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Das Internet im Reisebüro

Empirische Untersuchung potentieller Auswirkungen auf Vertrieb und Standorte

©2002 Magisterarbeit 156 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss des Mediums Internet auf die Reisebürobranche in Deutschland.
Der erste Teil der Arbeit beinhaltet eine ausführliche Darstellung theoretischer Grundlagen. Hier wird detailliert auf die folgenden Aspekte des Tourismus eingegangen: die touristische Wertschöpfungskette und Modelle des Tourismusvertriebs, der Reisebüromarkt in Deutschland sowie Anbieter- und Nachfragerstrukturen des Tourismusvertriebs im Internet. Aus den hieraus gewonnenen Erkenntnissen werden anschließend Forschungsthesen abgeleitet, die den Untersuchungsgegenstand des empirischen Teils der Arbeit bilden.
Die empirische Untersuchung wurde als eine qualitative Erhebung mittels eines Online-Fragebogens durchgeführt. Dabei wurden 15 Experten aus stationären Reisebüros verschiedener Organisationsformen befragt.
Die Untersuchung gliedert sich im Wesentlichen in vier Themenbereiche:
- Chancen des Internetvertriebs für stationäre Reisebüros.
- Risiken des Internetvertriebs für stationäre Reisebüros.
- Standortbezogene Auswirkungen.
- Strategische Maßnahmen.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden analysiert und ausgewertet. Die aus den Thesen und deren Überprüfung resultierenden Synthesen liefern aktuelle Experteneinschätzungen, Trends und Prognosen zu den oben genannten vier Themenbereichen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbbildungsverzeichnisV
TabellenverzeichnisVII
KartenverzeichnisVIII
ZusammenfassungIX
1.Einleitung1
1.1Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit2
1.2Konzeption und Aufbau der Arbeit4
2.Grundlagen des Tourismusvertriebs6
2.1Der Tourismusbegriff6
2.2Akteure und Wertschöpfung9
2.2.1Veränderungen des Nachfrageverhaltens12
2.2.2Computerreservierungssysteme (CRS)13
2.3Das touristische Produkt15
2.3.1Charakteristika touristischer Dienstleistungen17
2.3.2Eignung für den elektronischen Vertrieb19
2.4Modelle des Tourismusvertriebs22
3.Der Reisebüromarkt in Deutschland25
3.1Definition25
3.2Das Produkt: die Vermittlungsleistung27
3.3Reisebüronutzung durch Reisende29
3.4Die Struktur der Reisebürobranche34
3.4.1Organisationsformen37
3.4.2Verflechtungen und Konzentrationsprozesse42
4.Die Struktur des Tourismusvertriebs im Internet44
4.1Grundlagen des Internetvertriebs44
4.1.1Internet und E-Commerce44
4.1.2Raum- und Zeitüberbrückung47
4.2Die Nachfrager touristischer Leistungen im Internet50
4.2.1Akzeptanz50
4.2.2Demographische […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5837
Mühlbauer, Alina: Das Internet im Reisebüro - Empirische Untersuchung potentieller
Auswirkungen auf Vertrieb und Standorte
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Aachen, Technische Universität, Magisterarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Abbildungsverzeichnis... V
Tabellenverzeichnis... VII
Kartenverzeichnis ...VIII
Zusammenfassung ...IX
1
Einleitung... 1
1.1
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit ...2
1.2
Konzeption und Aufbau der Arbeit ...4
2
Grundlagen des Tourismusvertriebs... 6
2.1
Der Tourismusbegriff...6
2.2
Akteure und Wertschöpfung...9
2.2.1
Veränderungen des Nachfrageverhaltens ...12
2.2.2
Computerreservierungssysteme (CRS)...13
2.3
Das touristische Produkt ...15
2.3.1
Charakteristika touristischer Dienstleistungen ...17
2.3.2
Eignung für den elektronischen Vertrieb...19
2.4
Modelle des Tourismusvertriebs ...22
3
Der Reisebüromarkt in Deutschland ... 25
3.1
Definition ...25
3.2
Das Produkt: die Vermittlungsleistung...27

Inhaltsverzeichnis
II
3.3
Reisebüronutzung durch Reisende ...29
3.4
Die Struktur der Reisebürobranche ...34
3.4.1
Organisationsformen ...37
3.4.2
Verflechtungen und Konzentrationsprozesse ...42
4
Die Struktur des Tourismusvertriebs im Internet... 44
4.1
Grundlagen des Internetvertriebs ...44
4.1.1
Internet und E-Commerce...44
4.1.2
Raum- und Zeitüberbrückung...47
4.2
Die Nachfrager touristischer Leistungen im Internet...50
4.2.1
Akzeptanz...50
4.2.2
Demographische Daten...54
4.2.3
Gesamteuropäischer Vergleich ...56
4.3
Die Anbieter touristischer Leistungen im Internet...58
4.3.1
Leistungsträger ...58
4.3.1.1
Hotels und Pensionen ...59
4.3.1.2
Fluggesellschaften...60
4.3.2
Reiseveranstalter ...61
4.3.3
Computerreservierungssysteme ...63
4.3.4
Virtuelle Reisebüros...65
4.3.5
Elektronische Marktplätze ...66
4.3.6
Rangfolge der Anbieter ...67

Inhaltsverzeichnis
III
5
Zusammenfassung: Bedeutung des Internetvertriebs
für die einzelnen Akteure... 70
6
Empirische Untersuchung ... 73
6.1
Methodik ...73
6.1.1
Gestaltung des Fragebogens ...77
6.1.2
Pretest ...77
6.1.3
Hauptuntersuchung...78
6.2
Allgemeine Branchenentwicklung ...78
6.3
Nutzung des Internet im Reisebüro ...81
6.4
Chancen der Internetnutzung für Reisebüros ...85
6.4.1
Produktpräsentation / Leistungsangebot ...85
6.4.2
Kundenbindung...87
6.4.3
Zeitliche und räumliche Unabhängigkeit ...88
6.5
Risiken des Internetvertriebs für Reisebüros ...93
6.5.1
Veränderungen der Branchenstruktur...93
6.5.2
Wettbewerbsverlagerungen...96
6.5.3
Konzentrationstendenzen...99
6.5.4
Marktransparenz ...101
6.6
Standortbezogene Auswirkungen...103
6.6.1
Regionale Verteilung und innerstädtische Lage ...105

Inhaltsverzeichnis
IV
6.6.2
Implikationen auf die Standortentscheidung...110
6.7
Strategische Maßnahmen ...113
6.8
Neueste Entwicklungen ...118
7
Schlussbetrachtung und Ausblick... 122
Literaturverzeichnis ...IX
Expertenverzeichnis ... XXV
Versicherung... XXVII
Anhang ... XXVIII

Abbildungsverzeichnis
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die touristische Wertschöpfungskette...10
Abbildung 2: Das touristische Produkt als integrativ-komplementäres
Leistungsbündel...16
Abbildung 3: Der Zusammenhang beratungssteigender Faktoren ...17
Abbildung 4: Vertriebsmöglichkeiten touristischer Leistungen...23
Abbildung 5: Entwicklung der Umsätze 1980-2001 in Mrd. EURO...31
Abbildung 6: Veränderung der Umsatzstruktur im deutschen
Reisemittlermarkt, Angaben in Prozent ...41
Abbildung 7: Altersverteilung deutscher Internetnutzer 2001...45
Abbildung 8: Regelmäßige Nutzung verschiedener Online-Angebote,
Mehrfachnennungen möglich, Auswahl ...51
Abbildung 9: Gap-Analyse ausgewählter Reiseprodukte ...52
Abbildung 10: Gründe gegen das Online-Buchen von Reisen ...54
Abbildung 11: Zielgruppen touristischer Websites im Vergleich ...55
Abbildung 12: Nutzung von Reise-Websites im europäischen Vergleich,
Januar 2002 ...57
Abbildung 13: Die zentralen Themenbereiche der Expertenbefragung...73
Abbildung 14: Einschätzung und Entwicklung des Umsatzes der
Wintersaison 2001/2002 ...79
Abbildung 15: Entwicklung der Kosten-Erlös-Differenz ...80

