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Post-Merger Integration

Am Beispiel der VSB in der Tschechischen Republik

©2002 Diplomarbeit 94 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Mergers & Acquisitions (M&A) haben in den letzten Jahren als Mittel der Umsetzung strategischer Ziele und des externen Wachstums zusehends an Bedeutung gewonnen. Allerdings zeigen Studien zum Akquisitionserfolg, daß eine Vielzahl von M&A scheitern. Ursachen sind häufig in einer unzureichenden Post-Merger Integration (PMI) zu finden. Vor diesem Hintergrund ist die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit zu sehen: Am Beispiel der Übernahme des tschechischen Bauunternehmens VSB a.s. durch die HOCHTIEF AG Ende 1999 sollen Erfolgsfaktoren einer PMI dargestellt werden.
Zunächst werden theoretische Grundlagen der PMI aufgezeigt. Nach einer Definition der Begrifflichkeit werden drei Phasen des Integrationsprozesses bestimmt. Entsprechend der einschlägigen Literatur werden vier Aspekte der Integration unterschieden: (1) Strategie, (2) Kultur, (3) Organisation und (4) Informationstechnologie (IT).
Anschließend wird die PMI der VSB untersucht. Zuerst werden die beteiligten Unternehmen, die Ziele der Übernahme sowie der Akquisitionsprozeß vorgestellt. Als nächstes wird auf den Aufbau und Ablauf des Integrationsprojektes „Moving Forward“ eingegangen. Danach wird die Formulierung der Vision und der strategischen Planung der VSB dargestellt: Die VSB positioniert sich als Generalunternehmer in der Tschechischen Republik. Die Unternehmenskultur der VSB wird vor allem durch die Ausgestaltung der Strategien, Prozesse und Strukturen an die HOCHTIEF-Kultur angenähert. Man kann von einer Kulturintegration sprechen. Organisatorisch wurde das Unternehmen komplett neu ausgerichtet. In diesem Zusammenhang wurden auch die rechtlich selbständigen VSB-Töchter mit der Führungsholding VSB a.s. fusioniert. Abschließend wird auf die Einführung des Steuerungssystems ARISTOTELES eingegangen. Neben den Vorteilen einer Vereinheitlichung des Rechnungs- und Berichtswesens unterstützt ARISTOTELES die Umsetzung des VSB-Managementsystems.
Insgesamt kann von einer erfolgreichen Post-Merger Integration gesprochen werden. Die VSB ist nicht nur finanziell gestärkt, sondern vor allem auch hinsichtlich der Strategien, Strukturen, Prozesse und IT-Systeme besser positioniert als vor der Übernahme.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV
ABBILDUNGSVERZEICHNISVI
LITERATURVERZEICHNISVIII
INTERNE MATERIALIENXI
1.EINFÜHRUNG1
1.1PROBLEMSTELLUNG1
1.2ZIELSETZUNG2
1.3AUFBAU DER ARBEIT3
2.THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER PMI4
2.1BEGRIFFE […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Interne Materialien

1. Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Theoretische Grundlagen der PMI
2.1 Begriffe und Definitionen
2.1.1 Begriff der M&A / Mergers & Acquisitions
2.1.2 Wesentliche Ausformungen der Unternehmenszusammenschlüsse
2.1.3 Der Integrationsbegriff
2.1.4 Grad der Integration
2.2 Phasen des Integrationsprozesses
2.2.1 Überblick über die Integrationsphasen
2.2.2 Dauer der Integrationsphasen
2.2.3 Studien über den Akquisitionserfolg
2.2.4 Die Bedeutung der PMI für den Akquisitionserfolg
2.2.5 Erfolgsfaktoren der PMI
2.3 Aspekte der PMI
2.3.1 Strategische Aspekte der PMI
2.3.1.1 Strategieentwicklung für M&A-Zusammenschlüsse
2.3.1.2 Allgemeine Akquisitionsmotive und -ziele
2.3.1.3 Konsolidierung der Unternehmensstrategien
2.3.2 Kulturelle Aspekte der PMI
2.3.2.1 Zum Begriff der Unternehmenskultur
2.3.2.2 Kulturelle Integrationsmuster
2.3.2.3 Kulturelle Integration / Akkulturation
2.3.2.4 Bedeutung der kulturellen Integration
2.3.3 Organisatorische Aspekte der PMI
2.3.3.1 Aufbauorganisation
2.3.3.2 Ablauforganisation
2.3.4 Informationstechnische Aspekte der PMI
2.3.4.1 Zum Begriff der Informationstechnologie (IT)
2.3.4.2 Die Bedeutung der Informationstechnologie (IT) für die PMI

3. Post-Merger Integration am Beispiel der VSB
3.1 Ausgangssituation und Ziele der Übernahme
3.1.1 Kennzeichen der VSB a.s.
3.1.2 Kennzeichen der HOCHTIEF AG
3.1.3 Der tschechische Baumarkt
3.1.4 Ziele der Übernahme
3.1.5 Der Akquisitionsprozeß
3.2 Aufbau und Ablauf der PMI
3.2.1 Die Integrationsplanung
3.2.2 Aufbau der Projektorganisation
3.2.3 Grad der Integration
3.2.4 Der Integrationszeitplan
3.2.5 Ablauf des Integrationsprojektes „Moving Forward“
3.2.5.1 Phase I (Konzeption)
3.2.5.2 Phase II (Detailplanung)
3.2.5.3 Phase III (Umsetzung)
3.2.5.4 Auswirkung auf den Integrationsprozeß
3.3 Strategische Aspekte der PMI
3.3.1 Die Vision der HOCHTIEF
3.3.2 Die Vision der VSB
3.3.3 Die strategische Planung der VSB
3.4 Kulturelle Aspekte der PMI
3.4.1 Die Unternehmenskultur
3.4.1.1 Die vergleichende Kulturforschung
3.4.1.2 Die tschechische und deutsche Landeskultur
3.4.1.3 Andere Einflußfaktoren auf die Unternehmenskultur
3.4.2 Kulturelle Integration / Akkulturation
3.4.2.1 Bedeutung der Kommunikation für die Akkulturation
3.4.2.2 Ausgewählte Kommunikationsinstrumente der VSB
3.4.2.3 Das Corporate Design der VSB
3.4.2.4 Die Personalentwicklung der VSB
3.4.2.5 Das kulturelle Integrationsmuster der VSB
3.5 Organisatorische Aspekte der PMI
3.5.1 Neuorganisation der VSB
3.5.1.1 Organisatorische Eingliederung der VSB
3.5.1.2 Analyse der Organisation der VSB
3.5.1.3 Regionale Neuorganisation der VSB
3.5.1.4 Das VSB-Managementsystem
3.5.1.5 Die Organisationsstruktur der VSB
3.5.1.6 Fusion der rechtlich selbständigen Divisionen mit der VSB a.s.
3.5.2 Funktionale Integration bei der VSB
3.5.2.1 Corporate Development
3.5.2.2 Quality Management
3.5.2.3 Corporate Communications
3.5.2.4 Marketing
3.5.2.5 Procurement
3.5.2.6 Controlling
3.5.2.7 KC IT
3.5.3 Besetzung der Schlüsselpositionen bei der VSB
3.5.4 Erfolgsfaktoren der organisatorischen Integration
3.6 Informationstechnische Aspekte der PMI
3.6.1 Analyse des Rechnungs- und Berichtswesens der VSB
3.6.2 Das Informationssystem ARISTOTELES
3.6.3 Das Projekt „ARISTOTELES“
3.6.4 Die Bedeutung von ARISTOTELES für die PMI

4. Zusammenfassung & Ausblick
4.1 Zusammenfassung
4.1.1 Aufbau und Ablauf der PMI [Kapitel 3.2]
4.1.2 Strategische Aspekte der PMI [Kapitel 3.3]
4.1.3 Kulturelle Aspekte der PMI [Kapitel 3.4]
4.1.4 Organisatorische Aspekte der PMI [Kapitel 3.5]
4.1.5 Informationstechnische Aspekte der PMI [Kapitel 3.6]
4.2 Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung des M&A-Volumens weltweit

Abbildung 2: Aufbau der Arbeit

Abbildung 3: Abgrenzung der Begriffe M&A nach der Größe der beteiligten Unternehmen

Abbildung 4: Wesentliche Zusammenschlußarten

Abbildung 5: Formen der Integration nach ihrem Integrationsgrad

Abbildung 6: Der Integrationsprozeß

Abbildung 7: Verschiedene Studien zum Akquisitionserfolg

Abbildung 8: Risiken im Integrationsprozeß

Abbildung 9: Ebenen der PMI

Abbildung 10: Strategieentwicklung für M&A-Zusammenschlüsse

Abbildung 11: Möglichkeiten der Unternehmensentwicklung

Abbildung 12: Strategische Konsolidierung

Abbildung 13: Mitarbeiter und Unternehmenskultur

Abbildung 14: Kulturelle Integrationsmuster

Abbildung 15: Entscheidungsmatrix für SOLL-Prozesse

Abbildung 16: Komponenten des MIS

Abbildung 17: Entwicklung der VSB

Abbildung 18: Holdingstruktur der VSB a.s. 1999

Abbildung 19: Entwicklung der HOCHTIEF

Abbildung 20: Spartenorganisation der HOCHTIEF AG

Abbildung 21: Entwicklung des Bausektors

Abbildung 22: Mögliche Handlungsalternativen Markterschließung Tschechien

Abbildung 23: Motive der freundlichen Übernahme der VSB a.s.

