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Globalisierung von Musik am Beispiel Brasiliens

©2002 Diplomarbeit 116 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Globalisierung am Medienmarkt verläuft grundsätzlich verschieden von anderen Globalisierungsthematiken. Es handelt sich bei Musik um ein duales Gut, einerseits Wirtschafsgut mit zunehmend guter globaler Distribuierbarkeit (CD, mp3) und einem enormen wirtschaftlichen Potential, andererseits Kulturgut, das nicht losgelöst von der hervorbringenden Gesellschaft betrachtet werden kann.
Die brasilianische Musik als Untersuchungsobjekt für die Globalisierung bietet sich v.a. deshalb an, weil es sich bei Brasilien um einen der größten Musikmärkte weltweit handelt, dessen Produkte am Weltmarkt bekannt sind. Die brasilianische Musik konnte in den letzten Jahrzehnten zahlreiche internationale Erfolge feiern (Bossa Nova, Lambada). Allerdings ist die Position am Weltmarkt insgesamt gesehen schwach, die Gründe dafür werden in der Arbeit behandelt.
Um die Entwicklung ganzheitlich zu betrachten zu können, werden die einzelnen Musikstile und ihr Internationalisierungsprozess analysiert, es sind bestimmte Muster zu erkennen. In weiterer Folge konnten Methoden zur Globalisierung am Musikmarkt entwickelt werden.
Zur Veranschaulichung werden die Ergebnisse am Beispielmarkt Deutschland dargestellt. Dadurch wird ein zusätzlicher wirtschaftlicher Aspekt in diese an sich kulturtheoretische Thematik eingebracht, was den besonderen Wert dieser Diplomarbeit ausmacht.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.EINLEITUNG6
2.GLOBALISIERUNGSPROZESS DES KULTURGUTES MUSIK10
2.1ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUR GLOBALISIERUNG10
2.2GLOBALISIERUNG VON KULTUR11
2.3MUSIK UND GLOBALISIERUNG13
2.4GLOBALISIERUNG DER BRASILIANISCHEN KULTUR UND MUSIK20
3.INTERNATIONALISIERTE BRASILIANISCHE MUSIK22
3.1ALLGEMEINE INFORMATION ZU BRASILIANISCHER MUSIK22
3.2DER MUSIKMARKT BRASILIENS23
3.3MÚSICA POPULAR BRASILEIRA (M.P.B.)25
3.4BRASILIANISCHE MUSIKSTILE MIT INTERNATIONALER BEDEUTUNG26
Exkurs: Orfeu Negro34
4.GLOBALISIERUNGSPROZESS DER BRASILIANISCHEN MUSIK48
4.1CHRONOLOGISCHER ABLAUF DER GLOBALISIERUNG48
4.2METHODISCHER ABLAUF DER GLOBALISIERUNG53
4.2.1Internationale Kooperationen53
Exkurs: Blackitude Brasileira55
4.2.2(Musik)Sprachliche Anpassung56
Exkurs: Rolle der Sprache bei der Rezeption von Musik59
4.2.3„Brasilianisierung“ von internationalen Erfolgen61
4.2.4Staatliche Initiativen62
4.2.5Filme65
4.2.6Konzerte und Festivals67
Exkurs: Montreux Jazz Festival68
4.2.7Marketing70
4.2.8Verbreitung durch das Internet72
5.ANALYSE DER […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5786
Niklas, Hanna: Globalisierung von Musik am Beispiel Brasiliens
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: St. Pölten, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Z
USAMMENFASSUNG
Die brasilianische Musik konnte in den letzten Jahrzehnten zahlreiche
internationale Erfolge feiern (Bossa Nova, Lambada). Allerdings ist die Position
am Weltmarkt insgesamt gesehen schwach, was auf verschiedenste Faktoren
zurückzuführen ist. Dazu gehören die Beschaffenheit des Musikmarktes
(Dominanz der Majors), sowie die Zuordnung der brasilianischen Musik zu
Genres, die als Nischen-Kategorien gesehen werden müssen. Ein Wechsel in
das internationale Repertoire ist schwierig.
Allerdings wird die brasilianische Musik ­ global gesehen ­ nicht völlig aus den
Verlagskatalogen verschwinden, zum einen aufgrund der Stärke des
Heimmarktes als auch wegen zunehmender Bemühungen der Majors zur
stärkeren Streuung des Repertoires, um flexibler auf Veränderungen des
Musikgeschmackes reagieren zu können.
A
BSTRACT
Despite some successful music exports (Bossa Nova, Samba, Lambada) Brazil's
position in the world music market is weak. This situation is due to different
reasons, as for example the structure of the music market, the power of the major
companies and its classification as World Music.
The global reinforcement is difficult, but nevertheless Brazilian music will remain
part of the music publishing catalogs. As a result of globalization of culture, music
companies are supposed to diversificate their repertoire which leads to an
improvement of the situation of Brazilian music on the global market.

-2-
INHALTSVERZEICHNIS
1
EINLEITUNG ... 6
1.1
G
EGENSTAND DER
U
NTERSUCHUNG
... 6
1.2
M
ETHODEN UND
V
ORGEHEN
... 7
1.3
B
EGRIFFSDEFINITIONEN
... 8
1.3.1
Globalisierung/Internationalisierung... 8
1.3.2
Brasilianische Musik ... 9
2
GLOBALISIERUNGSPROZESS DES KULTURGUTES MUSIK ... 10
2.1
A
LLGEMEINE
I
NFORMATIONEN ZUR
G
LOBALISIERUNG
... 10
2.2
G
LOBALISIERUNG VON
K
ULTUR
... 11
2.3
M
USIK UND
G
LOBALISIERUNG
... 13
2.3.1
Historische Betrachtung... 13
2.3.2
Musik als Wirtschaftsgut ... 15
2.3.3
Musik als Kulturgut... 18
2.4
G
LOBALISIERUNG DER BRASILIANISCHEN
K
ULTUR UND
M
USIK
... 20
3
INTERNATIONALISIERTE BRASILIANISCHE MUSIK... 22
3.1
A
LLGEMEINE
I
NFORMATION ZU BRASILIANISCHER
M
USIK
... 22
3.2
D
ER
M
USIKMARKT
B
RASILIENS
... 23
3.3
M
ÚSICA
P
OPULAR
B
RASILEIRA
(M.P.B.) ... 25
3.4
B
RASILIANISCHE
M
USIKSTILE MIT INTERNATIONALER
B
EDEUTUNG
... 26
3.4.1
Choro ... 26
3.4.2
Samba ... 28
3.4.3
Bossa Nova... 31
Exkurs: Orfeu Negro... 34
3.4.4
Tropicália und wichtige Künstler der MMPB ... 35
3.4.5
Música Bahiana ... 40
3.4.6
Tanzmusik der Nordestinos ... 42
3.4.7
Tropical Rock ... 45
4
GLOBALISIERUNGSPROZESS DER BRASILIANISCHEN MUSIK... 48
4.1
C
HRONOLOGISCHER
A
BLAUF DER
G
LOBALISIERUNG
... 48
4.1.1
Darstellung... 48

