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Reality Switching

Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktion

©2002 Masterarbeit 150 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Arbeit beschreibt sich durch ein Weiten und Umstellen der medienpädagogischen Möglichkeiten und skizziert durch das Konzept „Reality-Switching“ [RS] pädagogisch und individuell, relevante Handlungsmöglichkeiten in der „Kommunikations- Medien-Gesellschaft“.
Als Rahmen und Orientierung für dieses Konzept wird eine Transformation unserer Gesellschaft - hin zum „Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen“ [MdW] – angenommen, - und am Beispiel des Cyberspace beschrieben.
Reality-Switching [RS], als Konzept viabler Handlungsmöglichkeiten - im Umgang mit Wirklichkeiten - eröffnet die Möglichkeit sich in Wirklichkeitskonstruktionen zu verflüssigen, Halt im Haltlosen zu finden und intersubjektiv wertvoll, also aktiv, an der Konstruktion eines MdW teilzuhaben.
Als Basis für diese Teilnahme fordert Reality-Switching [RS], flüssige Identitätskonzepte. Diese sind dauerhaft, nur durch kreative, prozessuale und konstruktivistische Prozess-Erfahrungen zu erreichen.
Reality-Switching orientiert damit „Schulpädagogik“ an Denk- und Arbeitsmethoden für prozessuale Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten; - und erweitert das Feld der Möglichkeiten für die Medienpädagogik.
Medienpädagogik [MP], wird in dieser Arbeit als offenes Möglichkeitsfeld und Teilsystem der Kommunikationswissenschaften beschrieben, - um sich als Störung, im System Schule zu etablieren und damit eine drohende Implosion dieses Systems abzuwenden.
Insgesamt will diese Arbeit ein Raumgewinn, - für „Selbst-Konzepte“, für Medienpädagogik, und für unsere gemeinsame Konstruktion von Gesellschaft, - durch Neuanordnung und Ausweitung der Denk- und Handlungsmöglichkeiten und durch die Möglichkeit zur Fortsetzungskommunikation – und so gesehen pädagogisch relevant sein.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Orientierungsrahmen8
1.1Ausgangsfragen12
1.2Erkenntnisinteresse12
1.2.1Bevorzugter Erkenntnisweg12
1.2.2Erkenntnisangebot13
1.2.3Wissenschaftliche Grundpositionen13
1.2.4Arbeitsmethoden13
1.3Leselandkarte14
1.4Verallgemeinerte Beobachter-Standpunkte15
2.Allgemeine Ausgangslagen und Denkmodelle26
2.1Konstruktivismus30
2.1.1Grundsätzliches30
2.1.2Allgemeine Aspekte des Konstruktivismus31
2.1.3Konsequenzen/Paradigmen34
2.2Synergetik, Komplexität37
2.3Endophysik - der Raum des inneren Beobachters41
2.4Morphische Felder43
2.5Das Konzept - Kreativität46
2.5.1Begriff und Theorie50
2.5.2Phasentypischer Verlauf55
2.5.3Das Konzept des […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5808
Aigner, Wolfgang: Reality Switching - Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der
Wirklichkeitskonstruktion
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Krems, Universität, Thesis, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
3
Kurzfassung
Die Arbeit beschreibt sich durch ein Weiten und Umstellen der medienpädagogi-
schen Möglichkeiten und skizziert durch das Konzept ,,Reality-Switching" [RS]
pädagogisch und individuell, relevante Handlungsmöglichkeiten in der ,,Kommu-
nikations- Medien-Gesellschaft".
Als Rahmen und Orientierung für dieses Konzept wird eine Transformation unse-
rer Gesellschaft - hin zum ,,Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen" [MdW]
­ angenommen, - und am Beispiel des Cyberspace beschrieben.
Reality-Switching [RS], als Konzept viabler Handlungsmöglichkeiten - im Um-
gang mit Wirklichkeiten - eröffnet die Möglichkeit sich in Wirklichkeitskonstruk-
tionen zu verflüssigen, Halt im Haltlosen zu finden und intersubjektiv wertvoll,
also aktiv, an der Konstruktion eines MdW teilzuhaben.
Als Basis für diese Teilnahme fordert Reality-Switching [RS], flüssige Identitäts-
konzepte. Diese sind dauerhaft, nur durch kreative, prozessuale und konstruktivis-
tische Prozess-Erfahrungen zu erreichen.
Reality-Switching orientiert damit ,,Schulpädagogik" an Denk- und Arbeitsme-
thoden für prozessuale Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten; - und erweitert das
Feld der Möglichkeiten für die Medienpädagogik.
Medienpädagogik [MP], wird in dieser Arbeit als offenes Möglichkeitsfeld und
Teilsystem der Kommunikationswissenschaften beschrieben, - um sich als Stö-
rung, im System Schule zu etablieren und damit eine drohende Implosion dieses
Systems abzuwenden.
Insgesamt will diese Arbeit ein Raumgewinn, - für ,,Selbst-Konzepte", für Me-
dienpädagogik, und für unsere gemeinsame Konstruktion von Gesellschaft, -
durch Neuanordnung und Ausweitung der Denk- und Handlungsmöglichkeiten
und durch die Möglichkeit zur Fortsetzungskommunikation ­ und so gesehen pä-
dagogisch relevant sein.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
4
Abstract
This work describes itself by widening and changing media educational opportu-
nities and outlines by the concept of ,,Reality Switching"[RS] educationally and
individual, relevant action opportunities in the ,,communication media society".
As framework and orientation for this concept a transformation of our society ­ to
the ,,multiversum of the reality constructions" [MdW] ­ is assumed - and de-
scribed by the example of Cyberspace.
Reality Switching [RS] as concept of viable action opportunities - in handling re-
alities - opens the opportunity to liquefy in reality constructions, finding stability
in instability and so intersubjectively valuable of participating actively on the con-
struction of a MdW.
As base for this participation Reality Switching [RS] requires liquid identity con-
cepts. These can be attained permanently only by creative, processual and con-
structionalistic process experiences.
Thus Reality-Switching orients ,,school pedagogic" at thinking and operating
methods for processual learning and experience opportunities - and extending the
field of the opportunities for media pedagogic.
MediaPedagogic [MP] is described in this work as open possibility field and sub-
system of the communication sciences - to establish itself as disturbance in the
system school and to turn away a threatening implosion of this system with this.
Altogether this work wants to be a space gain for ,,self concepts" for media peda-
gogic and for our common construction of society, by new arrangement and ex-
pansion of thinking and action opportunities and by the possibility for continua-
tion communication ­ and thus educational relevant.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
5
Inhaltsverzeichnis
1
Orientierungsrahmen ... 8
1.1
Ausgangsfragen ...12
1.2
Erkenntnisinteresse...12
1.2.1
Bevorzugter Erkenntnisweg ...12
1.2.2
Erkenntnisangebot...13
1.2.3
Wissenschaftliche Grundpositionen: ...13
1.2.4
Arbeitsmethoden ...13
1.3
Leselandkarte ...14
1.4
Verallgemeinerte Beobachter - Standpunkte...15
2
Allgemeine Ausgangslagen und Denkmodelle... 26
2.1
Konstruktivismus ...30
2.1.1
Grundsätzliches ...30
2.1.2
Allgemeine Aspekte des Konstruktivismus...31
2.1.3
Konsequenzen / Paradigmen ...33
2.2
Synergetik, Komplexität ...37
2.3
Endophysik - der Raum des inneren Beobachters ...41
2.4
Morphische Felder ...43
2.5
Das Konzept - Kreativität...46
2.5.1
Begriff und Theorie...50
2.5.2
Phasentypischer Verlauf...55
2.5.3
Das Konzept des Fließens ...57
2.5.4
Kindliche Kreativität ...59
2.5.5
Kreativität fördern und verhindern...60
2.5.6
Kreativ im MdW ...61
2.6
Zen und Identität ...64
2.6.1
Was ist Zen? ...66
2.6.1.1
Satori und Bewusstsein...68
2.7
Gewählte weiterführende Annahmen und Gedanken...71
3
Cyberspace als Wirklichkeits- Multiversum... 73
3.1
Mediale Beobachterpositionen und Dimensionen ...75
3.2
Vergangene, übliche - Ausgangsbeschreibungen...77
3.2.1
Cyberspace ...77

