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Die Nahrung von Graugänsen Anser anser (L., 1758) im Naturschutzgebiet Riddagshausen (Stadt Braunschweig)

Freilandökologische und mikroskopische Analysen potentieller Nahrungspflanzen und der tatsächlichen Nahrung im raumzeitlichen Kontext

©2002 Diplomarbeit 233 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Über die Graugans (Anser anser L., 1758) sind bereits zahlreiche Untersuchungen durchgeführt worden. So haben beispielsweise Konrad Lorenz und seine Mitarbeiter das Sozialverhalten der Graugans ausführlich studier. Doch wurden die beobachteten Gänse in Gefangenschaft oder halbzahm gehalten und waren von Menschen geprägt. Die nahrungsökologische Dimension mußte allerdings aus der Untersuchung ausgeschlossenwerden, da die Graugänse von den Forschern gefüttert wurden.
In dieser Arbeit soll dargestellt werden, welche Nahrungsquellen die freilebenden Graugänse im Naturschutzgebiet Riddagshausen im raumzeitlichen Kontext nutzen, um ihren Energiebedarf zu decken. Wildlebende Gänse sind normalerweise Zugvögel. Die Graugänse im Naturschutzgebiet Riddagshausen hingegen, die in den 1960er Jahren dort wieder eingebürgert wurden, bleiben auch im Winter in ihrem Brutgebiet oder in dessen Umgebung.
In der Zeit vom 02.05.2001 bis 17.12.2001 wurden im Naturschutzgebiet Riddagshausen und den umliegenden Flächen Faecesproben von Graugänsen für die mikroskopische Nahrungsanalyse entnommen. Die hauptsächliche Datenerhebung erfolgte dabei von September bis Dezember 2001.
Pflanzliche Nahrung ist häufig schlecht verdaulich und liefert nur wenige Nährstoffe. Die Zellwände in der pflanzlichen Nahrung behindern die Verdauung, da sie hauptsächlich aus ß-1,4-Polysacchariden wie Cellulose und Hemicellulose bestehen. Diese Komponenten können durch mikrobielle Fermentation abgebaut werden. Da dies ein zeitabhängiger Prozeß ist, können Herbivore mit einer langen Verdauungszeit ihre Nahrung am besten in Energieträger umwandeln. Im Gegensatz zu Wiederkäuern besitzen Gänse als Herbivore ein Verdauungssystem mit einer kurzen Retentionszeit. Der Abbau der Zellwandsubstanzen ist unvollständig, so daß die Epidermen der gefressenen Pflanzen nach der Darmpassage weitestgehend erhalten bleiben. Dies ermöglicht eine Bestimmung der einzelnen Blattepidermen mit der mikroskopischen Faecesanalyse, wie Ranwell & Downing, Luther, Owen, Scotcher und Stahl bereits gezeigt haben.
In dieser Studie wird sowohl eine freilandökologische Analyse, nämlich die Beobachtung und Zählung der Gänse bei der Nahrungsaufnahme, als auch eine mikroskopische Faecesanalyse zur Bestimmung der Nahrung durchgeführt. Die Erstellung eines Referenzatlasses und eines mikroskopischen Bestimmungsschlüssels der Blattepidermen der potentiellen und tatsächlichen Nahrungspflanzen der Graugänse im […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5779
Hegewald, Inken: Die Nahrung von Graugänsen Anser anser (L., 1758) im Naturschutzgebiet
Riddagshausen (Stadt Braunschweig) - Freilandökologische und mikroskopische Analysen
potentieller Nahrungspflanzen und der tatsächlichen Nahrung im raumzeitlichen Kontext
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Hannover, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
iii
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
1 Material
3
1.1
Die Graugans (Anser anser ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.1.1
Systematische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.1.2
Feldkennzeichen und Unterarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.1.3
Brutverbreitung und Bestandszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1.1.4
Lebensraum und Zugstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.1.5
Nahrung und Nahrungsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.1.6
Verdauung der Nahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.1.7
G¨ansemanagement und G¨anseschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2
Das Untersuchungsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.1
Lage und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.2
Klima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
1.2.3
Das Europareservat und Naturschutzgebiet Riddagshausen . . . . . . 13
1.2.4
Historie von Anser anser anser im Naturschutzgebiet Riddagshausen
14
1.2.5
Lage und Bezeichnung der Untersuchungsfl¨achen . . . . . . . . . . . . 15
2 Methoden
19
2.1
Erfassung der potentiellen Nahrungspflanzen im Untersuchungsgebiet . . . . . 19
2.2
Vegetationsaufnahmen nach Braun-Blanquet . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.3
Erstellung des mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels f¨
ur Blattepidermen . . 20
2.4
Durchf¨
uhrung der Faecesanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5
Ermittlung der Nahrung im Verdauungstrakt einer Graugans . . . . . . . . . 25
2.6
Avifaunistische freiland¨okologische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.6.1
Durchf¨
uhrung der Raumnutzungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.6.2
Durchf¨
uhrung der Verhaltensanalyse der Graug¨anse . . . . . . . . . . 26
2.6.3
Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.6.4
Ermittlungen zum Vogelzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3 Ergebnisse
29
3.1
Potentielle und tats¨achliche Nahrungspflanzen im Untersuchungsgebiet . . . . 29
3.2
¨
Asungsfl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.2.1
Nahrungshabitate der ¨
Asungsfl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.2.2
Pflanzensoziologische Einordnung der ¨
Asungsfl¨achen . . . . . . . . . . 33
3.2.3
Vegetationsh¨ohen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.3
Mikromorphologische Bestimmungsmerkmale der Pflanzenarten . . . . . . . . 34
3.3.1
Stomata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.3.2
Lang- und Kurzzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.3.3
Zellwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Inhaltsverzeichnis
iv
3.3.4
Trichome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.3.5
Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.4
Mikroskopischer Bestimmungsschl¨
ussel f¨
ur Blattepidermen . . . . . . . . . . . 43
Artenindex des Bestimmungsschl¨
ussels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.5
Faecesanalyse im raumzeitlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.5.1
Fundorte der Faecesproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.5.2
Analyse der Faeces auf Ackerfl¨achen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.5.3
Analyse der Faeces auf Gr¨
unland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.5.4
Analyse der Faeces auf Wegr¨andern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
3.5.5
Analyse der Faeces auf der Insel im Schapenbruchteich . . . . . . . . . 63
3.6
Nahrung im Verdauungstrakt einer Graugans . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.7
Avifaunistische freiland¨okologische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.7.1
Raumnutzungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.7.2
Nahrungs¨okologische Untersuchungen in Beziehung zum Verhalten . . 72
3.7.3
Bestandszahlen und Bestandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.7.4
Vogelzug
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4 Diskussion
76
4.1
Mikroskopische Merkmale der Pflanzenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.1.1
Stomata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.1.2
Lang- und Kurzzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1.3
Zellwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1.4
Trichome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1.5
Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.2
Die Ern¨ahrung im raumzeitlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.2.1
Die Zusammensetzung der Ern¨ahrung im Vergleich mit der Vegetation 78
4.2.2
Ausgew¨ahlte Nahrungspflanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
4.3
Das Nahrungsspektrum einer verendeten Graugans . . . . . . . . . . . . . . . 103
4.4
¨
Okologie der Ern¨ahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
4.5
Avifaunistische freiland¨okologische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.5.1
Raumnutzungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4.5.2
Bestandszahlen und Bestandsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 118
4.5.3
Vogelzug
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
4.6
Methodenkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
5 Zusammenfassung
122
6 Ausblick
124
Danksagung
126
Literaturverzeichnis
127
Anhang

Tabellenverzeichnis
v
Tabellenverzeichnis
1
Legende der Fl¨achenabk¨
urzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2
Skala zur Sch¨atzung der Artm¨achtigkeit nach Braun-Blanquet (1964). . . 20
3
Definition und Beschreibung der Verhaltensweisen der Graug¨anse. . . . . . . 28
4
Artenliste der potentiellen und tats¨achlichen Nahrungspflanzen. . . . . . . . . 29
5
Mittlere Stomatal¨angen potentieller und tats¨achlicher Nahrungspflanzen und
ihr Fehlerbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
6
Mittlere Stomatal¨angen potentieller und tats¨achlicher Nahrungspflanzen. . . . 38
7
Mittlere Stomatal¨angen bei den gefundenen Poaceae. . . . . . . . . . . . . . . 39
8
Legende f¨
ur die Perioden der verschiedenen Phasen. . . . . . . . . . . . . . . 54
9
¨
Osophagusinhalt einer Graugans im Naturschutzgebiet Riddagshausen. . . . . 64
10
Mageninhalt einer Graugans im Naturschutzgebiet Riddagshausen. . . . . . . 64
11
Darminhalt einer Graugans im Naturschutzgebiet Riddagshausen. . . . . . . . 65
12
Haupts¨achliche Nahrungshabitate der Graug¨anse. . . . . . . . . . . . . . . . . 66
13
Tagesmaxima der Graug¨anse f¨
ur jede Fl¨ache im Untersuchungsgebiet. . . . . 68
14
Nutzungsintensit¨at auf den Untersuchungsfl¨achen (Tabelle). . . . . . . . . . . 71
15
Fluchtdistanzen in Metern f¨
ur verschiedene Untersuchungsfl¨achen. . . . . . . 72
16
Wiederfundmeldungen aus dem Ausland f¨
ur die Graug¨anse. . . . . . . . . . . 75
17
Kategorien des Bestandes einzelner Pflanzenarten. . . . . . . . . . . . . . . . 79
18
Tagesmaxima von Anser anser pro Fl¨ache, erweitert um Ver¨anderungen des
Lebensraumes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
19
Synchronz¨ahlungen der Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen und
auf den Rieselfeldern in Braunschweig-Watenb¨
uttel im Winter 2001/2002. . . 119
Abbildungsverzeichnis
1
Brutverbreitung der Graugans in Skandinavien, West-, Mittel- und S¨
udost-
europa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2
Schnabelformen verschiedener Wildgansarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
3
Verdauungsorgane einer Gans, schematisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
4
Karte des Naturschutzgebietes Riddagshausen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
5
Lage und Bezeichnung der ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse. . . . . . . . . . . . 18
6
Charakteristische Zellelemente der Gramineenepidermis. . . . . . . . . . . . . 21
7
Beispiele der Epidermis eines dikotylen Blattes. . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
8
Schematische Darstellung der gemessenen L¨angen an den Stomata. . . . . . . 22
9
Prozentuale Fl¨achenanteile der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse
nach Nahrungshabitaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
10
Nahrungshabitate der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse. . . . . . . 32
11
Vegetationsh¨ohen der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen. . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abbildungsverzeichnis
vi
12
Funktionstypen von Spalt¨offnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
13
Undulationen an einem Gras. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
14
Brennhaare der Brennessel (Urtica dioica). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
15
Dr¨
usenhaare. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
16
Dr¨
usenschuppe und Dr¨
usenhaar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
17
Calciumoxalat-Kristalle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
18
Fundorte der Faecesproben von Anser anser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
19
Fundorte der Faecesproben von Anser anser pro Tag und Fl¨ache. . . . . . . . 56
20
Faecesanalyse: Acker S2 in Phase VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
21
Faecesanalyse: Acker S3 in Phase VIII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
22
Faecesanalyse: Acker Ho1 in Phase VII. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
23
Faecesanalyse: Acker Ho2 in verschiedenen Phasen. . . . . . . . . . . . . . . . 57
24
Faecesanalyse: Stoppelfeld Hungerkamp in verschiedenen Phasen. . . . . . . . 59
25
Faecesanalyse: Acker S1 bzw. Stoppelfeld S1 in verschiedenen Phasen. . . . . 60
26
Faecesanalyse: Stoppelfeld S2 in Phase VI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
27
Faecesanalyse: Stoppelfeld B1 in den Phasen VIII und IX. . . . . . . . . . . . 61
28
Faecesanalyse: Stoppelfeld B2 in Phase X. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
29
Faecesanalyse: Gr¨
unland in der N¨ahe des Reinertsteiches in Phase I. . . . . . 62
30
Faecesanalyse: Gr¨
unland Legdenanger in verschiedenen Phasen. . . . . . . . . 62
31
Faecesanalyse. Wegr¨ander in verschiedenen Phasen. . . . . . . . . . . . . . . . 63
32
Faecesanalyse: Insel im Schapenbruchteich in Phase IX. . . . . . . . . . . . . 64
33
Nutzungsintensit¨at auf den Untersuchungsfl¨achen (Karte). . . . . . . . . . . . 69
34
Verhaltensweisen der Graug¨anse auf den verschiedenen Fl¨achen. . . . . . . . . 73
35
Dekadenmaxima von Anser anser im Naturschutzgebiet Riddagshausen. . . . 74
36
Zea mays. Kurzzellenepidermis in der Aufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
37
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation vom Acker S2 in Phase VI. . . 80
38
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation vom Acker S3 in Phase VIII. . 80
39
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation vom Acker Ho1 in Phase VII.
81
40
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation vom Acker Ho2 in verschiede-
nen Phasen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
41
Verschiedene Formen der Samen von Vicia faba.
. . . . . . . . . . . . . . . . 84
42
Querschnitt durch den ¨außeren Teil der Samenschale von Vicia faba. . . . . . 84
43
Amyloplasten von Vicia faba. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
44
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld Hungerkamp in
verschiedenen Phasen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
45
Frucht von Triticum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
46
Frucht von Secale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
47
Frucht von Hordeum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
48
Verschiedene Getreidefr¨
uchte in Fl¨achenansicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
49
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld S1 in Phase V. . . 89

