Belief Modell wurde bereits in einer Reihe von Studien auf den Bereich des Sports angewendet. In einigen Studien wurde dabei ein negativer Zusammenhang zwischen Risikowahrnehmung und Sportaktivität festgestellt. Im Gegensatz zu den Annahmen des Health Belief Modells begannen Personen mit einer niedrigen Risikowahrnehmung eher mit dem Sporttreiben als Personen mit einer hohen Risikowahrnehmung (vgl. Lindsay-Reid, Osborn 1980; Tirrell, Hart 1980).

In der Studie von Tirrell, Hart (1980) wurden 30 Teilnehmer eines koronaren Rehabilitationsprogrammes daraufhin untersucht, inwieweit sie ein verordnetes Bewegungsprogramm selbständig zu Hause aufrechterhielten. Die besten Prädiktoren für die Weiterführung der Sportaktivität waren hierbei die wahrgenommenen Barrieren der Sportaktivität. Je mehr Hindernisse und Kosten gesehen wurden, desto weniger wurde das Bewegungsprogramm befolgt. Die Autoren gelangten deshalb zu dem Schluß, daß es bei solchen Rehabilitationsmaßnahmen darauf ankommt, Hilfe bei der Überwindung der Verhaltensbarrieren zu leisten (vgl. Tirrell, Hart 1980).

In einer Studie von Slenker, Price, Roberts und Jurs (1984), in der das Sportverhalten von Joggern und Nichtsportlern untersucht wurde, wurde mit insgesamt 10 Variablen ein Fragebogen zur Überprüfung des Modells zur Erklärung des Sportverhaltens konstruiert. Mit sieben der zehn Prädiktoren konnten insgesamt 56% der Verhaltensvarianz aufgeklärt werden, wobei davon bereits 37% durch die aussagekräftigste Variable der wahrgenommenen Barrieren erklärt werden konnte. Die weiteren sechs Variablen, die signifikant zur Vorhersage des Sportverhaltens beitrugen waren: generelle Gesundheitsmotivation (eine Variable des von Becker revidierten HBM, vgl. Becker et al. 1977) Nutzen des Joggings, perzipierte Komplexität des Joggings, wahrgenommener Schweregrad der Gesundheitsprobleme, persönliche Anfälligkeit für diese Gesundheitsprobleme und Handlungsreize für das Jogging.

Bei der Untersuchung von O`Connell, Price, Roberts, Jurs und McKinley (1985) an 100 normalgewichtigen- und 69 übergewichtigen Jugendlichen konnten nur noch 14% der Varianz des Sportverhaltens der übergewichtigen Jugendlichen durch Variablen des HBM erklärt werden. Hierbei erwiesen sich die Aktivierenden Momente als stärkste Prädiktoren.

In einigen neueren Studien konnten wieder andere Prädiktoren signifikant das Sportverhalten vorhersagen. Sowohl bei Oldridge, Streiner (1990) als auch bei Mirotznik, Feldman, Stein (1995) waren die Probanden Teilnehmer an Herzsportprogrammen.

In der Studie von Oldridge, Streiner (1990) wurden die Teilnehmer am Ende des Programms, nachdem sie zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von 6 Monaten an einem Sportprogramm mehr oder weniger regelmäßig teilgenommen hatten, in 62 Aussteiger und 58 Dabeibleiber eingeteilt. Als einzige Prädiktoren der Aufrechterhaltung der sportlichen Aktivität im angeleiteten Programm stellten sich die Aktivierenden Momente zum Sport und der Schweregrad der Herzerkrankung heraus. Entgegengesetzt zu der vorhergesagten Richtung des Modells hatte hierbei allerdings eine als schwer wahrgenommene Herzerkrankung eher einen Ausstieg aus dem Programm zur Folge.

Bei den Teilnehmern des Herzsportprogrammes, die in der Studie von Mirotznik et al. (1995) näher auf die Aufrechterhaltung der Sportaktivität untersucht wurden, konnten 29% der Varianz des Sportverhaltens durch drei Variablen des Health Belief Modells aufgeklärt werden. Hierzu gehören die generelle Gesundheitsmotivation, der wahrgenommene Schweregrad der Herzerkrankung und die erwarteten Vorteile durch die sportliche Betätigung. Hierbei korrelierten allerdings die erwarteten Vorteile entgegengesetzt der vorhergesagten Richtung des Modells.

2.2.3 Zusammenfassung und Kritik

Bei der Sichtung der entsprechenden Literatur fällt bereits auf, daß das Health Belief Modell in den letzten Jahren immer seltener zur Vorhersage des Sportverhaltens verwendet wurde. Eine Reihe von Forschern schätzt es zur Erklärung des gesundheitsrelevanten Verhaltens als kaum noch geeignet ein (vgl. Biddle, Nigg 2000; Janz, Becker 1984; Kirscht 1988; Schwarzer 1992).