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
6
3.2.1.1
Verhältnis- und Verhaltensbeispiele ...79
3.3
Der CS ­ als Transformationszustand des MdW ...80
3.4
Fazit...82
4
Phänomene der Transformation ... 83
4.1
Wirklichkeitsmultiversum...84
4.1.1
Einflüsse und Dimensionen...85
4.1.1.1
Komplexität und Radikalität ...85
4.1.1.2
Geschwindigkeit ...86
4.1.1.3
Kommunikationsstrukturen und Kommunikation...86
5
Relevanzbereich Schule ... 89
5.1
Lernsphären ...91
5.2
Mentoring als Lernprinzip ...94
5.3
Konzept - Prozesserfahrung...96
5.3.1
Prozessuale Didaktik ...97
5.3.2
Prozessuales, reflektives ,,Gehen"...98
5.3.3
Bewusstseinsstrom und Selbstvergessenheit ...101
5.3.4
Bewusst - wie das Wasser ...102
5.3.5
Kreative Tiefen...104
5.3.6
Konstruktivistische und meditative Prozesserfahrung...105
5.4
Instabile Lernprozesse ...108
6
Handlungsmöglichkeit - ,,Reality-Switching" ... 109
6.1
Ausgangslagen - Paradigmen ...114
6.2
Verlangte Fähigkeiten für das Konzept RS ...115
6.3
Reality-Switching ...117
6.3.1
Beschreibungen ...117
6.3.2
RS - Prozesserfahrung ...118
6.3.3
Switch ­ Störungen ...120
7
Medienpädagogik ... 122
7.1
Aktionale Perspektiven und Paradigmen...124

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
7
8
Quellnachweis ... 125
8.1
Literatur: ...125
8.2
Zeitschriften...127
8.3
Diplomarbeiten...127
8.4
Benutzte und empfehlenswerte Quellen im Internet...127
8.4.1
Links...127
9
Anhang A - Ergänzende Gedanken und Thesen... 129
9.1
Konstruktivismus ...129
9.1.1
Biologische Wurzel ...129
9.1.2
Neurobiologische Wurzel...130
9.1.3
Kybernetische Wurzel ...131
9.2
Ich ­ Selbstraum - Identität...133
9.2.1
Das Konzept des Bewusstsein ...135
9.3
Der Traum, ein MdW ...139
9.4
Medien und Wirklichkeiten...141
10
Thesenrelevante Knoten- und Übergangspunkte... 144
11
Dankesworte ... 150
12
Anhang B - Datenträger ... 150

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
8
1 Orientierungsrahmen
Für die Idee und Beschreibung des Möglichkeitsfeldes Reality-Switching werden
unterschiedliche theoretische Positionen und allgemeine Betrachtungsstandpunkte
frei eingenommen (eben nicht im Sinne von besetzt!).
Als Ganzes gesehen spiegeln sie eine/meine Wirklichkeitskonstruktion, - die
Raum und Orientierung sein soll für die Entwicklung des Konzeptes Reality-
Switching, dass seinerseits wieder Raum und Orientierung für Konzepte und
Handlungsmöglichkeiten sein soll.
Das Konzept Reality-Switching [RS] beschreibt Möglichkeitsdenken und eröffnet
und fordert Handlungsmöglichkeiten für eine ,,wertvolle" (viable) und aktive
Teilnahme - als Konstrukteur intersubjektiver, viabler Wirklichkeiten - innerhalb
lebender Systeme in Übergangsphasen; eben, wie im beschriebenen Konstrukt
,,Multiversum der Wirklichkeiten" [MdW].
Damit wird Reality-Switching auch ein Konzept der Gewaltfreiheit und des Frie-
dens.
In der Analogie, konstruktivistischer-, kreativer-, meditativer- und prozessualer-
Erfahrung, eröffnet Reality-Switching [RS] dem Individuum Anhaltspunkte zu
Orientierungen; - auch außerhalb des Konstruktes MdW. Unabhängig von Plausi-
bilitäten ergeben sich damit viable Denk- Kommunikations- und Handlungsmög-
lichkeiten für die unterschiedlichsten Transformationszustände unserer Konstruk-
tion(en) von Gesellschaft.
Theorien lassen sich als Strategien zum Erreichen bestimmter Zwecke bzw. als
Problemlösungsstrategien bestimmen (Vgl. SCHMIDT, 1998 d, S. 153)
Die Beurteilung von Problemlösungsversuchen kann dabei nur relativ zu erwarte-
ten Leistungen im Hinblick auf Aufgaben erfolgen.
Was ist nun die Aufgabe dieser Arbeit?
Es geht nicht darum Kausalverhältnisse zu entdecken oder vorgefundene Tatsa-
chen auf solche zurückzuführen, sondern, in einem konstruktivistischen Kontext,