Fotografienverzeichnis
vii
50
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld S1 in Phase VIII.
90
51
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld S2 in Phase VI. . 91
52
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld B1 in Phase IX. . 92
53
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation: Stoppelfeld B2 in Phase X. . 94
54
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation vom Gr¨
unland Legdenanger
in den Phasen VIII und X.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
55
Faecesanalyse im Vergleich mit der Vegetation von der Insel im Schapen-
bruchteich in Phase IX. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
56
Zannichellia palustris in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
57
Ulotrichales in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
58
Lolium perenne in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
59
Vicia faba in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
60
Secale cereale in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
61
Hordeum vulgare in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
62
Linum usitatissimum in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
63
Beta vulgaris ssp. rapacea in der Faecesanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
64
Nutzungsintensit¨at verschiedenartiger ¨
Asungsfl¨achen berechnet als G¨ansetage. 115
65
Herbstzug der europ¨aischen Graugans (Anser anser ). . . . . . . . . . . . . . . 120
Fotografienverzeichnis
1
Titelbild: Graug¨anse bei der Nachmittags¨asung im Untersuchungsgebiet auf
dem Stoppelfeld Secale 1, 26.10.2001.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
i
2
Faeces einer Graugans (Anser anser ) im Naturschutzgebiet Riddagshausen. . 24
3
Hungerkamp, nach der Mahd stehengelassene Vicia faba-Best¨ande. . . . . . . 85
4
Secale cereale. Querzellen der Fruchtwand aus einer Faecesprobe. . . . . . . . 85
5
Wurzelr¨
uben der Zuckerr¨
ube mit Fraßspuren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
6
Parenchymatisches Gewebe der Wurzelr¨
ube der Zuckerr¨
ube. . . . . . . . . . . 93
7
Mausernde Graug¨anse auf dem Gr¨
unland nahe des Reinertsteiches, 18.05.2001.109
8
utterung am Kreuzteich zu Pfingsten, 03.06.2001. . . . . . . . . . . . . . . . 110
9
Secale cereale als Wintersaat auf der Fl¨ache Acker S2, 30.09.2001. . . . . . . 110
10
Wintersaatfeld mit Secale cereale auf der Fl¨ache Acker S2, 30.09.2001. . . . . 111
11
G¨anse bei der Nachmittags¨asung auf dem Stoppelfeld Secale 1, 26.10.2001. . 111
12
Der Kreuzteich ist vollkommen abgelassen, 26.10.2001. . . . . . . . . . . . . . 112
13
Der Mittelteich ist noch gut gef¨
ullt, 26.10.2001. . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
14
Der Mittelteich ist abgelassen, 15.11.2001. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Einleitung
¨
Uber die Graugans (Anser anser L., 1758
1
) sind bereits zahlreiche Untersuchungen durch-
gef¨
uhrt worden. So haben beispielsweise Konrad Lorenz und seine Mitarbeiter das So-
zialverhalten der Graugans ausf¨
uhrlich studiert (vgl. Lorenz 1973, 1998, Lorenz & Tin-
bergen 1939, Kalas 2001). Doch wurden die beobachteten G¨anse in Gefangenschaft oder
halbzahm gehalten und waren von Menschen gepr¨agt (vgl. Rutschke 1988, Dick 1988a).
Die nahrungs¨okologische Dimension mußte allerdings aus der Untersuchung ausgeschlossen
werden, da die Graug¨anse von den Forschern gef¨
uttert wurden (Dick 1988a).
In dieser Arbeit soll dargestellt werden, welche Nahrungsquellen die freilebenden Graug¨anse
im Naturschutzgebiet Riddagshausen im raumzeitlichen Kontext nutzen, um ihren Ener-
giebedarf zu decken. Wildlebende G¨anse sind normalerweise Zugv¨ogel. Die Graug¨anse im
Naturschutzgebiet Riddagshausen hingegen, die in den 1960er Jahren dort wieder eingeb¨
ur-
gert wurden, bleiben auch im Winter in ihrem Brutgebiet oder in dessen Umgebung.
In der Zeit vom 02.05.2001 bis 17.12.2001 wurden im Naturschutzgebiet Riddagshausen und
den umliegenden Fl¨achen Faecesproben von Graug¨ansen f¨
ur die mikroskopische Nahrungs-
analyse entnommen. Die haupts¨achliche Datenerhebung erfolgte dabei von September bis
Dezember 2001.
Pflanzliche Nahrung ist h¨aufig schlecht verdaulich und liefert nur wenige N¨ahrstoffe (Stahl
2001). Die Zellw¨ande in der pflanzlichen Nahrung behindern die Verdauung, da sie haupt-
s¨achlich aus -1,4-Polysacchariden wie Cellulose und Hemicellulose bestehen. Diese Kompo-
nenten k¨onnen durch mikrobielle Fermentation abgebaut werden. Da dies ein zeitabh¨angiger
Prozeß ist, k¨onnen Herbivore mit einer langen Verdauungszeit ihre Nahrung am besten in
Energietr¨ager umwandeln (Prop & Vulink 1992). Im Gegensatz zu Wiederk¨auern besitzen
G¨anse als Herbivore ein Verdauungssystem mit einer kurzen Retentionszeit. Der Abbau der
Zellwandsubstanzen ist unvollst¨andig, so daß die Epidermen der gefressenen Pflanzen nach
der Darmpassage weitestgehend erhalten bleiben. Dies erm¨oglicht eine Bestimmung der ein-
zelnen Blattepidermen mit der mikroskopischen Faecesanalyse, wie Ranwell & Downing
(1959), Luther (1963), Owen (1975b, 1976), Scotcher (1979) und Stahl (1998, 2001)
bereits gezeigt haben.
In dieser Studie wird sowohl eine freiland¨okologische Analyse, n¨amlich die Beobachtung und
Z¨ahlung der G¨anse bei der Nahrungsaufnahme, als auch eine mikroskopische Faecesanaly-
se zur Bestimmung der Nahrung durchgef¨
uhrt. Die Erstellung eines Referenzatlasses und
eines mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels der Blattepidermen der potentiellen und tat-
s¨achlichen Nahrungspflanzen der Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen ist f¨
ur die
Bestimmung der epidermalen Pflanzenfragmente in den Faeces erforderlich. Die Freiland-
arbeit erm¨oglicht zus¨atzlich Aussagen ¨
uber die Raumnutzung und Nutzungsintensit¨at der
1
nach Hudec & Rooth (1995)

Einleitung
2
Graug¨anse auf den verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen im raumzeitlichen Kontext. Ist der Ener-
giewert der im Naturschutzgebiet vorhandenen Nahrung f¨
ur die G¨anse ausreichend, oder
ussen Fl¨achen außerhalb des Gebietes zur ¨
Asung genutzt werden?
Es ergeben sich durch diese Untersuchung Erkenntnisse ¨
uber das Nahrungsverhalten und
¨
uber potentielle Zeitr¨aume von Engp¨assen in der Ern¨ahrung. Durch die Kombination aus
Freilandarbeit und mikroskopischer Arbeit kann festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt
bestimmte Pflanzen von den G¨ansen im Untersuchungsgebiet bevorzugt oder gemieden wer-
den, oder ob die Graug¨anse unselektiv fressen. Daf¨
ur wird die durch die Vegetationsaufnah-
men ermittelte Bestandsh¨aufigkeit der potentiellen Nahrungspflanzen mit der tats¨achlichen
Nahrung verglichen. Die qualitative und quantitative Faecesanalyse dient der Bestimmung
der tats¨achlichen Nahrung.
Nachfolgende Fragen werden zu kl¨aren versucht. Selektieren die Graug¨anse bestimmte Nah-
rungspflanzen, welche sind dies und worin liegen die Ursachen f¨
ur die Pr¨aferenz? Gibt es
einen Einfluß der Vegetation auf das Nahrungsverhalten der G¨anse und in welcher Form ¨au-
ßert sich dies? Wird u.U. der Jahresrhythmus der Graug¨anse von der Vegetation bestimmt?
Der Einfluß abiotischer Ver¨anderungen auf die Nahrungswahl und die Raumnutzung der
G¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen sowie der umliegenden Fl¨achen wird dargestellt
und diskutiert. Sind nach Ver¨anderungen der Umwelt wie Mahd, Schneefall oder Gefrieren
der Teiche Nahrungsumstellungen bei den Graug¨ansen zu verzeichnen?
Auch die anthropogenen Einfl¨
usse sind Teil der Diplomarbeit. Gibt es einen Zusammenhang
zwischen Jagdzeit und Raumnutzung der Graug¨anse? Wird die Raumnutzung und somit
Nahrungswahl der Graug¨anse durch Fußg¨anger oder F¨
utterungen beeinflußt?
Nicht zuletzt tritt bei dieser Untersuchung die Frage auf, ob die Nahrungsressourcen Einfluß
auf den Vogelzug haben. Hierf¨
ur ist die Erfassung der zur herbstlichen Zugzeit vorhandenen
Nahrung und deren Energiewert im Untersuchungsgebiet wesentlich. Die wieder eingeb¨
ur-
gerten Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen ¨
uberwintern in ihrem Brutgebiet.
Warum ¨
uberwintern sie dort und fliegen nicht fort?

1 Material
3
1 Material
1.1 Die Graugans (Anser anser)
Im Untersuchungsgebiet kommt haupts¨achlich die Graugans (Anser anser ) vor. Die drei
anderen gesichteten G¨ansearten Anser indicus (Streifengans), Alopochen aegyptiacus (Nil-
gans), Tadorna ferruginea (Rostgans) sind als durchziehende Gefangenschaftsfl¨
uchtlinge zu
verstehen und wurden jeweils mit einem Exemplar gesichtet. Sie z¨ahlen nicht zu den G¨ansen,
deren Faeces in dieser Untersuchung analysiert wurden.
1.1.1 Systematische Einordnung
Die Graugans ist nach Hudec & Rooth (1995) wie folgt systematisch einzuordnen:
Ordnung:
Anseriformes (Lamelliformes)
Familie:
Anatidae (G¨anse- und Entenv¨ogel)
Unterfamilie:
Anserinae (G¨ansev¨ogel)
Tribus:
Anserini (Schw¨ane und G¨anse)
Gattung:
Anser Brisson, 1760 (G¨anse)
Art:
Anser anser (Linnaeus, 1758)
Unterarten:
Anser anser anser
Anser anser rubirostris
Anser anser ist nach L¨
uhmann (1948) die Stammform der europ¨aischen Hausgans (Anser
domesticus).
1.1.2 Feldkennzeichen und Unterarten
Die Graugans Anser anser ist nach der Kanadagans die gr¨oßte und zugleich schwerste euro-
p¨aische G¨anseart. Das Gefieder ist heller als das der anderen grau gef¨arbten G¨anse. Im Flug
erlauben die silbergrauen Vorderfl¨
ugel im Kontrast zum Grau des K¨orpers die Unterschei-
dung von anderen Arten, und auch die leuchtend weißen Ober- und Unterschwanzfedern
sind dann sichtbar. Der kr¨aftige Schnabel ist bei der Nominatform Anser anser anser oran-
gegelb und bei der ¨ostlichen Unterart Anser anser rubirostris rosarot gef¨arbt. Ein weiteres
Charakteristikum der Graugans sind die streifig angeordneten Halsfedern, die den Hals ge-
rillt erscheinen lassen. Die Beine der Graugans haben eine rote bis orange F¨arbung. Das
M¨annchen erreicht ein Gewicht zwischen 3-4 kg, das Weibchen eines von 2,5-3,5 kg. Die
Fl¨
ugelspannweite der Graugans liegt zwischen 150 cm und 180 cm (Rutschke 1997).
Von anderen Arten der G¨anse unterscheidet sich die Graugans in ihrem Ruf, der der Stimme
der Hausgans ¨ahnlich ist (ga-ga-ga-ga). Auch die Geschlechter k¨onnen unter guten Bedin-

1.1 Die Graugans (Anser anser)
4
gungen unterschieden werden. Der Ganter ist meistens gr¨oßer, mit gr¨oßerem Kopf, k¨
urzerem
und st¨arkerem Hals und beim Schwimmen mit h¨oher gew¨olbtem R¨
ucken (Hudec & Rooth
1995). In Gefangenschaft lebende und freifliegende Parkv¨ogel erreichen ein H¨ochstalter von
bis zu 25 Jahren. Hausg¨anse k¨onnen sogar bis zu 34 Jahre alt werden (Bauer & Glutz von
Blotzheim 1968).
Obwohl das Brutgebiet der Graugans vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean reicht, lassen
sich nur zwei Unterarten unterscheiden: Die in West-, Mittel- und Nordwesteuropa verbrei-
tete Nominatform Anser anser anser und die in S¨
udosteuropa und Asien verbreitete Anser
anser rubirostris. Eine Zone in Ungarn ist von einer Mischpopulation bewohnt, die sich
zwischen beiden Unterarten entwickelte. Die in Großbritannien br¨
utenden Graug¨anse sind
ganzj¨ahrig von den kontinentaleurop¨aischen getrennt (Rutschke 1997).
1.1.3 Brutverbreitung und Bestandszahlen
Das Brutgebiet der Graugans reicht von Island, Großbritannien und den Niederlanden im
Westen ¨
uber S¨
ud- und Mittelskandinavien sowie S¨
udost- und Mitteleuropa nach Osteuro-
pa und setzt sich in Mittelasien bis zum Stillen Ozean fort (vgl. Abbildung 1.). In der
westlichen Palaearktis k¨onnen nach Madsen (1991) sechs verschiedene Brutpopulationen
unterschieden werden:
1. Eine Population, die in Island br¨
utet und in Schottland ¨
uberwintert.
2. Eine Population aus Standv¨ogeln im Nordwesten von Schottland.
3. Eine Population, die in Nordwesteuropa br¨
utet und in Spanien und den Niederlanden
¨
uberwintert.
4. Eine Population, die in Zentral- und Nordosteuropa br¨
utet und in Nordafrika ¨
uber-
wintert.
5. Eine Population, die in der westlichen UdSSR br¨
utet und am Schwarzen Meer und im
westlichen Asien ¨
uberwintert.
6. Eine Population, die auf den Britischen Inseln br¨
utet und ¨
uberwintert.
Durch Verfolgungen und Feuchtgebietszerst¨orung fehlte die Graugans als Brutvogel von En-
de des 19. bis Mitte der 20. Jahrhunderts in Niedersachsen so gut wie v¨ollig. Fr¨
uher war
sie regelm¨aßiger Brutvogel, besonders im Ostteil Niedersachsens (Berndt 1985). Bis in die
Mitte der 1960er Jahre bildete in etwa die Elbe die Westgrenze des geschlossenen Brutge-
biets auf dem europ¨aischen Kontinent. Seitdem hat die Graugans ihr Areal nach Westen
und S¨
uden ausgeweitet, was der Mensch durch Wiedereinb¨
urgerungsprojekte unterst¨
utzte
(vgl. Rutschke 1997, Grzimek 1968). Mooij (1995b) geht von einem Brutbestand der
Graug¨anse in Deutschland von 8 000-10 000 Brutpaaren aus.

1.1 Die Graugans (Anser anser)
5
Abb. 1: Brutverbreitung der Graugans in Skandinavien, West-, Mittel- und S¨
udosteuropa.
Population auf Island nicht eingezeichnet. Nach Rutschke (1997).
Die Graugans ist verst¨arkt ins Interesse der ¨
Offentlichkeit und der Forschung ger¨
uckt, da
die mittel- und nordeurop¨aischen Best¨ande seit etwa 40 Jahren stetig zunahmen (Hummel
1978, Rutschke 1983, 1987). Besonders zur Zugzeit sind nach Bruns (1989) große Rast-
best¨ande eine auff¨allige Erscheinung. Die anthropogenen Einfl¨
usse wirken auf die Bestands-
zahlen der G¨anse, da die Landwirtschaft viel dazu beigetragen hat, f¨
ur die G¨anse g¨
unstige
Nahrungshabitate zu schaffen (Rutschke 1987). Dazu z¨ahlen Ernteabf¨alle auf Kartoffel-
und Zuckerr¨
ubenfeldern, ausgedehnte Wintergetreidefelder und energie- und proteinreiche
Gr¨aser des Gr¨
unlandes. G¨anse k¨onnen Pflanzen von ged¨
ungten und unged¨
ungten Fl¨achen
unterscheiden (Owen 1976). G¨
unstigere Nahrungsbedingungen haben neben zunehmender
Jagdverschonung wesentlich zur Abnahme der winterlichen Mortalit¨at und damit zur Zu-
nahme der G¨anse beigetragen (Ebbinge 1991 in Gerdes 1994).
Die Winterbest¨ande der Graug¨anse in Deutschland zeigen allerdings, daß die Phase stark
wachsender Best¨ande, die noch durch Rutschke (1987), Mooij (1993) und Naacke (1993)
dokumentiert wurde, vorbei zu sein scheint (Mooij 1995b). Die Studie von Mooij (1995b)
deutet vielmehr darauf hin, daß sich die Rastbest¨ande, bis auf innerdeutsche Verlagerungen
der ¨
Uberwinterungsschwerpunkte, stabilisieren. Die h¨ochsten Rastbest¨ande der Graugans
in Deutschland wurden in den Jahren 1988/89 bis 1992/93 im September mit 50 000-75 000
V¨ogeln gez¨ahlt. Der Schwerpunkt dieses Rastvorkommens liegt im Nordosten Deutschlands.
Im November halten sich nur 5 000-10 000 Graug¨anse in Deutschland mit Schwerpunkt im
Westen, v. a. in Niedersachsen, auf (Mooij 1995b). Mooij (1995b) ¨außert sich wie folgt zu
dem Bestand in Deutschland:
"
Ausgehend vom nat¨
urlichen Kernbestand im Nordosten sowie

