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Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen am Beispiel von Patentierungen

©2001 Diplomarbeit 102 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Innovationen bzw. das Vermögen, Innovationen hervorzubringen, sind Charakteristika einer Marktwirtschaft. Schumpeter (1993) geht soweit, sie als ihr Wesen zu interpretieren. Es ist daher von eminentem Interesse, die Innovationskraft eines Unternehmens und darüber hinaus die Innovationskraft einer Volkswirtschaft zu kennen. Bei der Beurteilung der Innovationskraft ist es notwendig, geeignete objektive Indikatoren zu finden, um Innovation messen zu können. Ein solcher Indikator können Patente sein.
Per definitionem haben Patente mit Erfindungen zu tun. Es liegt also nahe, die Inventions– und Innovationskraft eines Unternehmens oder einer Volkswirtschaft anhand der erteilten Patente zu messen. Von besonderem Interesse vor dem Hintergrund steigender Investitionen in Venture Capital (VC) in der letzten Dekade ist dabei die Frage, wie viele Innovationen von Unternehmen, die sich dieser Finanzierungsform bedienen, generiert werden, gemessen an der Anzahl der erteilten Patente.
Kern dieser Arbeit ist die Schätzung des Beitrags von VC für Innovationen am Beispiel von Patentierungen mithilfe eines ökonometrischen Ansatzes. Damit schließt die Arbeit in dieser Form eine Lücke in der bisherigen Forschung, in dem sie den Innovationsbeitrag von VC in Deutschland anhand eines objektiven Kriteriums misst.
Weitere Ziele sind die Analyse von Innovationen im mikro- und makroökonomischen Kontext und die finanztheoretische Begründung der Notwendigkeit von VC zur Innovationsfinanzierung.
Gang der Untersuchung:
Dazu wird zunächst im ersten Teil der Arbeit der Begriff der Innovation definiert und in seinen mikro- und makroökonomischen Dimensionen beleuchtet. Hierbei werden Stimuli für Unternehmen, Innovationen zu tätigen, betrachtet und Charakteristika von Innovationen und des innovativen Prozesses herausgearbeitet. Darüber hinaus werden gesamtwirtschaftliche Effekte von Innovationen, speziell Einflüsse von Innovationen auf das Phänomen der Konjunktur, betrachtet.
Daran schließt sich im zweiten Teil eine Definition des Begriffs VC, der finanztheoretisch eingeordnet und dessen grundsätzliche Bedeutung für Innovationsfinanzierung begründet wird, an. Es wird optionspreistheoretisch gezeigt, dass gerade VC bei der Finanzierung riskanter Projekte, wie sie Innovationsfinanzierungen darstellen, anderen Finanzierungsformen und speziell der Fremdkapitalfinanzierung überlegen ist. Es folgt darauf eine Analyse der gegenwärtigen Bedeutung von VC in […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5908
Arend, Sebastian: Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen am Beispiel von
Patentierungen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Frankfurt am Main, Akademie, Diplomarbeit, 2001
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
1
Inhaltsverzeichnis
Seite
Abbildungsverzeichnis 3
Abkürzungsverzeichnis 4
1
Einleitung, Problemstellung, Zielsetzung und Gang der Arbeit 5
1.1
Einleitung 5
1.2
Problemstellung 12
1.3
Zielsetzung 13
1.4
Gang der Arbeit 13
2
Theoretische Begründung und gegenwärtige Bedeutung
von Venture Capital als Instrument der Innovationsfinanzierung 15
2.1
Definition des Begriffs Innovation 15
2.1.1
Mikroökonomische Dimensionen von Innovationen 15
2.1.2
Makroökonomische Dimensionen von Innovationen 23
2.2
Definition des Begriffs Venture Capital 33
2.2.1
Finanztheoretische Einordnung 36
2.2.2
Begründung der Notwendigkeit von Venture Capital als
Instrument der Innovationsfinanzierung 36
2.3
Die gegenwärtige Bedeutung von Venture Capital in Deutschland 41
2.3.1
Der Markt für Venture Capital und seine Entwicklung 41
2.3.2
Komparative Analyse von Venture-Capital-finanzierten
Unternehmen 43
3
Patente als Indikator für Innovationen 44
3.1
Definition des Begriffs Patent 44
3.2
Patente als mikroökonomischer Indikator 47
3.3
Patente als makroökonomischer Indikator 52

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
2
4
Empirische Untersuchung für Deutschland für den Zeitraum
1984 ­ 1999 55
4.1
Die Patentproduktionsfunktion 55
4.1.1
Benennung der Variablen und Aufstellen der Funktion 55
4.1.2
Diskussion für markante Werte 56
4.1.3
Kritik und Limitationen des Ansatzes 57
4.2
Datensatz 58
4.3
Hypothesenformulierung 61
4.4
Korrelationsanalyse 61
4.5
Ein linearer Ansatz 63
4.6
Hypothesentest und Ergebnisse des linearen Ansatzes 65
4.7
Komparative Analyse 68
5
Innovationen & Venture Capital: Wirtschaftpolitische Implikationen 71
6
Zusammenfassung 79
7
Anhang 82
7.1
Anhang A 82
7.2
Anhang B 83
7.3
Anhang C 84
7.4
Anhang D 85
7.5
Anhang E 86
7.6
Anhang F 88
7.7
Anhang G 89
8
Literaturliste 90

