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Blind Spots strategischer Analysetools vor dem Hintergrund nichtlinearer Wirkungszusammenhänge

©2002 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Dominanz der kausal-analytischen Denkweise legt die Vermutung nahe, dass strategische Analysetools darauf basieren. Die meisten dieser Tools (z.B. SWOT; Five Forces) sind dem westlichen Kulturkreis, der dieser Prägung unterliegt, entsprungen. Aufgrund der Grenzen dieser Denkweise stellt sich die Frage, wie brauchbar die Ergebnisse von strategischen Analysetools vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse heute noch sind.
Ziel dieser Arbeit ist es diese angedeutete Schwäche strategischer Analysetools bei der Untersuchung der Unternehmungsumwelt zu analysieren. Dabei orientiert sich die Zielsetzung an zwei Anspruchsgruppen. Die erste Anspruchsgruppe stellt die Wissenschaft dar. Die Zielsetzung für diese orientiert sich an einer Aussage von STÜTTGEN: „Im Hinblick auf den Begründungszusammenhang wissenschaftlicher Aussagen strebt die vorliegende Untersuchung allerdings nicht danach, Hypothesen über die existierende Wirklichkeit zu testen oder die Gültigkeit von Theorien zu belegen. Die bestehende Realität ist nicht das eigentliche Untersuchungsobjekt, sie ist lediglich Ausgangspunkt für Überlegungen zu einer möglichen zukünftigen Gestaltung von Realität.“.
Daher sollen bestehende theoretische Ansätze, wie die neuere Systemtheorie, die Chaostheorie, der Konstruktivismus und die Kybernetik zweiter Ordnung, in einer integrierenden Betrachtung auf das Gebiet der strategischen Umweltanalyse angewendet werden. Damit wird der Versuch unternommen, den in diesen Theorien bisher wenig im Vordergrund stehenden Praxisbezug herzustellen. Darauf aufbauend sollen Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den blinden Flecken in der Praxis entwickelt werden, die damit die zweite Anspruchsgruppe darstellt.
Gang der Untersuchung:
Im Anschluss an die einführenden Bemerkungen, in denen die Problemstellung und Zielsetzung formuliert wird, wird in der Hin-Führung (Kapitel II) eine analytische Untersuchung der Themenstellung vorgenommen. Sie ist notwendig, um die Anschlussfähigkeit an die aus-führenden Überlegungen zu gewährleisten. Dabei wird in einem ersten Schritt vor dem Hintergrund zweier Theoriegebäude die Beschaffenheit der Umwelt untersucht. In einem zweiten Schritt werden die beiden bereits erwähnten Analysetools, die SWOT-Analyse und das Five Forces Konzept, vorgestellt. Dabei werden deren Wirkungsweisen und paradigmatischen Prämissen herausgearbeitet und in einer vergleichenden Betrachtung gegenübergestellt. Aus diesen beiden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5881
Kuhl, Bastian: Blind Spots strategischer Analysetools vor dem Hintergrund nichtlinearer
Wirkungszusammenhänge
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: München-Neubiberg, Universität der Bundeswehr, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

V
OR
-F
ÜHRUNG
­
E
IN
V
OR
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ORT
,,Dankbarkeit ist eine Form des Loslassens und
ermöglicht es dem Leben, zu fließen, sich zu verändern."
(René Egli)
Anstelle eines Vor-Wortes werde ich
1
hier im Rahmen einer Vor-Führung die vielen
unterschiedlichen Ratgeber vorstellen, die zum erfolgreichen Abschluss der
Diplomarbeit beigetragen haben. Diese Arbeit ist im Sommertrimester 2002 am
Lehrstuhl für Internationales Management an der Universität der Bundeswehr in
München entstanden.
Zuallererst gilt der Dank meinem akademischen Lehrer, Herrn Universitätsprofessor Dr.
Wüthrich, der es mir ermöglichte, diese Arbeit an seinem Lehrstuhl zu schreiben. Im
Weiteren möchte ich mich bei den Assistenten des Lehrstuhls, den Diplom Kaufleuten
Bagusat und Leutschaft, für die unterstützenden Diskussionen vor Beginn der
Bearbeitungszeit der Diplomarbeit bedanken, ohne die diese Themenstellung mit
Sicherheit nicht zustande gekommen wäre.
Für die vielfältige konzeptionelle und inhaltliche Unterstützung sowie die Inspirationen
und Theoriedialoge möchte ich den folgenden Diskussionspartnern ganz herzlich
danken: Herrn Universitätsprofessor Dr. Schwaninger sowie seinem Assistenten Herrn
Ambroz, MSc Management vom Institut für Betriebswirtschaft der Universität St.
Gallen; Herrn Dr. Kretschmer von der London School of Economics; Herrn Dr.
Strohhecker von der London Business School; Herrn Dipl. Kaufmann Büssow von Cap
Gemini Ernst & Young Consulting; Herrn Dr. Philipp, Partner der Phil-Os Beratung in
München; Herrn Dipl. Physiker Hofmann von der Universität Erlangen; Herrn Dr.
Leydesdorff von der Amsterdam School of Communications Research; Herrn Dr. Dietel
und Herrn Seidl, PhD, von der Ludwigs-Maximilian-Universität in München. Um
meine Dankbarkeit zu kennzeichnen, bietet sich ein Zitat der deutschen Lyrikerin und
Aphoristikerin Irina Rauthmann an: ,,Danke für die Irrwege. Ohne sie wäre ich
vielleicht an mir vorbeigelaufen."
1
Ich verwende lediglich in der Vor-Führung die ,,Ich-Schreibweise", um dem hier ausgedrückten Dank,
die notwendige persönliche Note zu verleihen. Ab dem Kapitel I ist die Arbeit in der dritten Person
verfasst.