1.1 Die Graugans (Anser anser)
6
von den vielen lokalen Ansiedlungen im Westen und S¨
uden scheint Deutschland allm¨ahlich
wieder fl¨achendeckend von Graug¨ansen besiedelt zu sein."
1.1.4 Lebensraum und Zugstrategie
Die Graugans bevorzugt eutrophe Binnenseen in ausgedehnten Flachmoorlandschaften mit
ausreichenden Deckungsm¨oglichkeiten (v. a. R¨ohrichte), freien Wasserfl¨achen sowie Gr¨
un-
l¨andereien, Acker- und Stoppelfelder. Sie ist zunehmend auch ein Brutvogel naturnaher
Fischteiche, brackiger Gew¨asser oder k¨
unstlicher Wasserfl¨achen (vgl. Bauer & Berthold
1996, Rutschke & Fr¨
adrich 1975).
Nach dem Fl¨
uggewerden der Jungen, Ende des Sommers, in der Zugzeit und in den Win-
terquartieren teilt sich das Biotop der Graug¨anse sehr anschaulich in ein Rast- und ein
Nahrungsbiotop. Sie n¨achtigen weiterhin haupts¨achlich auf dem oder am Wasser: am Mee-
resufer, auf Seen, Teichen, Inseln, Schlamm- und Kiesb¨anken der Fl¨
usse oder in deren Deltas.
Zur Nahrungsaufnahme fliegen die G¨anse w¨ahrend dieser Zeit in die Umgebung, auf Weiden,
Wiesen und Felder verschiedener Typen. Nur in geringem Maße suchen sie sich Nahrung
auch direkt am Wasser (Hudec & Rooth 1995).
In Mitteleuropa ist die Graugans ¨
uberwiegend Zugvogel, nach Nordwesten (Großbritannien)
nimmt der Standvogelanteil zu. Brutv¨ogel Deutschlands und Skandinaviens ziehen entweder
in s¨
uds¨
udwestlicher Richtung entlang der Nordsee- und Atlantikk¨
uste zu ¨
Uberwinterungs-
pl¨atzen, die von der K¨
uste Niedersachsens bis zur Iberischen Halbinsel reichen, oder durch
das Binnenland Mitteleuropas an das Mittelmeer bis Nordafrika. Brutv¨ogel aus der Tsche-
chischen Republik, der Slowakei, ¨
Osterreich und Ungarn ziehen ¨
uber Italien und den Balkan
nach Nordafrika (Bauer & Berthold 1996). Der herbstliche Durchzug von Graug¨ansen in
westlicher Richtung findet in Niedersachsen von Mitte Juli bis in den Winter hinein statt,
¨
uberwiegend im September und Oktober (Berndt 1985). Eingeb¨
urgerte Graug¨anse bleiben
im Brutgebiet oder in dessen N¨ahe (Rutschke 1997).
1.1.5 Nahrung und Nahrungsaufnahme
Als rein vegetabilisch und sehr vielseitig, verglichen mit anderen G¨ansearten, wird die Grau-
gans von Bauer & Glutz von Blotzheim (1968) bezeichnet. Besonders Futtergr¨aser, aber
auch harte Sumpf- und Sauergr¨aser, Weideunkr¨auter, Kr¨auter und Stauden verschiedener
Art (z.B. Bl¨atter und Jungtriebe von Klee, L¨owenzahn, Miere, G¨ansedistel und Kohl oder
uben) und Wasserpflanzen werden gefressen. Bevorzugt werden je nach Jahreszeit Bl¨atter
und Jungtriebe, Wurzeln, Wurzelst¨ocke, Zwiebeln und Knollen, S¨amereien oder Beeren.
Auf den britischen Inseln ern¨ahren sich die Graug¨anse von Oktober bis Februar von lie-
gengebliebenen Getreidek¨ornern und Kartoffeln, Gras und Futterr¨
uben, die alle kohlenhy-

1.1 Die Graugans (Anser anser)
7
dratreiche Vegetabilien darstellen. Im M¨arz findet dort eine Selektion von proteinreicher
Nahrung statt: junges Gras und Keimbl¨atter von Triticum, seltener andere Saat und kei-
mende Bohnen bilden zur Zeit der Gonadenentwicklung und Eireifung die Hauptnahrung.
Nach der Mauser wechselt das Nahrungsspektrum. Die Graug¨anse konsumieren dann Bee-
ren, S¨amereien von Wildpflanzen, Gramineen (v. a. Hordeum) und Kartoffeln (Bauer &
Glutz von Blotzheim 1968).
Im schottischen Winterquartier konnte beobachtet werden, daß Anser anser Haferbl¨atter
anderen Getreidearten vorzieht (Kear 1966 in Bauer & Glutz von Blotzheim 1968).
Die verschiedensten S¨amereien werden dort gefressen. Im Herbst sind es zun¨achst kleine Sa-
men von Wildpflanzen, die vom stehenden Halm abgestreift und sp¨ater vorwiegend gr¨oßere
Samenk¨orner, die vom Boden aufgepickt werden. Gr¨aser im allgemeinen werden hier Wei-
deunkr¨autern und Gem¨
usepflanzen vorgezogen (Engelmann 1958 in Bauer & Glutz von
Blotzheim 1968).
Im spanischen Winterquartier besteht die Hauptnahrung der Graugans aus unterirdischen
Rhizomen und Brutknollen von Scirpus maritimus. Auch bevorzugt sie dort die Gr¨aser
Hordeum maritimum und Phalaris minor (Valverde in Bernis 1964 in Bauer & Glutz
von Blotzheim 1968).
Kartoffeln werden auf dem europ¨aischen Kontinent nur selten gefressen, in Schottland hin-
gegen zeigt Anser anser seit den 1930er Jahren eine steigende Tendenz zur Aufnahme dieser
Knollen und auch von Futterr¨
uben (Kear 1962 in Bauer & Glutz von Blotzheim 1968).
In den 1960er Jahren nimmt die Graugans auch in den Niederlanden in zunehmendem Maße
Wurzelr¨
uben von Beta vulgaris ssp. rapacea und Kartoffeln auf (L. J. Draaijer brieflich in
Bauer & Glutz von Blotzheim 1968). Auch aus Schweden wird ein Konsum von Kartof-
feln und von Wurzelr¨
uben der Zuckerr¨
ube (Beta vulgaris ssp. rapacea) berichtet (Nilsson
et al. 1999).
Die Nahrungskomponenten der Graugans aus verschiedenen L¨andern sind in einer mehrsei-
tigen Tabelle in Anhang E angegeben (Hudec & Rooth 1995).
Die zeitweilige oder weitgehende Nutzung von Kulturpflanzen f¨
ur die Ern¨ahrung ist eine
nat¨
urliche Konsequenz der Anatomie der Ern¨ahrungsorgane und der Ern¨ahrungsweise der
G¨anse. Die Grundvorg¨ange in der Ern¨ahrungsweise muß man kennen, um zu verstehen, daß
die G¨anse als Kulturfolger geradezu pr¨adestiniert sind. An den kr¨aftigen Schn¨abeln finden
sich seitliche Schneidkanten, die zum Abzupfen und Abschneiden von Pflanzenteilen, aber
auch zum Beknabbern, Auflesen und Herausziehen bestens geeignet sind. Mit der Schna-
belspitze wird gezupft und aufgelesen, die Schnabelkanten, die nach dem Scherenprinzip
funktionieren, zerschneiden die Nahrung. Die R¨ander des Oberschnabels sind als Zahnleiste
ausgeformt, die ¨
uber die glattschneidigen R¨ander des Unterschnabels greifen. Beim Bewei-
den von Gr¨asern oder Getreidesaaten werden Zupfen und Schneiden miteinander kombiniert.
Bl¨atter und Halme werden mit dem Schnabel von der Seite her gegriffen, fest zwischen die

1.1 Die Graugans (Anser anser)
8
Abb. 2: Schnabelformen verschiedener Wildgansarten. a. Saatgans: kr¨aftiger, seitlich bezahnter
Schnabel, geeignet zum Abschneiden und Abzupfen von Pflanzen und zur
K¨orneraufnahme. b. Graugans: Schnabel kr¨aftiger und klobiger als der der Saatgans,
jedoch funktionell weitgehend mit diesem ¨
ubereinstimmend, geeignet zum Abzupfen,
Abschneiden, Beknabbern und Ausgraben von Pflanzen. c. Ringelgans: kurzer, seitlich
wenig bezahnter Schnabel, geeignet zum Zupfen und Schneiden. d. Rothalsgans: kurzer,
gedrungener Schnabel zur pickenden und zupfenden Nahrungsaufnahme. Ver¨andert nach
Rutschke (1987, 1997).
Schnabelr¨ander gedr¨
uckt und beim Heben des Kopfes zugleich gezupft und geschnitten. Der
große klobige, mit kr¨aftigen Zahnlamellen versehene Schnabel der Graugans versetzt sie als
einzige Gans in die Lage, Rhizome von Simsen auszugraben. Die G¨anse bevorzugen Gr¨a-
ser als Nahrungspflanzen, und junge Getreidesaaten stellen eine beliebte ¨
Asungsfl¨ache dar
(Rutschke 1997). Abbildung 2 gibt einen ¨
Uberblick ¨
uber die Schnabelformen verschiedener
Wildgansarten.
1.1.6 Verdauung der Nahrung
Anatomie und Physiologie des Gastrointestinaltraktes von Anser anser werden von Rutsch-
ke (1997) beschrieben (siehe Abbildung 3). Die kr¨aftige Muskulatur, die hornartigen Reibe-
platten und die derbe Hornhaut des Magens dienen der Zerkleinerung und der Vorbereitung
auf die eigentliche Verdauung. Sand und kleine Steinchen (15 g nach Mattocks 1971 und
rund 30 g nach Groebbels 1932 in Hudec & Rooth 1995), die in den Magen aufgenommen
werden, zerreiben die Nahrung durch Bewegungen der Muskulatur, so daß die N¨ahrstoffe
der Verdauung im Darm zug¨anglich gemacht werden k¨onnen. Der Magen ist folglich darauf
vorbereitet, auch harte Pflanzenteile wie K¨orner, Blattsprosse u.¨a. mechanisch zu zerklei-
nern.
Die in den Marismas am Guadalquivir in S¨
udspanien ¨
uberwinternden Graug¨anse fressen
dort D¨
unensand, der das Zermahlen der trockenen Wurzelknollen von Scirpus maritimus
unterst¨
utzt. So leisten Sand und Magenmuskulatur dieselbe Arbeit wie Z¨ahne. Die Aufnah-
me von Sand ist allerdings eine Besonderheit (Rutschke 1997).
Herbivore G¨anse und Enten haben in Anpassung an ihre nur schwer aufschließbare pflanzli-
che Nahrung ein sehr langes Darmsystem im Vergleich zur K¨orpergr¨oße. Im Zuge der jahres-
zeitlichen Umstellung in der Ern¨ahrung kann die D¨
unndarml¨ange erheblichen Variationen
unterliegen. So haben im Fr¨
uhjahr durch Nordamerika ziehende arktische Schneeg¨anse einen

1.1 Die Graugans (Anser anser)
9
Abb. 3: Verdauungsorgane einer Gans, schematisch. Nach Rutschke (1987, 1997).
wesentlich l¨angeren Darm als zu anderen Jahreszeiten. Dies kann damit in Verbindung ge-
bracht werden, daß sie in Vorbereitung ihres R¨
uckzuges in die schneebedeckten arktischen
Brutgebiete zum einen geeignete Energievorr¨ate (Fettdepot) f¨
ur den Flug anlegen m¨
ussen,
zum anderen aber auch zus¨atzliche Reserven f¨
ur das erste Ausharren nach der Ankunft
in den Brutgebieten ben¨otigen. Der f¨
ur die Deposition solcher K¨orpervorr¨ate hohe N¨ahr-
stoffbedarf l¨aßt sich mit einem l¨angeren D¨
unndarm und der damit verbundenen erh¨ohten
Verdauungs- und Resorptionskapazit¨at besser erreichen (Bairlein 1996).
Die Zellw¨ande in der pflanzlichen Nahrung behindern die Verdauung, da sie haupts¨achlich
aus Cellulose und Hemicellulose bestehen. Die Umwandlung in andere, leichter verwertbare
Energietr¨ager bei der Spaltung von Cellulose und Hemicellulose ist von vitaler Bedeutung
ur alle Pflanzenfresser. Diese Komponenten k¨onnen durch mikrobielle Fermentation ab-
gebaut werden. Da dies ein zeitabh¨angiger Prozeß ist, k¨onnen Herbivore mit einer langen
Verdauungszeit ihre Nahrung am besten in Energietr¨ager umwandeln (Prop & Vulink
1992). Da G¨anse als Herbivore im Gegensatz zu Wiederk¨auern die Nahrung nur f¨
ur eine
kurze Zeit im Verdauungskanal behalten, ist wenig Zeit f¨
ur Verdauungsprozesse vorhanden
(Gadallah & Jefferies 1995b). Mott (1985) gibt die Retentionszeit der Nahrung von
der Ingestion bis zur Exkretion mit etwa 60 min an, Rutschke (1997) hingegen mit ca.
45 min, was durch Marker gemessen wurde. Nach Rybicky (1965) in Hudec & Rooth
(1995) wiederum passiert bei der Graugans die Nahrung innerhalb von 80-90 min den Ver-
dauungstrakt. Dies bedeutet, daß die Nahrungspflanzen nur unvollst¨andig verdaut werden
k¨onnen. In einer Studie (Buchsbaum et al. 1986) konnte festgestellt werden, daß die G¨anse
bis zu 28% der Cellulose und 25% der Hemicellulose in ihrer Nahrung verdauten. Das saure
Magenmilieu tr¨agt allerdings zur Digestion von Pektin und Hemicellulosen bei (Timmler
& Jeroch 1994).