-3-
4.1.2
Analyse ... 51
4.2
M
ETHODISCHER
A
BLAUF DER
G
LOBALISIERUNG
... 53
4.2.1
Internationale Kooperationen... 53
Exkurs: Blackitude Brasileira ... 55
4.2.2
(Musik)Sprachliche Anpassung ... 56
Exkurs: Rolle der Sprache bei der Rezeption von Musik... 59
4.2.3
,,Brasilianisierung" von internationalen Erfolgen ... 61
4.2.4
Staatliche Initiativen... 62
4.2.5
Filme ... 65
4.2.6
Konzerte und Festivals ... 67
Exkurs: Montreux Jazz Festival ... 68
4.2.7
Marketing ... 70
4.2.8
Verbreitung durch das Internet ... 72
5
ANALYSE DER GLOBALISIERUNG AUS SICHT DER BRASILIANISCHEN
MUSIK... 74
5.1
P
OSITIVE
A
SPEKTE
... 74
5.2
N
EGATIVE
A
SPEKTE
... 75
5.3
B
EURTEILUNG
... 76
6
STRUKTUR DER GLOBALISIERUNG AM BEISPIELMARKT
DEUTSCHLAND ... 78
6.1
B
RASILIANISCHE
M
USIK IN
D
EUTSCHLAND
... 78
6.2
A
KTEURE
... 80
6.2.1
Majors ... 81
6.2.2
Kleinfirmen ... 83
6.3
V
ERTRIEBSWEGE
... 84
6.3.1
Traditioneller Vertrieb... 85
6.3.2
Online Vertrieb... 86
6.4
A
BSATZFÖRDERNDE
M
AßNAHMEN
... 87
6.4.1
Redaktionelle Beiträge in den Medien ... 88
6.4.2
Rundfunk ... 89
Exkurs: Chartplatzierungen ­ Hörfunkplatzierung ... 90
6.4.3
Musikvideos ... 93
6.4.4
Konzerte und Festivals ... 94
6.4.5
Filmmusik... 95

-4-
6.4.6
Werbung und ähnliche Maßnahmen... 96
6.4.7
Internet... 97
6.5
Z
UKÜNFTIGE
E
NTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN
... 97
7
ZUSAMMENFASSUNG ... 99
LITERATURLISTE ... 101
ANHANG... 105
K
URZDARSTELLUNG BRASILIANISCHER
M
USIKSTILE
... 105
F
ILMPRODUKTIONEN MIT
C
ARMEN
M
IRANDA
... 106
W
ICHTIGE
K
OOPERATIONEN BRASILIANISCHER
M
USIKER
... 107
B
RASILIANISCHE
K
ÜNSTLER BEIM
M
ONTREUX
J
AZZ
F
ESTIVAL
... 108
VIVA R
ITMO
P
LAYLISTANALYSE
... 110
K
ÜNSTLER BEIM
V
IVA
A
FRO
B
RASIL
1981-2001... 112

-5-
ABBILDUNGS-
UND
TABELLENVERZEICHNIS
A
BBILDUNG
3-1: C
HORO
R
HYTHMUS
... 27
A
BBILDUNG
3-2: R
HYTHMUS DES
S
AMBA
... 29
A
BBILDUNG
3-3: B
OSSA
N
OVA
R
HYTHMUS
(
OBEN
)
UND
V
ARIATION
(
UNTEN
) ... 32
A
BBILDUNG
4-1: E
RFOLGSKURVE DER BRASILIANISCHEN
M
USIK AM INTERNATIONALEN
M
ARKT
... 52
A
BBILDUNG
6-1: P
LAYLIST BRASILIANISCHER
M
USIK MIT
V
ERTRIEBSANGABE
... 79
A
BBILDUNG
6-2: W
ERTSCHÖPFUNGSKETTE
A
UDIO
... 80
T
ABELLE
2-1: A
USWIRKUNG VON
I
NNOVATIONEN AUF DIE
G
LOBALISIERUNG
... 15
T
ABELLE
2-2: W
ELTMARKTANTEILE DER
6 M
AJORS
1995 ... 16
T
ABELLE
3-1: A
USPRÄGUNGSFORMEN
M
USIKA
P
OPULAR
B
RASILIEIRA
... 25
T
ABELLE
6-1: M
ARKTANTEILE DER
M
AJORS IN
D
EUTSCHLAND
2000 ... 81
T
ABELLE
6-2: B
RASILIANISCHE
M
USIK AUF DEN
W
EBSITES DER
M
AJORS IN
D
EUTSCHLAND
... 83
T
ABELLE
A
NHANG
-0-1: K
URZBESCHREIBUNG BRASILIANISCHER
M
USIKSTILE
... 105
T
ABELLE
A
NHANG
-0-2: F
ILME MIT
C
ARMEN
M
IRANDA
... 106
T
ABELLE
A
NHANG
-0-3: I
NTERNATIONALE
K
OOPERATIONEN
... 107
T
ABELLE
A
NHANG
-0-4: T
EILNEHMER AM
M
ONTREUX
J
AZZ
F
ESTIVAL
1967-2002... 109
T
ABELLE
0-5: P
LAYLIST
VIVA R
ITMO
KW 48/2001-02/2002 ... 111
T
ABELLE
A
NHANG
-0-6: B
RASILIANISCHE
K
ÜNSTLER BEIM
V
IVA
A
FRO
B
RASIL
1981-
2001... 112