Abbildung 24: Der Akquisitionsprozeß

Abbildung 25: Die Integrationsorganisation „Moving Forward“

Abbildung 26: Maßnahmenkatalog

Abbildung 27: Der Integrationszeitplan „Moving Forward“

Abbildung 28: Aufbau des HOCHTIEF-Managementsystems

Abbildung 29: Zum Begriff Systemführerschaft

Abbildung 30: Wettbewerbsanalyse

Abbildung 31: Wertunterschiede in ausgewählten Ländern

Abbildung 32: Kulturdimensionen im Vergleich

Abbildung 33: Vertikale und horizontale Kommunikation

Abbildung 34: Mögliche Kommunikationsinstrumente der PMI

Abbildung 35: Von VSB zu HOCHTIEF VSB, das neue Logo

Abbildung 36: Regionen und Marktsegmente, VSB-Gesellschaften 1999

Abbildung 37: Die Organisation der VSB a.s. 1999

Abbildung 38: Regionale Neuorganisation der VSB

Abbildung 39: Neugestaltung der Divisionen der VSB

Abbildung 40: VSB vs. HOCHTIEF, das Managementsystem

Abbildung 41: Dreistufige Regelorganisation der VSB

Abbildung 42: Geschäftsverteilungsplan des Vorstandes der VSB

Abbildung 43: SWOT-Analyse zur Fusionierung der VSB-Gesellschaften

Abbildung 44: Geschäftsverteilung Marketing

Abbildung 45: Größe der Divisionen nach Mitarbeiter und Umsatz

Abbildung 46: Die vier Module von ARISTOTELES

Abbildung 47: Die Projektorganisation ARISTOTELES

Abbildung 48: Das Projekt „ARISTOTELES“

Abbildung 49: Strengths & Weaknesses Aufbau und Ablauf der PMI

Abbildung 50: Strengths & Weaknesses strategische Aspekte der PMI

Abbildung 51: Strengths & Weaknesses kulturelle Aspekte der PMI

Abbildung 52: Strengths & Weaknesses organisatorische Aspekte der PMI

Abbildung 53: Strengths & Weaknesses informationstechnische Aspekte der PMI

1. Einführung

1.1 Problemstellung

„The urge to merge!“ (Jansen 2001: VII)

M&A-Zusammenschlüsse sind in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil des Wirtschaftsgeschehens geworden (vgl. Fischer/Wirtgen 2000, Jansen 2001, Sommer 1996 et al.). „Ausgelöst durch den weltweiten Wettbewerbsdruck führt der Prozeß der Globalisierung und der Trend zur Deregulierung hin zu immer größeren Unternehmens­einheiten“ (Fischer/Wirtgen 2000: 11). Daher gewinnen Mergers & Acquisitions (M&A) als Mittel der Umsetzung strategischer Ziele und des externen Wachstums zusehends an Bedeutung. So hat das Volumen der angekündigten Unternehmenszusammenschlüsse 2000 einen weltweiten Wert von 3.490 Milliarden US-Dollar erreicht. Dabei wurden 37.700 Transaktionen gezählt (vgl. Jansen 2001). „Die Bonuszahlungen für Investmentbanker im M&A-Bereich sind zu Weihnachten 2000 allein in New York City von 11,8 auf 13,3 Mrd. US-Dollar gestiegen. Frohes Fest!“ (Jansen 2001: V).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung des M&A-Volumens weltweit (Eigene Darstellung nach Jansen 2001: 24)

Gleichzeitig nahmen die Direktinvestitionen in die Tschechische Republik jährlich zu und erreichten 2000 einen Gesamtwert von 4,595 Mrd. US-Dollar [22% davon aus Deutsch­land] (vgl. DTIHK 2002). In der Bauwirtschaft fand dabei ein regelrechter Ausverkauf statt. So wurden in den letzten Jahren fast alle großen tschechischen Bauunternehmen von ausländischen Baukonzernen übernommen [Skanska (Schweden) ð IPS, Jean Lefebvre (Frankreich) ð SSŽ, HOCHTIEF ð VSB etc.]. Diejenigen, die noch nicht übernommen wurden, sind auf der Suche nach einem Akquisitionspartner.

Diese steigende Anzahl von M&A-Zusammenschlüssen legt die Frage nahe, auf welche besonderen Schwierigkeiten Unternehmen mit dieser strategischen Option stoßen. Studien zum Akquisitionserfolg zeigen, daß eine Vielzahl von M&A nicht den ursprünglich erhofften Erfolg gebracht haben (vgl. Eschenbach/Stadler 1997, Jansen 2001, Sewing 1996 et al.). So waren „bei den so unbeliebten Bonitäts-Herabstufungen der Rating-Agentur Moody’s [...] in 60% der Fälle negative Beurteilungen von Unternehmenszu­sammenschlüssen ausschlaggebend“ (Jansen 2001: V). Zwar sind die Gründe für dieses Scheitern vielschichtig, allerdings lassen sich Ursachen häufig in einer unzureichenden Integration finden (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Die Notwendigkeit einer gezielten Integrationsarbeit ergibt sich aus dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Strategien, Kulturen, Strukturen und IT-Systeme (vgl. Clever 1993, Eschenbach/Stadler 1997, Sommer 1996 et al.). Bei Auslandsakquisitionen wird die Integrationsproblematik noch durch differente Landeskulturen verstärkt (vgl. Marquardt 1998, Reineke 1989, Sewing 1996 et al.). Der prozentuale Anteil grenzüberschreitender M&A an der Gesamtzahl aller getätigten M&A-Zusammenschlüsse deutscher Unternehmen wird dabei in der Literatur auf ca. 20 bis 47% beziffert (vgl. Frank nach Sewing 1996).

1.2 Zielsetzung

Vor diesem Hintergrund ist die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit zu sehen: Am Beispiel der Übernahme des tschechischen Bauunternehmens VSB a.s. durch die HOCHTIEF AG Ende 1999 sollen Erfolgsfaktoren einer Post-Merger Integration (PMI) dargestellt werden. Im Mittelpunkt steht das Integrationsprojekt „Moving Forward“ und seine Umsetzung. Dabei soll es sich nicht nur um eine bloße Dokumentation, sondern um eine mit Theorien untermauerte Analyse handeln.

Die genannte Zielsetzung der vorliegenden Arbeit läßt sich unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Problemstellung in mehrere Teilziele gliedern:

- Welche Integrationsmaßnahmen wurden getroffen?
- Wie wurden die strategischen, kulturellen, organisatorischen und informationstech­nischen Aspekte der PMI ausgestaltet?
- Welche länderspezifischen Besonderheiten waren zu beachten?
- Wo lagen die größten Schwierigkeiten der PMI?
- Wie ist die Integration zwei Jahre nach erfolgter Übernahme zu bewerten?

