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Jugendkriminalität aus psychologischer Sicht

Folgerungen für die Prävention und die Behandlung

©1993 Diplomarbeit 62 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In den letzten Jahren verzeichnet die Kriminalitätsrate ein stetiges Wachstum. Dabei ist der Anteil Jugendlicher erheblich. Die Diskussion über die Ursachen der Jugendkriminalität wird häufig einseitig und emotional geführt. Pauschalurteile wie verwahrlost, gefühllos, brutal, verantwortungslos usw. sind in der Umgangssprache vorherrschend. Diese Begriffe tragen aber weder zu einer Beschreibung der Wirklichkeit bei, noch geben sie Aufschluss über mögliche Ursachen von delinquenten Verhalten, sowie deren Prävention und Behandlung.
Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich die Auseinandersetzung um die Straffälligkeit im Kindes- und Jugendalter etwas versachlichen. Neben der Erklärung der Entstehungsursachen nach den verschiedenen psychologischen und sozialen Richtungen stelle ich die Folgerungen für die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten, die sich für Eltern, aber in erster Linie für Personen, die beruflich mit Kindern und kriminellen Jugendlichen zu tun haben, dar.
In dieser Arbeit werden die grundlegenden Erklärungsansätze -Psychoanalyse, Individualpsychologie, Entwicklungspsychologie, Lerntheorie und Sozialpsychologie- dargestellt. Die Vielzahl der in der Fachliteratur vorfindbaren weiteren Erklärungsansätze für Jugendkriminalität, haben ihren Ausgangspunkt oder ihr Grundverständnis, in einer der dargestellten Richtungen.
Unter Kriminalität werden Abweichungen von strafrechtlichen Bestimmungen verstanden. Kriminalität gilt als „Inbegriff“ abweichenden - delinquenten - Verhaltens. Viele wissenschaftliche Erklärungen für abweichendes Verhalten sind anhand der Kriminalität entwickelt worden. Für die soziale Arbeit ist dabei interessant, dass bereits die Anfänge 1919 in Chicago von einem hohen Problembewusstsein gegenüber der Jugendkriminalität beeinflusst waren. Auch das alltägliche Verständnis für abweichendes Verhalten benutzt Kriminalität gern als Beispiel. Es ist jedoch dabei zu bedenken, dass das Strafrecht in seinen Bestimmungen Interpretationsspielräume und damit Unsicherheiten aufweist. Für eine genauere Betrachtung der Kriminalität ist es unter anderem erforderlich, eine Differenzierung nach Deliktarten vorzunehmen. So müssen z. B. die jugendtypischen Straftaten von den wirtschaftskriminellen Delikten unterschieden werden.
Die nachfolgende Übersicht soll den Umfang der Kinder- und Jugendkriminalität im Verhältnis zur Gesamtkriminalität für das Jahr 1979 in der BRD […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5925
Teufel, Johann: Jugendkriminalität aus psychologischer Sicht - Folgerungen für die Prävention
und die Behandlung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Regensburg, Fachhochschule, Diplomarbeit
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung...1
2. Jugendkriminalität aus psychologischer Sicht...3
2.1.
Die Grundannahmen der Psychoanalyse...3
2.2.
Die neurotische Reaktion...5
2.3. Die
Verwahrlosung...10
3. Jugendkriminalität aus individualpsychologischer Sicht...14
4. Jugendkriminalität aus entwicklungspsychologischer Sicht...18
4.1.
Defizite in der Sozialisation...18
4.2. Mangelhafte
Belastbarkeit...21
4.3.
Krise durch Selbst- und Sinnfindung...22
5. Jugendkriminalität aus lerntheoretischer Sicht...24
5.1.
Verhaltensaufbau durch Verstärkung ­ Lernen am Modell...24
5.2.
Mangel an Verstärkung...26
6. Jugendkriminalität aus sozialpsychologischer Sicht...30
6.1. Merton's
Anomietheorie...30
6.2. Die
"Sündenbock-Theorie"...32
6.3.
Die Rollenunsicherheit bei Jugendlichen...33
7. Folgerungen für die Prävention und die Behandlung...37
7.1.
Die Prävention bei Verwahrlosung...37
7.2. Präventive
Maßnahmen
bei Jugendkriminalität...39
7.2.1.
Der Aufbau einer positiven Objektbeziehung...39
7.2.2.
Psychohygienische Maßnahmen in der Erziehung...40
7.2.3.
Anbieten von Orientierungshilfen...43
7.3. Behandlungsmethoden...44
7.3.1.
Die Einzelfallhilfe...44
7.3.2.
Die soziale Gruppenarbeit...47
7.3.3.
Die Familienberatung...52
7.4. Inhaltliche
Akzentsetzungen...53
Literaturverzeichnis...57