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
3
Abbildungsverzeichnis Seite
Abbildung 1
NAIRU & Phillipskurve 6
Abbildung 2
IPO's am Neuen Markt 1997-2000 9
Abbildung 3
VC-Investitionen in Deutschland 11
Abbildung 4
F&E-Investitionen 1982-1999 18
Abbildung 5
Finanzierungsphasen 33
Abbildung 6
Optionalität eines Eigenkapitalinvestments 39
Abbildung 7
Fremdkapitalinvestment 40
Abbildung 8
New Paradigm 50
Abbildung 9
Wissensproduktion und Wissenstransformation 53
Abbildung 10
Patente, F&E & VC in Deutschland 1984-99 60
Abbildung 11
Patente in Abhängigkeit von F&E 62
Abbildung 12
Patente in Abhängigkeit von F&E und VC 62
Abbildung 13
Lineare Approximation 64
Abbildung 14
VC-Investitionen 1995-2000 76
Abbildung 15
36-Monats-Chart des NEMAX-All-Share 77
Abbildung 16
Exit-Strategien 77

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
4
Abkürzungsverzeichnis
Anm. d. Verf. Anmerkung des Verfassers
Aufl. Auflage
BfU mit Beteiligungskapital finanzierte Unternehmen
bspw. beispielsweise
BVK Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsge-
sellschaften ­ German Venture Capital Association
e.V.
bzw. beziehungsweise
DPMA Deutsches Patent- und Markenamt
et.al. und andere
etc. und das übrige
F&E Forschung & Entwicklung
Hrsg. Herausgeber
i.d.R. in der Regel
IKT Informations- und Kommunikationstechnologie
insb. insbesondere
IPO Initial Public Offering
Jhg. Jahrgang
Mio. Million(en)
Mrd. Milliarde(n)
NE New Economy
neubearb. neubearbeitet
o.g. oben genannt
OECD Organisation for Economic Cooperation and Deve-
lopment
rd. rund
S. Seite
überarb. überarbeitet
usw. und so weiter
VC Venture Capital
Vgl. Vergleiche
vs. versus
z.B. zum Beispiel

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
5
1 Einleitung, Problemstellung, Zielsetzung und Gang der Arbeit
1.1 Einleitung
Die letzten Jahre wurden, zumindest in ökonomischer Hinsicht, vom Phä-
nomen der ,,Neuen Ökonomie" oder ,,New Economy" geprägt. Als Schlag-
wort nimmt dieser Begriff einen großen Raum in der öffentlichen Diskus-
sion ein, die Suchmaschine ,,google.com"
1
findet unter dem Begriff ,,New
Economy" genau 768.000 Dokumente, die Publikationen zu diesem The-
ma sind kaum mehr zu überschauen. Doch was ist nun die ,,New Econo-
my" (NE) ?
Vielfach wird unter NE die Erfolgsgeschichte einiger Unternehmen aus
den Bereichen Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechno-
logie (IKT) verstanden. Diese enge, auf die Mikroebene beschränkte
Sichtweise wird dem Phänomen der NE gerade mit Blick auf die funda-
mentalen Wirtschaftsdaten der USA nicht gerecht. Ab Mitte der 90er Jah-
re konnte dort eine Steigerung des Wachstums des Produktionspotenti-
als
2
festgestellt werden, ausgelöst durch eine Produktivitätssteigerung,
die erheblich über den Steigerungsraten der übrigen OECD-Länder lag.
3
Gleiches gilt für das Wachstum des US-amerikanischen Bruttoinlandspro-
dukts.
4
Einhergehend damit sank die Zahl der Arbeitslosen, ohne dass
deren zusätzliche Nachfrage Druck auf die Preise in nennenswertem Um-
fang erzeugte; die Nachfrage traf auf ein zunehmend elastisches Ange-
bot.
Aus makroökonomischer Sicht sind wesentliche Charakteristika der NE:
·
ein steigendes Wachstum des Produktionspotentials bei
·
moderater Entwicklung der Inflation.
5
Möglicherweise hat, keynesianisch argumentiert, die Potentialausweitung
in den USA zu einer Abflachung der Phillips-Kurve (die fallenden Linien im
Schaubild) geführt, oder, monetaristisch ausgedrückt, zu einer Linksver-
schiebung der NAIRU (non-accelerating inflation rate of unemployment ­
1
www.google.com
2
Vgl. dbResearch, 2000[a], S. 3 ff.
3
Gust/Marquez, 2000, S. 665-681
4
ebenda, S. 669
5
Vgl. dbResearch, 2000[c], S. 3

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
6
also der Rate der Arbeitslosigkeit, bei deren Überschreiten Inflationsdruck
entsteht; die senkrechten Linien im Schaubild).
Abbildung 1 NAIRU & Phillipskurve
Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Löchel
6
Beide Konzepte vermuten einen inversen Zusammenhang zwischen der
Veränderung der Arbeitslosigkeit (
·
U
), hier auf der Abszisse abgetragen,
und der Veränderung des Preisniveaus (
·
), abgetragen auf der Ordinate.
Eine Abflachung der Phillipskurve (Linksverschiebung der NAIRU) bedeu-
tet eine Abschwächung des Zusammenhangs: Die Zahl der Arbeitslosen
kann weiter sinken, ohne dass ein signifikanter Druck auf die Preise die
Folge wäre. Auslöser für diese Abflachung (Linksverschiebung) kann eine
Innovation sein.
Von besonderem Interesse aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist dieses
quasi-inflationsfreie Wachstum gerade deshalb, weil das umgekehrte
Phänomen nur kurze Zeit zurückliegt:
Die NE kann im Kern beschrieben werden als die Umkehrung der Stagfla-
tion der 70er Jahre, dem simultanen Auftreten von Inflation und Unterbe-
schäftigung.
7
Ausgelöst wurde diese Entwicklung durch Angebots-
schocks; die Großhandelspreise stiegen dramatisch, was sich in eine
steigende Inflationsrate übersetzte. Dies deshalb, weil die gleiche Menge
6
Vgl. Löchel, 2000, S. 12
7
Vgl. Felderer/Homburg, 1999, S. 257
·
U
·
NAIRU