Schwarzer (1992) kritisiert am Health Belief Modell eine ungenügende Präzision der Teilkonzepte des Modells und ihrer kausalen Verknüpfungen und das Fehlen der wichtigen kognitiven Faktoren, Intention als Ausdruck der Motivation zu einer bestimmten Präventivhandlung und die Selbstwirksamkeitserwartung (vgl. Bandura 1977). Auf beide Konstrukte wird im Laufe der Arbeit noch näher eingegangen. Außerdem kritisiert er die direkte Wirkung der Handlungsreize (auch Aktivierende Momente) auf das Bedrohungserleben. Externe Hinweise, wie z.B. eine Einladung zum Sporttreiben hätten nach Schwarzer (1992) keine Veränderung des Bedrohungserlebens zur Folge, höchstens eine Zunahme der Intentionsstärke.

Trotz der dargestellten Kritikpunkte hat das Health Belief Modell auch wichtige Erkenntnisse für die Sportmotivationsforschung erbracht. Fuchs (1997) nennt hier zum einen die Einführung des Konstrukts der wahrgenommenen Anfälligkeit, das im Rahmen der HBM-Forschung zum erstenmal in die empirische Erforschung des Sport- und Bewegungsverhaltens mit einbezogen wurde, zum anderen die Bedeutung der wahrgenommenen Barrieren (Kosten).

In keiner der anderen aufgeführten Studien wurde die in dem Modell angedachte Subtraktion der Kosten von den Nutzen durchgeführt. Beide Konstrukte wurden getrennt als eigenständige Prädiktoren eingesetzt. Dadurch wurde erkennbar, daß die subjektiven Kosten viel stärker mit der Sportaktivität assoziiert sind als der wahrgenommene Nutzen (vgl. Tirrell, Hart 1980; Slenker et al. 1984). Die Ausführung einer Sportaktivität scheint also nicht von den erwarteten Vorteilen abzuhängen, sondern eher von den wahrgenommenen Hindernissen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß trotz dieser durchaus wichtigen Resultate der sportbezogenen HBM-Forschung, das Modell als theoretischer Anknüpfungspunkt der modernen Motivationsforschung kaum noch geeignet ist. Für die Vorhersage des Sportverhaltens im speziellen ist sicherlich ein Nachteil, daß sich das Modell ausschließlich am Konzept der Krankheitsvermeidung orientiert. Personen beginnen jedoch nicht nur aus gesundheitlichen Gründen mit dem Sporttreiben (vgl. Biddle, Nigg 2000; Fuchs 1997).

2.3 Theorie des geplanten Verhaltens/Theorie des überlegten Handelns

2.3.1 Kurze Beschreibung

Die Theorie des geplanten Verhaltens (Theory of planned behavior) ist eine Erweiterung der ursprünglich von Fishbein-Ajzen entwickelten Theorie des überlegten Handelns (Theory of reasoned Action) (Fishbein, Ajzen 1975). Als Erweiterung kommt das Konstrukt der Verhaltenskontrolle dazu. Die Theorie kann dadurch auch auf Verhaltensweisen angewendet werden, die nicht allein vom Wollen der Person abhängen, sondern die auch vom Vorliegen passender Gelegenheiten oder der Verfügbarkeit interner oder externer Ressourcen (Fähigkeiten, Geld, Zeit, soziale Unterstützung u.a.) abhängen (vgl. Fuchs 1997). Ajzen (1988) unterscheidet dabei zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Kontrolle. Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle ist leichter zu erfassen. Es handelt sich dabei um die Einschätzung der Person, wie leicht oder schwer ihr die Durchführung des antizipierten Verhaltens fallen wird. Ajzen selbst (vgl. Ajzen 1988) vergleicht dieses Konstrukt mit dem Konzept der Selbstwirksamkeit von Bandura (vgl. Bandura 1977). Im Gegensatz zu der relativ isolierten Betrachtungsweise bei Bandura, wird das Konstrukt der Verhaltenskontrolle bei Ajzen jedoch in eine komplexere Kausalstruktur integriert. Abbildung 3 verdeutlicht dies anhand der graphischen Darstellung der Theorie des geplanten Verhaltens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3. Abb.: Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen 1988; Übersetzung ins Deutsche nach Fuchs 1997, 126)

Die Einstellung, d.h. die positive oder negative Bewertung des Sports, der Erwartungsdruck, der als hoher oder niedriger sozialer Druck zu verstehen ist und die Verhaltenskontrolle, also die Überzeugung bzw. der Zweifel, die Hindernisse einer Sportteilnahme generell aus dem Weg räumen zu können, wirken alle drei auf die Intention, und diese wiederum direkt auf das Verhalten. Neben dem Einfluß der Verhaltenskontrolle auf die Intentionsbildung wird ihr zusätzlich ein direkter Einfluß auf das Verhalten zugeschrieben. Dies tritt nach Ajzen (1988) dann auf, wenn sich in der Kontrollierbarkeit nicht nur die wahrgenommene, sondern ebenso die tatsächliche Kontrolle ausdrückt.