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
9
Fortsetzungskommunikation zu ermöglichen (und zu steuern) und Instabilitäten zu
erzeugen.
Inkosistenzen (intern und extern) sollen dabei nicht das Konzept RS in Frage stel-
len; sondern zum Widerspruch und zum Weiterdenken oder ,,klarer" Denken an-
regen.
Die Frage der Aufgaben von MP wird in dieser Arbeit, durch die Beschreibung
von MP als offenes Möglichkeitsfeld, Instabilitätsgarant, Spannungs- und Störfak-
tor und ,,Fremdkörper" im System Schule, zu beantworten versucht.
Für eine bessere Verständigung und Orientierung beschreibe ich (daher) meine
wesentlichen Ansatzpunkte in sieben Ebenen und skizziere den Thesenaufbau
zusätzlich in einer ,,Leselandkarte" (siehe Pkt. 1.5).
Die These stellt sich in wenigstens sieben Intentionsebenen dar:
· Ebene 1:
Die Intention, den Möglichkeitsraum eines offenen Feldes
Medienpädagogik [MP], zu nutzen.
· Ebene 2:
Die Intention, als These selbst Argumentationen für die
Beibehaltung der Unbestimmtheit von MP zu sein.
· Ebene 3:
Das Konzept des RS und seine ,,eigenen" Intentionen.
· Ebene 4:
Die Intention, das prozessuale Teilhaben - und dadurch
Verändern von Wirklichkeiten - als Prozess zur Konstruktion von Möglich-
keits- und Handlungsfeldern zu nutzen und zu beschreiben.
· Ebene 5:
Die Intention, durch ungesicherte, zirkuläre Gedankenflüsse
zu viablen Modellen zu kommen. Und diesen Arbeitsprozess als spannende,
einladende Alternative zu linear-kausalen Vorgangsweisen (im Selbstver-
such) darzustellen.
· Ebene 6:
Die Intention, Lernende (damit sind auch Lehrende ge-
meint) zu Denk- und Handlungsexperimenten anzuregen.
· Ebene 7:
Die Intention, etwas von der ,,Ästhetik" des ,,Eintauchen" in
Wirklichkeiten zu beschreiben und damit einen eigenen Orientierungsrah-
men zu schaffen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
10
Diese Arbeit ist fraktal aufgebaut.
(Benoìt Mandelbrot, 1969
) Das heißt in dieser Ar-
beit wird eine fraktale Kommunikationsform angewandt. Die Gedanken werden
mittels Serien von fraktal organisierten Modulen vermittelt. (im Gegensatz zu ei-
nem linearen sequentiellen Diskurs) Aus jedem Wort kann eine Seite hervorgehen
und aus jeder Seite ...
Während die herkömmliche lineare Methode Wiederholungen zu vermeiden ver-
sucht ­ wird mir die Wiederholung zur Methode. Es kann vorkommen das ein
bestimmtes Thema, ein Gedanke an anderer Stelle wieder aufgenommen, weiter-
entwickelt und in einem anderen Zusammenhang erläutert wird. Auf dieser
Grundlage lassen sich fraktale Formen von großer Komplexität erzeugen. Kom-
plexität geht aus aufgeteilter Einfachheit hervor.
Die in Folge aufgestellten Behauptungen und Hypothesen dienen nur der Be-
schreibung des Beobachterstandpunktes oder werden in Folge als ,,Konstrukti-
onsmaterial" verwendet, sind also Bausteine die zusammen die Konstruktion for-
men. Dies ist vom Leser für seine kognitive Orientierung zu berücksichtigen.
Die Vorgangsweise dieser Arbeit beschreibt eine, - in unseren heutigen postmo-
dernen, turbulenten Wirklichkeiten, - brauchbare Praxis für Medienpädagogik
[MP]. Dabei geht es darum, Perspektiven auszuprobieren ­ vor allem konstrukti-
vistische, prozessuale Perspektiven.
Unvermeidliche Stilbemerkungen:
Jede Existenzbehauptung wie (,,A ist") und jede Attribuierung (,,A ist x") müsste
mit dem Vor-Satz: ,,ich sage, meine, behaupte, nehme an ..., dass x ..." versehen
werden.
Um diese Ungetüme zu vermeiden, bitte ich Sie diesen Vor-Satz in Erinnerung zu
behalten.
Die Aktanten, von denen die Rede ist, sind Menschen, also Männer, Frauen und
Kinder.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
11
Kennzeichnungsbeispiel für thesenrelevanten Knoten- und Übergangspunk-
te:
Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(0)
Gerade wenn sich die festen Grenzen des Bewusstseins und der Wirk-
lichkeiten verlieren und verformen, wenn alles was wir denken und tun ,,Wahr-
heit" wird - ...
Diese Arbeit wird geprägt durch Beschreibungen der Veränderungen unseres
Konstruktes von Gesellschaft, und orientiert sich am Begriff MdW, - einer be-
stimmten Konstruktion von Gesellschaft - sowie am Begriff RS - einem Möglich-
keitsraum zur Orientierung und Entwicklung viabler Handlungsmöglichkeiten im
MdW.
Sie beschreibt sich als medienpädagogische Arbeit und ermöglicht Anknüpfpunk-
te für das Konzept der Identität, das System Schule und das Lernen.
Andere Relevanzbereiche die angesprochen werden, haben dabei nur eine hinfüh-
rende Bedeutung.
Die Bedeutung des MdW für Pädagogik und unsere individuellen und kollektiven
Handlungsmöglichkeiten durch das Konzept RS im Hinblick auf die Zukunft sind
die zentralen Gedanken für diese Arbeit.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
12
1.1 Ausgangsfragen
Welche Konzepte und Fähigkeiten helfen Menschen - in einem Multiversum der
Wirklichkeitskonstruktionen ­ gemeinsam, eine lebenswerte Gesellschaft zu schaf-
fen?
Wie und was kann die Medienpädagogik diesbezüglich leisten?
1.2 Erkenntnisinteresse
· Phänomenologisch
Was sind die Eigenheiten eines MdW?
Was geschieht (wird geschehen) in diesen Welten / Wirklichkeiten?
· Kausal
Welche Auswirkungen haben die Prozesse des MdW auf unsere ,,Selbst-
Konzepte" und unsere Konstruktion von Gesellschaft?
· Aktional
Was kann MP leisten? Was kann das Individuum tun?
1.2.1 Bevorzugter Erkenntnisweg
· Hermeneutisch interpretative Position
· Zirkuläres Modell des Erkenntnisprozesses
Grundsätzlich werden für diese These auch großzügige Orientierungs-
Verallgemeinerungen verwendet, die aber durch eine breite Übereinstimmung
getragen werden und noch Platz und Spielraum für Nachträge (vor allem für die
Pädagogik) lassen.
Die Zusammenführung dieser zwar einfachen aber stabilen Verallgemeinerungen
aus den unterschiedlichsten Wissensfeldern ergeben zwar nur eine ungenaue, aber
für uns brauchbare Karte und ermöglichen ein freies Fließen der Gedanken.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
13
Dabei operiere ich auch essayistisch, ,,unakademisch", im Sinne von Norbert Bolz
und Nietzsches Technik (Safranski): unterschiedliche Perspektiven ,,ein- und aus-
zuhängen", um so die klassischen Grenzen des Denkens verlassen zu können.
1.2.2 Erkenntnisangebot
· Aktionale Modell ­ Theorie: Reality-Switching [RS]
· Beschreibung eines medienpädagogischen Wirkungsfeldes
1.2.3 Wissenschaftliche Grundpositionen:
· Allgemein: interaktionistischer und radikaler Konstruktivismus
· Wichtigste medientheoretische Grundpositionen: Vilèm Flusser, Siegfried
Schmidt
1.2.4 Arbeitsmethoden
· Allgemein: extrahierende aber auch projizierende Hermeneutik, prozessuale
(Selbst-)Versuche, projiziertes Erfahrungswissen aus dem Management von
systemischen Veränderungsprozessen
· Denkmethodik: Abduktionslogik, retrospektiv mit Hilfe des Modells MdW
und dem Konzept RS

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
14
1.3 Leselandkarte

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15
1.4 Verallgemeinerte Beobachter - Standpunkte
,,Schulen und die Gesellschaft sind gefordert, ein offenes, allgemeines, Lernklima zu gestalten, -
das junge Menschen anregt, Erfinder ihrer Selbst und der Gesellschaft zu werden.
Die Fähigkeit des fließenden Wechseln von Wirklichkeiten,
wird für uns ein bestimmender Faktor für ein wertvolles Zusammenleben."
Die Welt ist komplex, ihre Entwicklungen unvorhersehbar. Alle Welten ändern
sich: Nicht nur die Arbeitswelt wandelt sich grundlegend und lässt die gewohnten
Muster des industriellen Zeitalters hinter sich, sondern auch unser Konsum und
unser Sozialleben. Überall trifft man auf ähnliche Auflösungserscheinungen:
Während alte Formen des Gemeinsamen verloren gehen, müssen sich neue erst
entwickeln.
Zwar hat die Menschheit historische Übergangsphasen schon früher durchlaufen.
Die Entwicklung zur Agrargesellschaft vollzog sich aber über mehrere Jahrtau-
sende hinweg. Die industrielle Revolution dauerte mehr als ein Jahrhundert. Jetzt
erleben wir die Revolution der Informationen und der Kommunikation, die sich
innerhalb mehrerer Jahrzehnte vollziehen dürfte. Diese Entwicklungen führen zu
einer wachsenden Komplexität von Gesellschaft, Systemen und Netzen. Und die-
se Komplexität trotzt unseren traditionellen Analyse- und Handlungsschemata.
Wir sind auf solche Veränderungen nicht vorbereitet. Unser Denken bleibt der
Komplexität gegenüber analytisch, unsere Weltsicht ist weiterhin in wissenschaft-
liche Fachgebiete unterteilt und unser Wissen ist enzyklopädischer Natur. Wir
brauchen neue Werkzeuge und neue Denkweisen, um eine Entwicklung zu erfas-
sen, deren Hauptakteure wir selber sind. Wir brauchen Handlungsräume für eine
Welt, in der gleiche Ursachen unterschiedliche Wirkungen hervorrufen, in der
Prozesse, Netze und Systeme zu einem unauflösbaren Gewebe vermengt sind.
Wenn Komplexität verliert durch Analyse in einfache Elemente zerlegt wird, ver-
liert sie einen Teil ihrer charakteristischen Eigenschaften. Und wenn durch Syn-
these das Ganze ausgehend von seinen Einzelteilen erschlossen wird, fehlen expe-
rimentelle Beweise, die die jeweiligen Hypothesen stützen.
Es ist die Kombination aus Analyse und Synthese, die dazu beitragen kann, Kom-
plexität verständlicher zu machen. (Vgl. ROSNAY, 1997, S. 29 f)