1.3 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Kapitel. Nach der Einführung in Kapitel 1 werden in Kapitel 2 theoretische Grundlagen der PMI erläutert. Zunächst werden in Kapitel 2.1 Begriffe und Definitionen bestimmt. Darauf aufbauend werden in Kapitel 2.2 Phasen des Integrationsprozesses nach Clever (1993) vorgestellt. Es werden Studien zum Akquisitionserfolg aufgezeigt und daran die Bedeutung der Post-Merger Integration (PMI) für das Gelingen einer M&A vor Augen geführt. Kapitel 2.3 behandelt wesentliche Aspekte der Integration. Entsprechend der einschlägigen Literatur werden strategische, kulturelle, organisatorische und informationstechnische Aspekte der PMI unterschieden (vgl. Clever 1993, Eschenbach/Stadler 1997, Sommer 1996 et al.). Mit Kapitel 3 beginnt der eigentliche Hauptteil der Arbeit, die PMI am Beispiel der VSB. Zunächst werden in Kapitel 3.1 die beteiligten Unternehmen, die Ziele der Übernahme und der Akquisitionsprozeß vorgestellt. Kapitel 3.2 beschäftigt sich mit Aufbau und Ablauf des Integrationsprojektes „Moving Forward“. Analog zum Theorieteil werden in Kapitel 3.3 strategische Aspekte der PMI der VSB dargelegt. Ausgehend von der Vision der HOCHTIEF werden die Vision sowie die strategische Planung der VSB nach der Über­nahme behandelt. In Kapitel 3.4 wird auf kulturelle Aspekte der vorliegenden PMI einge­gangen. Insbesondere werden die deutsche und tschechische Landeskultur vorgestellt und Instrumente der kulturellen Integration [Akkulturation] erläutert. Kapitel 3.5 unter­sucht die umfangreiche Reorganisation der VSB sowie die organisatorische Integration des Unternehmens in den HOCHTIEF-Konzern. Abgeschlossen wird Kapitel 3 mit den informationstechnischen Aspekten der PMI, da diese in vorliegendem Fall eine besondere Rolle gespielt haben. Zuletzt werden in Kapitel 4 die Ergebnisse zusammengefaßt und ein Ausblick gegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Aufbau der Arbeit (Eigene Darstellung)

2. Theoretische Grundlagen der PMI

2.1 Begriffe und Definitionen

2.1.1 Begriff der M&A / Mergers & Acquisitions

Die angelsächsische Literatur verwendet das Begriffspaar „Mergers & Acquisitions“ (M&A) als Sammelbegriff für Fusionen, Übernahmen und Joint Ventures (JV) (vgl. Gabler 1997). Eine engere Definition erscheint schwierig. So werden die Begriffe „Merger“ und „Acquisition“ in der Praxis häufig synonym verwendet. Grund dafür ist vor allem eine fehlende Begriffsbestimmung der M&A im deutschen Recht [vgl. dazu das Aktiengesetz] (vgl. Marquardt 1998). In der vorliegenden Arbeit wird als mögliches Unterscheidungs­kriterium die wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen vorgeschlagen (vgl. Jansen 2001):

(a) Merger (Fusion)

„Die Fusion (Verschmelzung) ist die engste Form des Unternehmenszusammen­schlusses, weil die sich zusammenschließenden Unternehmen [...] ihre rechtliche Selbständigkeit nicht behalten, sondern nach der Verschmelzung nur noch eine rechtliche Einheit besteht“ (Wöhe 1996: 444). Der Begriff „Merger“ wird auch als Fusion, Verschmelzung oder Vereinigung übersetzt. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Formen:

- Verschmelzung durch Aufnahme: Eines der Unternehmen überträgt sein Ver­mögen als Ganzes auf das andere Unternehmen (vgl. Wöhe 1996).
- Verschmelzung durch Neubildung: Das Vermögen beider beteiligten Unternehmen wird als Ganzes auf ein neu gebildetes Unternehmen übertragen (vgl. Wöhe 1996).

(b) Acquisition (Akquisition)

Der Begriff „Acquisition“ bezeichnet hingegen den Erwerb von Anteilen oder Wirtschaftsgütern eines Unternehmens (vgl. Gabler 1997). Die rechtliche Selb­ständigkeit der beteiligten Unternehmen bleibt dabei erhalten. Eine mögliche Übersetzung ist auch Akquisition, Übernahme oder Erwerbung. Eine feindliche Übernahme wird „Takeover” genannt (vgl. Gabler 1997).

Häufig werden M&A auch hinsichtlich der Größe [nach Umsatz] der beteiligten Unternehmen abgegrenzt. In Anlehnung an Brauchlin läßt sich dabei folgende Kate­gorisierung erarbeiten (vgl. Sewing 1996):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Abgrenzung der Begriffe M&A nach der Größe der beteiligten Unternehmen (Eigene Darstellung nach Sewing 1996: 18)

„Die Charakterisierung einer Transaktion als Fusion ist in der Regel dann zutreffend, wenn sich zwei Unternehmen vergleichbarer Größe zusammenschließen. Kauft ein größeres Unternehmen ein relativ kleineres Unternehmen, so handelt es sich eher um eine Akquisition“ (Fischer/Wirtgen 2000: 11). Der umgekehrte Fall, daß ein kleineres Unternehmen ein relativ größeres Unternehmen akquiriert, ist denkbar, jedoch eher selten, man spricht von einer „Pac-Man Defence“ Strategie (vgl. Sewing 1996).

2.1.2 Wesentliche Ausformungen der Unternehmenszusammenschlüsse

Unternehmenszusammenschlüsse werden in der Literatur weitgehend einheitlich nach folgenden Kriterien differenziert: (a) nach Produkten und Produktionsstufen, (b) nach dem Grad der Zustimmung der Unternehmensleitung des zu übernehmenden Unternehmens und (c) nach der geographischen Verteilung der beteiligten Unternehmen (vgl. Sewing 1996):

(a) Differenzierung nach Produkten und Produktionsstufen

Ausgangspunkt ist der Grad der Verwandtschaft der beteiligten Einheiten und die daraus folgenden Wertschöpfungsmöglichkeiten. Dabei lassen sich horizontale, vertikale, konzentrische und konglomerate Zusammenschlüsse unterscheiden (vgl. Clever 1993):

- Horizontale Zusammenschlüsse
„Zusammenschlüsse auf horizontaler Ebene sind Vereinigungen von Unternehmen der gleichen Produktions- und Handelsstufe“ [z.B. mehrere Bauunternehmen] (Wöhe 1996: 389). Zweck des Zusammenschlusses ist in der Regel eine Produkt- bzw. Markterweiterung. Zur weiteren Kategorisierung läßt sich in Anlehnung an Ansoff die Produkt-/Marktmatrix [Marktdurchdringung, Marktentwicklung, Produkt­entwicklung, Diversifikation] anwenden (vgl. Marquardt 1998).
- Vertikale Zusammenschlüsse
„Zusammenschlüsse auf vertikaler Ebene entstehen durch Vereinigungen von aufeinanderfolgenden Produktions- und Handelsstufen“ [z.B. Zulieferer und Produzent] (Wöhe 1996: 390). Ziel ist die Sicherung von Beschaffungs- oder Absatzkanälen.
- Konzentrische Zusammenschlüsse
Durch konzentrische Zusammenschlüsse „werden Produkte aus verbundenen Märkten, die aber nicht in Konkurrenz zueinander stehen, hinzugefügt“ [z.B. Bank und Versicherung] (Sewing 1996: 20). In Abgrenzung zu horizontalen Zusammen­schlüssen ist das Ziel allerdings nicht eine Festigung der Marktposition, sondern eine tatsächliche Markterweiterung in Märkte, die vor dem Zusammenschluß nicht erreicht werden konnten (vgl. Marquardt 1998).
- Konglomerate Zusammenschlüsse

Konglomerate Zusammenschlüsse sind Vereinigungen von Unternehmen unter­schiedlicher Branchen oder unterschiedlicher Produktions- und Handelsstufen [z.B. Maschinenbau und Chemie] (vgl. Wöhe 1996). Motiv ist in aller Regel eine Diversifikationsstrategie zur Risikostreuung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Wesentliche Zusammenschlußarten (Eigene Darstellung)

(b)Differenzierung nach dem Grad der Zustimmung der Unternehmensleitung des Ziel­unternehmens der Übernahme

Die Literatur unterscheidet freundliche [Akquisition] und unfreundliche (feindliche) Übernahmen [Takeover]. Die Abgrenzung erfolgt dabei in Abhängigkeit von der Zustimmung der Unternehmensleitung des Zielunternehmens der Übernahme, „wobei noch keine Wertung erfolgt ist, ob der Zusammenschluß ökonomisch sinnvoll ist oder nicht, bzw. ob die Mitarbeiter [oder andere Stakeholder] davon profitieren oder nicht“ (Jansen 2001: 61).

(c) Differenzierung nach der geographischen Verteilung der beteiligten Unternehmen

Weiter wird zwischen inländischen (nationalen) und grenzüberschreitenden (inter­nationalen) Zusammenschlüssen unterschieden. Ansatzpunkt ist dabei der unter­nehmerische Sitz der beteiligten Unternehmen (vgl. Sewing 1996).

