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Customer Relationship Management bei Kreditinstituten

©2002 Diplomarbeit 62 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Entwicklung von der modernen Industriegesellschaft zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft setzt die Finanzbranche unter zunehmenden Handlungsdruck, ein radikaler Wandel ist die Folge.
Neue Herausforderungen entstehen einerseits durch vorhandenen Kostendruck, andererseits durch wachsenden Wettbewerbsdruck. Zahlreiche branchenfremde Unternehmen versuchen in Geschäftsfeldern Fuß zu fassen, in denen Banken bisher konkurrenzlos waren. Eine verstärkte Rivalität ruft einen Stagnations- und Verdrängungswettbewerb hervor. Zudem ist die Abnahme der Kundenloyalität nicht zu übersehen.
Ziel der Kreditinstitute muss es sein auf die Veränderungen von Markt und Kundenverhalten mit einer bedingungslosen Kundenorientierung zu reagieren, d.h. einer Ausrichtung am Kundennutzen. Customer Relationship Management gehört in diesem Zusammenhang zu den am häufigsten verwendeten Schlagworten.
CRM im Sinne meiner Diplomarbeit bezeichnet eine Unternehmensphilosophie, die den Kunden in den Mittelpunkt der Geschäftsprozesse stellt und mit der Unterstützung adäquater Softwarelösungen das Ziel verfolgt, profitable Kundenbeziehungen zu schaffen, zu entwickeln und zu erhalten.
Die Umsetzung von CRM erfordert eine Neuausrichtung des gesamten Kreditinstituts an der Philosophie der Kundenorientierung. Die strategische, organisatorische und kulturelle Ausrichtung von Kreditinstituten muss sich, vor dem Hintergrund der Marktveränderungen, an den Kundenbedürfnissen und -prozessen orientieren. Die Gewinnung und Nutzung des Wissens über den Kunden wird zum strategischen Wettbewerbsfaktor bei Kreditinstituten.
CRM bietet die Möglichkeit adäquat auf die aktuellen Herausforderung zu reagieren und betriebswirtschaftliche Vorteile zu realisieren.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
InhaltsverzeichnisI
AbkürzungsverzeichnisII
Abbildungsverzeichnis/TabellenverzeichnisIII
1.Problemstellung und Zielsetzung der Diplomarbeit1
2.Customer Relationship Management bei Kreditinstituten2
2.1Begriff und Inhalte des Customer Relationship Managements2
2.2Ausgangssituation5
2.2.1Bedrohung durch neue Konkurrenten5
2.2.2Abnehmende Kundenloyalität6
2.3Kundenorientierung7
2.3.1Vom Produktmarketing zum Beziehungsmarketing7
2.3.2Prozessorientierung9
2.3.3Wertschöpfungsnetzwerke10
2.3.4Finanzportale11
2.4Informationsgewinnung und -verarbeitung13
2.4.1Kundeninformationen als Schlüssel eines erfolgreichen Customer Relationship […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Problemstellung und Zielsetzung der Diplomarbeit

Die Entwicklung von der modernen Industriegesellschaft zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft setzt auch die Finanzbranche unter zunehmenden Handlungsdruck, ein radikaler Wandel ist die Folge.[1] Neue Herausforderungen entstehen durch wachsenden Wettbewerb einerseits sowie vorhandenen Kostendruck andererseits.[2] Die moderne Informationstechnologie führt zu Veränderungen in noch nie erlebtem Tempo.[3]

Zahlreiche branchenfremde Unternehmen versuchen in Geschäftsfeldern Fuß zu fassen, in denen Banken bisher konkurrenzlos waren[4]. Als Beispiel sei hier das Kreditgeschäft genannt. Nischenanbieter stellen durch ihren hohen Spezialisierungsgrad eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz dar. Zudem ist die Abnahme der Kundenloyalität nicht zu übersehen.[5] Eine verstärkte Rivalität unter den verschiedenen Anbietern ruft einen Stagnations- und Verdrängungswettbewerb hervor.[6]

