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Bewertung von Eignungsflächen für Windkraftanlagen

Dargestellt am Beispiel von ausgewählten Gemeinden des Regierungsbezirks Münster

©2002 Diplomarbeit 140 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Selten zuvor ist der Ausbau eines Energieträgers derart vorangetrieben worden wie im Fall der Windenergie in Deutschland seit Beginn der 90er Jahre. Seit 1995 ist die Zahl der Windkraftanlagen in Deutschland um den Faktor 6, die Anlagenleistung um den Faktor 50 gestiegen. Allein im vergangenen Jahr sind Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 1600 MW installiert worden. Seit der Verabschiedung des Stromeinspeisegesetzes (StrEG) im Jahr 1990 und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 sind Einspeisevergütungen, die einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen langfristig garantieren, gesetzlich festgelegt. Während andere regenerative Energieträger wie Solarenergie oder Biomasse auf dem Strommarkt nicht konkurrenzfähig sind, ist die Windenergie längst aus dem Schatten der konventionellen Energieträger herausgetreten. Gerade vor dem Hintergrund der nationalen Zielsetzung, bis zum Jahr 2005 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung zu verdoppeln (§ 1 EEG), kommt der Windenergie eine entscheidende Bedeutung zu.
Der weitere Ausbau der Windenergie wird jedoch von kontroversen Diskussionen begleitet. Nicht immer wird dabei mit seriösen Argumenten gearbeitet. So ist der stets angeführte Beitrag der Windenergie zur Verringerung der nationalen CO2-Emissionen marginal, betrachtet man dessen aktuellen Anteil am Nettostromverbrauch von 2,7 %. Ein Vergleich mit konventionellen Kraftwerken ist unseriös, da das Winddargebot räumlichen und zeitlichen Schwankungen unterliegt und daher Kraftwerke nur zu einem Teil durch Windenergie ersetzt werden können. Selbst wenn sich die Prognosen des Umweltbundesamtes bestätigen, wird die Windenergie im Jahr 2010 lediglich einen Anteil von 3 % am nationalen Primärenergieverbrauch haben. Eine Energieversorgung ausschließlich auf der Basis von regenerativen Energien ist also in naher Zukunft nicht zu erwarten.
Auf der lokalen Ebene hat es den Anschein, dass die Folgen, die sich aus der Geschwindigkeit des Ausbaus ergeben, lange Zeit unterschätzt wurden. Windkraftanlagen besitzen ein erhebliches Beeinträchtigungspotenzial. Sie können Anwohner durch Lärmemissionen und Schattenwurf beeinträchtigen. Auswirkungen auf empfindliche Vogelarten sind nicht auszuschließen. Sie verändern und prägen das Landschaftsbild auch in jenen Gegenden, die bislang weitgehend frei von baulichen Eingriffen gewesen sind. Um so notwendiger ist daher eine räumliche Steuerung der Windenergienutzung. […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6006
Zampich, Tobias: Bewertung von Eignungsflächen für Windkraftanlagen - Dargestellt am
Beispiel von ausgewählten Gemeinden des Regierungsbezirks Münster
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Dortmund, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
Inhalt
Tabellenverzeichnis ... III
Abbildungsverzeichnis... III
Kartenverzeichnis ... III
Abkürzungsverzeichnis...IV
1
Einleitung... 1
1.1
Problemstellung ... 1
1.2
Methodik und Herangehensweise ... 2
1.3
Aufbau der Arbeit... 3
2
Rahmenbedingungen der Energieversorgung ... 5
2.1
Entwicklungstendenzen der Energieversorgung ... 5
2.2
Landschaftsverbrauch durch Energieversorgungsinfrastruktur... 7
2.3
Steuerung der Energieversorgungsinfrastruktur durch die Raumplanung ... 8
3
Rahmenbedingungen der Windenergienutzung... 10
3.1
Entwicklung der Windenergienutzung ... 10
3.1.1
Historischer Rückblick ... 10
3.1.2
Entwicklung seit Beginn der 80er Jahre ... 11
3.1.3
Zukünftiges Potenzial ... 12
3.2
Voraussetzungen für die Windenergienutzung... 14
3.2.1
Windverhältnisse ... 14
3.2.2
Technische Aspekte... 16
3.3
Genehmigung von Windkraftanlagen ... 17
3.3.1
Bauplanungsrecht ... 17
3.3.2
Bauordnungsrecht... 19
3.3.3
Immissionsschutzrecht... 20
3.3.4
Naturschutzrecht... 21
3.3.5
Energiewirtschaftsrecht ... 22
3.4
Steuerung von Windkraftanlagen ... 23
3.4.1
Steuerung durch die Regionalplanung... 24
3.4.2
Steuerung durch die Bauleitplanung... 26
3.4.3
Festlegung der Planungsebene... 26
4
Bewertung von Flächen für die Windenergienutzung ... 28
4.1
Bewertungsmethoden... 28
4.1.1
Anforderungen... 28
4.1.2
Typisierung... 29
4.2
Bewertungsmaßstäbe... 35
4.3
Bewertungskriterien ... 39
4.3.1
Landschaftsbild... 39
4.3.2
Avifauna ... 43
4.3.3
Lärmemissionen... 45
4.3.4
Schattenwurf... 47
4.3.5
Flächeninanspruchnahme ... 48
4.3.6
Windhöffigkeit... 50
4.3.7
Akzeptanz ... 50

II
5
Vergleich von Gutachten über die Eignung von Flächen für die Windenergie-
nutzung in neun Gemeinden des Regierungsbezirks Münster... 53
5.1
Zielsetzung... 53
5.2
Methodik und Auswahl der Gutachten... 53
5.3
Ausgangssituation im Regierungsbezirk Münster ... 54
5.4
Leitfragen der Analyse... 55
5.5
Ergebnisse ... 61
5.6
Zusammenfassende Bewertung ... 67
6
Bewertung von Flächen für die Windenergienutzung anhand eines nutzwert-
analytischen Ansatzes am Beispiel der Gemeinde Schöppingen (Kreis Borken) ... 69
6.1
Die Nutzwertanalyse... 69
6.1.1
Methodischer Ablauf ... 70
6.1.2
Bewertungskriterien... 71
6.2
Nutzwertanalytische Bewertung von Flächen in der Gemeinde Schöppingen... 79
6.2.1
Vorstellung der Gemeinde... 80
6.2.2
Bewertung der Eignungsflächen... 81
6.2.3
Gewichtung der Kriterien durch Experten und Laien... 95
6.2.4
Gegenüberstellung der Bewertungsergebnisse ... 99
6.2.5
Zusammenfassende Bewertung ... 100
7
Resümee ... 102
Anhang 1... 106
Literatur ... 106
Internetseiten ... 115
Rechtsgrundlagen ... 115
Gerichtsurteile ... 117
Kartengrundlagen ... 117
Gespräche ... 117
Anhang 2: Empfehlungen des Windenergie-Erlasses NW... 119
Anhang 3: Gutachten zu Eignungsflächen für die Windenergienutzung... 120
Anhang 4: Chronologie der Windenergienutzung in der Gemeinde Schöppingen... 129

III
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Leitfragen zum Vergleich der Gutachten ... 56
Tab. 2: Übersicht über die Zielerfüllungsgrade der Eignungsflächen... 94
Tab. 3: Gewichtung der Kriterien durch Experten, einem Anwohner und den Verfasser... 95
Tab. 4: Nutzwertanalytische Bewertung durch Neugebauer (Naturschutzbund Deutschland) ... 96
Tab. 5: Nutzwertanalytische Bewertung durch Lindemann (Landschaftsplanungsbüro)... 97
Tab. 6: Nutzwertanalytische Bewertung durch Teigeler (Gemeinde Schöppingen) ... 97
Tab. 7: Nutzwertanalytische Bewertung durch Kappelhoff (Betreibergesellschaft Schöppingen) . 98
Tab. 8: Nutzwertanalytische Bewertung durch Berning (Anwohner) ... 98
Tab. 9: eigene nutzwertanalytische Bewertung... 99
Tab. 10: Ergebnisse der nutzwertanalytischen Bewertungen ... 100
Tab. 11: Empfehlungen des Windenergie-Erlasses NW ... 119
Tab. 12: Gutachten im Auftrag der Stadt Billerbeck... 120
Tab. 13: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Gescher ... 121
Tab. 14: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Heek... 122
Tab. 15: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Hörstel... 123
Tab. 16: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Isselburg... 124
Tab. 17: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Reken ... 125
Tab. 18: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Schöppingen... 126
Tab. 19: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Velen... 127
Tab. 20: Gutachten im Auftrag der Gemeinde Westerkappeln ... 128
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Methodischer Ablauf der Nutzwertanalyse ... 70
Kartenverzeichnis
Karte 1: Übersicht über die Eignungsflächen für die Windenergienutzung in der Gemeinde
Schöppingen ... 80
Karte 2: Eignungsfläche ,,Wersche"... 82
Karte 3: Eignungsfläche ,,Nördlich Heven" ... 86
Karte 4: Eignungsflächen ,,Schöppinger Berg (Nord) und (Süd)" ... 89

IV
Abkürzungsverzeichnis
a. a. O.
an angegebenem Ort
BauGB Baugesetzbuch
BauO Bauordnung
Bezreg. Bezirksregierung
BfN
Bundesamt für Naturschutz
BGBl. Bundesgesetzblatt
BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetz
BMBau
Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
BMU
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
BMWi
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BLN
Bereich zum Schutz der Landschaft
BSN
Bereich zum Schutz der Natur
BUND
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
BWE Bundesverband
Windenergie
BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz
BVerwG Bundeswaltungsgericht
DEWI
Deutsches Windenergie-Institut
ebd. ebenda
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz
EnWG Energiewirtschaftsgesetz
EVU Energieversorgungsunternehmen
FFH Flora-Fauna-Habitat
FNP Flächennutzungsplan
GEP Gebietsentwicklungsplan
gesch. geschützt
GV
Gesetz- und Verordnungsblatt
GW Gigawatt
(10
9
Watt)
i. d. F.
in der Fassung
IPCC
Intergovernmental Panel on Climate Change
kW Kilowatt
(10
3
Watt)
LEP Landesentwicklungsplan
LEPro Landesentwicklungsprogramm
LG Landschaftsgesetz
LÖBF
Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten
LPlG Landesplanungsgesetz
LNU
Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt
LROP Landes-Raumordnungsprogramm
LT Landtag
MBl. Ministerialblatt
MFE
Ministerium für Finanzen und Energie
MKRO
Ministerkonferenz für Raumordnung

V
MURL
Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
MW Megawatt
(10
6
Watt)
NABU Naturschutzbund
Deutschland
nds. niedersächsisch
NIT
Institut für Tourismus- und Bäderforschung
NLÖ
Niersächsisches Landesamt für Ökologie
NRW/NW Nordrhein-Westfalen
OVG Oberverwaltungsgericht
RL Richtlinie
Rnderl. Runderlass
ROG Raumordnungsgesetz
StrEG Stromeinspeisegesetz
SH Schleswig-Holstein
SRU
Sachverständigenrat für Umweltfragen
TA-Lärm
Technische Anleitung Lärm
TK Topographische
Karte
UBA Umweltbundesamt
UVP Umweltverträglichkeitsprüfung
UVPG
Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
UVU Umweltverträglichkeitsuntersuchung
VGH Verwaltungsgerichtshof
vgl. vergleiche
VO Verordnung
WEA-Erl. Windenergie-Erlass
WKA Windkraftanlage