Bezeichnend für grenzüberschreitende M&A ist das Aufeinandertreffen verschiedener Landeskulturen. „Da bei Auslandsakquisitionen die einzelnen Unternehmenskulturen von verschiedenen nationalen Kulturen geprägt sind, treten [...] Probleme verstärkt auf oder bekommen eine andere Qualität“ (Reineke 1989: 11).

2.1.3 Der Integrationsbegriff

Der Begriff „Integration“ bezeichnet die „Herstellung einer Einheit oder Eingliederung in ein größeres Ganzes“ (Gabler 1997), also die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmensteilen bzw. ganzen Unternehmen (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). „Unter „Post-Merger Integration“ (PMI) ist somit die, auf einen Unternehmenszusammenschluß folgende, bewußte Ausgestaltung der zukünftigen Zusammenarbeit, der an einem Merger beteiligten Unternehmen zu verstehen“ (Eschenbach/Stadler 1997: 31). Denn für die Realisierung des wirtschaftlichen Erfolges einer Fusion oder Übernahme müssen elementare strategische, kulturelle sowie struktur- und ablauforientierte organisatorische Prozesse abgewickelt werden (vgl. Clever 1993).

Verstärkt in den letzten Jahren haben sich Autoren unter verschiedenen Gesichtspunkten gezielt mit der Problematik einer Integration beschäftigt. Die betriebswirtschaftliche Integrationsforschung befaßt sich dabei insbesondere mit (vgl. Sewing 1996):

- Umfang und Inhalt der Integrationsmaßnahmen
- Erfolgsfaktoren einer durchgreifenden Integration
- Integration der Unternehmenskulturen
- Personalintegration / Integration der Mitarbeiter

2.1.4 Grad der Integration

Grundsätzlich können drei Formen der Integration nach ihrem Integrationsgrad unter­schieden werden. Das eine Extrem ist die Vollverschmelzung der beteiligten Unter­nehmen [Fusion]. Man spricht von einer „Absorption“. „Eine Vollverschmelzung liegt vor, wenn alle Bereiche vollständig eingegliedert werden, und das übernommene Unter­nehmen sowohl die wirtschaftliche als auch die rechtliche Unabhängigkeit verliert“ (Marquardt 1998: 106). Das andere Extrem ist die Autonomie des akquirierten Unternehmens, auch „Erhaltung“ genannt. In diesem Fall findet keine oder nur eine sehr geringe Integration statt (vgl. Jansen 2001).

Zwischen diesen beiden Polen liegt das Spektrum der sogenannten Teilverschmelzungen bzw. „Symbiosen“. Hierbei werden in Abhängigkeit von den Akquisitionszielen nur Teile bzw. bestimmte Systeme verschmolzen (vgl. Sewing 1996).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Formen der Integration nach ihrem Integrationsgrad (Eigene Darstellung)

Die Wahl des Integrationstyps wird zweifelsohne von den zugrunde liegenden Rahmen­bedingungen sowie der Form des Zusammenschlusses beeinflußt (vgl. Sommer 1996). So bedingen konglomerate Zusammenschlüsse gemeinhin nur eine begrenzte Integration. Dabei konzentriert sich die Integration meist auf die Harmonisierung der Buchhaltung. Konzentrische und vertikale Zusammenschlüsse verlangen hingegen einen höheren Integrationsgrad. Den höchsten Grad der Integration erfordern allerdings horizontale Zusammenschlüsse, da hier neben den administrativen und organisatorischen Systemen auch die operativen Systeme integriert werden müssen (vgl. Sewing 1996).

2.2 Phasen des Integrationsprozesses

In der Literatur lassen sich zahlreiche Konzepte finden, die einen idealtypischen Integrationsprozeß abbilden (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Im folgenden werden ein Drei-Phasen-Modell nach Clever vorgestellt und unterschiedliche Positionen hinsichtlich der Dauer der Integrationsphasen erörtert. Im Anschluß daran werden verschiedene Studien zum Akquisitionserfolg aufgezeigt und die Bedeutung der Integration heraus­gearbeitet. Abschließend soll auf grundsätzliche Erfolgsfaktoren einer Integration einge­gangen werden.

2.2.1 Überblick über die Integrationsphasen

Der Ablauf von M&A wird zumeist in Phasen dargestellt. Häufig schlägt die Literatur drei Integrationsphasen vor. In der vorliegenden Arbeit wird in Anlehnung an Clever (1993) dieser dreiphasige Integrationsprozeß übernommen:

1. Vorplanungsphase (Pre-Merger Phase)

In der Vorplanungsphase erfolgt zunächst eine grundlegende Analyse der eigenen strategischen Positionierung und Wettbewerbssituation. Auf dieser Basis kann ein Anforderungsprofil für mögliche Akquisitionspartner formuliert werden.

2. Akquisitionsphase (Merger Phase)

In der Akquisitionsphase findet die eigentliche Übernahme statt. Insbesondere sind Fragen zur Verhandlungsmethodik und Unternehmensbewertung zu klären (vgl. Marquardt 1998).

3. Integrationsphase (Post-Merger Phase)

In der Post-Merger Phase erfolgt gemeinhin die Integrationsplanung: Verantwortlich­keiten werden festgelegt, Prozesse vereinheitlicht sowie Strukturen und Kulturen identifiziert und integriert (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

Somit wird die PMI der letzten Phase des Integrationsprozesses zugeordnet. Allerdings finden sich in der Literatur zahlreiche Hinweise, daß der Integrationsprozeß schon vor der Post-Merger Phase beginnt (vgl. Eschenbach/Stadler 1997): „Der Integrationsprozeß beinhaltet Vorbereitungs- und Planungsaktivitäten, die der eigentlichen Integrationsphase vorausgehen und erstreckt sich somit über sämtliche Phasen des Akquisitionsprozesses“ (Eschenbach/Stadler 1997: 33). Ergänzend betont Clever, daß „erfolgreiche M&A-Planung Kenntnis über die Zusammenhänge im M&A-Prozeß verlangt“ (Clever 1993: 31). So sind beispielsweise schon in der Vorplanungsphase bei der Auswahl des Übernahmepartners Integrationsaspekte zu berücksichtigen. Auch bei den ersten Kontakten mit potentiellen Zielunternehmen muß das Thema der Integration mitdiskutiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Der Integrationsprozeß (Eigene Darstellung nach Clever 1993, Marquardt 1998)

2.2.2 Dauer der Integrationsphasen

Über die Zeitdauer der einzelnen Phasen im Integrationsprozeß gibt es in der Literatur unterschiedliche Positionen (vgl. Fischer/Wirtgen 2000). Die Integration kann schnell aber auch langsam erfolgen, wobei Befürworter einer schnellen Integration die Mehrheit stellen. Vorteile einer raschen Integration sind beispielsweise (vgl. Marquardt 1998):

- Verantwortlichkeiten und Aufgaben werden zügig festgelegt. So werden klare Strukturen geschaffen, die den Mitarbeitern Orientierung geben.
- Potentielle Synergieeffekte treten schneller in Kraft. Folgekosten der Integration können so finanziert werden.
- „Early Wins“ steigern die Veränderungsdynamik (vgl. Habeck/Kröger/Träm 1999).
Voraussetzung für eine schnelle Integration ist allerdings eine gründliche Integrations­planung, die schon in der Vorplanungsphase begonnen wurde (vgl. Marquardt 1998).

Andere sehen in einer behutsamen Vorgehensweise einen wesentlichen Erfolgsfaktor für das Gelingen der Integration. Als Argumente werden die hohe Entscheidungssicherheit, die Entwicklung kultureller Toleranz sowie mögliche gemeinsame Lerneffekte genannt (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Die Literatur spricht in diesem Zusammenhang auch von einem evolutionären Vorgehen (vgl. Gerds 2000).

2.2.3 Studien über den Akquisitionserfolg

In den einschlägigen Studien wird Akquisitionserfolg in Abhängigkeit von den ver­wendeten Erfolgsmaßstäben [z.B. Unternehmenswert, ROI, Rentabilität, Gewinn je Aktie etc.] unterschiedlich definiert. Entsprechend heterogen sind die Ergebnisse. Folglich lassen sich die Studien in der Regel nicht unmittelbar miteinander vergleichen. Dennoch stimmen die Ergebnisse typischerweise darin überein, daß ein Großteil der Unter­nehmenszusammenschlüsse als Mißerfolg gewertet werden muß (vgl. Sewing 1996).