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
7
Güter aufgrund der höheren Einkaufspreise nun zu höheren Preisen an-
geboten wurden.
8
Aufgrund der gestiegenen Preise stiegen auch die Löh-
ne auf Druck der Gewerkschaften, um die Lohnempfänger für den Kauf-
preisverlust zu kompensieren. Die Lohnsteigerung wiederum führten zu
einem weiteren Anziehen der Preise. Diesen Zusammenhang bezeichnet
man auch als Lohn-Preis-Spiralen.
Diametral entgegengesetzt verlief wie gesagt die wirtschaftliche Entwick-
lung über die letzte Dekade in den USA.
Was jedoch war der Auslöser für diese extrem positive Entwicklung von
Produktivität, Produktionspotential und Inflation ?
Ebenso wie die Stagflation durch Angebotsschocks ausgelöst wurde,
könnte das auch für die NE zutreffen. Es wird häufig die These vertreten,
die Nutzung neuer IKT sei für den Anstieg der Produktivität in den USA
verantwortlich:
Durch den Einsatz von IKT in allen Sektoren der Volkswirtschaft steigt die
Arbeitsproduktivität, gemessen am Output pro Stunde. Wenn nun die
Löhne im gleichen Maße steigen wie die Arbeitsproduktivität, führt dies zu
einer Konstanz der Lohnstückkosten, was für die Unternehmen keine kos-
tenseitigen Anlässe bietet, die Preise zu erhöhen. Somit sind lohnstück-
kosteninduzierte Inflationsrisiken gebannt. Neben diesen positiven Effek-
ten der Produktivität auf die Preisentwicklung wirken sich zusätzlich die
Globalisierung der Märkte, die Deregulierung sowie die Liberalisierung na-
tionaler Märkte über verstärkte Konkurrenz inflationsdämpfend aus.
9
Im Zusammenhang mit dieser These sind vor allem zwei empirische Stu-
dien von Relevanz: Oliner/Sichel kommen zu dem Ergebnis, dass Innova-
tionen im Bereich IKT in die gesamte Volkswirtschaft diffundieren und
dass die Steigerung der Produktivität kausal auf den Einsatz von IKT zu-
rückzuführen sei.
10
Dem entgegengesetzt verneint Gordon Steigerungen der Produktivität
außerhalb des IKT-Sektors. Zwar sei der Einsatz neuer Technologien in
den Produktivitätsstatistiken sichtbar. Dies könne jedoch mit dem dynami-
schen Wachstum dieses Sektors und seiner daher steigenden Bedeutung
in der Gesamtwirtschaft erklärt werden. In jedem Fall sei etwa das Inter-
8
Vgl. Samuelson/Nordhaus, 1998, S. 385
9
Vgl. dbResearch, 2000[a], S. 4
10
Vgl. Oliner/Sichel, 2000, S. 21

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
8
net nicht vergleichbar mit Basisinnovationen der Vergangenheit wie dem
elektrischen Licht oder dem Elektromotor.
11
Selbst wenn Uneinigkeit bezüglich der Auswirkungen auf die Produktivität
der neuen IKT außerhalb des IKT-Sektors besteht, kann festgestellt wer-
den, dass das Aufkommen neuer IKT eine organisatorische Revolution
eingeleitet hat. Der Umstrukturierungsprozess ist in vollem Gang; die NE
hat einen langfristigen wirtschaftlichen Wandel eingeleitet von der Indus-
trie- und Dienstleistungs- zu einer Netzwerks- und Wissensökonomie.
12
Die Verwendung von IKT hat Arbeitsabläufe radikal verändert. Parallel
dazu wird der IKT-Sektor durch seine hohe intrasektorale Dynamik zu ei-
nem immer bedeutenderen Bestandteil moderner Volkswirtschaften.
In diesem Sinne kann speziell das Internet als Basisinnovation interpre-
tiert werden, nämlich als eine Innovation, die sowohl vielseitig anwendbar
ist, in vielen Bereichen/Branchen eingesetzt werden kann, deren Weiter-
entwicklung sich durch eine hohe Dynamik auszeichnet und die schluss-
endlich eine Veränderung von Abläufen durch ihre Verwendung verur-
sacht. Alle diese Kriterien passen auf das Internet:
Es ist ein Medium zur Verbreitung von Informationen, ein Kommunikati-
onsnetz, ein Marktplatz und eine Handelsplattform. Es findet Anwendung
in privaten wie beruflichen Bereichen. Die Expansion des Netzes in den
letzten Jahren vollzog sich mit exponentiellen Zuwachsraten. Internet-
basierte Anwendungen verändern die Abläufe in Unternehmen. Das Inter-
net ist somit eine radikale Innovation im Gegensatz zum inkrementellen
Fortschritt, der sich nur auf einzelne Produkte oder Verfahren bezieht.
Basistechnologien sind solche radikalen Innovationen, die ein neues
technologisches Paradigma darstellen. Des weiteren entfalten Basisinno-
vationen ihre Wirkungen, eben weil die gesamte Wirtschaft sich verändert,
erst mit Zeitverzögerung in allen Sektoren.
13
Insofern werden Gordons
Ergebnisse relativiert ­ möglicherweise kann die Bedeutung des Internet
zur Zeit noch gar nicht quantifiziert werden.
Ob der zumindest temporär überwundene Konjunkturzyklus dauerhaft
,abgeschafft' werden kann, scheint vor dem Hintergrund der momentanen
Entwicklung in den USA äußerst fraglich.
14
Wenn jedoch das Internet und
die verwandten Technologien tatsächlich eine Basisinnovation darstellen,
11
Vgl. Gordon, 2000, S. 72
12
Vgl. Löchel, 2000, S. 21 ff.
13
dbResearch, 2000[b], S. 7 ff.
14
Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2000