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
16
Im Vergleich zur Industriegesellschaft wird die Digitalära zuerst einmal unsicher -
chaotisch.
Die unterschiedlichen Welten sind nicht mehr voneinander abgrenzbar.
Wenn wir prozessuale, intersubjektiv viable (ethische), also kommunikative ,,Ü-
berlebensstrategien" und Modelle wie RS für ,,flüssige" Gesellschaften, die sich
aus digitalen Multiversen von Wirklichkeitsräumen und amorphen, intermedialen
Zwischenräumen zusammensetzen, entwerfen und entwickeln wollen ­ müssen
wir Entdecker sein und den Mut aufbringen ohne gesichertes Wissen zu agieren.
Die Erhöhung der Komplexität des Kultur- Kommunikation- Medien- Syndroms
führt zu einer Erhöhung von Chancen und Risiken zugleich. Um intermediale
Phasenübergänge zu finden und für Orientierungs- Denk- und Handlungspausen
zu nutzen und für ,,Kommunikationsunterbrechungen" (nach Schmidt) zu sorgen,
die neue Fortsetzungsmöglichkeiten erzeugen; ist prozessuale Identitäts- Erfah-
rung, ein Schlüsselfaktor sein.
Suchen wir nach grundsätzlichen Handlungsmöglichkeiten, mit der Empfindung,
dass sich die Welt radikal, diskontinuierlich und permanent, verändert, können
wir versuchen uns spielerisch unseren allgemeinen Handlungsspielraum zu erwei-
tern. Dieser Spielraum ist Denk- und Möglichkeitsraum für die Entwicklung frak-
taler Handlungsprototypen mit Andockmöglichkeiten für immer neue aktionale
Kulturprogramme.
Versteht man Kommunikation nicht als Austausch von Informationen zwischen
kognitiven Systemen, sondern systemspezifische Sinnkonstruktionen aus Anlass
der Wahrnehmung von Medienangeboten dann wird man auf dem Zusammenhang
zwischen Kultur, Kommunikation und Medien verwiesen.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich die Konzepte: Selbst, Familie, Ge-
meinschaft, etc. ständig ändern.
Für Kinder und Jugendliche ist es besonders schwierig Selbst-Bilder zu konstruie-
ren, die sich durch von ihnen persönlich geschätzte und ethische Werte kenn-
zeichnen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
17
Schulen und die Gesellschaft sind gefordert, ein offenes, allgemeines, Lernklima
zu gestalten, - das junge Menschen anregt, Erfinder ihrer Selbst und der Gesell-
schaft zu werden.
,,Mentoren" (im Sinne ostasiatischer Lerntraditionen) müssen den jungen Men-
schen helfen ihre innere Welt zu erforschen ­ damit sie mit ihr und in ihr arbeiten
können.
Neue Technologien, Medien und ein konstruktivistisches, prozessuales Lernver-
ständnis müssen dabei hilfreich zur Seite stehen.
Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(1)
Erfahrungen im freien, kreativen Spiel mit Identitäten und der Kom-
munikation dieser und anderer Konstruktionen, können den jungen Menschen
helfen als Akteure - im Konstrukt eines Multiversum der Wirklichkeiten, in der
Kommunikationsgesellschaft oder anderen intersubjektiven Konstrukten zu leben;
- und diese wertvoll für sich und andere zu gestalten. Flüssige Identitäten ermög-
lichen, bedingen, gewaltfreie Kommunikation und schließen ein ,,Zerbrechen"
von ,,Persönlichkeit" aus.
Die Geschwindigkeit, Radikalität und Turbulenz der Veränderungen erzwingt ein
Ende der ,,Diskussion" über das neue Lernen ­ und ein fordert das Tun ­ das Ex-
periment ­ den Pilot - die Veränderung ­ und die Bewegung des Systems, ohne
dabei in Aktionismus (Computerklassen) zu verkommen.
Standardisierte (ideologisierte) Lehrpläne und Lehrer lassen aber meist die not-
wendige Geschwindigkeit des Tuns nicht zu, verhindern aus Unsicherheit und
Angst oder aus selbst gewählter ,,Blindheit" die, für das System Schule lebens-
notwendige Öffnung.
Meine Recherchen ergaben nur wenige Beispiele offener Lernklimas; - also Lern-
Orte die ein freies Identitätsaufbauen und ein gegenseitiges Wachsen von ,,Leh-
rer" und ,,Schüler" begünstigten; - umso mehr sind diese Beispiele mahnende und
beispielgebende Leuchtfeuer in der Vornacht eines MdW.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
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Viele engagierte Lehrer beschäftigen sich mittlerweile auch mit den Möglichkei-
ten konstruktivistischer Didaktik. (Vgl. DAVID, Lehren und Lernen in hyperme-
dialen Feldern, Uni-Krems, 2002)
Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(2)
Die ständige Konstruktion neuer Möglichkeiten und Konzepte bzw. die
Nutzung geräumiger Möglichkeitsfelder, für sich selbst und die Gemeinschaft for-
dert den kreativen, zum Prozess gewordenen Menschen.
(3)
Lern-Orte müssen die Menschen ermuntern den ,,kreativen Geist"
wach zu halten, selbst zu denken und selbst zu lernen.
Durch neues, konstruktivistisches, kreatives, prozessuales Lernen und im Umgang
mit den derzeit noch technisch, einfachen Netz-Rollespielen sowie durch die Nut-
zung der globalen Vernetzung (Internet), können wir jetzt schon die Anzahl unse-
rer Standpunkte erweitern.
Leider mutiert der Computer in vielen Schulen zum bloßen technischen Artefakt
und die Fähigkeit des Computers zur Simulation, - um mit seiner Hilfe ein besse-
res Verständnis für Komplexität zu entwickeln und effektiver auf sie einzuwirken,
- wird nicht genutzt.
Der Begrenztheit unser pädagogischen und traditionellen Programme, steht
bald eine technisch induzierte und kognitiv und emotional verlangte, unbe-
grenzte Zeit- Raum- und Körper- Erfahrung gegenüber. (Symbiose Mensch ­
Maschine und Cyberspace als Vorläufer des MdW)
Neue bioelektronische,(!) Interfacetechnologien und Präsentationstechnologien,
wie zum Beispiel Laserprojektionen auf die Netzhaut, werden das allgemeine
Verhältnis zu Wirklichkeitskonstruktionen nachhaltig verändern, ­ viele Auswir-
kungen werden uns ­ unerwartet, aber (hoffentlich) nicht unvorbereitet treffen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
19
Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(4)
Denk- und Selbstlernfähigkeiten sind dabei Schlüssel-Skills und bilden
eine Basis für das so notwendige prozessuale, flüssige Selbst.
Diese Fähigkeiten verlangen neue Erfahrungen und Lernkonzepte. Verschiedene
Konzepte, wie konstruktivistische Pädagogik sind zum Teil gut erfasst und wer-
den in der Praxis bereits systematisch erprobt.
In Österreich ist diesbezüglich, ein Prozess - durch eine medienpädagogische Dis-
kussion - erst einzuleiten.
Vor allem holistisches, körperliches, Selbst-Lernen muss durch neue Lernmodelle
gefördert werden.
Die derzeitige, (österreichische) traditionelle Praxis des Unterrichts muss sich
so grundsätzlich zu einer Förderung systematischer, kreativer, prozessualer
Denkweisen ändern, - dass es starker Hebel dafür bedarf. MP muss hier Initia-
tor sein und sich eine Rolle geben.
Dem einzelnen Akteur erscheinen solche ,,Veränderungsaufforderungen" oft
unrealistisch und unklar.
Hier darf noch einmal an das Paradigma des ,,Tuns" erinnert werden.
Pädagogische Standpunkte sind keine Naturgesetze, wir brauchen nur die rich-
tigen Werkzeuge und Hebel für Veränderung ­ und wir müssen Veränderung
als Ziel markieren.
Als Mensch sind wir schon immer Konstrukteur von, - auch intersubjektiven,
Wirklichkeiten, - konnten aber in diesen Konstrukten meist verweilen und wurden
nur hin und wieder durch starke Störungen aus unserer Wirklichkeit ,,gerissen".
Bisher war es uns nur in bestimmten Systemzuständen (als Kind, im luziden
Traum, Meditation, Wahn,..) möglich, frei zwischen Wirklichkeiten aufgelöst zu
fließen; - und dies bereitet uns - als abgegrenzter Ausnahmezustand - in der Regel
auch keine großen Schwierigkeiten.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
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Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(5)
Zeit- Raum- und Körper- Erfahrung waren und sind immer möglich.
Die aktuelle Dramatik begründet sich aber durch die jederzeitigen, generellen
und universellen Zugangsmöglichkeiten, zu diesen Erfahrungen und durch ,,Iden-
titätstrips" - ohne im Spiel erworbene Erfahrungen - und ohne Begleitung und
vorbereitende Hinführung.
Die Dramatik für das Individuum entsteht auch durch eine radikale und dauernde
Transformation (nicht Translation) des Systemzustandes. Wir leben gerade in
unserem Konstrukt einer instabilen Kommunikationsgesellschaft, in der ständig
Störungen auftauchen, in der laufend neue Interfaces entwickelt werden die es
uns ermöglichen, - ohne bestimmte Systemzustände herstellen zu müssen, ­ flie-
ßend in unterschiedlichste Wirklichkeiten einzutauchen, Wirklichkeiten zu verän-
dern und neu zu konstruieren.
Der Systemausnahmezustand wird zum Normalzustand.
Orientierung, ,,Selbst-Bestimmung" und ,,Identität" wird nur durch eine aktive
Teilnahme an der Konstruktion wertvoll möglich und konstruiert.
Diese Teilnahme fordert offene fließende Konzepte und ,,verflüssigte" Identitäten.
Das Verharren in einzelnen oder einer bestimmten Wirklichkeit(en), kommt einer
,,Nicht-Teilnahme" gleich und führt zu festen und eingeschränkten, saturierten,
sehr dichten Systemzuständen; ­ es bildet sich ein hohes Implosions- und Gewalt-
potenzial.
Eine Chance für das Individuum, ist daher die Öffnung des Systems-Schule, durch
die Konstruktion offener, viabler Möglichkeitsfelder für die Erfahrung flüssiger
Identitätskonzepte und prozessualer, kreativer Erfahrungen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
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Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(6)
Die Fähigkeit des fließenden Wechseln von Wirklichkeiten, wird für
uns ein bestimmender Faktor für ein wertvolles, also lernendes, wachsendes, ge-
waltfreies Zusammenleben.
Die Kommunikations-Wirklichkeitsgesellschaft weist die gleichen Merkmale auf,
die auch den Zustand der Welt im allgemeinen definieren:
Komplexität, Interdependenzen und Unvorhersehbarkeit.
Dies bedeutet den Abschied der Subjekt-Objekt Trennung und des linear-kausalen
Denken- und Handelns.
Die Haltung sich in einer Wirklichkeit zu verbarrikadieren, - wenn wir mit unvor-
hersehbaren Entwicklungen konfrontiert werden, - muss zugunsten einer aktiven
(offenen) prozessualen Haltung verlassen werden um ein ,,Zerbrechen" zu verhin-
dern.
Entwicklungslinien in der Kommunikationsgesellschaft zu beschreiben ist ein
schwieriges Unterfangen. Welchen Aspekt man auch immer herausgreift, Neuland
ist zu betreten. Vorhandene Erklärungen und Gestaltungsmuster liefern nur den
Status quo ab.
So weitsichtig z.B. Sherry Turkle das Modell des ,,flexiblen Selbst" beschrieb, so
seltsam mutet doch ihre Forderung nach Programmierkenntnissen, als zwingende
Vorraussetzung für eine aktive Teilnahme an der virtuellen Welt des Cyberspace
an; - die Forderung übergeht dabei z.B. die dramatische Verringerung der Halb-
wertszeit technologischer Fertigkeiten.
Dieses Phänomen ist auch immer wieder bei Forderungen nach einer ,,Technisie-
rung" unserer Schulen festzustellen.
Die Aspekte der Entwicklungen sind zudem nicht mehr disziplinär erklärbar und
erfordern den Mut zum Diskurs, zur Systemöffnung. Diese Forderung wider-
spricht aber unserm Stabilitäts- und Sicherheitsdenken.