1 Einleitung
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Selten zuvor ist der Ausbau eines Energieträgers derart vorangetrieben worden wie im Fall
der Windenergie in Deutschland seit Beginn der 90er Jahre. Seit 1995 ist die Zahl der
Windkraftanlagen in Deutschland um den Faktor 6, die Anlagenleistung um den Faktor 50
gestiegen. Allein im vergangenen Jahr sind Anlagen mit einer Leistung von insgesamt
1600 MW installiert worden (Ender 2001b, S. 33). Seit der Verabschiedung des Stromein-
speisegesetzes (StrEG) im Jahr 1990 und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im
Jahr 2000 sind Einspeisevergütungen, die einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen lang-
fristig garantieren, gesetzlich festgelegt. Während andere regenerative Energieträger wie
Solarenergie oder Biomasse auf dem Strommarkt nicht konkurrenzfähig sind, ist die Wind-
energie längst aus dem Schatten der konventionellen Energieträger herausgetreten. Gerade
vor dem Hintergrund der nationalen Zielsetzung, bis zum Jahr 2005 den Anteil der erneu-
erbaren Energien an der Stromversorgung zu verdoppeln (§ 1 EEG), kommt der Wind-
energie eine entscheidende Bedeutung zu.
Der weitere Ausbau der Windenergie wird jedoch von kontroversen Diskussionen beglei-
tet. Nicht immer wird dabei mit seriösen Argumenten gearbeitet. So ist der stets angeführte
Beitrag der Windenergie zur Verringerung der nationalen CO
2
-Emissionen marginal, be-
trachtet man dessen aktuellen Anteil am Nettostromverbrauch von 2,7 % (Ender 2001b,
S. 33; Stand: 30.6.2001). Ein Vergleich mit konventionellen Kraftwerken ist unseriös, da
das Winddargebot räumlichen und zeitlichen Schwankungen unterliegt und daher Kraft-
werke nur zu einem Teil durch Windenergie ersetzt werden können. Selbst wenn sich die
Prognosen des Umweltbundesamtes bestätigen, wird die Windenergie im Jahr 2010 ledig-
lich einen Anteil von 3 % am nationalen Primärenergieverbrauch haben (UBA 2000, S. 8).
Eine Energieversorgung ausschließlich auf der Basis von regenerativen Energien ist also in
naher Zukunft nicht zu erwarten.
Auf der lokalen Ebene hat es den Anschein, dass die Folgen, die sich aus der Geschwin-
digkeit des Ausbaus ergeben, lange Zeit unterschätzt wurden. Windkraftanlagen besitzen
ein erhebliches Beeinträchtigungspotenzial. Sie können Anwohner durch Lärmemissionen
und Schattenwurf beeinträchtigen (Piorr 1999, S. 29 ff.; Pohl/Faul/Mausfeld 1999, S. 3 ff.).
Auswirkungen auf empfindliche Vogelarten sind nicht auszuschließen (Vauk 1990,
S.
100 ff.; Bergen 2001, S. 1 ff.). Sie verändern und prägen das Landschaftsbild auch in
jenen Gegenden, die bislang weitgehend frei von baulichen Eingriffen gewesen sind (Jessel
1998, S. 356 ff.; Breuer 2001, S. 237 ff.). Um so notwendiger ist daher eine räumliche
Steuerung der Windenergienutzung. Der Regional- und Bauleitplanung kommt hier eine
besondere Stellung zu, da nur sie durch eine vorausschauende Flächenvorsorge auf die
räumlichen Probleme reagieren kann. Eine Konzentration der Windkraftanlagen auf be-
stimmte, unempfindliche Bereiche durch die Ausweisung von Eignungsflächen in den Re-
gional- und Bauleitplänen ist um so dringender, seitdem regenerative Energieträger durch

1 Einleitung
2
die Änderung des Baugesetzbuchs im Jahr 1996 im Außenbereich privilegiert sind (§ 35
Abs. 1 BauGB).
Dass es trotz der genannten Problembereiche erstaunliche Anpassungsreaktionen gibt und
sich Teile der Bevölkerung mit der Windenergienutzung arrangieren, zeigen durchgeführte
Akzeptanzanalysen. E
GERT
/J
EDICKE
kommen in einer Befragung von über 140 Bewoh-
nern in vier kleinen Orten in Nordhessen zu dem Ergebnis, dass trotz einer hohen Anla-
gendichte (27 Anlagen/16 km
2
) in unmittelbarer Nähe der Ortschaften eine breite Befür-
wortung der Windenergienutzung vorhanden ist (Egert/Jedicke 2001, S. 376). Eine in
Schleswig-Holstein vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung durchgeführte Unter-
suchung hat ergeben, dass sich ein verschwindend geringer Anteil von Touristen durch
Windkraftanlagen derart gestört fühlt, dass sie den Urlaubsort zukünftig meiden wollen
(NIT 2000, S. 46). Neuere avifaunistische Bestandserhebungen geben erste Hinweise, dass
zahlreiche Vogelarten, die bislang als empfindlich gegenüber äußeren Störeinflüsse einge-
stuft wurden, sich in unmittelbarer Nähe zu Windkraftanlagen aufhalten. Zudem haben
sich die zu Beginn der 90er Jahre geäußerten Befürchtungen, tausende von Vögeln könnten
durch die Kollision mit den Rotoren der Anlagen zu Tode kommen, bisher nicht bestätigt
(BfN 2000, S. 14).
Diese im Widerspruch zu früheren Untersuchungen stehenden Forschungsergebnisse sowie
die vor dem Hintergrund des bevorstehenden Ausbaus nach wie vor hoch aktuelle Thema-
tik sind Anlass, sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit mit den Auswirkungen der Wind-
energienutzung und insbesondere mit der Ausweisung von kommunalen Eignungsflächen
für die Windenergienutzung zu befassen. Die zentrale Fragestellung lautet, mit welchen
Methoden aus raumplanerischer Sicht optimale Standorte ermittelt werden können.
1.2 Methodik und Herangehensweise
Aus diesem Blickwinkel liegt es nahe, auf der Basis der spezifischen Vor- und Nachteile
unterschiedlicher, in der Raumplanung verwendeter Bewertungs- und Entscheidungs-
methoden und der Auswertung vorhandener Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen
von Windkraftanlagen Gutachten auszuwerten, die im Auftrag von Gemeinden geeignete
Flächen für die Windkraftnutzung systematisch ermitteln sollten. Die Ausgangshypothese
für die Bewertung der Gutachten war, dass unterschiedliche Bewertungs- und Entschei-
dungsmethoden angewendet werden, da das Planungsrecht grundsätzlich methodenoffen
ist (Lendi 1998, S. 30) und es keine allgemein beste Methode gibt, sondern jede ihre spezi-
fischen Schwächen und Stärken aufweist. Die auszuwählenden Gutachten mussten hin-
sichtlich ihres Bearbeitungszeitraums vergleichbar sein sowie eine möglichst hohe Qualität
aufweisen. Hierbei wurde die These aufgestellt, dass erst mit der baurechtlichen Privilegie-
rung von Windkraftanlagen im Außenbereich und der Forderung nach einer flächen-
deckenden systematischen Untersuchung der Gemeindegebiete (OVG Münster, Urteil vom
30.11.2001) die Gutachten wissenschaftlichen Anforderungen genügen. Eine Zusammen-
stellung von Auswertungen durchgeführter Umweltverträglichkeitsuntersuchungen durch
H
ARTLIK
/BO
ESCHEN
/W
AGNER
zeigt, dass selbst vergleichsweise umfangreiche Gutachten

1 Einleitung
3
inhaltliche und methodische Schwächen aufweisen (Hartlik/Boeschen/Wagner 2001,
S. 35). Die Wahl der Untersuchungsregion fiel auf den Regierungsbezirk Münster, da dort
die Ausweisung von kommunalen Eignungsflächen hauptsächlich in den vergangenen zwei
Jahren stattgefunden hat bzw. aktuell stattfindet. Zum Stand Februar 2002 besaßen dort 28
der 65 Gemeinden rechtskräftige Eignungsflächen für die Windenergienutzung (Bezreg.
Münster 2002, Anlage 4).
Die Durchführung von nutzwertanalytischen Bewertungen durch Experten bildet den zwei-
ten Schwerpunkt der Arbeit. Diese sollten für die Windenergienutzung grundsätzlich ge-
eignete Flächen, die durch den Gutachter W
OLTERING
/A
HRENSMEYER
über einen verbal-
argumentativen Ansatz ermittelten wurden, aus ihrer Sicht bewerten.
1.3 Aufbau der Arbeit
Im Anschluss an diese Einleitung gibt Kapitel 2 zunächst einen Überblick über die wesent-
lichen energiewirtschaftlichen und -politischen Entwicklungstendenzen, den Landschafts-
verbrauch durch Energieversorgungsinfrastruktur sowie über den bisherigen Umgang der
Raumordnung mit der Standortwahl von Anlagen der Energieversorgung.
Als thematische Einleitung zu Kapitel 4 stellt Kapitel 3 die aktuellen Rahmenbedingungen
der Windenergienutzung in Deutschland dar. Ausgehend von einem Überblick über die
historische und zukünftig zu erwartende Entwicklung (Kap. 3.1) werden die wesentlichen
technischen und windklimatischen Standortvoraussetzungen aufgezeigt (Kap. 3.2), bevor
die genehmigungsrechtlichen Grundlagen erörtert werden (Kap. 3.3). Kapitel 3 schließt mit
einem Überblick über die Steuerungsmöglichkeiten der Regional- und Bauleitplanung und
der Diskussion der Frage, welche Steuerungsebene aus Sicht der Koordinierungsfunktion
der Raumplanung zu bevorzugen ist.
Gegenstand des Kapitels 4 ist die Bewertung von Eignungsflächen für die Windenergie-
nutzung. Kapitel 4.1 liefert einen Einstieg, welche Anforderungen aus wissenschaftlicher
Sicht an eine rationale Bewertung zu stellen sind. Es werden die gängigen Bewertungs-
methoden in der Raumplanung vorgestellt und auf ihre Eignung im Hinblick auf die Flä-
chenbewertung für die Windkraftnutzung untersucht. Kapitel 4.2 beleuchtet die für eine
Bewertung unabdingbaren Bewertungsmaßstäbe, während in Kapitel 4.3 die wesentlichen
standortbezogenen Bewertungskriterien erarbeitet werden.
Der empirische Teil der Arbeit beginnt mit Kapitel 5. Hier werden ausgewählte, im Auf-
trag der Gemeinden des Regierungsbezirks Münsters erstellte Gutachten zur Eignung von
Flächen zur Windkraftnutzung hinsichtlich ihrer methodischen und inhaltlichen Qualität
untersucht. Den Leitfaden dieses Kapitels bilden in Anlehnung an D
EMUTH
(2000) Fragen
zu den Themenkomplexen Bewertungsmethodik, Bewertungskriterien, Anforderungen an
die wissenschaftliche Exaktheit und Bewertungsergebnisse.

1 Einleitung
4
Auf die in Kapitel 5 gewonnenen Ergebnisse aufbauend wird in Kapitel 6 der von den Gut-
achtern durchgängig angewandten argumentativen Bewertung eine nutzwertanalytische
Bewertung gegenübergestellt. Als Beispiel dienen prinzipiell für die Windkraftnutzung
geeignete, vom Gutachter empfohlene Flächen der Gemeinde Schöppingen im Kreis Bor-
ken (Regierungsbezirk Münster). Im Rahmen der Nutzwertanalyse sind zunächst das Pla-
nungsproblem und daraus abgeleitet Bewertungsmaßstäbe und Bewertungskriterien zu
definieren (Kap. 6.1), anhand derer die Flächen bewertet werden sollen. Die eigentliche
nutzwertanalytische Bewertung geschieht durch Vertreter unterschiedlicher Interessen-
gruppen, deren Ergebnisse einander gegenübergestellt und diskutiert werden (Kap. 6.2 und
6.3).
Die Arbeit schließt mit einem Resümee (Kap. 7), in dem die wesentlichen Ergebnisse des
empirischen Teils (Kap. 5 und 6) im Hinblick auf die Zielsetzung der Arbeit erörtert wer-
den.

