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Rekonstruktion einer konstruierten Realität

Profifußball in einer elektronischen Tageszeitung - Bundesliga-Aufstieg und Spielzeit des SSV Ulm 1846 e.V. in der Berichterstattung der Südwest Presse Online - eine qualitative Inhaltsanalyse

©2000 Diplomarbeit 143 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Sportveranstaltungen in Deutschland sind wahre Magneten für ein Massenpublikum, und kein anderes Ereignis ist in der Lage, so hohe Einschaltquoten zu erzielen wie eine Fußball-Weltmeisterschaft. Der Sportteil der Zeitungen erfreut sich einer solchen Beliebtheit, dass die Bild-Zeitung als auflagenstärkstes Blatt Deutschlands in erheblichem Umfang über die Sportseiten verkauft wird. Die Diplomarbeit basiert auf einer Seminararbeit mit dem Titel „Die Bedeutung des Sports in den Medien“. Bei der Bearbeitung der Seminararbeit, die einen allgemeinen Überblick über die Forschungslage des Sports in den Massenmedien liefern sollte, ist deutlich geworden, dass innerhalb der Sportberichterstattung vor allen Dingen die Berichterstattung über Fußball dominiert. Den Medien wird vor diesem Hintergrund immer wieder einseitige „Leistungssportberichterstattung“ vorgeworfen. Zahlreiche Arbeiten existieren hierzu, und sie alle können die Vormachtstellung des Fußballs anhand von Zahlen belegen. Die Vorwürfe gehen alle in die selbe Richtung. Viel zu viel Fußball würde gesendet, immer nur Fußball sei auch Thema der Sportpresse. Selbst die neuen Online-Medien scheinen hier keine Ausnahme darzustellen.
So deutlich die Vormachtstellung des Fußballs in den Medien auch herausgestellt wird – nicht eine einzige Studie hat sich jemals damit befasst, w i e der „Herrgott Fußball“ aussieht, welches Bild vom Fußballsport zum Beispiel ein Printmedium (und hierzu zählt sowohl die traditionelle papierene Form als auch die online publizierte neuere Form in Gestalt von virtuellen Zeichen) an seine Leser weitervermittelt. Es konnte trotz intensivster Literaturrecherche keine einzige Arbeit gefunden werden, die genau dies zum Thema hat. Eine Abhandlung darüber, wie Fußball in der Presse dargestellt wird, fehlt. Diese Lücke soll die vorliegende Arbeit mit dem Charakter einer Pilotstudie zumindest ein Stück weit schließen.
Es ist vor diesem Hintergrund das Ziel der Diplomarbeit zu ergründen, welches Bild eine Online-Sportredaktion (die Südwest Presse online) von einem ortsansässigen Fußball-Bundesliga-Verein (dem SSV Ulm 1846 e. V.) skizziert.
Die aktuelle Diskussion um die Sportberichterstattung wird zuerst in einen wissenschaftstheoretisch begründeten Kontext gestellt; das inhaltliche Konzept der Arbeit basiert auf der neueren soziologischen Systemtheorie Niklas Luhmanns. Auf der Folie dieses Konzepts wird die im Online-Medium abgebildete Wirklichkeit mit […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5838
Dettling, Sabine: Rekonstruktion einer konstruierten Realität - Profifußball in einer
elektronischen Tageszeitung - Bundesliga-Aufstieg und Spielzeit des SSV Ulm 1846 e.V.
in der Berichterstattung der Südwest Presse Online - eine qualitative Inhaltsanalyse -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Stuttgart, Universität, Diplomarbeit, 2000
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http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
I N H A L T
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
IV
TEIL I EINLEITUNG
1
1
Die Forschungsidee oder: Warum ausgerechnet Fußball?
1
2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2
2.1
Philosophische und wahrnehmungspsychologische Grundlagen...
2
2.2
...und die daraus abzuleitenden Konsequenzen für Zielsetzung und Methodik
4
2.3
Zum Aufbau der Arbeit
5
TEIL II THEORIE
6
1
,,Gott ist Rund" ­ Faszination Fussball
6
1.1
Was ist dran am Fußballsport?
8
2
Fußball und Massenmedien ­ eine Symbiose
9
2.1
Aspekte des Medienkonsums
9
2.2
Die Mannschaftssportart Fußball - Magnet für ein Massenpublikum
10
2.2.1
Die Live-Produktion eines Dramas...
10
2.2.2
...und die Nachbereitung durch die Presse
11
3
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
12
3.1
Sportübertragungen im Fernsehen
12
3.2
Sport in den Printmedien
13
3.3
Online-Zeitungen im Internet ­ eine neue Konkurrenz für die Sportpresse?
14
3.3.1
Der Internetauftritt des Deutschen Fußball-Bundes als Beispiel...
15
3.3.2
...für eine potentielle Existenzbedrohung der Pressebranche durch das Internet? 15
3.3.3
Eigenschaften, Vor- und Nachteile virtueller und ,,herkömmlicher" Presseprodukte 17
3.4
Die Mediensituation heute und morgen ­ Fazit und Ausblick
18
4
Sportmedien und Mediensport ­ zum Stand der Forschung
20
4.1
Veröffentlichungen zum Thema im Überblick
20
4.2
Anmerkungen zum Stand der Forschung
23
4.2.1
Presseähnliche Inhalte im Internet sind bisher nicht Gegenstand sportwissen-
schaftlicher Forschung
23
4.2.2
Das quantitative Forschungsparadigma dominiert
24

Inhaltsverzeichnis
II
5
Grundlagen für eine systemtheoretische Rahmenkonzeption
25
5.1
Vorüberlegungen: Zur Eignung quantifizierender Verfahren in der Sportwissenschaft
26
5.2
Positivismus und Konstruktivismus - erkenntnistheoretische Pole
27
5.3
Grundbegriffe der Systemtheorie
29
5.4
Massenmediale Konstruktion von Realität
31
5.4.1
Zur Theorie der Massenkommunikation
31
5.4.2
Die Beobachtung der Beobachter
32
5.4.3
Die Erzeugung gesellschaftlicher Hintergrundrealität, Nachrichtenwerttheorie und
Agenda-Setting
35
5.5
Die Realität des Sports in den Medien
37
5.5.1
Verfälschte Wirklichkeit?
37
5.5.2
Mediensport ist gleich Hochleistungssport ist gleich Fussball
38
5.5.3
Zwischen Information und Unterhaltung: (Fußball-) Sport in der (Online-) Printbe-
richterstattung
40
6
Zwischenfazit
41
TEIL III EMPIRIE
43
1
Thesen oder: Den ,,Ulmer Fußballgeschichten" auf der Spur
43
1.1
Prämissen
43
1.1.1
Literarische Erzählformen und die Geschichten des Fußballs
44
1.1.2
Elemente, Akteure und Bezugsgruppen des Profifußballs
45
1.2
Thesen
47
2
Methodologische Implikationen und Datengrundlage
49
2.1
Qualitative Inhaltsanalyse mit Unterstützung von AQUAD 5
®
49
2.2
Datengrundlage
51
2.3
Kategorien
53
3
Ergebnisse
56
3.1
Ulmer Fußballgeschichten
57
3.1.1
Märchenhaft, legendär, dramatisch - Erzählstrukturen
57
3.1.1.1
Das Märchen vom ,,Wunder von Ulm"
57
3.1.1.2
Legendär
62
3.1.1.3
Fußball dramatisch
64
3.1.2
Siegertypen: Die Helden von Ulm
67
3.1.2.1
Von Torhütern, Torjägern und anderen Helden
68
3.1.2.2
Kollektive Einzigartigkeit
70
3.1.3
Der Held als Identifikationsobjekt
75
3.1.3.1
Menschen wie du und ich: Private Aspekte der Stars
76
3.1.3.2
,,Körperspuren"
77

Inhaltsverzeichnis
III
3.2
Die Konstruktion der Sozialfigur "Trainer"
79
3.2.1
Zur Trainerrolle
80
3.2.2
Die Konstruktion des Trainer-Images
83
3.3
,,Sie finden nicht zu ihrem Spiel" ­ Begründungen von Erfolg und Mißerfolg
86
3.3.1
Beanspruchungsannahmen
88
3.3.2
Pech und Glück
88
3.3.3
Fähigkeitsannahmen
89
3.4
Fußball der Superlative
91
3.5
...Und die Moral von der Geschicht... - Werte, Normen und Klischees
92
TEIL IV FAZIT
97
1
Kritische Reflexion der Methode und Vorgehensweise
97
1.1
Zur Methode der qualitativen Inhaltsanalyse mit AQUAD 5
®
97
1.1.1
Computerunterstützung...
97
1.1.2
...der qualitativen Inhaltsanalyse
98
1.2
Zur Wahl des Untersuchungszeitraums
99
2
Thesenprüfung und Zusammenfassung der Ergebnisse
100
2.1
Konstruktion einer Realität des Hochleistungsfußballs...
100
2.2
...vor dem Hintergrund eines konservativen Wertekosmos...
103
2.3
...erzählt mit Hilfe von Erzählformen der fiktionalen Literatur
104
TEIL V LITERATUR
V
TEIL VI ANHANG
XV

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
IV
A B B I L D U N G E N
Abbildung 1: Schematisierte Darstellung des Wahrnehmungsvorgangs (Quelle: ZIMBARDO
1983, 314)
3
Abbildung 2: Top-Ten: Die interessantesten Sportarten (Quelle: SCHOLZ 1999)
7
Abbildung 3: Die Lieblingssportarten (Quelle: SCHOLZ 1999)
7
Abbildung 4: Das Internet auf dem Weg zum Massenmedium (Quelle: MSO 04/2000)
15
Abbildung 5: Schöne neue Medienwelt (Quelle: MSO 06/2000)
19
Abbildung 6: Ein abgegrenztes Gebiet in seiner Umwelt
34
Abbildung 7: Das System ,,SSV Ulm in der Südwest Presse Online" und dessen Umwelt
43
Abbildung 8: Die Rekonstruktion der von der SWP konstruierten Welt ,,SSV Ulm 1846 in der
Bundesliga" und die Umwelt des Rekonstruierten
44
Abbildung 9: Grundgattungen fiktionaler Literatur (Quelle: ENCARTA 1999)
45
Abbildung 10: Bezugsgruppen im Fußballsport (Quelle: HORTLEDER 1974, 132ff)
46
Abbildung 11: Spiel-Binnenfeld und Spiel-Umfeld (Quelle: HAGEDORN (1985) und BRACK
(1994))
46
Abbildung 12: Datenreduktion mit AQUAD
®
50
Abbildung 13: Hardcopy des SSV Ulm Special der Südwest Presse Online-Dienste GmbH
51
Abbildung 14: Auf den Überlegungen von ARISTOTELES basierendes dreistufiges
Entwicklungsschema des Dramas (Quelle: VWB 1969, 1122)
64
T A B E L L E N
Tabelle 1: Mediennutzung in der Freizeit; Gesamtbevölkerung (Quelle: AAWG 1998)
13
Tabelle 2: Virtuelle Massenmedien im Vergleich zur traditionellen Presse
18
Tabelle 3: Positivistisches und konstruktivistisches Paradigma (Quelle: TU CHEMNITZ 2000)
28
Tabelle 4: Sportarten in der TV- und Printberichterstattung (Quelle: HACKFORTH/WERN-
ECKEN 1999)
39
Tabelle 5: Thesenkatalog
48
Tabelle 6: Auswahleinheit differenziert nach Saisonabschnitten
53
Tabelle 7: Kategorien
54

Teil I Einleitung
Die Forschungsidee oder: Warum ausgerechnet Fußball?
Seite 1
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G
G
G
G
11 DIE FORSCHUNGSIDEE O
DIE FORSCHUNGSIDEE O DER: WARUM
DER: WARUM AUSG
AUSG E-
E-
R E C H N E T F U ß B A L L ?
R E C H N E T F U ß B A L L ?
Sportveranstaltungen in Deutschland sind wahre Magneten für ein Massenpublikum. Kein
anderes Ereignis ist in der Lage, so hohe Einschaltquoten zu erzielen wie eine Fußball-
Weltmeisterschaft (vgl. AAWG 1998), und der Sportteil der Zeitungen erfreut sich einer sol-
chen Beliebtheit, daß die Bild-Zeitung als auflagenstärkstes Blatt Deutschlands in erhebli-
chem Umfang über die Sportseiten verkauft wird (vgl. KRÜGER 1993, 28).
Die vorliegende Arbeit basiert auf einer Seminararbeit mit dem Titel ,,Die Bedeutung des
Sports in den Medien". Sie wurde im Rahmen des Hauptseminars ,,Management im Sport"
unter der Leitung von Dr. Rolf BRACK und Rainer HIPP im Wintersemester 1996/97 am Institut
für Sportwissenschaft der Universität Stuttgart angefertigt. Bei der Bearbeitung der Seminar-
arbeit, die einen allgemeinen Überblick über die Forschungslage des Sports in den Mas-
senmedien liefern sollte, ist deutlich geworden, daß innerhalb der Sportberichterstattung vor
allen Dingen die Berichterstattung über Fußball dominiert. Dies konstatiert auch KROCK:
,,Fußball bildet die große Ausnahme. Fußball, das ist der Herrgott" (KROCK
1982, zit. in ROHNE 1993, 87).
Den Medien wird immer wieder einseitige ,,Leistungssportberichterstattung" vorgeworfen.
Zahlreiche Arbeiten existieren hierzu
I
, und sie alle können die Vormachtstellung des Fußballs
anhand von Zahlen belegen. Die Vorwürfe gehen alle in die selbe Richtung. Viel zu viel
Fußball würde gesendet, immer nur Fußball sei auch Thema der Sportpresse. Selbst die neu-
en Online-Medien scheinen hier keine Ausnahme darzustellen.
So deutlich die Vormachtstellung des Fußballs in den Medien auch herausgestellt wird -
nicht eine einzige Studie hat sich jemals damit befaßt, wie der ,,Herrgott Fußball" aussieht,
welches Bild vom Fußballsport ein Printmedium (und hierzu zählt sowohl die traditionelle pa-
pierene Form als auch die online publizierte neuere Form in Gestalt von virtuellen Zeichen)
an seine Leser weitervermittelt. Es konnte trotz intensivster Literaturrecherche keine einzige
Arbeit gefunden werden, die genau dies zum Thema hat. Eine Abhandlung darüber, wie
Fußball in der Presse dargestellt wird, fehlt. Diese Lücke soll die vorliegende Arbeit mit dem
Charakter einer Pilotstudie zumindest ein Stück weit schließen.
I
Vgl. z.B. BINNEWIES 1975; vgl. SCHRÖDER 1990; vgl. BRACK 1993; vgl. ROHNE 1993; vgl. FRANKE 1993; vgl. BOUCSEIN
1993; vgl. LOOSEN 1993; vgl. STEGGER 1993; vgl. HAAG 1997; vgl. SCHOLZ 2000.