Ist eine Person beispielsweise entschlossen, regelmäßig an einem Sportkurs teilzunehmen, trifft dann allerdings auf verschlossene Türen, kann die Handlung trotz vorhandener Intention nicht ausgeführt werden. Weiß eine Person aber, daß am Abend zum festen Lauftermin mit Gewitter zu rechnen ist, wird sie die Intention laufen zu gehen, gar nicht erst bilden.

2.3.2 Anwendung auf Sportaktivität

Die Theorie des geplanten Verhaltens bzw. ihr Vorgängermodell die Theorie des überlegten Handelns wurde in einer Vielzahl von Studien auf den Bereich des Sports angewandt. Auch durch Metaanalysen und Zusammenfassungen mehrerer Studien ist versucht worden, die Verdienste der beiden Theorien darzustellen (vgl. Blue 1995; Hausenblas, Carron, Mack 1997). Im folgenden werden die ausgewählten Studien nach drei Kriterien unterschieden. Die erste Gruppe befaßt sich mit den Studien, in denen die Theorie vollständig überprüft wurde, d.h. Intention und Verhalten waren Gegenstand der Untersuchung. Die zweite Gruppe widmet sich den Studien der unvollständigen Theorieüberprüfung. Hierbei wurde nur die Intention, nicht aber das Verhalten als Kriteriumsvariable untersucht. In der dritten Gruppe werden auch theoriefremde Prädiktoren mit berücksichtigt. Den Abschluß der Betrachtung bildet die Darstellung einer Metaanalyse und einer ausführlichen Zusammenfassung.

Als erstes wird auf vier Studien, in denen eine vollständige Theorieüberprüfung erfolgte, eingegangen. Die beiden Studien von Dzewaltowski, Noble, Shaw (1990) und Kimiecik (1992) können aufgrund ihres ähnlichen Untersuchungsdesigns und Auswertungsmethodik im Zusammenhang behandelt werden. Dzewaltowski et al. (1990) untersuchten 254 Studenten hinsichtlich ihres Sportverhaltens. In einer Ersterhebung wurden die einzelnen Komponenten der Theorie des geplanten Verhaltens erfaßt. Anschließend mußten die Studenten vier Wochen lang das Ausmaß ihrer sportlichen Aktivität jede Woche zu Protokoll geben. Als Maß der Sportteilnahme diente der anhand der Protokolldaten ermittelte Energieverbrauch.

Bei der Studie von Kimiecik (1992) waren die Teilnehmer, 332 Firmenangestellte, mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren, die auch über den Zeitraum von vier Wochen untersucht wurden. Hierbei wurde das Maß der Sportteilnahme durch die Frage, an wievielen Tagen der vergangenen vier Wochen haben die Personen derart Sport getrieben, daß sie dabei ins Schwitzen geraten sind, erfaßt. Die Ergebnisse der schrittweisen Regressionen zur Vorhersage der Intentionsvarianz zu sportlicher Aktivität durch die Prädiktoren Attitüde, Subjektive Norm und Verhaltenskontrolle lagen bei der Studie von Dzewaltowski et al. bei 27% und bei Kimiecik bei 66%. Im ersten Schritt, in dem nach dem Fishbein-Ajzen Modell nur die Subjektive Norm und die Attitüde als Prädiktoren zugelassen wurden, hatte in beiden Studien nur die Attitüde signifikante Vorhersagekraft. Durch den im zweiten Schritt aufgenommenen Prädiktor Verhaltenskontrolle konnte in beiden Studien ein etwa gleich großer Anstieg (von 9 % bei Dzewaltowski et al. und von 7% bei Kimiecik) der Intentionsvarianz festgestellt werden.

Betrachtet man die Vorhersagekraft der Sportaktivität des Modells vier Wochen später, kann nur in der Kimiecik-Studie durch die Verhaltenskontrolle zusätzlich zur Intention ein Anstieg der aufgeklärten Verhaltensvarianz um 3% (von 46% auf 49%) beobachtet werden. In der Studie von Dzewaltowski et al. bleibt es bei der durch die Intention bereits aufgeklärten Verhaltensvarianz von 10% (vgl. Dzewaltowski, Noble, Shaw 1990; Kimiecik 1992).

Der fehlende Effekt der Verhaltenskontrolle direkt auf die Verhaltensvarianz in der Studie von Dzewaltowski et al. ist nach Kimiecik auf zwei methodische Schwächen der Untersuchung zurückzuführen. Zum einen auf die geringe Korrespondenz zwischen Kriteriums- und Intentionsmessung und zum anderen auf die Auswahl der Untersuchungsteilnehmer, die bereits eine überdurchschnittlich hohe Verhaltensintention und ein hohes Ausgangsniveau der Sportaktivität aufweisen.