V
OR
-F
ÜHRUNG
II
Für die Endkontrolle der Arbeit danke ich meinen Freunden, dem Betriebswirt (BA)
Fröse, Dipl. Wirtschaftsingenieur Kröger und cand. rer. pol. Schulze, die mit
unnachlässiger Akribie die letzte Korrektur begleiteten.
Zuletzt sei meiner Familie für die moralische Unterstützung während der Erstellung der
Arbeit gedankt. Meiner Mutter und meinem Vater danke ich für die motivierenden
Gespräche am Telefon, die mich aus dem einen oder anderen Stimmungstief befreiten.
Hervorgehobener Dank gilt meiner Frau und auch unseren Hunden für die vielen
Stunden der Ablenkung, die mir einen notwendigen Abstand zur Arbeit verschafft
haben. Dadurch wurde ich in die Lage versetzt, die eigenen Konstruktionen kritisch zu
reflektieren. Meiner Frau sei die Arbeit gewidmet.
Schwabhausen,
im
Juli
2002
Bastian
Kuhl

V
ERZEICHNISSE
III
I
NHALTSÜBERSICHT
V
OR
-F
ÜHRUNG
­
E
IN
V
OR
-W
ORT
...I
I
NHALTSVERZEICHNIS
...IV
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
... VII
T
ABELLENVERZEICHNIS
...IX
A
NHANGSVERZEICHNIS
...IX
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
... X
I E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
... 1
1
Aktualität der Problemstellung ... 1
2
Zielsetzung... 3
3
Gang der Argumentation ... 5
II H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
... 8
1
Ein-Führung - Begriffsdefinitionen... 10
2
Aus-Führung Teil I ­ ,,Die Umwelt" ... 13
3
Aus-Führung Teil II ­ ,,Die Abbildbarkeit"... 33
4
Weiter-Führung ­ Die Problemstellung ... 44
III A
US
-F
ÜHRENDE
Ü
BERLEGUNGEN
-
U
MGANG MIT DEN
B
LIND
S
POTS
... 47
1
Ein-Führung ­ Vom blinden Fleck zur Beobachtung zweiter Ordnung ... 48
2
Aus-Führung ­ Die Tools und ihre blinden Flecken ... 59
IV W
EITER
-F
ÜHRENDE
G
EDANKEN
­
E
IN
T
OOL
-T
UNING
... 75
1
Zusammenfassung der Ergebnisse ... 76
2
Ausblick ... 79
A
NHANG
... 81
L
ITERATURVERZEICHNIS
... 83
E
HRENWÖRTLICHE
E
RKLÄRUNG
... 96

V
ERZEICHNISSE
IV
I
NHALTSVERZEICHNIS
V
OR
-F
ÜHRUNG
­
E
IN
V
OR
-W
ORT
...I
I
NHALTSÜBERSICHT
... III
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
... VII
T
ABELLENVERZEICHNIS
...IX
A
NHANGSVERZEICHNIS
...IX
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
... X
I E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
... 1
1
Aktualität der Problemstellung ... 1
2
Zielsetzung... 3
3
Gang der Argumentation ... 5
II H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
... 8
1
Ein-Führung - Begriffsdefinitionen... 10
1.1 Komplexität ... 10
1.2 Linearität... 12
1.3 Dynamik... 12
2
Aus-Führung Teil I ­ ,,Die Umwelt" ... 13
2.1
Ein-Führung ­ Systemtheoretische Analyse... 13
2.1.1
Ein- Führung ­ Ursprünge der Systemtheorie L
UHMANNS
... 13
2.1.2
Aus-Führung Teil I ­ Die Leitunterscheidung ... 15
2.1.3
Aus-Führung Teil II ­ Arten von Systemen ... 17
2.1.4
Aus-Führung Teil III ­ Kommunikation & strukturelle Kopplung ... 19
2.1.5
Weiter-Führung ­ Implikationen für das Wesen der Umwelt ... 21
2.2
Aus-Führung ­ Chaostheoretische Analyse... 22
2.2.1
Ein-Führung ­ Grundlagen der Chaostheorie... 23

V
ERZEICHNISSE
V
2.2.2
Aus-Führung Teil I ­ Seltsame Attraktoren ... 24
2.2.3
Aus-Führung Teil II ­ Fraktale... 26
2.2.4
Aus-Führung Teil III ­ Initialwertsensibilität... 28
2.2.5
Aus-Führung Teil IV ­ Aperiodizität ... 29
2.2.6
Weiter-Führung ­ Chaosrelevanz... 30
2.3
Weiter-Führung ­ Zusammenfassung... 32
3
Aus-Führung Teil II ­ ,,Die Abbildbarkeit"... 33
3.1
Ein-Führung ­ Umweltanalyse im Rahmen des Strategischen Managements
34
3.2
Aus-Führung Teil I ­ Die SWOT-Analyse... 36
3.2.1
Grundlagen der SWOT-Analyse... 36
3.2.2
Die SWOT-Analyse in der Anwendung und Kritik... 38
3.3
Aus-Führung Teil II ­ Die Five Forces von P
ORTER
... 39
3.3.1
Grundlagen der Five Forces von P
ORTER
... 39
3.3.2
Die Five Forces in der Kritik... 41
3.4
Weiter-Führung ­ Gemeinsamkeiten der Analysetools... 42
4
Weiter-Führung ­ Die Problemstellung ... 44
III A
US
-F
ÜHRENDE
Ü
BERLEGUNGEN
-
U
MGANG MIT DEN
B
LIND
S
POTS
... 47
1
Ein-Führung ­ Vom blinden Fleck zur Beobachtung zweiter Ordnung ... 48
1.1
Ein-Führung ­ Grundlagen zum blinden Fleck ... 48
1.2
Aus- und Weiter-Führung ­ Vom Konstruktivismus zur Beobachtung
zweiter Ordnung ... 53
2
Aus-Führung ­ Die Tools und ihre blinden Flecken ... 59
2.1 Die
Dynamik... 60
2.2 Die
Linearität ... 65
2.2.1
Ein-Führung ­ Grundlagen des Wirkungsnetzwerkes ... 65
2.2.2
Aus-Führung ­ Aufbau des Wirkungsnetzwerkes... 66
2.2.3
Weiter-Führung ­ Bedeutung für die Analysetools... 71
2.3 Die
Komplexität... 72