So zeigte Marks schon in den 80er Jahren, daß über 50 Prozent der M&A-Aktivitäten nicht mit Erfolg gekrönt waren (vgl. Fischer/Wirtgen 2000). Die Unternehmensberatung McKinsey & Company analysierte 319 grenzüberschreitende Fusionen: Die Mißerfolgs­quote [gemessen an der Entwicklung der Eigen- und Gesamtkapitalrentabilität] lag bei 43 Prozent (vgl. Sewing 1996). A.T. Kearney kam sogar auf 58 Prozent [gemessen am Unternehmenswert] (vgl. Habeck/Kröger/Träm 1999). Eine neuere Studie des Institute for M&A (IMA) zeigt, daß in 56 Prozent der Fälle keine relative Umsatzsteigerung im Vergleich zur entsprechenden Branche gelang (vgl. Jansen 2001).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Verschiedene Studien zum Akquisitionserfolg (Eigene Darstellung)

2.2.4 Die Bedeutung der PMI für den Akquisitionserfolg

„Successful acquisitions are made not found“ (Clark 1991: 60)

Die Integration (PMI) hat entscheidenden Einfluß auf den Erfolg bzw. Mißerfolg einer Akquisition. Übereinstimmend ergeben Untersuchungen, daß Ursachen für das Scheitern von M&A-Aktivitäten häufig im unzureichenden Integrationsmanagement zu finden sind. So vermerkt Sewing: „Es scheint, daß viel Gewicht auf den eigentlichen Abschluß der Transaktion [...] gelegt wird, jedoch der Planung derjenigen Aktivitäten, welche nach Vertragsabschluß zur Erreichung des mit der Akquisition verbundenen Zieles notwendig sind, wenig Beachtung geschenkt wird“ (Sewing 1996: 70). Auch Müller-Stewens betont, daß nicht die strategische Entscheidung zur Akquisition oder die Auswahl des Zielunternehmens Grund für den Mißerfolg von Übernahmen ist, sondern unzulängliche Integration (vgl. Fischer/Wirtgen 2000).

In Studien zur Integration von Unternehmen werden ex post häufig folgende Ver­säumnisse beschrieben (vgl. Clever 1993, Fischer/Wirtgen 2000, Sewing 1996):

- Unzureichende Vorbereitung der PMI bzw. fehlende Integrationsplanung
- Fehlen von Fachleuten im Integrationsprojektteam
- Dominanz der sachlichen Faktoren („hard facts“) und Vernachlässigung der mensch­lichen Faktoren („soft facts“)
- Unzureichendes Informations- und Kommunikationsmanagement
- Vernachlässigung der Unternehmens- und Landeskulturen

Abbildung 8: Risiken im Integrationsprozeß (Eigene Darstellung nach Habeck/Kröger/Träm 1999: 16)

2.2.5 Erfolgsfaktoren der PMI

Die Integration akquirierter Unternehmen verändert die Unternehmen in ihrem innersten Kern. Um dabei das Integrationsziel nicht aus den Augen zu verlieren, ist eine übergreifende Integrationsplanung erforderlich. Insbesondere sind drei, sich über­schneidende, Ebenen der Integration zu berücksichtigen: (a) People (Mitarbeiter), (b) Processes (Abläufe und Strukturen) und (c) Technology (Kommunikation und IT) (vgl. Ernst & Young 1994).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Ebenen der PMI (Eigene Darstellung nach Ernst & Young 1994: 221)

Sewing hebt dabei die Bedeutung der Mitarbeiter hervor: „Das Management [muß sich] der tragenden Rolle bewußt werden, welche den einzelnen Mitarbeitern sowie den Mitarbeitern als Gruppe bei der praktischen Durchführung einer Akquisition zukommt“ (Sewing 1996: 67). Selbst geringe Veränderungen stoßen bei den Mitarbeitern in aller Regel auf Widerstand. In der Psychologie wird dieses Phänomen als „Trägheitsgesetz des Verhaltens“ oder „Widerstand gegen Wandel“ umschrieben (vgl. Herkert 1999). Sinkende Produktivität, steigende Unzufriedenheit und „Dienst nach Vorschrift“ sind die Folgen dieses „Kulturschocks“ [ „Merger-Syndrom“ ]. Kritisch für den Erfolg von Inte­grationsprojekten sind demnach:

- Zustimmung
Alle beteiligten Personen müssen letztendlich hinter der Übernahme stehen und deren Ziele verinnerlichen. Daher muß Zustimmung möglichst schnell erzielt werden (vgl. Habeck/Kröger/Träm 1999).
- Orientierung
Die Mitarbeiter müssen permanent über alle relevanten Ereignisse im Integrations­prozeß informiert werden und diese auch nachvollziehen können (vgl. Habeck/ Kröger/Träm 1999). Das Informations- und Kommunikationsmanagement hat dabei die Aufgabe, Unsicherheit zu minimieren und Orientierung zu schaffen.
- Erwartungen
Die Erwartungen der involvierten Personen müssen besprochen werden, um Un­zufriedenheit und Demotivation zu vermeiden. Ein ehrlicher Umgang mit den Mit­arbeitern des übernommenen Unternehmens ist unbedingt erforderlich (vgl. Habeck/ Kröger/Träm 1999). „Irreführende Behauptungen und falsche Auskünfte zerstören die Moral“ (Fischer/Wirtgen 2000: 22).

2.3 Aspekte der PMI

In der Literatur gibt es viele verschiedene Ansätze, den eigentlichen Inhalt der Post-Merger Integration zu beschreiben (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Die meisten haben gemein, daß sie sich in drei wesentliche Aspekte untergliedern lassen: (1) Strategie, (2) Kultur und (3) Organisation (vgl. Clever 1993, Sommer 1996 et al.).

Nach der Betrachtung der „Phasen des Integrationsprozesses“ in Kapitel 2.2 sollen nun diese drei Aspekte der Post-Merger Integration näher erläutert werden. Als vierter Aspekt wird noch die Informationstechnik (IT) aufgeführt, da diese in der zu untersuchenden Akquisition eine besondere Rolle gespielt hat.

2.3.1 Strategische Aspekte der PMI

2.3.1.1 Strategieentwicklung für M&A-Zusammenschlüsse

Neben einer unzureichenden Integration wird in Literatur und Praxis häufig fehlende strategische Ausrichtung der Übernahme als Hauptgrund für das Scheitern vieler M&A-Zusammenschlüsse genannt (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

Die strategische Entscheidung, eine Fusion oder Übernahme als mögliche Handlungs­alternative ins Auge zu fassen, ist eigentlich der Vorplanungsphase zuzuordnen. Da allerdings dieser strategische Entscheidungsprozeß erheblichen Einfluß auf die Integration hat, soll im folgenden näher auf die Strategieentwicklung für Unternehmens­zusammenschlüsse eingegangen werden.

Grundsätzlich läßt sich ein Strategieprozeß in vier Schritte unterteilen (vgl. Eschen­bach/Stadler 1997):

1. Strategische Analyse
2. Strategiebestimmung
3. Strategieimplementierung (operative Planung)
4. Strategische Kontrolle

Auf den Integrationsprozeß läßt sich dieser Vorgang wie folgt übertragen (vgl. Eschen­bach/Stadler 1997):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Strategieentwicklung für M&A-Zusammenschlüsse (Eigene Darstellung nach Eschenbach/Stadler 1997: 37)

Ausgangspunkt der Strategieentwicklung ist entweder ein in der strategischen Analyse festgestellter Expansionsbedarf oder eine sich zufällig ergebende Akquisitionsmöglichkeit [sogenannte „golf club acquisition“] (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Der Identifikation der Motive und Ziele einer Fusion oder Übernahme kommt jedoch in beiden Fällen gleichermaßen eine überragende Bedeutung bei. Daher soll im folgenden näher auf Akquisitionsmotive und -ziele in der Strategieentwicklung eingegangen werden.

2.3.1.2 Allgemeine Akquisitionsmotive und -ziele

„Drum prüfe, wer sich sinnvoll bindet“ (Fischer/Wirtgen 2000: 9)

Im Zentrum der strategischen Planung des Akquisitionsprozesses steht die Formulierung der Ziele der Übernahme. Diese lassen sich wiederum aus der Unternehmenspolitik ableiten, die Expansion oder Diversifikation in ausgewählten Produkt-/Marktbereichen vorsieht (vgl. Marquardt 1998).