Ziel der Kreditinstitute muss es daher sein auf die beschleunigten Veränderungen von Markt, Technologie und Kundenverhalten mit einer bedingungslosen Kundenorientierung zu reagieren, d.h. einer Ausrichtung am Kundennutzen. Dazu bedarf es der Bereitstellung des gesamten Know-hows des Kreditinstituts und aller notwendigen Kundeninformationen, im Idealfall jederzeit und überall. Zudem müssen Kundenbedürfnisse fortlaufend erkannt und umgesetzt werden. Besser noch wäre es einen Wandel dieser Bedürfnisse vorauszusehen, um damit einen bedeutenden Zeit- und Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

Erschwert wird der Wandel in der Finanzbranche durch verkrustete organisatorische Strukturen sowie eine jahrzehntelange Produktorientierung unter Vernachlässigung der Kundenbedürfnisse. Auch die technische Infrastruktur in Banken ist oft veraltet beziehungsweise für die zu bewältigenden Aufgaben ungeeignet.[7]

Nach Reimann stehen wir „…mit Sicherheit erst am Anfang einer grundlegenden inhaltlichen, technologischen und damit letztendlich strategischen Neupositionierung.“[8]

Customer Relationship Management ist für Kreditinstitute eine geeignete Strategie, auf die neuen Herausforderungen des Marktes zu reagieren.

Ziel dieser Arbeit ist es auf Grundlage der aktuellen Wettbewerbssituation im Finanzsektor aufzuzeigen, was das Konzept des Customer Relationship Management kennzeichnet, wie eine konsequente strategische Neuausrichtung von Kreditinstituten auf Basis des CRM zu gestalten ist, welche konkreten Vorteile sich hieraus schließlich ergeben und wie diese sichergestellt werden können. Zum Schluss werden dem Leser Empfehlungen zum CRM-Einsatz gegeben sowie ein kurzer Ausblick in die Zukunft des Customer Relationship Management gewagt.

2. Customer Relationship Management bei Kreditinstituten

Nach einer Klärung des Begriffs Customer Relationship Management und einer Darstellung der Ausgangslage, in der sich Kreditinstitute momentan befinden, wird in diesem Kapitel dargelegt, was die Kundenorientierung im Sinne des Customer Relationship Management kennzeichnet. Die Basis einer konsequenten Ausrichtung des Kreditinstituts an den Bedürfnissen seiner Kunden bildet die Gewinnung und Verarbeitung von Informationen, auf welche danach eingegangen wird. Im Anschluss daran wird erläutert, welchen Aspekten bei der Implementierung von CRM in einem Kreditinstitut besondere Bedeutung beizumessen ist. Nach der Darstellung der betriebswirtschaftlichen Vorteile durch den Einsatz von Customer Relationship Management wird abschließend auf die Verantwortlichkeit bei der praktischen Umsetzung von CRM sowie auf die Erfolgskontrolle eingegangen.

2.1 Begriff und Inhalte des Customer Relationship Managements

Customer Relationship Management gehört momentan zu den am häufigsten verwendeten Schlagworten in den Strategiediskussionen von Unternehmen.[9] Für den Begriff Customer Relationship Management allerdings existiert keine universell anerkannte Definition.

Abhängig von der Betrachtungsweise kann damit zum einen das strategische Konzept zur Ausrichtung eines Unternehmens an den Bedürfnissen seiner Kunden bezeichnet werden.[10] In diesem Fall umfasst Customer Relationship Management die ganzheitliche Bearbeitung der Beziehung eines Unternehmens zu seinen Kunden[11], das effektive Management dieser Kundenbeziehungen und die gezielte Analyse des Wissens über den Kunden.[12] Schmid und Bach präzisieren diese Beschreibung von CRM weiter, indem sie Customer Relationship Management als „ein interaktives Vorgehen mit dem Ziel das optimale Gleichgewicht zwischen unternehmensseitigen Investitionen und der Befriedigung von Kundenbedürfnissen zu erreichen, um so den Gewinn zu maximieren“[13] beschreiben. Auf diese Weise möchte Customer Relationship Management im Rahmen dieser Arbeit verstanden werden.