1
1. Einleitung
In den letzten Jahren verzeichnet die Kriminalitätsrate ein stetiges Wachstum.
Dabei ist der Anteil Jugendlicher erheblich. Die Diskussion über die Ursachen
der Jugendkriminalität wird häufig einseitig und emotional geführt.
Pauschalurteile wie verwahrlost, gefühllos, brutal, verantwortungslos usw. sind
in der Umgangssprache vorherrschend. Diese Begriffe tragen aber weder zu
einer Beschreibung der Wirklichkeit bei, noch geben sie Aufschluss über
mögliche Ursachen von delinquenten Verhalten, sowie deren Prävention und
Behandlung.
Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich die Auseinandersetzung um die
Straffälligkeit im Kindes- und Jugendalter etwas versachlichen. Neben der
Erklärung der Entstehungsursachen nach den verschiedenen psychologischen
und sozialen Richtungen stelle ich die Folgerungen für die Präventions- und
Behandlungsmöglichkeiten, die sich für Eltern, aber in erster Linie für Personen,
die beruflich mit Kindern und kriminellen Jugendlichen zu tun haben, dar.
In dieser Arbeit werden die grundlegenden Erklärungsansätze -Psychoanalyse,
Individualpsychologie, Entwicklungspsychologie, Lerntheorie und
Sozialpsychologie- dargestellt. Die Vielzahl der in der Fachliteratur
vorfindbaren weiteren Erklärungsansätze für Jugendkriminalität, haben ihren
Ausgangspunkt oder ihr Grundverständnis, in einer der dargestellten
Richtungen.
Unter Kriminalität werden Abweichungen von strafrechtlichen Bestimmungen
verstanden. Kriminalität gilt als "Inbegriff" abweichenden - delinquenten -
Verhaltens. Viele wissenschaftliche Erklärungen für abweichendes Verhalten
sind anhand der Kriminalität entwickelt worden. Für die soziale Arbeit ist dabei
interessant, dass bereits die Anfänge 1919 in Chicago von einem hohen
Problembewusstsein gegenüber der Jugendkriminalität beeinflusst waren. Auch
das alltägliche Verständnis für abweichendes Verhalten benutzt Kriminalität
gern als Beispiel. Es ist jedoch dabei zu bedenken, dass das Strafrecht in seinen
Bestimmungen Interpretationsspielräume und damit Unsicherheiten aufweist.
Für eine genauere Betrachtung der Kriminalität ist es unter anderem erforderlich,
eine Differenzierung nach Deliktarten vorzunehmen. So müssen z. B. die
jugendtypischen Straftaten von den wirtschaftskriminellen Delikten
unterschieden werden.
Die nachfolgende Übersicht soll den Umfang der Kinder- und
Jugendkriminalität im Verhältnis zur Gesamtkriminalität für das Jahr 1979 in der
BRD darstellen.

2
Tatverdächtige insgesamt 1.317.054 100%
Erwachsene über 21 Jahre 848.923 64,5%
davon -weiblich 181.466 13,8%
-männlich 667.457 50,7%
Junge Erwachsene von 18 bis
unter 21 Jahre 173.841 13,2%
davon -weiblich 24.581 1,9%
-männlich 149.260 11,3%
Jugendliche von 14 bis
unter 18 Jahre 200.862 15,3%
davon -weiblich 32.750 2,5%
-männlich 168.112 12,8%
Kinder unter 14 Jahren 93.428 7,1%
davon -weiblich 17.806 1,4%
-männlich 75.622 5,7%
Wie aus der Übersicht ersichtlich wird, ergeben die Kinder, Jugendlichen und
jungen Erwachsenen insgesamt 468.131. Das entspricht ca. 35,6% aller
Tatverdächtigen. Diese unter 21.-jährigen begehen jedoch über 50% der
Straftaten.