1.1 Die Graugans (Anser anser)
10
Im Verdauungstrakt von Rauhfußh¨
uhnern (Tetraonidea) finden sich nach McBee & West
(1969) cellulosespaltende Bakterien, so daß es lange nahe lag, dies f¨
ur G¨anse auch anzuneh-
men. Mattocks (1971) konnte keine cellulolytischen Bakterien im Darm von domestizier-
ten G¨ansen finden und war deshalb der Ansicht, daß G¨anse begrenzte F¨ahigkeiten haben,
Kohlenhydrate zu verdauen. Vulink (1980) zeigte jedoch f¨
ur domestizierte G¨anse (Anser
domesticus) und Bl¨aßg¨anse (Anser albifrons), daß diese in den Blindd¨armen und im Colon
¨
uber Bakterien verf¨
ugen, die Cellulose und Hemicellulose abbauen (Prop & Vulink 1992).
Trotzdem ist die Celluloseverdauung in den Blindd¨armen von G¨ansen nicht vollst¨andig, was
dadurch best¨atigt wird, daß ein großer Teil der mit der Nahrung aufgenommenen Cellulose
mit den Faeces ausgeschieden wird (z.B. Owen 1975b und Ebbinge et al. 1975). Deshalb
ussen G¨anse ihren N¨ahrstoffbedarf durch eine Selektion von qualitativ hochwertiger Nah-
rung decken (Gadallah & Jefferies 1995b). Dazu z¨ahlen beispielsweise Pflanzen, die
einen hohen Gehalt an leicht abbaubaren Komponenten wie Proteinen und l¨oslichen Koh-
lenstoffen besitzen. Der Fasergehalt an Cellulose und Hemicellulose sollte hingegen gering
sein. Nach Stahl (1998) kompensieren G¨anse ihren Mangel an celluloseabbauenden Bak-
terien im Intestinum sowohl durch die Selektion von qualitativ hochwertiger Nahrung als
auch durch einen Konsum großer Nahrungsmengen.
1.1.7 G¨
ansemanagement und G¨
anseschaden
Die Zunahme der G¨anse auf Kulturfl¨achen und der m¨oglicherweise dort durch G¨anse verur-
sachte Schaden hat zu einer Diskussion in der Landwirtschaft, J¨agerschaft und Wissenschaft
gef¨
uhrt. Nach Mooij (1995a) gibt es keinen statistisch belegbaren Zusammenhang zwischen
G¨ansezahlen und G¨ansesch¨aden, sondern lediglich Wachstumsverz¨ogerungen und Ertrags-
verringerungen auf landwirtschaftlich genutzten Fl¨achen, auf denen durch eine stellenweise
Konzentration von G¨ansen eine ¨
Uberbeweidung stattfindet. Von G¨ansen bevorzugte Gebiete
werden auch dann von gr¨oßeren G¨ansetrupps besucht, wenn ihr Gesamtbestand reduziert
wurde. Ein Bestandsr¨
uckgang zeigt sich zuletzt in den optimalen Bereichen, weshalb eine ge-
nerelle Reduktion der G¨ansezahlen zun¨achst keinen Einfluß auf das Ausmaß von regionalen
G¨ansesch¨aden hat (Mooij 1984, 1995a). Mit Ausnahme der ¨ortlichen ¨
Uberbeweidungssi-
tuation f¨ordert die ¨
ubliche Beweidung von Gr¨
unland durch G¨anse sogar das Wachstum der
Gr¨aser (z.B. Balkenhol et al. 1984, Steinof & Bauer 1995, Mooij 1995a).
Alle bisherigen Untersuchungen der G¨anseschadenproblematik haben gezeigt, daß es wegen
multifaktorieller Einwirkungen auf landwirtschaftliche Kulturen schwierig ist, die tats¨ach-
lichen Auswirkungen des G¨ansefraßes festzustellen (u. a. Mooij 1984, 1995a, Rutschke
et al. 1982). Durch den Abschuß einzelner G¨anse auf gef¨ahrdeten landwirtschaftlichen Fl¨a-
chen kann zwar eine Schadensverringerung auf der betroffenen Fl¨ache erreicht werden, doch
das Problem wird dadurch nur verlagert. Die Vertreibungsversuche tragen wenig zur L¨osung
der Schadensproblematik bei. Sie bewirken nur lokale Verschiebungen innerhalb des Habi-

1.2 Das Untersuchungsgebiet
11
tats. Ferner f¨
uhrt die regelm¨aßige Beunruhigung der V¨ogel zu einer zunehmenden Scheu,
die eine gr¨oßere Konzentration und eine Verringerung der ¨
Asungsfl¨achen aufgrund erh¨ohter
Fluchtdistanzen zur Folge hat. Durch eine h¨ohere Nutzungsintensit¨at einzelner Fl¨achen wird
die M¨oglichkeit von Fraßsch¨aden erh¨oht. Weiterhin wird durch St¨orungen der Energiebedarf
der V¨ogel gesteigert, da Fliegen zehnmal mehr Energie als Nahrungssuche erfordert (Mooij
1984, 1992, 1995a). Jede Vertreibungsaktion erh¨oht damit den Nahrungsbedarf der vertrie-
benen G¨anse und die Gefahr von Fraßsch¨aden. Die Jagd als Mittel zur Verringerung von
G¨ansesch¨aden ist folglich nicht nur ungeeignet, sondern vielmehr kontraproduktiv (Mooij
1995a).
1.2 Das Untersuchungsgebiet
1.2.1 Lage und Abgrenzung
Das Naturschutzgebiet Riddagshausen grenzt im Osten, ca. 4,5 km vom Stadtkern entfernt,
an die Peripherie des großst¨adtischen Ballungszentrums Braunschweig. Braunschweig ist mit
einer Fl¨ache von 192 km
2
und ca. 240 000 Einwohnern (Stand: 31.12.2001, Stadt Braun-
schweig 2002) nach Hannover die zweitgr¨oßte Stadt Niedersachsens (Nieders¨
achsische
Staatskanzlei 1996).
Das Naturschutzgebiet Riddagshausen wird von den zur Stadt Braunschweig geh¨orenden
Ortschaften Gliesmarode, Volkmarode, Schapen, Rautheim sowie von den zum Landkreis
Wolfenb¨
uttel geh¨orenden Ortschaften Weddel und Klein Sch¨oppenstedt umgeben. An der
udlichen Gebietsgrenze verl¨auft die Bahnlinie Braunschweig-Berlin. Durch stark frequen-
tierte, inner¨ortliche Verbindungsstraßen und Landstraßen wird das Naturschutzgebiet im
Westen und S¨
uden begrenzt und teilweise durchschnitten. Weiterhin st¨oßt das Gebiet im
uden an das Landschaftsschutzgebiet Buchhorst des Staatsforstes Braunschweig. Im S¨
ud-
westen befindet sich eine Auenniederung mit den Fließgew¨assern Wabe und Alte Mittelrie-
de, ¨ostlich angrenzend liegt das Naturschutzgebiet Weddeler Teich. Im Nordwesten erstreckt
sich ein ausgedehnter Kleingartenkomplex. N¨ordlich des Naturschutzgebietes Riddagshausen
befinden sich landwirtschaftlich genutzte Fl¨achen sowie das kleine Landschaftsschutzgebiet
Schapenteich. Abbildung 4 zeigt das Naturschutzgebiet Riddagshausen und die angrenzen-
den Fl¨achen.
1.2.2 Klima
Das Teichgebiet liegt in einer ¨
Ubergangszone von maritim zu kontinental gepr¨agtem Kli-
ma. Dies wird an den Jahresschwankungen der monatlichen Mitteltemperaturen von bis
zu 17
C deutlich. Die durchschnittliche Temperatur der maritimen Klimazone liegt zum
Vergleich bei 15
C und die des kontinentalen Bereiches, mit h¨oheren Sommertemperaturen

1.2 Das Untersuchungsgebiet
12
Abb. 4: Karte des Naturschutzgebietes Riddagshausen und angrenzender Fl¨achen. Leicht ver¨andert.
Maßstab 1:20 000, Herausgeber: Stadt Braunschweig, Gr¨
unfl¨achenamt, April 1991.

1.2 Das Untersuchungsgebiet
13
und Jahresschwankungen bei geringeren Niederschlagsmengen, bei durchschnittlich 20
C
(Bogedain 2000). Nach Walter & Lieth (1960) liegt Braunschweig in der temperierten
humiden Zone mit ausgepr¨agter, aber nicht sehr langer, kalter Jahreszeit. F¨
ur den Zeitraum
1961-1990 betrug die mittlere Niederschlagsh¨ohe 618,4 mm pro Jahr. Das mittlere Tagesmit-
tel der Lufttemperatur lag in diesen 30 Jahren bei 8,8
C, das mittlere t¨agliche Minimum bei
5,1
C und das mittlere t¨agliche Maximum bei 12,6
C. Das absolute t¨agliche Minimum der
Lufttemperatur betrug -22,8
C, das absolute t¨agliche Maximum 35,1
C. Es gab 74 Frostta-
ge und 23 Eistage pro Jahr. Die mittlere relative Luftfeuchtigkeit lag bei 78%, der mittlere
Dampfdruck bei 9,5 hPa (gemessen an der Station Braunschweig-V¨olkenrode nach H¨
uller-
Westermeier 1996). Die Wetterdaten in der Zeit von April 2001 bis M¨arz 2002 f¨
ur die
Station Braunschweig-V¨olkenrode des Deutschen Wetterdienstes sind den Tabellen 48
bis 59 in Anhang H zu entnehmen.
Kaltluftzufluß
Die Kernzone des Naturschutzgebietes mit den Teichen und dem Weddeler- sowie Scha-
pener Graben liegt in einer Gel¨andesenke auf 75-78 m ¨
uber NN. Neben der Mulde steigt
die Landoberfl¨ache bis auf ca. 95 m ¨
uber NN an. In Richtung Osten f¨allt sie dann wieder
leicht ab. Von den h¨oher gelegenen Randgebieten fließt die in der offenen Feldflur gebildete
Kaltluft aus ¨ostlicher Richtung in die Muldenzone hinein. Die hohe Luftfeuchtigkeit und
die große Wasserfl¨ache wirken ausgleichend auf die Kaltluftstr¨omung. Die ringartige Bebau-
ung um das Naturschutzgebiet verhindert zunehmend den Kaltluftzufluß in das Teichgebiet
(Planungsgruppe ¨
Okologie und Umwelt 1980, Bogedain 2000).
1.2.3 Das Europareservat und Naturschutzgebiet Riddagshausen
Das rund 474 ha große Naturschutzgebiet Riddagshausen besteht seit 1936 und liegt ¨ostlich
der Stadt Braunschweig in Niedersachsen (Bezirksregierung Braunschweig, Obere
Naturschutzbeh¨
orde 1999). Es handelt sich um eine abwechslungsreiche, flachwellige
Niederungslandschaft am S¨
udrand der nieders¨achsischen Geest. Das alte Teichgebiet ver-
dankt seine Entstehung den Zisterzienserm¨onchen, die vor rund 900 Jahren begannen, diese
sumpfige Bruchlandschaft urbar zu machen. Aus der zur teich- und landwirtschaftlichen Nut-
zung kultivierten Bruchlandschaft entwickelte sich im Laufe der Zeit eine naturnahe Teich-,
Wiesen- und Waldlandschaft mit reicher Ausstattung an vielf¨altig strukturierten Lebens-
r¨aumen f¨
ur viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Im Nord- und Westteil befinden sich
gr¨oßere Stauteiche, umfangreiche R¨ohricht- und Bruchwaldfl¨achen. ¨
Ostlich schließen sich
haupts¨achlich artenreiche Laub- und kleinr¨aumig Nadelwaldfl¨achen an. An den Gebiets-
grenzen liegen gut bis m¨aßig durchgr¨
unte Acker- und Weidelandschaften, im Nordwesten
auch Wohnbebauung. Das Naturschutzgebiet Riddagshausen ist ein wichtiger Rastplatz f¨
ur
durchziehende Vogelarten.

1.2 Das Untersuchungsgebiet
14
1962 wurde dem Gebiet wegen der ¨
uberregionalen Bedeutung als Vogellebensraum das
Pr¨adikat
"
Europareservat" verliehen (Bezirksregierung Braunschweig, H. Grunert
2001). Diese Auszeichnung verleiht die Deutsche Sektion des Internationalen Rates f¨
ur Vo-
gelschutz nur, wenn ein internationales Interesse am Schutz bzw. an der Erhaltung eines Ge-
bietes besteht und einer beachtlichen Zahl von Wat- und Wasserv¨ogeln Lebensraum geboten
wird ( ¨
Okologische Arbeitsgruppe Lucklum 1986, Stamm 1998). Zus¨atzlich muß min-
destens ein Teilverbot der Jagd bestehen, der Ausschluß anderer Beunruhigungen gew¨ahr-
leistet und das Kerngebiet als Naturschutzgebiet gesichert sein sowie eine Bewachung und
wissenschaftliche Betreuung des Gebietes erfolgen (Stamm 1998). Dar¨
uber hinaus wird das
Naturschutzgebiet Riddagshausen als
"
Important Bird Area" gef¨
uhrt (Bund f¨
ur Umwelt-
und Naturschutz Deutschland, Kreisgruppe Braunschweig 2001).
Die abwechslungsreiche Teich- und Waldlandschaft wird von den großen Wasserfl¨achen der
zum Teil fischereilich genutzten Teiche gepr¨agt. Von den ehemals 28 Teichen existieren
heute noch 11, wovon der Schapenbruchteich (Wasserfl¨ache ca. 19,6 ha), der Mittelteich
(Wasserfl¨ache ca. 11,1 ha) und der Kreuzteich (Wasserfl¨ache ca. 13,3 ha) die gr¨oßten sind
und die Kernzone des Naturschutzgebietes Riddagshausen bilden (Daten berechnet nach
PolyGIS Raster-Viewer 7.6, Braunschweig).
Die internationale Schutzw¨
urdigkeit des Gebietes und die wachsenden Nutzungsanspr¨
uche
von Naherholungssuchenden, bedingt durch die N¨ahe des Naturschutzgebietes zur Stadt
Braunschweig, macht die Sicherung der Kernzone des Gebietes notwendig. Deshalb wur-
de der Schapenbruchteich als Lebensraum f¨
ur bedrohte Tier- und Pflanzenarten 1983 aus
der fischereilichen Nutzung herausgenommen ( ¨
Okologische Arbeitsgruppe Lucklum
1986).
1.2.4 Historie von Anser anser anser im Naturschutzgebiet Riddagshausen
Das Vorkommen von mindestens 1-2 Paaren der Graugans auf den damaligen Riddagsh¨au-
ser Teichen ist durch Blasius (1887) und Blasius (1896) bis Anfang der 1860er Jahre
einwandfrei bezeugt. Sogar bis mindestens 1876 br¨
utete ein Grauganspaar im Riddagsh¨au-
ser Teichgebiet (Berndt & Frantzen 1967, Bauer & Glutz von Blotzheim 1968).
Von 1900 bis 1945 galt die Graugans in Niedersachsen als ausgerottet. Nach rund f¨
unfzig-
j¨ahriger Abwesenheit tauchte Anser anser in einzelnen Brutpaaren in Niedersachsen wieder
auf, was auf das nachkriegsbedingte Nachlassen der Bejagung zur¨
uckgef¨
uhrt werden kann.
Doch diese von der Graugans aus eigenem Antrieb begonnene Wiedereinwanderung war
nicht erfolgreich (Berndt & Frantzen 1967).
Nachdem die Graugans Ende des 18. Jahrhunderts als Brutvogel aus Riddagshausen ver-
schwunden war und die selbst¨andige Wiedereinwanderung als gescheitert angesehen wurde,
nahm man Anfang der 1960er Jahre ein Projekt zur Wiedereinb¨
urgerung auf. Konrad
Lorenz stellte 1964 die ersten Brutpaare aus Seewiesen/Oberbayern zur Verf¨
ugung. 1966