Teil I Einleitung
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Seite 2
2
2 Z I E L S E T Z U N G
Z I E L S E T Z U N G U N D A U F B A U D E R A R B E I
U N D A U F B A U D E R A R B E I T
T
Bundesliga-Fußball ist eine Inszenierung, eine Welt, die in einem Stadion stattfindet und
dann in verschiedenen Formen an ein Massenpublikum weitervermittelt wird ­ in Bild und
Ton im Fernsehen, geschrieben und auf Papier gedruckt als Zeitung oder mit Hilfe virtueller
Zeichen per Internet.
Die vorliegende Arbeit hat das Ziel zu zeigen, welches Bild eine Online-Sportredaktion von
einem ortsansässigen Fußball-Bundesliga-Verein skizziert. Die Frage wird sein, was Bundesli-
ga-Fußball in der Südwest Presse Online (SWP) ist, und wie, in welcher Art und Weise diese
über den Erstliga-Aufsteiger SSV Ulm 1846 e.V. vor und während der Bundesliga-Saison
1999/2000 berichtet. Dabei wird in Anlehnung an die Systemtheorie Niklas LUHMANNS
I
- und
hier vor allem in bezug auf dessen Überlegungen zur massenmedialen Realitätskonstruktion
(vgl. Teil II, Abschnitt 5) - zu berücksichtigen sein, daß Medien die reale Realität nicht abbil-
den, sondern den Stoff für unsere Wirklichkeit konstruieren. Und letztlich ist die ,,Wirklichkeit",
die dann entsteht, wenn sich ein Sportfan über seine Sportart beispielsweise durch Zeitungs-
lesen informiert, immer eine ganz individuelle Interpretation dessen, was geschrieben steht,
denn:
Wir können die Welt nicht sehen, wie sie wirklich ist!
Zahlreiche Philosophen und auch Vertreter der Wahrnehmungspsychologie haben sich dar-
über Gedanken gemacht. Als Beispiele hierfür dienen im folgenden die Überlegungen der
Philosophen BERKELEY und POPPER (vgl. bspw. GÖBEL 1998) sowie wahrnehmungspsy-
chologische Grundlagen aus dem Lehrbuch der Psychologie von ZIMBARDO (1983).
2 . 1
2 . 1 P h i l o s o p h i s c h e u n d w a h r n e h m u n g s p s y c h o l o g i s c h e G r u n d l a g e n . . .
P h i l o s o p h i s c h e u n d w a h r n e h m u n g s p s y c h o l o g i s c h e G r u n d l a g e n . . .
Schon der Philosoph George BERKELEY
I I
hat 1710 in seiner ,,Abhandlung über die Prinzipien
der menschlichen Erkenntnis"
I I I
gezeigt, daß wir von dem Sein der Dinge nichts wissen kön-
nen, außer wenn wir sie wahrnehmen. So besteht für BERKELEY die Welt nur im Wahrge-
nommenwerden. Sir Karl Raimund POPPER
IV
hat mehr als 200 Jahre später mit seiner 3-
Welten-Theorie
V
gezeigt, daß das Denken des Menschen sich eine eigene Welt erschaffen
hat, die über die Entsprechungen zur dinghaften Welt hinausgewachsen ist. Er geht weiter-
hin davon aus, daß wir die Wirklichkeit nur im vorgegebenen Rahmen unserer Erwartungen
erfahren und deshalb unsere Erkenntnisse nie Abbilder, sondern lediglich Modelle der Wirk-
I
Die Systemtheorie ist eine rekursive Theorie, welche sich in einem linearen Text sehr schwer darstellen läßt. Sämtli-
che Überlegungen und Definitionen dieser Theorie bauen nicht linear aufeinander auf. Auch in dieser Arbeit war
das Vorhaben, ihre theoretischen Denkgebäude stringent linear zu beschreiben, ein aussichtsloses Unterfangen.
Die manchmal ,,chaotisch" anmutende Darstellung ist also kein ,,Unfall", sondern liegt in der Eigenart der system-
theoretischen Rahmenkonzeption dieser Arbeit begründet!
II BERKELEY, George (1685-1753), irischer Philosoph und Kleriker. Er gilt gemeinhin als Begründer des modernen Idea-
lismus (vgl. ENCARTA 1999).
III
Originaltitel: ,,Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge"
IV
POPPER, Sir Karl Raimund (1902-1994), englischer Philosoph und Wissenschaftstheoretiker österreichischer Ab-
stammung. Er wurde insbesondere durch seine Forschungen zur wissenschaftlichen Methodik und seine Kritik am
historischen Determinismus bekannt; darüber hinaus gilt er als Begründer des kritischen Rationalismus (vgl. ENCARTA
1999).
V
Welt 1: Physische Welt. Welt 2: Einzelbewußtsein. Welt 3: Immateriell und überpersönlich; Welt der Theorien, der
Probleme und der Werte als Produkt des menschlichen Geistes.

Teil I Einleitung
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Seite 3
lichkeit sein können. Jedes Modell ist nur eine Konstruktion unseres Denkens, weshalb sich
nie feststellen läßt, ob es der Wirklichkeit tatsächlich entspricht. POPPERS Fazit lautet des-
halb: Es läßt sich niemals beweisen, ob eine Erkenntnis wahr ist; es läßt sich zuweilen aber
durchaus beweisen, daß sie falsch ist (vgl. bspw. GÖBEL 1998).
Die Wahrnehmungspsychologie geht davon aus, daß nur der naive Beobachter im Sinne
des phänomenalen Absolutismus seine Sinneseindrücke akzeptiert und glaubt, auf direkte,
unmittelbare Art Merkmale der sich in der Umwelt befindlichen Objekte wahrzunehmen
(vgl. ZIMBARDO 1983, 308). Er nimmt an, daß der andere Beobachter die Situation genauso
wahrnimmt wie er, und daß er direkten Kontakt mit den Objekten hat. Experimente jedoch
zeigen, daß die subjektive Wahrnehmung bzw. phänomenale Realität eines Menschen
nicht der objektiven Realität entspricht, obgleich der Mensch sicher ist, daß es so ist
I
(vgl.
ebd., 309). ZIMBARDO konstatiert:
,,Jeder Wahrnehmungsakt ist eine Konstruktion (...) der Realität, welche auf
allen relevanten, gegenwärtigen und vergangenen, dem Organismus zu-
gänglichen Informationen basiert." (ZIMBARDO 1983, 313).
Wahrnehmung ist also weit davon entfernt, eine direkte Erfahrung ,,dessen, was ist" zu sein ­
sie ist, wie Abbildung 1 zeigt, ein mittelbarer Prozeß organisierter Schlußfolgerungen über die
,,reale" Welt (vgl. ebd.).
Abbildung 1: Schematisierte Darstellung des Wahrnehmungsvorgangs
(Quelle: ZIMBARDO 1983, 314)
I
Wir wissen z.B., daß die Zimmerdecke über uns ist, weil wir die Decke im Verhältnis zu uns sehen. Wo sie aber wirk-
lich ist, können wir nicht sehen.

Teil I Einleitung
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Seite 4
2 . 2
2 . 2 . . . u n d d i e d a r a u s a b z u l e i t e n d e n K o n s e q u e n z e n f ü r Z i e l s e t z u n g u n d
. . . u n d d i e d a r a u s a b z u l e i t e n d e n K o n s e q u e n z e n f ü r Z i e l s e t z u n g u n d
M
M e
e t h o d i k
t h o d i k
Vor dem Hintergrund der Überlegungen in Abschnitt 2.1 wird deutlich, daß es keine direkte
Erfahrung und Erfassung dessen, was in der SWP über den SSV Ulm geschrieben steht, ge-
ben kann. Zeitung lesen, so ESPOSITO (1998), ist das Beobachten der Beobachtung eines
anderen. Der Leser konstruiert die Vorstellungen des Autors. Er tritt nicht mit dessen Vorstel-
lung real in Kontakt. Jeder Rezipient konstruiert seine individuelle Realität des Sports
I
. Jede
inhaltliche Rekonstruktion basiert auf Informationen, welche dem Organismus aufgrund von
gegenwärtigen und vergangenen Erfahrungen zugänglich sind. Sie ist somit abhängig da-
von, was der Rekonstruierende von der Konstruktion wahrnimmt und wie sich dies in seinen
Erfahrungs- und Wissenshorizont einfügt.
Mit anderen Worten: Jemand, der noch nie im Leben mit Fußball zu tun gehabt hat, wird
anders rekonstruieren als jener, der tagtäglich mit dem Sport lebt. Jemand, der nur ,,Fern-
sehsessel-Fußballer" ist, wird wiederum anders interpretieren als der, der Zeit seines Lebens
aktiv ,,am Ball" gewesen ist. Vor diesem Hintergrund ist die Rekonstruktion und Interpretation
der Realität des SSV Ulm 1846 e.V. in der Südwest Presse Online zu verstehen
I I
. Die Rekon-
struktion der von der SWP konstruierten Realität bildet nicht die konstruierte Realität der SWP
schlechthin ab, sondern sie ist wiederum eine individuelle Konstruktion dessen, was die SWP
über den SSV Ulm geschrieben hat.
Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet:
WAS IST DAS FÜR EINE REALITÄT
DIE DIE SÜDWEST PRESSE ONLINE
VOR UND WÄHREND DER FUßBALL-BUNDESLIGA-SAISON 1999/2000
VOM SSV ULM 1846 E.V. KONSTRUIERT,
UND AUF WELCHE WEISE
BRINGT SIE DIESE REALITÄT DEM LESER NAHE?
Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Presseberichterstattung der in Ulm ansässigen Südwest
Presse, da die Fußball-Bundesliga-Saison vom Aufstieg bis zum direkten Wiederabstieg des
SSV Ulm Gegenstand ihrer Berichterstattung war. Grundlage der Auswertung sind dabei 715
Presseberichte, die in der Zeit vom 17.Juni 1999 bis zum 22. Mai 2000 von der SWP im Internet
publiziert worden sind
I I I
.
I
Und darüber hinaus beeinflußt er wiederum mittels Konsumentenverhalten das, was Massenmedien an Sportarten
und Sportformen anbieten und was nicht. Die Auflagenstärke einer Tageszeitung oder auch Einschaltquoten bei-
spielsweise dienen der Messung von Konsumentenverhalten. Je höher die Auflage, je höher die Quoten, um so
reizvoller ist die jeweilige Zeitung bzw. Sendung für die Werbewirtschaft (vgl. bspw. SCHUMANN 1988, 75f), aus
deren Gelder sich vor allem private Fernsehsender finanzieren.
II
Die Autorin dieser Arbeit ist seit ihrer Kindheit dem Fußballsport sowohl aktiv als auch passiv sehr verbunden.
III
http://www.suedwest -presse.de/special/nr6.html