3
2.
Jugendkriminalität aus psychoanalytischer Sicht
2.1
Die Grundannahmen der Psychoanalyse
Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, entwickelte ein
Instanzenmodell, das die inneren Vorgänge im Menschen darstellt. Von diesem
Instanzenmodell leiten sich alle Theorien der Psychoanalyse ab.
Freud unterschied darin drei seelische Funktionsbereiche: das
"Es" - diese Instanz ist der Bereich der Wünsche, Begierden,
emotionalen Regungen, der unbewussten, triebhaften Impulse. Das Es
drängt nach lustvollem Erleben, nach Vermeidung von Unlust und
fordert die Erfüllung der Bedürfnisse.
"Ich" - darunter ist der Bereich des bewussten Erlebens und
Empfindens zu verstehen. Das Ich kann die Realität erfassen und muss
sich mit dieser im Sinne einer Anpassung auseinandersetzen. Es kann
fühlen, erleben, leiden, entscheiden und beherrschen.
"Über-Ich" - darunter versteht man das Gewissen des einzelnen
Menschen, welches er sich im Laufe seiner Entwicklung von seinen
Eltern, anderen Erziehungs- und Bezugspersonen und von seiner
Umwelt aufgebaut hat. Dies ist auch der Bereich der persönlichen
Moral, Sitte und Anstand, dem sich der Einzelne auf Grund seiner
Erziehung verpflichtet fühlt. Das Über-Ich verbietet bestimmte
Antriebe, Gedanken, Vorstellungen und Handlungen und bestraft bei
Zuwiderhandlungen mit Schuldgefühlen, Gewissensbissen u.ä.

4
Das psychoanalytische Störungsmodell lässt sich bildlich wie folgt darstellen:
Über Ich
Ich
Es
Symptombildung
Realität
(internalisiert: Wie soll e
Versöhnung
z.B.:
-Wahrnehmung
verzerrungen
-Abwehrmecha
-Verhaltensstö
indirekte
symbolische
Befriedigung
Gefühle, Wünsche, Antriebe,
Einsichten, Vorstellungen
z.B.: Aggressionen
Anregung
Verdrängung
Anpassung
Wie sich aus der graphischen Darstellung ersehen lässt, steht der Bereich des
Ich´s in einem ständigen, dynamischen Beziehungs- und Spannungsverhältnis
zwischen den beiden anderen Instanzen -Es und Über-Ich- und der Wirklichkeit.
Das Ich wird von Reizen und Impulsen aus dem Triebbereich, dem Es, der