Kerner und Grossman (1998) untersuchten 73 gesunde Mitglieder eines gesundheitsorientierten Fitnesstudios. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 45 Jahren. Das Maß der Sportaktivität wurde über die Herzfrequenzmessung während der Teilnahme an den unterschiedlichen Sportprogrammen ermittelt. Der Meßzeitraum betrug fünf Monate. Im ersten Schritt der Regression konnten wiederum die Attitüde und die Subjektive Norm signifikant zur Vorhersage der Intentionsvarianz beitragen (27%). Durch die Hinzunahme der Verhaltenskontrolle im zweiten Schritt, konnte ein Anstieg auf 29% der erklärten Intentionsvarianz erfolgen. Zur Vorhersage der Sportaktivität nach fünf Monaten trug die Intention allerdings nur zu 8% bei. Die Verhaltenskontrolle, die im zweiten Schritt der Regression integriert wurde, trug signifikant zur Aufklärung der Verhaltensvarianz von 21% bei (vgl. Kerner, Grossman 1998).

Eine Studie zur Vorhersage der Sportteilnahme bei älteren Menschen führten Brenes, Strube und Storandt (1998) durch. Sie bezogen 69 Männer und Frauen mit einem Durchschnittsalter von 68 Jahren, die sich kurz vor dem Beginn eines Sportprogrammes befanden, in die Studie mit ein. Das Sportverhalten wurde während der ersten Wochen des Sportprogrammes durch einen Fragebogen, nach dem ersten, dritten und neunten Monat durch eine telefonische Befragung erfaßt. Die Vorhersage des Sportverhaltens durch die Prädiktoren der Theorie lag bei der Messung nach einem Monat bei 9%. Der einzige signifikante Prädiktor war hierbei die Verhaltenskontrolle. Auch zur Vorhersage der Intentionsvarianz erwies sich die Verhaltenskontrolle als einziger signifikanter Prädiktor. Die Vorhersagekraft der Prädiktoren für die Messungen nach drei und nach neun Monaten waren nicht signifikant (vgl. Brenes, Strube, Storandt 1998).

Die zweite Gruppe stellt Studien vor, die die Theorie des geplanten Verhaltens nicht vollständig überprüften. Wie die Studie von Wankel, Mummery, Stephens, Craig (1994) beziehen sich die folgenden Studien nur auf die Intentionsanalyse. Durch die Befragung an insgesamt 3679 kanadischen Einwohnern, deren Daten im Rahmen des Canada Fitness Survey von 1988 gewonnnen wurden, sollte untersucht werden, wie oft die Personen beabsichtigen, sich in den 12 Monaten nach der Befragung sportlich zu betätigen. Die regelmäßige sportliche Betätigung wurde definiert als drei- oder mehrmalige Aktivität pro Woche, die mindestens 20 Minuten andauert und bei der die Personen außer Atem kommen. Allerdings wurde anstelle der Subjektiven Norm das Konstrukt der sozialen Unterstützung verwendet, wodurch die Vergleichbarkeit zu anderen Studien beeinflußt wird. Die große Teilnehmerstichprobe der Studie verleiht den Ergebnissen jedoch zumindest für die anderen Variablen eine hohe Zuverlässigkeit. Die Intention wird durch alle drei Konstrukte signifikant vorhergesagt. Die Verhaltenskontrolle erwies sich als stärkster Prädiktor (39%), gefolgt von der Attitüde (28%) und der sozialen Unterstützung (18%). Bei der getrennten Vorhersage für spezifische Substichproben konnte für das Geschlecht kein signifikanter Unterschied ermittelt werden, jedoch für die unterschiedlichen Altersgruppen. Mit zunehmendem Alter stieg die Vorhersagekraft der Verhaltenskontrolle, während die Vorhersagekraft der Einstellung mit dem Alter abnahm. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß der Beginn des Sporttreibens im Alter eher von dem geringen Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten abhängt, als von der negativen Einstellung gegenüber dem Sporttreiben (vgl. Wankel, Mummery, Stephens, Craig 1994).

In der Studie von Trafimow und Trafimow (1998) wurde untersucht, inwieweit die Anweisung von Ärzten zu sportlicher Aktivität, sich bei 23 Patienten mit Rückenschmerzen auf deren Intention zu diesem Verhalten auswirkt. Die Variablen Attitüde, Subjektive Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle in zwei Ausprägungen (wahrgenommene Fähigkeiten und wahrgenommene Schwierigkeiten) werden in ihrem Einfluß auf die Intention untersucht. Bei der Korrelation der Attitüde und der Subjektiven Norm mit der Intention konnte keine signifikante Vorhersage durch die Variablen erfolgen. Beide Formen der Verhaltenskontrolle trugen sowohl einzeln als auch in Kombination signifikant zur Vorhersage der Intention bei (vgl. Trafimow, Trafimow 1998).