-6-
1 Einleitung
Obwohl Brasilien bereits vor mehr als 500 Jahren entdeckt worden ist, geriet das
Land erst in den letzten Jahrzehnten in das Blickfeld der Welt. Dieser globalen
Verbreitung und Beachtung der Musik aus Brasilien widmet sich die vorliegende
Arbeit.
1.1 Gegenstand
der
Untersuchung
Der Gegenstand der Untersuchung ergibt sich aus der Forschungsfrage: ,,Wie
nimmt brasilianische Musik an der Globalisierung teil?"
Aus dieser Forschungsfrage ergaben sich diverse Themenbereiche, die in
folgender Chronologie dargestellt werden:
Wie erfolgt Globalisierung allgemein?
Welche spezifischen Merkmale sind bei Kulturgütern anzutreffen?
Wie verhält sich Musik allgemein auf den globalen Märkten?
Wie nimmt Brasilien als Land der sogenannten Dritten Welt an der
Globalisierung teil?
Zum Themenbereich brasilianischer Musik werden folgende Unterfragen
analysiert:
Welche brasilianische Musik ist international relevant weil bekannt?
Wie sind diese Musikstile entstanden, gekennzeichnet und wie wurden sie
international bekannt?
Wie verlief die Globalisierung dieser Musikstile (zeitlich und methodisch)?
Um die Ergebnisse der Theorie deutlicher zu veranschaulichen wird ein
Fallbeispiel die Arbeit abrunden. Dabei beschäftige ich mich mit dem deutschen
Musikmarkt und der Rolle, die brasilianische Musik dort spielt. Anhand dieser
Bestandsaufnahme wird Struktur und Dynamik der Globalisierung dargestellt.

-7-
Ausschlaggebend für die Wahl des Themas war neben dem persönlichen
Interesse an brasilianischer Musik die Wichtigkeit des brasilianischen Musik-
markts ­ Brasilien gilt als einer der sechs größten Musikmärkte der Welt
1
­ als
auch die zunehmende Dynamik der Globalisierung, die im Rahmen der
Abschlussarbeit zum Studium Medienwirtschaft aus eben diesem medien-
wirtschaftlichen Blickwinkel betrachtet werden soll.
1.2
Methoden und Vorgehen
Der Einstieg in das Thema der Diplomarbeit erfolgt mit dem nächsten Abschnitt,
in dem die Definitionen gegeben werden. Diese Begriffsdefinitionen wurden
bereits vor Sichtung der Literatur erstellt, um so eine effiziente Recherche zu
ermöglichen.
Bei der Recherche wie auch der Erarbeitung des Themas wurde nicht
chronologisch entsprechend dem vorliegenden Aufbau der Arbeit vorgegangen,
sondern eine persönliche Arbeitstechnik angewandt: Zuerst wurden die Basis-
informationen zum zentralen Forschungsobjekt ­ brasilianische Musik ­ gesam-
melt und ausgewertet. Anschließend wurde der nächste große Themenbereich,
die Globalisierung, erarbeitet. Aufgrund der damit vorliegenden Ergebnisse
konnte eine Analyse im Bezug auf die brasilianische Musik erfolgen.
Nach einer Zusammenfassung der daraus gewonnen Ergebnisse wurde auf
deren Basis der Beispielmarkt analysiert, dabei sammelte ich zuerst die allge-
meinen Informationen und stellte dann den Bezug zur brasilianischen Musik her.
Um die durchgängige Struktur der Arbeit, die durch einen Wechsel zwischen
Darstellung und Analyse ein hohes wissenschaftliches Niveau garantieren will,
auch für den Leser gut ersichtlich zu machen, sind die Kapitel stark untergliedert.
Einige Aspekte wie die Rolle der Sprache bei der Rezeption von Musik oder die
Bedeutung bestimmter gesellschaftlicher Veränderungen (z.B. Blackitude
Brasileira als Emanzipation der schwarzen Bevölkerung), die wesentlich für das
Verständnis der Zusammenhänge sind, werden an der entsprechenden Stelle als
Exkurs kompakt behandelt.
1
Perrone/Dunn, p. 1 und Insitut Mediacult, S. 52.

-8-
Sofern möglich und sinnvoll wurden Grafiken oder Tabellen erstellt. Tabellen ab
einer Größe von 2/3 der Seite wurden für die bessere Lesbarkeit des Fließtextes
in den Anhang verschoben. Ein Querverweis an der betreffenden Stelle weist auf
diese Tabellen hin.
Zitate (wörtliche wie sinngemäße) sowie Verweise auf entsprechende Belege
werden in Fußnoten am Ende der Seiten angegeben. Zudem finden sich dort
Kurzerklärungen zu Begriffen und Fremdwörtern.
Die Übersetzungen aus dem Portugiesischen werden in eckigen Klammern ange-
führt [] und wurden von mir selbst vorgenommen. Englische Zitate wurden
größtenteils im Original belassen.
Die Arbeit beruht vor allem auf dem Literaturstudium sowie der Auswertung der
im Internet verfügbaren Quellen. Aufgrund der noch relativen ,,Jugend" des The-
mas in der Wissenschaft sowie die geographische Distanz kam vor allem letzter-
es Medium verstärkt zum Einsatz. Bei der Auswahl der Texte wurde aber ge-
nauestens darauf geachtet, dass es sich um wissenschaftliche Quellen (z.B. Kon-
gressberichte, Publikationen von Universitätsinstituten u.ä.) handelt. Nur sehr
vereinzelt wurde auf Zeitschriftenartikel oder kommerzielle Webinhalte zurückge-
griffen.
1.3 Begriffsdefinitionen
Im folgenden werden die beiden großen Themenbereiche, die im Laufe der
Diplomarbeit besprochen werden, begrifflich abgegrenzt: Globalisierung und
brasilianische Musik. Dabei wird zuerst der Begriff beschrieben, sofern notwendig
werden Einschränkungen vorgenommen, die im weiteren Verlauf verbindlich
sind.
1.3.1 Globalisierung/Internationalisierung
Die Begriffe Globalisierung und Internationalisierung werden synonym ver-
wendet. Es wird darunter ein wirtschaftlicher oder kultureller Erfolg außerhalb des
nationalen Musikmarkts (Brasiliens) verstanden. Der zweiten Aspekt, den die
Begriffe Globalisierung und Internationalisierung im kulturellen Bereich einbe-
ziehen, nämlich die stilistische Beeinflussung des nationalen Kulturschaffens