Abbildungsverzeichnis
VI
Abbildung 16: Internetbuchung verschiedener Produkte,
Mehrfachnennungen möglich. ...83
Abbildung 17: Nennung der drei wichtigsten Vorteile des Internet für
Anbieter und Nachfrager aus Sicht der Reisebüros...92
Abbildung 18: Derzeitige Dominanz des horizontalen Wettbewerbs und
zukünftige Dominanz des vertikalen Wettbewerbs ...97
Abbildung 19: Experteneinschätzung der zukünftigen Entwicklung des
Konzentrationsprozesses, Anzahl der Nennungen ...100
Abbildung 20: Derzeitige und zukünftige Erfolgsfaktoren von Reisebüros,
Nennung der drei wichtigsten Faktoren...114
Abbildung 21: Einsatz mobiler Endgeräte im Verlauf des Reiseprozesses 120

Tabellenverzeichnis
VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Reisebüronutzung 2001 in der Bundesrepublik Deutschland ...30
Tabelle 2: Gründe der Reisebüronutzung ...32
Tabelle 3: Die Entwicklung der Reisevermittlungsstellen in Deutschland...36
Tabelle 4: Top-Ten der Internet-Reiseseiten in Deutschland und Europa,
Stand Januar 2002...69
Tabelle 5: Lage der Büros verschiedener Organisationsformen nach
Gemeindegrößen...109
Tabelle 6: Geschäftslage der Büros verschiedener Organisationsformen.110

Kartenverzeichnis
VIII
Kartenverzeichnis
Karte 1: Reisebüroketten, -franchiser und -kooperationen 2001 am
Hauptsitz des Unternehmens ...40
Karte 2: Im Rahmen der Expertenuntersuchung befragte Reisebüros ...76
Karte 3: Reisebürodichte und siedlungsstrukturelle Kreistypen 1998 ...107

Zusammenfassung
IX
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit mit dem Titel ,,Das Internet im Reisebüro ­ Mögliche
Auswirkungen auf Vertrieb und Standorte" untersucht den Einfluss des
Mediums Internet auf die Reisebürobranche in Deutschland.
Der erste Teil der Arbeit beinhaltet eine ausführliche Darstellung theoreti-
scher Grundlagen. Hier wird detailliert auf die folgenden Aspekte des Tou-
rismus eingegangen: die touristische Wertschöpfungskette und Modelle des
Tourismusvertriebs, der Reisebüromarkt in Deutschland sowie Anbieter-
und Nachfragerstrukturen des Tourismusvertriebs im Internet. Aus den
hieraus gewonnenen Erkenntnissen werden anschließend Forschungsthe-
sen abgeleitet, die den Untersuchungsgegenstand des empirischen Teils der
Arbeit bilden.
Die empirische Untersuchung wurde als eine qualitative Erhebung mittels
eines Online-Fragebogens durchgeführt. Dabei wurden 15 Experten aus
stationären Reisebüros verschiedener Organisationsformen befragt.
Die Untersuchung gliedert sich im Wesentlichen in vier Themenbereiche:
·
Chancen des Internetvertriebs für stationäre Reisebüros
·
Risiken des Internetvertriebs für stationäre Reisebüros
·
Standortbezogene Auswirkungen
·
Strategische Maßnahmen
Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden analysiert und ausgewertet.
Die aus den Thesen und deren Überprüfung resultierenden Synthesen lie-
fern aktuelle Experteneinschätzungen, Trends und Prognosen zu den oben
genannten vier Themenbereichen.

Einleitung
1
,,The online channel will shock the entire travel industry into a new area
of openness. As travellers move their bookings online and as the
industry embraces the Internet backbone, a self-reinforcing cycle of
consolidating demand and technology-enabled services drives change in
the structure of the industry" (Forrester Research, December 2000).
1 Einleitung
In zahlreichen Ländern ist die Tourismusindustrie von zentraler Bedeutung
für die lokale, regionale und nationale Entwicklung. Weltweit ist die Touris-
musbranche durch Wachstum geprägt und stellt auch in Deutschland einen
bedeutenden Wirtschaftszweig dar. Nach Jahren des Aufschwungs steht die
Branche derzeit vor enormen Herausforderungen. Weitreichende
strukturelle und wettbewerbsbedingte Veränderungen erzwingen die
Anpassung an die sich wandelnden Rahmenbedingungen. Neben vertikalen
Integrationsprozessen und voranschreitenden Konzentrationstendenzen
revolutionieren die Neuen Medien, insbesondere das Internet, die
touristischen Geschäftsprozesse grundlegend. Vor diesem Hintergrund
gerät die traditionelle Wertschöpfungskette zunehmend in Bewegung. Ein
Blick in die USA zeigt, dass dort im Reisegeschäft allein per Internet bereits
mehrere Milliarden US-Dollar jährlich umgesetzt werden.
Auch in Deutschland werden die Online-Umsätze im Tourismus deutlich
wachsen, wobei jedoch die Marktprognosen stark differieren. Nach Aus-
kunft der Ulysses-Studie Web-Tourismus 2001 werden die Umsätze von
115 Mio. EURO im Jahr 2000 auf 550 Mio. EURO im Jahr 2005 anwachsen,
die Marktforschungsagentur IDC rechnet sogar mit einem Anstieg auf 2,7
Mrd. EURO in 2005. Obwohl der touristische Electronic Commerce (E-
Commerce) derzeit im Reisegeschäft eine untergeordnete Rolle spielt - auch
unter Berücksichtigung der optimistischen Wachstumsraten lässt sich für
das Jahr 2005 lediglich ein Marktanteil von 2 Prozent am Gesamtumsatz

Einleitung
2
der Tourismusbranche prognostizieren ­ wird das Wachstumspotential
deutlich. In Zeiten wachsender Internetnutzerzahlen bei gleichzeitig sin-
kenden Kommunika-tionskosten, zunehmender Zahlungssicherheit und
dem Entstehen eines Rechtsrahmens im Internet spielt das Thema Reisen
und Freizeit im E-Com-merce eine zunehmend bedeutende Rolle. Wie wir-
ken sich diese Entwicklungen auf die Strukturen der heutigen Reiseindust-
rie aus? Werden klassische Reisebüros zunehmend überflüssig oder eröff-
nen sich für sie durch E-Com-merce völlig neue Potenziale der
Zukunftssicherung?
1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die Tourismusbranche beschäftigt sich wie kaum ein anderer Wirtschafts-
zweig mit der Bearbeitung und der Weitergabe von Informationen und
verfügt somit über ausgeprägte Potentiale im Electronic Commerce. Auf-
grund der Dienstleistungseigenschaft touristischer Produkte, die eine ,,fast
ausschließliche Informationsorientierung des Vertriebs" begründet, zählten
Reisen stets zu den Produkten, denen ein frühzeitiger Durchbruch im In-
ternetvertrieb prophezeit wurde (REGELE/SCHMÜCKER 1998, S. 405).
Mit dem Internet ist nicht nur ein netzwerktransparentes Medium entstan-
den, das dem Nutzer jederzeit und ohne Ortswechsel den Zugang zu In-
formationen verschafft sondern auch ein leistungsfähiger Vertriebskanal.
Dieser ermöglicht es den Reiseveranstaltern und Leistungsträgern, ihren
kostensparenden Eigenvertrieb auszubauen und somit den direkten Ver-
triebsweg zum Kunden zu intensivieren. Des weiteren führt das Internet zu
einer Verschärfung des Wettbewerbes, da durch niedrigere Markteintritts-
barrieren der Zugang zum Markt vereinfacht wird.
Als Konsequenz ist die Umgehung einzelner Wertschöpfungsstufen möglich
und hier insbesondere die Ausschaltung der klassischen Reisemittler in