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
9
sind zukünftig steilere Wachstumspfade auf höherem Niveau nicht ausge-
schlossen.
Als eine wesentliche Vorraussetzung für den Erfolg von IKT-Unternehmen
(Internet- oder Software-Branche etc.) kann das Entstehen der ,,Neuen
Märkte"
15
, allen voran die US-Wachstumsbörse NASDAQ, an den großen
Börsen der Welt angesehen werden. An diesen Börsensegmenten kön-
nen sich Unternehmen innovativer Branchen mit dem dringend benötigten
Eigenkapital versorgen: Netzwerktechnologien etwa zeichnen sich da-
durch aus, dass die Voraussetzung für ihre Rentabilität ein entsprechend
großer Umsatz ist ­ eine ,kritische Größe' muss erreicht werden. Bis zum
Erreichen dieser Größe kann im Zweifel viel Zeit vergehen, der Kapitalbe-
darf zur Aufrechterhaltung des Unternehmens ist jedoch unabhängig da-
von gegeben. Während dieser Wachstumsphase allerdings werden in der
Regel wenige oder gar keine Erträge generiert, mit denen etwa Kreditver-
bindlichkeiten bedient werden könnten. Daher ist Eigenkapitalfinanzierung
das Mittel der Wahl.
Als Beispiel für die hohe Bedeutung und Nutzung des Instruments der
Neuen Märkte mag die Entwicklung der Initial Public Offerings (IPO's), al-
so der Erstemission von Aktien am Primärmarkt, dem Emissionsmarkt
16
,
am Neuen Markt in Frankfurt seit seiner Einrichtung am 10.03.1997 gel-
ten.
Abbildung 2 IPO's am Neuen Markt 1997-2000
Anzahl der IPO's am Neuen Markt 1997 - 2000
0
20
40
60
80
100
120
140
1997
1998
1999
2000
Jahr
Anzahl
Quelle: eigene Darstellung, Datenquelle: Deutsche Börse AG
17
15
Beispiele: ,,Le Nouveau Marché" in Frankreich, ,,Nuovo Mercato" in Italien, ,,Neuer
Markt" in Deutschland
16
im Vergleich zum Sekundärmarkt, dem Zirkulationsmarkt
17
Deutsche Börse AG, 1999 und Deutsche Börse AG, 2000

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
10
Der hohe Kapitalbedarf bei zunächst unsicheren laufenden Erträgen ist
jedoch kein ausschließliches Problem der IKT-Branchen; es trifft ebenso
für Unternehmen der Pharmaindustrie zu, die Kapital zur Entwicklung
neuer Präparate benötigen oder für Biotechnologieunternehmen.
Organisierte Märkte wie der Neue Markt leisten für Unternehmen einen
wesentlichen Beitrag zur kostensparenden Beschaffung von Risikokapi-
tal.
18
Des weiteren stellen sie einen Exit-Kanal für die bisherigen Eigner
einer Unternehmung dar: Intention bei der Einrichtung des Neuen Marktes
war es, junge, innovative und risikoreiche
Unternehmen mit entsprechend
risikofreudigen Anlegern zusammenzubringen. Ein IPO allerdings kommt
nur für bereits bestehende Unternehmen in Frage. Bei der Gründung ei-
nes Unternehmens ist es häufig der Gründer selbst, der das erforderliche
Kapital bereitstellt. Nicht immer jedoch verfügt dieser über entsprechende
Mittel. Zudem ist er oft unternehmerisch unerfahren. Selbst wenn zu-
nächst ausschließlich eigene Mittel verwendet werden, kann es zu Kapi-
talengpässen kommen, die zu decken der Gründer allein oft nicht in der
Lage ist. Aus diesem Dilemma bietet eine alternative Finanzierungsmög-
lichkeit einen Ausweg:
Venture Capital (VC), also Beteiligungskapital, das durch Intermediäre,
etwa VC-Gesellschaften, temporär zur Verfügung gestellt wird. Neben der
Bereitstellung von Kapital ist die unternehmerische Unterstützung und Be-
ratung durch den Kapitalgeber ein wesentliches Charakteristikum dieser
Finanzierungsform. Gerade für junge Unternehmen, die sich durch ein
hohes Maß an Innovation und dadurch potentiellem Wachstum auszeich-
nen, ist VC ein ideales Instrument. In der Regel ist der Risikogehalt der
Projekte dieser Unternehmen sehr hoch. Weiterhin sind die Erträge, die
mit diesen Projekten erzielt werden sollen, nicht nur unsicher, sondern
liegen meist auch weit in der Zukunft. Daher scheidet auch hier eine
Fremdfinanzierung vor der Erstnotierung häufig aus.
Es ist Kennzeichen der meisten VC-Investitionen, dass während der In-
vestition keine Erträge erzielt werden. Einzig das Desinvestment, also
bspw. die Platzierung der Anteile an einem Börsensegment wie dem
18
Der Sachverständigenrat verweist in seinem Jahresgutachten 2000 unter der Über-
schrift ,,Hoffnungsträger Neue Ökonomie" auf die Bedeutung des Neuen Marktes als Zu-
fuhrquelle von Eigenkapital und Exit-Kanal für bisherige Risikokapitalgeber. Als weitere
positive Effekte des Neuen Marktes werden steigende Bekanntheit der notierten Unter-
nehmen und höhere Anteilsstreuung als Schutz vor einer Übernahme genannt.