Grundsätzlich ergeben sich in Anlehnung an Gomez/Weber (1989) vier Quadranten der Unternehmensentwicklung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Möglichkeiten der Unternehmensentwicklung (Eigene Darstellung nach Gomez/ Weber 1989: 15)

Ist beispielsweise mittels Produktinnovation oder Neugründung ein internes Wachstum nicht möglich, bzw. nicht schnell möglich [z.B. bedingt durch hohe Markteintrittsbarrieren, fehlendes Know-how, fehlende Personalkapazitäten etc.], bleibt oftmals als einzige Handlungsalternative eine Fusion oder Übernahme (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

Weitere wesentliche Akquisitionsmotive sind:

(a) Ökonomische Motive

Häufig werden die Erreichung von „economies of scale“ und „economies of scope“ sowie von Risikovorteilen durch Diversifikation und eine Kostenreduktion durch Synergieeffekte als Motive für M&A-Zusammenschlüsse angeführt (vgl. Fischer/ Wirtgen 2000). „Economies of scale“ bezeichnen eine Kostenreduktion durch Massenproduktion, während der Begriff „economies of scope“ eine Kostenreduktion durch Produktion ähnlicher Produkte beschreibt“ (Sewing 1996: 44). „Synergie“ wird in der Literatur meist als „2+2=5-Effekt“ umschrieben: „Unter Synergie wird ein Zusammenwirken verstanden, welches in der Summe einen den Unternehmenswert der zwei Unternehmen übersteigenden Gesamteffekt erzielt“ (Eschenbach/Stadler 1997: 38). „Risikovorteile“ implizieren, daß durch Diversifikation konjunkturelle Schwankungen des Marktes ausgeglichen werden können (vgl. Fischer/Wirtgen 2000).

(b) Spekulative Motive

„Spekulative [Motive] beruhen zumeist auf der Annahme, daß der reale Wert eines Objektes nicht durch den Marktpreis ausgedrückt wird“ (Eschenbach/Stadler 1997: 38). Der Käufer erhofft sich durch den Wiederverkauf des akquirierten Unternehmens einen spekulativen Gewinn.

(c) Psychologische Motive

Psychologische Motive umfassen beispielsweise „machtpolitisches Streben“ des Käufers nach mehr Wachstum und Einfluß oder auch „Selbstüberschätzung des Managements“ [„Hybris-Hypothese“]. Problematisch an psychologisch bedingten Motiven ist, daß sie nicht explizit kommuniziert, sondern nur unbewußt verfolgt werden (vgl. Fischer/Wirtgen 2000).

Aus diesen Motiven heraus erfolgt die eigentliche Formulierung der Ziele der Übernahme und die Strategiebestimmung. Die Strategiebestimmung legt die Form des Zusammen­schlusses und den Grad der Integration fest (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Hier wird der Einfluß des strategischen Entscheidungsprozesses auf die Integrationsplanung deutlich: So wird beispielsweise die Integration bei einer spekulativ motivierten Akquisition weitaus geringer ausfallen als bei einem ökonomisch motivierten M&A-Zusammenschluß. Auch erfordert eine Akquisition grundsätzlich einen geringeren Integrationsgrad als die Verschmelzung zweier Unternehmen [ Fusion ].

2.3.1.3 Konsolidierung der Unternehmensstrategien

Strategische Aspekte spielen nicht nur in der Vorplanungsphase eine entscheidende Rolle, sondern auch in der tatsächlichen Integrationsplanung: So sind bei der Zusammenführung zweier Unternehmen unterschiedliche strategische Ausrichtungen zu überarbeiten und zu integrieren. „Die Integration zweier Unternehmen stellt für beide Organisationen eine tiefgreifende Veränderung der Strukturen dar. Es ist daher wichtig, eine klar formulierte Strategie zu verfolgen und entsprechend den Grundsätzen des Unternehmens zu handeln“ (Eschenbach/Stadler 1997: 66).

Der Prozeß der strategischen Konsolidierung läßt sich wie folgt abbilden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 12: Strategische Konsolidierung (Eigene Darstellung)

„Die Vision kommt immer zuerst“ (Habeck/Kröger/Träm 1999: 27)

Ausgangspunkt einer Strategie ist grundsätzlich das Leitbild bzw. die Vision eines Unternehmens (vgl. Sommer 1996). Daher muß für die strategische Konsolidierung zunächst ein einheitliches Unternehmensleitbild unter Mitwirkung beider Partner formuliert werden. „Das Bestehen eines Leitbildes erweist sich gerade in der [Integrationsphase] als großer Vorteil. Es ermöglicht vor allem den übernommenen Mitarbeitern eine Orientierung in Hinblick darauf, wie das Unternehmen sein will“ (Eschenbach/Stadler 1997: 66).

Darauf basierend kann die eigentliche strategische Integration erfolgen. Clever (1993) schlägt diesbezüglich vorab eine umfassende strategische Standortbestimmung beider beteiligten Unternehmen vor [„Status-Quo-Analyse“]. Diese Status-Quo-Analyse umfaßt typischerweise eine SWOT- [„Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats“], Wett­bewerbs- und Marktanalyse beider Unternehmen (vgl. Clever 1993). Erst dann kann über die neue gemeinsame strategische Richtung entschieden werden.

Der ganze Prozeß der strategischen Konsolidierung erfolgt im Idealfall unter gleich­berechtigter Mitarbeit beider beteiligten Unternehmen. In der Praxis wird jedoch dem akquirierten Unternehmen bei der gemeinsamen Formulierung der Strategie in aller Regel nur ein geringes Mitspracherecht eingeräumt. Die Mitbestimmung ist dabei „um so geringer, je enger die Anbindung an die Muttergesellschaft erfolgt“ (Reineke 1989: 113).

2.3.2 Kulturelle Aspekte der PMI

Kulturelle Divergenzen sind der am häufigsten genannte Grund für das Scheitern von Unternehmenszusammenschlüssen (vgl. Habeck/Kröger/Träm 1999). Daher soll im folgenden näher auf kulturelle Aspekte der Integration eingegangen werden. Zunächst wird der Begriff „Unternehmenskultur“ erläutert und die Bedeutung der Landeskultur für grenzüberschreitende Zusammenschlüsse herausgearbeitet. Anschließend werden kulturelle Integrationsmuster und der Prozeß der kulturellen Integration [„Akkulturation"] vorgestellt. Abschließend werden die Begriffe „Kulturschock“ und „Merger-Syndrom“ erklärt und daran die Bedeutung der kulturellen Integration vor Augen geführt.

2.3.2.1 Zum Begriff der Unternehmenskultur

„Die Natur der Menschen ist immer die gleiche, was sie trennt, sind ihre Bräuche“ (Konfuzius)

Der Begriff „Unternehmenskultur“ ist schwer zu fassen. Grundlage ist der Kulturbegriff: „Als Kultur werden alle von einer sozialen Gruppe gemeinsam akzeptierten Werte, Normen, Verhaltensmuster, -äußerungen und -resultate bezeichnet, die von dieser Gruppe verinnerlicht und an neue Gruppenmitglieder weitervermittelt werden“ (Reineke 1989: 25). Kultur ist dabei das Resultat aus dem Streben der Menschen, kollektive Regeln in ihrem sozialen System aufzustellen, die das Überleben der Gruppe sichern sollen (vgl. Sewing 1996).

Neben der kulturellen Prägung, die ein Mensch als Mitglied sozialer Systeme in der Gesellschaft [bzw. eines Landes] annimmt, erfährt er als Angehöriger eines Betriebes dessen spezifische Unternehmenskultur: Die Unternehmenskultur ist das von den Mit­arbeitern des Unternehmens kollektiv geteilte Set „unternehmerischer Werte, inter­nalisierter Normen sowie gemeinsamer Denk- und Verhaltensmuster“ (Reineke 1989: 26). Werte umfassen die grundlegende Orientierung der Mitarbeiter, Normen indes sind wechselseitig verschränkte Verhaltenserwartungen der Gruppe. Das sichtbare Ergebnis der Kultur zeigt sich im Verhalten [z.B. Rituale, Auftreten, Kleidung etc.] (vgl. Sewing 1996).

Zwischen Mitarbeitern und Unternehmenskultur besteht folgender Zusammenhang:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Mitarbeiter und Unternehmenskultur (Eigene Darstellung nach Herkert 1999: 3/6)

Die individuellen Normen, Werte und das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter bestimmen die Unternehmenskultur. Diese wiederum bildet kollektive Normen und Werte aus, die das Verhalten der individuellen Mitarbeiter beeinflussen. Somit besteht ein dynamisches Wechselspiel zwischen Mitarbeitern und Unternehmenskultur (vgl. Sommer 1996).