Teil I Einleitung
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Seite 5
Die Arbeit hat den Charakter einer Pilotstudie. Sie erhebt keinen Anspruch auf Repräsent a-
tivität. Sie soll dazu dienen, ein Untersuchungskonzept zu testen, das bewußt auf quantifizie-
rende inhaltsanalytische Verfahren verzichtet. Statt dessen kommt - ausgehend von den
Überlegungen der Wahrnehmungspsychologie, der Philosophie (vgl. Abschnitt 2.1) und vor
dem Hintergrund der neueren soziologischen Systemtheorie Niklas LUHMANNS (vgl. Teil II,
Abschnitt 5) - die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse (vgl. Teil III, Abschnitt 2) zur
Anwendung. Darüber hinaus wird es notwendig sein, ,,zwischen den Zeilen zu lesen", das
heißt, beschreibend-interpretativ vorzugehen.
2 . 3
2 . 3 Z u m A u f b a u d e r A r b e i t
Z u m A u f b a u d e r A r b e i t
Die Arbeit ist aufgeteilt in fünf Teile. Im ersten Abschnitt (Abschnitt 1) von Teil II (Theorie)
werden empirische Belege für die Beliebtheit des Fußballspiels dargestellt und es soll ver-
sucht werden, den Reiz des Massenphänomens Fußball zu begründen. Anschließend steht
in Abschnitt 2 die symbiotische Beziehung von Fußball und Massenmedien im Vordergrund -
die Massenmedien haben bei der Entwicklung des Fußballs zur Unterhaltungsware eine e-
benso entscheidende Rolle gespielt, wie der Fußballsport der Entwicklung der Fernsehbran-
che v.a. mit dem WM-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Jahre 1954 in
Bern einen Schub verschafft hat. Des weiteren wird auf die verschiedenen Rollen des Fern-
sehens und der Presse in der Berichterstattung über Sport eingegangen. Wandlungsprozesse
der Medienstruktur sind das Thema in Abschnitt 3. Entwicklungsprozesse im Fernsehen, in
den Printmedien und in den ,,Neuen Medien", hier insbesondere die der virtuellen Online-
Zeitungen im Internet werden eingehend beleuchtet. In Abschnitt 4 wird ein allgemeiner
Überblick über den Stand der Forschung kritisch hinterfragt.
Der einleitende Teil I liefert den ,,Background" für Abschnitt 5 in Teil II. Wahrnehmungspsy-
chologische und philosophische Basisannahmen aus Teil I führen über einen Vergleich er-
kenntnistheoretischer Grundhaltungen hin zur neueren soziologischen Systemtheorie Niklas
LUHMANNS (Abschnitt 5, Teil II). Den allgemeinen Überlegungen LUHMANNS zur massenme-
dialen Konstruktion von Realität folgt eine Darstellung der Realität des Sports in den Medien.
Das Zwischenfazit in Abschnitt 6 leitet schließlich über zu Teil III.
In Teil III (Empirie) wird zunächst mit Hilfe von Modellen dargestellt, wie Fußball in der Presse
präsentiert werden, d.h. wer oder was Gegenstand der Berichterstattung sein könnte und
wie davon erzählt werden kann. Literarische Erzählformen (sie helfen zu erkennen, welche
Erzählweisen es gibt) auf der einen und Bezugsgruppen, Elemente und Akteure des Profi-
fußball-Systems (sie zeigen, wer oder was Gegenstand der Erzählungen sein könnte) auf der
anderen Seite helfen bei der Thesenbildung (Abschnitt 1). Darauf folgen in Abschnitt 2 me-
thodologische Implikationen, die Beschreibung der Datengrundlage sowie die Definition
der Kategorien. Schließlich werden in Abschnitt 3 die Ergebnisse der empirischen Untersu-
chung in fünf Teilen präsentiert.
Teil IV reflektiert Methode und Vorgehensweise kritisch (Abschnitt 1), bevor in Abschnitt 2
eine Thesenüberprüfung mit dem Charakter einer Ergebniszusammenfassung folgt.
Dem Literaturverzeichnis in Teil V folgt mit Teil VI der Anhang. Darin findet sich eine Darstel-
lung aller von der Südwest Presse online publizierten Artikel in tabellarischer Form, ein Sai-
sonkalender, der gleichzeitig einen Überblick über den Untersuchungszeitraum geben soll,
sowie das Quellenverzeichnis der aus den Artikeln der SWP zitierten Textstellen.

Teil II Theorie
,,Gott ist Rund" ­ Faszination Fussball
Seite 6
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11 ,, G O T T I S T R U N D "
,, G O T T I S T R U N D " ­
­ F A
F A S Z I N A T I O N F U S S B A L L
S Z I N A T I O N F U S S B A L L
,,Maßgebend iss' auf'm Platz" - wie so Vieles aus den 1950er Jahren gilt auch diese Weisheit
des Dortmunder Fußballidols Addi Preissler nicht mehr uneingeschränkt. Fußball, einst
,,schönste Nebensache der Welt", hat längst die Grenzen eines harmlos-gewöhnlichen Frei-
zeitvergnügens gesprengt. ,,Unsere Ideologie heißt Fußball", stellt SCHÜMER in seinem 1996
unter dem Titel ,,Gott ist rund" erschienenen Buch fest. Fußball, so der Ex-Bundesliga-Trainer
Kalli Feldkamp, ist das Theater des kleinen Mannes
I
. Gerade weil die Unterhaltungsware
Fußball spannender und viel weniger vorhersehbar ist als ein Opern- oder Theaterbesuch
und so von Woche zu Woche weitaus mehr Menschen fasziniert als jeder Kinofilm, ist das
von Konrad Koch aus England importierte Spiel
I I
zu einem gesamtgesellschaftlichen Ereignis
und damit zum Spiegel der modernen Zivilisation geworden.
Konrad Koch, Turnlehrer am Braunschweiger Martino-Catharineum-Gymnasium, lernte
durch einen Englandbesuch seines Schwiegersohnes das Fußballspiel schätzen. Fußball
wurde dort an den Schulen gespielt und Koch befand es für die Umsetzung seiner pädago-
gischen Idee als weitaus tauglicher als das autoritäre und militärische Turnen. So führte er
diesen neuen Sport, nachdem er einen Fußball aus England kommen ließ, sogleich am be-
sagten Gymnasium ein. Im Jahre 1874 versammelte er einige jüngere Schüler um sich herum
und warf, anstatt die Regeln zu erläutern, einen Ball in die Gruppe, so daß sich prompt das
erste Fußballspiel an einer deutschen Schule ergab. Dieser ,,Einwurf" gilt als Geburtsstunde
des Fußballs in Deutschland (vgl. BAROTH 1992; vgl. GRÜNE 1995; vgl. SCHULZE-MARMELING
1995).
Heute ist Fußball eine äußerst populäre und telegene Sportart (vgl. RITTNER 1988, 165). Dies
stellt auch die HAMBURGER MORGENPOST ONLINE (HMO) in einem resümierenden Artikel
zur Europameisterschaft 2000 fest:
,,Die Resonanz ließ keine Wünsche offen. Über eine Million Besucher strömten
in die fast immer ausverkauften Stadien, die in vielen Fällen zu klein für den
Ansturm der Fans waren. Im Schnitt kamen 35 840 Zuschauer pro Begeg-
nung. Auch die Einschaltquoten der TV-Sender bestätigten ein ungebrems-
tes Interesse des Fußball-Konsumenten am Kräftemessen der Ländermann-
schaften. Dies galt auch bei ARD und ZDF, die selbst in der K.o.-Runde über-
raschend hohe Marktanteile von über 60 Prozent vermeldeten, obwohl die
als Appetitanreger untaugliche deutsche Mannschaft bereits aus dem Ren-
nen war." (HMO 2000).
SCHOLZ führte 1999 eine Grundlagenstudie über die Nutzung, Bewertung und Einstellung
von Online-Sportangeboten durch. Zielgruppe dieser Befragung waren ,,sportinteressierte
Internetuser nach Selbstselektion" (ebd.). Der interaktive WWW-Fragebogen setzte sich aus
I
K. Feldkamp in der Talkshow ,,Berlin Mitte" am 26.10.2000 (Thema: Daum, der Fußball und die Folgen).
II
Im England Mitte des 19. Jh. war es das Spiel bürgerlicher Mittel- und aristokratischer Oberschichtsangehöriger. Es
wurde an bürgerlichen Eliteschulen, v.a. in Eton, gespielt.

Teil II Theorie
,,Gott ist Rund" ­ Faszination Fussball
Seite 7
über 80 Fragekonstellationen zusammen und war gelinkt
I
bei den wichtigsten Sportanbie-
tern. Die Studie konnte die große Beliebtheit des Fußballsports empirisch nachweisen (vgl.
Abb. 2 und Abb. 3).
Abbildung 2: Top-Ten: Die interessantesten Sportarten
(Quelle: SCHOLZ 1999)
Die Ergebnisse dieser Befragung sind eindeutig ­ 96,7 Prozent nannten auf die Frage ,,Für
welche Sportarten interessieren Sie sich?" bzw. 96 Prozent auf die Frage ,,Nennen Sie Ihre
drei Lieblingssportarten (auch TV-Sport)!" (vgl. Abb. 3) hin die Sportart Fußball.
Abbildung 3: Die Lieblingssportarten
(Quelle: SCHOLZ 1999)
Keine andere Sportart erzielte in dieser Studie vergleichbare Ergebnisse ­ Grund genug, um
erst einmal der Frage nachzugehen, was dran ist an diesem Sport.
I
Gelinkt kommt von engl. ,,link" und meint Verbindung. WWW-Dokumente sind über einen Hyperlink miteinander
verbunden.
32%
33%
35%
37%
61%
97%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Fußball
Formel 1
Lokalsport
Eishockey
Radsport
Tennis
Die interessantesten Sportarten
N=1195; Mehfachne nnungen möglich
Die Lieblingssportarten
16%
20%
20%
21%
32%
96%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Fußball
Motorsport
Tennis
Eishockey
Basketball
Radsport
N=1151; Mehfachne nnungen möglich

Teil II Theorie
,,Gott ist Rund" ­ Faszination Fussball
Seite 8
1 . 1
1 . 1 W a s i s t d r a n a m F u ß b a l l s p o r t ?
W a s i s t d r a n a m F u ß b a l l s p o r t ?
Der Ball ist die Seele des Fußballspiels. Er steht im Zentrum der Interaktion zweier Mannschaf-
ten und ist so ,,in gewisser Weise sogar der Hauptakteur" (PARIS 1983, 151). ,,Der Ball ist rund"
­ dieser berühmte Satz stammt von Sepp Herberger, einst Reichs- und später Bundestrainer.
Wahrscheinlich wollte er mit diesem simplen Satz zum Ausdruck bringen, daß das Fußball-
spielen ein durchaus kompliziertes Unterfangen ist. Die Schwierigkeit des Fußballspiels liegt
darin, daß ein rundes Spielobjekt, das ständig im Begriff ist wegzurollen und dessen Verlauf
nie vollständig berechnet werden kann, mit den Füßen diszipliniert werden muß (vgl. PARIS
1983, 152).
Fußball garantiert den Grundtonus von Identität und Differenz (SCHÜMER 1998, 170). Das in
groben Zügen immer gleiche Spiel mit seinen einfachen Regeln bringt trotz dieser Merkmale
jede Woche etwas Neues hervor, ,,aber niemand wird davon in seinem Begriffsvermögen
überfordert.'" (ebd.). Fußball ist die einzige Spielsportart, die auf nur 17 leicht zu erlernenden
Regeln
I
basiert (vgl. BAUSENWEIN 1995).
Fußball kann jeder spielen, und er ist ,,anscheinend überall ,derselbe'" (ebd., 29). Die Le-
bendigkeit des Balles, dessen Flugeigenschaften, Rundheit und freie Beweglichkeit machen
das Spiel auch deshalb so interessant, da auf den Gebrauch der Hände verzichtet wird.
Hände, so BAUSENWEIN, kontrollieren und disziplinieren den Ball. Der Ball, der nur im Flug für
kurze Zeit dem Gefangen-Sein entkommt, bleibt wie tot. Er spielt nicht mit (ebd., 36).
Fußball ist ein ,,Ereignis der Demut" (SCHÜMER 1998, 254). Nicht das Gelingen ist die Regel,
der Anhänger wird statt dessen mit Scheitern und Niederlagen konfrontiert. Ein Fußballfan ist
sich von vorneherein im Klaren darüber, ,,daß ihn beim Spiel die völlige ästhetische Pleite,
die vernichtende Niederlage, der Abstieg gar erwarten können" (ebd.). Rare Momente des
Gelingens sind die Ausnahmen, die den Fan beglücken und auf die er immer wieder von
neuem hofft. Kein anderer Sport lebt in diesem Ausmaß vom Scheitern, denn die ,,Ver-
suchsanordnung" des Fußballspiels lebt von den Mängeln des Menschen (vgl. ebd., 255).
Wird der Ball mit dem Fuß gespielt, kann er nicht in Besitz genommen werden. Der Ball ist
Mitspieler und kann selbst mit dem Menschen spielen. Er kann nie vollständig kontrolliert
werden. Das zielgerichtete Stoßen des Balles mit dem Fuß ist enorm schwierig, kann aber
von Filigrantechnikern mit hoher Perfektion durchgeführt werden. Und trotzdem ­ oder auch
deshalb - liegen im Fußball ,,geniale Kunst und hilflose Stümperei so nahe beieinander wie in
kaum einem anderen Spiel." (ebd., 44). Der Ball ist ständig dem Tritt des Gegners ausge-
setzt, kein Spieler kann sich dessen Besitz sicher sein.
,,Das durch die Ungeschicklichkeit der Füße verursachte extrem hohe Risiko
des Ballverlusts führt dazu, daß dem Fußball eine elementare Unsicherheit
und Unkalkulierbarkeit im Ablauf des Geschehens eigen ist, die sich mit
kaum einer anderen Mannschaftssportart vergleichen läßt. (...) Der Erfolg
des Fußballspiels beruht zu einem großen Teil auf einem Mißerfolg." (ebd.,
59).
Zufall innerhalb eines nicht zufälligen Rahmens wird beim Fußball inszeniert ­ der Erfolg läßt
sich nicht kaufen. Auch die größten Finanzinvestitionen in ,,Spielermaterial" und Umfeld ga-
rantieren nicht den Erfolg, wie das klägliche Abschneiden vom nur knapp dem Abstieg
I Vgl. Regelwerk der FIFA (Fédération Internationale de Football Association).