2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
5
2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
Gegenstand des Kapitels 2 sind die Rahmenbedingungen der Energieversorgung, die ins-
besondere durch die energiewirtschaftlichen und -politischen Entwicklungen der vergan-
genen Jahre, den mit der Energieversorgung verbundenem Landschaftsverbrauch und der
Einflussnahme der räumlichen Planung auf die Standorte der Energieversorgungsinfra-
struktur gebildet werden.
2.1 Entwicklungstendenzen der Energieversorgung
Die Energieversorgung zählte lange Zeit zu den Sektoren, in denen der Staat ein hohes
Maß an Verantwortung für die Bereitstellung der Infrastruktur übernahm und nur in einem
sehr begrenzten Umfang Wettbewerb stattfand. Die öffentliche Energieversorgung war
lange Zeit darauf ausgerichtet,
Strom zu jeder Zeit, zu jeder gewünschten Menge und an jedem beliebigen Ort zu
Verfügung zu stellen,
ein bundesweit einheitliches Preisniveau zu gewährleisten, das von räumlichen Ge-
gebenheiten und tatsächlichen Kosten weitgehend unabhängig war,
niedrige Energiepreise zu garantieren,
bestimmte Technologien der Stromerzeugung in Erwartung wirtschaftspolitischer
Nutzen zu fördern und
bestimmte Energieträger primär aus beschäftigungspolitischen Gründen zu fördern
(Monstadt 2000, S. 3).
Diese Zielsetzungen sowie die technisch-ökonomischen Eigenheiten des Energiemarktes
(Leitungsgebundenheit, hohe Kapitalintensität von Infrastrukturinvestitionen) dienten der
Rechtfertigung der Monopolstellung von Energieversorgungsunternehmen (EVU), die in
ihrem Einzugsbereich die Versorgungsbedingungen festsetzen konnten. Dem stand eine
weitreichende Kontrolle der Bundesländer über die Energieversorgungseinrichtungen ge-
genüber. Errichtung, Erweiterung und Stilllegung von Energieanlagen unterliegen bis heu-
te der Investitionsaufsicht der Bundesländer. Die externen Kosten der Energieversorgung
wurden zunächst kaum beachtet (vgl. Monstadt 2000, S. 10).
Die zu Beginn der 90er Jahre einsetzende Liberalisierung des Strommarktes in Deutsch-
land wurde durch Initiativen der Europäischen Union ausgelöst. Ziel der Richtlinienvorha-
ben war eine Harmonisierung und wettbewerbliche Umstrukturierung der nationalen Ener-
giemärkte (Monstadt 2000, S. 36). Durch die im Jahr 1996 verabschiedete Elektrizitätsbin-
nenmarkt-Richtlinie (RL 96/92/EG) wurde der freie Netzzugang eingeführt. Aus den Er-
fahrungen der Energiepolitiken der Nachkriegszeit, als in vielen Ländern die Monopolstel-
lung der Energieversorgungsunternehmen zu erheblichen Überkapazitäten und ineffizienter
Energieverwendung geführt hatte, wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass die öffentli-
chen Interessen der Energieversorgung nur durch eine stärkere Wettbewerbsorientierung
garantiert werden könnten (Köpke 1992, S. 103 ff.).

2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
6
Die Liberalisierung der Stromversorgung wurde 1998 in Deutschland durch eine Novellie-
rung des seit 1935 gültigen Energiewirtschaftsgesetzes umgesetzt. Wichtige Neuregelun-
gen waren die Aufhebung der Gebietsmonopole, eine Erleichterung der Aufnahme der
Stromversorgung sowie ein verbesserter Zugang zum Versorgungsnetz (§§ 3, 5 und 6
EnWG). Diese Regelungen führten zu sinkenden Strompreisen, zugleich jedoch zu einem
Rückgang der Einflussnahme der Länder und Kommunen auf die Ausgestaltung der Ener-
gieversorgung (vgl. Monstadt 2000, S. 40).
Was die Entwicklung der energiepolitischen Ziele betrifft, so ist trotz der rechtlichen För-
derung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien durch das Stromeinspeisegesetz im
Jahr 1990 und die Verankerung des Umweltschutzes als Zielbestimmung der Energiewirt-
schaft durch das Energiewirtschaftsgesetz die Förderung der regenerativen Energieträger
nach wie vor kein primäres Ziel der Energiepolitik. In den u. a. von der Bundesregierung
und Vertretern der Umwelt- und Industrieverbände ausgehandelten Leitlinien der Energie-
politik (Energiedialog 2000) steht die Umweltverträglichkeit gleichrangig neben den öko-
nomisch orientierten Zielen der Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit (BMWi
2001, S. 93). Nach Ansicht des Verfassers zeugt auch der Energiebericht 2000 von einem
Spagat zwischen beschäftigungs- und umweltpolitischen Zielsetzungen, wenn ein verstärk-
ter Einsatz regenerativer Energieträger, zugleich aber eine Stärkung einheimischer Res-
sourcen angestrebt wird (ebd., S. 11). In einem vergleichbaren Spannungsfeld steht das
Primärziel der ­ für eine Beibehaltung der bisherigen Energiepolitik sprechenden ­ Siche-
rung der Versorgungssicherheit und das Ziel der Verdopplung der erneuerbaren Energie-
träger bis zum Jahr 2010 (§ 1 EEG).
Grundsätzlich wird sowohl national als auch von den meisten Bundesländern angestrebt,
den Anteil der regenerativen Energieträger am Gesamtstromverbrauch deutlich zu erhöhen
(C.3.5 VO LROP Nds. 1994; Nr. 1 Rnderl. S-H 1995; Nr. 1.1 WEA-Erl. NW i. d. F. v.
29.11.1996). Hierbei ist die Windenergie von herausragender Bedeutung, da dieser inner-
halb der regenerativen Energieträger das größte Ausbaupotenzial in den nächsten Jahren
zugeschrieben wird (UBA 2000, S. 6) (vgl. Kap. 3.1.3)
1
. Die meisten Bundesländer haben
inzwischen konkrete Ausbauziele in Bezug auf die installierte Leistung von Windkraft-
anlagen oder den Anteil an der Gesamtenergieversorgung vorgegeben, so auch die Länder
Schleswig-Holstein
2
, Niedersachsen
3
und Nordrhein-Westfalen
4
.
1
Während 1997 der Beitrag der Wasserkraft an der Energieversorgung den der Windenergie um mehr als das
Vierfache überstieg (UBA 2000, S. 2), soll die Windenergie bereits im Jahr 2010 entsprechend den nationa-
len Zielsetzungen den größten Anteil innerhalb der regenerativen Energieträger übernehmen. Photovoltaik,
Biomasse und Biogas werden nach den Prognosen des Umweltbundesamtes in Anbetracht der hohen Kosten
auch in Zukunft für die Stromversorgung keine Rolle spielen. So liegt der prognostizierte Anteil von Photo-
voltaik, Biomasse und Biogas an der Stromerzeugung aus regenerativen Energieträgern im Jahr 2010 bei
7,4 % (ebd., S. 10).
2
Ziel: Anteil der Windenergie an der Gesamtstromversorgung mind. 25% bis zum Jahr 2010 (Nr. 1 Rnderl.
SH 1995).
3
Ziel: Installierte Leistung von mind. 1.000 MW bis zum Jahr 2000 (Pahlke/Keuper/Gerdes 1993, S. 1).
4
Ziel: Installierte Leistung von mind. 1.000 MW bis zum Jahr 2005 (Nr. 1.1 WEA-Erl. NW i. d. F. v.
29.11.1996.)

2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
7
2.2 Landschaftsverbrauch durch Energieversorgungsinfrastruktur
Die Energieversorgung ist mit einer erheblichen Rauminanspruchnahme verbunden. Allein
der Abbau von Braunkohle in den drei großen Braunkohlerevieren Deutschlands benötigt
eine Fläche von über 1.500 km
2
(ARL 2000, S. 11). Durch Mittel- und Hochspannungslei-
tungen mit einer Länge von ca. 300.000 km wird eine Fläche von mehr als 3.700 km
2
durch Bodenversiegelung und Nutzungseinschränkungen im Bereich des sicherheitsbe-
dingten Schutzstreifens entwertet (Dittmann/Zschernig 1998, S. 155; Dosch/Beckmann
1999b, S. 305). Zudem gehen von Stromversorgungsleitungen Barriere-, Emissions- und
Zerschneidungseffekte aus. Letztere führen zu einer problematischen Trennung von Le-
bensräumen von Tieren (Dosch/Beckmann 1999b, S. 303).
Hinsichtlich der Beanspruchungsintensität einer Fläche ist zwischen dem direkten und dem
indirekten Landschaftsverbrauch
5
zu unterscheiden. Der direkte Landschaftsverbrauch
wird im Folgenden verstanden als eine Inanspruchnahme des Bodens. Im Bereich der E-
nergieversorgung macht der direkte Landschaftsverbrauch nur einen kleinen Teil der tat-
sächlichen Gesamtbelastungen aus; so beläuft sich der Flächenverbrauch durch konventio-
nelle Kraftwerke bundesweit auf wenige Hektar (Jensch 1988, S. 100 ff.). Der Begriff des
indirekten Flächenverbrauchs bezieht sich auf die von Lärm- und Schadstoffemissionen
betroffenen Fläche. Dabei unterscheiden sich diese Beeinträchtigungen erheblich im Hin-
blick auf Intensität und Dauer.
H
ARTMANN
/K
ALTSCHMITT
haben die Flächeninanspruchnahme der einzelnen Energieträ-
ger analysiert, indem sie sämtliche Umweltbelastungen, die durch Abbau, Transport und
Verbrennung eines Energieträgers entstehen, in die Bilanz mit einbeziehen. Sie unterschei-
den dabei fünf Belastungskategorien:
· die versiegelte Fläche (Flächentyp 1),
· die nutzungseingeschränkte Fläche (Flächentyp 2),
· die für die Energierohstoffgewinnung in Anspruch genommene Fläche (Flächentyp
3),
· die für die Erzeugung von Energie, die für die Herstellung, Wartung und Entsorgung
von Energieerzeugungsanlagen notwendig ist, erforderliche Fläche (Flächentyp 4)
und
· die durch den Ausstoß von Luftschadstoffen, die bei der Erzeugung von für die Her-
stellung, Wartung und Entsorgung der Energieerzeugungsanlagen benötigten Energie
entstehen, beeinträchtigte Fläche (Flächentyp 5).
Der Vergleich des Flächenverbrauchs der einzelnen Energieträger ergibt, dass die Strom-
erzeugung auf Basis von Photovoltaik im Vergleich zu Wasserkraft und Steinkohle mit
einem hohen spezifischen Flächenverbrauch der Typen 1 und 2 verbunden ist. Bezieht man
alle Flächentypen einschließlich der durch Luftschadstoffe beeinträchtigten Fläche in die
5
Landschaftsverbrauch wird hier verstanden als ,,der Entzug von Flächen aus einer dem natürlichen Aus-
gangszustand näheren Funktionsform und die Übernahme in einen anderen, naturferneren Zustand" (Engel-
hardt/Reichholf 1979, S. 281, in: Losch/Nake 1989, S. 1).