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
11
Neuen Markt, stellt für den Investor die Rückgewähr seines Kapitals inklu-
sive seines Investitionsertrages dar.
Viele der Unternehmen, die heute am Neuen Markt
19
notiert sind, haben
zumindest einmal in der Zeit vor ihrer Erstnotierung VC empfangen.
Die Bereitstellung von VC wird um so wahrscheinlicher, je mehr der Inves-
tor die Möglichkeit hat, seine Beteiligung zu gegebener Zeit zu liquidieren,
etwa über einen Börsengang. Dem Entstehen der Neuen Märkte kann
somit ein großer Anteil an der ,,Venture Mania in Europe"
20
zugeschrie-
ben werden. Die Investitionen in Venture Capital stiegen von 1984-1999
beträchtlich. Beachtlich ist vor allem die Steigerung von rund 650 Mio. DM
in 1996 auf gut neun Mrd. DM in 1999.
Abbildung 3 VC-Investitionen in Deutschland
VC-Investitionen von 1984 bis 1999
0
2
4
6
8
10
84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99
Milliarden
Jahr
DM
Quelle: eigene Darstellung basierend auf Daten des BVK 1993-1999
21
VC als Finanzierungsform für junge, innovative und risikoreiche Unter-
nehmen setzt sich, nach seinem Siegeszug in den USA (,,Silicon Valley"),
bei dem vermutlich massiv zum Phänomen NE beigetragen hat, mehr und
mehr auch in Europa durch. Offenbar besteht also ein Zusammenhang
zwischen der Verfügbarkeit von VC, dem Vorhandensein von liquiden
Exit-Kanälen und dem erfolgreichen Entstehen von innovativen Unter-
nehmen.
19
Zur aktuellen Situation am Neuen Markt siehe Teil 5
20
Schertler/Stolpe, 2000 (Titel)
21
Vgl. BVK, 1993-1999

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
12
1.2 Problemstellung
,,Alles Leben ist Problemlösen"
22
Karl R. Popper
Innovationen können generell als Veränderungen des Status quo interpre-
tiert werden.
Innovationen bzw. das Vermögen, Innovationen hervorzubringen, sind
Charakteristika einer Marktwirtschaft. Schumpeter geht soweit, sie als ihr
Wesen zu interpretieren. ,,Der Kapitalismus ist also von Natur aus eine
Form oder Methode der ökonomischen Veränderung und ist nicht nur nie
stationär, sondern kann es auch nie sein. ... Dieser Prozess der schöpfe-
rischen Zerstörung ist das für den Kapitalismus wesentliche Faktum. Dar-
in besteht der Kapitalismus und darin muss auch jedes kapitalistische
Gebilde leben."
23
Mit Schumpeter kann also gefolgert werden, dass nur innovative Unter-
nehmen in innovativen Marktwirtschaften überlebensfähig sind. Es ist da-
her von eminentem Interesse, die Innovationskraft eines Unternehmens
und darüber hinaus die Innovationskraft einer Volkswirtschaft zu kennen.
Bei der Beurteilung der Innovationskraft eines Unternehmens oder einer
Volkswirtschaft ergibt sich jedoch ein Problem: Innovationen sind zumeist
intrinsisch nicht zu beobachten. Letztlich entscheidet der Kunde anhand
seiner Präferenzen, ob ein Produkt erfolgreich ist. Es ist also notwendig,
geeignete Indikatoren zu finden, um Innovation messen zu können. Häu-
fig werden in diesem Zusammenhang Kriterien des Markterfolgs von Un-
ternehmen herangezogen wie etwa Umsatz oder Marktanteilsveränderun-
gen.
24
Diese Größen werden jedoch nicht ausschließlich durch Innovatio-
nen beeinflusst, sondern können sich ebenso aufgrund von Entscheidun-
gen der Unternehmensleitung oder anderer Einflüsse ändern.
Als weitere Schwierigkeit erweist sich, dass Innovationen in mehreren
Produkten oder Prozessen Anwendung finden können, so dass eine pro-
dukt­ bzw. prozessspezifische Erfolgsmessung zu leisten wäre. Dies
kann jedoch extrem aufwendig bis praktisch unmöglich sein. Die dabei
auftretenden Probleme, kurz ,,Multikausalitätsproblem"
25
und ,,Zuord-
22
Popper, 1994 (Titel)
23
Schumpeter, 1993, S. 136-138
24
Vgl. Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 1999, S. 305
25
ebenda

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
13
nungsproblem"
26
, können durch die Verwendung eines objektiven Indika-
tors gelöst werden. Ein solcher Indikator können Patente sein.
Per definitionem haben Patente mit Erfindungen zu tun. Es liegt also na-
he, die Inventions­ und Innovationskraft eines Unternehmens oder einer
Volkswirtschaft anhand der erteilten Patente zu messen.
27
Von besonde-
rem Interesse vor dem Hintergrund steigender Investitionen in VC (siehe
oben) ist dabei die Frage, wie viele Innovationen, gemessen an der An-
zahl der erteilten Patente, von Unternehmen, die sich dieser Finanzie-
rungsform bedienen, generiert werden.
Dies ist jedoch nicht leicht zu beantworten: es gibt bis dato keine empiri-
sche Erhebung, die zeigte, wie viele Patente aus VC-finanzierten Unter-
nehmen stammen, so dass man quantifizieren könnte, was der Innovati-
onsbeitrag von VC ist. Zur Lösung dieses Problems will diese Arbeit bei-
tragen.
1.3 Zielsetzung
Hauptziel dieser Arbeit ist die Schätzung des Beitrags von VC für Innova-
tionen am Beispiel von Patentierungen mithilfe eines ökonometrischen
Ansatzes.
Weitere Ziele sind die Analyse von Innovationen im mikro- und makro-
ökonomischen Kontext und die Begründung der Notwendigkeit von VC
zur Innovationsfinanzierung.
1.4 Gang der Arbeit
Im folgenden wird zunächst der Begriff der Innovation definiert und in sei-
nen mikro- und makroökonomischen Dimensionen beleuchtet. Hierbei sol-
len Stimuli für Unternehmen, Innovationen zu tätigen, betrachtet und Cha-
rakteristika von Innovationen und des innovativen Prozesses herausgear-
beitet werden. Darüber hinaus werden gesamtwirtschaftliche Effekte von
Innovationen, speziell Einflüsse von Innovationen auf das Phänomen der
Konjunktur, betrachtet.
Daran schließt sich eine Definition des Begriffs VC, der finanztheoretisch
eingeordnet und dessen grundsätzliche Bedeutung für Innovationsfinan-
zierung begründet wird, an. Es wird zu zeigen sein, dass gerade VC bei
der Finanzierung riskanter Projekte, wie sie Innovationsfinanzierungen
26
Vgl. Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, 1999, S. 305
27
Diskussion der Güte dieses Indikators siehe 3.1.