-9-
durch ausländische Kulturimporte
2
(Production-of-Culture-Approach
3
), wird nur im
Bezug auf die Entwicklung der Stilrichtungen betrachtet, dabei aber nicht als
Globalisierungseffekt bezeichnet. Der Begriff ist also exportorientiert definiert.
Aufgrund von wirtschaftlichen Faktoren wie Größe und Volumen des Marktes
sind vor allem die sogenannten Schlüsselmärkte der Musikindustrie
4
von Inter-
esse, also Westeuropa und die USA
5
.
1.3.2 Brasilianische
Musik
Das allgemeine Verständnis von brasilianischer Musik bezieht sich auf die
Herkunft. Diese Definition muss dahingehend erweitert werden, dass Musikstile,
die nicht in Brasilien entstanden sind, sondern lediglich dort weiterentwickelt
wurden (z.B. Elektronische Musik mit dem prominenten Vertreter Brazilectro),
von der Betrachtung ausgeschlossen sind. Keine Einschränkung wird hinsichtlich
des Kriteriums Sprache vorgenommen: Auch nicht-portugiesische Titel werden
als brasilianisch klassifiziert, wenn der Künstler aus Brasilien kommt bzw. haupt-
sächlich dort agiert, und das Stück einem originär brasilianischen Musikstil zuzu-
rechnen ist.
Die Beschreibung der international relevanten Musikstile wird ab Seite 26 vorge-
nommen.
2
Perrone/Dunn, p.2.
3
Institut Mediacult, S. 62.
4
Institut Mediacult, S. 52.
5
Japan ist aufgrund des hohen Anteils an Eigenproduktionen (78% lt. IFPI) ausgenommen.

-10-
2
Globalisierungsprozess des Kulturgutes
Musik
Um die Globalisierung von Musik in wirtschaftlicher wie auch kultureller Hinsicht
darstellen zu können, werden zuerst 2 Abschnitte zu eben diesen Aspekten eine
kompakte Darstellung dieser komplexen Sachverhalte liefern. Darauf aufbauend
folgt die Betrachtung der Globalisierung von Musik allgemein sowie von
brasilianischer Musik im Speziellen.
2.1
Allgemeine Informationen zur Globalisierung
Globalisierung wird auf verschiedenste Weise definiert. Die folgenden
Kennzeichen zeigen die wichtigsten Aspekte dieser Definitionen in einem sehr
allgemeine Kontext:
6
Hohe Konzentration
Häufiger Wechsel der Eigentümerstruktur durch steigenden Finanzbedarf
Starke vertikale Integration
Verbindung von lokalen und globalen Interessen
,,Spinnennetzorganisation": Umspannung des gesamten Erdballs in
konzentrischen Kreisen von der Zentrale ausgehend
Globalisierung verläuft in Schüben, die von technologischen Innovationen
eingeleitet werden. Sehr gut sichtbar wird das aktuell mit der Entstehung von
globalen Kommunikationsstrukturen durch das Internet.
7
Diese neue Kommunikationsstruktur hat eine neue Umgebung, v.a. für
Konsumenten, aber auch Produzenten geschaffen. Waren zuvor
institutionalisierte Handelsbeziehungen die Basis für fast jeglichen globalen
Güteraustausch, ist die Welt seit der ,,virtuellen Reduktion der Distanzen"
6
Vgl. Institut Mediacult, S. 9f.
7
Vgl. Institut Mediacult, S. 10.

-11-
räumlich, aber vor allem auch psychologisch zusammengewachsen. Ein globaler
Austausch ist selbstverständlich.
8
Als organisationale Konsequenz von Globalisierung entstehen ,,Netzwerke von
Aktivitäten, Interaktionen und Macht"
9
. Diese Netzwerke agieren folgender-
maßen:
10
Räumliche Ausdehnung des globalen Netzwerks
Intensive globale Verbundenheit
Schnelle globale Flüsse von Waren, Information, Kapital, etc.
Diese Kennzeichen treffen für sämtliche Unternehmen im globalen Umfeld in
unterschiedlich starker Ausprägung zu.
Globalisierung tritt in verschiedenen Dimensionen auf, die drei wichtigsten sind
11
:
Globalisierung der Ökonomie
Globalisierung der Politik
Globalisierung der Gesellschaft
Die wichtigsten Kennzeichen der Globalisierung in der Ökonomie wurden bereits
in diesem Abschnitt dargestellt. Da Musik aber ein kulturelles Wirtschaftsgut ist,
müssen auch die spezifischen Gegebenheiten im Bereich der Kulturgüter
beleuchtet werden. Die folgende Betrachtungen zur Kultur konzentrieren sich auf-
grund der Komplexität des Themas ausschließlich auf den Globalisierungseffekt.
2.2
Globalisierung von Kultur
,,Cultural production [is] an expression of high aesthetic purpose, on the one
hand, and [a] product for sale on the other."
12
Aus diesem Zitat wird das Dilemma
8
Vgl. Armstrong, p. 178.
9
Institut Mediacult, S. 11.
10
Vgl. Institut Mediacult, S. 11f.
11
Vgl. Hochschule der Medien Stuttgart, allgemein.htm.
12
Sovik, p. 97.

-12-
bei Kulturproduktionen ersichtlich. Denn wenngleich ein kultureller Anspruch
gestellt wird, steht die wirtschaftliche Verwertbarkeit ebenso im Vordergrund.
Kultur ist immer auch Ausdruck von nationalem Bewusstsein. Wenngleich das
Schaffen eines einzelnen Künstlers nicht den Geschmack eines ganzen Volkes
abbilden kann, so haben doch die Geschichte, Beschaffenheit, die Bevölkerung
und die Politik eines Landes erkennbare Auswirkungen auf das Kulturschaffen.
Die globale Anerkennung von eigenen Kulturprodukten geht somit für die
Bevölkerung einher mit der Akzeptanz des Landes. Der Export der eigenen
Kultur ist somit neben wirtschaftlichen Interessen auch ein wichtiger Faktor für
die Stärkung des eigenen Nationalbewusstseins. Gerade für die Länder der
Dritten Welt ein wichtiges Argument. ,,Someone from the Third World (...) is
producing works which would fit in the traditions of the First World."
13
Um eine Globalisierung im kulturellen Bereich realisieren zu können, bedarf es
eines globalen Informations- und Kommunikationsnetzwerks.
14
Dass die Tendenz
zur Internationalisierung mit dem Wachstum des Internets ebenfalls zunimmt, ist
also eine logische Konsequenz. Das Internet wird als ,,Motor der Globalisierung"
bezeichnet, besonders der musikalischen Globalisierung.
15
Durch das Internet wurde eine globale Umgebung besonders für Konsumenten
selbstverständlich. Damit nimmt auch das Interesse an Vorgängen in der Welt zu.
Dieses zunehmende Interesse ist besonders bei der Globalisierung von Kultur
entscheidend. Gehemmt wird die Entwicklung von kulturellen Unterschieden so-
wie von den Sprachbarrieren.
16
,,Globalization does not entail the cultural homogenization of the world."
17
Wenn-
gleich es nicht bestritten werden kann, dass es zu Anpassungen oder sogar
Übernahme von importierte Kultur (v.a. Amerikanischer Kultur) kommt, ist eine
13
Harvey, p. 115.
14
Vgl. Hochschule der Medien Stuttgart, kultur.htm.
15
Vgl. Eßer, S. 1.
16
Vgl. Hochschule der Medien Stuttgart, medien.htm.
17
Vgl. Appadurai, Arjun: Modernity at Large ­ Cultural Dimension of Globalization, University of
Minnesota Press, 17 (zit. nach: Perrone/Dunn, p. 30).