V
ERZEICHNISSE
VI
IV W
EITER
-F
ÜHRENDE
G
EDANKEN
­
E
IN
T
OOL
-T
UNING
... 75
1
Zusammenfassung der Ergebnisse ... 76
2
Ausblick ... 79
A
NHANG
... 81
L
ITERATURVERZEICHNIS
... 83
E
HRENWÖRTLICHE
E
RKLÄRUNG
... 96

V
ERZEICHNISSE
VII
A
BBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Problemstellung und Zielsetzung ... 4
Abbildung 2: Fraktales Gliederungsschema der Arbeit... 6
Abbildung 3: Gesamtübersicht der Arbeit ... 7
Abbildung 4: Gliederungsübersicht Kapitel II... 8
Abbildung 5: Systemarten ... 18
Abbildung 6: Die Gesellschaft und ihre Umwelten... 20
Abbildung 7: Fixpunktattraktor ... 25
Abbildung 8: Selbstähnlichkeit im ,,Apfelmännchen" ... 27
Abbildung 9: Feigenbaum-Diagramm ... 29
Abbildung 10: Beobachtung erster Ordnung ... 33
Abbildung 11: Prozess des strategischen Managements ... 35
Abbildung 12: Integriertes Umweltkonzept ... 36
Abbildung 13: Das Modell der ,,Design"-Schule ... 37
Abbildung 14: Porters Strategieprozess... 40
Abbildung 15: Beobachtung zweiter Ordnung ... 43
Abbildung 16: Zusammenfassung Kapitel II... 44
Abbildung 17: Gliederungsübersicht Kapitel III ... 47
Abbildung 18: Der blinde Fleck des Beobachters ... 49
Abbildung 19: Der blinde Fleck des menschlichen Auges... 50
Abbildung 20: Kognition... 52
Abbildung 21: Durchbruch des Menschen durch seine Welt (ca. 1530) ... 55
Abbildung 22: Hand mit Kugel ... 57
Abbildung 23: Merksätze für Abschnitt 1 Kapitel II... 59
Abbildung 24: Der Weg ist das Ziel ... 60
Abbildung 25: Selbst- und Fremdreferenz... 61
Abbildung 26: Schlangenmetapher für Eigenwerte... 63

V
ERZEICHNISSE
VIII
Abbildung 27: Perspektiven der Betrachtung... 67
Abbildung 28: Die Beziehungsarten... 68
Abbildung 29: Beziehungsintensitäten ... 69
Abbildung 30: Zeitverhalten der Wirkungsbeziehungen... 69
Abbildung 31: Beispiel eines Wirkungsnetzwerkes ... 70
Abbildung 32: Ausprägungen des linearen- und des Kreislaufdenkens ... 71
Abbildung 33: Varietätsgefälle der Umweltanalyse... 73
Abbildung 34: Merksätze für Abschnitt 2 Kapitel II... 74
Abbildung 35: Gliederungsübersicht Kapitel IV ... 75
Abbildung 36: Zusammenfassung der Ergebnisse... 77

V
ERZEICHNISSE
IX
T
ABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Charakteristika komplexer Systeme ... 11
Tabelle 2: Vergleichende Betrachtung der Analysetools ... 42
A
NHANGSVERZEICHNIS
Abbildung 37: Bestätigung der Roland Berger Strategieberatung ... 81
Abbildung 38: Bestätigung der Accenture Strategiebratung ... 82
Abbildung 39: Bestätigung der Pricewaterhouse Coopers Strategieberatung ... 82

V
ERZEICHNISSE
X
A
BKÜRZUNGSVERZEICHNIS
A. d. V.
Anmerkung des Verfassers
B.K.
Bastian
Kuhl
bzw.
beziehungsweise
d.h.
das heißt
FN
Fußnote
HTTP
HyperText
Transfer
Protocol
m.a.W.
mit
anderen
Worten
o.a.
oben
angesprochene
SWOT
Strenghts
­
Weaknesses ­ Opportunities ­ Threats
u.a.
unter
anderem
u.ä.
und
ähnliches
URL
Uniform Ressource Locator
v. Chr.
vor Christus
vgl.
vergleiche
WWW
World
Wide
Web
z.T.
zum
Teil