Teil II Theorie
,,Gott ist Rund" ­ Faszination Fussball
Seite 9
entgangenen Meisterschaftsanwärter BV Borussia Dortmund in der Saison 1999/2000 einmal
mehr gezeigt hat.
Fußball lebt vom Scheitern (SCHÜMER 1998, 255). Die Gesellschaft führt sich ein Spektakel
vor, bei dem die Mechanik des menschlichen Körpers immer wieder scheitern muß.
,,Der Fußballsportler, Idol des technischen Zeitalters, ist wieder zurückgewor-
fen auf die vorzivilisatorischen Gaben der Körpermotorik." (ebd., 256).
Beim Fußball verzichtet der Mensch auf seine Stärken - und das in einer Zivilisation, die die
Natur durch Maschinen beherrscht, und die nichts dem Zufall überlassen will. Fehler und
Aussetzer unserer Natur haben wir sonst fast überall behoben. Fehler sind nicht die Regel,
sondern die Ausnahme. Beim liebsten Spiel des Deutschen ist das genau andersherum. Fuß-
ball beruht auf Hoffnung, er kann eigentlich nicht gelingen, gelingt manchmal auf wunder-
same Weise aber doch.
Hierin könnte der Reiz des Massenphänomens Fußballsport begründet sein. In einer Welt, in
der alles geregelt scheint, lockt Fußball mit seiner fehlerbehafteten und völlig unspektakulä-
ren Art.
2
2 FUßBALL UND MASSENME
FUßBALL UND MASSENME DIEN
DIEN ­
­ EINE SY
EINE SY M
M BIOSE
BIOSE
2 . 1
2 . 1 A s p e k t e d e s M e d i e n k o n s u m s
A s p e k t e d e s M e d i e n k o n s u m s
Medienkonsum ist die dominierende Ideologie der Industrienationen (vgl. KRÜGER 1993, 57).
Das
Konsumieren sieht KRÜGER (ebd.) als eine ökonomische Reflexion des Narzißmus, die
Identifikation mit den Stars als narzißtischen Traum vom Ruhm. Der Wunsch nach Distinktion,
nach Abheben von der Masse Gleicher sei der tiefere Hintergrund. BETTE und SCHIMANK
(1995) reflektieren die Popularität des Mediensports vor dem Hintergrund biographischer
Diskontinuitäten - die Identifikation mit einer Sportmannschaft schaffe eine biographische
Referenzgröße und gebe Sicherheit in einer von schier grenzenloser sozialer und geographi-
scher Mobilität geprägten Welt.
WEIß (1990, 138) diskutiert dies unter dem Begriff der ,,parasozialen Interaktion" und geht
davon aus, daß Fans intensiv mit ihren Idolen fühlen und Beziehungen positiver oder negati-
ver Art zu ihnen unterhalten, obwohl sie sie nicht persönlich kennen. Durch den Konsum
massenmedialer Produkte sehen sie sich in eine andere Welt versetzt, sie treten mental aus
der realen sozialen Realität aus und hinein in eine künstliche fiktionale von stellvertretenden
sozialen Erfahrungen. Die Attraktivität und Anziehungskraft des Sports in den Medien für Re-
zipienten sieht HÜTHER (1992, 64) darin, daß hier eine Möglichkeit entsteht, ,,die eigenen
nationalen, regionalen oder lokalen Empfindungen und Sympathien auf die in den Medien
agierenden Sportler zu projizieren." Die Sportstars aus den Massenmedien sind ,,seine" Stell-
vertreter, die um Tabellenplätze, Anerkennung und Prestige kämpfen.

Teil II Theorie
Fußball und Massenmedien ­ eine Symbiose
Seite 10
2 . 2
2 . 2 D i e M a n n s c h a f t s s p o r t a r t F u ß b a l l
D i e M a n n s c h a f t s s p o r t a r t F u ß b a l l -- Magnet für ein Massenpublikum
Magnet für ein Massenpublikum
Mannschaftssportarten, und hier insbesondere Fußball, sind Magneten für ein Massenpubli-
kum. Sportveranstaltungen haben schon von jeher die breite Masse der Bevölkerung ange-
zogen. Die ,,Spiele auf Leben und Tod" im Römischen Reich (753 v. Chr. bis 476 n. Chr.), die
im 50.000 Zuschauer fassenden Kolosseum inszeniert worden sind, lebten davon, daß die
Zuschauer eng mit eingebunden waren - sie konnten über Tod oder Leben des unterlege-
nen Gladiators entscheiden (vgl. SPILLER/KATZSCHMANN 1996). Eine solch enge Einbindung
der Zuschauer gibt es heute nicht mehr. Auch die ,,Stars zum Anfassen" gehören der Ver-
gangenheit an (vgl. VON HOFFMANN 1983, 109).
Für all das bietet der Mediensport heute vielfältigen Ersatz. Er vereint über räumliche Distan-
zen Sportstars und Rezipienten in der Freude des Sieges und im Verliererschmerz, vermittelt
Hochgefühle und Enttäuschungen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene (vgl. HÜTHER
1992, 64). Nicht ohne Grund konstatiert BECKER (1983, 29), daß die Fernsehübertragung des
Triumphes der deutschen Mannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 in
Bern in eine Phase der Suche nach neuen Selbstwerten gefallen ist und so zu einem Stück
nationaler Identitätserneuerung beigetragen hat.
Die Massenmedien haben bei der Entwicklung des Fußballsports zur Unterhaltungsware eine
entscheidende Rolle gespielt. Sie sorgten für die ,,notwendige Multiplikation des Sport-
ereignisses, ohne die die kommerzielle Verwertung des Fußballs unmöglich wäre" (LUDWIG
1987, 33). Umgekehrt hat auch der Fußballsport - und hier insbesondere der bereits erwähn-
te WM-Sieg der deutschen Elf - der Entwicklung der Fernsehbranche entscheidende Impulse
gegeben, wie auch HÜTHER konstatiert:
,,Der deutschen Elf bringt das Spiel Sieg und Titel, dem deutschen Fernsehen
den Durchbruch zum Massenmedium." (HÜTHER 1992, 63).
Die Verkaufszahlen von Fernsehgeräten stiegen von diesem Tag an stetig an. Der 3:2-Sieg
über die ungarische Nationalmannschaft hat ,,nicht nur Fußball-, sondern wohl auch Fern-
sehgeschichte gemacht." (ebd., 64). Fernsehübertragungen aus Fußballstadien sind heute,
so SCHÜMER, ,,die teuersten Medieninvestitionen überhaupt. (...) Mit der Übernahme der
Senderechte durch das Privatfernsehen und der nahezu täglichen Präsentation der Spiele
als eine Art Volkszirkus hat die professionelle Ausbeutung des Fußballs für die Gemütslage
der Nation aber erst begonnen." (1998, 143). Die Realität übertrifft die kühnsten Erwartun-
gen SCHÜMERS, der einst die Vermutung äußerte, daß bald die Übertragungsrechte für gro-
ße Spiele an Privathaushalte verkauft werden würden (1998, 143) - in der Saison 2000/01
wird die Kirch-Gruppe alle Spiele der ,,gigantischen Scheinwelt Profifußball"
I
live im deut-
schen Pay-TV-Sender Premiere Sports-World zeigen.
2.2.1 Die Live-Produktion eines Dramas...
Heute jubelt und leidet eine ganze Nation mit ihren ganz persönlichen ,,Helden", so daß
selbst ein zehnfach größeres Kolosseum nicht mehr ausreichen würde, alle Fußballfans opti-
mal zu informieren und zufriedenzustellen. Genau dies ist heute die Aufgabe der Massen-
medien, die sich um die Übertragungsrechte für ein Fußballspiel nicht ohne Grund zu reißen
I
TV-Sport-Moderator Günther Jauch in einem Interview im Rahmen der Champions-League-Übertragung von RTL
am 25.10.2000.

Teil II Theorie
Fußball und Massenmedien ­ eine Symbiose
Seite 11
scheinen, denn: Das Fußballspiel ist, sobald es stattfindet, immer eine Uraufführung. Die Live-
Produktion eines Dramas (vgl. KRÜGER 1994, 28) im Stile spannenden ,,Reality-TV" ist es, was
Fußball für das Fernsehen und auch für den Hörfunk so interessant macht - die eigentlich
eher langweilige Gesellschaft sucht nach Spannung, die sie beim Zuschauen und Zuhören
finden kann.
,,Das Erlebniskorrelat des Sportcodes, die Einheit der Differenz von Sieg und
Niederlage im Sport ist Spannung. Sie ist das personale Gefühlsresultat derje-
nigen, die sich auf die Ungewißheit sportlicher Konkurrenzsituationen einlas-
sen." (BETTE 1989, 174).
Ein Fußballspiel muß nicht erst, wie Fernsehfilme und dergleichen, mit dem Drehbuch als
Leitfaden in Bild und Ton übersetzt werden. Ein Fußballspiel ist echt, eben ,,live", und hat
eine eigene und nicht kalkulierbare Dramaturgie. Dieser eigenwillige, individuelle Charakter
zieht das Publikum an. Fußball ist ein Magnet für ein Massenpublikum - unabhängig davon,
welche Bildung der Zuschauer hat, diesen Sport kann jeder verstehen, und das Zusehen
erfordert eine vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit, so daß Kommunikation unter den
Zuschauern deren Sportgenuß nicht beeinträchtigt (vgl. HOFFMANN-RIEM 1988, 13). Diese
Tatsache machen sich die Medien zueigen - jedes Ereignis im Fernsehen wird von mindes-
tens einem Kommentator, oft auch noch von einem zusätzlichen ,,Experten"
I
begleitet. Sie
,,übersetzen" dem Zuschauer das visuelle Erlebnis Fußball in eine einfache und verständliche
Sprache. Sportberichte im Hörfunk konsumieren die meisten Sportfans ,,nebenbei", während
sie einer anderen Tätigkeit nachgehen. Außerdem spricht Fußball alle Sprachen
I I
und eignet
sich aufgrund dessen zur gleichzeitigen Übertragung in mehreren Ländern (vgl. HOFFMANN-
RIEM 1988, 16). Keine andere medial verwertbare Sparte - außer der Musik - kann dies von
sich behaupten.
2.2.2 ...und die Nachbereitung durch die Presse
Des weiteren - und dies ist der Punkt, an den diese Arbeit anknüpfen wird - ist Sport die Pro-
grammsparte, die sich am besten zur ,,Zusatzverwertung" durch die Presse eignet. Eine un-
terhaltende Aufbereitung der Bundesligapartie, die ein Fußballfan live im Stadion erlebt hat,
bekommt er in SAT1 ,,ran"; die Hintergründe für das schlechte (oder gute!) Abschneiden
seiner Mannschaft und die Statements von Spielern, vom Trainer und von sonstigen Verant-
wortlichen wird er durch die Presse tags darauf im Detail erfahren.
Wer ein Spiel zeitgleich miterlebt hat, braucht dessen diskursive Aufbereitung in der Sport-
presse oder im Gespräch, um sich das Gesehene in der Zeit überhaupt erst genüßlich klar-
zumachen. Während des Spiels ist der Fan mimetisch ins Geschehen mit einbezogen ­ er
kann keine eigene, autonome, persönliche Perspektive entwickeln und sie auch nicht be-
wußt erleben. Er ist in das Geschehen involviert, die Kommunikation des Spiels läuft weiter
und läßt kein Überlegen zu (vgl. ESPOSITO 1998). Erst das durch die Medien festgehaltene,
auf- und nachbereitete Ereignis erlaubt dem Fan, über das abgelaufene Geschehen nach-
zudenken, aus einiger Distanz eine kritische Haltung zu entwickeln und eine bestimmte Posi-
tion zu beziehen.
I
Dies sind meist ehemalige Profis mit einem bekannten ,,Namen", wie bspw. Thomas Helmer (ehemaliger National-
spieler, war u.a. in Dortmund und München unter Vertrag) beim DSF während der Europameisterschaft 2000, oder
auch Trainer, wie Ulms Trainer Martin Andermatt, der ebenfalls während der EM 2000 für das Schweizer Fernsehen
DRS als Kommentator tätig war.
II
Dies gilt ganz allgemein für ,,den Sport" (vgl. HOFFMANN-RIEM 1988).