In einer Untersuchung an 809 Mitarbeitern der Universität Kiel wurde von Wilhelm (1999) die Einstellung, die Subjektive Norm, die wahrgenommene Verhaltenskontrolle und als theoriefremdes Konstrukt, die spezifischen Barrieren, zur Vorhersage der Intention per Fragebogen erhoben. Durch diese vier Prädiktoren lassen sich 30% der Intentionsvarianz vorhersagen. Die Einstellung übt dabei den stärksten Effekt aus.

Die dritte Gruppe beschreibt Studien, in denen neben Variablen der Theorie des geplanten Verhaltens noch weitere Prädiktoren miteinbezogen wurden. In der Studie von Godin, Valois, Lepage (1993) wird zusätzlich zu den Variablen der Theorie, die Variable Verhaltensgewohnheit überprüft. An dieser Studie nahmen 347 Personen aus der Normalbevölkerung teil. Die Autoren rechneten mit einem gesonderten Effekt der Verhaltensgewohnheit auf die Intention und das Verhalten. Die Variable Gewohnheit erfaßte das Ausmaß der Sportteilnahme in den letzten drei Monaten vor der Ersterhebung. Die anderen Konstrukte wurden zu Beginn der Studie per Fragebogen erfaßt. Nach einem halben Jahr wurden die Teilnehmer erneut zum Ausmaß ihrer Sportaktivität in den letzten sechs Monaten befragt. Signifikante Prädiktoren zur Bildung der Intentionsvarianz sind in dieser Studie nur die Verhaltenskontrolle und die Gewohnheit. Die Attitüde und die Subjektive Norm übten keinen signifikanten Einfluß aus. Zur Vorhersage des Sportverhaltens konnten die Gewohnheit und die Intention einen signifikanten Beitrag leisten, die Verhaltenskontrolle in ihrem, nach dem Modell postulierten direkten Einfluß auf das Verhalten, jedoch nicht. Diesem Ergebnis nach haben die Kontrollerwartungen eine motivationale Wirkung bei der Bildung der Intention, nicht aber darüber hinausgehend auf das tatsächliche Verhalten (Godin, Valois, Lepage 1993).

In einer Studie von Norman, Conner, Bell (2000) wurden wiederum die theoriespezifischen Prädiktoren und zusätzlich das Konstrukt „past behavior“ zur Vorhersage des zukünftigen Sportverhaltens untersucht. Diese Variable wurde durch einen Fragebogen mit einer Auswahl an vorgegebenen Sportarten erfaßt, auf dem die Teilnehmer die Häufigkeit der Sportausübung von „niemals“ bis „jeden Tag“ angeben mußten. Das Konstrukt kann mit dem der Gewohnheit bei Godin, Valois, Lepage (1993) verglichen werden. Die Messung der anderen Variablen erfolgte wiederum nach dem Vorschlag der Autoren der Theorie (vgl. Ajzen 1988). Untersucht wurden 87 Patienten im Rahmen eines Gesundheitsförderungsprogrammes. Bei einer vorhergesagten Intentionsvarianz von 53% erweist sich von den drei TPB-Konstrukten nur die wahrgenommene Verhaltenskontrolle als signifikanter Prädiktor. Die Ergebnisse der stufenweisen Regression zur Vorhersage des Sportverhaltens bei der Follow-up Untersuchung nach sechs Monaten sind folgende:

Durch die Prädiktoren konnten 15% der Verhaltensvarianz aufgeklärt werden, wobei sich wiederum die wahrgenommene Verhaltenskontrolle als einzige signifikante Variable erwies. Interessant ist außerdem der Einfluß der Variable „past behavior“ auf die Verhaltenskontrolle. Wurde das vergangene Sportverhalten als hoch bezeichnet, resultierte dies in einer signifikanten Vorhersage des Verhaltens über das Konstrukt der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle. Lag eine geringe sportliche Betätigung in der Vergangenheit vor, folgte eine nicht-signifikante Vorhersage des Sportverhaltens über die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Die Addition des Konstrukts „past behavior“ hatte über die TPB-Variablen einen direkten Einfluß auf das Sportverhalten (vgl. auch die Studie von Godin, Valois, Lepage 1993)(vgl. Norman, Conner, Bell 2000).

Des weiteren werden kurz die Ergebnisse einer teilweise umstrittenen Metaanalyse und einer ausführlichen Zusammenfassung von Studien, die die Theorie des überlegten Handelns und die Theorie des geplanten Verhaltens überprüften (Hausenblas, Carron, Mack 1997; Blue 1995) aufgeführt. Kritik wurde z.B. von Spence (1999) an der Arbeit von Hausenblas, Carron, Mack (1997) bezüglich der verwendeten Terminologie, der Stichprobenzahl und des statistischen Analyseverfahrens geäußert (vgl. ausführlicher dazu Spence 1999).