Zum anderen kann auch eine konkrete, problemorientierte Softwarelösung als CRM bezeichnet werden. Auch wenn es zu Customer Relationship Management weit mehr bedarf als einer Softwareanwendung, ist der Einsatz von Informationstechnologie zweifelsohne ein wichtiger Teilaspekt des CRM-Konzepts. Daher wird dem Leser unter 2.4 ein kurzer Abriss zur Entwicklung von CRM-Softwarelösungen im Zeitablauf gegeben, um deren Bedeutung als wichtigen Teilaspekt des Customer Relationship Management- Konzepts im Sinne dieser Arbeit zu verdeutlichen.

Primäres Streben eines jeden Kaufmanns sollte der Aufbau und die dauerhafte Pflege von Kunden- bzw. Geschäftsbeziehungen sein. Dies gilt auch für Kreditinstitute, die was Strategie, Organisation und Unternehmenskultur[14] angeht, kunden- und problemlösungsorientiert sein müssen, um Customer Relationship Management verwirklichen zu können.[15] Im Vorteil befindet sich, wer über den engsten Kundenkontakt verfügt und damit am meisten Informationen über Kunden und deren spezifische Bedürfnisse auswerten kann.[16] Ein Kunde durchläuft in seinem Leben, unter Umständen auch mehrmals, sogenannte Kundenprozesse, wie beispielweise den „Autokauf“. Im Rahmen eines solchen Prozesses benötigt er eine Vielzahl von Informationen, Produkten und Dienstleistungen die er sich, oft unter immensem Zeitaufwand, selbst zusammenstellt. Er kontaktiert in der Regel mehrere Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, evaluiert Angebote und übernimmt die Koordination des Prozesses.[17] In diese Kundenprozesse muss sich das Kreditinstitut quasi „einklinken“.[18] Zahlreiche Projekte, deren Ziel es war, die Kundenbeziehungen zu verbessern, sind in der Vergangenheit deshalb gescheitert, weil organisatorische Strukturen und Abläufe nicht an den Kundenanforderungen ausgerichtet wurden.[19]

Über die neuen Informations- und Telekommunikationstechnologien eröffnen sich viele Möglichkeiten zu Kundenkomfort und Effizienz[20], denn während in der Vergangenheit fast ausschließlich die Bankfiliale mit ihren Mitarbeitern Kontaktpunkt zwischen Kunde und Kreditinstitut war, sind die Zugangskanäle heute sehr vielfältig[21]. Zur freien Auswahl für den Kunden stehen neben Filiale und Außendienst auch Internet, Call-Center, Selbstbedienungseinrichtungen (z.B. Kundenterminals) und mit wachsender Bedeutung das Handy, welches alleine oder zusammen mit Handheld-Computern im mobile-Banking zum Einsatz kommt. Alle vorhandenen Kontaktkanäle müssen somit konsequenterweise in das Customer Relationship Management integriert werden, die Konsistenz zwischen ihnen muss sichergestellt werden.[22] Die multimedialen Möglichkeiten der Kommunikation des Kunden mit der Bank müssen zum integrierten Multichannelvertrieb verbunden werden.[23] Des Weiteren soll die einzelne Kundenbeziehung individualisiert werden, also auf die jeweiligen Bedürfnisse bez. Kommunikations- und Nachfragestruktur angepasst werden, um auf diese Weise Kunden zu gewinnen und dauerhaft zu binden.[24] Daher kommt einem Multichannelmanagement an dieser Stelle große Bedeutung zu[25]. Die aus der Schaffung neuer Kommunikationskanäle resultierende reduzierte Nutzung der Filialorganisation stellt das Management zudem vor die Aufgabe freiwerdende Ressourcen im Multichannelvertrieb einzusetzen.[26]

Zentrale Messgröße für die Beurteilung des Customer Relationship Management-Erfolgs ist letztendlich die Kundenzufriedenheit. Diese ist Garant für eine hohe Kundenbindung und eine dauerhafte Steigerung des Unternehmenswertes.[27]

2.2 Ausgangssituation

Nachfolgend wird erläutert, welche veränderten Rahmenbedingungen Anlass dazu geben, über neue Konzepte in der Definition der Kundenbeziehung nachzudenken.