5
Gewissensinstanz, dem Über-Ich und der Realität ständig bedrängt und muss
diese verarbeiten. Es kann nun sein, dass Reize und Impulse in solcher Vielzahl
auf das Ich eindringen, dass diese nicht mehr verarbeitet werden können. Dabei
kann es zu einer Überschwemmung und Überforderung des Ich´s kommen.
Gelangen z.B. Impulse aus dem Es, deren Befriedigung das Über-Ich verbietet
und die Realität nicht ermöglicht, in das Bewusstsein, so kommt es zu
Spannungszuständen im Bereich des Ich´s. Es werden Gefühle der Angst und
der existentiellen Bedrohung erzeugt. Um nun diesen unangenehmen Zustand zu
vermeiden, verdrängt das Ich die Impulse aus dem Es. Sie gelangen nicht mehr
in das Bewusstsein. Wenn das Es weiterhin versucht, seine triebhaften Impulse
in das Bewusstsein zu drängen, dann bahnen sich diese Triebe in Form einer
neurotischen Reaktion z.B. der neurotischen Kriminalität, einen symbolischen,
indirekten Weg zur Befriedigung.
Je nach unterschiedlichen Erziehungs- oder Umwelteinflüssen, können die
verschiedenen Instanzen von gegensätzlicher Stärke sein. Ein Beispiel soll dies
verdeutlichen. Ist der Bereich des Über-Ich und dem Ich nur schwach
ausgebildet, so können die Triebansprüche des Es nahezu ungehemmt in das
Bewusstsein gelangen und ohne Kontrolle befriedigt werden. Man spricht in
diesem Zusammenhang von Verwahrlosung.
Bisher wurden zwei Erscheinungen dargestellt, die neurotische Reaktion und die
Verwahrlosung. Beide werden im Folgendem näher betrachtet.
2.2
Die neurotische Reaktion
Zunächst prägte der schottische Arzt William Cullen (1710-1790) im Jahre 1777
den Begriff Neurose. Er bezeichnete damit jede Erkrankung des Nervensystems
ohne nachweisbare Ursache. Bis in das 19. Jahrhundert hielt sich dieses
Verständnis. Je nach Organ unterschied man z.B. Herzneurose u.a.
Erst mit Freud und der Psychoanalyse bekommt die Bezeichnung ihre heute
gültige Bedeutung. Er ging davon aus, dass Neurosen durch fließende
Übergänge mit der sogenannten Norm, also dem "Normalen" verbunden sind.
Freud nahm auch an, dass es kaum ein als "normal" bezeichnetes und
anerkanntes Verhalten gibt, welches nicht kleine Züge neurotischen Verhaltens
aufweist. Sowohl der neurotische Mensch, wie auch der als normal geltende
Mensch verfügen, seiner Ansicht nach, über die gleichen Anlagen. Sie haben die
selben Aufgaben zu erfüllen. Der Unterschied zwischen beiden liegt nur darin,
daß die Lebensbewältigung des Neurotikers für diesen viel schlechter,
schwieriger, angst- und schmerzbesetzter ist und daß er mehr durch

6
Unlustempfindungen gekennzeichnet ist. Freud sieht die Ursachen dafür in
quantitativen Disharmonien. Diese sind für das Leiden des Neurotikers
verantwortlich (vgl. Doucet, F. 1976, S.110).
Die ausschlaggebenden Faktoren der Grundstruktur bei neurotischer Kriminalität
sind nach Freud, Alexander/Staub u.a.. in den Sozialisationsbedingungen der
frühen Kindheit zu suchen. Sie nehmen an, daß in der Sozialisation zu starke und
rigide Identifikations- und Unterwerfungsprozesse stattgefunden haben. Daraus
resultiert ein viel zu strenges und tyrannisches Über-Ich. Dieses reißt die
Herrschaft über die Gesamtpersönlichkeit an sich und unterdrückt die
Triebansprüche des Es rigoros. Somit können die Triebansprüche des Es -nach
Freud meist sexuelle Impulse, in der Psychoanalyse allgemein jegliche
Bedürfnisse primärer Natur, wie z. B. Geborgenheit, Zuwendung,
Verläßlichkeit- nicht abgeändert oder verarbeitet werden, sondern verfallen einer
strikten Verdrängung (vgl. Kerscher, I. 1981, S.15f).
Das Ich, das selbst noch unfertig, widerstandsunfähig und schwach ist, sieht
keinerlei Befriedigungsmöglichkeiten in der Realität. Es gerät in einen sehr
großen Spannungszustand und greift deshalb zu Abwehrmechanismen, um
diesen unangenehmen Zustand zu beseitigen. Diese Abwehrprozesse dienen
dazu, den inneren und äußeren Gefahrensituationen zu begegnen und das Ich zu
schützen.
Folgende Abwehrformen sind nach psychoanalytischer Auffassung beobachtbar:
Abwehr-
mechanismus
Bedeutung und
Funktion
Beispiel Zweck
Verdrängung
innere Impulse, z. B.
Angst, Aggressionen, die
mit Unlust verbunden
sind, werden unbewusst
gemacht und gehalten.
die Erinnerung an
ein unangenehmes
Ereignis wird
"vergessen".
Vermeidung von
Unlust.
Verleugnung
von außen kommende
Einflüsse, die mit Unlust
(Unbehagen) verbunden
sind, werden nicht
anerkannt, sondern
ignoriert.
Erleben und
Verhalten nach dem
Motto des Vogel-
Strauß: "den Kopf
in den Sand
stecken".
das Individuum
begegnet einer
äußeren Gefahr.