In der Metaanalyse von Hausenblas, Carron und Mack (1997) werden zur Erklärung der Sportmotivation und der Sportteilnahme 31 Studien mit einer Gesamtstichprobenzahl von 10621 Personen aufgegriffen[1].

Zusammenfassend ergeben sich besonders hohe Zusammenhänge für die Einstellung und Intention (r=.52) sowie Verhaltenskontrolle und Intention (r=.43). Deutlich geringer fällt die Beziehung zwischen Subjektiver Norm und Intention aus (r=.27). Das tatsächliche Sportverhalten hängt maßgeblich von Intention (r=.27) und Verhaltenskontrolle (r=.45) ab (vgl. Hausenblas, Carron und Mack 1997).

In der Zusammenfassung von Blue (1995)[2] wurden insgesamt 23 Studien, die die Theorie des geplanten Verhaltens und die Theorie des überlegten Handelns überprüften, verglichen. Sieben Studien zur Theorie des überlegten Handelns und eine Studie zur Theorie des geplanten Verhaltens verwendeten als Kriteriumsvariable die Intention und nicht das Verhalten. Elf Studien zur Theorie des überlegten Handelns und vier Studien zur Theorie des geplanten Verhaltens verwendeten als abhängige Variable das Sportverhalten.

In den meisten Studien konnte die Intention das folgende Verhalten vorhersagen. Das Verhalten wurde in einem Zeitraum von zwei Wochen bis zwei Monaten nach der Messung der Intention erfaßt. In allen Studien konnte ein signifikanter Einfluß der Attitüde auf die Intention verzeichnet werden.

Die Korrelation zwischen Subjektiver Norm und Intention war in den meisten Studien positiv aber nicht signifikant. Durch die Hinzunahme der Verhaltenskontrolle in die Auswertung konnte die Intention signifikant vorhergesagt werden, bei der Vorhersage des Verhaltens durch die Verhaltenskontrolle waren die Ergebnisse allerdings uneinheitlich (vgl. Blue 1995).

2.3.3 Zusammenfassung und Kritik

Den größten Einfluß auf die Intention, ein Sportverhalten zu beginnen, haben nach Analyse der Studien in der Theorie des geplanten Verhaltens vor allem die Attitüde und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Die Einstellung einer Person zum Sport und zu speziellen Sportprogrammen sollte also am Beginn eines Sportkurses möglichst positiv beeinflußt werden, um im folgenden förderlich auf die Intention zu wirken. Intensität, Dauer und Häufigkeit eines Sportprogrammes sollten zu Beginn eher niedrig sein und sich erst mit der Zeit weiter erhöhen. Außerdem sollte der Fokus gerade zu Beginn eines Programmes auf der Vermittlung positiver Erlebnisse durch Sport, wie Spaß, Wohlbefinden etc. liegen. Der eher schwache Prädiktor Subjektive Norm zur Vorhersage der Intention und somit auch zum Sportverhalten, könnte darauf hindeuten, daß sich Personen selbst verantwortlich und zuständig fühlen, sich für oder gegen das Sporttreiben zu entscheiden. Einen förderlichen Einfluß auf die Entwicklung der Subjektiven Norm könnte demzufolge z.B. die Miteinbeziehung von Teilnehmern bei der Sportprogrammgestaltung haben. In den meisten Studien wurde ein großer Einfluß des Konstrukts der wahrgenommenen Verhaltenskontrolle auf die Intention und teilweise auch auf das tatsächliche Verhalten gefunden. Hier könnte sich, wie auch bereits in anderen Erklärungsmodellen dargestellt (vgl. Sozial-kognitive-Theorie, Bandura 1986 und Health Belief Modell, Becker 1974), eine Minderung der wahrgenommenen Barrieren positiv auf die Stärkung der Variable Verhaltenskontrolle auswirken. Dazu müßte den Personen Hilfestellung bei der Überwindung dieser Barrieren angeboten werden.

Kritik an der Theorie des geplanten Verhaltens bezieht sich u.a. auf die Auswahl der Prädiktorvariablen. Doll, Mentz, Orth (1991) merken an, daß zwar alle kognitiven Prozesse bei der Erklärung des Sportverhaltens einbezogen werden, jedoch emotionale Variablen, wie z.B. die Sportfreude oder auch gesundheitsbezogene Gründe bei der Erklärung des Sporttreibens außen vorgelassen werden (vgl. Doll, Mentz, Orth 1991). Gerade bei älteren Personen könnten gesundheitliche Gründe aber sowohl einen negativen als auch einen positiven Einfluß auf das Sporttreiben haben. Dies wäre eine Erklärung für die mangelnde Aussagekraft der Theorie des geplanten Verhaltens in der oben zitierten Studie von Brenes, Strube, Storandt (1998) bei den Messungen nach drei und neun Monaten.