2.2.1 Bedrohung durch neue Konkurrenten

Wie bereits angesprochen geraten Finanzdienstleister zunehmend unter Druck, der zu konstatierende Stagnations- und Verdrängungswettbewerb ist Resultat einer zunehmenden Rivalität zwischen den verschiedenen Anbietern von Finanzdienstleistungen. Diese Rivalität besteht nicht mehr, wie in der Vergangenheit, nur zwischen den verschiedenen Kreditinstituten. Neue Anbieter drängen in den Markt der Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Es stellt sich deshalb an dieser Stelle die Frage, wie die „neue“ Konkurrenz zu kategorisieren ist und welche Vorteile sie im Vergleich zu Universalkreditinstituten ins Feld führt.

Signifikantes Merkmal von Substituierern, also Unternehmen die eine Substitution von Bankprodukten vornehmen wollen, ist deren Spezialisierung auf Teilgebiete des klassischen Bankgeschäfts. Sie rekrutieren sich i.d.R. aus Branchen mit traditioneller Nähe zur Kreditwirtschaft (z.B. Fondsgesellschaften, Versicherungen etc.) und bauen ihre Kundenbeziehungen sukzessive aus.

Client-Owner hingegen sind finanzbranchenfremde Unternehmen mit intensiven und gewachsenen Kundenbeziehungen, die nun auch zum Vertrieb von Finanzdienstleistungen genutzt werden (z.B. Versandhäuser, Lebensmittelfilialisten, Autohäuser etc.). Client-Owner besitzen zudem die Möglichkeit Produktverknüpfungen zu kreieren. So bieten sie ihren Kunden die Kombination von Produktkauf und Finanzierung an.

Der entscheidende Faktor für den Erfolg der neuen Anbieter ist in erster Linie die Loyalität der Kunden, ihrem Kreditinstitut gegenüber.

2.2.2 Abnehmende Kundenloyalität

Das nahezu unbegrenzte globale Angebot an Finanzdienstleistungen und Finanzprodukten ist durch das Internet nunmehr nur noch einen Mausklick entfernt. Der Markt für Finanzdienstleistungen ist transparent geworden. Kunden können problemlos innerhalb kürzester Zeit beispielsweise das Kreditangebot ihrer Hausbank mit den Angeboten der Konkurrenz vergleichen, um sich letztendlich für das günstigste bzw. beste zu entscheiden. Der Kunde hat alle Trümpfe in der Hand. Homebanking führt isoliert betrachtet zudem zu einer Anonymisierung des Verhältnisses zwischen Bankkunden und kontoführender Bank. Es müssen daher zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um diesem negativen Nebeneffekt der Technisierung entgegenzuwirken.

Reimann nennt diese Entwicklungstendenzen einen Emanzipationsprozess des Kunden und charakterisiert den neuen Bankkunden als flexibler, selbstbewusster, anspruchsvoller und nicht selten auch fordernder. Rationalere, rendite- und preisbewusstere Entscheidungen werden getroffen, Mehrfachbankverbindungen sind die Regel.[28] Der sogenannte multioptionale Kunde wählt losgelöst von festen Verhaltensnormen jeweils nach seinen aktuellen Bedürfnissen, die einem ständigen Wandel unterliegen, aus unterschiedlichsten Anbietern aus (Filialbank, Discountbroker, Fondsgesellschaft, Automobilbank etc.).[29] „Die Bindung zu Banken wird immer instabiler, denn eine Bankverbindung ist keine Einrichtung auf Lebenszeit mehr.“[30]