I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
,,Man kann einem Menschen nichts lehren.
Man kann ihm nur helfen,
es in sich selbst zu entdecken."
(Galileo Galilei)
1
Aktualität der Problemstellung
Um die Hintergründe und Schwierigkeiten im Umgang mit den nichtlinearen
Wirkungsweisen aufzuzeigen, bedarf es einer Darstellung der Entwicklung der
traditionellen, linearen Denkweise.
Der Begründer des mechanistischen Weltbildes
2
war D
ESCARTES
(1596-1650), der die
analytische, reduktionistische Denkweise der Wissenschaft bis in die heutige Zeit
nachhaltig geprägt hat. D
ESCARTES
trennte Materie und Geist.
3
Da einzig der Mensch
über den Verstand verfügt, um die gesetzmäßigen Mechanismen der perfekten
Maschine ,,Welt" zu erfassen, gehört die ganze Natur einschließlich aller Lebewesen
außer dem Menschen dieser geisteslosen Maschine an.
4
D
ESCARTES
Weltbild blieb zu
seinen Lebzeiten eine Vision, das er nicht zu beweisen im Stande war. Erst N
EWTON
(1643-1727) präsentierte eine ,,(...) vollständige mathematische Ausformulierung der
mechanistischen Naturauffassung. (...) Die Physik Newtons, (...), lieferte eine
geschlossene mathematische Theorie der Welt, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein
eine solide Grundlage wissenschaftlichen Denkens blieb."
5
Daran anschließend fasste
L
APLACE
(1749-1827) diese Anschauung in dem Bild der seelenlosen Welt zusammen,
deren momentanen Zustände jeweils kausal als Folge ihrer früheren Zustände begründet
werden können. Diese Denkweise hat sich bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in den
Wissenschaften manifestiert. Man kann sie als exakt, mathematisch, quantifizierbar,
isolierend, kausal-analytisch, mechanistisch und materialistisch bezeichnen.
6
2
Das mechanistische Weltbild impliziert das Funktionieren der Welt als Maschine. Ziel ist es dabei, sich
die Natur Untertan zu machen. Vgl. Capra (1985: 60f.).
3
Gemäß der berühmten Feststellung von D
ESCARTES
: ,,Cogito ergo sum." (,,Ich denke, also bin ich.").
4
Vgl. Capra (1985: 56ff.).
5
Capra (1985: 62).
6
Vgl. Ulrich/Probst (1990: 15).

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
2
Erschüttert wurde diese Denkweise erstmals durch die Entdeckungen E
INSTEINS
und
H
EISENBERGS
zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Unabhängig voneinander bewiesen sie
mit der Entdeckung der Relativitätstheorie durch E
INSTEIN
und der Unschärferelation
durch H
EISENBERG
, dass die Welt mit der rationalen Denkweise nicht vollständig
erfassbar ist.
7
Daran anschließend wurde in vielen Publikationen auf die Schwächen der traditionellen
Denkweise hingewiesen.
8
In allen Wissenschaftsdisziplinen wurden alternative
Denkmodelle entwickelt. Trotzdem ist die linear kausal-analytische Denkweise heute
noch dominierend in Wissenschaft und Gesellschaft. R
IEDL
bestätigt die Dominanz
dieser analytischen Ursache-Wirkungs-Denkweise in mehreren alltäglichen
Experimenten. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass sie erlernt und in unserem
Kulturkreis prägender Bestandteil der Sozialisation ist.
9
C
APRA
formuliert diese
Prägung in Bezug auf die Wirtschaftswissenschaften wie folgt:
,,Dieser fragmentarische, kausal-analytische Ansatz der zeitgenössischen
Wirtschaftswissenschaftler, ihre Vorliebe für abstrakte quantitative Modelle und
ihre Mißachtung der strukturellen Evolution der Wirtschaft haben zu einer
riesigen Kluft zwischen Theorie und wirtschaftlicher Realität geführt."
10
Der Bezug auf die betriebliche Umwelt wird seit Beginn der achtziger Jahre verstärkt
hergestellt. C
APRA
vergleicht die heutige Umbruchsituation der Denkweisen mit einer
Gesellschaftskrise:
,,Wie schon bei der Krise der Physik der zwanziger Jahre [des letzten
Jahrhunderts, B.K.] ist die heutige gesamtgesellschaftliche Krise eine Folge der
Tatsache, daß wir versuchen, die Begriffe einer längst überholten
Weltanschauung ­ des mechanistischen Weltbildes der kartesianisch-
Newtonschen Naturwissenschaft ­ auf eine Wirklichkeit anzuwenden, die sich
mit den Begriffen dieser Vorstellungswelt nicht mehr begreifen lässt."
11
Die Dominanz der kausal-analytischen Denkweise legt die Vermutung nahe, dass auch
strategische Analysetools darauf basieren. Denn die meisten dieser Tools sind dem
westlichen Kulturkreis, der dieser Prägung unterliegt, entsprungen. Aufgrund der
7
Vgl. dazu vertiefend die Ausführungen in Kapitel II Abschnitt 2.2.1.
8
Vgl. dazu die Werke von Capra (1982); ebenso Vester (1982); und Ulrich/Probst (1990).
9
Vgl. Riedl (1981: 68ff.).
10
Capra (1985: 207).
11
Capra (1985: VIII).