2.3.4 Erläuterung des Intentionsbegriffes

Aufgrund der unterschiedlich hohen Verhaltensvarianzen, die in den Studien durch die Intention vorhergesagt werden, erscheint es sinnvoll, das Konstrukt der Intention genauer zu betrachten. Die Variable Intention wurde vor allem durch die Theorien des geplanten Verhaltens bzw. ihr Vorgängermodell die Theorie des überlegten Handelns populär. Mit der Einführung des Konstruktes wurde der klassische Erklärungsvorgang des Verhaltens über die Einstellung in Frage gestellt. Die Intention wurde genau genommen zwischengeschaltet, d.h. die Einstellungen und normativen Erwartungen beeinflussen nicht länger direkt das Verhalten, sondern zunächst die Intention zu diesem Verhalten. Änhlich der Intention ist die im Health Belief Modell aufgeführte Variable der Verhaltenswahrscheinlichkeit (vgl. Becker et al. 1986).

Durch die Intention soll sich die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegende Verhaltensbereitschaft ablesen lassen. Die Stärke der Intention spiegelt dabei die Motiviertheit zu einem bestimmten Verhalten wider. Motivation und Intention sind dann einander gleichzusetzen, wenn man unter Motivation eine aktuelle Tendenz zu einer bestimmten Handlung versteht und nicht den gesamten Entstehungsprozeß eines bestimmten Verhaltens.

Die Unterscheidung von Verhaltensintention und Verhaltenserwartung ist gerade auch im Bereich der Sportmotivationsforschung von großer Bedeutung. Die Verhaltensintention beschreibt ein motivationales Phänomen, nämlich die Bereitschaft oder Entschlossenheit, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen (z.B. Ich beabsichtige, im nächsten Halbjahr an dem Gymnastikkurs teilzunehmen). Bei der Verhaltenserwartung schätzt die Person sich selber ein, inwieweit sie das Verhalten in Zukunft zeigen wird (z.B. Ich werde im nächsten Halbjahr an dem Gymnastikkurs teilnehmen). Eine starke Intention zu einem bestimmten Verhalten ist dementsprechend noch nicht an eine hohe Erwartung, dieses Verhalten auch auszuführen, gekoppelt. Verhaltenserwartungen berücksichtigen nicht nur das, was eine Person beabsichtigt, sondern zusätzlich auch z.B. die fehlende Handlungskompetenz oder bestimmte schwierige Umgebungsbedingungen. Bezüglich der Anwendung und Entwicklung von Verhaltensmodellen und im speziellen auch zur Erklärung des Sportverhaltens, sollte bei der Analyse der Studien darauf geachtet werden, daß eine Unterscheidung der beiden Konstrukte erfolgt ist. In der Studie von Valois, Desharnais, Godin (1988) wurde die Intention z.B. mit folgender Frage erfaßt: „Actually, what is the probability out of 100 that you will participate regularly in one or more physical activities during your free time within the next three weeks?” (vgl. Valois, Desharnais, Godin 1988). Mit dieser Frage wird allerdings weniger die Verhaltensintention, wie in der Theorie des geplanten Verhaltens vorgesehen, abgefragt, sondern die Verhaltenserwartung in Form einer Selbstvorhersage. Die Präzisierung des Intentionsbegriffes scheint noch in den Anfängen zu liegen. Aus diesem Grund sollte bei der Analyse der Intentionsvarianz genau darauf geachtet werden, inwieweit bei der Erfassung auch wirklich nur die Intention oder zusätzlich auch die Erwartung mitberücksichtigt wurde, um die Studien auch wirklich vergleichbar zu machen.

2.4 Transtheoretisches Modell

2.4.1 Kurze Beschreibung

Das Transtheoretische Modell ist ein dynamisches Modell der Verhaltensänderung und wurde von James Prochaska und Carlo DiClemente (vgl. Prochaska, DiClemente 1983) entwickelt. Änderungen des Verhaltens werden in dem Modell durch fünf Stufen dargestellt, die zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauen und nacheinander durchlaufen werden. Die Veränderungsstadien Präkontemplation, Kontemplation, Präparation, Aktion und Aufrechterhaltung beschreiben die Zustände, in denen sich die Personen bezüglich der Aufnahme bzw. Aufrechterhaltung des jeweiligen Verhaltens befinden können.