Kundenloyalität wird, wie Hennig-Thurau dies definiert, durch Gefühle und Wahrnehmungen von höchster Zufriedenheit hervorgerufen und äußert sich in der Bevorzugung und der positiven Einstellung einem Anbieter gegenüber.[31] Dies macht auf einen weiteren Grund für die Abnahme der Kundentreue aufmerksam, liefert jedoch zugleich Ansätze zum Gegensteuern. Denn zum einen scheint die Kundenloyalität auch deswegen abzunehmen, weil die erwähnte höchste Zufriedenheit der Kunden in der Vergangenheit nicht hervorgerufen wurde, zum anderen kann diese in Zukunft nur zurückgewonnen werden, wenn Kreditinstitute sich nicht weiterhin auf Produkte und Transaktionen konzentrieren, sondern den Kunden und die Beziehung zu diesem in den Mittelpunkt stellen. Denn „Kundenorientierung bedeutet ein permanentes Bemühen um die Zufriedenheit des Kunden“[32].

2.3 Kundenorientierung

Bisher wurde unter Kundenorientierung verstanden, den Kunden zuvorkommend zu bedienen und ihm im Anschluss an den Erwerb eines Produkts mit Serviceleistungen zur Verfügung zu stehen.[33] Im Customer Relationship Management jedoch bezieht sich die Kundenorientierung auf konkrete Problemstellungen des Kunden. Es folgt eine Darstellung dieser neuen Form der Kundenorientierung.

2.3.1 Vom Produktmarketing zum Beziehungsmarketing

Kundenbeziehungsmarketing erfordert eine radikale Neuausrichtung der Absatzpolitik, da der Grundgedanke des Marketings auf den Kopf gestellt wird.[34] Die Aufgabenstellung wird umformuliert von: „möglichst viele Kunden für die Produkte des Unternehmens finden“ zu: „dauerhaft die richtigen Produkte und Problemlösungen für attraktive Kunden entwickeln“. Gerade bei Kreditinstituten muss ein Paradigmenwechsel von der vorherrschenden Konzentration auf Transaktionen und Produkte zu einer umfassenden Beziehungsorientierung stattfinden. Ansonsten wird die abnehmende Kundenbindung weiter voranschreiten und die Profitabilität der einzelnen Kundenbeziehung weiter sinken.[35] Dies macht sowohl eine Orientierung an Problemlösungen notwendig als auch eine langfristige Betreuung und Begleitung des Kunden. Der Kunde ist somit nicht mehr nur der Käufer eines Produkts.[36] Die effiziente Neugestaltung von Kundenbeziehungen sowohl im Privat- als auch im Firmenkundengeschäft wird zum strategischen Wettbewerbsfaktor.[37] Ziel ist eine Deckungsgleichheit zwischen individuellen Bedürfnissen der richtigen Kunden und den richtigen Angeboten zum richtigen Zeitpunkt. Individuelle Lösungen und nicht einzelne Produkte werden vermarktet.[38] Als grundlegende strategische Option ist die Positionierung am Markt als „Beziehungsführer“ inzwischen durchaus vorstellbar.[39] Marketing in seiner Bedeutung als Konzept der marktorientierten Unternehmensführung, welche den Kunden in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, gewinnt daher immer weiter an Bedeutung.[40] Zahlreiche Studien lassen auf einen Wirkungszusammenhang zwischen Kundenorientierung und Unternehmenserfolg schließen.[41]