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
3
Grenzen dieser Denkweise stellt sich die Frage, wie brauchbar die Ergebnisse von
strategischen Analysetools vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse heute noch sind.
Diese Arbeit beschränkt sich auf strategische Analysetools, die die Unternehmungs-
umwelt betreffen.
12
Betrachtet man die dort gängigen Werkzeuge, stellt man fest, dass
diese Analyseinstrumente auf der oben angesprochenen analytischen Denkweise in
Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen basieren. Die meisten Werkzeuge versuchen, eine
nichtlineare, dynamische Umwelt durch einen linearisierenden Wirkungsmechanismus
statisch abzubilden. Dieses Vorgehen führt zu blinden Flecken
13
in der Abbildung der
Umwelt. Aufgrund von Wahrnehmungsveränderungen in den letzten Jahrzehnten, in
denen die Nichtlinearität, insbesondere durch die Chaostheorie Einzug in verschiedene
wissenschaftliche Disziplinen erhalten hat, ist die Relevanz der blinden Flecken
gestiegen. Ihre Existenz bei der Wahrnehmung und Analyse der Unternehmungsumwelt
ist bekannt, jedoch hat diese bis heute zu keiner angepassten Verhaltensweise geführt.
Durch eine Reduzierung der blinden Flecken aufgrund einer verbesserten
Wahrnehmung, würde sich ein strategischer Wettbewerbsvorteil für ein Unternehmen
ergeben. Dadurch wird eine nähere Betrachtung der strategischen Analysetools und
ihrer blinden Flecken gerechtfertigt.
Es stehen sich zwei scheinbar unvereinbare Blöcke gegenüber: Eine dynamische,
komplexe Umwelt und statische, einfache Abbildungsmodelle in Form strategischer
Umweltanalysetools.
2
Zielsetzung
Ziel dieser Arbeit ist es, die in der Problemstellung angedeutete Schwäche strategischer
Analysetools bei der Untersuchung der Unternehmungsumwelt zu analysieren. Dabei
orientiert sich die Zielsetzung an zwei Anspruchsgruppen. Die erste Anspruchsgruppe
stellt die Wissenschaft dar. Die Zielsetzung für diese orientiert sich an einer Aussage
von S
TÜTTGEN
:
,,Im Hinblick auf den Begründungszusammenhang wissenschaftlicher Aussagen
strebt die vorliegende Untersuchung allerdings nicht danach, Hypothesen über
12
Die hier ­ und auch an anderer Stelle dieser Arbeit ­ vorgenommenen Zuordnungen und
Eingrenzungen folgen, im Bewusstsein um den kontingenten Charakter derartiger Unterscheidungen,
kurzerhand der Aufforderung S
PENCER
B
ROWNS
,,Draw a distinction!". Vgl. dazu vertiefend die
Ausführungen in Kapitel II Abschnitt 2.1.2.
13
Blinde Flecken, auch Blind Spots genannt, bezeichnen die Wahrnehmungsdefizite bei der
Beschreibung der Umwelt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird darauf noch detailliert eingegangen,
vgl. dazu Kapitel III Abschnitt 1.

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
4
die existierende Wirklichkeit zu testen oder die Gültigkeit von Theorien zu
belegen. Die bestehende Realität ist nicht das eigentliche Untersuchungsobjekt,
sie ist lediglich Ausgangspunkt für Überlegungen zu einer möglichen
zukünftigen Gestaltung von Realität."
14
Daher sollen bestehende theoretische Ansätze, wie die neuere Systemtheorie, die
Chaostheorie, der Konstruktivismus und die Kybernetik zweiter Ordnung, in einer
integrierenden Betrachtung auf das Gebiet der strategischen Umweltanalyse
angewendet werden. Damit wird der Versuch unternommen, den in diesen Theorien
bisher wenig im Vordergrund stehenden Praxisbezug herzustellen. Darauf aufbauend
sollen Handlungsempfehlungen für den Umgang mit den blinden Flecken in der Praxis
entwickelt werden, die damit die zweite Anspruchsgruppe darstellt. Das
Ineinandergreifen der Problemstellung und Zielsetzung visualisiert die folgende
Abbildung.
Abbildung 1: Problemstellung und Zielsetzung
Quelle: Eigene Darstellung
Um die Untersuchungen in einer adäquaten Tiefe durchführen zu können, wird eine
Einschränkung der zu betrachtenden strategischen Analysetools unternommen. Im
Folgenden werden die SWOT-Analyse sowie das Five Forces Konzept von P
ORTER
zum Untersuchungsgegenstand erklärt, wobei die Auswahl auf mehreren Argumenten
basiert. Beide Werkzeuge gehören zu den in der Praxis am meisten verwendeten und
14
Stüttgen (1999: 26).

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
5
beliebtesten Analysetools.
15
Weiterhin stellen die SWOT-Analyse und die Five Forces
die Standardeinstiegstools für die Umweltanalyse in der Unternehmensberatungspraxis
dar.
16
Durch die beratende Funktion dieser Unternehmen besteht ein multiplizierender
Mechanismus in der Anwendung dieser Werkzeuge auf die Gesamtwirtschaft. Da diese
Tools in der Unternehmenspraxis gekannt und genutzt werden und damit eine hohe
Einflussmöglichkeit besteht, gelingt es möglicherweise, durch eine Modifikation der
Tools eine stärkere Berücksichtigung der nichtlinearen Zusammenhänge in der Umwelt.
herbeizuführen. Die Idee ist es demzufolge, die Werkzeuge nicht durch ein Anderes zu
ersetzen, sondern durch Anpassung, eine höhere Akzeptanz der Ergebnisse in der Praxis
zu erzielen.
Andere Analysewerkzeuge, wie beispielsweise die Szenariotechnik, werden nicht
betrachtet. Obwohl die Szenariotechnik Problemfelder der hier betrachteten Analyse-
tools kompensieren kann, ist die Anwendung in der Praxis nicht sehr frequentiert. Um
eine Szenario-Analyse durchführen zu können, bedarf es intensiver informations-
technischer Unterstützung und umfangreicher Kenntnisse.
17
Daher ist eine Betrachtung
dieses Tools für die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen im Sinne der oben
formulierten Zielsetzung nicht geeignet.
3
Gang der Argumentation
Bevor die eigentliche Vorgehensweise vorgestellt wird, soll die Architektur der Arbeit
erläutert werden.
Ihr liegt ein fraktales Gliederungsschema zu Grunde, bei dem die einzelnen Ebenen auf
Selbstähnlichkeit beruhen.
18
Das Schema besteht aus den Teilen Ein-Führung, Aus-
Führung und Weiter-Führung. Sowohl die gesamte Arbeit als auch die einzelnen
Kapitel orientieren sich an diesem Schema. Durch den einheitlichen Aufbau der Arbeit
soll dem Leser die Navigation durch den Text erleichtert werden. Zugunsten der
Übersichtlichkeit werden die Leittermini der Leserführung ab der zweiten Gliederungs-
15
In einer internationalen Studie der Financial Times Deutschland wurden 21.342 MBA Absolventen
nach ihren bevorzugten Management-Tools befragt. Im Ergebnis kamen die Five Forces auf Platz 1
und die SWOT-Analyse zusammen mit der Kapitalwertanalyse auf Platz 2 der Nennungen. Vgl. Bahra
(2002: http://www.ftd.de/pw/in/13962565.html) [Stand: 06.06.2002]; ebenso kommen die beiden Tools
in einer weltweiten Studie der Unternehmensberatung Bain Company ,,Management Tools 2001" in
die vorderen Positionen. Vgl. Rigby (2001: 143ff.).
16
Vgl. dazu die schriftlichen Bestätigungen der international tätigen Beratungsfirmen Accenture, Roland
Berger und PricewaterhouseCoopers im Anhang.
17
Vgl. Goodwin/Wright (2001: 1ff.); ebenso Helm/Satzinger (1999a: 963 f. und 1999b: 1106 ff.).
18
Vgl. zur Vertiefung Kapitel II Abschnitt 2.2.3, in dem die Grundlagen zu Fraktale behandelt werden.