In der Phase der Präkontemplation wird über eine Verhaltensänderung in den nächsten sechs Monaten[3] (z.B. die Aufnahme einer sportlichen Aktivität) noch gar nicht nachgedacht. Auf der nächsten Stufe der Kontemplation wird eine Verhaltensänderung in den nächsten sechs Monaten bereits ernsthaft in Erwägung gezogen. Diese Phase des Abwägens der Vor- und Nachteile des Verhaltens kann sich über Jahre hinziehen. Bei vielen Verhaltensänderungen, über die im Laufe des Lebens nachgedacht wird, wird nie ein höheres Stadium als das der Kontemplation erreicht. In der Phase der Präparation ist die Person zum Handeln bereit und führt dieses Verhalten schon probehalber aus bzw. wird in den nächsten Monaten damit beginnen. Das Stadium der Aktion beginnt mit dem ernsthaften Beginn des Verhaltens. Für eine neu begonnene Sportaktivität würde dies eine bestimmte Regelmäßigkeit, Intensität und Kontinuität bedeuten, damit das Verhalten als gelungen bezeichnet werden kann. Wurde dieses Verhalten über einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt, befindet sich die Person in der Phase der Aufrechterhaltung. Die Autoren betonen, daß eine Verhaltensänderung selten linear von Stufe zu Stufe verläuft, im Gegenteil, das „Hängenbleiben“ auf einer Stufe und „Rückfälle“ in ein vorheriges Stadium sind sehr wahrscheinlich.

Während die Stufen der Verhaltensänderung beschreiben, wann ein Fortschreiten im Veränderungsprozeß eintritt, wird durch die Veränderungsstrategien verdeutlicht, wie diese Veränderung stattfindet. Dieser Übergang von einer Stufe zur nächsten wird durch zehn verschiedene Veränderungsprozesse sowie die zwei Persönlichkeitsmerkmale Entscheidungsbalance und Selbstwirksamkeit herbeigeführt.

Die Veränderungsprozesse beinhalten erlebensbezogene Prozesse (experiental processes), die vor allem in den ersten drei Stufen für den Veränderungsprozeß von Bedeutung sind und verhaltensbezogene Prozesse (behavioral processes), die vor allem während der Stufen der Vorbereitung bis Aufrechterhaltung relevant werden, da es sich vorwiegend um Strategien handelt, die sich in beobachtbarem Verhalten manifestieren (vgl. Prochaska, DiClemente 1983). Die folgende Tabelle listet diese Techniken und Strategien auf und verdeutlicht den Inhalt mit einem sportbezogenen Beispielitem.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4. Tab.: Prozesse der Veränderung (processes of change) im Transtheoretischen Modell (nach Prochaska, DiClemente 1992; Skalen zur Erfassung sportbezogener Veränderungsprozesse (nach Marcus, Rossi et al. 1992, 389, Übersetzung ins Deutsche nach Fuchs 1997, 165)

[...]


[1] Auflistung der in der Metaanalyse von Hausenblas, H.A., Carron, A.V., Mack, D.E. 1997 verwandten Studien: Ajzen & Driver 1992, Amato-Vealey 1992, Courneya 1995, Courneya & McAuley 1993, Courneya & McAuley 1994, Daltroy & Godin 1989, Deyo 1984, Dzewaltkowski 1989, Dzewaltkowski, Noble, Shaw 1990, Godin, Colantonio et al. 1986, Godin & Gionet 1991, Godin & Shepard 1985, Godin & Shepard 1986a, Godin & Shepard 1986b, Godin, Valois, Jobin & Ross 1991, Godin, Valois & Lepage 1993, Godin, Valois, Shepard & Desharnais 1987, Godin, Vezina & Leclerc 1989, Kimiecik 1992, Kristiansen & Eiser 1986, Legg 1986, Miller, Wikoff, et al. 1985, Pender & Pender 1986, Reynolds, Killen, et al. 1990, Riddle 1980, Schmelling 1985, Theodorakis 1994, Theodorakis, Doganis, et al. 1991, Wankel, Mummery, et al. 1994, Warshaw & Davis 1985, Yordy & Lent 1993.

[2] Die Zusammenfassung von Blue 1995 beinhaltet folgende Studien: Bentler & Speckart 1981, Dzewaltkowski 1989, Dzewaltkowski et al. 1990, Gatch & Kendzierski 1990, Godin & Gionet 1991, Godin et al. 1986, Godin et al. 1983 , Godin & Shepard 1985, Godin & Shepard 1986a, Godin & Shepard 1986b, Godin et al. 1993, Godin et al. 1991, Godin et al. 1987, Godin et al. 1989, Kimiecik 1992, Kristiansen & Eiser 1986, Madden et al. 1992, Mullen et al. 1987, Pender & Pender 1986, Riddle 1980, Schmelling 1985, Theodorakis et al. 1991, Valois et al. 1988.

[3] Nach Prochaska, DiClemente handelt es sich bei dem Zeitraum von sechs Monaten um die ungefähre Zeitperspektive, mit der Menschen zukünftige Verhaltensänderungen im voraus planen. Die Zeitspanne hat sich in den ersten Studien von Prochaska, DiClemente (1983) zur Zigarettenentwöhnung bewährt und wurde in Folgestudien beibehalten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832459291
ISBN (Paperback)
9783838659299
DOI
10.3239/9783832459291
Dateigröße
744 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Medizinische Hochschule Hannover – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
motivation selbstwirksamkeitserwartung konsequenzerwartung drop-out verhalten
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Titel: Welche Faktoren und Motive beeinflussen Menschen bei der Aneignung und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität?
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