Probleme entstehen zunehmend, wenn Marketing wie bisher transaktionsorientiert, auf einzelne Kontakte fokussiert betrieben und nicht als integriertes Führungskonzept verstanden wird.[42] Ein langfristig auf Vertrauen und Zufriedenheit ausgerichtetes Kundenbeziehungsmarketing muss das kurzfristige Beeinflussungsmarketing vollständig ablösen.[43] Das bedeutet auch, dass Neukundenakquisition nur der erste Schritt in der Definition der Beziehung zwischen Kunde und Bank ist. Kundenbindung durch den Aufbau von Loyalität, Kundenentwicklung sowie Rückgewinnung von abgewanderten Kunden sind die drei anderen Bausteine eines erfolgreichen Beziehungsmarketings. Der Verkauf eines Produkts stellt den Anfang und nicht das Ende der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden dar.[44]

Dies verdeutlicht und spezifiziert folgende Gegenüberstellung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Produktmarketing vs. Beziehungsmarketing[45]

Schneider führt für das Beziehungsmarketing vier Kernfragen an, die es zu klären gilt[46]:

1) Wie kann das Kreditinstitut die Kundenprozesse optimal unterstützen, um dauerhafte, profitable Kundenbeziehungen aufzubauen?
2) Welche Produkte muss das Kreditinstitut dem individuellen Kunden anbieten, um dessen Bedürfnisse dauerhaft am besten erfüllen zu können?
3) Wie kann das Kreditinstitut diese Leistungen effizient selbst und durch Dritte erbringen?
4) Welche Kunden sind die profitabelsten, bezogen auf die gesamte Dauer der Kundenbeziehung und wie lassen sich ähnlich profitable Kunden gewinnen?

Eine erfolgte Personalisierung bzw. Individualisierung des Marketing zeigt sich in[47]:

- kundenindividuellen Konditionen und Preisen (z.B. Kreditkonditionen in Abhängigkeit von der Risikolage des Kreditnehmers)
- kundenspezifischen Produktkonfigurationen (z.B. strukturierte Finanzierungen im Firmenkundengeschäft)
- zielgruppenspezifischen Produktempfehlungenl (z.B. maßgeschneiderte Steuersparmodelle im Private Banking)
- kundenspezifischen Benutzeroberflächen (z.B. individuelle Anpassung der Gestaltung der Online-Banking-Homepage)

2.3.2 Prozessorientierung

Bankkunden haben weitergehende Bedürfnisse, als freundlich beraten und bedient zu werden und für Probleme eine Telefonnummer genannt zu bekommen. Sie befinden sich, wie bereits unter 2.1 angesprochen, in sogenannten Kundenprozessen, die mehrmals (z.B. beim Autokauf) oder unter Umständen nur einmal im Leben durchlaufen werden (beispielsweise beim Immobilienerwerb). Der mangelnden Erfahrung oder Zeit der Kunden durch die Kompetenz der Bank zu begegnen, als Prozessanbieter aufzutreten und auf diese Weise Zusatznutzen für den Kunden zu schaffen, ist Kundenorientierung im Sinne des Customer Relationship Management.[48] Einige Kreditinstitute bieten auf speziellen Websites die Unterstützung des Kundenprozesses Immobilienerwerb bereits an. Als Beispiel sei hier die Credit Suisse genannt. Unter ihrer Marke „yourhome“ werden umfassende Services rund um den Immobilienerwerb angeboten: eine Immobiliensuchmaschine, Luftbilder und Karten, Publikationen zum Thema, Checklisten, etc.[49] An diesem Beispiel wird deutlich, dass das Bankprodukt (Finanzierung), welches es aus Sicht der Credit Suisse eigentlich zu verkaufen gilt, Teil einer Gesamtlösung ist und nicht ausschließlich als Stand-Alone-Produkt vertrieben wird. Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Prozessorientierung ist die Tatsache, dass nicht nur bankeigene Produkte vertrieben, sondern auch andere Anbieter mit einbezogen werden, um den betreffenden Kundenprozess umfänglich zu unterstützen (Speditionsunternehmen, Immobilienmakler etc.).[50] Unter dem Kundenprozess sind „sämtliche Leistungen zu verstehen, die der Kunde zu einem ihm sinnvoll erscheinenden Ganzen zusammenschnürt.“[51] Mitarbeiter müssen nicht nur, wie bisher, ihren persönlichen Arbeitsvorgang als Teil eines Prozesses, der mit vor- und nachgelagerten Arbeitsvorgängen verknüpft ist betrachten[52], sondern zudem den Prozess des Kunden im Auge haben und die notwendigen Tätigkeiten vor und nach dem Kauf eines Bankprodukts in ihre Überlegungen mit einbeziehen. Als Konsequenz aus der Prozessorientierung wird schlussendlich die Wertschöpfungskette von Kreditinstituten beim Kunden ansetzend neu gestaltet.[53]