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
14
darstellen, anderen Finanzierungsformen und speziell der Fremdkapitalfi-
nanzierung überlegen ist.
Es folgt darauf eine Analyse der gegenwärtigen Bedeutung von VC in
Deutschland.
Den Kern der Arbeit bilden der dritte und vierte Teil:
Gegenstand des dritten Teils der Arbeit ist die Beurteilung des Innovati-
onsindikators Patente. Hierbei soll die Tauglichkeit von Patenten als öko-
nomischer Indikator im mikro- und makroökonomischen Zusammenhang
gezeigt werden.
Der vierte Teil hat eine empirische Untersuchung für die Bundesrepublik
Deutschland von 1984 bis 1999 zum Gegenstand. Es wird zunächst ein
geeigneter Ansatz zur Schätzung des Innovationsbeitrages von VC am
Beispiel von Patentierungen aufgestellt und kritisch beleuchtet. An eine
Vorstellung des Datensatzes wird sich die Formulierung der für diese Ar-
beit relevanten Hypothesen und deren Überprüfung anschließen. Die zu
findenden Ergebnisse sollen dann mit Ergebnissen aus den USA vergli-
chen werden. Ein Vergleich bietet sich trotz erheblicher Unterschiede et-
wa in Bezug auf die Größe und Zusammensetzung der VC-Märkte in den
USA und Deutschland an: Kortum und Lerner
28
haben für die USA einen
signifikant positiven Einfluss von VC auf Patentierungen festgestellt. Es
wird daher von Interesse sein, ob sich ähnliche Ergebnisse auch in
Deutschland finden lassen.
Die wirtschaftspolitischen Implikationen dieser Arbeit werden im fünften
Teil diskutiert.
Im sechsten werden die gefundenen Ergebnisse schließlich zusammen-
gefasst.
28
Kortum/Lerner, 1998, S. 1-40 und Kortum/Lerner, 2000, S. 674-692

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
15
2 Theoretische Begründung und gegenwärtige Bedeutung von
Venture Capital als Instrument der Innovationsfinanzierung
2.1 Definition des Begriffs Innovation
Bisher wurde der Begriff ,,Innovation" nicht näher definiert. Dies ist jedoch
vor allem nötig, wenn im folgenden über Innovationsfinanzierungen ge-
sprochen werden soll. Auf eine allgemeine Definition folgt daher eine Ein-
ordnung in den mikro- und makroökonomischen Kontext, bei der weitere
charakteristische Aspekte von Innovationen herausgearbeitet werden sol-
len.
,, Innovation consists of the generation of a new idea and its implementa-
tion into a new product, process or service, leading to a dynamic growth of
the national economy and the increase of employment as well as to a
creation of pure profit for the innovative business enterprise. Innovation is
never a one-time phenomenon, but a long and cumulative process ... ."
29
2.1.1 Mikroökonomische Dimensionen von Innovationen
Schumpeter charakterisiert eine Marktwirtschaft als dynamisches Kon-
strukt, in dem die Notwendigkeit zur Innovation für den einzelnen Betrieb
durch die Konkurrenz anderer Anbieter immer gegeben ist.
30
Das aus-
schließliche Festhalten an bestehenden Produkten, also ,,alten Kombina-
tionen"
31
von Produktionsfaktoren, kann sich fatal auswirken: der Kapita-
lismus ist eine ,,Konkurrenzwirtschaft, in der sich die neuen Kombinatio-
nen durch das Niederkonkurrieren der alten durchsetzen... ."
32
Innovation als Durchsetzung neuer Kombinationen ist demgemäss die
einzige Möglichkeit, um langfristig erfolgreich am Markt zu bestehen. Das
Gesagte kann in folgender Maxime zusammengefasst werden:
,,Lebendige Unternehmen müssen versuchen, sich verbessernd zu än-
dern, da sich das Umfeld permanent turbulent und diskontinuierlich entwi-
ckelt."
33
29
Urabe, 1998, S. 3
30
Vgl. Schumpeter, 1997, S. 101
31
ebenda
32
ebenda
33
Bergmann, 2000, S. 19