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
6
ebene mit einem grauen Schriftbild unterlegt, um den Fokus auf den eigentlichen
Überschriftentext zu lenken.
Das beschriebene Schema findet sich ebenfalls in der visualisierten Leserführung für die
Arbeit wieder. Wie in Abbildung 2 zu erkennen, wird die Leserführung der Arbeit
anhand einer schematischen Landkarte dargestellt. Dabei besteht eine Selbstähnlichkeit
der Topographie in den verschiedenen Maßstäben (beim Heran- und Herauszoomen).
Das Wort ,,Führung" bildet den Schlüsselbegriff in den Überschriften der
unterschiedlichen Ebenen, da man in den verschiedenen Maßstäben der Landkarten
entlang des Weges durch die Arbeit geführt wird. So bilden die Ein-Führungen jeweils
einen Abholpunkt, von dem aus der Leser durch den jeweiligen Abschnitt im Rahmen
der Aus-Führungen hindurchgeführt wird. Am Ende findet dann eine Zusammenfassung
und Überleitung zum nächsten Karten-Abschnitt im Rahmen der Weiter-Führung statt.
Zu Beginn eines jeden Kapitels findet in verkleinerter Form die Visualisierung der
Leserführung und damit seines Aufbaus statt. Dort wird jeweils von der ersten
Gliederungsebene in die zweite hineingezoomt.
Abbildung 2: Fraktales Gliederungsschema der Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung
Diese Arbeit ist in vier übergeordnete Kapitel unterteilt. Im Anschluss an die ein-
führenden Bemerkungen wird in der Hin-Führung (Kapitel II) eine analytische
Untersuchung der Themenstellung vorgenommen. Sie ist notwendig, um die Anschluss-
fähigkeit an die aus-führenden Überlegungen zu gewährleisten. Dabei wird in einem
ersten Schritt vor dem Hintergrund zweier Theoriegebäude die Beschaffenheit der
Umwelt untersucht. In einem zweiten Schritt werden die beiden bereits erwähnten
Analysetools, die SWOT-Analyse und das Five Forces Konzept, vorgestellt. Dabei
werden deren Wirkungsweisen und paradigmatischen Prämissen herausgearbeitet und in
einer vergleichenden Betrachtung gegenübergestellt. Aus diesen beiden Abschnitten
wird eine Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse vorgenommen.

K
APITEL
I
E
IN
-F
ÜHRENDE
B
EMERKUNGEN
7
Auf dieser Basis werden in den aus-führenden Überlegungen der Arbeit (Kapitel III)
Vorgehensweisen zum Umgang mit der Problemstellung erarbeitet. Dabei stehen die
blinden Flecken der Analysetools im Fokus der Betrachtungen. Darauf aufbauend
werden alternative Handlungsempfehlungen im Umgang mit den Werkzeugen für die
Praxis entwickelt.
Abschließend wird in der Weiter-Führung (Kapitel IV) eine zusammenfassende
Modifikation der Analysewerkzeuge vorgestellt, mit der die vorher herausgearbeiteten
Unzulänglichkeiten der Tools zum Teil kompensiert werden können.
Die nachfolgende Abbildung stellt den inhaltlichen Aufbau der Arbeit
zusammenfassend dar.
Abbildung 3: Gesamtübersicht der Arbeit
Quelle: Eigene Darstellung

II
H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
,,Ich will wissen, wie Gott diese Welt erschaffen hat.
Ich bin nicht an dieser oder jener Erscheinung interessiert,
am Spektrum dieses oder jenes Elements.
Ich möchte seine Gedanken kennen, das übrige sind Details."
Albert Einstein
Abbildung 4: Gliederungsübersicht Kapitel II
Quelle: Eigene Darstellung