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
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3
3 ZUM WANDEL DER MEDIE
ZUM WANDEL DER MEDIE NSTRUKTUR UND DIE
NSTRUKTUR UND DIE
B E D E
B E D E U
U T U N G D E S ( F U ß B A L L
T U N G D E S ( F U ß B A L L -- )
) S P O R T S
S P O R T S
Über 20 Fernsehsender mit eigenem Vollprogramm und etwa 150 Hörfunksender sorgen
rund um die Uhr für einen stetigen Nachrichtenfluß, tagtäglich werden etwa 35 Millionen
Zeitungen verkauft (vgl. DFB 2000): Deutschland - eine gigantische Medienlandschaft.
Die Medienstruktur in der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten Jahren auf-
grund des rasanten technischen Fortschritts der Übertragungsmöglichkeiten wie beispiels-
weise der Satellitentechnik, welche die weltweite und zeitgleiche Übertragung ermöglicht,
stark gewandelt. Das duale Mediensystem schrieb seit Gründung der Bundesrepublik ein
Gleichgewicht zwischen vom politischen System kontrollierten öffentlich-rechtlichen Rund-
funk- und dem den Marktmechanismus unterworfenen Presseanbietern gesetzlich vor. Die
Aufhebung des dualen Systems am 1.1.1984 schuf die politisch-rechtlichen Rahmenbedin-
gungen für die freie Marktwirtschaft auf dem Medienmarkt (vgl. TEWES 1991, 5f; vgl. EMIG
1987, 18). Neben dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen und Hörfunk erhielten auch private
Anbieter eine Lizenz. Angebot und Nachfrage bestimmten fortan den Verkehrswert aller
medialen Produkte ­ bis heute hat sich daran nichts geändert.
Insbesondere die Berichterstattung über Sport
I
spielte eine der Hauptrollen in dieser Entwick-
lung, wie TEWES bemerkt:
,,Das eigentlich Erstaunliche dieser Veränderung ist, daß eine entscheiden-
de, vielleicht sogar die wesentliche Rolle speziell der Berichterstattung über
den Sport zukommt." (TEWES 1991, 6).
Sportberichterstattung entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als sich
Gesinnungszeitungen zu Massenblättern zu wandeln begannen. Auf der Suche nach
verkaufsfördernden Themen erwies sich der Sport für die Verlage als wahrer Glücksfund,
und in kürzester Zeit hatte sich der Sport zum selbständigen Ressort gemausert. Aus der
Wechselbeziehung von Sport und Presse ist schließlich der Publikumssport entstanden, wie
wir ihn heute kennen. Im aktuellen sozialen und kulturellen Leben nehmen Sport, Medien
und die Berichterstattung über Sport einen immer größeren Raum ein. Tatsächlich sind
Sportveranstaltungen ohne Medienpräsenz nur die Hälfte wert. Eine Großveranstaltung
kann sich in der heutigen Zeit nur dann als solche bezeichnen, wenn Massenmedien das
Ereignis übertragen, auf- oder nachzeichnen. Ansonsten hat eine Sportveranstaltung schnell
den Geschmack von Provinzialität an sich (vgl. HOFFMANN-RIEM 1988, 12).
3 . 1
3 . 1 S p o r t ü b e r t r a g u n g e n i m F e r n s e h e n
S p o r t ü b e r t r a g u n g e n i m F e r n s e h e n
Sportübertragungen waren bereits zu Zeiten, als die Allgemeinen Rundfunkanstalten
Deutschlands (ARD) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) in den Jahren 1952 bzw.
1972 den Sendebetrieb aufnahmen, sehr beliebt, doch nur eine winzige Minderheit von
27.600 Haushalten konnten 1954 ein Fernsehgerät ihr eigen nennen (vgl. SW3 2000). So ver-
folgte die Mehrzahl der Deutschen den Sieg der deutschen Elf bei der Fußball-
Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 ­ bei einer Fernseh-Einschaltquote von 100% (ebd.) - ledig-
lich am Radio, so daß Hörfunk und Printmedien als Hauptberichterstatter gelten konnten.
I
In einer ersten Annäherung wird hier ein weit gefaßter Sportbegriff zugrunde gelegt.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 13
Heute konkurrieren finanzkräftige private Fernsehanstalten wie beispielsweise SAT1, RTL und
der ehemalige ,,Frauensender" TM3 mit den ,,alteingesessenen" öffentlich-rechtlichen ganz
besonders heftig um die Übertragungsrechte der Medienware Sport. Jahr für Jahr wächst
die Zahl der Live-Übertragungen im Fernsehen stetig an, und mit DSF und Eurosport haben
gar zwei Fernsehsender den Sport als einzigen Programminhalt für sich beansprucht. Und
auch der Hörfunk ist Samstag für Samstag ,,live im Stadion"
I
.
Mit dem Abschluß des neuen Fernsehvertrages für die Saison 2000/01 zwischen dem Deut-
schen Fußball-Bund (DFB) und der Münchner Kirch-Gruppe (SAT.1, DSF, Premiere World, Pro
Sieben, Kabel 1) steht das Tor zu einem neuen Medienzeitalter weit offen - die Kirch-Gruppe
wird, wie bereits erwähnt, alle Fußball-Bundesliga-Spiele live im digitalen Bezahl-
Fernsehkanal Premiere Sports-World zeigen
I I
. Für 3 Milliarden DM sind nicht nur die Fernseh-,
sondern auch die Internet-Rechte für die kommenden vier Jahre an die Kirch-Gruppe ge-
gangen (vgl. MSO 05/2000). Dies wird vor allen Dingen bei den Spitzenvereinen der 1. Bun-
desliga ­ zur Zeit sind dies Bayern München, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und auch
Hertha BSC Berlin
I I I
- für volle Kassen sorgen
IV
.
3 . 2
3 . 2 S p o r t i n d e n P r i n t m e d i e n
S p o r t i n d e n P r i n t m e d i e n
,,Ohne Zeitung gäbe es montags keine Bundesliga."
(BDZV 2000)
V
1999 erschienen in Deutschland 337 lokale und regionale Abonnement-Zeitungen, 25 Wo-
chen-, 10 überregionale, 8 Straßen- und 7 Sonntagszeitungen (vgl. BDZV 2000). Die lokalen
und regionalen Abonnement -Zeitungen erreichten dabei eine Auflagenhöhe von 17,1 Milli-
onen (ebd.). Der Sport zählt, so BIZER (1988, 137), zum Unterhaltungsteil einer jeden Tageszei-
tung. Zudem hat der Sportjournalismus in den Printmedien ,,alle Angriffe der Konkurrenten
Fernsehen und Rundfunk glänzend überstanden" (ebd.). Sportfans nutzen Fernsehen, Hör-
funk sowie Printmedien parallel, um sich zu informieren. Dies zeigt Tabelle 1:
Medium
Angebot
Nutzung
Tageszeitung
135 publizistische Einheiten
80,5%
Hörfunk
65 Programme (ARD)
83,5%
Fernsehen
17 Sender
94,1%
Tabelle 1: Mediennutzung in der Freizeit; Gesamtbevölkerung
(Quelle: AAWG 1998)
I
Titel der Fußball-Bundesliga-Livereportage in SWR1 am Samstag nachmittag ab 16.00 Uhr.
II
Die Zusammenfassung der Bundesligaspiele wird auch in Zukunft bei SAT.1 ,,ran", also im so genannten Free-TV, zu
sehen sein. Das Rennen um die zusammenfassende Berichterstattung über das Topspiel am Samstagabend hat
das ZDF (,,Das Aktuelle Sportstudio") für sich entschieden.
III
Nach Einschätzung von Rostocks Präsident Rehberger (in einem DSF-Interview vom 17.9.2000) sind die genannten
Vereine die Clubs, die aufgrund ihrer Professionalität in Führung und Vereinsstruktur langfristig gesehen das Potenti-
al für eine Spitzenposition im deutschen Profifußball haben.
IV
Die Bundesliga erhält 80 Prozent, die 2. Liga 20 Prozent aus dem Gesamtpaket. Das bedeutet eine Garantie-
summe von 16,5 Millionen DM für jeden Erstligisten ab der kommenden Saison, etwa 6,5 Millionen DM für jeden
Zweitligaklub bei einem mittleren Wert von 750 Millionen DM. Nach einem leistungsorientierten Modell werden
darüber hinaus innerhalb der Bundesliga etwa 300 Millionen DM und innerhalb der 2. Liga 37,5 Millionen DM nach
den Plazierungen der Klubs in den zurückliegenden drei Jahren und in der laufenden Saison verteilt. Aus dem Pay-
per-view -Geschäft erhofft sich die Liga in spätestens drei Jahren zusätzlich 100 Millionen DM (vgl. MSO 05/2000).
V
Quelle: BZ vom 16. Oktober 2000, Seite 31.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 14
Wer am Samstag Nachmittag ein Bundesligaspiel ,,seiner" Mannschaft live im Stadion oder
am Bildschirm verfolgt hat, möchte tags darauf Kommentare und Hintergründe darüber
lesen. Er ergänzt gewissermaßen seine persönlichen Eindrücke durch die Betrachtungswei-
sen des Journalisten. Die Nachrichtenpresse wird also mehr und mehr in die Rolle des
Nachbetrachters von Sportveranstaltungen gedrängt; ,,die Tageszeitung muß zwangsläufig
auf das Fernsehen reagieren, nicht (...) umgekehrt" (TEWES 1991, 10), denn Fernsehen ist das
,,schnellere Medium", da es die Möglichkeit hat, Sportereignisse zeitgleich in farbigen und
bewegten Bildern zu präsentieren.
,,Das Handicap der Presse ist und bleibt (...) das Papier, auf dem die Zeitun-
gen gedruckt werden." (ebd.).
Also sind die Printmedien in erster Linie ,,Zusatzverwerter" - sie ergänzen die Berichterstat-
tung des Hör- und Fernsehfunks, und das durchaus erfolgreich. HACKFORTH und WERNE-
CKEN (1999) stellten fest, daß Sport vor allem bei der Boulevardpresse das Verkaufsargu-
ment Nummer Eins ist. Durchschnittlich 27,5 Artikel und 8,8 Abbildungen pro Ausgabe wid-
met die Tagespresse dem Sport. Rund elf Jahre zuvor kam BIZER zu dem Ergebnis, daß ca.
30 Prozent aller Zeitungsleser sich im Sportteil informieren, und folgert hieraus:
,,Der Sport ist für eine Abonnenten-Zeitung längst ein klassisches Ressort, für
eine Boulevard-Zeitung sogar ein unverzichtbares Verkaufsargument" (BIZER
1988, 138).
Würden die Tageszeitungen, allen voran die Boulevardpresse
I
, aktuelle Sportereignisse nicht
mehr berücksichtigen, so würden die Auflagenzahlen in ihrer derzeitigen Höhe wohl nicht
länger Bestand haben.
3 . 3
3 . 3 O n l i n e
O n l i n e -- Z e i t u n g e n i m I n t e r n e t
Z e i t u n g e n i m I n t e r n e t ­
­ e i n e n e u e K o n k u r r e n z f ü r d i e
e i n e n e u e K o n k u r r e n z f ü r d i e
S p o r t p r e
S p o r t p r e ss s e ?
s e ?
Wie bereits erwähnt, wird die Tageszeitung durch das ,,schnellere Medium" Fernsehen im-
mer mehr in die Rolle des Nachbetrachters von Sportveranstaltungen gedrängt. Nun wird
der Status der Presse heute nicht nur durch das Fernsehen bedroht ­ auch das neue Medi-
um Internet macht neben dem Hörfunk vor allen Dingen der schreibenden Zunft zuneh-
mend Konkurrenz.
Nach einer Umfrage des Meinungsforschers Rüdiger SCHULZ
I I
bejahten zwar insgesamt nur
zwei Prozent der Leser die Frage ,,Möchten Sie den ,Südkurier' künftig nicht mehr auf Papier,
sondern komplett im Internet?". Bei den jüngeren Internetnutzern waren dies allerdings
schon elf Prozent. Vor allem die Jüngeren zwischen 14 und 29 Jahren schauen oft gar nicht
mehr in die Zeitung und informieren sich gleich aus dem Internet. Der Leserschwund, so
SCHULZ, betrage jährlich gut ein Prozent, und nur noch gut die Hälfte der jungen Menschen
(53 Prozent) seien Zeitungsleser.
I
Sensationell aufgemachte, in großen Auflagen erscheinende und daher preiswerte Zeitungen, die v.a. zu früheren
Zeiten überwiegend im Straßenverkauf feilgeboten wurden. Die Bild-Zeitung oder auch der Kölner Express zählen
hierzu.
II
Quelle: LKZ vom 18. Oktober 2000, Seite 24.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 15
3.3.1 Der Internetauftritt des Deutschen Fußball-Bundes als Beispiel...
Da die Pressebranche kein Monopol auf die Sportberichterstattung besitzt, steht es theore-
tisch jedermann frei, das Internet für Sportinformationsgebung zu nutzen. Dies hat auch der
Deutsche Fußball-Bund (DFB) erkannt und hat zur Rückrunde der Saison 1999/2000 in Koope-
ration mit dem Dienstleister Altus Analytics AG ein Pilotprojekt gestartet - den weltweit ersten
Internet-Auftritt einer kompletten Profiliga (vgl. MSO 03/2000).
Der Schritt in ein neues Zeitalter umfaßt die Übertragung sämtlicher Spiele beider Ligen und
sorgt damit für ein üppiges Fußballangebot im Netz der Netze. Zugang erhält der Fan über
die Homepage des DFB
I
. Dort kann er unter dem Titel ,,Die Liga im Netz" über einen Hyper-
link
I I
die Begegnungen auf dem grünen Rasen in Form einer Hörfunk-Liveberichterstattung
miterleben. Auch ein ,,Live-Ticker" steht für diejenigen, deren computertechnische Ausrüs-
tung
I I I
es nicht zuläßt, sich die Hörfunkreportagen ins Haus zu holen, zur Verfügung. Darüber
hinaus kann der Fußballinteressierte rund um die Uhr Bilder seines Lieblingsteams, Mitschnitte
der Pressekonferenzen, Spielberichte, brandaktuelle News und vieles mehr auf der Home-
page bewundern.
3.3.2 ...für eine potentielle Existenzbedrohung der Pressebranche durch
das Internet?
Der Siegeszug des Internet schreitet auch in Deutschland unaufhaltsam fort, wie Abbildung
4 deutlich macht. Das Internet wird mehr und mehr zu einem echten Massenmedium. Vor
allem die private Nutzung des Webs hat stark zugenommen.
Abbildung 4: Das Internet auf dem Weg zum Massenmedium
(Quelle: MSO 04/2000)
I
www.dfb.de
II
http://www.bundesliga .de/live/default.asp
III
Um die Live-Reportagen verfolgen zu können, muß der PC entsprechend ausgerüstet sein und auf eine beste-
hende Internetverbindung zugreifen können. Hardwarevoraussetzungen: Soundkarte, Lautsprecher. Softwarevor-
aussetzungen: RealPlayer (Freeware, kostenloser Download; Hyperlink auf der Seite http://www.bundesliga.de).
1
7
2
43
6
89
13
260
32
720
1
10
100
1000
1994
1996
1998
2000
2005
in Deutschland
weltweit
in Millionen
Jahre