1.2 Das Untersuchungsgebiet
15
war die erste Brut im Schapenbruchteich erfolgreich (H. Ringleben brieflich in Bauer &
Glutz von Blotzheim 1968, Berndt & Frantzen 1967, 1968, Rauhe 1964 in Bau-
er & Glutz von Blotzheim 1968). Dies war derselbe Teich, in dem auch fr¨
uher die
Graugansnester gestanden hatten (Blasius 1887). 1968 betrug der Graugansbestand bei
Braunschweig 30-35 Exemplare (Berndt & Frantzen 1968), von denen 3 Paare br¨
uteten
(Bruns 1989), so daß man den ersten Schritt der Wiedereinb¨
urgerung als gelungen bezeich-
nen kann. Der Bestand hat sich bis ca. 1975 erst langsam und seitdem sehr schnell erh¨oht.
1998 lag die Anzahl der Brutpaare bei mindestens 38, und es konnte ein Maximum von bis zu
416 Graug¨ansen im August verzeichnet werden (Biodata, Fachb¨
uro f¨
ur ¨
okologische
Landschaftsanalyse und Naturschutzplanung. Braunschweig. Bearbeitet von
M. Gasse 1999).
Eine Besonderheit des Gebietes ist, daß die Graug¨anse bis 1975 ¨
uber den Winter gef¨
ut-
tert und teilweise fl¨
ugelkoupiert wurden, so daß sie den Winter im Raum Braunschweig
verbrachten (Berndt 1985). Die G¨anse wurden weitestgehend handzahm und sozusagen
"
halbdomestiziert" (Spr¨
otge, m¨
undlich). In den Jahren nach 1975 fand jedoch bei Bil-
dung einer geschlossenen Schnee- und Eisdecke eine Winterflucht in das s¨
udwesteurop¨aisch-
nordafrikanische Winterquartier statt (Berndt 1985). Trotzdem wurden bis 1985 durch die
intensive Winterf¨
utterung von Naherholungssuchenden auch im Winter regelm¨aßig kleine-
re Grauganstrupps im Naturschutzgebiet Riddagshausen beobachtet ( ¨
Okologische Ar-
beitsgruppe Lucklum 1986).
Im Untersuchungsgebiet b¨
urgerte man nach Spr¨
otge (m¨
undlich) ausschließlich Graug¨an-
se der Subspezies Anser anser anser ein und achtete darauf, daß die nach Bezzel (1985)
ebenfalls in Mitteleuropa verbreitete Subspezies Anser anser rubirostris Swinhoe 1871 nicht
im Naturschutzgebiet Riddagshausen heimisch wurde. Die genetische Variabilit¨at mag al-
lerdings im Laufe der Jahre nach Abschluß der Betreuung durch das Wiedereinb¨
urgerungs-
projekt durch Einkreuzungen anderer G¨ansearten vergr¨oßert worden sein, ist aber rein ph¨a-
notypisch nicht zu erkennen.
Eine andere erfolreiche Wiedereinb¨
urgerung der Graugans gab es in Niedersachsen in den
1960er Jahren am D¨
ummer, dem zweitgr¨oßten See Niedersachsens (Bruns & Vauk 1985a,
1985b, 1986a, 1986b, 1986c, Bruns 1989, Richter 1997). Ein Großteil des heutigen Brut-
vorkommens der Graugans in Niedersachsen geht auf die Wiederansiedlungen am D¨
ummer
und in Braunschweig zur¨
uck (Bruns 1989).
1.2.5 Lage und Bezeichnung der Untersuchungsfl¨
achen
Die Lage und Bezeichnung der ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse sind in Abbildung 5 dargestellt.
Die Abk¨
urzungen der Fl¨achenbezeichnungen werden in der Tabelle 1 erkl¨art. Die Karte
des Naturschutzgebietes Riddagshausen gibt die offiziellen Bezeichnungen der Fl¨achen wie
Hungerkamp, R¨
ubensaatkamp, Heilebartsfeld an (Abbildung 4 in Abschnitt 1.2.1).

1.2 Das Untersuchungsgebiet
16
Tab. 1: Legende der Fl¨achenabk¨
urzungen.
Fl¨achenk¨
urzel
Kurzbeschreibung
Acker Ho1
- Acker Hordeum 1, Wintergerstenacker
- s¨
udlich von Acker S2, s¨
udlich von Volkmarode
- am 30.09.2001 als Stoppel S2 bezeichnet
Acker Ho2
- Acker Hordeum 2, großer Wintergerstenacker
- zwischen Volkmarode und Schapen
Acker Hu
- Acker Hungerkamp
- Hungerkamp, n¨ordlich des Kreuzteiches und westlich des Mittelteiches
- ab 05.09.2001 als Stoppel Hu bezeichnet
Acker S1
- Acker Secale 1, Sommerroggenacker
- nord¨ostlich des Reinertsteiches
- ab 16.09.2001 als Stoppel S1 bezeichnet
Acker S2
- Acker Secale 2, Winterroggenacker
- n¨ordlich von Stoppel S2 = Acker Ho1
Acker S3
- Acker Secale 3, Winterroggenacker
- ¨ostlich von Stoppel B1, n¨ordlich von Schapen
Gr¨
unland B
- Das Bruch
Gr¨
unland H
- Heilebartsfeld, Weiden im Osten des Naturschutzgebietes
Gr¨
unland L
- Gr¨
unland Legdenanger
- n¨ordlicher Bereich des Legdenangers
Gr¨
unland R
- Gr¨
unland Reinertsteich
- n¨ordlich und westlich des Reinertsteiches
Gr¨
unland R¨
u
- R¨
ubensaatkamp
Insel ST
- Insel Schapenbruchteich
- ¨ostliche Insel im Schapenbruchteich
Stoppel B1
- Stoppelfeld Beta vulgaris ssp. rapacea
- westlich von Acker S3
Stoppel B2
- Stoppelfeld Beta vulgaris ssp. rapacea
- Tafelacker, an der Ebertallee n¨ordlich der G¨ansekampwiese
Stoppel H
- Stoppelfeld im Osten des Heilebartsfeldes
Stoppel Hu
- Stoppelfeld Hungerkamp
- Hungerkamp, n¨ordlich des Kreuzteiches und westlich des Mittelteiches
- bis 21.08.2001 als Acker Hu bezeichnet
Stoppel S1
- Stoppelfeld Secale 1
- nord¨ostlich des Reinertsteiches
- am 02.05.2001 als Acker S1 bezeichnet
Stoppel S2
- Stoppelfeld Secale 2
- s¨
udlich von Acker S2, s¨
udlich von Volkmarode
- ab 31.10.2001 als Acker Ho1 bezeichnet
Weg B
- Dr.-Berndt-Weg, n¨ordlich des Schapenbruchteiches
Weg E
- Wegrand Ebertallee
- s¨
udwestlich des Kreuzteiches
Weg F
- Wegrand Fischerweg
- nordwestlich des Kreuzteiches
Weg KT
- Wegrand Kreuzteich
- s¨
udlich des Kreuzteiches, Ecke Dr.-Wilke-Weg mit Ebertallee,
"
utterungsplatz"
Weg S
- Wegrand Gerhard-Schridde-Weg
- nord¨ostlich des Kreuzteiches
Weg W
- Wegrand Dr.-Wilke-Weg
- s¨
ud¨ostlich des Kreuzteiches

1.2 Das Untersuchungsgebiet
17
Da auf derselben Fl¨ache im Laufe der Untersuchung das Nahrungsangebot wechselte, z.B.
von Getreidestoppelfeldern zu Acker mit Getreidesaat (siehe Tabellen 1 und 21 bis 30), kann
eine Fl¨ache verschiedene Bezeichnungen tragen. Bei den Fl¨achenabk¨
urzungen Acker S1 und
Stoppel S1 handelt es sich beispielsweise um dieselbe Fl¨ache. Sie wurde zu verschiedenen
Zeitpunkten untersucht, in denen sich ihre Vegetation erheblich unterschied. Die Nahrungs-
habitate ver¨andern sich deshalb mit der Zeit. Dies kann einen Einfluß auf die Fl¨achenwahl
der Graug¨anse und ihre Ern¨ahrung haben. Die Nahrungshabitate der ¨
Asungsfl¨achen sind
im Ergebnisteil plaziert und werden dort erl¨autert (vgl. Abschnitt 3.2.1).
Innerhalb des Naturschutzgebietes Riddagshausen liegen folgende ¨
Asungsfl¨achen: Acker
Hu/Stoppel Hu (Hungerkamp), Stoppel B2 (Tafelacker), Gr¨
unland L (Legdenanger), Gr¨
un-
land R¨
u (R¨
ubensaatkamp), Gr¨
unland R und alle Wegr¨ander. Die Fl¨ache Acker S1/Stoppel
S1 liegt nur zum Teil im Naturschutzgebiet. Die ¨
Asungsfl¨achen Acker S2, Acker Ho1/Stoppel
S2, Acker Ho2, Stoppel B1, Acker S3 geh¨oren nicht dem Naturschutzgebiet, wohl aber dem
Untersuchungsgebiet an (siehe Abbildung 4).

1.2 Das Untersuchungsgebiet
18
Acker Hu = Stoppel Hu
Stoppel B2
Stoppel B1
Acker S3
Insel ST
Grünland L
Grünland Rü
Grünland R
Acker S1 = Stoppel S1
Acker S2
Acker Ho1 = Stoppel S2
Acker Ho2
Weg B
Weg E
Weg KT
Weg W
Weg F
Weg S
500 m
M 1:20000
Abb. 5: Lage und Bezeichnung der ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse im Naturschutzgebiet
Riddagshausen und den angrenzenden Fl¨achen von Mai bis Dezember 2001.

2 Methoden
19
2 Methoden
2.1 Erfassung der potentiellen Nahrungspflanzen im Untersuchungsgebiet
Aus dem Naturschutzgebiet Riddagshausen und von den angrenzenden Fl¨achen wurden bei
wiederholten Begehungen Pflanzenproben, die potentielle Nahrungspflanzen f¨
ur die Grau-
g¨anse darstellten, an verschiedenen Standorten entnommen. Dies geschah mit freundli-
cher Genehmigung der Oberen Naturschutzbeh¨
orde (Bezirksregierung Braun-
schweig) Anfang November bis Weihnachten 2000 im Rahmen von Voruntersuchungen und
in der Kernzeit der Untersuchung im Sommer/Herbst 2001. Zu den Tagen der Begehungen
siehe Tabellen 13 und 18. Die Epidermen der potentiellen Nahrungspflanzen der Graug¨anse
wurden anschließend mikroskopiert und fotografiert, um einen Bestimmungsschl¨
ussel und
Referenzatlas der Epidermen zu erstellen (siehe Abschnitte 2.3, 3.4 und Anhang A).
Eine Bestimmung der Pflanzen wurde mit Hilfe der Studien von Aichele & Schwegler
(1965), Conert (2000), Klapp (1965), Raabe (1975), Rothmaler et al. (2000), Schau-
er & Caspari (1984), Schmeil & Fitschen (1996), Sebald et al. (1998), Volger (1962)
sowie Weymar (1967) durchgef¨
uhrt. Nach Heinisch (1955), K¨
orber-Grohne (1964) und
Schoch et al. (1988) konnten die Fr¨
uchte der Gramineen und die Samen der dikotylen Pflan-
zen bestimmt werden. Die Arten der Keimlinge wurden nach Csapody (1986) und Hanf
(1970) determiniert. Die Arbeit von Jahns (1995) diente der Bestimmung des Bryophy-
ten Brachythecium rutabulum und die von Oltmanns (1922) sowie Streble & Krauter
(1988) der des Chlorophyten Ulotrix zonata. Die Nomenklatur der wissenschaftlichen Pflan-
zennamen richtet sich innerhalb der Angiospermen nach Oberdorfer (2001), bei Ulotrix
zonata nach Oltmanns (1922) und bei Brachythecium rutabulum nach Jahns (1995).
2.2 Vegetationsaufnahmen nach Braun-Blanquet
Um die vorhandenen Nahrungsressourcen mit der tats¨achlichen Nahrung der Graug¨anse
im Naturschutzgebiet Riddagshausen und den angrenzenden Fl¨achen vergleichen zu k¨onnen
und somit eine m¨ogliche Selektion der Nahrungspflanzen durch die G¨anse zu erfassen, wur-
den Vegetationsaufnahmen auf den zur ¨
Asung genutzten Fl¨achen nach Braun-Blanquet
durchgef¨
uhrt (Braun-Blanquet 1964, Wilmanns 1993, M¨
uhlenberg 1993). Die haupt-
s¨achliche Datenerhebung fand von September bis Dezember 2001 statt. Die verwendete
Aufnahmeskala der Artm¨achtigkeiten nach Braun-Blanquet (1964), erweitert nach Wil-
manns (1993), ist Tabelle 2 zu entnehmen. H¨aufig von G¨ansen besuchte Fl¨achen wurden
w¨ahrend des Untersuchungszeitraumes mehrmals aufgenommen.
In den Tabellen 21 bis 29 in Anhang C sind nur die Vegetationsaufnahmen der Fl¨achen dar-
gestellt, die auch wirklich zur ¨
Asung angeflogen wurden. F¨
ur die Wegr¨ander wurden keine
Vegetationsaufnahmen durchgef¨
uhrt, aber eine Artenliste diente der Aufnahme der Vegeta-

2.3 Erstellung des mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels f¨
ur Blattepidermen
20
Tab. 2: Skala zur Sch¨atzung der Artm¨achtigkeit nach Braun-Blanquet (1964). Erweitert nach
Wilmanns 1993.
r
1 Individuum in der Aufnahmefl¨ache, auch außerhalb im Bestand nur sehr sporadisch
+
2-5 Individuen in der Aufnahmefl¨ache, Deckungsgrad < 5%
1
6-50 Individuen in der Aufnahmefl¨ache, Deckungsgrad < 5%
2m
>
50 Individuen in der Aufnahmefl¨ache, Deckungsgrad < 5%
2a
Individuenzahl beliebig, Deckungsgrad < 5-15%
2b
Individuenzahl beliebig, Deckungsgrad < 16-25%
3
Individuenzahl beliebig, Deckungsgrad < 26-50%
4
Individuenzahl beliebig, Deckungsgrad < 51-75%
5
Individuenzahl beliebig, Deckungsgrad < 76-100%
·
kommt nicht in der Aufnahmefl¨ache vor
tion. Auf der Fl¨ache Hungerkamp wurden Vegetationsaufnahmen im westlichen, ¨ostlichen
und mittleren Teil der Fl¨ache vorgenommen, weil ihre Vegetation inhomogen war (siehe An-
hang C). Da die G¨anse die gesamte Fl¨ache zur ¨
Asung nutzten, sind die Pflanzenarten dieser
drei Teilbereiche in der Faecesanalyse zusammengefaßt dargestellt. Die Ermittlung der Ve-
getationsh¨ohe geh¨orte zu den Vegetationsaufnahmen. Hierf¨
ur wurde an 20 verschiedenen
Stellen auf jeder Untersuchungsfl¨ache mit einem Zollstock die Vegetationsh¨ohe gemessen
und aus diesen Werten das arithmetische Mittel gebildet. Die Untersuchungsfl¨achen hatten
eine Gr¨oße von 2 m x 2 m. Einen ¨
Uberblick ¨
uber die Lage und Bezeichnung der ¨
Asungsfl¨a-
chen in der Untersuchung von Mai bis Dezember 2001 ist Abschnitt 1.2.5 auf Seite 15 und
Abbildung 5 auf Seite 18 zu entnehmen.
2.3 Erstellung des mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels f¨
ur Blattepidermen
Zur Identifizierung der Pflanzenfragmente in den Faeces ist ein Referenzatlas der Cuticular-
strukturen (Cuticularatlas) Voraussetzung. Daher wurden potentielle Nahrungspflanzen von
verschiedenen Stellen im Untersuchungsgebiet gesammelt (vgl. Abschnitt 2.1). Im Rahmen
von Voruntersuchungen konnte im November/Dezember 2000 ein Teil des Atlasses und des
Bestimmungsschl¨
ussels der Blattepidermen f¨
ur die potentiellen Nahrungspflanzen erstellt
werden. Von September bis Dezember 2001 wurden der Bestimmungsschl¨
ussel und der At-
las gepr¨
uft, erweitert und soweit m¨oglich mit den Angaben bei B¨
uttner (2000) verglichen.
Die Stomata der Monokotyledonen und bei einigen Familien der Dikotyledonen sind artspezi-
fisch ausgebildet (Dunn et al. 1965, M¨
uhlenberg 1993). Um sie in den Faeces zu erkennen,
ist nach M¨
uhlenberg (1993) eine mikroskopische Betrachtung bei 100-400facher Vergr¨o-
ßerung erforderlich. Die Abbildungen 6 und 7 lassen erkennen, wie sich die Blattepidermen
der monokotylen von denen der dikotylen Pflanzen unterscheiden.
Im Lichtmikroskop kann sinnvoll nur die gen¨
ugend d¨
unne, aus einer Zellschicht bestehen-
de Epidermis dargestellt werden. Das taxonspezifische epidermale Zellmuster ist somit erst
nach einer Abtrennung vom restlichen Blattgewebe einer Analyse zug¨anglich. Die Isola-