K
APITEL
II
H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
9
Nachdem die Problemstellung in der Ein-Führung bereits beschrieben wurde, soll diese
im Rahmen einer Hin-Führung im folgenden Kapitel analytisch untersucht werden.
19
Nachdem grundlegende Begrifflichkeiten definiert und abgegrenzt werden, findet in
einem ersten Schritt eine Beschreibung der Umwelt unter Rückgriff auf Wissensinhalte
unterschiedlicher theoretischer Disziplinen statt. Dabei kommen die neuere
Systemtheorie und die Chaostheorie zur Anwendung. Nach Auffassung von A
PPELHANS
bietet die allgemeine Systemtheorie ,,(...) ein breites und ausgereiftes Instrumentarium
zur Abbildung und Beschreibung einer Vielzahl realer dynamischer (...) Phänomene."
20
Daher wird zu Beginn die allgemeine Umwelt
21
aus der Sicht der neueren allgemeinen
Systemtheorie nach L
UHMANN
untersucht. Diese Analyse bietet eine gute Grundlage für
die Anwendung der modernen Chaostheorie in den Sozialwissenschaften.
22
Dementsprechend werden darauf aufbauend die chaostheoretischen Implikationen
speziell auf die ökonomische Welt dargestellt. Ziel ist es dabei nicht, die beiden
Theoriegebäude allumfassend zu erläutern, sondern vielmehr durch eine systematische
Darstellung einzelner Elemente der Theorien, eine zielgerichtete Analyse der Umwelt
durchzuführen.
23
Daran anschließend wird die Abbildbarkeit der Umwelt mit Hilfe von bestehenden
Analysewerkzeugen, die im Rahmen der strategischen Planung zum Einsatz kommen,
19
Der Anspruch einer objektiven, analytischen Hin-Führung soll hier relativiert werden. Alle in dieser
Arbeit vorgetragenen Gedanken stellen ein Konstrukt dar, welches ausschließlich innerhalb des Gehirns
des Verfassers entstanden ist. Auch der Versuch, durch Zitation zur Objektivierung der Aussagen und
Gedanken beizutragen, soll über diesen Sachverhalt nicht hinwegtäuschen. Die in dieser Arbeit zu
Papier gebrachten Gedanken der zitierten ,,Köpfe" werden hier nicht objektiv wiedergegeben. Sie
stellen lediglich Ergebnisse dar, die durch Reize und Irritationen aus der Umwelt des Verfassers
resultieren, vgl. Abbildung 10 und Abbildung 15. Weiterhin sei hier H
UMBERTO
M
ATURANA
bemüht,
dessen Meinung ich mich hier anschließen möchte, wenn er sagt: ,,Als strukturdeterminierte Systeme
sind wir von außen prinzipiell nicht gezielt beeinflußbar, sondern reagieren immer im Sinne der
eigenen Struktur. So kann ich nicht steuern, wie meine Worte wirken: jeder liest, was er oder sie liest,
dafür trage ich keine Verantwortung! Nicht dieser Text legt fest, was Sie lesen, sondern Ihre Struktur,
Ihre jeweilige Befindlichkeit. Dabei obliegt es jedoch allein mir, keinen Unsinn zu verzapfen, denn ich
bin selbst verantwortlich für das, was ich schreibe ­ bloß ich bin nicht verantwortlich für das, was Sie
lesen." Maturana (1994: 3).
20
Appelhans (1998: 94); vgl. ebenso die Ausführungen von Stüttgen (1999: 25).
21
Unter dem Begriff ,,allgemeine Umwelt" versteht der Verfasser im Kontext der neueren allgemeinen
Systemtheorie das Gesamtsystem ,,Welt" als Einheit der Differenz von System und Umwelt.
22
Vgl. umfassend dazu Appelhans (1998: 93ff.); auch Deser (1997: 14f., 67ff.); ebenso Büssow (2002:
42); auch Levy (1994: 169); und Küppers (1993: 30).
23
Diese Untersuchungen und Betrachtungen der Umwelt stellen gewissermaßen eine Beobachtung erster
Ordnung dar, die hier durch den Verfasser unternommen wird (siehe auch Abbildung 10).

K
APITEL
II
H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
10
untersucht. Dabei werden die zwei klassischen Werkzeuge, die SWOT-Analyse und die
Five Forces, beschrieben und in einer vergleichenden Betrachtung gegenübergestellt.
24
Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchungen der Umwelt und der Tools
zusammengefasst.
Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen jeweils die zentralen Untersuchungsparameter
Komplexität, Linearität und Dynamik, die dementsprechend im Folgenden definiert
werden. Dadurch wird eine Begriffssensibilisierung erreicht, die einen gemeinsamen
Ausgangspunkt für die folgenden Untersuchungen darstellt.
1
Ein-Führung -
Begriffsdefinitionen
1.1
Komplexität
In Anlehnung an die detaillierten Ausführungen S
TÜTTGENS
zu dem Begriff
Komplexität sind in der folgenden Tabelle zwei Begriffsbestimmungen dargestellt.
Autor Wissenschaft-
liche Disziplin
Definitionsversuche von Komplexität
Coveney/
Highfield
(1996: 7ff.)
Komplexitäts-
wissenschaften
· Komplexe Systeme sind nichtlineare Systeme.
o Die Eigenschaften komplexer Systeme lassen sich
nicht additiv aus den Eigenschaften ihrer
Systemelemente ableiten.
o Beziehungen zwischen den Elementen komplexer
Systeme sind nichtlinear: Ursachen und Wirkungen
stehen nicht in einem linearen Kausalzusammenhang
zueinander.
· Die Entwicklung komplexer Systeme im Zeitablauf ist
irreversibel.
· Beispiele für komplexe Systeme: Lebende Zellen, neuronale
Netzwerke, Ameisenkolonien, sich entwickelnde Embryos,
Volkswirtschaften etc.
Fortsetzung umseitig...
24
Durch die Erklärung und Bewertung der für die Analyse der Umwelt fungierenden Werkzeuge findet
gleichsam eine Beobachtung zweiter Ordnung statt, indem eine Beobachtung, von den für die
Beobachtung konstruierten Werkzeugen, unternommen wird.