7
Verschiebung
angstmachende Impulse
z. B. aggressiver Art
werden auf ein weniger
gefahrloses Objekt bzw.
eine andere Vorstellung
gewendet.
der beängstigende
Lehrer wird von
einem Schüler in
der Phantasie oder
im Traum durch
einen
wohlgesonnenen
Freund ersetzt.
Linderung eines
inneren Angst-
Aggressions-
Konflikts durch
Austausch von
Unbehagen mit
Wohlbehagen.
Projektion
mit Unlust verbundener -
z. B. aggressiver -
Impulse wird in andere
hinein verlagert und als
deren Aggression gegen
einen selbst erlebt, u. U.
bis hin zum
Verfolgungswahn
.
ein Taschendieb,
der sich von den
ihn umgebenden
Menschen bedroht
fühlt.
es entfällt, sich
mit bei sich
selbst
abgelehnten oder
verleugneten
Eigenheiten
auseinanderzu-
setzen.
Identifikation
mit dem
Aggressor
die von einem Aggressor
erzeugte Angst kann
reduziert werden, indem
der Betroffene sich mit
diesem identifiziert.
ein durch seinen
Lehrer geängstigter
Schüler identifiziert
sich mit dem
bedrohlich erlebten
Lehrer.
Reduktion von
Angst vor einer
bedrohlich
erlebten
Bezugsperson.
Wendung
gegen das
Selbst
(Verkehrung
ins Gegenteil)
die gegen eine persönlich
wichtige Bezugsperson
vorhandene Aggression
wird innerlich gegen die
eigene Person gewendet.
nicht mein Vater ist
schlecht zu mir,
sondern ich bin
schlecht zu ihm und
muss deshalb
bestraft werden.
Regulation des
Schuldgefühls:
Schutz vor der
eigenen
Aggression und
befürchteten
Folgen.
Internalisier-
ung
unlustvoll und
unangenehm erlebte
Einflüsse aus der
Außenwelt werden nach
innen genommen, d. h.
verinnerlicht.
ein zunächst
äußerer Konflikt z.
B. mit dem Vater
wird verinnerlicht
und so als innerer
Autoritätskonflikt
weitergeführt.
Angstreduktion
durch die
Verwandlung
eines äußeren
Konflikts
zwischen
Personen in
einen eigenen
inneren
Beziehungs-
konflikt.

8
Introjektion
Gegenstück zur
Projektion und
Ergänzung zur
Internalisierung. Das
Bild des anderen wird in
das eigene Selbst
aufgenommen.
das Bild oder die
Vorstellung des
Vaters bzw.
Lehrers wird
angeeignet.
durch die
Aufnahme der
Bilder der Person
wird die
Auseinander-
setzung mit ihr
leichter.
Rationalisierung
Handlungen werden im
Nachhinein mit einem
anderen Motiv
begründet, weil das
tatsächliche Motiv, das
die Handlung bewirkte,
nicht akzeptiert werden
kann.
ein sadistischer
Lehrer plagt einige
wenige Schüler und
begründet dies mit
"pädagogischen
Maßnahmen, um
die mangelnde
Erziehung im
Elternhaus
auszugleichen".
emotional
widersprüch-
liche und sozial
auffallende
Handlungen
werden logisch
so begründet,
dass sie
akzeptabel
werden.
Intellektuali-
sierung
emotionale
Schwierigkeiten werden
durch rationale
Begründungen zu
meistern versucht.
ein von Ängsten
geplagter
Studienanfänger
der Psychologie
begründet die Wahl
dieses Faches
damit, er wolle die
Ängste der
Menschen besser
verstehen und bei
der Angstbewälti-
gung helfen.
Reduktion von
emotionalem
Unbehagen, das
z. B. innere
Angst- und
Aggressions-
gefühle begleitet.
Isolierung
zusammengehörende
Inhalte werden getrennt,
indem der Affekt vom
Inhalt abgelöst und beide
Komponenten des
gleichen Geschehens
einander entfremdet
werden.
negativ erlebte
Gefühle aus einer
vergangenen
Auseinandersetz-
ung werden vom
erinnerten Ereignis
abgetrennt, so dass
das Ereignis ohne
störende Gefühle in
der Erinnerung
erhalten bleibt.
das zunächst
ängstigende
und
unbehagliche
Ereignis kann
nunmehr
angstfrei
erinnert, und es
kann
unbefangen
darüber
gesprochen
werden.
(vgl. Dörner D. und Selg H. 1985, S. 174ff)