Einleitung
3
ihrer Funktion als Einzelhändler. Vereinzelt hört man noch Meinungen mit
dem Grundtenor: ,,Das Internet ist der Untergang der deutschen Reisebü-
ros. Über kurz oder lang wird es keine Reisebüros mehr geben, weil alle
Kunden nur noch Telefon-, Internet- oder TV-Shopping-Angebote nutzen
werden" (BORCH 2000, S. 73).
Obwohl sich die Prognosen eines weitreichenden Reisebüro-Sterbens in den
letzten Jahren nicht bewahrheitet haben, sind sich die Reisebüros dennoch
der Veränderungspotentiale durch das Internet bewusst. Nach einer aktuel-
len Studie des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes
(DRV) vom Mai 2002 bezeichnen 22 Prozent der befragten Reisebüros den
Themenkomplex Internet/Direktvertrieb neben dem konjunkturell beding-
ten Nachfragerückgang als die wesentliche Gefahr für die eigene Branche.
In den Terroranschlägen des 11. September 2001 und deren Auswirkungen
auf die Reisebürobranche sehen lediglich 15 Prozent der Befragten die grö-
ßere Gefahr (vgl. DRV 2002b, S. 5).
Insbesondere in der englischsprachigen Fachliteratur findet man zahlreiche
Überlegungen, die sich mit dem Bedrohungspotential des Internet für die
Tourismusbranche im Allgemeinen und die Reisebürobranche im Speziellen
befassen. Das Internet kann jedoch nicht nur einseitig als Bedrohung für
Reisebüros gesehen werden sondern stellt ebenso eine Chance für die
Branche dar. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, die Chancen und Risiken
des Internetvertriebs zu analysieren und darauf aufbauend mögliche
Auswirkungen für die Reisebürobranche abzuleiten. Im empirischen Teil
dieser Arbeit wird unter anderem untersucht, wie dieses Chancenpotenzial
von Reisebüroexperten eingeschätzt wird. Nach einer äußerst umfangrei-
chen Literaturrecherche konnte festgestellt werden, dass bisher keine
ähnliche Untersuchung durchgeführt wurde.
Ein Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der wirtschaftsgeographischen Unter-
suchung der möglichen Auswirkungen des Internet auf die Standortent-

Einleitung
4
scheidung von stationären Reisebüros. Es wird untersucht, ob der Über-
gang von einer ,,standortbezogenen Industriegesellschaft zu einer standort-
flexibleren Informationsgesellschaft" auf die Reisebürobranche übertragbar
ist (GRÄF 1995, S. 17). Dieser Aspekt hat in der Literatur bisher noch keine
Berücksichtigung gefunden. ,,Der Blickwinkel, der vor allem Geographen
primär beschäftigt, ist die relative Distanzlosigkeit des Agierens, bei dem
Entfernungen für Transaktionen im Netz weder zeit- noch kostenbezogen
eine Rolle spielen" (DEITERS/GRÄF/LÖFFLER 2001, S. 27).
1.2 Konzeption und Aufbau der Arbeit
Nach der Einführung des Themas in Kapitel 1 dient Kapitel 2 dazu, die
Grundlagen des Tourismusvertriebs unter Beschreibung der einzelnen Ak-
teure darzustellen sowie die Veränderungsprozesse in der touristischen
Wertschöpfungskette und die daraus resultierenden Veränderungen der
Rahmenbedingungen für die Reisebürobranche aufzuzeigen. Dabei wird
speziell auf die Wesensmerkmale und Eigenschaften der touristischen
Dienstleistung eingegangen, um die Eignung touristischer Produkte für den
elektronischen Vertrieb zu verdeutlichen.
Kapitel 3 beschreibt detailliert den Reisebüromarkt in Deutschland, wobei
zunächst die von Reisebüros erbrachte Dienstleistung der Reisevermittlung
erläutert und anschließend auf quantitative Aspekte der Reisebüronutzung
durch Reisende eingegangen wird. Darauf folgt eine Beschreibung der ak-
tuellen Reisebürostruktur in Deutschland unter Berücksichtigung der ein-
zelnen Organisationsformen und der fortschreitenden Konzentrationspro-
zesse.
In Kapitel 4 der Arbeit wird die Struktur des Tourismusvertriebs im Inter-
net unter Berücksichtigung der Nachfrager und Anbieter touristischer Leis-
tungen analysiert. Zunächst erfolgt eine Beschreibung der wesentlichen

Einleitung
5
Eigenschaften von Internet und E-Commerce unter besonderer Berücksich-
tigung der Raum- und Zeitüberbrückung und deren Bedeutung für Anbieter
und Nachfrager. Anschließend wird die Entwicklung der Akzeptanz und
Demographie touristischer Internetnutzer im nationalen und europäischen
Vergleich aufgezeigt. Die Darstellung der Anbieterseite erfolgt durch eine
Analyse der einzelnen Akteure und deren Geschäftsmodelle. Auf die techni-
schen Funktionsweisen von Internet und E-Commerce sowie die Problema-
tik der Zahlungssysteme und der Rechtslage im elektronischen Handel wird
nicht näher eingegangen.
In Kapitel 5 werden die Chancen und Risiken des touristischen Internet-
vertriebs für die einzelnen Akteure aus den bis hier gewonnen Erkenntnis-
sen abgeleitet und zusammenfassend gegenübergestellt. Daraus werden
Forschungsthesen abgeleitet, die im 6. Kapitel der Arbeit untersucht wer-
den. Dies geschieht durch Analyse und Bewertung der empirischen Ergeb-
nisse, die im Rahmen der qualitativen Erhebung gewonnen wurden.
Die vorliegende Arbeit endet in Kapitel 7 mit einer zusammenfassenden
Bewertung der Erkenntnisse und einem Ausblick auf mögliche zukünftige
Entwicklungen.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
6
2 Grundlagen des Tourismusvertriebs
Weltweit werden dem Tourismussektor mehr als 3 Billionen US-Dollar Um-
satz, dies entspricht einem Anteil von über 10 Prozent des Bruttosozialpro-
duktes, zugerechnet. Nach Einschätzungen des World Travel Tourism
Councils (WTTC) gilt der Tourismus mit weltweit über 230 Millionen Be-
schäftigten als der größte Arbeitgeber: Jeder sechste Arbeitsplatz ist vom
Tourismus abhängig. Bezogen auf den deutschen Markt werden dem Tou-
rismus zwischen 2 und 2,5 Mio. Arbeitsplätzen, und mit einer Wertschöp-
fung von etwa 100 Milliarden EURO, ein BIP-Anteil von 6 Prozent zugerech-
net (vgl. KLEIN 1998, S. 6). Die Tourismusbranche gilt nach dem Bauge-
werbe, der Automobilindustrie sowie der Nahrungs- und Genussmittelin-
dustrie als viertgrößte Branche in Deutschland und stellt somit eine bedeu-
tende Wertschöpfungsfunktion dar.
2.1 Der Tourismusbegriff
Der Tourismus lässt sich als ein stark verästeltes und vielfältiges Gesamt-
system beschreiben. In ökonomischer Hinsicht stellt der Tourismussektor
einen Querschnittsbereich dar, der unterschiedliche wirtschaftliche Teilbe-
reiche umfasst und beeinflusst, wie beispielsweise den Luftfahrzeugbau, die
Sportartikelbranche oder auch das Kfz- und Postgewerbe (vgl.
OPASCHOWSKI 1996, S. 30). Dieses Gesamtsystem ,,Tourismus" wurde
grundsätzlich schon durch die Definition von HUNZIKER und KRAPF, die als
Pioniere der Fremdenverkehrswissenschaft bzw. -lehre
1
gelten, aufgezeigt
und beschrieben. Entsprechend dieser Definition bezeichnet Tourismus die
,,Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Reise und dem Aufent-
1
Fremdenverkehr und Tourismus werden hier synonym verstanden. Der Begriff Tourismus
ist neueren Datums und ersetzt zunehmend den von HUNZIKER und KRAPF geprägten
Begriff des Fremdenverkehrs (vgl. FREYER 1995, S. 12f.).