Reality-Switching [RS]
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Ein Beispiel für Un-Mut, - das die Gefahr der Öffnungsverweigerung - eines Sys-
tems deutlich macht, sind die Formulierungen im ,,Allgemeinen Bildungsziel" des
Lehrplanes für Volksschulen in Österreich (aus dem Jahre 2002!):
,,Die Volksschule [...] hat die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der
Jugend nach sittlichen, religiösen und sozialen Werten sowie nach den Wer-
ten des Wahren, Guten und Schönen (?) [...] mitzuwirken. [...] Die jungen
Menschen sollen zu gesunden, arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verant-
wortungsbewussten Gliedern der Gesellschaft [...] herangebildet wer-
den.[...]"
Wahr? Gut? Schön? ­ Von welcher Gesellschaft ist hier die Rede?
Schule hat in dieser Beschreibung ihre abgeschlossene ­ nicht intersubjektiv,
viabel kommunizierbare Wirklichkeit.
Im beschriebenen ,,Lehrziel" ist keine Spur vom geforderten Geist der Kreativität,
kein Wort über prozessuale Erfahrungen, kein Wort von der, von Glasersfeld ge-
forderten Kunst: die Kunst des Lernens auszubilden, damit die Schüler selbst
Wissen aufbauen können.
Das ,,Bildungsziel" unserer Volksschule berücksichtigt weder einen
konstruktivistischen Erkenntnisweg noch bietet es ,,pädagogische" Ansätze für die
permanenten tief greifenden Veränderungen in unserer Kommunikations-
Gesellschaft.
Auch im lfd. Text des Lehrplanes findet sich kein Wort über den wechselseitigen
Beziehungsprozess zwischen Lehrer und Schüler, nichts ,,Fließendes" nur ,,Har-
tes", fixfertige - ,,Normidentitäten" - Formendes".
Das beschriebene Bildungsziel kann als Statement für die Nicht-Teilnahme an der
Kommunikationsgesellschaft gelesen werden.
Die Viabilität und Überlebensfähigkeit des Systems ist in Frage zu stellen.
Die Dringlichkeit, der Gestaltung eines, nicht in diesem System gefangenen, Kon-
zeptes ­ Medienpädagogik, als Instabilitätsfaktor und Diskrepanz für das System
Schule, wird deutlich.