-13-
völlige weltweite Angleichung nicht zu erwarten. Vielmehr sollte ein
,,interkulturelles Verstehen"
18
Ziel dieser Entwicklungen sein.
Das Übergewicht der wirtschaftlichen Komponente bei Kulturproduktionen wird
bei der Betrachtung von Musik am globalen Markt deutlicher. Dennoch wird auch
das folgende Kapitel zu Musik und Globalisierung die kulturelle Komponente
ausführlich darstellen.
2.3
Musik und Globalisierung
,,One of the most notable developments (...) in the post-war era has been the
growing internationalisation of its sound."
19
Die Betrachtung dieser großen Ent-
wicklungen ist Thema der nächsten Abschnitte.
Wenngleich die oben genannten Barrieren Sprache und kulturelle Unterschiede
auch im Musikbereich eine Rolle spielen, so ist die Industrie, die die Globali-
sierung vorantreibt, hoch professionalisiert in der Umwandlung von lokalen
Produkten in nationale und von nationalen zu globalen Produkten.
20
Neben der historischen Betrachtung beschäftigt sich dieser Abschnitt daher
intensiv mit den beiden Teilaspekten der Musik als Kultur und Wirtschaftsprodukt.
2.3.1 Historische
Betrachtung
Im geschichtlichen Rückblick auf die Musikindustrie ist eine Globalisierung der
Musikbranche ab etwa dem 1. Weltkrieg zu beobachten. Die großen Firmen, die
auch heute noch als Majors den Weltmarkt beherrschen, entstanden zum Teil
bereits um die Jahrhundertwende.
Ab 1910 betreiben die meisten in der Musikbranche tätigen Unternehmen
Agenturen in Südamerika, die Musik von lokalen Künstlern aufnahmen. Diese
Aufnahmen wurden dann in den USA vervielfältigt und wieder zurück auf den
Heimatmarkt gebracht.
21
18
Baumann, S. 9.
19
Rutten, p. 1.
20
Vgl. Baumann, S. 1.
21
Vgl. Institut Mediacult, S. 8f.

-14-
Seit den 20er-Jahren sieht der Popularmusikforscher Wicke den Begriff einer
Industrie für die mit Musik beschäftigten Unternehmen als zutreffend, erfüllen sie
doch die Kriterien für industrielle Produktion:
Gesetz der Serie
Standardisierung
Stereotypisierung
Seit dem zweiten Weltkrieg kann man von einem global organisierten Industrie-
zweig sprechen. Die fünf
22
großen Untenehmen, die auch heute noch den Welt-
markt beherrschen, entstehen, wenngleich es aufgrund vieler Fusionen noch zu
Namensänderungen und geographischen Verschiebungen kommt. Zudem muss
im Bezug auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hervorgehoben werden, dass
ab dieser Zeit die Vereinigten Staaten als ,,globale kulturelle Trendsetter"
23
gelten. Dies hat auch heute noch seine Gültigkeit und wirkt sich sehr stark auf die
Beschaffenheit der internationalen Musikrepertoires aus.
Wie bereits oben angeführt (vgl. Abschnitt 2.1 Allgemeine Informationen zur
Globalisierung, Seite 10 f.), verläuft Globalisierung in Schüben, die von
Innovationen eingeleitet werden.
Seit der Erfindung des Grammophons 1877 haben mehrere derartige Innova-
tionen die Musikindustrie verändert, ihre Auswirkungen auf die Globalisierung
waren unterschiedlich stark und werden in der folgenden Tabelle dargestellt.
Innovation Jahr
Auswirkung
auf
Globalisierung
Begründung
Erfindung des
Phongraphen
1877
Gering
Musikmarkt war nicht primäres Ziel
Zylinder als Tonträger
1889
gering
Erstmalige Etablierung am
Musikmarkt
Walzen als Tonträger
Um
1890
gering Lediglich
Vervielfältigung
wurde
vereinfacht
Platten als Tonträger
1887 mittel
Repertoirebedarf
steigt
22
Zur Fusionsentwicklung bei den Majors S. 15 ff.
23
Rutten, p. 1.

-15-
Innovation Jahr
Auswirkung
auf
Globalisierung
Begründung
Entwicklung des
Rundfunks
1920
mittel bis stark Stärker organisierte
Veröffentlichungspolitik fördert
Konzernbildung
Neuordnung der
Sendezeitvergabe
1925
mittel bis stark Schaffung von
Repertoirestrukturen sowie stark
wachsender Bedarf an
unterschiedlichen Produkten
Tonfilm
1927
mittel
Bedeutung der Verlage nimmt zu,
große Unternehmen mit
Marktmacht entstehen
Elektromagnetische
Aufzeichnung
1935
mittel
Dezentralisierung von Produktion,
Vervielfältigung und Produktion
Vinyl als Trägermaterial
1947 stark
Weniger
zerbrechlich
als
Schellack und daher leichter
distribuierbar
Fernsehen als
breitenwirksames Medium
Ab 1950
mittel-stark
Neuer Werbeträger für
Musikindustrie
Musikfernsehen incl.
Satelliten- und
Kabeltechnik
Ab 1979
mittel-stark
Globale Werbeplattform für
Musikindustrie
Digitale
Aufzeichnungsverfahren
1983
mittel-stark
Professionelle Piraterie nimmt zu,
dadurch stärkere globale
Verbreitung der Musikprodukte
Mp3-Komprimierung
1995 Stark
Weltweite
digitale
Distribuierbarkeit mit und ohne
kommerziellen Hintergrund
Tabelle 2-1: Auswirkung von Innovationen auf die Globalisierung
24
Aus der Darstellung der Auswirkungen geht hervor, dass es einige Schritte in der
Globalisierung von Musik gab, die als stark bezeichnet werden können, v.a. die
Erfindung des Vinyls und von mp3. Letztere hat mit Sicherheit eine Globalisier-
ungswelle ausgelöst, die nicht nur subjektiv als stark empfunden wird.
2.3.2 Musik als Wirtschaftsgut
Heute wird der internationale Markt größtenteils von sogenannten Majors be-
herrscht, eine Zahlenangabe ist problematisch. Sprach man 1997 nach von 6
großen Unternehmen (siehe Tabelle 2-2), sind mittlerweile (Stand 2001) 2
24
Tabelle: eigene Ausarbeitung in Anlehnung an Institut Mediacult, S. 10 f. bzw. S. 90 f. und Wicke
(1997), S. 4 ff.