Grundlagen des Tourismusvertriebs
7
halt Ortsfremder ergeben, sofern daraus keine dauernde Niederlassung
entsteht und damit keine Erwerbstätigkeit verbunden ist" (HUNZIKER
/KRAPF 1942, S. 21). Demnach zählen Reisen aufgrund eines geschäftli-
chen oder beruflichen Interesses nach dieser Definition nicht zum Touris-
mus.
Die heute gebräuchliche Definition von KASPAR erweitert die Abgrenzung
von HUNZIKER und KRAPF um genau diese Dimension. KASPAR definiert
Tourismus als die
,,Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen [...], die sich aus der
Ortsveränderung und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die
der Aufenthaltsort weder hauptsächlicher und dauernder Wohn- noch
Arbeitsort ist" (KASPAR 1996, S. 16).
Mit dem Element ,,Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen" wird
der bereits beschriebenen Multidisziplinarität des Tourismus Rechnung ge-
tragen, wobei die Vielzahl der touristischen Erscheinungen sowohl von der
Umwelt beeinflusst werden als auch die Umwelt mitprägen. Entscheidend
für die Erscheinung des Tourismus ist die Ortsveränderung wobei die Reise
neben dem Aufenthalt am Urlaubsort ,,als raumüberwindendes Element in
den touristischen Prozess zu treten hat" (KASPAR 1998, S. 17f.). Entspre-
chend dem Definitionselement, nach dem ,,der Aufenthaltsort weder haupt-
sächlicher und dauernder Wohn- noch Arbeitsort" sein darf, sind Berufs-
pendler aus dieser Definition des Tourismusbegriffs ausgeschlossen. ,,Dage-
gen gilt der Aufenthalt in einer Zweitwohnung als Tourismus, und ebenso
ist der die Hotelleistung des fremden Ortes beanspruchende Geschäftsrei-
sende Tourismusobjekt, zumal sein Verhalten weitgehend dem eines
eigentlichen Touristen entspricht" (KASPAR 1998, S. 18).
Diesem Verständnis von Tourismus ähnelt auch der Tourismusbegriff der
Welttourismusorganisation (WTO), der auf der Internationalen Konferenz
über Reise- und Tourismusstatistik 1991 in Ottawa ausgearbeitet wurde.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
8
Demnach umfasst Tourismus ,,die Aktivitäten von Personen, die an Orte
außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu Freizeit-,
Geschäfts- oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als 1 Jahr ohne
Unterbrechung aufhalten" (Statistisches Bundesamt 1996, S. 12). Somit
zählen zum Tourismus nicht nur private Reisen sondern auch Dienst- und
Geschäftsreisen. Ebenso werden auch Tagesreisen, die nicht mit einer
Übernachtung verbunden sind soweit sie bestimmte Bedingungen erfüllen,
in die Definition des Tourismus mit einbezogen (SPÖREL 1998, S. 128).
Die beschriebenen Definitionen sind sehr umfassend und schließen die
vielschichtigen Dimensionen Kultur, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft des
Tourismus mit ein. Als eingrenzender Teil des Tourismussystems ist die
Touristik zu verstehen, die als der Kern des Tourismussystems definiert
wird. Sie beinhaltet auf der Angebotsseite alle auf den Zweck der Veran-
staltung und/oder Vermittlung von Reisen bestehenden Betriebe und Un-
ternehmungen und alle Gruppen auf der Nachfrageseite.
Insbesondere für die Anwendung des Begriffssystems in der praktischen
Arbeit, beispielsweise in der Tourismusstatistik oder ­gesetzgebung, ist eine
Präzisierung notwendig. BERNECKER versuchte 1962 durch die Differenzie-
rung verschiedener Tourismusarten und ­formen eine erste Gliederung
vorzunehmen, wobei die Einflussfaktoren Motivation und Umwelt als Gliede-
rungskriterien verwendet wurden. Er unterscheidet nach der Motivation des
Nachfragers die folgenden Tourismusarten: Erholungstourismus, kultur-
orientierter Tourismus, gesellschaftsorientierter Tourismus, Sporttourismus,
wirtschaftsorientierter Tourismus und politikorientierter Tourismus (vgl.
KASPAR 1998, S. 18f. in Anlehnung an BERNECKER). In der Literatur findet
man zahlreiche weitere Ansätze zur Systematik des Tourismus.
Die Nachfrage nach touristischen Leistungen unterteilt sich grob in den
Geschäftsreiseverkehr einerseits und in den Privat- und Urlaubsreisever-
kehr andererseits. Die Ausführungen im Rahmen dieser Arbeit konzentrie-