9
Kriminelle Handlungen entstehen nun dadurch, dass äußere Konfliktsituationen
oder Durchbrüche verdrängter und aufgestauter Triebimpulse, wie zum Beispiel
Aggressionen, sich einen symbolischen Weg zur Befriedigung bahnen. Hierbei
haben die kriminellen Handlungen kein bewusstes Motiv. Sie kann man als ein
nach außen gerichtetes neurotisches Symptom betrachten. Es werden also
Triebansprüche jeglicher Art, besonders aber sexuelle Regungen, von einem
strengen und tyrannischen Über-Ich in Schach gehalten und verdrängt, die sich
dann in symbolischer Form einen Weg zur Befriedigung suchen.
Pyromanen und Kleptomanen werden in der Psychoanalyse als klassische
Beispiele für neurotische Kriminalität angeführt. Der chronische Pyromane wird
durch starke innere Antriebe dazu veranlasst, Brände zu legen. Dabei wird er
oftmals sexuell erregt.
Freud sprach in diesem Zusammenhang auch von einem Verbrecher aus
Schuldgefühlen, der seine unbewussten "Gewissensbisse", die z. B. auf
Masturbation, sexuellen Phantasien oder verbotener Wünsche liegen, an nichts
Reales knüpfen kann. Er empfindet ein unbestimmtes Sühnebedürfnis, welches
ihn dann dazu treibt, eine strafbare Handlung zu begehen. Durch die Bestrafung,
die der kriminellen Handlung folgt, kann er seine Schuldgefühle auf etwas
Greifbares, Aktuelles beziehen. Sein Gewissen ist vorübergehend wieder
beruhigt (vgl. Künzel, E. 1965, S. 23).

10
2.3 Die
Verwahrlosung
Die Verwahrlosung lässt sich von der Neurose dadurch unterscheiden, daß bei
der Verwahrlosung kein angemessenes sozialgerichtetes Über-Ich als
Steuerungs- und Kontrollinstanz der Triebimpulse ausgebildet ist.
Verwahrloste Personen weisen eine weitgehende Beziehungs- und
Bindungsarmut auf. Diese äußert sich in einem Mangel an Vertrauen, aber auch
einer unzureichenden Vertrautheit zu Menschen, Dingen und Regeln. Somit wird
die Fähigkeit zu einer angepassten Selbstverwirklichung eingeschränkt. Ein
unmittelbares Ausleben der Antriebe und eine gewisse Instabilität ergibt sich aus
dem Antrieb in eine soziale Isolation und einer niedrigen Frustrationstoleranz.
Weitere Mangelzustände auf Grund von Beziehungsarmut sind unzureichende
Internalisierung von Normen und Werten, geringer Realitätssinn, eingeschränkte
Bereitschaft und Fähigkeit zur Reflexion und Planung, und eine hohe
Anfälligkeit für Illusionen. Diese findet man nicht nur im mitmenschlichen und
sozialen Bereich, sondern auch in der gegenständlichen Welt. Sie resultieren aus
schwerwiegenden Kontaktstörungen in der frühesten Kindheit. Hierunter
versteht man tiefgreifende Versagungen der frühkindlichen Triebbefriedigung,
die durch verschiedene Formen mütterlicher Ablehnungshaltungen
hervorgerufen werden. Solche ablehnenden Haltungen sind beispielsweise
Affektsperre, Absorption in die eigenen Interessen bzw. Konflikte, Inkonsistenz
emotionaler Liebeszufuhr usw.
E. Opitz teilt den Verlauf des Verwahrlosungsprozesses in drei Stadien ein.
1. Stadium - Die Aberration
Der Verwahrlosungsprozess wird durch Milieuschädigung eingeleitet. Diese
stellt sich in Form von Versagung und / oder Verwöhnung dar. Dies kann nach
Opitz zunächst auf der Basis anlagemäßiger Dispositionen geschehen. "Die
ersten Folgen, die beim Kleinkind, aber erst auch beim Schulkind auftreten
können, lassen sich als Disregulationen im integrativen Zusammenspiel der
einzelnen seelischen Bereiche zusammenfassen;..." (Dechene, H. 1975, S. 58).
Hierbei handelt es sich im Besonderen um Antriebs- und
Gefühlsdisregulationen. Darunter versteht man, dass die Gefühle nicht mehr mit
dem übereinstimmen, was der Einzelne wahrnimmt.