-16-
Unternehmen aufgekauft worden. Die Warner Music Group erwarb 2000 EMI.
Bislang ist aber noch nicht absehbar, wie stark die beiden Konzerne fusioniert
werden.
25
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden daher Warner und Emi als
eigenständige Majors behandelt.
Polygram, 1995 noch zweitstärkster Major, wurde 1998 von Universal über-
nommen, wodurch diese Gruppe zum Weltmarktführer wurde.
26
Das Unter-
nehmen ging gänzlich im Mutterkonzern auf und wird daher fortan nicht mehr
separat betrachtet.
Unternehmen Zentrale Weltmarktanteil
(1995)
Warner Music Group
USA 20
%
PolyGram
Niederlande 18,5
%
Sony Music
Entertainment
Japan 18
%
Emi/Virgin
Großbritannien 16
%
BMG
Deutschland 14
%
Universal/MCA Music
Enternainment Group
USA 8
%
Tabelle 2-2: Weltmarktanteile der 6 Majors 1995
27
Die Kennzeichen der Globalisierung in der klassischen Wirtschaft (vgl. Seite 10
f.) gelten größtenteils auch für diese rein kommerziell ausgerichteten Musik-
unternehmen.
Wesentlich für die Schaffung eines international unterschiedlichen Popularmusik-
repertoires sind die national agierenden Tochterunternehmen der Majors.
28
Einen
Großteil ihrer Kapazitäten wenden diese Dependancen, die die Basis für
sämtliche Aktivitäten der Majors auf den nationalen Märkten (R&D, Marketing,
Vertrieb) sind, aufgrund der Trendsetterfunktion der USA für die Distribution und
das Marketing von amerikanischen Produkten auf.
29
25
Vgl. Institut Mediacult, S. 36.
26
Vgl. Institut Mediacult, S. 35 f.
27
Tabelle: eigene Ausarbeitung in Anlehnung an Wicke (1997), S. 3 f.
28
Vgl. Zombik, S. 4.
29
Vgl. Rutten, S. 2.

-17-
Daneben versuchen die nationalen Tochterunternehmen ihr lokal geschaffenes
Repertoire gegenüber den starken äußeren Einflüssen zu etablieren, eine
Schaffung von Konsumenteninteresse für nationale Musik außerhalb der bislang
starken Kulturkreise liegt somit nicht in ihrem Interesse und wird nicht gefördert.
So kann zwar ein brasilianischer Künstler, der bei einer Major Company unter
Vertrag steht, auf das internationale Netz des Mutterkonzerns in der Theorie
zurückgreifen, real kommt diese internationale Unterstützung meist nur durch die
Zentrale zustande.
Neben den Tochterunternehmen und Dependancen der Majors haben es auch
sogenannte Independents (Indies) geschafft, sich auf lokalen Märkten zu etablie-
ren. Durch Vertriebs- und Beteiligungsabkommen mit den Marktführern wurden
sie zwar zu sogenannten Major Indies, also stark abhängigen Kleinfirmen,
30
aller-
dings nahm durch diese Kooperationen ihre Bedeutung für die Globalisierung zu.
Betrachtet man den gesamten Musikmarkt, so sind es vor allem Musik-
produktionen aus den USA und England, die den Weltmarkt beherrschen. Neben
nationalen Produkten auf nationalen Märkten haben es auch einige Musik-
richtungen geschafft, sich als ,,kleine Subkulturen"
31
international zu etablieren.
Guilbault bezeichnet diese Musikrichtungen zusammenfassend als World Music
und meint damit Musikrichtungen ,,outside the normal Anglo-American (and
Australian and Canadian) sources"
32
. Diese Musikprodukte, so verschiedenartig
sie auch sein mögen, treten global meist sehr ähnlich auf, was dazu führte, dass
sie in Plattengeschäften in eigenen Abteilungen zusammengefasst werden, es
eigene Magazine, Labels etc. gibt, die sich auf diesen Markt spezialisiert haben.
33
Für die zusammengefassten Musikstile ergeben sich dadurch Vorteile
(gemeinsames Marketing, vorhandene Positionierung am Markt bei neuen Stilen
etc.), aber auch der große Nachteil, dass sie trotz ihrer Größe auf den Heimat-
märkten global nur eine Subkultur darstellen und auch entsprechend geringes
wirtschaftliches Potential haben. Zudem ist es für die einzelnen Länder, wie
30
Vgl. Wicke (1997), S. 5.
31
Guilbault, S. 2.
32
Guilbault, S. 2.
33
Guilbault, S. 3.