2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
8
Bilanz mit ein, so ist die Stromerzeugung auf Grundlage von Steinkohle mit dem höchsten
Flächenverbrauch verbunden (Hartmann/Kaltschmitt 2000, S. 65 ff.).
2.3 Steuerung der Energieversorgungsinfrastruktur durch die Raumpla-
nung
Standorte für die Energieversorgungsinfrastruktur sind von erheblicher raumstruktureller
Relevanz. Bis in die 80er Jahre beeinflusste die Standortwahl über die Höhe der Stromprei-
se die regionale Wirtschaftsentwicklung; die regionalen Strompreisdisparitäten waren u. a.
eine Folge der Stromübertragungskosten innerhalb des Verbundnetzes und der räumlichen
Konzentration von Kraftwerken innerhalb der Agglomerationszentren (Wagner 1985,
S. 45 ff.). Die Landes- und Regionalplanungen hielten sich zunächst aus der Flächenvor-
sorge für Kraftwerks- und Energieleitungstrassen zurück, obwohl entsprechend § 5 Abs. 1
ROG i. d. F. von 1965 die Standortvorsorge für umweltbelastende Großanlagen in die Zu-
ständigkeit der Länder fiel. Die Standortwahl von Kraftwerken war im Wesentlichen eine
Entscheidung der Energieversorgungsunternehmen. Diese hatten lediglich die Aufnahme
der Stromerzeugung bei den Energieaufsichtsbehörden der Länder anzumelden (Monstadt
2000, S. 7).
Die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) stellte im Jahr 1973 den ersten
umfassenden Standortkriterienkatalog für die Errichtung von Kernkraftwerken auf (Masuhr
1995, S. 222), nachdem das nationale Energieprogramm 1973 darauf hingewiesen hatte,
dass die Lösung der Standortprobleme von Energieversorgungsanlagen in einer systemati-
schen Standortvorsorge zu suchen sei (Wagner 1985, S. 219). Parallel dazu erarbeiteten die
für atomrechtliche Genehmigungsverfahren zuständigen Ministerien der Länder Standort-
bewertungsdaten für Kernkraftwerke (Volwahsen 1977, S. 635). V
OLWAHSEN
erstellte im
Jahr 1977 einen Kriterienkatalog, der sowohl raumordnerische als auch energiewirtschaft-
liche und sicherheitstechnische Aspekte beinhaltete. Weitere Untersuchungen zu Standort-
kriterien aus dieser Zeit (BMBau 1979 u. a.). legten jedoch entweder einen Schwerpunkt
auf sicherheitstechnische oder energiewirtschaftliche Aspekte (vgl. Masuhr 1995, S. 222).
Einzelne Bundesländer stellten in der Folge sektorale Fachpläne für Großkraftwerke auf.
Das Land Nordrhein-Westfalen legte im Landesentwicklungsplan VI im Jahr 1978 neben
20 Gebieten für flächenintensive Großvorhaben 27 Kraftwerksstandorte fest. Die darge-
stellten Flächen für Energieerzeugungsanlagen umfassten eine Größe von mindestens 20
ha, auf denen Kraftwerke von jeweils 2.000 MW errichtet werden konnten. Die Flächen
wurden nach den Kriterien ,,Wasserversorgung" und der ,,Lage zu Rohstoffvorkommen
und Absatzmärkten" ermittelt. Darüber hinaus wurden die Bereiche auf ihre potenziellen
raumwirksamen Auswirkungen auf Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarktpotenzial, Immis-
sionsschutz und Belange der Fachplanungen untersucht (Schneider 1977, S. 605).
Obwohl die sektoralen Energiefachpläne in die Landesentwicklungspläne übernommen
und die Landesplanungsbehörden innerhalb des immissionsschutzrechtlichen Genehmi-
gungsverfahrens angehört wurden, blieb der Einfluss der Landesplanung auf die Wahl der

2 Rahmenbedingungen der Energieversorgung
9
Standorte für Kraftwerke eher gering. Auch die Vorgaben der Landesentwicklungspläne
wurden selten eingehalten. Nur 13 der insgesamt 50 Steinkohlekraftwerke, die sich im Jahr
1981 bundesweit im Genehmigungsverfahren befanden, deckten sich mit den Vorgaben
der Landesplanungen. Es zeigte sich, dass die meisten Kraftwerke in räumlicher Nähe zu
bereits bestehenden Anlagen entstanden (Wagner 1985, S. 250). Zudem bestand das Prob-
lem, dass die in den Landesentwicklungs- und Regionalplänen festgesetzten Standorte häu-
fig nicht bebaut wurden und zum Teil der städtebaulichen Entwicklung von Gemeinden
entgegenstanden. Die Bundesländer übten daher in den 80er Jahren in der Ausweisung von
Flächen für Energieversorgungsinfrastruktur Zurückhaltung (Masuhr 1995, S. 223), bis die
verstärkte Nutzung der Windenergie ­ zunächst in den norddeutschen, windreichen Küs-
tenländern, später auch in den Binnenländern ­ eine regionale Steuerung durch die Regio-
nalplanungsbehörden notwendig machte.
Als erstes Bundesland entwickelte Schleswig-Holstein 1989 einen Kriterienkatalog für die
Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung, ohne dass dieser allerdings durch
die Regionalplanung aufgegriffen und umgesetzt wurde. Erst in einem Erlass von 1991
bzw. in dessen Überarbeitung im Jahr 1995 wurden die Kreise dazu aufgefordert, in Ab-
stimmung mit den Landesdienststellen und unter der Beteiligung der Gemeinden Standort-
konzepte für die Windenergienutzung zu erarbeiten (Nr. 1 Erl. Nds. 1991). Im Jahr 1998
wurde im Landesraumordnungsprogramm eine Zielgröße von 1.400 MW installierter Leis-
tung vorgegeben und durch Flächenausweisungen mit einer Größe von über 160 km
2
in
den Teilfortschreibungen der fünf Regionalpläne des Landes umgesetzt (MFE SH 1999, S.
36). Niedersachsen hat aufbauend auf einer flächendeckenden Windpotenzialstudie durch
eine Verordnung zum Landesraumordnungsprogramm im Jahr 1994 die Landkreise als
Träger der Regionalplanung aufgefordert, in den regionalen Raumordnungsprogrammen
Vorrangflächen für die Windenergienutzung auszuweisen. Jedem Landkreis wurden dabei
Mindestwerte zugewiesen, die bis zu einer installierten Leistung von 300 MW (Landkreis
Cuxhaven) reichen (C 3.5 VO LROP Nds. 1994).
Auch in anderen Bundesländern bestehen Vorgaben über die zu installierende Leistung
durch Windkraftanlagen. Es sind zum Teil einzelne Regionen, die dem Beispiel der Regio-
nalplanungsbehörden der norddeutschen Küstenländer gefolgt sind und Flächen für die
Windenergienutzung ausgewiesen haben, so etwa die Region Franken (Regionalverband
Franken 1999), die Region Trier (Clodius 1997, S. 81 ff.) sowie als einzige Region in
Nordrhein-Westfalen der Regierungsbezirk Münster (ebd., S. 52 ff.). Hingegen bestehen ­
abgesehen von Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg und dem Saarland ­ in allen Bundeslän-
dern Verwaltungsvorschriften zur genehmigungsrechtlichen und planerischen Behandlung
von Windenergieanlagen (BfN 2000, S. 25 ff.).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
10
3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
Gegenstand des Kapitels 3 sind die Rahmenbedingungen der Windenergienutzung, die im
Wesentlichen durch die technischen, genehmigungsrechtlichen und planerischen Aspekte
gesetzt werden.
3.1 Entwicklung der Windenergienutzung
Obwohl die Nutzung der Windenergie eine lange Tradition hat und bereits zu Beginn des
20. Jahrhunderts technische Konzepte zur Stromerzeugung aus Windenergie vorlagen,
konnte sie sich in Deutschland nach den Fehlschlägen großer Megawatt-Windkraftanlagen
in den 70er Jahren erst in den vergangenen zehn Jahren auf dem Markt durchsetzen (Keu-
per/Molly/Stückemann 1992, S. 7). Um so erstaunlicher ist die Geschwindigkeit des Aus-
baus, die sämtliche Prognosen übertrifft und voraussichtlich auch in den kommenden Jah-
ren beibehalten wird (BMU 2001, S. 94).
3.1.1 Historischer Rückblick
Die mechanische Energie des Windes wird schon seit mehreren tausend Jahren für den
Antrieb von Segelschiffen genutzt. Die ersten nachweisbaren Windmühlen mit einer verti-
kalen Achse stammen aus dem 7. Jh. v. Chr. aus dem Mittelmeerraum. In Europa hatte die
Nutzung der Windmühlen eine erste Blüte im 12.-16. Jahrhundert. Bereits Mitte des 13.
Jahrhunderts waren sie eine gewohnte Erscheinung der Landschaften. In diesen Zeitraum
fällt auch der Beginn der Windkraftnutzung in Deutschland. Einsatzbereiche der ersten
Windmühlen mit horizontaler Drehachse waren das Mahlen von Getreide, das Sägen von
Holz und die Entwässerung von Flächen zur Landgewinnung (Schäfer 1994, S. 1417 ff.;
Winterkemper 1998, S. 47).
Mitte des 19. Jahrhunderts erreichte die Nutzung der Windenergie ihren Höhepunkt. Es
wird vermutet, dass in dieser Zeit in Europa über 200.000 Windmühlen existierten. In
Deutschland gab es Ende des 19. Jahrhunderts etwa 19.000 Windmühlen. Die Verbreitung
von Dampfmaschinen führte in der Folge zu einem rapiden Bedeutungsverlust. Zwar gab
es um die nachfolgende Jahrhundertwende erste Konzepte, nach denen Windkraftanlagen
mittels Generatoren elektrische Energie erzeugten, aber der Durchbruch auf dem Energie-
markt gelang aufgrund technischer und struktureller Hindernisse nicht (vgl. Winterkemper
1998, S. 48).
Erst zu Beginn der 70er Jahre setzten weltweite Bemühungen ein, Windkraftanlagen als
eines der regenerativen Energiesysteme zur elektrischen Energieversorgung zu entwickeln.
In Europa konzentrierten sich die Forschungsvorhaben zunächst auf die Entwicklung se-
rienreifer großer Windkraftanlagen mit Nennleistungen bis zu vier MW, die sich jedoch als
nicht praxistauglich erwiesen. Auch die deutsche Großwindkraftanlage GROWIAN, die
ein Großteil der nationalen Forschungsgelder auf sich zog, scheiterte aufgrund technischer
Mängel (Heymann 1995, S. 378).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
11
3.1.2 Entwicklung seit Beginn der 80er Jahre
Während die Windenergienutzung in den 80er Jahren in Dänemark einen starken Auf-
schwung nahm, hielt sich der Ausbau in Deutschland aufgrund einer Vielzahl von struktu-
rellen und genehmigungsrechtlichen Problemen in Grenzen.
· Da es keine bundesweit einheitlichen Bestimmungen zur Abnahme und Vergütung
von in das öffentliche Netz eingespeisten Strom gab, waren Windkraftanlagenbetrei-
ber der Willkür der Versorgungsunternehmen ausgesetzt, die die Einspeisekonditio-
nen nach ihren Vorstellungen gestalten konnten. Die Vergütungssätze lagen weit un-
ter der Grenze, ab der ein kostendeckender Betrieb möglich war (Allnoch 1998,
S. 661).
· Bis zur Novellierung des Baugesetzbuches im Jahr 1996 waren Windkraftanlagen als
Teil der öffentlichen Stromversorgung im Außenbereich nicht vorgesehen, weshalb
Baugenehmigungen mit dem Hinweis auf eine fehlende Einpassung in die Eigenart
der Umgebung häufig verweigert wurden (vgl. Heymann 1995, S. 421).
In den darauf folgenden Jahren änderte sich die Situation der Windkraftnutzung in
Deutschland grundlegend. Zum einen wurde ein Kurswechsel in der Förderungspolitik
vollzogen. Im Jahr 1986 wurde ein nationales Demonstrationsprogramm aufgelegt, das
zum ersten Mal die Erprobung kleinerer Anlagen finanziell unterstützte. 1989 legte das
Bundeswirtschaftsministerium das ,,100-MW-Programm" auf, das die Errichtung und den
Betrieb von Windkraftanlagen bis zu einer Gesamtleistung von 100 MW subventionierte
und zwei Jahre später wegen des großen Erfolgs auf 250 MW erweitert wurde (Winter-
kemper 1998, S. 46). Einen großen Beitrag für den darauf folgenden Aufschwung der
Windenergienutzung in Deutschland leistete das In-Kraft-Treten des Stromeinspeisegeset-
zes zum 1.1.1991, durch das die Energieversorgungsunternehmen zur Abnahme des
Stroms aus Windkraftanlagen nach bundesweit einheitlichen Vergütungssätzen verpflichtet
wurden (Keuper/Molly/Stückemann 1992, S. 6). Die genehmigungsrechtliche Gleichstel-
lung von Windkraftanlagen mit sonstigen privilegierten Vorhaben des baulichen Außenbe-
reichs erfolgte schließlich durch die Novellierung des Baugesetzbuches im Jahr 1996. In
den darauf folgenden vier Jahren vervierfachte sich die jährlich neu installierte Anlagen-
leistung. Im Jahr 2000 wurden Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 1.600
MW neu errichtet (Rehfeldt/Stand 2001, S. 53). Ein Jahr später waren in Deutschland über
9.000 Anlagen mit einer Gesamtleistung von knapp 7000 MW in Betrieb, was einem An-
teil am nationalen Primärenergieverbrauch von 2,7 % entspricht (Ender 2001b, S. 33). Be-
zogen auf die installierte Leistung liegt Deutschland damit weltweit an der Spitze der
Windenergienutzung (Ender 2001a, S. 46).
Die technische Weiterentwicklung hat größere Anlagen hervorgebracht. Betrug die durch-
schnittliche Höhe der im Jahr 1989 installierten Windkraftanlagen noch 50 m, erreichten
die im Jahr 2001 neu errichteten Windkraftanlagen eine durchschnittliche Gesamthöhe von
mehr als 120 m. Parallel dazu ist die Nennleistung der neu installierten Anlagen von
durchschnittlich 50 kW im Jahr 1987 auf 1.200 kW im Jahr 2001 gestiegen (Ender 2001b,
S. 39). Wann die Grenze der technischen Leistungsfähigkeit von Windkraftanlagen erreicht