2.3 Erstellung des mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels f¨
ur Blattepidermen
21
AW
= Antiklinalwand
Bo-H = Borstenhaar
BZ
= Begleitzelle
bZ
= basale Zelle des Mikrohaars
cKZv = costale Kurzzelle, verkorkt
dZ
= distale Zelle des Mikrohaars
iKZP = intercostales Kurzzellenpaar
KKh = Kieselk¨orper, hantelf¨ormig
KKk = Kieselk¨orper, knotig
LZ
= Langzelle
Mi-H = Mikrohaar
St
= Stoma
Abb. 6: Charakteristische Zellelemente der Gramineenepidermis. Die Stomata und Zellen des
Grases sind in L¨angsreihen angeordnet. Ver¨andert nach Barthlott & Martens (1979),
aus Hoppe-Dominik (1989).Vergr¨oßerung ca. 200fach.
tion der Epidermen bzw. Cuticulae ist der wichtigste Pr¨aparationsschritt von cuticular-
taxonomischen Analysen. Quantitativ bilden die Bl¨atter den gr¨oßten Teil der Oberfl¨ache
einer Graspflanze: ihre Epidermen stellen nach der Verdauungspassage den Hauptteil noch
bestimmbarer Pflanzenreste in den Faeces dar (Barthlott & Martens 1979).
Die Abl¨osung der Epidermis erfolgte nach der Methode von Barthlott & Martens (1979)
durch Abschaben vom unterliegenden Blattgewebe. Allerdings wurden die Epidermen vor
der Abl¨osung nicht in Wasser gekocht, sondern lediglich, falls erforderlich, in Wasser aufbe-
wahrt. Dies bewirkte eine ausreichende Quellung des Materials. An dem mittleren Bereich
eines Laubblattes wurde die Epidermis mit Rasierklinge und Skalpell abgezogen bzw. ab-
geschabt. Der ¨außerste basale Teil und die Spitze der Lamina k¨onnen etwas abweichende
Strukturen zeigen und wurden deshalb bei der Untersuchung nicht verwendet. Die Betrach-
tung der Epidermen erfolgte unter zwei verschiedenen binokularen Durchlichtmikroskopen.
Verwendet wurde zum einen ein Lichtmikroskop der Firma Zeiss mit Objektiven der Ver-
gr¨oßerungen 3,2:1, 10:1 und 40:1 und Okularen mit der Vergr¨oßerung 10:1 (KF 10:1
/18
)
und zum anderen ein binokulares Durchlichtmikroskop, ein Axiophot der Firma Zeiss mit
Objektiven der Vergr¨oßerung bis 100:1 und Okularen mit der Vergr¨oßerung von ebenfalls
10:1 (W 10:1
/25
und Pl 10:1
/25
). Ein Okular Pl 10:1
/25
diente als Meßokular.
Um charakteristische Merkmale der Stomata der einzelne Arten herauszufinden, wurden die
L¨angen von jeweils 25 Stomata f¨
ur 34 Arten ausgemessen. Aus diesen Werten wurde der
arithmetische Mittelwert berechnet. Eine Breitenmessung der Stomata erfolgte nur bei den

2.3 Erstellung des mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussels f¨
ur Blattepidermen
22
Abb. 7: Beispiele der Epidermis eines dikotylen Blattes aus Faecesproben pflanzenfressender
S¨augetiere nach der Aufbereitung im Labor. Die Stomata sind zerstreut angeordnet und
nicht vom Gramineentyp. Nach Radl (1987), aus M¨
uhlenberg (1993). Ohne
Vergr¨oßerungsangabe.
Länge
Breite
Abb. 8: Schematische Darstellung der gemessenen L¨angen an den Stomata.
Gattungen Carex und Juncus. Abbildung 8 zeigt schematisch die gemessenen L¨angen an
den Stomata. M¨oglichst viele verschiedene Exemplare dienten der Messung an einer Art.
Am Axiophot konnte mit Phasenkontrast gearbeitet werden. Neben den geschnittenen Pr¨a-
paraten wurden Nagellackpr¨aparate angefertigt. Hierf¨
ur wurde Nagellack auf die Oberfl¨ache
der Pflanzenbl¨atter gestrichen, trocknen gelassen und mit der Pinzette vorsichtig abgezo-
gen. Die Pr¨aparate wurden in ein Glycerin-Wasser-Gemisch im Verh¨altnis 10:1 auf einen
Objekttr¨ager gelegt, mit Deckgl¨aschen versehen und fotografiert. Zum Axiophot geh¨orten
zwei Kleinbildkameras f¨
ur 35 mm Filme, die ¨
uber ein Kamerabedienpult genutzt werden.
Der erstellte Farbatlas der Blattepidermen ist Anhang A zu entnehmen.
Da Gasblasen im Objekt auftraten, wurde die Methode der Infiltration zur Verdr¨angung von
Gasen aus frischen Pflanzenteilen durch ein fl¨
ussiges Medium unter vermindertem Druck
nach Braune et al. (1999) zwar durchgef¨
uhrt, aber mangels positiver Ergebnisse verworfen.
Eine Entw¨asserungsreihe nach Braune et al. (1999) mit unterschiedlichen Verh¨altnissen des
Glycerin-Wasser-Gemisches ist getestet und ebenfalls verworfen worden. Zur Konservierung
der Objekte wurde um die Deckgl¨aschen Nagellack aufgetragen, um einen Lufteinfluß auf
das Pr¨aparat weitestgehend auszuschließen.

2.4 Durchf¨
uhrung der Faecesanalyse
23
2.4 Durchf¨
uhrung der Faecesanalyse
In der Zeit vom 02.05.2001 bis 17.12.2001 wurden aus dem Naturschutzgebiet Riddagshau-
sen und von den umliegenden Fl¨achen Faecesproben von Graug¨ansen f¨
ur die mikroskopische
Nahrungsanalyse gesammelt. Die Probenentnahme von Mai bis August 2001 fand im Rah-
men von Voruntersuchungen statt. In diesem Zeitraum wurden noch keine Vegetationsauf-
nahmen durchgef¨
uhrt, die dem Vergleich von potentieller und tats¨achlicher Nahrung dienen
k¨onnten. Die Kernzeit der Freilandarbeit erfolgte von September bis Dezember 2001. Die im
Fr¨
uhjahr/Sommer 2001 gewonnenen Daten werden jedoch, soweit m¨oglich, im Vergleich mit
den im Herbst 2001 erhobenen herangezogen. Abbildung 18 auf Seite 55 zeigt die Fundorte
der Faecesproben von Anser anser.
Die Zellwandkomponenten Cellulose, Hemicellulose und Lignin sind unterschiedlich gut
verdaulich. Cellulose kann mit Lignin, Hemicellulose, Cutin und Mineralien in der Zell-
wandstruktur kombiniert vorliegen. Der Grad der Lignifizierung bestimmt weitestgehend
die Ern¨ahrungsm¨oglichkeit durch Cellulose, doch h¨angen die Digestionsraten von weite-
ren Faktoren wie Cutinisierung oder dem Charakter der verschiedenen Cellulosetypen ab.
Lignin-Kohlenhydratbindungen in der Zellwand vermeiden wahrscheinlich die enzymatische
Hydrolyse der Zellwand. Dies kommt der Faecesanalyse zugute, denn dort wird die rigide
Struktur der Zellwand zur Determination der Blattepidermen der einzelnen Pflanzenarten
ben¨otigt (Stahl 1998, Strasburger et al. 1991).
Ranwell & Downing (1959) arbeiteten bereits bei ihrer Faecesanalyse an Branta bran-
ta nigricans mittels mikroskopischer Betrachtung der Pflanzenfragmente. Sie unterschieden
aber lediglich 8 verschiedene Arten, und Fotos wurden nur von den Arten Puccinellia ma-
ritima, Enteromorpha spec., Aster tripolium und Zostera nana ver¨offentlicht. F¨
ur Unter-
suchungen in anderen Biomen finden sich Fotos von Blattepidermen beispielsweise von der
Elfenbeink¨
uste bei Hoppe-Dominik (1989) und bei Barthlott & Martens (1979). F¨
ur
Finnlands Flora bearbeitete Toivonen (1981) die Gattung Carex ausf¨
uhrlich.
ur die mikroskopische Analyse der Blattepidermen in den G¨ansefaeces wurden die Methode
nach Owen (1975b) bzw. Stewart (1967) verwendet (siehe unten). Auch die Studien von
Hoppe-Dominik (1989), Scotcher (1979), Barthlott & Martens (1979) und Amat
et al. (1991) halfen bei der Methodenfindung zur Erstellung des Referenzatlasses.
Im Freiland wurden haupts¨achlich frische Faecesproben entnommen, die entweder frisch
pr¨apariert wurden oder eingefroren bei -25
C lagerten, so daß die Pflanzenfragmente ih-
re Struktur beibehielten. Einen ¨
Uberblick ¨
uber die Fundorte gibt Abbildung 18 auf Seite
55. Es wurden Sammelproben genommen, die aus mindestens zehn verschiedenen Pellets
(
"
Kotw¨
urstchen") pro Untersuchungsfl¨ache bestanden (siehe Abbildung 2). Die Sammelpro-
ben dienen dazu, einen repr¨asentativen Mittelwert und damit ein klareres Resultat von der
gefressenen Nahrung zu erhalten, als es mit einer Einzelprobe m¨oglich ist. Um die Methode

2.4 Durchf¨
uhrung der Faecesanalyse
24
Foto 2: Faeces einer Graugans (Anser anser ) im Naturschutzgebiet Riddagshausen, 19.04.2002.
von Owen (1975b) f¨
ur die Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen zu testen, wur-
den die Nahrungsreste von zehn Einzelproben jeweils mikroskopisch bestimmt, vermischt
und auch diese Sammelprobe analysiert. Die Ergebnisse der Analysen wurden verglichen.
Die Abweichung des Mittelwertes der Einzelproben von der Sammelprobe betrug bei 20
verschiedenen Arten maximal 3%. Aufgrund der sehr geringen Unterschiede konnte diese
Analysemethode angewandt werden.
Bei der Entnahme der Proben wurde darauf geachtet, daß die Pellets von verschiedenen Be-
reichen der Fl¨ache stammten, um zu vermeiden, daß es nur Proben eines Individuums waren.
Die Entnahme von mehreren Faecesproben am selben Tag auf derselben Fl¨ache fand zu ver-
schiedenen Tageszeiten (z.B. vor- und nachmittags), auf verschiedenen Bereichen innerhalb
derselben Fl¨ache (z.B. West und Ost bei der Fl¨ache Hungerkamp) oder in unterschiedlichem
Altersstadium (frisch oder leicht eingetrocknet) statt.
Mit freundlicher Genehmigung von Frau und Herrn L¨
ubbe, die den fischereilichen Betrieb
im Naturschutzgebiet Riddagshausen f¨
uhren, wurde die Insel im Schapenbruchteich mit
einem Ruderboot der Bezirksregierung Braunschweig erreicht. Dies erm¨oglichte die
Entnahme der Probe am 25.11.2001 von der Insel im Schapenbruchteich.
Die Faecesproben wurden im Labor in folgenden Schritten aufbereitet: Mindestens zehn Pel-
lets verschiedener Faeces einer Probe wurden, falls erforderlich, in einem warmen Wasserbad
aufgetaut, mit Wasser versetzt und mit einem kleinen L¨offel 2 min lang verr¨
uhrt, so daß ein
homogenes Gemisch vorlag. Dies geschah ohne große Druckaus¨
ubung, damit die Pflanzen-
fragmente nicht zerst¨ort wurden. Von diesem Gemisch wurden 4-6 Subproben abgenommen
und gleichm¨aßig auf einen Objekttr¨ager der Maße 76 mm x 26 mm verteilt. Deckgl¨aschen
(24 mm x 32 mm) dienten der Fixierung der Pflanzenfragmente auf dem Objekttr¨ager.
Die mikroskopische Durchsicht der Proben erfolgte mit Hilfe einer Millimeterrasterung an
den Seiten des Objekttisches. Als Ausgangspunkt diente eine 100fache Vergr¨oßerung. Nach
der Punkt-Raster-Methode von Owen (1975b) wurden die Proben stichprobenartig durch-

2.5 Ermittlung der Nahrung im Verdauungstrakt einer Graugans
25
gesehen. Der Objekttisch wurde dabei zuerst in horizontaler und anschließender vertikaler
Richtung in 5 mm Abst¨anden bewegt, so daß jeweils eine Zeile oder eine Spalte gewisser-
maßen ¨
ubersprungen und das Fragment im Blickfeld determiniert werden konnte. Dieses
Verfahren sollte Doppelz¨ahlungen vermeiden. Lagen mehrere Fragmente ¨
ubereinander oder
¨
uberlagerten sie sich, wurde die zuoberst liegende Art zur Bestimmung verwendet. Es wur-
den mindestens 100 epidermale Blattfragmente pro Probe mikroskopisch bestimmt. Die De-
termination erfolgte mit dem entwickelten mikroskopischen Bestimmungsschl¨
ussel und dem
Referenzatlas (siehe Abschnitt 3.4 und Anhang A). Da nicht an jedem Stichprobenpunkt
ein Pflanzenfragment zu sehen war, wurden pro Probe meist 4-6 Subproben durchgeschaut.
Ausgez¨ahlt wurden nur solche Fragmente, die mindestens aus zehn Zellen bestanden und
ein Stoma aufwiesen, da die Determination bei einer geringeren Zellanzahl zu unsicher ist.
ur die Faecesanalyse dienten ebenfalls die zuvor genannten Lichtmikroskope.
Epidermale Fragmente sind aggregiert verteilt, da sie zum einen stark in der Gr¨oße variie-
ren und zum anderen mehrere Stichpunkte auf ein einziges großes Fragment treffen k¨onnen.
Goodall (1952) zeigte, daß die Verwendung von einzelnen Punkten bei geklumpter Vege-
tation nicht zu Schwierigkeiten f¨
uhrt, was die Anwendung der Punkt-Raster-Methode nach
Owen (1975b) erlaubt.
2.5 Ermittlung der Nahrung im Verdauungstrakt einer Graugans
Einem am 22.11.2001 im Untersuchungsgebiet verendet aufgefundenen jungen Graugans-
weibchen wurde der Inhalt von ¨
Osophagus, Gaster und Intestinum entnommen und an-
schließend im Labor mikroskopisch determiniert.
2.6 Avifaunistische freiland¨
okologische Analysen
Um zus¨atzliche Informationen ¨
uber die Nahrung von Anser anser zu erhalten, wurden im
Freiland Beobachtungen zu der Raumnutzung und Anzahl der G¨anse auf den verschiedenen
¨
Asungsfl¨achen durchgef¨
uhrt. Diese Beobachtungen fanden vom 29.04.2001 bis 09.02.2002
an unterschiedlichen Wochentagen und zu verschiedenen Uhrzeiten und Wetterlagen statt,
was m¨ogliche Fehler, die durch bestimmte Tagesrhythmen entstehen k¨onnten, ausschließen
sollte. Die Begehungen fanden mit dem Fahrrad und zu Fuß statt. Zu der H¨aufigkeit und
den Tagen der Begehungen siehe Tabellen 13 und 18.
2.6.1 Durchf¨
uhrung der Raumnutzungsanalyse
Um ein Maß f¨
ur die Beanspruchung einer ¨
Asungsfl¨ache durch G¨anse zu erhalten, wurden
nach Bruns & Vauk (1986a) die Maximalzahlen der pro Tag auf den jeweiligen Fl¨achen
¨
asenden G¨anse registriert (= G¨ansetage). Die Summe der G¨ansetage im gesamten Unter-