Grundlagen des Tourismusvertriebs
9
ren sich auf den Bereich des Privat- und Urlaubsreiseverkehrs. Der Ge-
schäftsreiseverkehr wird nicht differenziert behandelt, da er spezifische
Besonderheiten aufweist, auf die im Folgenden kurz eingegangen wird.
Beruflich bedingte und kostenmäßig vom Unternehmen getragene Reisen
werden als Geschäftsreisen bezeichnet. Eine Geschäftsreise liegt dann vor,
wenn es sich um eine Entfernung von über 50 Kilometer vom ständigen
Arbeitsort handelt (vgl. POMPL 1996, S. 23). Das Reiseverhalten der Ge-
schäftsreisenden ist tendenziell antizyklisch zu dem der Urlaubsreisenden.
Dieses gilt sowohl für die Saisonalität, da in den Ferienmonaten weniger
geschäftlich vereist wird, als auch für die Aufteilung der Reisen innerhalb
der Woche (vgl. KLEIN 1998, S. 15). Die Reisemotive der Geschäftsreisen
liegen in dem geschäftlichen Anlass begründet. Hieraus lassen sich ge-
schäftsreisetypische Anforderungen und Bedürfnisse ableiten wie Pünkt-
lichkeit, kurze Reisedauer, Bequemlichkeit der Reiseverbindungen und der
Reiseart sowie Komfort und Flexibilität. Geschäftsreisende fragen überwie-
gend Flugscheine, Bahnfahrkarten, Hotelvermittlungen sowie Nebenleistun-
gen wie Reiseversicherungen, Mietwagen und Visa nach (vgl. SÜLBERG
1998, S. 587). Sollte im Weiteren auf bestimmte Aspekte des Geschäftsrei-
semarktes eingegangen werden, so wird dies an der jeweiligen Stelle
kenntlich gemacht.
2.2 Akteure und Wertschöpfung
Mit der Beschreibung der touristischen Wertschöpfungskette wird das Ziel
verfolgt, den Tourismusmarkt als ganzheitlichen Bezugsrahmen darzustel-
len und durch die Schilderung der wertschöpfenden Aktivitäten ein Ver-
ständnis für die Beziehung zwischen den einzelnen Marktakteuren zu ent-
wickeln.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
10
Unter dem Begriff ,,Wertschöpfungsprozess" soll der Ablauf aller bean-
spruchten Ressourcen verstanden werden, die zur Entwicklung, Erzeugung
und Vermarktung eines Produktes benötigt werden (vgl. CHROMIK/VON
DER REITH 1997, S. 6). Dabei unterscheiden sich diese Ressourcen sowohl
in ihrer Art als auch in der Intensität, mit der sie in den Prozess integriert
sind.
2
Der Wertschöpfungsprozess lässt sich, in Anlehnung an die Struktu-
ren des Handels, in die Bereiche Produzent, Großhandel, Einzelhandel und
Konsument unterteilen.
Abbildung 1: Die touristische Wertschöpfungskette
Quelle: CHROMIK/VON DER REITH 1997, S. 14; Darstellung: Aline Mühlbauer
Zu den Produzenten, den touristischen Leistungsträgern, zählen in erster
Linie die Betriebe der Beherbergung und der Gastronomie, die Transportun-
ternehmen, die touristischen Zielgebiete als zusätzliche Leistungserbringer
sowie die ergänzende Tourismusindustrie und die touristische Randindus-
trie
3
. In dieser ersten Wertschöpfungsstufe erfolgt die eigentliche touristi-
sche Leistungserstellung, wie etwa die Bereitstellung von Hotelbetten, Flug-
zeugsitzen, allgemeinen Erholungsräumen oder von touristischen Informa-
tionsstellen (vgl. AMMANN/ILLING/SINNING 1995, S. 21).
2
Der Beitrag der verschiedenen Stufen zur Wertschöpfung kann für ein bestimmtes Produkt
analysiert und sichtbar gemacht werden. Abbildung 1a (s. Anhang) verdeutlicht beispiels-
weise die Wertschöpfungskette für eine Flugpauschalreise.
3
In vielen Fällen sind die Akteure auf dem Tourismusmarkt Nachfrager von weiteren Leis-
tungen branchenfremder bzw. branchenentfernter Unternehmen. Hierzu zählen die Bereiche
der ,,ergänzenden Tourismusindustrie" [z.B. Souvenirläden, Verlage von Reiseführern etc.]
und der ,,touristischen Randindustrie" [z.B. Sportartikelindustrie etc.] (vgl. FREYER 1997,
S. 127).
Leistungs-
träger
Reise-
veranstalter
CRS
Reise-
mittler
Reisen-
der
Produzenten
Großhandel
Einzelhandel
Konsumenten
Leistungs-
träger
Reise-
veranstalter
CRS
Reise-
mittler
Reisen-
der
Produzenten
Großhandel
Einzelhandel
Konsumenten

Grundlagen des Tourismusvertriebs
11
Reiseveranstalter übernehmen die Funktion des touristischen Großhandels.
Ihre wesentliche Aufgabe besteht im ,,Packaging & Pricing von Leistungs-
komponenten". Hierunter versteht POMPL die Verbindung von ,,eigenen und
fremden touristischen Dienstleistungen sowie ggf. Sachleistungen zu einem
neuen, eigenständigen Produkt" (POMPL 1996, S. 3). Dabei kann je nach
Umfang eines Dienstleistungspakets eine Unterscheidung in Pauschal- oder
Teilpauschalreise erfolgen, wobei die Pauschalreise aus mindestens zwei
aufeinander abgestimmten Reiseleistungen bestehen muss, während die
Teilpauschalreise aus einer einzelnen Leistung (z.B. nur Flug) bestehen
kann (vgl. MUNDT 1996, S. 10). Diese Reisen verkauft der Veranstalter in
eigenem Namen, auf eigenes Risiko und auf eigene Rechnung (vgl. POMPL
1996, S. 3).
Die Computerreservierungssysteme (CRS) weisen sowohl Funktionen des
Großhandels als auch des Einzelhandels auf. Zum einen kombinieren sie
verschiedene Leistungen wie Hotel-, Flug- und Mietwagenreservierungen
und stellen diese Leistungskombinationen über Reisebüros zur Buchung
bereit. Zum anderen kommt es in zunehmendem Maße zu einer Verselb-
ständigung dieser Systeme, die sich zum Teil mit eigenen Angeboten direkt
an die Endverbraucher richten und somit auch die Abwicklung von Transak-
tionen unter Ausschaltung weiterer Handelsstufen ermöglichen (vgl. Kapitel
2.2.2).
Die Reisemittler als touristische Einzelhändler vermitteln die Produkte der
Leistungsträger und Reiseveranstalter an den Konsumenten. Auf die ein-
zelnen Funktionen des Reisemittlers innerhalb des touristischen Wertschöp-
fungsprozesses wird in Kapitel 3 näher eingegangen.
Das letzte Element im Wertschöpfungsprozess ist der Konsument, in diesem
Fall die Reisenden und Touristen, die sich weiter in unterschiedliche Nach-
fragegruppen gliedern lassen. Das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche
Institut für Fremdenverkehr (DWIF) unterscheidet eine binnentouristische

Grundlagen des Tourismusvertriebs
12
Nachfrage, eine incoming-touristische Nachfrage und eine outgoing-
touristische (vgl. MASCHKE 1996, S. 130ff).
4
2.2.1 Veränderungen des Nachfrageverhaltens
Die Aktivitäten innerhalb der touristischen Wertschöpfungskette sind auf
den Konsumenten als Nachfrager touristischer Leistungen ausgerichtet.
Sein Nachfrageverhalten entscheidet über die Einbindung der einzelnen
Wertschöpfungsstufen.
Die Veränderungen auf der Nachfrageseite sind höchst komplex und viel-
schichtig. Seit geraumer Zeit avanciert der Begriff ,,Wertewandel" als
Schlagwort zur Charakterisierung der Gesellschaft westlicher Industriena-
tionen. Die Pluralität unterschiedlicher Lebensstile und ,,die Ablösung fest-
gefügter Wertordnungen durch einzelne, individuelle Werte ist durch den
allgemeinen Trend zur Individualisierung möglich geworden" (KREILKAMP
1995, S. 46). Zudem tragen weitere Gesichtspunkte wie ein schnellerer
Lebensrhythmus, frei verfügbares Einkommen, ein sich wandelndes Frei-
zeitverhalten u.ä. zu Veränderungen auf der Nachfrageseite bei. ,,Der Rei-
sende des 21. Jahrhunderts fordert neue Szenarien: Neues Erleben, mehr
Erleben und dies alles in kleineren Zeiträumen" (OPASCHOWSKI 2001, S.
143). Gleichzeitig steigen die Qualitätsansprüche der Kunden, da durch
,,eine Verlagerung des Lebens und Erlebens" in die Urlaubszeit eine Garan-
tie für positive Urlaubserlebnisse erwartet wird. ,,Qualität bedeutet nicht nur
sicheren und pünktlichen Transport und qualitativ hochwertige Unterkunft;
4
Unter Binnentourismus werden alle Reiseströme subsumiert, die von Inländern ausgehen
und nicht über die deutschen Grenzen hinausführen. Der Binnentourismus hat den weitaus
größten Anteil am gesamten touristischen Aufkommen. Der sich auf Ausländer mit einem
touristischen Ziel innerhalb Deutschlands beziehende Incoming-Tourismus hat demgegen-
über nur eine sehr geringe Bedeutung. Der Outgoing-Tourismus bezieht sich auf Inländer,
die in das Ausland reisen.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
13
Qualität bedeutet eine umfassende Erfüllung der Erwartungshaltung der
Konsumenten" (KREILKAMP 1995, S. 17).
Die Gesamtheit der Veränderungen beeinflusst zweifelsohne die Gestaltung
sowie den Vertrieb touristischer Angebote und stellt neue Anforderungen
an die Beratungsleistung und die Servicepolitik der Reisebüros. Dabei zeigt
sich zunehmend eine vom Anbieter forcierte und vom Nachfrager geforder-
te Multioptionalität beim Kauf. Der ,,hybride Verbraucher" wird sich in Situa-
tionen entsprechend seiner Bedürfnisstrukturen unterschiedlich entschei-
den: ,,Einmal spontan für eine dreitätige Reise, ein anderes Mal für eine
lang geplante Reise, die er dann auch langfristig im voraus buchen wird"
(OPASCHOWSKI 2001, S. 144).
2.2.2 Computerreservierungssysteme (CRS)
Zur Erhöhung des Verständnisses touristischer Vertriebsstrukturen soll an
dieser Stelle kurz auf die Funktionen der Computerreservierungssysteme
eingegangen werden.
Die treibende Kraft der informationstechnischen Entwicklungen im Touris-
mus waren die Fluggesellschaften, die Ende der 50er Jahre interne elektro-
nische Buchungs- und Vertriebssysteme zur automatisierten Sitzplatzver-
waltung und Flugscheinausstellung entwickelten und seither deren Ent-
wicklung fortsetzen. Computerreservierungssysteme (CRS) und Globale
Distributionssysteme (GDS) werden als Schnittstelle zwischen Anbietern
und Nachfragern der Tourismusbranche eingesetzt und stellen als solche
einen wichtigen Bestandteil der elektronischen Distribution von Reiseleis-
tungen dar. Die Hauptfunktionen der Systeme liegen in der Anzeige von
Produkt- und Preisinformationen sowie in der Reservierung und Buchung
von Flugtickets, Mietwagen und Hotels (vgl. SCHULZ 1996, S. 18).