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 16
Die Gefahr, die sich hier für die Pressebranche verbirgt, ist offensichtlich. Fußballfans können
nun tagtäglich von einem Angebot wie dem des DFB profitieren, und die Zahl derer, die zu
Hause einen Internetzugang besitzen, nimmt stetig zu. Im Internet entstehen neue Informati-
onsmärkte mit Anbietern aus medienfremden Herkunftsbereichen. Der Journalismus verliert
so mehr und mehr seine Funktion als Vermittler - auch im Bereich des Sports (vgl. NEUBERGER
2000).
Das Internet ist, so SENNEWALD, ein neuer ,,Träger für die Übertragung von presseähnlichen
Inhalten (...), die in einer regelmäßigen Folge erscheinen, sich an eine Öffentlichkeit wen-
den, für jedermann potentiell zugänglich sind und einen Gegenwartsbezug haben" (1998,
96). Einem solchen Medium können und wollen die Tageszeitungen keinesfalls kampflos das
Feld überlassen, denn das Internet bietet nicht nur neuen und bestehenden Anbietern die
Möglichkeit, den Medienunternehmen ­ und hier insbesondere der Printmedien - Konkurrenz
zu machen, sondern es kann im Extremfall zu einer Bedrohung der Pressebranche werden
(ebd., 163).
PIPER
I
fragt provokativ:
Wozu noch Wälder abholzen, aus den Baumstämmen in einem umwelt-
schädlichen Prozeß Papier erzeugen, das dann mit Druckerschwärze be-
schmieren, nur um ein Produkt zu haben, das nach einem Tag weggeworfen
wird - wenn man die Nachrichten genausogut mit ein paar Klicks der Com-
putermaus zu den Leuten bringen kann? Wozu braucht es noch Verleger
und Journalisten, wenn im Grunde alle Menschen Verleger und Journalisten
sein können? (PIPER 1996, 35).
Wieso das alles ­ in einer Zeit, in der die Zahl derer, die einen Computer ihr eigen nennen,
stetig ansteigt, wo es dank schneller Datenleitungen und frei verfügbarer Informationen
möglich ist, Zeitungen mit mengenmäßig unbegrenztem Inhalt praktisch ohne Transport-
und Druckkosten zu jedem einzelnen nach Hause zu schicken? Computernetzwerke sind,
wie im folgenden noch zu sehen sein wird, hinsichtlich Aktualität, Individualisierungsmöglich-
keiten der Nutzung und Interaktivität wohl ohne Konkurrenz.
SENNEWALD ist der Frage, wie Tageszeitungen mit der rasanten Entwicklung des Internet
umgehen, in ihrer 1998 erschienenen Dissertation
I I
nachgegangen und hat festgestellt, daß
einige Verlage bereits mit umfassenden Internet-Aktivitäten auf die Entwicklung des ,,Hyb-
rid-Medium[s] zwischen Presse und Rundfunk" (1998, VI) reagiert haben, ,,andere wiederum
halten an tradierten Vorstellungen fest und versäumen es, sich dem neuen Medium
anzupassen." (ebd., 1). Die Verlage erkennen in dem neuen Medium Chancen und Risiken
für das eigene Unternehmen. Obwohl die Zahl der erreichbaren Leserschaft momentan
noch relativ gering ist und diese sich zu einem Großteil aus einer elitären männlichen Clique
zusammensetzt (vgl. SCHOLZ 2000), zudem die Werbeeinnahmen nur spärlich fließen und
die zukünftige Entwicklung des Netzes ungewiß ist - sie ziehen fast alle mit. Die mittelfristigen
Perspektiven sind es, die locken. Das Motto könnte lauten: ,,Wer etwas auf sich hält, präsen-
tiert sich im Netz".
I
PIPER, N.: Chaos am virtuellen Kiosk. In: DIE ZEIT vom 5. Mai 1996, S.35.
II
Leider ist die Forschungslage zur Sportberichterstattung im Internet noch äußerst dürftig, so daß auf diese nicht auf
den Sport bezogene Arbeit zurückgegriffen werden mußte.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 17
Zu den oberflächlichen Prestigegründen, die weite Teile der Unt ernehmenswelt erfaßt ha-
ben, kommt bei den Verlagen ein als Zwang des Marktes empfundener Antrieb hinzu, der
sie zu den Investitionen auf unbekanntem Gebiet antreibt.
,,Die meisten Zeitungsverlage wollen mit ihrem Online-Engagement regiona-
le Informations- und Kommunikationszentren schaffen, um das Eindringen
branchenfremder Anbieter in ihre angestammte Leser- und Anzeigenmärkte
zu verhindern. Sie setzen auf regionale Inhalte, optisch attraktive Gestaltung,
aktuelle Nachrichten, maßvolle Unterhaltung und größtmöglichen Service."
(RIEFLER 1996, 539).
NEUBERGER bedauert die Tatsache, daß das Internet trotz zahlreicher Onlineangebote von
Presse- und Rundfunkunternehmen bisher kaum zur Erweiterung der publizistischen Vielfalt
beiträgt.
,,Auch aktuell-informierende Angebote [verfügen] kaum über exklusive Bei-
träge, sondern verwerten Inhalte mehrfach (...). Inzwischen sind fast alle Ta-
geszeitungen im Internet vertreten, wobei der Schwerpunkt wie bei den
Printtiteln auf der Lokalberichterstattung liegt." (NEUBERGER 2000).
Mittlerweile sind rund 185 Tageszeitungen online
I
(vgl. BDZV 2000) und bieten eine erstaunli-
che Vielfalt an Service-Leistung, Aufbereitung von Nachrichten und layout-technischer Ges-
taltung. Online-Tageszeitungen sind im Gegensatz zur papierenen Mutter in der Regel mit
einem umfassenden interaktiven Dienstleistungs-Angebot ausgestattet. Das beinahe schon
obligatorische Archiv mit Gratis-Volltext-Recherche, das fast jede Online-Zeitung zur Verfü-
gung stellt, führt den Websurfer zu sportbezogenen Inhalten.
3.3.3 Eigenschaften, Vor- und Nachteile virtueller und ,,herkömmlicher"
Pressepr odukte
Das gedruckte Produkt ist zentrales Charakteristikum der Presse, das im Internet zwangsläu-
fig verloren geht - presseähnliche Produkte im Internet sind virtuelle Massenmedien. Sie sind
nicht echt, nicht in Wirklichkeit vorhanden, erscheinen aber ,,echt" in Gestalt elektronischer
Zeichen.
Die wesentlichen Merkmale virtueller Presseprodukte hat SENNEWALD (1998, 96) zusam-
mengestellt. Sie zeichnen sich aus durch Dynamik, da das Hypertext-Prinzip der pressety-
pisch starren Erscheinungsform ,,Leben" gibt, und durch Selektivität, da der Nutzer Inhalte,
die ihn nicht interessieren, von vorneherein ausschließen kann. Jeder Nutzer kann des weite-
ren Informationen senden und auch empfangen (Interaktivität). Zeitliche Disponibilität und
Aktualität sind weitere Stärken, da die Angebote rund um die Uhr verfügbar sind und jeder-
zeit abgerufen werden können. Der größte Vorteil der virtuellen Massenmedien ist wohl die
Multimedialität - Audio-, Video- und gedruckte Inhalte können mit- und untereinander be-
liebig und ohne Einschränkung verknüpft werden.
I
Stand 10.Mai 2000

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 18
Die folgende Tabelle zeigt einen Vergleich von Eigenschaften virtueller Massenmedien mit
jenen der traditionellen Presse:
Merkmal
Zeitung
Virtuelles Massenmedium
Periodizität
Mindestens einmal in der Woche,
höchstens zweimal täglich
beliebig
Aktualität
Tagesaktualität
Unmittelbare Aktualisierung
Publizität
An die Öffentlichkeit gerichtet und potentiell für jedermann zugänglich
Dynamik
Starres Erscheinungsbild
Beliebige Verknüpfung von Inhalten
Selektivität
Inhalte werden von den Verlagen
vorselektiert
Rezipient kann Inhalte selektieren, Recher-
chemöglichkeit
Multimedialität
Text; Bild und Grafik nur begrenzt
Audio, Video, Text, Bild und Grafik
Interaktivität
Nur zeitlich versetzt, Medienwechsel
(Post, Telefon, Fax)
Nahezu zeitgleich, ohne Medienwechsel
Disponibilität
Örtlich und zeitlich unbegrenzt
Zeitlich unbegrenzt, örtlich eingeschränkt
Tabelle 2: Virtuelle Massenmedien im Vergleich zur traditionellen Presse
(Quelle: SENNEWALD 1998, 98)
3 . 4
3 . 4 D i e M e d i e n s i t u a t i o n h e u t e u n d m o r g e n
D i e M e d i e n s i t u a t i o n h e u t e u n d m o r g e n ­
­ F a z i t u n d A u s b l i c k
F a z i t u n d A u s b l i c k
Die Medien spielen zunehmend eine aktive und einflußreiche Rolle in der Vermarktung und
damit in der Instrumentalisierung des Sports im allgemeinen und des Fußballs im besonde-
ren. Von hoher Relevanz sind die generell aus der Kommerzialisierung
I
und im speziellen aus
der ,,Mediatisierung"
I I
erfolgenden Popularisierungs- und Inszenierungstendenzen. Im stren-
gen Wettbewerb des Mediensports setzen Sportveranstalter, Vermarkter und Medien vor-
nehmlich auf Massenattraktivität als Garant für publizistisch-ökonomischen Erfolg. Dies steht
in engem Zusammenhang mit der forschreitenden Inszenierung des kommerzialisierten Profi-
fußballs, welche auf Unterhaltungs- und Konsumbedürfnisse ausgerichtet ist. Boulevardisie-
rung
I I I
, Fiktionalisierung
IV
und Entertainisierung
V
sind maßgebliche Trends der Verwertung
(fußball-)sportlichen Geschehens.
Vielfach ist in der Vergangenheit die Befürchtung laut geworden, daß der medial aufberei-
tete Sport hierdurch an Popularität einbüßen könnte. Fußball würde zu Tode gesendet, die
Zuschauer würden aufgrund Übersättigung dem Fernsehfußball den Rücken kehren, heißt es
immer wieder
VI
. Die pessimistische Prognose scheint so alt wie der Fußball als Fernsehsport
selbst zu sein. Doch entgegen aller Befürchtungen setzt Fußball vor allem bei den TV-
I
Kommerzialisierung: kulturelle Werte werden wirtschaftlichen Interessen untergeordnet und dem Gewinnstreben
dienstbar gemacht (vgl. DUDEN Das Fremdwörterbuch 1997).
II
Eigentlich: ,,mittelbar machen" (vgl. DUDEN Das Fremdwörterbuch 1997); hier: verstärkte mediale Präsenz des
kommerzialisierten Leistungs- und Hochleistungssports mit dem Ziel, die Sportereignisse einem Massenpublikum
zugänglich zu machen.
III
Von ,,Boulevardjournalismus" bzw. Boulevardzeitungen: Sensationell aufgemachte, in großen Auflagen erschei-
nende und daher preiswerte Zeitungen, die v.a. zu früheren Zeiten überwiegend im Straßenverkauf feilgeboten
wurden (Bild-Zeitung, Kölner Express).
IV
Von Fiktion, fiktiv: nicht wirklich, nicht echt. Nur in der Vorstellung existent.
V
Entertainment: Unterhaltung.
VI
Von Zeit zu Zeit fällt diese ,,unendlich" anmutende Diskussion dem aufmerksamen Leser bzw. Fernsehzuschauer
auf. Das Thema scheint immer dann bevorzugter Gegenstand der Berichterstattung zu sein, wenn bspw. die Über-
tragungsrechte für die Bundesliga oder für die internationalen Wettbewerbe an einen anderen Fernsehsender
gegangen sind, oder auch dann, wenn Änderungen im Spielmodus v.a. internationaler Wettbewerbe beschlossen
werden, die ein ,,Mehr" an Fernsehfußball bedeuten könnten.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 19
Zuschauern weiblichen Geschlecht seinen Siegeszug fort. Nach einer repräsentativen Forsa-
Umfrage der Zeitschrift ,,Fit for Fun" ziehen 21 Prozent das Fußballspiel allen anderen Sportar-
ten vor
I
. Daß jegliche Schwarzmalerei unbegründet ist, stellt auch HACKFORTH
I I
fest:
,,Noch nie war die sportbezogene Nachfrage in Deutschland höher als 1999,
noch nie zuvor ist so viel Sport im TV gesendet worden. Immer noch gehören
Sportübertragungen zur größten Gruppe in den TOP 100 eines jeden Jahres.
Die Freizeit- (Sport-) und Informationsgesellschaft wird sicher im nächsten
Jahrtausend für weitere Expansionen sorgen." (HACKFORTH 2000).
Ein Blick in die mediale Zukunft dieser Freizeit-, Sport- und Informationsgesellschaft könnte in
etwa so aussehen:
Alle Medien werden zwar ihre spezifischen Eigenschaften, ihre Vor- und Nachteile behalten,
aber gleichzeitig verwischen die Grenzen zwischen ihnen. Alles wird miteinander vernetzt
und über den PC verfügbar. Die neuen Datenautobahnen und die Digitalisierung der Über-
tragungswege für Hörfunk- und Fernsehprogramme sorgen für eine dynamische Expansion
des Informations- und Unterhaltungsangebots.
Den Printmedien kommt auch in Zukunft eine bedeutsame Aufgabe zu. Tages- und auch
Wochenzeitungen haben in einer Zeit, in der die Erlebniswelt und die Wahrnehmungsdichte
der Menschen immer dramatischer vom Fernsehen geprägt wird
I I I
, die Chance, das Wissen
und Verständnis um die Hintergründe von Ereignissen und Entwicklungen zu vertiefen und
durch Informationen und Interpretationen für Orientierung zu sorgen. So gesehen haben
Printmedien, auch wenn sie als Online-Dienste auf dem häuslichen PC abrufbar sind,
durchaus eine Zukunft. Sie dienen als Orientierungspunkte in der Masse elektronischer Infor-
mationen.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß das Mediensystem der Bundesrepublik durchaus vielfäl-
tige Möglichkeiten zur Information bietet (vgl. Abb. 5).
Abbildung 5: Schöne neue Medienwelt
(Quelle: MSO 06/2000)
I
Quelle: BZ vom 18. Oktober 2000, Seite 20.
II
Quelle: DIE WELT vom 3. Januar 2000.
III
Das Fernsehen ist mit 199 Minuten pro Tag das mit Abstand am meisten genutzte massenmediale Angebot (vgl.
HACKFORTH 1999).
393 Tageszeitungen
24 Wochenzeitungen
1.089 Fachzeitschriften
107 bundesweite und regionale
Fernsehprogramme
236 lokale, regionale und öffentlich-
rechtliche Hörfunkprogramme
191 publizistische Online-Angebote
Quelle: Zentralverband der deutschen Werbewirt schaft.