2.6 Avifaunistische freiland¨okologische Analysen
26
suchungszeitraum gibt Auskunft ¨
uber die Nutzungsintensit¨at der jeweiligen Fl¨ache durch
die Graug¨anse und spiegelt somit die Bedeutung einer Fl¨ache f¨
ur die G¨anse wider. Das
Umweltamt Braunschweig stellte die Karten des Untersuchungsgebietes, die mit der
Software Sicad 4.0 erstellt wurden, freundlicherweise zur Verf¨
ugung. So konnten die ¨
Asungs-
fl¨achen der G¨anse im Untersuchungsgebiet eingezeichnet werden. Die Fl¨achenberechnungen
der ¨
Asungsfl¨achen wurden mit dem Programm PolyGIS Raster-Viewer 7.6 (Braunschweig)
durchgef¨
uhrt (siehe Abschnitt 3.2.1). Messungen der Fluchtdistanzen der G¨anse auf den ver-
schiedenen Untersuchungsfl¨achen wurden durchgef¨
uhrt, um die tats¨achliche Raumnutzung
der G¨anse zu erhalten. Die Fluchtdistanz ist der Abstand, bei dessen Unterschreitung sich
die Tiere der St¨orreizquelle durch Flucht entziehen (Kruckenberg et al. 1998). Das Nah-
rungshabitat einer Fl¨ache ist um den Wert der Fluchtdistanz zu dem gew¨ahlten Zeitpunkt
zu verkleinern. Die Messungen fanden vom 10.08.2001 bis 29.12.2002 statt, wann immer
es bei der Begehung m¨oglich war. Da die Fluchtdistanzen abgeschritten bzw. abgesch¨atzt
wurden, sind diese Werte mit einem hohen Fehler belegt und deshalb nur als Richtwerte zu
verstehen. Sie wurden f¨
ur die Fl¨achen Stoppel Secale 1, Stoppel Beta 2, Acker Hordeum 2,
Acker Hu/Stoppel Hu (Hungerkamp), Gr¨
unland L (Legdenanger), Neuer Bleeksteich, und
Weg am Kreuzteich abgesch¨atzt. Die Messungen der Fluchtdistanzen sollte auch dazu die-
nen, herauszufinden, ob Fußg¨anger Einfluß auf die Raumnutzung und somit Nahrungswahl
der Graug¨anse haben. Die Lage und Bezeichnung der ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse sind in
Abbildung 5 auf Seite 18 dargestellt. Die Abk¨
urzungen der Fl¨achenbezeichnungen werden
in der Tabelle 1 auf Seite 16 erl¨autert.
2.6.2 Durchf¨
uhrung der Verhaltensanalyse der Graug¨
anse
Um einen Eindruck vom Verhalten der Graug¨anse insbesondere im Hinblick auf die Nah-
rungsaufnahme auf den verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen zu erhalten, wurde mit ethologischen
Methoden gearbeitet. Da diese Untersuchung nicht den Schwerpunkt der Arbeit darstellt,
wurden nur 22 Verhaltensprotokolle auf 7 verschiedenen Fl¨achen durchgef¨
uhrt. Die Ver-
haltensaufnahmen fanden in der Zeit vom 08.10.2001 bis 09.12.2001 zu unterschiedlichen
Tageszeiten statt (zwischen 8:30 Uhr und 16:00 Uhr). Sie wurden 10 min nach Erreichen
der Untersuchungsfl¨ache gestartet, nachdem der Großteil der G¨anse nicht mehr wachsam
war, sondern einer weitestgehend ungest¨orten Verhaltensweise nachging. Eine n¨achtliche
Beobachtung wurde aus sichttechnischen Gr¨
unden nicht durchgef¨
uhrt, obwohl eine Nah-
rungsaufnahme bei Graug¨ansen zu dieser Zeit vorkommen kann (vgl. Kahlert et al. 1996).
2.6.2.1 Untersuchungsmethoden
Als Stichprobenmethode wurde das
"
scan sampling" (Zensus-Methode) gew¨ahlt (vgl. Alt-
mann 1974, Martin & Bateson 1986). Es wurde jeweils eine Gruppe von meist zehn

2.6 Avifaunistische freiland¨okologische Analysen
27
G¨ansen ausgew¨ahlt. Verließ eine Gans die Untersuchungsfl¨ache oder war außer Sicht, so
wurde sie durch eine andere ersetzt. Als Aufzeichnungsmethode wurde das
"
instantaneous
sampling" (Augenblicksaufnahme), eine Art des
"
time sampling" (Intervall-Methode), an-
gewandt (Martin & Bateson 1986). Die Verhaltensweisen jedes Individuums des G¨an-
setrupps wurden alle 30 Sekunden zu einem Stichproben-Punkt aufgenommen. Die Dauer
eines Protokolls betrug 15 min, beinhaltete also 60 Stichproben-Punkte. Die Auswertung
der Protokolle erfolgte geordnet nach Untersuchungsfl¨achen.
2.6.2.2 Technische Hilfsmittel zur Datenerfassung
Die Beobachtungen zum Verhalten der G¨anse wurden mit einem Zeiss-Fernglas bei 10fa-
cher Vergr¨oßerung und einem Spektiv (Kowa TS-602 spotting scope) bei 20facher Vergr¨oße-
rung durchgef¨
uhrt. Die Registrierung der Graug¨anse erfolgte mit einer Z¨ahluhr, wobei jedes
Individuum erfaßt wurde. Um die 30-Sekunden-Intervalle bei den ethologischen Untersu-
chungen absch¨atzen zu k¨onnen, wurde ein elektronischer Taktgeber verwendet. So konnten
die Verhaltensweisen eines Grauganstrupps in 30-Sekunden-Intervallen aufgenommen wer-
den. Eine digitale Videokamera der Firma Sony (DCR-TR 7100 E) und drei Fotokameras
(Canon EOS 700, mit einem 70 mm­210 mm-Objektiv und einem 50 mm-Objektiv, Minol-
ta Dynax 7000i mit einem 35 ­105 mm-Objektiv und einem 70 mm­300mm-Objektiv und
Minox 35 GT mit einem 35 mm-Objektiv) dienten der Aufnahme von Film- und Fotoma-
terial. Checklisten wurden f¨
ur die Erfassung der Verhaltensweisen (siehe Abschnitt 2.6.2.3)
verwendet.
2.6.2.3 Definition und Beschreibung der Verhaltensweisen
Das Verhalten der Graug¨anse wurden in sieben Kategorien gegliedert. Diese sind Nahrungs-
aufnahme, Trinken, Sichern/Wachen, Komfortverhalten, Ruhen, Lokomotion und sonstige
Verhaltensweisen. Die Erkl¨arungen der beobachteten Verhaltensweisen der Graug¨anse im
Naturschutzgebiet Riddagshausen sind in Tabelle 3 dargestellt.
2.6.3 Bestandsaufnahme
Um den Graugansbestand ¨
uber den Untersuchungszeitraum absolut zu erfassen, wurden die
Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen und den angrenzenden Fl¨achen gez¨ahlt.
Bei jeder Begehung wurde die Anzahl der optisch erfaßten Individuen f¨
ur das gesamte Un-
tersuchungsgebiet mit einer Z¨ahluhr registriert und anschließend notiert. Zur Beobachtung
und Z¨ahlung dienten ein Zeiss-Fernglas bei 10facher Vergr¨oßerung und ein Spektiv (Kowa
TS-602 spotting scope) bei 20facher Vergr¨oßerung. Ausgewertet wurden die Daten nach De-
kadenmaxima (= Maximalzahlen der Graug¨anse innerhalb von zehn Tagen). Gez¨ahlt wurde

2.6 Avifaunistische freiland¨okologische Analysen
28
Tab. 3: Definition und Beschreibung der Verhaltensweisen der Graug¨anse im Naturschutzgebiet
Riddagshausen. Ver¨andert nach Schindler (1997), Frey (2000) und W¨
urdinger (1978).
Verhaltensweise
Beschreibung
Nahrungsaufnahme
Alle Bewegungen zur Nahrungsaufnahme, sowohl im Stehen als auch im Sitzen
sowie schwimmend und gr¨
undelnd im Wasser. Meist halten die G¨anse den Kopf
am Boden und beißen Pflanzenteile ab.
Trinken
Das Kopfheben und -senken zur Wasseraufnahme, meistens im Stehen, selten beim
Schwimmen.
Sichern/Wachen
Der Kopf ist bei senkrecht hochgestrecktem Hals ¨
uber die R¨
uckenlinie angehoben
und hat keinen Schnabelkontakt zum ¨
ubrigen K¨orper.
Komfortverhalten
Jegliche Art der K¨orperpflege, zu der nach Hudec & Rooth (1995) Sich-
Sch¨
utteln, Sich-Strecken, Putzen, Einfetten, Federbeknabbern und Baden geh¨ort.
Ruhen
Das bewegungslose Verharren im Stehen, Sitzen oder Schwimmen, meist mit dem
Schnabel im R¨
uckengefieder.
Lokomotion
Die G¨anse bewegen sich an Land oder auf dem Wasser z¨
ugig und kontinuierlich in
einer bestimmten Richtung fort. Dabei findet keine Nahrungsaufnahme statt.
Sonstiges Verhalten
Alle ¨
ubrigen Verhaltensweisen, die nicht in die vorhergehenden Kategorien einzu-
ordnen sind, wie Drohen, Rufen, Fliegen.
auf einer festgelegten Route, die entlang aller Teiche und Gr¨
unfl¨achen f¨
uhrte. Fliegende
G¨anse wurden aufgrund der Gefahr der Doppelz¨ahlung nicht erfaßt. Bei der Vorgehensweise
war die Studie von Berthold (1976) hilfreich.
2.6.4 Ermittlungen zum Vogelzug
Rutschke (1997) unterscheidet sechs verschiedenen Populationen der Graugans: Island -
Population, Nordwestschottische Population, Baltisch-atlantische Population, Pannonische
Population, Asowsches Meer-Schwarzmeer-Population und Kaspische Population. Um ein-
sch¨atzen zu k¨onnen, zu welcher Population die Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddags-
hausen zu z¨ahlen sind, wurden die Ringnummern 18 beringter V¨ogel abgelesen. Die Be-
ringungsdaten konnten allerdings nur am Kreuzteich, Ecke Ebertallee mit Dr.-Wilke-Weg
aufgenommen werden, da die G¨anse dort aufgrund von F¨
utterungen eine sehr geringe Flucht-
distanz hatten.
Aufgrund der Ringdaten konnte ein kleiner Lebenslauf der jeweiligen Graugans mit der
freundlichen Hilfe von Herrn Horst Spr¨
otge, der die Graug¨anse im Naturschutzgebiet
Riddagshausen in der Zeit von 1970 bis 1990 beringt hat, rekonstruiert werden. Die Curricula
vitae sollen Ausk¨
unfte ¨
uber den potentiellen Vogelzug der jeweiligen Gans geben und zeigen,
ob eine Winterflucht der Graug¨anse aus dem Untersuchungsgebiet auch innerhalb der letzten
Jahre stattfand. Die Verkn¨
upfung der nahrungs¨okologischen Untersuchung mit dem Bereich
des Vogelzuges besteht darin, daß die vorhandenen Nahrungsressourcen Einfluß auf den
Vogelzug haben k¨onnen, beispielsweise in der Form, daß Nahrungsmangel ein Grund f¨
ur
eine Winterflucht sein kann.

3 Ergebnisse
29
3 Ergebnisse
3.1 Potentielle und tats¨
achliche Nahrungspflanzen im Untersuchungsgebiet
Die durch die Begehungen und Vegetationsaufnahmen ermittelten potentiellen Nahrungs-
pflanzen der Graug¨anse im Naturschutzgebiet Riddagshausen sind zusammen mit den tat-
s¨achlich in den Faeces gefundenen Arten in Tabelle 4 aufgef¨
uhrt. Bei einigen Arten wurden
in den Faeces nur Fr¨
uchte oder Samen nachgewiesen, was in Tabelle 4 gekennzeichnet ist.
Tab. 4: Artenliste der potentiellen und tats¨achlichen Nahrungspflanzen.
Familie
Artname
Alismataceae
Alisma plantago-aquatica L.
*
Apiaceae
Anthriscus sylvestris (L.) Hoffm.
Daucus carota L.
Asteraceae
Achillea millefolium L.
Cirsium arvense (L.) Scop.
Galinsoga parviflora Cav.
Lapsana communis L.
Matricaria discoidea DC. [M. matricarioides (Less.) Port. p.p., Chamomilla suaveolens Rydb.]
Matricaria perforata M´erat [M. maritima L. ssp. inodora (L.) So´o, Tripleurospermum perforatum (M´erat) Wag.]
Matricaria recutita L. (M. chamomilla L. p.p)
Solidago spec. L.
Sonchus arvensis L.
Taraxacum officinale sect. Hamata H. Ollg. und sect. Ruderalia Kirschn (T. officinale Web. S.l.)
Boraginaceae
Myosotis arvensis (L.) Hill (M. intermedia Link)
Brassicaceae
Capsella bursa-pastoris (L.)
Sisymbrium officinale (L.) Scop.
Thlaspi arvense L.
Caryophyllaceae
Myosoton aquaticum (L.) Moench [Malachium aquaticum (L.) Fries, Stellaria aquatica Scop.]
Spergula arvensis L.
Stellaria holostea L.
Stellaria media (L.) Vill.
Chenopodiaceae
Beta vulgaris ssp. rapacea (Kch) Doell
Chenopodium album L.
Cyperaceae
Carex acuta L. em. Reich. (C. gracilis Curt.)
Carex riparia Curt.
Equisetaceae
Equisetum arvense L.
Fabaceae
Lotus corniculatus L. ssp. corniculatus
Pisum sativum L.
Trifolium pratense L.
Trifolium repens L.
Vicia faba L.
Geraniaceae
Erodium cicutarium (L.) L'H´erit.
Hypnales (Ord.)
Brachythecium rutabulum (Hedw.) B.S.G.
Juncaceae
Juncus effusus L.
Juncus gerardi Lois.
*
Juncus tenuis Willd. (J. macer S.F. Gray)
Lamiaceae
Glechoma hederacea L.
Lamium purpureum L.
Mentha aquatica L.
Lemnaceae
Lemna minor L.
Linaceae
Linum usitatissimum L.
Papaveraceae
Fumaria schleicheri Soyer-Will.
*
nur Samen/Fr¨
uchte
Fortsetzung n¨achste Seite