K
APITEL
II
H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
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D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
11
Autor Wissenschaft-
liche Disziplin
Definitionsversuche von Komplexität
Gomez/
Malik/Oeller
(1975: 711);
Gomez
(1978: 23);
Gomez
(1981: 15f.);
Gomez/
Probst (1997:
14ff.)
System-
orientierte
Managment-
lehre
· Der Grad der Komplexität eines Systems misst sich an
dessen Beschreibbarkeit: Äußerst komplexe Systeme lassen
sich nicht mehr präzise beschreiben, über zu kontrollierende
Größen herrscht Unklarheit.
· Komplexe Systeme können typologisch von einfachen und
komplizierten Systemen abgegrenzt werden:
o Einfache Systeme sind durch wenige Einflussgrößen
charakterisiert, die nur wenig miteinander verknüpft
sind.
o Komplizierte Systeme sind durch viele
Einflussgrößen charakterisiert, die relativ stark
miteinander verknüpft sind. Die Systemstrukturen
bleiben aber über die Zeit stabil, die Dynamik ist
gering.
o Komplexe Systeme zeichnen sich durch eine
Vielzahl von Elementen und Beziehungen, starke
Verknüpfungen der Elemente, hohe (Eigen-)
Dynamik und das Auftreten immer neuer Muster
aus.
· Im Managementkontext bedeutet Komplexität, dass die
Unternehmungsführung niemals über ausreichend
Information und genügend Wissen verfügt, um eine
Unternehmung im Detail steuern zu können.
Tabelle 1: Charakteristika komplexer Systeme
Quelle: Stüttgen (1999: 18ff.)
Bei S
TÜTTGEN
werden weitere Definitionsversuche ausgeführt. Die hier vorgestellten
Begriffsbestimmungen fassen allerdings die für diese Arbeit wesentlichen Merkmale
des Komplexitätsbegriffs zusammen.
25
Auffällig ist, dass diese Begriffsbestimmungen
die Nichtlinearität und die Dynamik mit einschließen.
26
25
L
UDWIG
charakterisiert die gleichen Eigenschaften des Begriffs ,,Komplexität" vor dem Hintergrund
betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge. Vgl. Ludwig (2001: 9f. und 20ff.).
26
Ähnliche Definitionen des Komplexitätsbegriffes finden sich bei folgenden Autoren: vgl. Bleicher
(1991: 13); Addor (2002: 1); ausführliche Darstellungen bei Ludwig (2001: 23ff.); L
UHMANNS
Begriffsdiskussion in Luhmann (1975: 204ff.).

K
APITEL
II
H
IN
-F
ÜHRENDE
U
NTERSUCHUNGEN
­
D
IE
U
MWELT UND
I
HRE
A
BBILDBARKEIT
12
1.2
Linearität
Der Begriff Linearität hat seine etymologischen Wurzeln im Lateinischen und heißt
,,sich auf Linien beziehend, durch Linien darstellbar"
27
. T
EICHMANN
beschreibt
Linearität als eine mathematische Eigenschaft von Gleichungen, maximal eine Lösung
zu haben. Im Kontext des Untersuchungsgegenstandes bedeutet Linearität, dass eine
Ursache zwingend maximal eine Wirkung hat und umgekehrt. Sie werden demzufolge
durch monokausale Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge beschrieben. Weiterhin lassen
sich lineare Systeme durch die Zusammenfügung der einzelnen Systemelemente
darstellen (das Ganze entspricht der Summe seiner Teile).
28
1.3
Dynamik
Der Begriff Dynamik kommt aus dem Griechischen ,,Dynamis" und heißt ,,die
wirkende Kraft", ,,innere Kraft besitzend, lebendig wirksam"
29
. K
OPEL
umschreibt
dynamische Systeme mit der Eigenschaft ,,(...) einer Entwicklung im Zeitablauf
unterworfen (...)"
30
zu sein. B
LEICHER
beschreibt Dynamik im Hinblick auf soziale
Systeme als einen starken Fluss der Veränderungen, der als gesellschaftlicher,
ökonomischer und technologischer Wandel Einfluss auf die Umwelt nimmt.
31
Dynamik
bezeichnet also einen an den Parameter ,,Zeit" gekoppelten Zusammenhang. Die
Beschleunigung des Wandels während des letzten Jahrhunderts wird treffend durch das
Zitat des französischen Sozialwissenschaftlers F
OURASTIE
verdeutlicht: ,,Der heutige
Unternehmer steht innerhalb von zehn Jahren dreimal vor Problemen, die zu lösen sein
Vater und Großvater ein Leben lang Zeit hatten."
32
27
O.V. (1967: 228).
28
Vgl. Teichmann (1996: 4); ebenso Sterman (2000: 264); ausführlich Forrester (1977: 50f.).
29
O.V. (1967: 244).
30
Kopel (1994: 2).
31
Vgl. Bleicher (1991: 8).
32
Zitiert nach Wüthrich (1991: 319).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832458812
ISBN (Paperback)
9783838658810
DOI
10.3239/9783832458812
Dateigröße
2.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg – Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Internationales Management
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
chaostheorie umweltanalyse swot-analyse five-forces systemtheorie
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Titel: Blind Spots strategischer Analysetools vor dem Hintergrund nichtlinearer Wirkungszusammenhänge
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