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
12
ist, lässt sich im Augenblick nicht einschätzen. Für die offshore
6
-Nutzung entwickelte Pro-
totypen erreichen eine Nennleistung von 5 MW (BMU 2001, S. 94). Im Gegensatz dazu
scheint den im Binnenland eingesetzten Anlagen aufgrund der Anforderungen an eine Ein-
passung in das Landschaftsbild ein Grenze gesetzt zu sein.
Was die regionale Verteilung betrifft, weist die Windenergienutzung in Deutschland ein
ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle auf. In Schleswig-Holstein tragen bereits jetzt über 2000
Windkraftanlagen mit einer Leistung von über 1300 MW zu einem Anteil von 24,4 % am
Nettostromverbrauch des Bundeslandes bei, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern mit
einem Anteil von 15,4 %. Im Hinblick auf die installierte Leistung werden beide Länder
noch von Niedersachsen übertroffen, wo die Anlagenleistung insgesamt knapp 2000 MW
beträgt. Nordrhein-Westfalen liegt bei der Gesamtleistung bundesweit an vierter, beim
Anteil am Nettostromverbrauch mit 0,9 % an zehnter Stelle. Aufgrund der geringen Wind-
geschwindigkeiten ist die Windenergienutzung in den süddeutschen Bundesländern Baden-
Württemberg und Bayern mit einer Leistung von je weniger als 100 MW im Hinblick auf
die Gesamtversorgung nahezu bedeutungslos (Ender 2001b, S. 34). Allerdings besteht eine
Tendenz zur ,,Binnenwanderung". Während in den norddeutschen Küstenländern die ver-
fügbaren Flächen beinahe ausgeschöpft sind und ein Rückgang der Wachstumsraten zu
verzeichnen ist, findet ein verstärkter Ausbau in den Binnenländern statt (All-
noch/Schlusemann 2000, S. 12). Betrug der Anteil der elf Binnenländer Deutschlands an
der Gesamtstromproduktion aus Windenergie im Jahr 1993 etwa 13 %, lag er im ersten
Halbjahr des Jahres 2001 bei fast 50 %
7
(Ender 2001b, S. 35).
3.1.3 Zukünftiges Potenzial
Vor dem Hintergrund des angestrebten Ausbaus der erneuerbaren Energieträger sind An-
fang der 90er Jahre eine Reihe von Potenzialstudien erstellt worden (Schulte/Zender 1995,
S. 5). Den Studien liegt der Begriff des technischen Potenzials zugrunde. Da die Definition
des Potenzials und die damit verbundenen Annahmen einen entscheidenden Einfluss auf
die Ergebnisse haben, soll der Begriff zunächst kurz erörtert werden, um anschließend Po-
tenzialstudien im Bereich der Windenergienutzung vorzustellen. Innerhalb der regenerati-
ven Energieträger kommt der Windenergie im Hinblick auf den Ausbau eine herausgeho-
bene Bedeutung zu. Über 60 % des technischen Potenzials (zum Begriff s. unten) der er-
neuerbaren Energien stammt aus Windenergieanlagen (UBA 2000, S. 315).
Grundsätzlich kann zwischen dem theoretischen, technischen und wirtschaftlichen Poten-
zial unterschieden werden (vgl. Kaltschmitt/Wiese 1993, S. 6).
· Das theoretische Potenzial regenerativer Energieträger ergibt sich aus dem physika-
lischen Angebot. Das derart definierte Potenzial übersteigt den jetzigen Energie-
verbrauch um ein Vielfaches, stellt aber keine maßgebliche Größe für Potenzialstu-
6
Der Begriff offshore bedeutet ,,jenseits der Küste", ,,im Meer". Windkraftanlagengruppen im Meer werden
als offshore-Windparks bezeichnet.
7
alle Zahlen nach Angaben der Hersteller, Stand 30.6.2001

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
13
dien dar, da aufgrund technischer und räumlicher Einschränkungen nur ein Bruchteil
des theoretischen Potenzials genutzt werden kann.
· Das technische Potenzial beschreibt das technisch Machbare unter Berücksichti-
gung der verfügbaren Energieumwandlungstechniken und ihren Nutzungsgraden,
den zeitlichen und räumlichen Schwankungen von Energieangebot und -nachfrage
und der Verfügbarkeit von Standorten hinsichtlich konkurrierender Nutzungen.
· Ob das technische Potenzial tatsächlich genutzt wird, hängt davon ab, ob Windkraft-
anlagen gegenüber anderen Energieträgern konkurrenzfähig sind, d. h. kosten-
deckend betrieben werden können. Dies wird als wirtschaftliches Potenzial be-
zeichnet.
Die meisten Potenzialstudien verwenden den Begriff des technischen Potenzials.
Aus den Definitionen wird zunächst ersichtlich, dass je nach den zugrunde gelegten An-
nahmen erhebliche Differenzen auftreten können. S
CHULTE
/Z
ENDER
verglichen vier aus
der ersten Hälfte der 90er Jahre stammende Studien über das Potenzial der Windenergie-
nutzung in Deutschland. Dabei wurde deutlich, dass die Prognosewerte eine erhebliche
Spannbreite aufweisen. Der in den Studien prognostizierte Anteil der Windenergie am Ge-
samtstromverbrauch lag zwischen 0,2-0,4 % und 1,1 % bezogen auf das Jahr 2000 und
0,2 % und 0,8 % bezogen auf das Jahr 2005
8
. Damit wurde das wirtschaftliche Potenzial
der Windenergienutzung um ein Vielfaches unterschätzt. Tatsächlich betrug der Anteil der
Windenergienutzung am Nettostromverbrauch des Jahres 2001 2,7 % (Ender 2001b,
S. 34). Nicht vorhergesehen werden konnten insbesondere die durch Novellierung des
Baugesetzbuchs erheblich vergrößerten Flächenpotenziale und die Entwicklungen der An-
lagenleistungen. Auch die Zielsetzungen einiger Bundesländer zum Ausbau der Windener-
gienutzung sind bei weitem übertroffen worden
9
. A
LLNOCH
/W
ERNER
ermittelten in einer
älteren Studie für das Land Nordrhein-Westfalen ein technisches Windenergiepotenzial
von 120 GWh bei einer Dichte von einer 50 kW-Anlage/10 km
2
, was einem Anteil von
weniger als 0,1 % des Nettostromverbrauchs des Jahres 2001 entspricht, während der tat-
sächliche Anteil der Windenergie am Nettostromverbrauch im Jahr 2001 Jahr bereits 0,9 %
betrug (a. a. O.).
Aktuelle Prognosen des Deutschen Windenergie-Institutes gehen davon aus, dass sich der
bestehende Wachstumstrend in den nächsten Jahren aufgrund von eingeschränkter Flä-
chenverfügbarkeit abschwächen wird (BMU 2001, S. 95). Erst ab 2005 wird wieder ein
Erreichen des Ausbauniveaus des Jahres 2000 erwartet, was insbesondere auf die zu erwar-
tende Inbetriebnahme großer offshore-Windparks zurückzuführen ist (a. a. O.). Für den
8
Welche Bedeutung dabei den zugrunde liegenden Annahmen im Hinblick auf das wirtschaftliche Potenzial
zukommt, zeigt ein Vergleich der für die Windenergienutzung verfügbaren Flächen von W
IESE
/K
ALT
-
SCHMITT
. Ausgehend von einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 4-5 m/s (in einer Höhe von
10 m über der Erdoberfläche), ergibt sich für Deutschland eine Fläche von 4,75 Mio. ha, während durch-
schnittliche Windgeschwindigkeiten von mehr als 6 m/s lediglich auf einer Fläche von 90.000 ha vorliegen
(Wiese/Kaltschmitt 1997, S. 97).
9
Vgl. Ausbauziele der Länder Schleswig-Holstein für das Jahr 2010: 1200 MW (Stand 2001:1340 MW),
Niedersachsen für das Jahr 2000: 1000 MW (Stand 2001: 1970 MW) und Nordrhein-Westfalen für das Jahr
2005: 1000 MW (Stand 2001: 760 MW).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
14
Zeitraum bis 2030 wird für die Windenergienutzung an Land unter Berücksichtigung von
repowering
10
-Effekten ein Anteil von 6,7 % an der Gesamtstromerzeugung für realistisch
gehalten. Das wirtschaftliche Potenzial der offshore-Windparks
11
bis zum Jahr 2030 wird
mit einem Anteil von 14,7 bis 18,3 % der Gesamtstromerzeugung angegeben. Insgesamt
gesehen könnte damit unter optimistischen Annahmen die Windenergie langfristig einen
Anteil von etwa einem Viertel an der bundesweiten Stromerzeugung liefern (BMU 2001,
S. 93 ff.). Ob damit das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energieträ-
ger bis zum Jahr 2005 zu verdoppeln
12
, erreicht werden kann, ist vor diesem Hintergrund
als wahrscheinlich einzuschätzen. Der in der Studie des Deutschen Windenergie-Institutes
für das Jahr 2005 prognostizierte potenzielle Jahresenergieertrag von 22.740 GWh ent-
spricht in etwa dem Jahresenergieertrag sämtlicher regenerativer Energieträger des Jahres
1997 mit 23.861 GWh (UBA 2000, S. 2).
Der Beitrag der Windenergie zur Erreichung des Zieles, den CO
2
-Ausstoß bis zum Jahr
2005 gemessen am Basisjahr 1998 um 25 % zu verringern, ist allerdings eher gering. Er
beträgt entsprechend den Prognosen des Deutschen Windenergie-Institutes je nach unter-
stellter Substitutionsvariante zwischen 5,2 und 8,3 % (BMU 2001, S. 21).
3.2 Voraussetzungen für die Windenergienutzung
Windverhältnisse und Anlagentechnik tragen entscheidend dazu bei, ob die planungsrecht-
lich verfügbaren Standorte tatsächlich wirtschaftlich genutzt werden können. In Kapitel
3.2.1 stehen zunächst die theoretischen Aspekte der Windströmungen im Vordergrund.
Daran anschließend sollen die technischen und physikalischen Grundlagen der Anlagen
erörtert werden. Abschließend wird erläutert, in welchem Maße die Windenergienutzung
konventionelle Kraftwerkskapazitäten ersetzen können.
3.2.1 Windverhältnisse
Die Windverhältnisse an einem Standort werden durch ein Zusammenspiel von globalen,
regionalen und lokalen Windströmungen geprägt. Ursache für Windströmungen sind Un-
terschiede der Strahlungsintensität, durch die großräumige Hoch- und Tiefdruckgebiete
entstehen. Die lokalen Windverhältnisse werden zudem durch kleinräumige Ausgleichs-
strömungen, etwa in Küstenregionen und Gebirgen, geprägt. In Küstenregionen kommt es
infolge der unterschiedlichen Erwärmung der Land- und Wasseroberfläche zu tages- und
nachtzeitlich auftretenden Meer-Land- bzw. Land-Meer-Winden, die bis zu einer Entfer-
nung von 50 km in Landrichtung die Windverhältnisse prägen (Quaschnig 1998, S. 173;
Gasch 1993, S. 94).
10
Der Begriff repowering bezeichnet den Ersatz alter Windkraftanlagen durch moderne, leistungsstärkere
Anlagen an einem Standort.
11
Als Windparks werden Gruppen von Windkraftanlagen ­ in der Regel ab einer Anzahl von drei Anlagen ­
verstanden.
12
bezogen auf das Basisjahr 1998