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
16
Dieser systeminhärente Zwang zur Innovation wird gegenwärtig noch ver-
stärkt durch die Globalisierung der Märkte, zunehmende Liberalisierung
sowie die Deregulierung der nationalen Märkte. Diese Phänomene zu-
sammen bedeuten unter anderem eine verstärkte Konkurrenz bestehen-
der Unternehmen und den Markteintritt neuer Konkurrenten durch sinken-
de Marktzugangsbeschränkungen.
Innovationen ermöglichen die Eröffnung neuer Produkt-Markt-Felder oder
das Erzielen von Differenzierungs- oder Kostenvorteilen gegenüber Kon-
kurrenten. Hatte Schumpeter vorrangig Produktinnovationen
34
im Blick, so
deutet speziell das Erzielen von Kostenvorteilen auf einen weiteren Inno-
vationstypus hin, nämlich Prozessinnovationen. Diese können sich neben
gesteigerter Qualität (Total Quality Management) in niedrigeren Durch-
schnittskosten niederschlagen. Es lassen sich systematisch diese Typen
von Innovationen unterscheiden:
35
·
Produktinnovationen als Durchsetzung neuer Kombinationen
·
Prozessinnovationen zur Kosten- oder Qualitätsoptimierung
·
Kultur- und Organisationsinnovationen
·
Evolutionäre und revolutionäre Innovationen
Die beiden letzten Punkte verdienen eine nähere Erläuterung: Erwerbs-
wirtschaftliche Unternehmen sind Subsysteme von Gesellschaften, die im
ökonomischen Aggregat, allerdings nicht isoliert von anderen Subsyste-
men der Gesellschaft (das politische, das kulturelle, das soziale Aggre-
gat), zur Erreichung ökonomischer Ziele unter Einsatz von Sachmitteln
und Humankapital agieren. In Zeiten fortschreitender Technisierung und
Angleichung technischer Standards in weiten Teilen der Welt ist der effi-
ziente Einsatz geeigneter Sachmittel zwar nach wie vor ein Erfolgsfaktor.
Allerdings tritt zunehmend das Humankapital als Determinante des Er-
folgs eines Unternehmens, gleich welchen Sektors, in den Vordergrund.
Unternehmen konkurrieren auf den Faktormärkten also nicht mehr nur um
Sachkapital, sondern vor allem auch um den Faktor ,,Humankapital". Da-
her kommt innovativen Organisations- und Führungskonzepten eine
wachsende Bedeutung zu.
34
Schumpeter unterscheidet prinzipiell zwischen fünf Innovationstypen (Vgl. Schumpeter,
1997, S. 100-101), jedoch liegt der Fokus seiner Analyse auf neuen Produkten.
35
Vgl. z.B. Bergmann, 2000, S. 31

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
17
Ein zentraler Unterschied besteht zwischen evolutionären vs. revolutionä-
ren Innovationen. Das erstere bezeichnet die inkrementelle Modifikatio-
nen vorhandener Produkte etc., also kontinuierlichen Verbesserungen,
die dementsprechend auch nur geringe Konkurrenzvorteile hervorbringen.
Beispiele sind Anpassungs- und Verbesserungsinnovationen. Revolutio-
näre Innovationen bedeuten Basisinnovationen, die zu Diskontinuitäten
führen ­ einmal für den Innovator, der durch sein radikales, neues Pro-
dukt eine temporäre Monopolstellung mit entsprechenden Monopolrenten
erhält. Des weiteren sind die Wirkungen von Basisinnovationen nicht auf
den Innovator beschränkt; als Querschnittstechnologien diffundieren sie in
verschiedene Sektoren oder in die gesamte Volkswirtschaft.
Innovationen allgemein bergen ein Risiko in sich: Der für das Unterneh-
men relevante Markt kann die Innovation vollständig oder teilweise ableh-
nen, was einer Verschwendung knapper Ressourcen auf Seiten des indi-
viduellen Unternehmens gleichkommt. Revolutionäre Innovationen zeich-
nen sich besonders durch ein hohes Risiko für den Innovator aus ­ bei
Markteinführung sind die Monopolrenten nicht garantiert.
Innovation ist mit Urabe ein Prozess
36
, an dessen Beginn die Investition in
Forschung & Entwicklung (F&E) steht. Ziel dieses Prozesses ist das Her-
vorbringen einer Invention, die anschließend in ein neues Produkt, einen
neuen Prozess transformiert und am Markt eingeführt wird (Innovation).
Das Ende des Innovationsprozesses stellt regelmäßig die Diffusion und
Adoption der Innovation im Markt dar.
,,Business firms presumably invest in research and development
because they find it profitable to do so."
37
Als Beleg dafür mögen die von
rund 30 Mrd. auf etwa 75 Mrd. DM gestiegenen Investitionen in F&E in
der Bundesrepublik Deutschland von 1982-1999 gelten.
36
Vgl. Urabe 1998, S. 3

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
18
Abbildung 4 F&E-Investitionen 1982-1999
F&E-Aufwendungen 1982-1999
0
20
40
60
80
82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99
Milliarden
Jahr
DM
Quelle: eigene Darstellung, Datenquelle: Statistisches Bundesamt 1982-1999
Nun mag das Profitmotiv hinreichend begründen, warum Unternehmen in
Konkurrenzwirtschaften bestrebt sind, Innovationen hervorzubringen. Je-
doch wurde in den bisherigen Ausführungen die Frage, was der Stimulus
sei, der Unternehmen innovieren lasse, nicht besprochen. Eine entschei-
dende Frage hier lautet deshalb:
Wie kommt der innovative Prozess überhaupt in Gang ?
Eine Antwort auf diese Frage versuchen unter anderem zwei traditionelle
Ansätze:
Der erste ist der sogenannte ,,technology-push"-Ansatz: Es wird hierbei
davon ausgegangen, dass Innovationen allein angebotsseitig bestimmt
sind. Grundlage aller Innovationen ist dabei die Menge des naturwissen-
schaftlichen Wissens. Dieses Wissen determiniert gleichsam den
Möglichkeitenraum, in dem ein Unternehmen in Bezug auf seine Techno-
logie agiert. Die zugrundeliegende Vorstellung ist hier, dass das einzelne
Unternehmen dabei naturwissenschaftliche Erkenntnisse in Technologien
transformiert, die für seinen relevanten Markt eine Innovation darstellen.
Die Wissensproduktion ist dabei allein wissenschaftlich motiviert, die
Transformation des Wissens in Produkte folgt ökonomischen Motivatio-
nen, namentlich dem Motiv der Profitmaximierung. Reale Probleme wer-
den mithilfe abstrakter naturwissenschaftlicher Erkenntnisse gelöst. Es
wird deutlich, dass die conditio sine qua non der marktfähigen Problemlö-
sung die Existenz naturwissenschaftlicher Erkenntnis ist, die in die reale
Welt kaskadiert. Der Schumpetersche Unternehmer hat nach dieser Vor-
37
Scherer, 1965, S. 290