Bedeutend für Unternehmenskulturen grenzüberschreitender Zusammenschlüsse ist zweifellos das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Landeskulturen. „Der Begriff „Landeskultur“ beschreibt die Gemeinsamkeiten der Verhaltensprägungen der Bewohner [und damit auch der Mitarbeiter] eines Landes“ (Sewing 1996: 25). Dabei „geht der Einfluß auf die Unternehmenskulturen vor allem von den arbeitsbezogenen Wert­vorstellungen der Individuen aus“ (Reineke 1989: 38). Hofstede (1993) unterscheidet hierzu vier Kulturdimensionen:

(a) (Geringe vs. hohe) Machtdistanz (Power Distance [PDI])
(b) Individualismus vs. Kollektivismus (Individualism vs. Collectivism [IDV])
(c) Maskulinität vs. Feminität (Masculinity vs. Femininity [MAS])
(d) (Geringe vs. hohe) Vermeidung von Ungewißheit (Uncertainty Avoidance [UAI])

2.3.2.2 Kulturelle Integrationsmuster

Die kulturelle Integration ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor einer Fusion oder Übernahme. In Anlehnung an Grüter et al. lassen sich fünf mögliche kulturelle Integrationsmuster unterscheiden (vgl. Eschenbach/Stadler 1997):

(a) Kulturkampf / „Cultural Resistance“

Treffen zwei nicht vereinbare Unternehmenskulturen aufeinander, ohne daß die Bereitschaft besteht, diese zu verändern, kommt es zu einem Kulturkampf (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Eine erfolgreiche kulturelle Integration ist dann un­möglich. Andere Autoren sprechen von „Cultural Resistance“.

(b) Kulturpluralismus / „Cultural Pluralism“

In diesem Fall bleiben die beiden Unternehmenskulturen unverändert als Subkulturen nebeneinander bestehen. „Kulturelle Unterschiede [...] sind zugelassen, da die Annahme zugrunde liegt, daß Kulturunterschiede eine Quelle der Stärke darstellen“ (Fischer/Wirtgen 2000: 119). Man spricht auch von „Cultural Pluralism“.

(c) Kulturtransponierung / „Cultural Takeover“

Die Kultur eines Unternehmens [typischerweise des akquirierten Unternehmens] wird durch die Kultur des anderen [akquirierenden] Unternehmens ersetzt (vgl. Fischer/ Wirtgen 2000). Es findet ein „Cultural Takeover“ statt.

(d) Kulturintegration / „Cultural Blending“

„Cultural Blending“ bedeutet, daß sich die neue Unternehmenskultur aus den „besten Elementen beider Seiten“ (Gloger nach Sewing 1996: 78) zusammensetzt.

(e) Neue Kultur

Es bildet sich eine komplett neue Unternehmenskultur mit neuen Grundwerten heraus (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

Dabei ist hervorzuheben, daß „die verschiedenen Integrationsarten sich nicht als gut oder schlecht beurteilen lassen, sondern daß das jeweilige kulturelle Integrationsmuster von der Wechselwirkung wie auch der geforderten Harmonie zwischen Unternehmens­strategie, Unternehmensstruktur und Umwelt bestimmt wird“ (Fischer/Wirtgen 2000: 120).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Kulturelle Integrationsmuster (Eigene Darstellung nach Eschenbach/Stadler 1997: 41)

2.3.2.3 Kulturelle Integration / Akkulturation

Nach Reineke (1989) ist eine kulturelle Integration und somit auch die gezielte Auswahl eines bestimmten kulturellen Integrationsmusters durch Instrumente der Akkulturation möglich. Der Prozeß der unternehmenskulturellen Integration wird gemeinhin als Akkulturation bezeichnet. Oechsler unterscheidet diesbezüglich vier Phasen der Akkulturation (vgl. Eschenbach/Stadler 1997):

1. Ermittlung der IST-Kultur / „Cultural Due Diligence”

Ziel dieser ersten Phase ist die Bestimmung der Ausprägung der Kulturmerkmale. Es werden in aller Regel exogene [z.B. gesellschaftliche Rahmenbedingungen], historische [z.B. Unternehmensgeschichte], kognitive [z.B. Riten, Symbole, Werte] und instrumentale [z.B. Strukturen, Prozesse, Strategien] Merkmale unterschieden (vgl. Clever 1993). Bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen sind darüber hinaus die Landeskulturen zu berücksichtigen.

2. Bestimmung der SOLL-Kultur

Anschließend sind das angestrebte kulturelle Integrationsmuster und die SOLL-Kultur aus der konsolidierten Unternehmensstrategie abzuleiten (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

3. Einführung der SOLL-Kultur

Diese SOLL-Kultur ist dann einzuführen. Reineke (1989) hebt dabei insbesondere strategische [Unternehmensleitbild, -strategie], führungsspezifische [Führungs­grundsätze, Führungsstil], kommunikative [Kommunikationsstil, Informationspolitik], organisatorische [Aufbau-, Ablauforganisation], personelle [Personalentwicklung, Anreizsysteme] und physische [Gebäude, Logo] Instrumente der Akkulturation hervor.

4. Kontrolle / Anpassung

Nach der Einführung ist der Erfolg der neuen Kultur zu überwachen. Bei Ab­weichungen müssen Anpassungen getroffen werden (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

2.3.2.4 Bedeutung der kulturellen Integration

Eine Übernahme bedeutet immer Veränderung, vor allem für die Mitarbeiter des akquirierten Unternehmens, und Veränderungen verunsichern. Diese durch das Auf­einandertreffen unterschiedlicher Unternehmenskulturen [und Landeskulturen] ausgelöste Verunsicherung wird gemeinhin als „Kulturschock“ bezeichnet (vgl. Sewing 1996). Das aus diesem Kulturschock resultierende Verhalten wird mit dem Begriff „Merger-Syndrom“ umschrieben (vgl. Sewing 1996). Bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen wird dieses Phänomen noch durch sprachliche Unterschiede verstärkt. Kennzeichnend für ein Merger-Syndrom sind beispielsweise folgende Verhaltensmuster (vgl. Fischer/Wirtgen 2000, Sewing 1996):

- Nachlassende Arbeitsqualität und Motivation
- Unzufriedenheit und „innere Kündigung“
- „Dienst nach Vorschrift“
- Sinkende Produktivität
- Steigende Fluktuations- und Abwesenheitsraten

Um dieses Merger-Syndrom abzuschwächen, ist schnellstmöglichst eine konsolidierte Unternehmenskultur zu vermitteln, die den Mitarbeitern Orientierung gibt. Denn „je nach gewünschtem späteren Integrationsgrad können bei einem unterlassenen oder falsch eingeschätzten kulturellen Anpassungsprozeß unüberwindbare [...] Probleme für die beteiligten Unternehmen erwachsen“ (Marquardt 1998: 35), im schlimmsten Fall kommt es zu einem Kulturkampf (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

Eine Auseinandersetzung mit den kulturellen Aspekten der Integration ist daher für den späteren Akquisitionserfolg mitentscheidet (vgl. Sewing 1996). Gloger kommentiert diese Voraussetzung folgendermaßen:

„Erst wenn das Management willens ist, eine neue Kultur aufzubauen [...], ist ein Keim gelegt, aus dem Erfolg sprießen kann. Das Gegenteil wird eintreten, wenn das Top-Management den Vertrag unterschreibt, aber Kultur und „Chemie“ als eine Nebensache betrachtet, die die Personalleute im Nachgang ja noch schnell regeln können“ (Gloger nach Sewing 1996: 78).

2.3.3 Organisatorische Aspekte der PMI

„If two people ride the same horse, one must ride behind”

2.3.3.1 Aufbauorganisation

In der Praxis stehen die organisatorischen Aspekte der Integration in aller Regel stark im Vordergrund (vgl. Sommer 1996). Gegenstand ist die Abstimmung der Organisation der beiden Unternehmen. Dabei fällt dem Betrachter zuerst die Anpassung der Aufbau­organisation ins Auge. „Unter der Aufbauorganisation wird die Festlegung der Aufgabe nach den Merkmalen der Verrichtung und des Objektes verstanden“, sie betrifft also „die Gliederung des Unternehmens in arbeitsteilige Einheiten und ihre Koordination“ (Bühner 1996: 11).