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
15
In Deutschland werden durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 3-7 m/s erreicht
(Molly 1990, S. 34). Die höchsten Windgeschwindigkeiten sind in Küstenregionen und
höheren Lagen von Mittelgebirgen zu verzeichnen. Dort treten konstant hohe durchschnitt-
liche Windgeschwindigkeiten auf, weil dort neben den oben erwähnten lokalen Aus-
gleichsströmungen der Wind infolge des geringen Luftwiderstandes der Meeresoberfläche
nur wenig abgebremst wird. Sie sind daher zur Windenergienutzung gut geeignet. Mit zu-
nehmender Entfernung von der Küste nimmt die Windgeschwindigkeit aufgrund des wach-
senden Einflusses der Bodenrauhigkeit ab (Allnoch/Schlusemann 2000, S. 13). Da die Un-
tergrenze des wirtschaftlichen Betriebes einer Windkraftanlage heute bei einer durch-
schnittlichen Windgeschwindigkeit von etwa 4 m/s in 10 m Höhe über dem Erdboden an-
zusetzen ist, beschränkt sich die Windenergienutzung im Augenblick im Wesentlichen auf
das norddeutsche Flachland und die Mittelgebirgsregionen (Ender 2001b, S. 34).
Anhand von Aufzeichnungen meteorologischer Stationen und Daten über regionale Wind-
verhältnisse bzw. über die Rauigkeit des Geländes kann das Windpotenzial einer Region ­
angegeben durch die durchschnittliche Windgeschwindigkeit ­ ermittelt werden (vgl.
DEWI 1993). Der Deutsche Wetterdienst liefert bundesweit und flächendeckend Daten
über die Windgeschwindigkeitsverteilung mit einer Auflösung von bis zu 25 m. Diese Da-
ten geben zunächst einen groben Überblick über die Windverhältnisse. Für konkrete Pla-
nungen sind zusätzliche Messreihen am jeweiligen Standort erforderlich (DEWI 1993,
S. 11).
Die mikrostandörtlichen Verhältnisse werden zudem durch Vegetation, Geländerelief und
Gebäude geprägt, die den Wind mit jeweils spezifischer Charakteristik (,,Rauigkeitslän-
gen") abschwächen. Dadurch entstehen Luftturbulenzen, die auf der windabgewandten
Seite bis zu einer Entfernung der 15-fachen Hindernishöhe den Wind abschwächen. Der
gleiche Effekt tritt auf der windzugewandten Seite vor Baumgruppen und Gebäuden auf.
Die Rauigkeit von Geländeoberflächen ist zudem die Ursache für den Anstieg der Windge-
schwindigkeit mit zunehmender Höhe über dem Erdboden (,,Grenzschichtprofil") (Gasch
1993, S. 102).
Eine weitere wichtige Größe für die Bestimmung der Eignung eines Standortes für die
Windenergienutzung ist die Häufigkeitsverteilung der Windstärke. Diese unterliegt star-
ken, zum Teil periodisch auftretenden Schwankungen (Allnoch/Schlusemann 2000, S. 19).
Da der Energieertrag von Windkraftanlagen mit zunehmender Windgeschwindigkeit bis zu
einer bestimmten Grenze (,,Nenngeschwindigkeit") exponenziell ansteigt
13
, ist die Häufig-
keit hoher Windgeschwindigkeiten ausschlaggebend für den wirtschaftlichen Betrieb einer
Anlage.
13
P = 0,5
× p × A × v
3
(mit P = Leistung, p = Luftdichte, A = durchströmte Fläche, v = Windgeschwindig-
keit)

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
16
3.2.2 Technische Aspekte
Das Prinzip der Stromerzeugung durch Windkraftanlagen beruht auf der Umwandlung der
kinetischen Energie des Windes in elektrische Energie mittels eines Generators. Hauptbe-
standteile von Windkraftanlagen sind Rotor, Getriebe, Generator und Turm. Insbesondere
die mechanischen Belastungen des Materials sind lange Zeit unterschätzt worden und ein
Grund für die durch erhebliche Rückschläge gekennzeichnete lange Entwicklungsdauer
marktreifer und praxistauglicher Windkraftanlagen
14
. Heutige Windkraftanlagen zeichnen
sich dagegen durch eine hohe technische Zuverlässigkeit von über 95 % aus (BWE 2001,
S. 22).
Für die Stromerzeugung werden heute fast ausschließlich Windkraftanlagen mit drei Ro-
torblättern und einer horizontalen Achse verwendet. Der Vorteil von drei Rotorblättern
liegt in ihrer größeren technischen und optischen Laufruhe und einer relativ geringen Ma-
terialbelastung. Windkraftanlagen mit vertikaler Achse werden lediglich für Spezialzwecke
(Windmessungen, Entlüftungen) eingesetzt. Auch in Bezug auf Art und Bauweise des
Turmes hat sich ein bestimmter Typ durchgesetzt. Anlagen mit Stahlgittermasten oder ab-
gespannten Rohrtürmen kommen heute nur noch selten zum Einsatz, während massive
Türme aus Beton aufgrund der höheren Standfestigkeit und Einpassung in das Land-
schaftsbild die Regel sind (Hau 1996, S. 374 ff.).
Seit Beginn der konventionellen Windkraftnutzung Anfang der 80er Jahre haben Wind-
kraftanlagen eine aufstrebende Entwicklung hinsichtlich der Anlagenhöhe und der Leis-
tungsstärke durchlaufen. Noch Ende der achtziger Jahre betrug die durchschnittliche Höhe
der neu installierten Anlagen weniger als 16 m bei einer Nennleistung von etwa 50 kW
(Mielke 1995, S. 13; Ender 2001b, S. 40). Heutige Anlagen weisen Gesamthöhen von bis
zu 130 m und eine Nennleistung von bis zu 2 MW auf (vgl. auch Kapitel 3.1.2). Sie errei-
chen ihre Nennleistung in der Regel erst ab Windgeschwindigkeiten von mehr als 14 m/s
in Nabenhöhe (Quaschnig 1998, S. 193). Da die produzierte Strommenge mit zunehmender
Windgeschwindigkeit exponenziell ansteigt, tragen ­ relativ seltene ­ hohe Windge-
schwindigkeiten überproportional zur produzierten Strommenge bei. Unterhalb einer be-
stimmten Windstärke stehen Windkraftanlagen still (,,Anlaufgeschwindigkeit"). In diesem
Fall würde der Betrieb der Anlagen einen höheren Strombedarf benötigen als Strom produ-
ziert wird.
Im Hinblick auf die Schwankungen des Windenergieangebots sowie die eingeschränkte
technische Verfügbarkeit wird deutlich, dass Windkraftlagen konventionelle Kraftwerke
nur teilweise ersetzen können. Nach D
ANY
liegt die durch Windenergie substituierbare
Kraftwerksleistung zwischen 5 und 65 %. Der Anteil hängt insbesondere vom spezifischen
Windangebot und dem Anteil der in einer Region installierten Windkraftanlagen-Leistung
ab. Je höher der Windenergieanteil an der Gesamtstromerzeugung eines Systems, desto
14
So sind sämtliche europäischen Forschungsprojekte in den 70er Jahren zur Entwicklung von großen Wind-
kraftanlagen gescheitert. Der Betrieb der deutschen 3 MW-Windkraftanlage GROWIAN wurde aufgrund
frühzeitiger Materialermüdungen nach etwas mehr als 400 Betriebsstunden eingestellt (Gasch 1993, S. 39).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
17
geringer ist die ersetzbare Kraftwerksleistung. Diese beträgt in den von D
ANY
untersuchten
Systemen bei einem Anteil der Windenergie an der Kraftwerkshöchstlast von 10 % über
90 %. Wird der Strom eines Energiesystems vollständig aus Windkraftanlagen produziert,
fällt die ersetzbare Kraftwerksleistung auf unter 40 % (Dany 2000, S. 84).
Die Einspeisung von Strom aus Windenergie in das nächstgelegene Mittelspannungsnetz
ist unter normalen Umständen problemlos. Mittlerweile ist allerdings in einigen Regionen
Norddeutschlands eine Einspeisung in ein Hoch- und Höchstspannungsnetz erforderlich
(Luther/Santjer/Neumann 2001, S. 14). In einzelnen Fällen kann durch eine zusätzliche
Stromeinspeisung die Kapazität des Netzes überschritten werden, was eine Verstärkung
des Netzes erforderlich macht. Dies wird vor allem bei dem Anschluss von offshore-
Windparks der Fall sein, deren geplante Nennleistung von mehr als 1000 MW in der Grö-
ßenordnung konventioneller Kraftwerke liegt (Hinsch 2001, S. 22).
3.3 Genehmigung von Windkraftanlagen
Gegenstand des folgenden Abschnitts sind Genehmigungsanforderungen an die Errichtung
und den Betrieb einer Windkraftanlage. Von Bedeutung sind neben den Bestimmungen des
Baugesetzbuches und der Landesbauordnungen auch die Regelungen des Bundesnatur-
schutzgesetzes, des Bundesimmissionsschutzgesetzes und des Energiewirtschaftsrechts.
3.3.1 Bauplanungsrecht
Windkraftanlagen sind genehmigungspflichtige Vorhaben nach § 29 BauGB. Das Bauge-
setzbuch unterscheidet zwischen Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans
(§ 30 BauGB), Vorhaben im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) sowie Vor-
haben im baulichen Außenbereich (§ 35 BauGB). Aufgrund ihrer Höhe und Standortanfor-
derungen werden Windkraftanlagen heute ausschließlich im Außenbereich errichtet. Aus
diesem Grund wird im Folgenden auf die Fallunterscheidung verzichtet und stattdessen
ausschließlich die Bestimmungen des § 35 BauGB betrachtet.
Seit dem 1.1.1997 zählen Windkraftanlagen im Außenbereich zu den privilegierten Vorha-
ben (§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB). Sie stehen damit auf einer Stufe mit einer kleinen Gruppe
von Vorhaben, die trotz des grundsätzlichen Schutzes des Außenbereichs dort ausdrücklich
vorgesehen sind. Die Privilegierung im Außenbereich besteht darin, dass bauliche Vorha-
ben zulässig sind, sobald
· öffentliche Belange nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB),
· eine ausreichende Erschließung gesichert ist (§ 35 Abs. 1 BauGB) und
· sie ­ soweit sie als raumbedeutsam einzustufen sind ­ den Zielen der Raumordnung
nicht widersprechen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
Öffentliche Belange stehen entgegen, wenn Ausweisungen in den Raumordnungs- und
Flächennutzungsplänen Windkraftanlagen an anderer Stelle vorsehen (§ 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB). Als öffentliche Belange sind gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB anzusehen: Dar-