-18-
Brasilien, das in dieser Gruppe meist eingeschlossen ist, sehr schwierig, die
ganze Bandbreite ihrer Musikrichtungen zu positionieren.
Aufgeschlüsselt nach den oben genannten allgemeinen Kennzeichen der Glo-
balisierung der Wirtschaft lässt sich zusammenfassend für die Musikwirtschaft
feststellen:
Hohe Konzentration: Ist durch die Majormacht erfüllt (ca. 95 % Marktan-
teil).
Häufiger Wechsel der Eigentümerstruktur durch steigenden Finanzbedarf:
Ist bei Betrachtung des Musikmarkts seit 1997 einfach zu belegen, 1998
Übernahme von Polygram durch Universal, 2001 Übernahme von EMI
durch Warner.
Starke vertikale Integration: Majors decken entweder im eigenen Haus
oder durch Kooperationen die gesamten Stufen der Wertschöpfung im
Musikbereich ab.
Verbindung von lokalen und globalen Interessen: Nationale Produkte
werden national gefördert (selten global), einige Produkte werden für den
internationalen Markt produziert, ihr Erfolg kommt der gesamten
Organisation zugute.
,,Spinnennetzorganisation": Die typische Majororganisation ist Zentrale-
Länderdependancen, die umso weiter gestreut werden, je weiter sie sich
vom (wirtschaftlichen) Zentrum USA bzw. Europa entfernen.
2.3.3 Musik als Kulturgut
Wenngleich die oben genannten Zusammenhänge von Repertoireschaffung,
Organisation durch lokal starke und zentral übermächtige Firmen und industriell
organisierter Produktion die Musik als reines Wirtschaftsgut darstellen, so gibt es
auch zahlreiche Kennzeichen, die den kulturellen Charakter am globalen Markt
noch erkennen lassen.

-19-
Die Bedeutung des kulturellen Aspekts von Musik bei der Globalisierung wird
deutlich, wenn man die drei Ebenen von Musikprodukten (nach Tiago Pinto)
betrachtet
34
:
Regional begrenzte Musik
National rezipierte Musik
International verbreitete Musik
Jede dieser Ebenen umfasst bestimmte kulturelle Merkmale, sind jedoch unter-
einander schwer austauschbar. Dadurch ergibt sich, dass der Wechsel in eine
höhere Stufe problematisch und sehr selten ist. Für die Globalisierung (Stufe 3)
ergibt sich damit, dass die in anderer Weise produziert werden muss als die
Musikprodukte für den eigenen nationalen Markt.
Die im betriebswirtschaftlichen Sinne der Effizienzsteigerung angewandten
Verfahrens- und Rationalisierungstechniken können für die tatsächliche
Schaffung von Musikrepertoires, und zwar in ihrer ganzen Bandbereit von Pop
über Klassik bis hin zu Folklore, nicht angewandt werden. Seit Mitte der 50er gibt
die Tonträgerindustrie jährlich folgende Quoten bezüglich der Kostendeckung
ihrer Produkte an: 7 % kostendeckend, 3 % mit (teilweise drastischem) Gewinn
und 90 % mit Verlust.
35
Da diese Verteilung dennoch zu positiven Gesamt-
ergebnissen führt, behalten kulturelle Produktionen im Portfolio neben
Mainstream ihren Platz. Was aber nicht heißt, dass nicht die industrielle Verwert-
barkeit bei der Produktentscheidung im Vordergrund steht.
Als problematisch für den kulturellen Aspekt bei Musik sieht Wicke folgende Vor-
gehensweise der Musikindustrie: ,,Statt, wie es der kulturellen Logik entsprechen
würde, von den vorhanden Musikbedürfnissen auszugehen und dafür nach dem
geeigneten musikalischen Repertoire zu suchen, bearbeitet die Industrie diesen
Zusammenhang in der genau umgekehrten Form. Sie versucht für ein auf Ton-
träger am Markt präsentes Stück Musik so kontrolliert wie möglich ein Publikum
aufzubauen."
36
34
Pinto, S. 53.
35
Vgl. Wicke (1997), S. 24.
36
Wicke (1997), S. 25.

-20-
Wie jedes Kulturgut wird der Konsum von Musik vor allem durch Trends
bestimmt. Die Musikindustrie versucht zwar durch Marketing, diese Trends zu
steuern, Veränderungen kann sie dennoch nicht verhindern. Eine neuere
Strategie der Majors ist deshalb der Aufbau von stark differenzierten Produkten
innerhalb der konzentrierten Unternehmen. So können sie flexibeler auf Ver-
änderungen reagieren.
37
,,They can take advantage of every changing nuance of
consumer taste."
38
Eine Förderung verschiedenster kultureller Ausprägungen von
Musik liegt also auch im Interesse der Musikindustrie und wird v.a. im Zuge der
Globalisierung entsprechend gefördert.
Aus den Ergebnissen der letzten Seiten kann schon an dieser Stelle geschlossen
werden, dass ein Nebeneinander von wirtschaftlichen und kulturellen Interessen
am Musikmarkt zu funktionieren scheint, wenngleich ein nicht unwesentliche
Übergewicht zugunsten der wirtschaftlichen Interessen besteht. Wie sich diese
stärkere Betonung auf die globalen Interessen der brasilianischen Musik
auswirkt, wird in den folgenden Kapiteln analysiert.
2.4
Globalisierung der brasilianischen Kultur und Musik
Wenngleich die folgenden Abschnitte in Kapitel 3 über Internationalisierte
brasilianische Musik sich intensiv mit der Globalisierung der brasilianischen
Musik beschäftigen werden, wird an dieser Stelle ein allgemeiner Bezug
zwischen Brasiliens Kunstschaffen und internationalen Märkten hergestellt. Diese
Betrachtung baut auf den Ergebnissen dieses Kapitels zur Globalisierung auf.
Wie alle Länder der industrialisierten Welt ist auch Brasilien der kulturellen
Penetration aus dem Ausland ausgesetzt. ,,But like few others, Brazil has built a
system of its own (...) and participated in musical commerce and exchanges
across oceans and borders."
39
So wird Brasilien auch als besonderes Beispiel für
die Bewahrung der nationalen Kultur trotz intensiver Bearbeitung des Marktes
37
Vgl. Institut Mediacult, S. 75.
38
Peterson/Berger: Cycles in Symbol Production: The Case of Popular Music In: American
Sociological Review 61, p. 165 (zit. nach: Institut Mediacult, S. 75).
39
Perrone/Dunn, p. 2.