Reality-Switching [RS]
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23
Thesenrelevanter Knoten- und Übergangspunkt.
(7)
Gerade wenn sich die festen Grenzen des Bewusstseins und der Wirk-
lichkeiten verlieren und verformen, wenn alles was wir denken und tun ,,Wahr-
heit" wird - brauchen wir neue Diskursmodelle die uns Raum in uns gewinnen
lassen. Und uns damit helfen - unser Möglichkeitsdenken und Handeln zu erwei-
tern.
Der Konstrukt Kommunikationsgesellschaft verlangt diese, ideologiefreien Denk-
und Handlungsräume die Platz schaffen für Möglichkeiten und Experimente - die
uns weiterführen und eine selbstbestimmte Existenz in einer sich verflüssigenden
Kultur ermöglichen.
Als Individuen leben wir in den kognitiven Wirklichkeiten, die wir im Rahmen
unserer jeweiligen gesellschaftlichen Konstruktionsmöglichkeiten erzeugen und
mit anderen aushandeln und regeln.
Das System Schule vermeidet konsequent diesen Akt des Aushandelns und ver-
zichtet damit auf die Chance der (Selbst)-Unterbrechung ihres Zustandes und da-
mit auf die Möglichkeit der positiven Veränderung.
Aber unsere Kultur wird ,,heiß" (Safranski). Die ,,saubere" Trennung der einzel-
nen Kultursphären verliert sich.
Dieser Prozess darf uns nicht ins Abseits stellen und uns als verängstigten Zu-
schauer (Nicht-Aktanten) erscheinen lassen.
Die unterschiedlichen Wissensbereiche nähern sich nur langsam, dem Phänomen -
einer sich mehr und mehr digitalisierenden Welt - und der Auflösung der harten
Grenzen, zwischen den einzelnen Kultursphären, wie Religion, Wissenschaft,
Wirtschaft etc., - an.
Die traditionelle Unterscheidung zwischen medialvermittelten und medialunver-
mittelten Erfahrungen ist längst hinfällig geworden.
Die Omnipresenz von Medienangeboten verändert individuelle wie soziale Kon-
struktionen, und sie verändert zugleich deren kategoriale Ordnung und Relevanz-

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
24
bewertung. (Schmidt). Das Programm Kultur realisiert sich als Medienkultur-
Kommunikations- und letztlich als unendliche Wirklichkeitskultur.
Die Sehnsucht der Menschen nach Orientierung und damit die Empfänglichkeit
für Heils- und Universallehren nimmt zu und fordert auch den wissenschaftlichen
Diskurs, in neuer und offener Weise.
Segmentierte und ideologisierte Aussagen über die Wirkungen und Auswirkungen
neuer Medien und im speziellen über den Cyberspace führen zu keinen brauchba-
ren Orientierungsrahmen.
Isolierte ,,reformpädagogische" Konzepte oder ,,Aktionismus" wie Computer-
klassen berücksichtigen die dramatischen Entwicklungen der Kommunikati-
onsgesellschaft kaum oder gar nicht.
Das Entstehen immer neuer, annehmbarer Wirklichkeitsuniversen, forciert durch
eine immer schneller werdende Technologieentwicklung - die zu immer besser
funktionierenderen und ,,sinnlicheren" Interfacedesigns führt -, fordert das Indivi-
duum auf ,,verflüssigte" Identitätskonzepte zu entwickeln und zeigt der ,,Schul-
Pädagogik" ihre selbsterrichteten Mauern.
Gerade ,,pädagogische" Erklärungsversuche und Theorien sind sehr oft ideolo-
gisch gefärbt und Opfer ihrer Selbstreferentialität und viel zu wenig interdiszipli-
när. Pädagogik muss endlich Anschluss finden. Sich lösen von der Wertediskussi-
on - und Modelle und Experimente wagen.
Die Furcht vor Verlusten schränkt unseren Handlungsraum ein. Die Chancen ak-
tiv und für alle Aktanten wertvoll, in unserem gemeinsamen Konstrukt der
Kommunikations- und letztlich Wirklichkeitsgesellschaft teilzunehmen und ihn
weiter zu erfinden und auszubauen, werden oft verspielt.
Ob wir uns öffnen oder nicht, wir sind Teil, Aktanten und Konstrukteure
der/unserer Wirklichkeitsgesellschaft. Es ist dabei die Rede von einer radikal an-
deren Gesellschaft ­ einer Kommunikationsgesellschaft, in der sich Sinn- und Er-
lebnisproduzenten zu Gestaltern und Anbietern komplexer Wirklichkeits-Systeme
entwickelt haben.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
25
Das Individuum ist dabei zwingend Wirklichkeitskonstrukteur, also Teilnehmer
und Produzenten von Wirklichkeit.
Wir alle müssen Abschied nehmen, uns lösen vom mechanistischen Denken des
17. Jahrhunderts, das viele Phänomene ignoriert, die nicht ihr Weltbild passen, -
und die Teilnahme an der Kommunikationsgesellschaft lernen.
Dazu müssen wir uns neue Standpunkte - aus sich ständig veränderten Perspekti-
ven eröffnen.
Wir müssen frei und fließend Wirklichkeiten annehmen. Ein Multiversum der
Wirklichkeitskonstruktionen verlangt ein freies Gleiten ­ und selbstbestimmtes
Wechseln zwischen Wirklichkeitskonstruktionen und ein ständiges Erfinden neuer
Möglichkeitsräume.
Wir brauchen Phantasie und ein Handlungsfeld, das den aktiven und spontanen
Aufbau von Identitäten und Welten zulässt.
Wir müssen uns die Freiheit des ,,Narren" zurückerobern.
Der mittelalterliche Narr als Leitfigur und Wegweiser für die postmoderne Schule?
Sein klarer, kindlicher Geist nimmt jene außergewöhnlichen Erfahrungen auf, die gewöhn-
lichen Menschen verborgen bleiben. Er ist ein Wanderer, der an den Rändern des gesell-
schaftlichen Lebens existiert. Unbeirrt geht er seinen Weg, ohne sich von außen, von der
Gesellschaft einschränken zu lassen. Er hat keine Angst vor Veränderung. Sein Witz und
seine Ironie lockern festgefahrene Situationen auf. Sein Einfallsreichtum findet Auswege
aus Sackgassen. Seine Respektlosigkeit deckt Verkrustungen auf. Unerschrockenheit, nicht
Leichtsinn und Blindheit kennzeichnen ihn. Er ist neugierig und vertraut auf die eigene In-
tuition, die ihn zum Ziel führt. Der Narr ist der Joker im Kartenspiel. Er kann überall auf-
tauchen und ist immer einsetzbar, wenn die passende Karte nicht zur Hand ist.
Nur wenn kluge, furchtlose und erfinderische Narren Einzug in die Schulen halten, nur
wenn die Lehrer närrischer werden, kann eine Brücke zwischen Menschlichkeit und Verän-
derung geschlagen werden. Denn nur solche Lehrer sind frei genug, um mutig neue Wege
zu beschreiten.