11
Daraus ergeben sich:
ein nur schwacher Aufbau der Leistungsmotivation und
Leistungsfähigkeit;
ständige Erregungs-, Spannungs- und Verstimmungszustände im
Bereich des Es, die mit einer Verunsicherung des Selbstwertgefühls
einhergehen;
eine nur schwache und zudem fehlerhafte Entwicklung der Über-Ich-
Funktion;
eine Erlebnisverarbeitung des Kindes, die sich entweder in einem
passiv übergefügigem Verhalten des Kindes äußert - d. h. das Kind ist
stark introvertiert, nur sehr wenig aktiv, Triebhandlungen wie lügen,
naschen, stehlen sind nur selten zu beobachten - oder das Kind verhält
sich passiv rebellisch - d. h. es reagiert auf seine Umwelt mit
Tobsuchtsanfällen, Trotzreaktionen usw. Man kann diese zweite Form
besonders bei Kindern finden, deren Selbstständigkeit besser
entwickelt ist.
2. Stadium - Die Schwererziehbarkeit
Halten die negativen Einflüsse auf das Kind an oder werden diese verstärkt,
führen sie zu Konfliktsituationen. Das Kind kann diese nicht mehr bewältigen.
Die Vielzahl und die Gegensätzlichkeit der Impulse und Reize, die auf das Ich
des Kindes einströmen, lassen ihm keine Möglichkeit zu einer angemessenen
Verarbeitung und Steuerung dieser Einflüsse. Diese Situation ruft einen hilflosen
und quälenden Zustand der Schutz- und Orientierungslosigkeit hervor. Diesen
erlebt das Kind als existentielle Gefahr. Daraus ergibt sich, dass bei jeder
Überforderung des Ich´s automatisch ein grenzenloser Angstzustand entsteht. Da
das Ich bestrebt ist, diesen unangenehmen Zustand der Angst zu beseitigen,
greifen bestimmte Abwehrfunktionen (siehe Kap. 2.2 Abwehrmechanismen).
Opitz ordnet dem Kind in diesem Stadium den Abwehrmechanismus Regression
zu. Er versteht darunter, daß beim Kind ein bestimmtes Niveau erfolgt. Die
Reaktionen sind nicht mehr dem Alter entsprechend. Der Umweltbezug wird
lockerer und Wunschphantasien treten an die Stelle der Realität. Das
Kontaktverhalten wird eingeschränkt. Es kann eine gewisse
Bequemlichkeitshaltung beobachtet werden. Das Kind stellt Riesenansprüche
ohne eigene Anstrengungsbereitschaft.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1993
ISBN (eBook)
9783832459253
ISBN (Paperback)
9783838659251
DOI
10.3239/9783832459253
Dateigröße
657 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Regensburg – Sozialwesen
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
psychologie jugendliche
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Titel: Jugendkriminalität aus psychologischer Sicht
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