-21-
durch v.a. US-amerikanische Konzerne genannt: Mit 73% Verkaufsanteil
heimischer Musik ist dieses Land Spitzenreiter in Südamerika.
40
Im Land selbst gibt es, vor allem von Kulturschaffenden getragen, eine starke
Front gegen den ,,kulturelle U.S. Imperialismus"
41
, dennoch wird der Stil und das
Repertoire immer weltmarkttauglicher, wie Renato Ortiz es nennt internacional-
popular
42
in Stil und Machart. Man beginnt die Wichtigkeit des amerikanischen
Einflusses zu akzeptieren.
,,A country with a small phonogram market, with a big share for local music within
the turn-over of the local phonogram market and a relatively small unimportant for
local sounds within the international music."
43
Mit dieser Beschreibung fasst Paul
Rutten Anfang der 90er die Bedeutung Brasiliens am internationalen Markt zu-
sammen. Wenngleich weder die Größe des nationalen Marktes noch die
internationale Bedeutung so unbedeutend sind, wie von Rutten dargestellt, so
zählt Brasilien international sicher nicht zu den Top-Kulturexporteuren. Seit der
Verbreitung des Internet können allerdings Veränderung beobachtet werden.
Während zuvor die Bemühungen zur Verbreitung größtenteils von offiziellen
Stellen oder von Musikverlagen betrieben wurden, gibt es nunmehr die Möglich-
keit, auch private, nicht wirtschaftlich-getriebene Initiativen zur Verbreitung zu
unternehmen. ,,The Internet (...) has had a tremendous impact on transnational
flows of music and information about music."
44
Im speziellen Fall Brasilien
meinen die Autoren Perrone und Dunn dazu: "Brazil has participated
energetically in digital aspects of cultural communication. ... popular music has
been one of the areas with greatest Internet coverage."
45
40
Institut Mediacult, S. 120.
41
Vgl. Sovik, S. 98.
42
Renato Ortiz: Mundializaçaõ e cultura (zit. nach: Sovik, p. 102).
43
Rutten, p. 6.
44
Perrone/Dunn, p. xi.
45
Perrone/Dunn, pp. xi.

-22-
3
Internationalisierte brasilianische Musik
,,Brasilien ist ein Land der Singdrosseln und der Kanarienvögel, die Musik
machen, ohne zu wissen für wen und warum sie singen."
46
Mit diesem Zitat
beginnt Claus Schreiner sein Handbuch zur brasilianischen Popularmusik. Alle
Musikstile zu nennen, die in diesem Land entstanden sind und noch immer
entstehen, ist unmöglich.
Es gilt, dass Musikstile, die innerhalb eines Landes eine große Bedeutung haben
(regionale Musikstile), oft außerhalb völlig unbekannt sind. So hat z.B. die Música
Sertaneja in Brasilien einen Anteil von 40% am Gesamt-Schallplattenumsatz
47
;
jedoch hat diese Form von ,,Heimatmusik" international keinerlei Bedeutung.
Es ist daher notwendig, die Betrachtung auf Musikstile zu beschränken, die
außerhalb der Grenzen Brasiliens von Bedeutung sind. Zum besseren Ver-
ständnis des brasilianischen Musikschaffens wird zudem ein Überblick über
allgemeine Kennzeichen und Entwicklungsschritte sowie die Populäre Musik im
Speziellen gegeben.
3.1
Allgemeine Information zu brasilianischer Musik
Nach qualitativen Kriterien definieren die Autoren McGowan und Pessanha
brasilianische Musik folgendermaßen:
48
Intense lyricism tied to its Portugese heritage
High level of poetry
Vibrant Afro-Brazilian Rythms
Diese Definition ist ebenso weitgestreut wie der tatsächliche Umfang des
brasilianischen Musikschaffens als auch exakt in der Beschreibung der Wesens-
art der Musik. Mit Sicherheit hat die multikulturelle Kolonialisierung Brasiliens und
die einmalige Vermischung der ethnischen Gruppen im Laufe der vergangenen
500 Jahre dazu geführt, dass ein variantenreiches Potpourri entstanden ist.
46
Schreiner, S. 13.
47
Vgl. Schreiner, S. 262.
48
Vgl. McGowan, p. 4.

-23-
Brasilien wurde anders kolonialisiert als der Rest Amerikas, das Fehlen
weiblicher Siedler über lange Zeit führte zu einer Vermischung der weißen
Kolonialmacht (Portugal, aber auch Niederlande und Frankreich) mit den
schwarzen Sklaven.
49
Dies gilt auch für die Musik. Das europäische Tonalsystem sowie der römisch-
katholische Kalender mit seinen vielen Festen wurde von den Afrikanern
adaptiert, ebenso wurden manche Instrumente wie Flöte, Piano, Violine, Gitarre,
Klarinette oder auch das Akkordeon aus der Alten Welt mitgebracht. Die
Afrikaner brachten ihre Musik, ihre Tänze, Sprache und ihre Religion mit, vieles
davon blieb in Brasilien unverfälschter erhalten als in Nordamerika, v.a. wegen
der großen Konzentration von Negersklaven in den Küstenstädten Rio, Salvador
und Recife.
50
Brasilien ist somit ,,a Musical Melting Pot
51
". Und diese Vielfalt gilt es im
Folgenden zu beschreiben und gleichzeitig konzentriert darzustellen.
3.2 Der
Musikmarkt
Brasiliens
Brasiliens Musikschaffen ist hochproduktiv. Die musische Infrastruktur Brasiliens
ist ­ so meint Julian Dibbell im Vorwort zu Bossa Nova ­ ebenso leistungsfähig
wie die des amerikanischen Pendants und Konkurrenten.
52
Zudem hat es
Brasilien wie kaum ein anderes Land geschafft ­ trotz unzähliger Musikimporte
aus den USA und anderen Ländern ­ eigene Musikkultur zu schaffen.
53
Das Marktvolumen Brasiliens ist enorm, das Land zählt zu den sechs größten
Musikmärkten weltweit.
54
Dennoch war die Beschäftigung mit der brasilianischen
Musikszene bislang ­ auch im Zuge der sogenannten Lateinamerika-Studien ­
relativ gering: Es ist das einzig portugiesischsprachige Land des Kontinents, der
49
Heute hat Brasilien die größte Gruppe afrikanisch-stämmiger Bevölkerung außerhalb Afrikas,
eine Volkszählung 1981 ergab 44,5 % Schwarze und Mulatten (vgl. McGowan, p. 12).
50
Vgl. McGowan, p. 11.
51
Vgl. McGowan, p. 19.
52
Vgl. Castro, p. XIV.
53
Perrone/Dunn, p. 2.
54
Vgl. Perrone/Dunn, p. 1 und Institut Mediacult, S. 52.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457860
ISBN (Paperback)
9783838657868
DOI
10.3239/9783832457860
Dateigröße
901 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule St. Pölten – Medienmanagement
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
1,0
Schlagworte
kulturglobalisierung methoden globalisierung majors indies world music deutscher musikmarkt
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