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2 Allgemeine Ausgangslagen und Denkmodelle
,,Noch nicht mal so etwas Triviales wie das Licht
kann man mit einer einheitlichen Theorie erklären."
[N. Bolz]
Wenn der Mensch schon die Grenzen seiner individuellen Erfahrung nicht über-
schreiten kann, sollte er sich bemühen viele neue, unterschiedliche Erfahrungen
zu sammeln, sich Möglichkeitsfelder zu erschließen und Interfaces zu schaffen;
und - er muss wieder Staunen lernen; aus sich selbst heraus.
Ich stelle in diesem Kapitel Theorien vor, die Ansätze für Lösungsstrategien bie-
ten und Basis für die weiterführende Diskussion und Konstruktionsmaterial für
das MdW sind.
Dabei geht es nicht um eine Vereinheitlichung oder eine Hinführung zu einer U-
niversaltheorie, sondern um die Skizzierung eines Zugangs.
Einer Orientierung - in den Turbulenzen der Kommunikationsgesellschaft und
im, - als ein Beispiel eines MdW dargestellten Konstruktes, - Cyberspace.
Es geht im Kapitel auch nicht um technikorientierte, archäologisch ansetzende
Medientheorien oder kulturanthropologische und subjektzentrierte Kommunikati-
onstheorien, sondern um Denkräume die eine weiterführende Sicht auf unsere
Kommunikationsgesellschaft zulassen und fordern.
Die monokausale Reduktion von Komplexität bietet uns bei der Entwicklung von
Handlungsmöglichkeiten in komplexen, chaotischen Systemen keine passenden
Konzepte. Die Hyperkomplexität der Weltgesellschaft kann nicht mit einer Theo-
rie beschrieben werden.
Für die Wirtschaft gibt es nach wie vor fünf, sechs fundamental unterschiedliche
Theoriemodelle, die alle "irgendwie" richtig sind - und sich doch nicht miteinan-
der vermitteln lassen.
Wir brauchen deshalb die ,Theoriemehrsprachigkeit' und den Willen und Mut in
unterschiedliche Denkräume/Theorien einzutauchen und aktiv daraus Wissen zu
,,erwerben". (Der Term Theoriemehrsprachigkeit wurde von der Bochumer Ar-

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beitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus verwendet; und könnte als Idee, einen
Impuls in die Abgrenzungs-Diskussion der Medienpädagogik bringen.)
Um Herauszufinden, was wir im Konzept RS denken und tun können, - wie sich
die damit eröffneten neuen Denk- und Handlungsmöglichkeiten auf die Erreich-
barkeit unserer Ziele und die Erfüllbarkeit unserer Wünsche auswirken, - müssen
wir Erfahrungen mit der konstruktivistischen Konzeption machen.
Wir brauchen konstruktivistische Prozess-Erfahrungen.
Ich versuche für uns einen Blick auf Modelle und Denkansätze die Grundlage für
die Entwicklung von Handlungsmöglichkeiten wie Reality-Switching, möglicher
(viabler) didaktischer Ansätze und notwendiger kognitiver Fähigkeiten sein kön-
nen. Also einen Blick auf Modelle und Denkansätze die uns Kommunikation er-
möglichen. Kommunikation, die für den Konstrukt - unser Leben als Prozess, in
einem Multiversum unendlicher Wirklichkeiten, - notwendig und passend ist.
Die Vielzahl von geeigneten Ansätzen zwingt in Folge zur Selektion und Fokus-
sierung. Dieser selektive Blick ist aber durchaus ausreichend um uns die notwen-
digen neuen Denk- und Handlungszugänge zu eröffnen die wir für die Definition
und Entwicklung von Methoden und Projekten - zur Steigerung unserer Lebens-
also (auch) Kommunikationsfähigkeit im WdM - brauchen.
Problematisch bleibt dabei das Zurückgreifen auf Erfahrungen, also auf die Ver-
gangenheit. Diesem Umstand durch Kreativität zu entgehen war/ist nicht leicht; -
ist ein ständiger Lernprozess; - so gesehen beschreibt diese Arbeit auch einen
Selbst-Versuch.
Zu lernen ist auch, die deutliche Erhöhung der Geschwindigkeit, - beim ,,Loslö-
sen", bei der Trennung von nicht mehr viablen Modellen und Strategien
(das Ent-
lernen!)
sowie die Erhöhung der Geschwindigkeit für Neuentwicklungen und
kontinuierliche Verbesserungen bei den Anwendungen, - gegenüber der Ge-
schwindigkeit, bisher etablierter Vorgangsweisen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
28
Modelle und Strategien müssen dabei ständig ent-ideologisiert und ent-
personifiziert werden.
Bei den ausgewählten Theorien und skizzierten Denkräumen die uns hilfreich zur
Seite stehen können geht es um Theorien die uns Zirkularität (das Denken des
Denkens, die Wahrnehmung der Wahrnehmung, ...) und deren ,,Nichtsteuerbar-
keit" akzeptieren lassen und uns eine wertvolle Teilnahme an diesen Prozessen
erlauben. (Vgl. BARDMANN, 1997, S.8)
Es geht auch um ein ,Verwerfen' der klassischen Annahme:
Erkenntnis bestehe in der geistigen Abbildung äußerlich vorgefundener Tatsa-
chen. Diese Auffassung steht zwar seit längerer Zeit zur Kritik, wird aber oft noch
weitgehend, ungebrochen vorausgesetzt.
So weit ­ so gut:
versuchen wir also einen hermeneutischen Blick auf eine paar Wissensbereiche
und Denkweisen und suchen wir nach Indizien und Diskursen die eine Möglich-
keit bieten, unser reflexives Denken anzuregen und unser Handlungsspektrum zu
erweitern; - schaffen wir uns damit einen Bauplan für die Konstruktion des Mög-
lichkeitsfeldes und Konzeptes RS.
Die Auswahl der Theorien und Thesen ist, wie erwähnt, auf die Relevanz für die
Entwicklung der Handlungsmöglichkeit Reality-Switching abgestimmt und einge-
schränkt.
Für unseren grundsätzlichen Wissensweg fokussiere ich unseren Blick zunächst
auf den Konstruktivismus. Dabei gehe ich auf die unterschiedlichen Strömungen
des konstruktivistischen Diskurses nur bedingt ein.
Der radikale Konstruktivismus, liefert, - als empirische Kognitionstheorie und
kohärente Denkweise wichtige Grundlagen für Ideen und Theorien, - und war/ist

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
29
daher eine Unterstützung, um mit den zunächst unbegreiflichen Phänomenen des
MdW zurecht zu kommen.
Eine besondere Betrachtung ist auch dem ZEN-Buddhismus gewidmet:
die Besonderheiten dieser ostasiatischen Denk- und Handlungsweise kommen
einerseits der konstruktivistischen Idee sehr Nahe, - dieser Umstand ist in einem
Thesenpapier der Bochumer Arbeitsgruppe für sozialen Konstruktivismus genauer
untersucht worden, - und andererseits besteht eine Analogie dieses Denkens und
Handelns zum kreativen Prozess und den von mir skizzierten, notwendigen Fä-
higkeiten zur individuellen Eröffnung der Handlungsmöglichkeit RS.
Auch auf die Systematik, - als Denk- und Modellwerkzeug wird eingegangen.
Liefert sie doch wichtige Hilfestellungen unsere Netze und Systeme verstehen zu
lernen.
Ein vertiefender Überblick über die lfd. Forschungsergebnisse und sich abzeich-
nenden Entwicklungen im Bereich KI, Robotik, Quantencomputer, Holografie,
Lasertechnik, Neurobiologie, Medizin (technische Implantationen) ist nicht mög-
lich.
Eine dauernde Einladung der ,,Medienpädagogik-Aktanten" an Vertreter dieser
Bereiche, wäre für die Entwicklung variabler, viabler Möglichkeitsfelder im MdW
von weitreichendem Nutzen.