2.3.3 Wertschöpfungsnetzwerke

Die traditionelle Wertschöpfungskette von Kreditinstituten war bisher schwerpunktmäßig auf unternehmensinterne Prozesse und Produkte ausgerichtet. Diese Sichtweise ist in dieser Form, begründet durch die unter 2.2.1 und 2.2.2 genannten veränderten Rahmen-bedingungen, kaum mehr haltbar. Im ersten Schritt muss der verbreiteten Untergliederung der Wertschöpfungskette in die Bereiche Relationship, Product und Transaction eine Zuordnung der einzelnen Tätigkeiten und Produkte zu definierten Kundenprozessen folgen.

Zu Beginn der strategischen Überlegungen sollte nun ermittelt werden, wo die Kernkompetenzen einer Bank liegen, welche Glieder der durch den Kunden bestimmten Wertschöpfungskette sie durch diese Kernkompetenzen abdecken kann[54]. Im nächsten Schritt muss die Entscheidung fallen, ob das betreffende Kreditinstitut anderen Anbietern (Partnern) klar definierte Teilbereiche überlässt und diese somit in ein Wertschöpfungs-netzwerk einbindet oder ob eine unternehmensinterne Entwicklung neuer Kompetenzen angestrebt wird („make or buy“-Entscheidung). Der Weg, sich kompetente Geschäfts-partner zu suchen, um den Kunden umfassend betreuen zu können, hat sich in der jüngeren Vergangenheit eindeutig durchgesetzt. Befindet sich der Kunde z.B. im Prozess Immobilienerwerb und hat die Bank ihre Kernkompetenzen im Bereich Kreditgeschäft, kann sie einen Teil des Kundenprozesses umfänglich im eigenen Hause bearbeiten. Da der Kunde zusätzlich zu der benötigten Finanzierung jedoch beispielsweise auch adäquate Versicherungen und eine steuerliche Beratung wünscht, müssen hierfür kompetente Partner gefunden werden. Der Wertschöpfungsvorgang auf Bankenseite und der betreffende Kundenprozess werden auf diese Weise schlussendlich „gematcht“. Konkrete Beispiele für Partner, die sinnvoll in das Wertschöpfungsnetzwerk eines Kreditinstituts integriert werden können, sind auch Internet-Provider, Telekommunikationsunternehmen etc.

Kreditinstitute, die solche Wertschöpfungsnetzwerke schaffen, bieten ihren Kunden alle Produkte, Dienstleistungen und Informationen, die diese in einem Prozess benötigen aus einer Hand. Sie werden auf diese Weise zum Leistungsintegrator und Prozessspezialisten. Alle Leistungen können nun, z.B. auf einer Internetseite, zusammengefasst werden. Auf diese Weise entstehen sogenannte Prozessportale.[55]