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
18
stellungen des Flächennutzungsplans und des Landschaftsplans; schädliche Umweltein-
wirkungen; Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Bodenschutzes und des
Denkmalschutzes; die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert sowie das
Landschafts- und Ortsbild (§ 35 Abs. 3 Nr. 1, 2, 3 und 5 BauGB).
Die Aufnahme der Windkraftanlagen in den Katalog der privilegierten Vorhaben im Au-
ßenbereich beendete eine lange Phase der genehmigungsrechtlichen Unsicherheiten (Rit-
schel 1997, S. 100). Als privilegiertes Vorhaben konnten Windkraftanlagen bis zum
1.1.1997 in der Regel genehmigt werden, wenn sie einem land- und forstwirtschaftlichem
Betrieb dienten und diesem räumlich untergeordnet waren (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB).
Dies war der Fall, wenn der überwiegende Teil des produzierten Stroms für die Eigenver-
sorgung genutzt wurde. Mit fortschreitender Tendenz zu größeren und leistungsstärkeren
Anlagen wurde eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange immer wahrscheinlicher und
damit das Erhalten einer Baugenehmigung zunehmend schwieriger (Ritschel 1997, S. 100).
Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.6.1994 konnten Windkraftanla-
gen schließlich nur noch als sonstige Vorhaben des Außenbereichs (§ 35 Abs. 2 BauGB)
genehmigt werden (Wagner 1996, S. 370). In der Folge sank die Zahl der genehmigten
Windkraftanlagen und erreichte erst wieder im Jahr 1998 das Niveau von 1995 (Ender
2001b, S. 35).
Öffentliche Belange als Kriterien für die Beurteilung der Zulässigkeit von Windkraftanla-
gen
Auch nach der bauplanungsrechtlichen Privilegierung können Baugenehmigungen verwei-
gert werden, wenn öffentliche Belange der Errichtung von Windkraftanlagen entgegenste-
hen. Herauszuheben sind Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die nicht selten Ge-
genstand gerichtlicher Entscheidungen gewesen sind. Nach geltender Rechtsprechung ste-
hen öffentliche Belange der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen entgegen,
wenn
· ein Kulturdenkmal wesentlich beeinträchtigt wird (OVG Schleswig, Urteil vom
20.7.1995),
· es sich um eine wegen ihrer Schönheit oder ihrer Funktion besonders schutzwürdige
Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt,
wobei bereits errichtete Windkraftanlagen die Schutzwürdigkeit einer Landschaft
schmälern (OVG Lüneburg, Urteil vom 30.10.1997),
· Windkraftanlagen in Küstenregionen außerhalb von Eignungsgebieten errichtet wer-
den sollen, obwohl diese einen Abstand von mehr als 5 km untereinander aufweisen
(OVG Lüneburg, Urteil vom 14.9.2000).
Windkraftanlagen sind demgegenüber in Gebieten zulässig, die ihre Schutzwürdigkeit be-
reits durch andere Eingriffe ­ andere Windkraftanlagen, Hochspannungsleitungen ­ einge-
büßt haben. Maßgeblich für die Beurteilung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes
ist ein ,,für ästhetische Eindrücke offener Betrachter" (BVerwG, Urteil vom 28.6.1955)
Belange des Umweltschutzes, wie der Beitrag der Windenergie zur Verringerung des CO
2
-
Ausstoßes, sind bei der nach § 1 Abs. 5 BauGB gebotenen Abwägung öffentlicher Belange

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
19
bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 Nr. 7 BauGB), ohne
jedoch im Rahmen der Zulässigkeitsentscheidung von entscheidender Bedeutung zu sein
(von Mutius 1992, S. 1477). Auch die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung
und die rechtlichen Folgen der Eingriffsregelung gehen in die bauleitplanerische Abwä-
gung ein, ohne auf eine Genehmigungsentscheidung maßgeblichen Einfluss zu haben. In
Nordrhein-Westfalen stellen mehr als zwei nahe beieinander liegende Windkraftanlagen
einen Eingriff in Natur und Landschaft dar (§ 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NW). Entsprechend § 4
Abs. 5 LG NW ist ein Eingriff lediglich dann unzulässig, wenn ,,die Belange des Natur-
schutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und
Landschaft im Range vorgehen und die Beeinträchtigung nicht zu vermeiden oder nicht im
erforderlichen Maße auszugleichen ist". Nach einem Urteilsspruch vom 20.4.2000 durch
den Verwaltungsgerichtshof Mannheim ist die Errichtung eines Windparks mit vier Wind-
kraftanlagen ein unvermeidbarer und nicht ausgleichbarer Eingriff (VHG Mannheim, Ur-
teil vom 20.4.2000).
3.3.2 Bauordnungsrecht
Bauordnungsrechtliche Anforderungen sind innerhalb der Genehmigung von Windkraftan-
lagen von untergeordneter Bedeutung. Ihre Einhaltung wird im Rahmen der immissions-
schutzrechtlichen Genehmigung, die mit dem Verabschiedung des UVP-Änderungs-
gesetzes für Windkraftanlagen vorgeschrieben ist, überprüft.
Die Anforderungen der maßgeblichen Landesbauordnungen beziehen sich im Wesentli-
chen auf die Standsicherheit von Anlagen und die Einhaltung von Mindestabständen zu
Nachbargrundstücken und sonstige bauliche Vorhaben. Die Landesbauordnung NW be-
stimmt, dass Anlagen so zu errichten sind, dass ,,die öffentliche Sicherheit oder Ordnung,
insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet
werden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BauO NW). Während es bei den technisch wenig ausgereiften
Windkraftanlagen der ersten Generation vorkommen konnte, dass Rotoren aufgrund zu
starker mechanischer Belastungen abbrachen (Gasch 1993, S. 39), ist dies bei neueren An-
lagen nach dem Stand der Technik äußerst unwahrscheinlich. Moderne Windkraftanlagen
sind bis zu Windgeschwindigkeiten von über 90 m/s standsicher (,,Überlebensgeschwin-
digkeit"). Zudem findet eine Überprüfung der Anlagen- und Standsicherheit durch die
Bauaufsichtsämter statt. Da heute fast ausschließlich Serienanlagen hergestellt werden,
liefern die Hersteller mit der Typenprüfung (§ 78 BauO NW) den Nachweis für die Stand-
sicherheit mit, wodurch Einzelprüfungen entfallen (Schulte/Zender 1995, S. 28). Zudem
sind nach den Bestimmungen der Landesbauordnung NW Sicherheitsabstände zu anderen
baulichen Anlagen auf dem jeweiligen Grundstück und von öffentlichen Verkehrsflächen
einzuhalten (§ 54 Abs. 2 BauO NW). Die erforderlichen Abstände zu anderen Gebäuden
und Windkraftanlagen entsprechen dem dreifachen Rotordurchmesser, während zu Nach-
bargrundstücken ein Mindestabstand von der 0,8-fachen Gesamthöhe der Windkraftanlage
eingehalten werden muss (Nr. 4.3.2 WEA-Erl. NW).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
20
3.3.3 Immissionsschutzrecht
Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren umfasst die Prüfung aller bau-
rechtlich relevanten Belange. Zu ihnen gehören die Einhaltung bauordnungsrechtlicher
Abstände, Anlagen- und Standsicherheit, Immissions- und Landschaftsschutz.
Seit dem In-Kraft-Treten des UVP-Änderungsgesetzes (UVP-Ändg.) zum 1. August 2001,
durch das eine Vielzahl von Gesetzen den europäischen Bestimmungen angeglichen wur-
de, sind Windkraftanlagen genehmigungspflichtige Vorhaben nach Bundesimmissions-
schutzgesetz (BImSchG). Das Bundesimmissionsschutzgesetz fordert, dass genehmi-
gungspflichtige Vorhaben so zu errichten und betreiben sind, dass ,,schädliche Umwelt-
einwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen
für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können" (§ 5
Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Um dies zu vermeiden, sind für die Errichtung und den Betrieb
von Windkraftanlagen die Lärmimmissionsrichtwerte der Technischen Anleitung Lärm
(TA-Lärm) zu beachten (OVG Greifswald, Urteil vom 8.3.1999). Danach müssen entspre-
chend unterschiedlicher Schutzwürdigkeit in reinen Wohngebieten 35 dB(A) (tags) bzw.
50 dB(A) (nachts) sowie in allgemeinen Wohngebieten 40 dB(A) (tags) bzw. 55 dB(A)
(nachts) eingehalten werden (Nr. 6.1 TA-Lärm).
Bei einzelnen Windkraftanlagen mit einem Schallleistungspegel von über 100 dB(A) in
Nabenhöhe entspricht dies in etwa Abständen von 550 m für reine Wohngebiete bzw.
340 m für allgemeine Wohngebiete (MURL 1998, Nr. 1a), in Einzelfällen (hohe Schall-
leistungspegel, starke Einzeltonhaltigkeit) bis zu 950 m (ebd., Nr. 2). Zur Einhaltung der
Lärmrichtwerte sind auf den jeweiligen Standort bezogene Schallgutachten bei dem An-
trag einer Baugenehmigung der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen. In Nordrhein-Westfalen
überwachen die staatlichen Umweltämter die Einhaltung der Immissionswerte während des
Betriebs der Anlagen. Stellen diese eine Überschreitung fest, können sie ein zeitweiliges
Abschalten der Anlagen oder Maßnahmen zur Schallreduzierung (technische Schall-
schutzmaßnahmen, Drehzahlbegrenzungen u. a.) verlangen (Schällig 1999, S. 130).
Für mögliche Beeinträchtigungen durch Schattenwurf oder Lichtreflexe durch in Betrieb
genommene Anlagen existieren bislang noch keine Richtwerte. Die Rechtsprechung sagt,
dass Schattenwurf von geringer Dauer hinzunehmen bzw. zumutbar ist (Piorr 2000, S. 36).
In Nordrhein-Westfalen gilt nach der Empfehlung des Landesumweltamtes die Regelung,
dass eine Beschattungsdauer von 30 Std./Jahr nicht überschritten werden sollte (Osten/
Pahlke 1998, S. 12)
15
.
Zusätzliche Anforderungen entstehen jedoch durch die Aufnahme größerer Windkraftanla-
gengruppen in den Katalog der UVP-pflichtigen Vorhaben nach Anhang 1 des UVP-
Gesetzes. Demnach ist
15
Auch das OVG Greifswald empfiehlt, eine theoretische Beschattungsdauer von 30 Std./Jahr und 30
min./Tag als Anhaltswert für die Grenze der Zumutbarkeit zu verwenden (OVG Greifswald, Urteil vom
8.3.1999).