3.2 ¨
Asungsfl¨achen
30
Fortsetzung von vorheriger Seite
Familie
Artname
Papaver rhoeas L.
Plantaginaceae
Plantago lanceolata L.
Poaceae
Agrostis stolonifera L. [A. alba var. stolonifera (L.) SM.]
Alopecurus geniculatus L.
Alopecurus pratensis L.
Arrhenatherum elatius (L.) P. B. ex J. et K. Presl
Avena sativa L.
Calamagrostis epigejos (L.) Roth
Dactylis glomerata L.
Deschampsia cespitosa (L.) P. B.
Elymus repens (L.) Gould [Agropyron repens (L.) P. B., Elytrigia repens (L.) Nevski]
Festuca pratensis Huds.
Festuca rubra L.
Glyceria fluitans (L.) R. Br.
Glyceria maxima (Hartm.) Holmbg. (G. aquatica Wahlenb.)
Holcus lanatus L.
Hordeum vulgare L.
Lolium perenne L.
Lolium × hybridum Hsskn., Lolium multiflorum × perenne, z.B. Rh
2
Phalaris arundinacea L. [Phalaroides arundinacea (L.) Rausch., Typhoides arundinacea (L.) Moench]
Phleum pratense L.
Phragmites australis (Cav.) Trin. (P. communis Trin.)
Poa annua L.
Poa pratensis L.
Poa trivialis L.
Secale cereale L.
Triticum aestivum ssp. aestivum (L.) (T. vulgare Vill.)
*
Zea mays L.
Polygonaceae
Polygonum convolvulus L. [Fallopia convolvulus (L.) A. L¨ove]
Polygonum lapathifolium L. [P. nodosum Pers., Persicaria nodosa (Pers.) Opiz]
Polygonum mite Schrank [Persicaria dubia (Stein) Fourr.]
Polygonum persicaria L. [Persicaria maculosa (Rafin.) S. F. Gray]
Rumex obtusifolius L.
Primulaceae
Anagallis arvensis L. (A. phoenicia Scop.)
Ranunculaceae
Ranunculus sceleratus L.
Rubiaceae
Galium mollugo L. (G. elatum Thuill.)
Scrophulariaceae
Veronica agrestis L.
Veronica hederifolia L.
Solanaceae
Solanum nigrum L.
Typhaceae
Typha latifolia L.
Ulotrichaceae
Ulothrix zonata Ktz.
Urticaceae
Urtica dioica L.
Violaceae
Viola arvensis Murr. ssp. arvensis (V. tricolor ssp. arvensis)
Zannichelliaceae
Zannichellia palustris L.
*
nur Samen/Fr¨
uchte
3.2 ¨
Asungsfl¨
achen
Die Lage und Bezeichnung der 15 ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse sind in Abbildung 5 auf
Seite 18 dargestellt. Die Abk¨
urzungen der Fl¨achenbezeichnungen werden in Tabelle 1 auf
Seite 16 erl¨autert.
2
im weiteren als Lolium perenne gef¨
uhrt

3.2 ¨
Asungsfl¨achen
31
34%
30%
14%
12%
10%
Getreidesaat
Grünland
Getreidestoppel
Hungerkamp
Rübenstoppel
Abb. 9: Prozentuale Fl¨achenanteile der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse nach
Nahrungshabitaten in der Untersuchung von Mai bis Dezember 2001. n = 15.
3.2.1 Nahrungshabitate der ¨
Asungsfl¨
achen
S¨amtliche ¨
Asungsfl¨achen sind Teile der Kulturlandschaft, die von ¨
Ackern mit kurzfristi-
gem Umtrieb (Anbau von Getreide, H¨
ulsenfr¨
uchten und R¨
uben) und von M¨ahweiden als
Gr¨
unland gepr¨agt ist. Auch die be¨asten Ackerunkrautgesellschaften sind durch Nutzung
bedingte Vegetationstypen (Frey & L¨
osch 1998). Die Summe der 15 ¨
Asungsfl¨achen setzt
sich insgesamt aus 5 Stoppelfeldern, 3 Gr¨
unl¨andereien, 3 Getreidesaaten und 4 Wegr¨andern
zusammen. Die Stoppelfelder lassen sich erneut in 2 Getreidestoppelfelder, 2 Zuckerr¨
uben-
stoppelfelder und die Fl¨ache Hungerkamp untergliedern. Das Stoppelfeld Hungerkamp zeigte
w¨ahrend der Kernzeit der Untersuchung von September bis Dezember 2001 einen inhomo-
genen Bewuchs mit Arten wie Vicia faba, Pisum sativum, Linum usitatissimum, Spergula
arvense (siehe Vegetationsaufnahmen in Anhang C). Gr¨
unlandfl¨achen sind die Wiesen und
Weiden im Naturschutzgebiet Riddagshausen, Ackerfl¨achen die ¨
Acker mit jungen Getreide-
saaten, die bis auf die Fl¨ache Hungerkamp im Norden außerhalb des Naturschutzgebietes
liegen. Als Getreide- und Zuckerr¨
ubenstoppelfelder werden alle abgeernteten Ackerfl¨achen
betrachtet. Dabei ist es gleichg¨
ultig, ob es sich um ein frisch abgeerntetes oder um ein bereits
l¨angere Zeit brach liegendes Feld handelt. Die Wegr¨ander grenzen direkt an die Teiche.
Abbildung 10 auf Seite 32 sind die Nahrungshabitate der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen von
Mai bis Dezember 2001 sowie ihre Lage im Untersuchungsgebiet zu entnehmen. Abbildung
9 zeigt die prozentualen Fl¨achenanteile der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen nach Nahrungsha-
bitaten. Es ist zu erkennen, daß die Fl¨achen der Getreidesaaten und der Gr¨
unl¨andereien je
ungef¨ahr ein Drittel der Gesamtfl¨ache der ¨
Asungsfl¨achen einnehmen. Das letzte Drittel wird
jeweils zu ¨ahnlichen Anteilen von Getreide- und Zuckerr¨
ubenstoppelfeldern und der Fl¨ache
Hungerkamp gebildet.

3.2 ¨
Asungsfl¨achen
32
Abb. 10: Nahrungshabitate der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen der Graug¨anse in der Untersuchung
von Mai bis Dezember 2001.

3.2 ¨
Asungsfl¨achen
33
3.2.2 Pflanzensoziologische Einordnung der ¨
Asungsfl¨
achen
Die Vegetation der Getreidestoppelfelder der Fl¨achen Stoppel Secale 1 und 2 ist pflanzenso-
ziologisch in die Klasse Stellarietea mediae R. Tx., Lohmeyer et Preising in R. Tx. 1950
(Ackerwildkrautgesellschaften und ruderale Einj¨ahrigen-Gesellschaften) bei Pott (1995)
zu stellen. Weiterhin ist die Vegetation dieser zwei Fl¨achen in die Unterklasse Violenea
arvensis H¨
uppe et Hofmeister 1990 einzuordnen, da die Fl¨achen jeweils drei von deren
Klassencharakterarten und f¨
unf Unterklassencharakterarten aufwiesen (siehe Tabellen 23
und 24 in Anhang C). Eine weitere Untergliederung in Ordnungen scheint wegen der gerin-
gen Artm¨achtigkeit der Ordnungskennart Papaver rhoeas nicht sinnvoll zu sein.
Die Vegetation der Fl¨ache Hungerkamp kann in dieselbe Unterklasse Violenea arvensis
gestellt werden, wobei im westlichen Teil Galinsoga parviflora, Vicia faba und Linum usi-
tatissimum zeitweise hohe Anteile einnahmen. Im mittleren Teil der Fl¨ache dominierten zu
bestimmten Zeiten Linum usitatissimum, Vicia faba, Anagallis arvensis und Pisum sativum.
Der Hauptbestand des ¨ostlichen Bereiches des Hungerkamps wurde im Untersuchungszeit-
raum von Spergula arvensis, Matricaria recutita und Erodium cicutarium gebildet.
Die von den G¨ansen beweidete Fl¨ache Gr¨
unland Legdenanger wies eine Holcus lanatus-
Dominanzgesellschaft auf. Es war eine M¨ahweide mit Massenaufkommen des Honiggrases.
Nach Pott (1995) kann eine Fl¨ache mit einer solchen Vegetation in die Molinietalia-
Naßwiesen gestellt werden.
Auf den Fl¨achen Acker Ho1 und 2 wuchs ausschließlich angebaute Wintergerste, auf den
Fl¨achen Acker S1 und 2 Winterroggen. Die Vegetation dieser Fl¨achen wurde also w¨ahrend
der Untersuchungszeit aus Einartbest¨anden gebildet, auf denen auch nur die jeweilige Art
konsumiert werden konnte.
Die Fl¨achen Stoppel B1 und B2 waren abgeerntete Zuckerr¨
ubenfelder, auf denen ¨
ubrig ge-
bliebene Wurzelr¨
uben von Beta vulgaris ssp. rapacea lagen und junge Gr¨aser wuchsen.
Am Mittelteich an der Ecke Gerhard-Schridde-Weg zum Wiedigsteich konnte im Juni 2001
eine kleinr¨aumige Wasserpflanzengesellschaft der Klasse Potamogetonetea pectinati-
(Laichkraut- und Schwimmblattgesellschaften) von der Assoziation des Zannichellietum
palustris Lang 1967 mit der Assoziationscharakterart Zannichellia palustris gefunden wer-
den (entsprechend zu Pott 1995).
3.2.3 Vegetationsh¨
ohen
ur die nach Braun-Blanquet (1964) ermittelten Vegetationsaufnahmen wurde u. a. die
Vegetationsh¨ohe bestimmt. Diese Messung erwies sich als sehr interessant, da auff¨allig ist,
daß sich die G¨anse bevorzugt auf Fl¨achen mit geringer Vegetationsh¨ohe aufhielten. Die
Messungen zur Vegetationsh¨ohe wurden nur zu dem Zeitpunkt, an dem die G¨anse auch auf
den Fl¨achen ¨asten, vorgenommen. Der arithmetische Mittelwert der Vegetationsh¨ohen aller
¨
Asungsfl¨achen lag w¨ahrend der Kernzeit der Untersuchung von September bis Dezember

3.3 Mikromorphologische Bestimmungsmerkmale der Pflanzenarten
34
0
5
10
15
20
25
Grünland L
Stoppel B1
Stoppel B2
Stoppel S1
Stoppel S2
Stoppel Hu West
Stoppel Hu Mitte
Stoppel Hu Ost
Acker Ho1
Acker Ho2
Acker S1
Acker S2
Vegetationshöhe [cm]
Abb. 11: Vegetationsh¨ohen [cm] der verschiedenen ¨
Asungsfl¨achen von Anser anser im
Naturschutzgebiet Riddagshausen und angrenzender Fl¨achen von September bis
Dezember 2001. Angegebener Fehlerbereich ± 5%, n = 25.
2001 bei knapp unter 12 cm. Es konnte nur zur Zeit der Mauser im Mai und Juni 2001
(vgl. Koop 1998) beobachtet werden, daß Familien mit G¨osseln auf Gr¨
unland ¨asten, des-
sen Pflanzen ihre K¨orpergr¨oße ¨
uberschritt. Die gemittelten Vegetationsh¨ohen der einzelnen
¨
Asungsfl¨achen sind Abbildung 11 zu entnehmen. Die Fehlerbalken geben einen Fehlerbereich
von ± 5 % an.
3.3 Mikromorphologische Bestimmungsmerkmale der Pflanzenarten
Im Folgenden sollen verschiedene Charakteristika dargestellt werden, anhand derer die Pflan-
zentaxa im morphologischen Bild unterschieden werden k¨onnen. Eine ¨
Ubersicht der verschie-
denen Merkmale der gefundenen Arten ist in tabellarischer Form in Anhang B dargestellt.
Der Farbatlas in Anhang A zeigt Fotos der Blattepidermen und Bestimmungsmerkmale der
einzelnen Arten.
3.3.1 Stomata
Klar zu erkennen ist, daß sich die Poaceae von den anderen Pflanzenfamilien im Bau der
Stomata unterscheiden. Man spricht hier vom Gramineen- oder Poaceen-Typ (siehe Abbil-
dung 12 auf Seite 35). Die anderen Arten weisen keinen Gramineen-Typ auf. Nach Braune
et al. (1999) werden vier verschiedene Stomatatypen unterschieden:
Der bei den Poaceae vorkommende Poaceen- oder Gramineen-Typ besteht aus hantelf¨or-

3.3 Mikromorphologische Bestimmungsmerkmale der Pflanzenarten
35
Abb. 12: Funktionstypen von Spalt¨offnungen. A: Mnium-Typ beim Farn Adiantum capillus
veneris, grau geschlossen, schwarz turgeszent/ge¨offnet; B: Helleborus-Typ bei Helleborus
niger ; C-F: Poaceen- oder Gramineen-Typ, Beispiel Zea mays; D: Aufsicht; C:
Querschnitte durch D bei b und c; E: L¨angsschnitt durch D bei a; F: oben Schließzellen
entspannt, Spalt geschlossen; unten Schließzellen turgeszent, Spalt ge¨offnet.
Vergr¨oßerungen A, C-E 1000fach, B 1500fach, nach D. v. Denffer. F 1000fach, nach S.
Schwendener. Aus Strasburger et al. (1991).
migen Schließzellen mit blasenf¨ormig erweiterten oder pf¨otchenartigen Enden. Das Ver-
bindungsst¨
uck ist hier starr und dickwandig (siehe Abbildung 12 C-F). Der Mnium-Typ
zeichnet sich durch d¨
unne Bauchw¨ande aus, die R¨
ucken-, Außen- und Innenw¨ande k¨onnen
verdickt oder unverdickt sein (siehe Abbildung 12 A). Der Amaryllideen-Typ ist weit ver-
breitet. Die Zellen sind bohnenf¨ormig, und es gibt Verdickungsleisten an der Bauchwand
und eine d¨
unne R¨
uckwand. Der Helleborus-Typ ist dem Amaryllideentyp ¨ahnlich (siehe Ab-
bildung 12 B). Strasburger et al. (1991) unterscheidet drei verschiedene Funktionstypen
von Spalt¨offnungen, die Abbildung 12 zu entnehmen sind.
Die Anordnung der Stomata erfolgt bei den untersuchten Arten der Poaceae, Cyperaceae
(Carex spec.) und Juncaceae (Juncus effusus und Juncus tenuis) immer in Reihen. Diese
Familien geh¨oren nach Frohne & Jensen (1998) zu der Ordnungsgruppe der grasarti-
gen Commelinidae, so daß die Anordnung der Stomata hier ein Charakteristikum einer
Ordnungsgruppe darstellt. Die Typhaceae z¨ahlen ebenfalls zu den grasartigen Commelini-
dae, doch sind die Stomata bei der Art Typha palustris so zahlreich, daß sie unregelm¨aßig
verstreut in der Epidermis liegen. Bei den meisten Nichtgr¨asern sind die Spalt¨offnungen
unregelm¨aßig in der Epidermis angeordnet.
Die Form der Stomata ist bei einigen Arten bzw. Gattungen charakteristisch. Besonderhei-
ten finden sich beispielsweise als
"
ufoartige" Stomata bei der Gattung Carex. Die Stomata
k¨onnen auch von zwei kleinen, flachen Nebenzellen umgeben sein (Galium mollugo und
Polygonum-Arten). Bei Typha latifolia erscheinen die Nebenzellen als eine Art Haube und
Kragen um die Stomata. Die Gattung Juncus weist charakteristische rund bis eckig er-
scheinende Stomata auf. Die Anzahl der benachbarten stomatatragenden Zellreihen wird in

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457792
ISBN (Paperback)
9783838657790
Dateigröße
51 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover – Biologie
Note
1,0
Schlagworte
mikroskopischer bestimmungsschlüssel blattepidemien farbatlas faeasanalyse kotananlyse arifannistik nahrungsanalyse
Produktsicherheit
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Titel: Die Nahrung von Graugänsen Anser anser (L., 1758) im Naturschutzgebiet Riddagshausen (Stadt Braunschweig)
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