2.3.4 Finanzportale

Finanzportale stellen Prozessportale im weiteren Sinne dar. Sie haben das Ziel, dem Kunden, zugeschnitten auf dessen Bedürfnisse, als Privat oder Firmenkunde eine optimale Informations- und Entscheidungsbasis für alle seine Finanzgeschäfte zu bieten. Es wird ihm auf der betreffenden Internetseite hierzu neben den Möglichkeiten des Online-Banking ein umfassender Überblick über die am Markt verfügbaren Produkte und Finanzdienstleistungen gegeben, angereichert mit Nachrichten, Informationen, Expertengesprächen, Interviews etc. Finanzportale sind also sozusagen Prozessportale für den Gesamtprozess Finanzgeschäfte. Außerdem wird dem Kunden auch die Möglichkeit gegeben Informationen über Konten und Depots, die nicht bei dem Betreiber des Finanzportals bestehen, in dieses zu integrieren. Sinnvoll ist eine Anbindung von verschiedenen Prozessportalen, die einen klar definierten Kundenprozess unterstützen, um auf diese Weise ein umfassendes Kompetenzzentrum aufzubauen.[56]

[...]


[1] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 3

[2] vgl. Piller (2000), S. 1; vgl. Benkenstein/Stuhldreier (2001), S. 643

[3] vgl. Reimann (o.A.), S. 1

[4] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 3

[5] vgl. Piller (2000), S.1

[6] vgl. Benkenstein/Stuhldreier (2001), S. 643

[7] vgl. Nitsche/ Schönstein (2001), S. 208

[8] vgl. Reimann (o.A.), S. 1

[9] vgl. Zencke (2002), S. 15

[10] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 2

[11] vgl. Piller (2000), S. 5

[12] vgl. Zencke (2002), S. 15

[13] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 11

[14] siehe 2.5

[15] vgl. Aries (2001), S. 212

[16] vgl. Österle (2000), S. 3

[17] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 15

[18] vgl. Moormann, (2001), S. 7

[19] vgl. Buck-Emden (2002), S. 22

[20] vgl. Wölfing/Wessel (2001), S. 156

[21] vgl. Moormann (2001), S. 4

[22] vgl. Moormann (2001), S. 11

[23] vgl. Wölfing/Wessel (2001), S. 155

[24] vgl. Buck-Emden (2002), S. 22

[25] zur genauen Erklärung siehe 2.5.1.2

[26] vgl. Wölfing/Wessel (2001), S. 156

[27] vgl. Piller (2000), S. 5

[28] Reimann (o.A.), S. 1

[29] vgl. Benkenstein/Stuhldreier (2001), S. 643

[30] Reimann (o.A.), S. 2

[31] vgl. Hennig-Thurau (2000), S. 30

[32] Erlbeck (1999), S. 22

[33] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 16

[34] vgl. Schneider (2001), S. 113, 115

[35] vgl. Moorman (2001), S. 4

[36] vgl. Ergenzinger/Thommen (2001), S. 4

[37] vgl. Benkenstein/Stuhldreier (2001), S. 644

[38] vgl. Schneider (2001), S. 115

[39] vgl. Klee (2000), S. 217

[40] vgl. Baxmann (1999), S. 2ff.

[41] vgl. Matzler/Stahl (2000), S. 5

[42] vgl. Benkenstein/Stuhldreier (2001), S. 644

[43] vgl. Meffert (1998), S. 117ff.

[44] vgl. Ergenzinger/Thommen (2001), S. 4

[45] vgl. Ergenzinger/Thommen (2001), S. 3

[46] vgl. Schneider (2001), S. 115

[47] vgl. Buck-Emden (2002), S. 22

[48] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 16

[49] siehe http://www.yourhome.de

[50] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 16-18

[51] Moormann (2001) S. 7

[52] vgl. Erlbeck (1999), S. 30

[53] vgl. Moormann (2001), S. 7

[54] vgl. Moormann (2001), S. 9

[55] vgl. Schmid/Bach (2000), S. 18; siehe z.B. http://www.yourhome.ch

[56] vgl. Becker/Krück (2000), S. 5

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832459062
ISBN (Paperback)
9783838659060
DOI
10.3239/9783832459062
Dateigröße
889 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Karlsruhe, früher: Berufsakademie Karlsruhe – Wirtschaft, Bankwesen
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
2,3
Schlagworte
marketing deutsche bank banken
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Titel: Customer Relationship Management bei Kreditinstituten
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