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
19
stellung einen positiven Anreiz und gleichzeitig einen Zwang, die natur-
wissenschaftliche Wissensproduktion in der ökonomischen Sphäre nutz-
bar zu machen: eine erfolgreiche Markteinführung verspricht Monopolren-
ten, ein Beharren auf dem Status quo birgt die Gefahr in sich, ,,niederkon-
kurriert"
38
zu werden, und zwar durch diejenigen Unternehmen, die Er-
kenntnisse der Naturwissenschaften in ,,neue Kombinationen"
39
überfüh-
ren.
Dieser Versuch der Erklärung von Innovationen vernachlässigt jedoch den
Prozess der Entstehung der Innovation; es wird allein der auslösende Sti-
mulus beschrieben, die Transformation aber nicht näher erläutert. Des
weiteren ist der strenge Determinismus, der unterstellt wird, anzufechten.
Es kann angezweifelt werden, dass jedes reale Probleme erstens auf kor-
respondierende naturwissenschaftliche Erkenntnis trifft und zweitens eben
diese die vorhandenen Probleme hinreichend löst.
Im Gegensatz zur angebotsseitigen Erklärung versucht der zweite traditi-
onelle Ansatz, der sogenannte ,,demand-pull"-Ansatz, das Phänomen von
Innovationen über die Nachfrager von Produkten zu erklären: Die Präfe-
renzen der Nachfrager bestimmen das Produktsortiment eines Unterneh-
mens und damit indirekt die zur Produktion erforderliche Ressourcenallo-
kation. Kann ein Unternehmen die Bedürfnisse der Nachfrager nicht mehr
ausreichend befriedigen, weil sich etwa deren Präferenzen geändert ha-
ben, hat es einen Anreiz, die Ressourcenallokation zu verändern. Es wird,
um ein Produkt zu kreieren, das die Bedürfnisse der Kunden befriedigt,
verstärkt in F&E investiert. Der autonome Konsument bestimmt also letzt-
lich, was produziert wird und wann das Unternehmen innovative Aufwen-
dungen tätigt.
Selbst wenn diese Annahme zuträfe, ergäben sich Probleme aus dieser
Sichtweise: Eine geänderte Ressourcenallokation ist nicht synonym für
das tatsächliche Entstehen einer Innovation. Ebenso gut ist vorstellbar,
dass das Unternehmen zwar die geänderten Präferenzen seiner Kunden
ernst nimmt, jedoch suboptimale F&E-Projekte initiiert, die letztlich nicht
zu einem präferenzenoptimalen Produkt führen. Ein schon bei den ,,tech-
nology-push"-Ansätzen angeführte Kritikpunkt gilt auch hier; nämlich dass
38
Vgl. Schumpeter, 1997, S. 101

Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen Sebastian Arend
20
der innovative Prozess als solcher nicht Gegenstand der Erklärung ist,
sondern lediglich der Stimulus besprochen wird.
Schlussendlich wird nicht erklärt, warum manche Unternehmen Basisfor-
schung betreiben, für die womöglich keine konkrete Nachfrage in Form
konkreter Produkte existiert.
40
Zu den modernen Erklärungsansätzen gehörig, liefert etwa Dosi
41
eine tie-
fergehende Analyse des innovativen Prozesses. Folgende Definition ist zu
finden:
,,The innovative process ... entails an intrinsically uncertain activity
of search and problem-solving based upon varying combinations
of public and private ... knowledge, general scientific principles
and rather idiosyncratic experience, well-articulated procedures
and rather tacit competences."
42
Die Suche nach innovativen Problemlösungen wird geleitet von einem
technologischen Paradigma, das gleichsam definiert, welche Innovationen
unter seinem Regime theoretisch entstehen können. Das Paradigma ist
ein Produkt aus Versuch und Irrtum und wird oft geteilt von allen Akteuren
im betrachteten technologischen und ökonomischen Milieu.
43
Die Analogie zur Wissenschaftstheorie ist unverkennbar: sowohl Poppers
Vorschlag, ähnlich, wie die Evolution nach Versuch und Irrtum vorgeht,
auch in der Wissenschaft vorzugehen
44
, ist enthalten. Ebenso ist Kuhns
Idee eines wissenschaftlichen Paradigma wiederzuerkennen, eines Wis-
senschaftsprogramms also, welches die theoretischen zukünftigen Rich-
tungen der Forschung festlegt.
45
Das Mikroparadigma des einzelnen Unternehmens (das parallel existiert
zum ,,techno-economic paradigm"
46
, das das Verhalten aller Wirtschafts-
subjekte einer Volkswirtschaft beeinflusst, siehe 2.1.2) besteht in der Re-
gel aus tatsächlichen Entwicklungen von bspw. Produkten (,,artefacts")
39
Schumpeter, 1997, S. 100
40
Vgl. Heimer, 1993, S. 28-36
41
Vgl. Dosi, in Dosi et. Al., 1990, S. 221-238
42
Dosi, in Dosi et. Al., 1990, S. 233
43
Vgl. ebenda
44
Vgl. Popper, 1999, S. 16-45 oder Popper, 1994, S.101
45
Vgl. Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 1990, S. 62-63
46
Vgl. Freeman/Perez, in Dosi et. Al., 1990, S. 38-66

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832459086
ISBN (Paperback)
9783838659084
DOI
10.3239/9783832459086
Dateigröße
846 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Bankwirtschaft – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,5
Schlagworte
patente optionspreistheorie innovationsfinanzierung
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Titel: Der Beitrag von Venture Capital für Innovationen am Beispiel von Patentierungen
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