Grundlagen des Tourismusvertriebs
14
Im Laufe der Zeit entwickelten sich einige der CRS zu Globalen Distributi-
onssystemen (GDS), die als offene Systeme gestaltet, in ihrer Funktionali-
tät bezüglich Zahl und Art der angeschlossenen Leistungsträger über ein
CRS im herkömmlichen Sinne hinausgehen. Derzeit sind vier global operie-
rende GDS im Markt präsent, von denen in den USA Sabre und Worldspan,
in Europa Amadeus und Galileo beheimatet sind. Eine Spezialform der Re-
servierungssysteme stellt der Hotel Reservation Service (HRS) dar, der aus
einer Datenbank mit etwa 90.000 Hotels besteht, wovon etwa 35.000 Ho-
tels online buchbar sind (vgl. HRS 2001).
Bedingt durch die Heterogenität des europäischen Marktes wurden seitens
der CRS die ,,National Marketing/Distribution Companies" (NMCs/NDCs) wie
START
5
in Deutschland, Traviswiss in der Schweiz, Estérel in Frankreich,
CORDA in den Niederlanden gegründet (vgl. FREYER 1998, S. 39). Diese
ermöglichen, das jeweilige CRS zielgruppengerecht, bezüglich der spezifi-
schen Eigenarten und Bedürfnisse eines jeden Landes, zu vermarkten.
Die 1971 gegründete Start Amadeus GmbH als 100%-ige Lufthansa-
Tochter besteht mittlerweile aus einem bundesweiten Netzwerk mit 41.377
Reisebüro-PCs in 16.249 Reisevermittlungsstellen (vgl. ROGL 2000, S. 38).
Start Amadeus bietet neben der Online-Handelsplattform start.de mit Start
Partner Net auch einen Online-Dienst für die Touristik-Branche. Reisebüros
und Touristikanbieter, Verlage und Touristikzentralen können hierüber
kommunizieren und gezielt Informationen austauschen.
Die Einführung der CRS und GDS brachte für Anbieter und Nutzer zahlrei-
che Vorteile, dennoch ist die Bedeutung und Entwicklung der CRS umstrit-
ten. Zwischen Anbietern und Nutzern bleibt weiterhin strittig, wer die grö-
ßeren Vorteile am System hat und sich entsprechend stärker finanziell
beteiligen müsste. Weiterhin sind durch die CRS-Nutzung enorme Wettbe-
5
Studiengesellschaft zur Automatisierung für Reise und Touristik GmbH

Grundlagen des Tourismusvertriebs
15
werbsverzerrungen möglich. So wird beispielsweise durch einen eingebau-
ten Darstellungsvorteil, den ,,display bias", eine manipulierte Auflistung der
einzelnen Flüge am Bildschirm möglich, je nachdem ob es sich um einen
Flug der eigenen Fluggesellschaft oder einen angeschlossenen Airline han-
delt (vgl. SCHMIDT 1995, S. 43).
2.3 Das touristische Produkt
Nach Analyse des touristischen Wertschöpfungsprozesses wird nun auf die
spezifischen Eigenschaften des touristischen Produktes eingegangen.
Das touristische Produkt setzt sich im wesentlichen aus zwei Leistungskom-
ponenten zusammen. Die eigentliche Basisleistung wird durch die Leis-
tungsträger erstellt und besteht aus einer Kombination von materiellen
Gütern und personenbezogenen Dienstleistungen. Diese Kombination kann
als ,,materielle Produktkomponente" betrachtet werden, aus der das touris-
tische Produkt im engeren Sinne resultiert (ROHTE 1994, S. 95). Die zweite
Komponente des touristischen Produktes umfasst jene Dienstleistungen,
die von weiteren Wertschöpfungsstufen erstellt werden und als ,,additive
Dienstleistungskomponenten" bezeichnet werden können
(ENGELSCH/WELKER 1997, S. 9). Beide Komponenten stellen zusammen
das touristische Produkt im Ergebnis als ,,integrativ-komplementäres Leis-
tungsbündel" dar, wie es die Abbildung 2 zeigt.
Die Betrachtung des touristischen Produktes als Leistungsbündel verdeut-
licht das Zusammenspiel der beiden Leistungskomponenten. Im Hinblick auf
die touristische Wertschöpfungskette können alle produzierenden Funktio-
nen zu dem Bereich der materiellen Produktkomponenten und alle Handels-
funktionen zu dem Bereich der additiven Dienstleistungen gezählt werden
(vgl. CHROMIK/VON DER REITH 1997, S. 18).