Teil II Theorie
Zum Wandel der Medienstruktur und die Bedeutung des (Fußball-) Sports
Seite 20
Ein im Vergleich zu manch anderem Land reiches Zeitungs- und Zeitschriften-, Hörfunk- und
Fernsehangebot, das in Kombination mit Online-Diensten und dem PC noch vielfältiger
werden wird, steht zur Verfügung, wie Abbildung 5 illustriert. Es muß nur - und dies ist die gro-
ße Herausforderung für alle, die in irgendeiner Art und Weise in diesem System mitwirken
und für sein Funktionieren verantwortlich sind - richtig genutzt werden und darf keinesfalls ins
wissenschaftliche Abseits gedrängt werden. Auch die Sportwissenschaft und vor allen Din-
gen ihre Teildisziplin Sportpublizistik muß sich angesichts der medialen Präsenz des Sports
dieser Herausforderung stellen. Doch ,,Sport in den Massenmedien" war lange Zeit ein nicht
sehr beliebtes Arbeitsfeld (vgl. GÖDEKE 1976, 9).
,,Im Bereich der Kommunikationswissenschaften (...) genießen Untersuchun-
gen über den Sektor ,Sport in den Massenmedien` Seltenheitswert" (QUANZ
1974, 1).
Das wissenschaftliche Interesse an diesem Forschungsfeld hat seit den 1970er Jahren ohne
Zweifel zugenommen, wie im folgenden zu sehen sein wird.
4
4 SPORTMEDIEN UND MEDI
SPORTMEDIEN UND MEDI ENSPORT
ENSPORT ­
­ ZUM STAND
ZUM STAND
D E R F O R S C H U N G
D E R F O R S C H U N G
Die Feststellung von QUANZ (vgl. Abschnitt 3.4 in Teil II) trifft heute sicherlich nicht mehr zu.
Zahlreiche Sammelbände, Monographien, Dissertationen und auch Examensarbeiten sind
inzwischen verfügbar. Sie thematisieren den Sport im Hörfunk, in der Printberichterstattung
und im TV, sie befassen sich mit der Sprache und den Geschichten des Sports, und sie be-
leuchten die Situation am Beispiel einzelner Sportarten. Einige Autoren haben bereits Sam-
melbände zum Thema ,,Sportberichterstattung" herausgegeben. Der folgende Abschnitt
stellt die aktuelle Forschungssituation im Überblick dar.
4 . 1
4 . 1 V e r ö f f e n t l i c h u n g e n
V e r ö f f e n t l i c h u n g e n z u m T h e m a i m Ü b e r b l i c k
z u m T h e m a i m Ü b e r b l i c k
Sammelbände
Ein Klassiker schlechthin ist das von DIGEL 1983 publizierte Buch ,,Sport und Berichterstat-
tung". Er zeigt die Beziehung zwischen Sport und Massenmedien aus der Sichtweise von 12
Experten auf. Unter dem Titel ,,Sport und Massenmedien" haben HACKFORTH und WEI-
SCHENBERG 1978 einen weiteren Sammelband zum Thema herausgegeben. Im Vorder-
grund stehen die Geschichte der Sportkommunikation, die Sprache, die Situation der Sport-
berichterstattung in den Massenmedien, Struktur und Funktion der Sportkommunikatoren
sowie spezifische Probleme des praktischen Sportjournalismus.
1988 ist der von TEWES als ,,wichtigste Veröffentlichung der letzten Jahre auf diesem Gebiet"
(TEWES 1992, 20) bezeichnete Sammelband ,,Neue Medienstrukturen ­ neue Sportberichter-
stattung?" erschienen. Namhafte Autoren ­ u.a. HACKFORTH, BINNEWIES, WEISCHENBERG,
BLÖDORN und EMIG ­ haben die Klage von J. HENNIG (1988, 9), daß die ,,wissenschaftliche
Bearbeitung des Themas Sportberichterstattung (...) über weite Strecken unv erändert defizi-

Teil II Theorie
Sportmedien und Mediensport ­ zum Stand der Forschung
Seite 21
tär" erscheine, aufgegriffen und nach einer gründlichen Bestandsaufnahme die journalisti-
sche Praxis eingehend beleuchtet. Ausgewählte Aspekte der Sportpublizistik stehen im Vor-
dergrund des Bandes von KRÜGER und SCHARENBERG (1993). Unter dem Titel ,,Wie die Me-
dien den Sport aufbereiten" präsentieren die Herausgeber Studien zu Themen wie Sport in
den elektronischen Medien, Mittel der Medienbindung des Zuschauers, Tageszeitungen,
andere Printmedien sowie Berichterstattung am Beispiel einzelner Sportarten.
Das ,,ABC des Sportjournalismus" stammt von HACKFORTH und FISCHER (1994). Der Sam-
melband umfaßt sämtliche Facetten der Sportberichterstattung ­ der Journalist, die Spra-
che des Sports und Sportagenturen stehen ebenso im Blickpunkt wie Sport in der Tageszei-
tung, in der Zeitschrift, im Hörfunk und im Fernsehen. Auch Public Relations und Sportsponso-
ring kommen nicht zu kurz. ,,Verkaufen die Medien die Sportwirklichkeit?" fragen TROSIEN
und DINKEL (1999) provokativ. Der Sammelband faßt die Themen des 2. Heidelberger Sport-
busineß-Forums von 1998 zusammen und bietet einen Überblick über die Sport-Medien-
Landschaft an der Schwelle zum neuen Jahrtausend.
Sportsprache
DANKERT hat mit seiner bereits 1969 erschienenen Arbeit die Struktur der Fußballsprache und
den Stil der Sportberichterstattung unter die Lupe genommen (vgl. DANKERT 1969). Auch
FINGERHUT hat sich mit der Fußballberichterstattung befaßt und zeigt anhand der Berichter-
stattung in der ehemaligen DDR und der BRD Entwicklungstendenzen der deutschen Ge-
genwartssprache auf (vgl. FINGERHUT 1991).
Zum Selbstverständnis von Sportjournalisten
WEISCHENBERG hat den Journalisten an sich näher betrachtet und Struktur, Funktion und
Bedingungen des Sportjournalismus auf historisch-soziologischer Ebene untersucht (vgl. WEI-
SCHENBERG 1976). Er hat Dissonanzen im Selbstverständnis von Sportjournalisten festgestellt,
deren geringer Ausbildungs- und Bildungsstand sich als gravierend erweist.
Medienwirkungsforschung
VOM STEIN prüft die mittelbaren Wirkungen der Massenmedien auf den Spitzensport und
kann belegen, daß sich der Leistungsdruck auf den Sportler ungemein gesteigert hat (vgl.
VOM STEIN 1988a).
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Vereinen
Untersuchungsgegenstand der Arbeit von THIEM (1988) ist die funktionale Presse- und Öf-
fentlichkeitsarbeit des Fußball-Bundesliga-Vereins BVB Dortmund. Die Studie beleuchtet den
institutionalisierten Interaktionsprozeß zwischen den Funktionären des Systems Bundesliga-
verein und jenen des Systems Zeitungsredaktion. Die Ergebnisse seiner empirischen Studie
zeigen, wie groß die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Berichterstattung der lokalen und
regionalen Tageszeitungen ist, und in welchem Ausmaß tatsächlich von Wirkungen der Ver-
eine auf die redaktionelle Kommunikation gesprochen werden kann. Das aufgrund Befra-
gungen, Beobachtungen und Analysen nachgewiesene große publizistische Defizit auf die-
sem Sektor führt er auf mangelnde Professionalität zurück.

Teil II Theorie
Sportmedien und Mediensport ­ zum Stand der Forschung
Seite 22
Narrative Aspekte
I
der Sportreportage
Der Sportreporter M. ZIMMERMANN befaßt sich - ausgehend von praktischen Aufgabenstel-
lungen, mit welchen ein Sportjournalist konfrontiert wird - mit der Form der Sportreportage. Er
zeigt, wie ,,Geschichten" des Sports entstehen, wenn das ihm zur Verfügung stehende Ma-
terial besonderen Darstellungsmodi und Kompositionsregeln unterworfen wird (vgl. BO-
SCHERT/GEBAUER 1996, 12).
Sport im Hörfunk und im Fernsehen
GÖDEKE war Mitte der 1970er Jahre einer der ersten, der Sport im Rundfunk thematisiert hat
(vgl. GÖDEKE 1976; 1978). WARZELHAN hat vier Jahre später die Sportberichterstattung im
regionalen Hörfunk am Beispiel von Radio Kurhessen (vgl. WARZELHAN 1993, 93ff) unter-
sucht. PRÜFERS Arbeit vermittelt einen allgemeinen Überblick über die Situation des Sports
im Hörfunk (vgl. PRÜFER 1988, 343ff), und HACKFORTH hat in seiner Dissertation die Sportbe-
richterstattung im Fernsehen näher beleuchtet (vgl. HACKFORTH 1975). Sport im Fernsehen
ist vor allen Dingen aufgrund der Diskussion über die Vermarktungsrechte des Spitzenfuß-
balls ein viel beachtetes Thema, wie die große Anzahl vorliegender Untersuchungen zu die-
sem Thema zeigt (vgl. bspw. ZUCK 1998; TETTINGER 1998; SUMMERER 1994).
Sportberichterstattung in den Printmedien
Zu den Klassikern dieses Forschungsfeldes zählt zum einen die Arbeit von QUANZ, welcher 29
Ausgaben der Bild-Zeitung, die während der Olympischen Spiele 1972 in München erschie-
nen sind, analysiert hat, um den Einfluß der Sportberichterstattung auf den Leser und damit
die politische Relevanz der Massenmedien im Sinne einer Ideologiekritik aufzuzeigen. Zum
anderen ist jene von BINNEWIES zu nennen, welche sich mit dem Sport in der Tageszeitung
befaßt (vgl. BINNEWIES 1975). BINNEWIES analysiert die Sportteile von neun verschiedenen
Tageszeitungen aus der gesamten Bundesrepublik und setzt die Analyseergebnisse in Korre-
lation zu Fakten aus dem Bereich der Sportpraxis.
Den ,,Frauensport in der Tagespresse" hat M.L. KLEIN 1986 unter die Lupe genommen. Die
Untersuchung von vier bekannten Tageszeitungen des Jahrgangs 1979 zur sprachlichen und
bildlichen Präsentation von Frauen in der Sportberichterstattung hat ergeben, daß dem
Frauensport gegenüber dem Männersport ein wesentlich geringerer Flächenanteil zu-
kommt. Es wird eine Sportmythologie transportiert, die den (Hochleistungs-) Sport vorrangig
als männlich besetzten Raum definiert. EMIGS Input-Output-Analyse mit dem Titel ,,Barrieren
eines investigativen Sportjournalismus" vergleicht das Nachrichtenangebot von Agenturen
mit deren Bearbeitung durch Zeitungsredaktionen und mit dem Abdruck in den verschie-
denen Zeitungen (vgl. EMIG 1987).
Eine sozialwissenschaftliche Explorationsstudie von LUDWIG (1987) untersucht die Beziehun-
gen zwischen Sportjournalisten und Profi-Fußballvereinen. Ausgehend von einer Analyse der
Sportberichterstattung und einer theoriegeleiteten Betrachtung des Profifußballs beleuchtet
LUDWIG das Beziehungsgeflecht am Beispiel des Bundesligisten BVB Dortmund und bietet
Einblicke in das Handeln von Journalisten und Vereinsführung. MÖWIUS (1988) analysiert am
Beispiel der Berichterstattung der Tageszeitungen im Kommunikationsraum Moers die Nut-
I
Narrativ meint erzählend, in erzählender Form darstellend. Von Narrativik: Forschungsbereich, bei dem man sich
mit der Kunst des Erzählens (als Darstellungsform), der Struktur von Erzählungen befaßt (vgl. DUDEN Das Fremdwör-
terbuch 1997).