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2.1 Konstruktivismus
,,Erkenntnistheorien sollen uns helfen,
unserer Erkenntnisprozesse zu verstehen und zu entfalten."
(EBERHARD, 1999, S. 11)
Die Arbeit setzt ein konstruktivistisches Lese-Publikum voraus, - was den Vorteil
hat, sofort in Relevanzbereiche einzusteigen - und den Nachteil, dass die Konver-
genzen der Beschreibungen nicht deutlich erkennbar sind. Aber eine umfassende
Behandlung über den Konstruktivismus ist nicht Intention dieser Arbeit, - hier
darf ich auf die einschlägige Literatur zum Thema verweisen.
Mir geht es vor allem darum, durch bestimmte Aspekte des Konstruktivismus
,,prozessual" auf andere Theorien, das Konzept MdW und letztlich auf das Kon-
zept RS hinzuführen.
2.1.1 Grundsätzliches
Der konstruktivistische Diskurs als Erkenntnismethodik passt um Modelle für
eine Gesellschaft die sich in einem Phasenübergang befindet und sich immer am
Rande des Chaos bewegt und deren Konstrukt von einer Gesellschaft:
gesicherter, empirischer Erkenntnisse und ,,fixer" Realitäten"
hin zu einer Gesellschaft:
unendlicher, fließender Wirklichkeitskonstrukts-Entfaltungsmöglichkeiten,
driftet.
Eine konstruktivistische Auseinandersetzung, konstruktivistisches Denken und
Handeln wird notwendig in einer Zeit der Auflösung allgemeiner (ontischen)
Wirklichkeiten und einer Zeit wo der Mensch sich nicht mehr als Subjekt in einer
ihm vorgegeben Welt begreift und begreifen darf, um lebens- und kommunikati-
onsfähig zu bleiben / zu werden.
,,Der Konstruktivismus als kognitions- und Erkenntnis theoretische Denk-
richtung ist kein einheitliches Theoriegebäude, dass von einer homogenen
Forschergruppe entwickelt worden wäre und in lehrbuchartiger Form vorlä-

Reality-Switching [RS]
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ge. Vielmehr handelt es sich eher um einen Diskurs, in dem Stimmen aus
unterschiedlichen Disziplinen zu hören sind." (SCHMIDT, 2000 c, S. 14)
Als ein äußerst dynamischer interdisziplinärerer Diskussionszusammenhang ist
der Konstruktivismus besonders geeignet als Wissensmethodik für Entwickler von
Möglichkeitsstrategien im Multiversum der Wirklichkeiten. Aber natürlich auch
für die Entwicklung attraktiver (reiz-voller) Wirklichkeitsangebote.
2.1.2 Allgemeine Aspekte des Konstruktivismus
Der Mensch ist ein geschlossenes System, nur über die Sinneskanäle gelangen
Informationen aus der Umwelt in dieses System. Alle Eindrücke die der Mensch
aus seiner Umwelt erhält werden durch die entsprechenden Sinneskanäle trans-
formiert und unterliegen einer neuronalen Interpretation.
Der Mensch gelangt zunächst nur über seine Sinneskanäle an Informationen über
seine Umwelt. Es gibt keinen direkten Zugang dazu, keine unmittelbare Erkennt-
nis, keine Einsicht in die Dinge der Welt, die vom Einfluss der Sinneskanäle ab-
sehen kann.
Die Konstruktion, die wir uns von unserer Umwelt machen, wird zwar von den
Sinneseindrücken ausgelöst, doch wir werden nie erfahren, inwieweit sie mit den
"Wirklichkeiten" außerhalb von uns übereinstimmen.
Da es unmöglich ist, ein Ding oder eine Sache direkt zu erkennen oder Gedanken
unmittelbar zu übertragen, baut jeder für sich "seine" Wahrheit selbst auf. Dabei
kann ein solches Wahrheitskonstrukt eines Individuums auch nicht direkt mit de-
nen anderer Menschen verglichen werden. Auch wenn durch Kommunikation
über die Wahrheit die Konstruktionen miteinander verglichen werden können und
soweit Stimmigkeit erreicht werden kann, dass keine Widersprüche auftauchen, so
können doch recht verschiedene Konstruktionen vorliegen.
Da Aussagen über die Wahrheit einer Sache oder eine Aussage auf Grund des
stets indirekten Zugangs rein spekulativ bleiben müssen, ist das Ziel der Ausei-
nandersetzung, auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Umwelt
nicht die Annäherung an die Wahrheit oder die Steigerung des Wahrheitsgehalts
von Aussagen.

Reality-Switching [RS]
Handlungsmöglichkeiten im Multiversum der Wirklichkeitskonstruktionen [MdW]
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Anstelle einer Wahrheitssuche tritt als wesentliches Kriterium die Nützlichkeit.
Die Nützlichkeit tritt als Ziel von Auseinandersetzung mit der Umwelt an die Stel-
le von Wahrheit. "Nützlichkeit" muss in einem weiteren Sinne aufgefasst werden
und kann vielfach mit "Viabilität" gleichgesetzt werden.
Eine Konstruktion der Umwelt kann sich z.B. daran messen lassen, inwieweit es
bei der Anwendung der Konstruktion zu Widersprüchen kommt, inwieweit es zu
Unpässlichkeiten in der Konfrontation mit der Umwelt kommt.
In der Sprache des Konstruktivismus wird die Nützlichkeit in diesem Sinne mit
Viabilität (von Glasersfeld) übersetzt. Viabilität ("Weg-barkeit") ist das konstruk-
tivistische Kriterium einer erfolgreichen Auseinandersetzung mit der Umwelt.
Eine Konstruktion ist so lange viabel, wie sie bei der Konfrontation mit der Um-
welt keinen Anstoß verursacht. Dies beinhaltet, dass stets mehrere verschiedene
Möglichkeiten existieren, wie eine solche Konfrontation erfolgreich, erfolgen
kann. Kommt es zu einem "Anstoß", einem Widerspruch mit der Umwelt, so muss
die Konstruktion entsprechend modifiziert werden.
Es geht um die Nützlichkeit einer Konstruktion, die sich bei der Konfrontation mit
der Realität bewähren muss. Bewährt hat sie sich dann, wenn es zu keinem An-
stoß, keinem Widerspruch kommt. Viabilität ist dabei das meiste, was erreicht
werden kann. Ein viables Konstrukt nimmt nicht in Anspruch, die Realität er-
gründet zu haben.
Bei wissenschaftlichen Aussagen handelt es sich nie um endgültige Wahrheitsaus-
sagen, schließlich kann die Übereinstimmung mit einer Wahrheit, über deren E-
xistenz keine endgültigen Aussagen getroffen werden können, nicht überprüft
werden.
Entscheidend ist auch hier, dass die Bedeutung von wissenschaftlichen Aussagen
sich stets an dem jeweiligen Kontext, zum Beispiel einem gesellschaftlichen Kon-
text, messen lassen muss.
Beim wissenschaftlichen Prozess stehen im Konstruktivismus die Nachvollzieh-
barkeit und die Legitimierung im Mittelpunkt
Da als Legitimierung das Finden einer einzigen Wahrheit entfällt und wissen-
schaftlicher Erkenntnisfortgang als Konstruktion aufgefasst wird, ist das Aufde-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832458089
ISBN (Paperback)
9783838658087
DOI
10.3239/9783832458089
Dateigröße
1.3 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung – unbekannt, Telekommunikation und Medien
Erscheinungsdatum
2002 (September)
Note
1,0
Schlagworte
medienpädagogik cyberspace schule kreativität konstruktivismus
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