Grundlagen des Tourismusvertriebs
16
Abbildung 2: Das touristische Produkt als integrativ-komplementäres Leis-
tungsbündel
Quelle: ROHTE 1994, S. 96; Darstellung: Aline Mühlbauer
Auch die Beratungsleistung des Reisebüros gehört zu den additiven Dienst-
leistungen. Nach ROHTE gibt es zwei Faktoren, die für eine Beratungsleis-
tung durch das Reisebüro ausschlaggebend sind. Dies sind die Komplexität
des Produktes und die Reiseerfahrung des Kunden. Die Abbildung 3 auf der
folgenden Seite verdeutlicht den Zusammenhang: Je höher die Komplexität
eines Produktes desto höher ist die Reiserfahrung des Kunden und umso
ausgeprägter ist das Beratungsbedürfnis.
Je nach Grad der Reiseerfahrung ist ein bestimmter Beratungsaufwand
nötig, der das Informationsbedürfnis des Kunden bezüglich der Leistungen
abdeckt. Die zunehmende Reiserfahrung des Kunden wird als Motiv für den
Wunsch nach individuelleren Reiseleistungen angesehen (vgl. KREILKAMP
1998, S. 326). Nach CHROMIK und VON DER REITH ist zu beobachten, dass
,,der Bedarf an qualitativen Informationen bei reiserfahrenen Kunden an-
steigt und damit einhergehend der Beratungsaufwand zunimmt"
(CHROMIK/VON DER REITH 1997, S. 19).
Transport
Beherbergung
Infrastruktur
innerhalb der
Destination
materielle
Produkt-
komponente
+
+
Dienstleistungs-
komponente
Additive
Dienstleistungs-
komponenten
(z.B. Reisebüroberatung,
Flugservice,
Zimmerservice,
Reiseleitung etc.)
Das touristische
Produkt
als
integrativ-
komplemen-
täres
Leistungs-
bündel
integrativ-
komplementäres
Leistungsbündel
=
Transport
Beherbergung
Infrastruktur
innerhalb der
Destination
materielle
Produkt-
komponente
+
+
Dienstleistungs-
komponente
Additive
Dienstleistungs-
komponenten
(z.B. Reisebüroberatung,
Flugservice,
Zimmerservice,
Reiseleitung etc.)
Das touristische
Produkt
als
integrativ-
komplemen-
täres
Leistungs-
bündel
integrativ-
komplementäres
Leistungsbündel
=

Grundlagen des Tourismusvertriebs
17
Abbildung 3: Der Zusammenhang beratungssteigender Faktoren
Quelle: ROHTE 1994, S. 110; Darstellung: Aline Mühlbauer
2.3.1 Charakteristika touristischer Dienstleistungen
REGELE und SCHMÜCKER sehen in der ,,Beratungsproblematik von Dienst-
leistungen aus Nachfragersicht" den Grund, weshalb die Reiserfahrung des
Kunden einen solchen Einfluss auf die Beratungsintensität einer Reiseleis-
tung ausübt (REGELE/SCHMÜCKER 1998, S. 436). Demnach scheint die
Reiseerfahrung als komplexitätssteigernder und beratungsintensivierender
Faktor zu wirken. Somit gilt es zu klären, weshalb bereits gemachte Erfah-
rungen den Reisenden nicht oder nur bedingt in die Lage versetzen, andere
touristische Dienstleistungen zu beurteilen. Dazu sollen die Besonderheiten
touristischer Dienstleistungen anhand zweier spezifischer Charakteristika
näher erläutert werden:
·
Immaterialität der Leistung und
·
unmittelbarer Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager.
Last-Minute-
Reisen
Pauschal-
reisen
Bau-
stein-
reisen
Expedi-
tions-
reisen
Beratungsintensität
Reiseerfahrung des Kunden
Komplexität des
Leistungsbündels
hoch
hoch
hoch
niedrig
niedrig
niedrig
Einzelkompo-
nenten: Flug,
Hotel etc.
Last-Minute-
Reisen
Pauschal-
reisen
Bau-
stein-
reisen
Expedi-
tions-
reisen
Beratungsintensität
Reiseerfahrung des Kunden
Komplexität des
Leistungsbündels
hoch
hoch
hoch
niedrig
niedrig
niedrig
Einzelkompo-
nenten: Flug,
Hotel etc.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
18
Eine wesentliche Besonderheit der touristischen Dienstleistung liegt in der
Immaterialität der Dienstleistung an sich begründet (vgl. FREYER 1997,
S. 498). Der Anbieter touristischer Leistungen kann gegenüber dem Nach-
frager lediglich eine bestimmte Leistung vorhalten, d.h. der Nachfrager
erwirbt beim Kauf lediglich das Anrecht auf eine bestimmte Reiseleistung,
die zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort zu erbringen ist
(vgl. KREILKAMP 1998, S. 326). ,,Die eigentliche Leistung wird somit im
unmittelbaren Kontakt zwischen Dienstleister und Konsument erbracht;
Produktion und Distribution fallen dabei ­ zeitlich und räumlich ­ zusam-
men" (FREYER 1997, S. 497).
Aus dieser Synchronität von Produktion und Absatz, die CORSTEN als ,,uno-
actu-Prinzip" bezeichnet (CORSTEN 1988, S. 19), resultiert ein ,,veränder-
te[s] Residenzprinzip" das sich dadurch ergibt, dass die eigentliche touristi-
sche Leistung nicht am Ort des Nachfragers sondern am Ort des Produzen-
ten konsumiert wird (vgl. FREYER 1997, S. 498). Nach HILKE handelt es
sich somit bei touristischen Dienstleistungen um eine ,,doppelte Immateria-
lität".
6
Potentielle Käufer können die Leistung vor ihrer Erstellung nicht in
Augenschein nehmen und somit die Qualität vor dem Kauf weder prüfen
noch objektiv bewerten (vgl. ENGELSCH/WELKER 1997, S. 9).
Aus Anbietersicht resultiert aus der Synchronität der Leistungserstellung
eine hohe Vergänglichkeit des touristischen Produktes (vgl.
ENGELSCH/WELKER 1997, S. 9). Stellt ein Anbieter fest, dass seine Kapazi-
täten nicht oder nur ungenügend ausgelastet sind, hat er kaum eine Mög-
lichkeit, sein Angebot auszutauschen (vgl. KLEIN 2000, S. 8). Somit verfällt
eine touristische Leistung bei Nichtverkauf. Die Präsenz des Konsumenten
bei der Leistungserstellung hat zur Folge, dass eine Übertragbarkeit der
6
,,Zu der Immaterialität der Dienstleistung, die erst später vom Dienstleistungsproduzenten
erstellt wird, tritt für die Dienstleistungshandelsbetriebe [wie z.B. Reisebüros] noch die
Immaterialität des von ihnen vertriebenen Dienstleistungsversprechens hinzu. Diese ,,dop-
pelte" Immaterialität erhöht die ohnehin schon vorhandene Erklärungsbedürftigkeit des
Gutes ,,Dienstleistung" gegenüber dem Dienstleistungsnachfrager" (HILKE 1989, S. 25).

Grundlagen des Tourismusvertriebs
19
Leistung auf andere Nachfrager ausgeschlossen ist (vgl. KURZ/ENTENMANN
1997, S. 43).
2.3.2 Eignung für den elektronischen Vertrieb
Nicht jede Form des touristischen Leistungsbündels eignet sich in gleicher
Weise für den elektronischen Vertrieb.
7
Die sogenannte Technologietaug-
lichkeit eines touristischen Produktes ist abhängig von seiner Komplexität,
die sich wiederum auf die Beratungsintensität auswirkt.
8
Je höher die Kom-
plexität desto höher ist auch die Beratungsleistung eines Produktes und
desto weniger eignet es sich für den elektronischen Vertrieb. Infolgedessen
sind Einzelkomponenten und Last-Minute-Reisen für den Online-Vertrieb
prädestiniert, da Konsumenten dieser Reiseformen geringen Beratungsbe-
darf haben und/oder sich lediglich am Preis und an der Verfügbarkeit einer
Reise orientieren (vgl. ENGELSCH/WELKER 1997, S. 10).
Über die Ausprägung und die Bedeutung des Online-Vertriebs entscheidet
das Verhalten und die Akzeptanz der Kunden. Die Substitutionsgefahr des
Reisebüros durch das Internet ist bei materiellen, standardisierten Produk-
ten wie Beförderungsleistungen, einfachen Pauschalreisen und Hotelbu-
chungen am deutlichsten ausgeprägt (vgl. REGELE/SCHMÜCKER 1998, S.
407). Bereits im Jahr 1994 zeigte SCHERTLER anhand des
,,Substitutionsgefahr-Konzeptes", dass die Substitution durch den ,,Travel-
Kiosk"
9
bei beratungsarmen Produkten besonders hoch ist (vgl. SCHERTLER
1994, S. 39f.).
7
Der elektronische Vertrieb basiert auf der Nutzung von Telekommunikationsinfrastruktu-
ren und beschreibt den Vertrieb über Internet, Call Center, Fernsehen, Videotext, und Fax.
Diese Vertriebsmöglichkeiten werden auch als alternative Vertriebswege bezeichnet.
8
Unter der Technologietauglichkeit eines Produktes wird hier der Grad der Abbildungsmög-
lichkeiten von Produktinformationen über elektronische Medien verstanden.
9
Der Travel Kiosk, Anfang 1994 vom britischen Reiseunternehmen Thomas Cook einge-
führt, bot erstmals die Buchung von Reiseleistungen mittels eines Buchungsautomaten im
24h-Service ohne die Inanspruchnahme eines Reisebüros an (vgl. ROHTE 1994, S. 107).