Die wichtigsten Aspekte der aufbauorganisatorischen Integration sind:

(a) Abstimmung der Organisationsstruktur

Die formale Struktur einer Organisation ergibt sich aus ihren organisatorischen Grundsätzen (vgl. Clever 1993). „Die Prinzipien oder Grundsätze der Organisation stellen generelle [...] Anforderungen für organisatorisches Handeln dar“ [z.B. Anzahl der Hierarchieebenen, Zentralisierung vs. Dezentralisierung, Arbeitsteilung vs. Spezialisierung etc.] (Bühner 1996: 102). Je größer der Unterschied zwischen diesen Grundsätzen der beiden Unternehmen ist, desto schwieriger gestaltet sich die strukturelle Abstimmung (vgl. Clever 1993). Die Möglichkeit einer Integration ist dabei besonders „von der strategischen Fundierung, den vorliegenden Rahmenbedingungen sowie dem angestrebten Integrationstyp abhängig“ (Sommer 1996: 231).

Reineke hebt die symbolische Bedeutung der Organisationsstruktur hervor: „Durch die formalen Strukturen werden die Wertmuster und Normen einer Unternehmung aus­gedrückt, umgekehrt wird die Unternehmenskultur aber auch durch die vorhandenen Strukturen beeinflußt. Zwischen der Organisationsstruktur und der Kultur der Unter­nehmung bestehen demnach Interdependenzen“ (Reineke 1989: 159).

Verschiedene Autoren sprechen sich für eine schnelle strukturelle Konsolidierung aus (vgl. Reineke 1989, Habeck/Kröger/Träm 1999): Rasch konsolidierte Organisations­strukturen haben eine stabilisierende Wirkung, „da sie nach erfolgter struktureller Anpassung eine Orientierungsmöglichkeit bieten“ (Reineke 1989: 169).

(b) Besetzung der Führungspositionen

Die Berufung einer Führungsmannschaft des neuen Unternehmens ist eine der dringendsten Integrationsaufgaben (vgl. Marquardt 1998). Eine schnell aufgestellte Führung hilft, „ein Führungsvakuum zu vermeiden und dem Integrationsprozeß [...] die notwendige Dynamik zu geben“ (Habeck/Kröger/Träm 1999: 51).

Die Literatur empfiehlt, eine gemischte Unternehmensleitung aus Mitgliedern beider Unternehmen zu benennen. So bringen bei grenzüberschreitenden Zusammen­schlüssen die einheimischen Manager ihre Marktkenntnisse und „Insider-Informationen“ sowie ihre Sensibilität für die lokale Kultur und ihre Sprachkenntnisse ein (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

2.3.3.2 Ablauforganisation

Eine Veränderung der Aufbauorganisation bringt immer auch eine Veränderung der Ablauforganisation mit sich. „Die Ablauforganisation ist [...] durch die Festlegung der Aufgabe nach den Merkmalen Raum und insbesondere Zeit gekennzeichnet“ (Bühner 1996: 11). Während die Aufbauorganisation die formale Struktur des Unternehmens beschreibt, bestimmt die Ablauforganisation die Abläufe innerhalb dieser Struktur (vgl. Wöhe 1996). Beide Begriffe sind nicht voneinander zu trennen: „Aufbau und Ablauf bedingen sich gegenseitig“ (Wöhe 1996: 182).

Ziel der ablauforganisatorischen Integration ist die Optimierung der zukünftigen Arbeits­abläufe (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Dafür müssen zunächst die betrieblichen Prozesse der an der Integration beteiligten Organisationen erfaßt werden [Prozeß­analyse]. Anschließend sind diese Prozesse hinsichtlich ihrer Qualität [Wertschöpfung] und Identität [Übereinstimmung der Abläufe] zu bewerten. Auf dieser Basis kann entschieden werden, ob einzelne Geschäftsabläufe (a) beibehalten, (b) vereinheitlicht oder (c) neu gestaltet werden sollen (vgl. Clever 1993).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15: Entscheidungsmatrix für SOLL-Prozesse (Eigene Darstellung nach Clever 1993: 88)

Auch zwischen Ablauforganisation und Unternehmenskultur bestehen Interdependenzen: „Vorschriften der Ablauforganisation haben häufig den Charakter von Riten, Ritualen oder Zeremonien“ (Reineke 1989: 172). Daher rufen Veränderungen der Abläufe in aller Regel Widerstand und Unsicherheit hervor [ „Kulturschock“ ]. „Quellen der Unsicherheit sind insbesondere der vermeintliche oder tatsächliche Zwang, neuen Rollen gerecht zu werden“ (Reineke 1989: 173). Ein vorsichtiger Umgang bei der Gestaltung der Organisation sowie die Einbeziehung aller betroffenen Mitarbeiter kann hier Abhilfe schaffen (vgl. Eschenbach/Stadler 1997).

2.3.4 Informationstechnische Aspekte der PMI

2.3.4.1 Zum Begriff der Informationstechnologie (IT)

Die Informationstechnologie (IT) spielt heutzutage in der betrieblichen Praxis eine entscheidende Rolle. In allen Bereichen werden unzählige Daten erfaßt, verarbeitet und verdichtet. Ohne EDV-Systeme ist diese Aufgabe nicht mehr denkbar. „Die wichtigsten Vorteile [der EDV] sind dabei die höhere Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und die Zuverlässigkeit der Verarbeitung“ (Wöhe 1996: 250). Eine Vernetzung der EDV-Systeme ermöglicht darüber hinaus einen direkten Informationsaustausch.

Nach Götzinger/Michael (1993) können informationsverarbeitende Prozesse in folgende vier Phasen untergliedert werden:

1. Informationsgewinnung originärer Informationen über:

(a) die Umwelt des Unternehmens
(b) das Unternehmen und seine Wertschöpfung
(c) die Beziehung zwischen Umwelt und Unternehmen

2. Informationsspeicherung

3. Informationsverarbeitung (Gewinnung derivativer Informationen)

Dabei werden originäre Informationen entsprechend dem Informationszweck weiter­verarbeitet [z.B. externe vs. interne Informationsempfänger etc.].

4. Informationsabgabe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 16: Komponenten des MIS (Eigene Darstellung nach Eschenbach/Stadler 1997: 48)

„Ein Informationssystem [MIS] muß nicht zwingend computergestützt sein“ (Wöhe 1996: 252). Allerdings ermöglicht erst der Einsatz der EDV „eine wirtschaftliche, umfassende und alle betriebliche Teilbereiche integrierende Informationsverarbeitung“ (Wöhe 1996: 252).

2.3.4.2 Die Bedeutung der Informationstechnologie (IT) für die PMI

Im Zuge einer Integration eines übernommenen Unternehmens finden gemeinhin umfang­reiche Umstrukturierungsmaßnahmen statt. Die Informationstechnologie spielt hier eine entscheidende Rolle. Gerade in der Integrationsphase ist Information ein wesentlicher Erfolgsfaktor. So vermerkt Sommer: „Die Entwicklung und Festlegung [einer gemein­samen] Strategie ist ein Prozeß, der durch das Generieren und Verarbeiten von Informationen gekennzeichnet ist“ (Sommer 1996: 170). Der computergestützten Informationsgewinnung und -verarbeitung kommt dabei eine überragende Bedeutung bei.

Eschenbach/Stadler (1997) sprechen sich für eine schnelle Vernetzung der EDV-Systeme aus. So ist eine effiziente Überwachung des Integrationsprozesses möglich, Fehlentwicklungen können rasch korrigiert werden (vgl. Eschenbach/Stadler 1997). Auch müssen die Informations- und Kommunikationssysteme der beiden Unternehmen verknüpft werden, da „Planung und Steuerung ohne eine Integration der EDV-Systeme heute nicht mehr denkbar ist“ (Eschenbach/Stadler 1997: 49). Erst durch die Installation eines vernetzten Informationssystem ist eine gemeinsame Steuerung beider Unter­nehmen möglich.

Häufig treten jedoch bei der Integration zweier Unternehmen große Probleme durch heterogene und inkompatible Informatiksyteme auf, die letztendlich den Integrations­prozeß behindern (vgl. Clever 1993). Durch eine Anpassung der EDV im übernommenen Unternehmen verändern sich die Prozesse, Widerstand und Unsicherheit sind die Folge [ „Kulturschock“ ]. Daher muß in Abhängigkeit des Integrationsgrades genau abgewogen werden, ob eine komplette Neugestaltung der EDV-Systeme des akquirierten Unter­nehmens sinnvoll ist oder nicht. Oft ist eine Integration der EDV über programmierte Schnittstellen ausreichend.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457693
ISBN (Paperback)
9783838657691
DOI
10.3239/9783832457693
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Furtwangen – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
1,5
Schlagworte
fusion übernahme tschechien teschechische republik
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Titel: Post-Merger Integration
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