Teil II Theorie
Sportmedien und Mediensport ­ zum Stand der Forschung
Seite 23
zungsmotive der Leser der lokalen Sportteile. Berücksichtigt werden die Merkmale der Leser-
schaft, die Erwartungen an den Lokalsportteil sowie der Bedarf nach weitergehender Be-
richterstattung.
TEWES untersucht in seiner Dissertation 1991 den ,,Sport in der Tageszeitung zwischen Bil-
dungs-Journalismus, Unterhaltungs-Journalismus und 1:0-Berichterstattung" am Beispiel von
acht deutschen Tageszeitungen. Die zentrale Fragestellung der Untersuchung lautet: ,,Nach
welchen Regeln konstruiert die Tageszeitung den Sport als Medienthema?" (TEWES 1991,
12). Dieser Frage geht TEWES mit Hilfe von drei hierarchisch geordneten Feinkategorien
(,,Thematisierung", ,,Hintergrund" und ,,Interpretation") sowie zehn sportspezifisch definierten
Hauptkategorien (,,Leistung", ,,Kommerzialisierung", ,,Medizin" usw.), deren Häufigkeiten ihm
als Interpretationsgrundlage dienen, auf den Grund.
Anhand einer Untersuchung des Sportteils der Zeitschrift ,,Der Spiegel" hat BOSCHERT zwei
Erzählweisen herausgearbeitet. Die Darstellung von Athleten erfolgt in Form von Helden-
bzw. Anti-Heldengeschichten, die beide eine mythisch überhöhte Sportlerfigur konstruieren
(
vgl. BOSCHERT/GEBAUER 1996, 12). Das Drama, der Mythos und der Held machen ,,ein kol-
lektives Imaginäres erkennbar" (ebd.). A. HAAG hat in seiner Magisterarbeit den Schwer-
punkt auf die Publikums- und Rezipientenforschung für den Bereich der lokalen Sportbe-
richterstattung gelegt. Leser wurden zu ihrem Nutzungsverhalten befragt, und eine quant i-
tative Inhaltsanalyse des Lokalsportteils zweier Tageszeitungen macht die Einordnung der
Ergebnisse aus der Befragung möglich (vgl. HAAG 1997).
Sportberichterstattung am Beispiel einzelner Sportarten
THIELE (1993) hat sich mit der Berichterstattung über die Offenen Australischen Tennismeis-
terschaften von 1992 befaßt. Mit Hilfe der Inhaltsanalyse analysiert THIELE 229 Tageszeitun-
gen und Zeitschriften sowie 136 Stunden Fernsehmaterial des Kölner Privatsenders RTL plus.
SCHARENBERG (1993) geht der Frage nach, wie Kunstturnen durch die Medien betrachtet
wird. Sie versucht anhand geeigneter Literatur zu ergründen, ob Wandlungen oder aber
Kontinuität die Berichterstattung über das Kunstturnen kennzeichnen.
4 . 2
4 . 2 A n m e r k u n g e n z u m S t a n d d e r F o r s c h u n g
A n m e r k u n g e n z u m S t a n d d e r F o r s c h u n g
4.2.1 Presseähnliche Inhalte im Internet sind bisher nicht Gegenstand
sportwisse nschaftlicher Forschung
Die sportwissenschaftliche bzw. sportpublizistische Forschung scheint der rasanten Entwick-
lung des Internet in den letzten Jahren (vgl. hierzu Abbildung 4) hinterherzuhinken. Dies trifft
vor allem auf das Internet in seiner Rolle als Träger presseähnlicher Inhalte zu - auch neuere
Untersuchungen zum Thema ,,Sportmedien und Mediensport" (vgl. Abschnitt 4.1, Teil II) be-
fassen sich ausschließlich mit den Inhalten traditioneller Presseprodukte. Und das, obwohl
inzwischen rund 185 deutsche Tageszeitungen online
I
sind (vgl. BDZV 2000) und diese gar, im
Gegensatz zur ,,herkömmlichen Zeitung", mit einem umfassenden interaktiven
Dienstleistungs-Angebot ausgestattet sind. Es scheint daher notwendig zu sein, auch einmal
eine solche Online-Zeitung inhaltlich näher zu betrachten. Dies soll in dieser Arbeit gesche-
hen.
I
Stand 10.Mai 2000

Teil II Theorie
Sportmedien und Mediensport ­ zum Stand der Forschung
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4.2.2 Das quantitative Forschungsparadigma dominiert
Ein weiterer Aspekt wird beim Studium der vorhandenen Literatur zur Sportpublizistik-
Forschung (vgl. Abschnitt 4.1, Teil II) deutlich - nahezu alle oben angeführten Studien basie-
ren auf quantifizierenden Verfahren.
BINNEWIES (1975) beispielsweise bevorzugt die quantitative Inhaltsanalyse, da die Forde-
rung nach Objektivität es notwendig mache, bei der Kategorisierung nur den manifesten
Inhalt der Kommunikation zu berücksichtigen. Das ,,Zwischen-den-Zeilen-Lesen" sei zu ver-
meiden, damit unkontrollierbare subjektive Interpretationen ausgeschlossen werden können
(vgl. BINNEWIES 1975, 27). Dementsprechend sind auch die Ergebnisse der Studie in Rang-
folgen und Prozentzahlen dargestellt - er analysiert die Tageszeitungen beispielsweise da-
hingehend, wie hoch die prozentualen Anteile der Sportarten liegen, die am meisten be-
rücksichtigt wurden (vgl. BINNEWIES 1975, 89), oder wie hoch der Anteil der sportbezogenen
Rubriken ,,Bilder", ,,Kommentar" und ,,Feature" in den verschiedenen Zeitungen ist.
Die Arbeit von KLEIN (1986) konzentriert sich darauf, den Flächenanteil von Berichten über
Frauensport in der Tageszeitung zu berechnen. Geringere Text-, Bild- und Überschriftgrößen
sowie ein geringer Flächenanteil (nicht einmal 7 Prozent) sollen belegen, daß Frauensport
im Sportteil eine Randerscheinung ist (vgl. KLEIN 1986, 113ff). Und auch A. HAAG (1997) be-
rechnet Flächenanteile der lokalen Sportberichterstattung bzw. jene einzelner Sportarten.
Die Ergebnisdarstellung erfolgt konsequenterweise in Quadratzentimetern bzw. im prozen-
tualen Anteil an der Gesamtfläche.
TEWES (1991) konstruiert ein aufwendiges Kategorienschema, das er sehr stark an den Güte-
kriterien der Validität und Reliabilität orientiert. Aus diesem Grunde wohl verliert er sportim-
manente Zusammenhänge teilweise aus dem Blick
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. Auch die Ergebnisfindung orientiert sich
stark an dem Kriterium der Gültigkeit (vgl. TEWES 1991, 151f). THIELE (1993) analysiert mit Hilfe
der quantitativen Inhaltsanalyse Tageszeitungen, Zeitschriften sowie Fernsehmaterial und
errechnet bspw. Anteile der Sendezeiten in Minuten, den Anteil der Werbung an der Ge-
samtsendezeit, Zeilenanteile in den Printmedien und Redeanteile der Kommentatoren.
Sportberichterstattung im regionalen Hörfunk am Beispiel von Radio Kurhessen hat WARZEL-
HAN (1993) untersucht - ebenfalls mit Hilfe quantifizierender Methoden.
Lediglich drei Autoren wählen keine quantifizierende Methodik. SCHARENBERG (1993) ver-
sucht mit Hilfe einer Interpretation geeigneter Literatur die Berichterstattung über das Kunst-
turnen zu erforschen. BOSCHERT (1996) untersucht die narrativen Aspekte der Berichterstat-
tung des Nachrichtenmagazins ,,Der Spiegel", und ZIMMERMANN (1996) versucht zu er-
gründen, wie die Geschichten des Sports beschaffen sind und wie sich die Realität des
Sports in den Medien darstellt.
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Beispielsweise zählt er die Dimension ,,Mannschaftsaufstellung" zur Kategorie ,,Organisation", die Dimensionen
,,Erfolg", ,,sportliche Karriere" und ,,Ersatzmann" aber ordnet er der Kategorie ,,Leistung" zu (vgl. TEWES 1991, 137ff).
Das Ganze nimmt (nach Ansicht der Verfasserin) einen recht willkürlich anmutenden Charakter an. Elemente, die
voneinander abhängen und sich gegenseitig bedingen, die im ,,wirklichen" Sportgeschehen untrennbar zusam-
mengehören, werden völlig aus dem Zusammenhang gerissen, voneinander isoliert und zu ebenso willkürlich schei-
nenden neuen Dimensionen zusammengefaßt. Es kann dem ,,Fußballpraktiker" nämlich nicht einleuchten, wieso
z.B. der ,,Ersatzmann" zur Dimension der ,,Leistung" gehören, die ,,Mannschaftsaufstellung" in ihrer Eigenschaft als
,,Organisation" aber den ,,Ersatzmann" nicht beinhalten soll.
In der Arbeit von TEWES sind zahlreiche derartige Ungereimtheiten zu finden, die der Autor wohl allein zugunsten
der Gütekriterien Reliabilität und Validität in kauf genommen hat. Die Frage bleibt, wo der ,,Sinn" eines solchen
Vorgehens liegen soll.

Teil II Theorie
Grundlagen für eine systemtheoretische Rahmenkonzeption
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5 GRUNDLAGEN FÜR EINE
GRUNDLAGEN FÜR EINE SYSTEMTHEORETISCHE
SYSTEMTHEORETISCHE
R A H M E
R A H M E N
N K O N Z E P T I O N
K O N Z E P T I O N
In Abschnitt 4.2 von Teil II wurde herausgestellt, daß inhaltsanalytische Untersuchungen in
der Sportwissenschaft bzw. Sportpublizistik zum überwiegenden Teil auf einem quantitativen
Forschungsparadigma
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basieren. Auf der Basis von Vorüberlegungen im nun folgenden Ab-
schnitt 5.1 sollen die Gründe dafür erläutert werden, daß Ergebnisse quantitativer Methoden
weniger dazu geeignet sind, ein ausreichend scharfes Bild von der komplexen Realität
sportlichen Geschehens im allgemeinen und vom Diskurs
I I
darüber im speziellen zu zeichnen.
Das Ziel dieser Arbeit ist zu zeigen, wie ein elektronisches Printmedium Wirklichkeit konstruiert.
Zu dessen Rekonstruktion wiederum wird es hilfreich sein deutlich zu machen, daß es ver-
schiedene erkenntnistheoretische Ansätze, d.h. verschiedene theoretische Wege zum Ziel
gibt.
Deshalb führt der Weg über Vorüberlegungen in bezug auf die Eignung quantifizierender
Methoden in der sportwissenschaftlichen Forschung im nun folgenden Abschnitt 5.1 hinweg
über die erkenntnistheoretischen Polen des Positivismus
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und des Konstruktivismus (vgl. Ab-
schnitt 5.2) hin zur Systemtheorie Niklas LUHMANNS. Einer kurzen Einführung in systemtheore-
tische Grundbegriffe (vgl. Abschnitt 5.3) folgen die Überlegungen LUHMANNS zur massen-
medialen Realitätskonstruktion in Abschnitt 5.4. Diese sollen helfen, ein grundlegendes Ver-
ständnis für das methodische Vorgehen und Ziel dieser Arbeit zu erhalten. Darüber hinaus
dienen LUHMANNS Gedankengänge auch als Interpretationsgrundlage, indem sie helfen,
die Realitätserfassung der SWP zu rekonstruieren und auch zu interpretieren.
Abschnitt 5.5 schließlich zeigt, daß die Wiedergabe sportlicher Realität das Resultat von
Selektionen ist und so unser Gedächtnis darüber formt, ,,was Sport ist". Auch wird deutlich
werden, daß Sport in der Presse mit dem Begriff des ,,Infotainment" am treffendsten zu be-
schreiben ist. Vor dem Hintergrund marktwirtschaftlicher Gesetze ist der Unterhaltungsaspekt
selbst in der Printberichterstattung nicht mehr wegzudenken. Daraus wird schließlich ersicht-
lich werden, daß die Rechnung ,,Mediensport ist gleich Hochleistungssport ist gleich Fußball"
zwangsläufig aufgehen muß.
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Denkmuster, das das wissenschaftliche Weltbild bzw. die Weltsicht einer Epoche oder die jeweilige wissenschaftli-
che Grundauffassung prägt (vgl. DUDEN Das Fremdwörterbuch 1997).
II
Gedankenaustausch, Unterhaltung, Wortwechsel auf der Grundlage von Sprache (vgl. DUDEN Das Fremdwörter-
buch 1997). Diskurse sind i.S. von institutionalisierten, geregelten Redeweisen nicht nur gesellschaftlich bedingt bzw.
durch sie geprägt, sondern sie formen und prägen ihrerseits die Gesellschaft. Diskurse sind in der Lage, Macht
auszuüben, da sie Bedeutung und Wissen transportieren. Texte und Textfragmente, die bestimmte Themen behan-
deln, heißen nach JÄGER (1993, zit. in KIRVEL 1996, 33) ,,Diskursfragmente". Jedes Printmedium enthält Texte, und
jeder Text ist Teil und Ausdruck einer bestimmten gesellschaftlichen Praxis. Er ist mehr oder weniger stark sozial struk-
turiert und konventionalisiert (v gl. KIRVEL 1996., 31). Oppositionelle Diskurse nennt JÄGER ,,Gegendiskurse", wissen-
schaftliche Diskurse sind ,,Spezialdiskurse", das Allgemeinwissen ,,Interdiskurs" (vgl. ebd.).
III
bzw. Realismus

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2000
ISBN (eBook)
9783832458386
ISBN (Paperback)
9783838658384
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Stuttgart – unbekannt
Note
1,0
Schlagworte
sportjournalismus fußball sportpublizistik online-medien sportberichterstattung
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Titel: Rekonstruktion einer konstruierten Realität
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