Grundlagen des Tourismusvertriebs
20
Allerdings ist davon auszugehen, dass die Erklärungsbedürftigkeit touristi-
scher Produkte allein nicht das Ausmaß des Online-Reisevertriebs be-
stimmt. Weitere Erklärungsfaktoren sind notwendig und können beispiels-
weise mit dem Involvment-Konzept, das 1965 von KRUGMAN im Rahmen
der Werbeforschung eingeführt wurde, herangezogen werden (vgl.
WÖHLER 1997, S. 168). Dabei wird insbesondere die Entscheidung bezüg-
lich des Produktes betrachtet und weniger die Entscheidung über den in
Anspruch genom-menen Vertriebsweg. ,,High-Involvment-
Kaufentscheidungen" sind Käufe, die dem Konsumenten wichtig sind und
ihn aufgrund ihres finanziellen und/oder sozialen und psychologischen Risi-
kos zu einem sorgfältigen Abwägen bewegen. ,,Low-Involvment-
Kaufentscheidungen" kennzeichnen sich durch geringe Ausprägung der
möglichen Risiken und Informationsgewinnung über Produkt- und Marken-
alternativen" (KLEIN 1999, S. 353). Low-Involvment-Käufe bringen im
allgemeinen geringere Entscheidungsprozesse mit sich. Eine Übertragung
des Konzeptes von den Produkteigenschaften auf die Eigenschaften von
Vertriebswegen erscheint möglich, wenn man davon ausgeht, dass Ver-
triebswege auch in Abhängigkeit vom Involvment-Niveau gewählt werden.
Es ist anzunehmen, dass mit ,,abnehmendem Involvment" die Akzeptanz
elektronischer Vertriebswege beziehungsweise des Online-Vertriebs zu-
nimmt (vgl. CHROMIK/VON DER REITH 1997, S. 21).
Auch wenn touristische Leistungen technologietauglich sind ist es von be-
sonderer Relevanz für die Nutzung der Online-Buchungsmöglichkeiten, dass
ein Mehrwert für den Nutzer generiert wird. Erfahrungen zeigten, dass
nicht-monetäre Vorteile nicht ausreichen, um das gewohnheitsmäßige Ver-
halten der Reisebuchungen über Reisebüros nachhaltig zu verändern. Als
monetären Anreiz bietet die Deutsche Lufthansa beispielsweise dem Online-
Kunden zusätzliche Bonus-Meilen an. Die monetären Anreize sollten nicht
darin bestehen, die gleichen touristischen Leistungen zu unterschiedlichen
Preisen beziehungsweise Konditionen im Internet und auf dem traditionel-

Grundlagen des Tourismusvertriebs
21
len Vertriebsweg anzubieten. Vielmehr gilt es, ein völlig neues, eigenstän-
diges Geschäftsmodell mit speziellen Produktsortimenten aufzubauen (vgl.
DIETZ 2000, S. 23).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hinsichtlich der Pro-
dukteignung für den Online-Vertrieb touristischer Leistungen folgende Vor-
raussetzungen gegeben sein müssen:
·
Der Erklärungsbedarf und die Beratungsintensität der Reise muss
niedrig sein.
·
Die Reiseerfahrung und das grundsätzliche Wissen um das touristi-
sche Produkt muss hoch sein.
·
Der Kunde muss eine Technologieaffinität besitzen und gewillt sein,
die Informationsbeschaffung und Buchungsabwicklung über das In-
ternet zu bewerkstelligen.

Grundlagen des Tourismusvertriebs
22
2.4 Modelle des Tourismusvertriebs
Wie bereits erwähnt wurde bilden die Bedürfnisse und das Verhalten der
Kunden die Grundlage der Vertriebspolitik.
10
Im Folgenden sollen nun kurz
die verschiedenen Modelle des Tourismusvertriebs vorgestellt werden, um
anschließend den Online-Vertrieb und den stationären Vertrieb in diese
Systematik einordnen zu können.
Eine der wesentlichen Entscheidungen im Rahmen der Vertriebspolitik ist
die ,,Make-or-Buy-Entscheidung", d.h. entweder den Weg zum Kunden
direkt zu suchen (Direkter Vertrieb) oder Intermediäre einzuschalten (Indi-
rekter Vertrieb).
11
Die Abbildung 4 auf der folgenden Seite verdeutlicht den
Gesamtablauf.
In Deutschland hat sich der indirekte Vertrieb entwickelt, bei dem sowohl
Leistungsträger als auch Reiseveranstalter ihre Leistungen über dritte Un-
ternehmen an den Endverbraucher verkaufen. Dabei können die dritten
Unternehmen als Händler oder als Mittler auftreten. Händler sind als Unter-
nehmen zu sehen, die Leistungen zu Netto-Preisen einkaufen, d.h. Eigen-
tümer dieser Ware werden, und diese zu selbst kalkulierten Preisen veräu-
ßern.
12
Mittler sind dagegen nicht befugt, im eigenen Namen zu
selbstkalkulierten Preisen zu verkaufen sondern vermitteln eine Leistung zu
einem vom Hersteller vorgegebenen Preis.
13
Der Absatz einer Reiseleistung
10
Die klassische Marketingtheorie bezeichnet die Vertriebspolitik als ,,die Regelung bzw.
Festlegung aller betrieblichen Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, eine Leistung vom Ort
ihrer Entstehung unter Überbrückung von Raum und Zeit an jene Stelle zu überbringen, wo
sie nach dem Wunsch von Anbieter und Nachfrager in den Verfügungsbereich des letzteren
übergeben soll" (NIESCHLAG/DICHTL/HÖRSCHGEN 1994, S. 426).
11
Zur detaillierten Systematik der Vertriebsmodelle siehe insbesondere REGELE und
SCHMÜCKER 1998, S. 405ff.
12
Der Vertrieb über Händler erfolgt bisher in nur geringem Maße. Als Händler treten u.a.
Flug-Consolidators auf, die Tickets von Fluggesellschaften entweder durch Großeinkäufe
mit hohen Mengenrabatten oder als Graumarkttickets, d.h. zu Preisen unterhalb der vom
Bundesverkehrsministerium genehmigten Tarife kaufen, und an die Reisebüros weiterver-
kaufen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832458379
ISBN (Paperback)
9783838658377
DOI
10.3239/9783832458379
Dateigröße
2.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (September)
Note
1,3
Schlagworte
tourismusvertrieb reisebranche e-commerce online-tourismus strukturwandel
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