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
21
· bei einer Anzahl von bis zu drei bis fünf nahe beieinander liegenden Windkraftanla-
gen eine standortbezogene sowie
· bei einer Anzahl von sechs bis 19 Anlagen eine allgemeine Vorprüfung durchzufüh-
ren und
· bei einer Anzahl von mehr als 19 Anlagen in jedem Fall eine UVP durchzuführen (Art. 1
Anhang 1 Nr. 1.6 UVP-Ändg.).
Das Ergebnis der UVP ist als gutachterliche Stellungnahme von der Genehmigungsbehör-
de zu berücksichtigen.
3.3.4 Naturschutzrecht
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind insofern für die Genehmigung
von Windkraftanlagen relevant, als dass Windkraftanlagen in naturschutzrechtlich gesi-
cherten Gebieten nicht errichtet werden dürfen, soweit sie diese Gebiete in ihren maßgebli-
chen Schutzzielen erheblich beeinträchtigen könnten. Hinsichtlich der Verträglichkeit von
Windkraftanlagen mit den Zielen der naturschutzrechtlich gesicherten Gebiete sind von
den einzelnen Bundesländern Empfehlungen erlassen worden. Eine Rechtsverbindlichkeit
kommt ihnen allerdings nicht zu.
In allen Bundesländern gilt in Naturschutzgebieten ein Errichtungsverbot von Windkraft-
anlagen. Landschaftsschutzgebiete sind in den meisten Ländern lediglich in Teilbereichen
für Windkraftanlagen Tabuzonen (BfN 2000, S. 25 ff.). Lediglich in Hessen die Regelung,
dass die Errichtung von Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten unter Vorbehalt
erlaubt ist (ebd., S. 26). Für die weiteren Schutzgebietskategorien gelten länderspezifische
Regelungen.
In Nordrhein-Westfalen sind Windkraftanlagen grundsätzlich verboten in:
· Naturschutzgebieten, Naturdenkmalen und geschützten Landschaftsbestandteilen,
· gesetzlich geschützten Biotopen nach § 20 LG/§ 20c BNatSchG,
· FFH-Gebieten, Vogelschutzgebieten und Gebieten gemäß RAMSAR-Konvention
sowie in nachgewiesenen avifaunistisch bedeutsamen Rast-, Nahrungs- und Brutplät-
zen (Nr. 5.1.2 WEA Erl. NW).
In Landschaftsschutzgebieten können darüber hinaus Windkraftanlagen in Einzelfällen
genehmigt werden. Dazu muss allerdings ein allgemein in Landschaftsschutzgebieten gel-
tendes Bauverbot aufgehoben werden, indem Windkraftanlagen als Ausnahmetatbestände
in die Schutzgebietssatzungen aufgenommen werden (Nr. 5.1.3 WEA-Erl. NW).
Unterschiedliche Regelungen bestehen auch hinsichtlich der Frage, ob Windkraftanlagen
einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen. In Niedersachsen gilt die Errichtung von
bis zu fünf Windkraftanlagen nicht als ein Eingriff in die Landschaft (Erl. Nds. 1993,
Nr. 7.1). In Nordrhein-Westfalen greift die Eingriffsregelung erst bei einer Anzahl von drei
nahe beieinander liegenden Anlagen (§ 4 Abs. 3 Nr. 4 LG NW), was aus Sicht des Natur-

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
22
schutzes heftig kritisiert wird
16
und zum Teil dazu geführt hat, dass mehrere Windkraftan-
lagen in Gruppen zu jeweils zwei Anlagen errichtet werden, um die Pflicht der Kompensa-
tion des Eingriffs zu umgehen. Zudem bestehen in der Praxis Unsicherheiten, ab welchem
Abstand von ,,nahe beieinander liegenden" Anlagen ausgegangen werden muss. Im Zuge
der geplanten Änderung des nordrhein-westfälischen Windenergie-Erlasses sollen zukünf-
tig bereits einzelne raumbedeutsame Anlagen ab einer Höhe von über 100 m ausgleichs-
pflichtig sein (Herrmann, MSWKS NW
17
). Die Bemessung von Kompensationsmaßnah-
men wird von den einzelnen unteren Landschaftsbehörden sehr unterschiedlich gehand-
habt. S
CHULTE
/Z
ENDER
stellen fest, dass eine gewisse Willkür vorliegt. Als Ursache ver-
muten sie unzureichende Vorgaben und unterschiedliche Einstellungen gegenüber der
Windenergienutzung (Schulte/Zender 1995, S. 31). Die Ermittlung des Kompensationsum-
fangs bei Eingriffen in das Landschaftsbild geschieht in Nordrhein-Westfalen in der Regel
nach der Methode nach N
OHL
. Allerdings entspricht diese, 1993 entwickelte Methode nicht
mehr dem Stand der Anlagentechnik
18
, so dass der berechnete Kompensationsumfang zu
gering ausfällt.
3.3.5 Energiewirtschaftsrecht
Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts haben maßgeblichen Einfluss auf die Ausge-
staltung der Energieversorgung. Aufgrund des Mangels an bundesweit einheitlichen Rege-
lungen unterlag bis Ende der 80er Jahre die Einspeisung von Strom aus Windkraftanlagen
in das öffentliche Versorgungsnetz den individuellen Konditionen der Netzbetreiber. Erst
mit dem 1990 verabschiedeten Stromeinspeisegesetz verbesserten sich die Voraussetzun-
gen für den wirtschaftlichen Betrieb großer, im Netzparallelbetrieb arbeitender Windkraft-
anlagen grundlegend. Diese unterliegen im Gegensatz zur Aufnahme der Stromversorgung
durch konventionelle Kraftwerke nicht der Anzeigepflicht bei der Energieaufsichtsbehörde
des jeweiligen Bundeslandes.
Das Stromeinspeisegesetz verpflichtete die jeweiligen Energieversorgungsunternehmen,
Strom aus regenerativen Energiequellen in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten abzu-
nehmen und zu einem bestimmten Satz zu vergüten (§ 2 StrEG). Die Abnahmeverpflich-
tung endete bei einem Anteil von 5 % an der Gesamtstrommenge. Der darüber hinaus ge-
hende Anteil musste dem Versorgungsunternehmen durch das vorgelagerte Versorgungs-
unternehmen wiederum bis zu einem Anteil von 5 % erstattet werden. Die Vergütungssätze
richteten sich nach den von den Energieversorgungsunternehmen auf dem Markt durch-
schnittlich erzielten Verbraucherpreisen. Für Strom aus Windkraftanlagen wurde eine Ver-
gütung von 90 % des durchschnittlichen Strompreises festgesetzt (§ 3 Abs. 2 StrEG).
16
Entsprechend einem Positionspapier der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) NRW zu
Windkraftanlagen vom 16.3.2002. Nicht verständlich ist die bisherige Ausnahme der Windkraftanlagen von
der Eingriffsregelung, wenn berücksichtigt wird, dass in Landschaftsschutzgebieten ,,jede Hundehütte" aus-
gleichspflichtig ist (so Dierks während einer von der LNU NRW veranstalteten Tagung ,,Windkraftanlagen
und Landschaftsbild am 25.4.2002 in Neheim-Hüsten).
17
Vortrag anlässlich o. a. Tagung in Neheim-Hüsten
18
mündliche Auskunft Nohl nach Angaben Herr Schwardmann, Untere Landschaftsbehörde, Kreis Borken

3 Rahmenbedingungen der Windenergienutzung
23
Im Verlauf der 90er Jahre zeigte sich, dass die Regelungen des Stromeinspeisegesetzes
einen kostendeckenden Betrieb von Windkraftanlagen nicht länger gewährleisten konnten
(Oschmann 2000, S. 460) und damit überarbeitet werden mussten. Zum einen beklagten
die Versorgungsunternehmen einen durch die Abnahmeverpflichtungen entstandenen
Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen in Regionen mit geringem Windenergiean-
teil (Allnoch 1998, S. 663). Betreiber von Windkraftanlagen hingegen kritisierten die in-
folge allgemein sinkender Strompreise rückläufigen Vergütungssätze (a. a. O.). Zum ande-
ren wurde in einigen Regionen ein Windenergieanteil von 5 % überschritten, was zum Teil
dazu führte, dass der eingespeiste Windenergiestrom nicht mehr vergütet wurde
(Oschmann 2000, S. 460).
Im Jahr 1998 wurde durch die Verabschiedung eines novellierten Energiewirtschafts-
gesetzes (EnWG) der deutsche Strommarkt liberalisiert. Die Abschaffung von bis dahin
geltenden Gebietsmonopolen, ein erleichterter Netzzugang sowie die Möglichkeit, weitere,
parallel zum Netz verlaufende Stromleitungen zu errichten, sollten zu einem verstärkten
Wettbewerb im Strommarkt beitragen. Zudem ist nach § 1 EnWG der Umweltschutz als
Ziel der Energiewirtschaft gesetzlich verankert.
Im Jahr 2000 wurde schließlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als Nachfolger
des Stromeinspeisegesetzes verabschiedet. Es übernimmt zum Teil Bestimmungen des
alten Gesetzes, enthält jedoch wesentliche Neuerungen:
· Die Vergütungssätze für Strom aus erneuerbaren Energiequellen sind zeitlich gestaf-
felt und richten sich nach Referenzstandorten
19
(§ 7 Abs. 1 EEG).
· Die Betreiber des nächstgelegenen Versorgungsnetzes sind unabhängig von der Ein-
speisemenge zur Abnahme des Stroms verpflichtet (§ 3 Abs. 1 EEG). Bedingung ist
die wirtschaftliche Zumutbarkeit.
· Der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Endenergieverbrauch soll bis zum Jahr
2010 im Interesse des Klima- und Umweltschutzes verdoppelt werden (§ 1 EEG).
· Zwischen den Netzbetreibern windenergiereicher und -armer Regionen sieht das Ge-
setz einen bundesweiten finanziellen Ausgleich vor (§ 11 EEG).
3.4 Steuerung von Windkraftanlagen
Gegenstand des folgenden Kapitels sind die sich aus den Vorschriften des Raumordnungs-
und des Baugesetzbuches ergebenden Steuerungsmöglichkeiten der Regional- und Bauleit-
planung. Trotz erheblicher Raumrelevanz ist der Bereich der Energieversorgung selten
Gegenstand räumlicher Planung. Insbesondere die Bundesländer haben sich lange Zeit mit
Ausweisung von Standorten für den Abbau von Energierohstoffen sowie der Energieer-
zeugung zurückgehalten (Masuhr 1995, S. 223). Windkraftanlagen sind seit Beginn der
90er Jahre mit zunehmender Größe und Anzahl eine Herausforderung der räumlichen Pla-
19
Referenzstandorte sind Standorte gleicher Windbedingungen. Sie sind maßgeblich für die Vergütungshöhe.
Diese ist so festgelegt, dass bei rationaler Betriebsführung ein wirtschaftlicher Betrieb einer Windkraftanlage
grundsätzlich möglich ist. Die Vergütungssätze liegen in der Praxis zwischen 6,8 Eurocent/kWh an guten,
windhöffigen und 8,87 Eurocent/kWh an Binnenlandstandorten (Oschmann 2000, S. 462).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832460068
ISBN (Paperback)
9783838660066
DOI
10.3239/9783832460068
Dateigröße
7.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Raumplanung
Erscheinungsdatum
2002 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
flächenvorsorge energien bauleitplanung landschaftsschutz methoden raumplanung
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Titel: Bewertung von Eignungsflächen für Windkraftanlagen
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