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Bauteilorientiertes Planen und Bauen

©2002 Diplomarbeit 99 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Bei einer näheren Betrachtung der im Bauwesen eingesetzten Software wird man feststellen, dass schon verschiedene Systeme zu den jeweiligen Aufgabenstellungen für den Entwurf (CAD), die statische Berechnung (FEM), die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) sowie die Gebäudeverwaltung (CAFM) vorhanden sind. Allerdings zeigen Recherchen, dass diese Systeme noch in vielen Fällen aufgrund fehlender oder inkompatibler Schnittstellen nicht miteinander verknüpft werden können. Dabei würde die Schaffung eines durchgängigen Datenflusses zu einer wesentlichen Verringerung der Baukosten und -zeiten führen, weil so ein Teil der heute notwendigen Arbeitsprozesse eingespart und die schon vorhandenen Daten weitaus effektiver genutzt werden könnten. Außerdem könnte dadurch der gesamte Bauprozess wesentlich flexibler und transparenter gestaltet werden.
Eine entscheidende Ursache für dieses Schnittstellenproblem besteht darin, dass heute der Entwurf bauteilorientiert durchgeführt wird, während die Ausschreibung und Ausführung leistungsorientiert erfolgen. Das Ziel der Diplomarbeit ist es, den aufgezeigten Gegensatz zu beseitigen, indem anhand der vorhandenen Bauteile eines Modellraums ein verbessertes bauteilorientiertes Klassifikationskonzept entwickelt wird. Aufbauend auf dieser Grundlage wird dann ein durchgängig bauteilorientierter Planungs- und Ausführungsansatz erarbeitet, vorgestellt und bewertet werden.
Gang der Untersuchung:
Dazu werden im Rahmen der Grundlagenermittlung mehrere heute schon vorhandene bauteilorientierte Fertigungsverfahren vorgestellt und kurz analysiert sowie zusätzlich neue Konzepte aufgezeigt. In den Kapiteln 3 und 4 werden die wichtigsten bauteil- und leistungsorientierten Klassifikationsmöglichkeiten für die Planung und Ausführung von Bauvorhaben, z.B. die DIN 276 und das Standardleistungsbuch, erläutert und auf die Erfüllung hinsichtlich wesentlicher Anforderungen wie Allgemeingültigkeit und Flexibilität untersucht. Ausgehend von diesen Ergebnissen wird dann auf der Grundlage der aufgestellten Ziele und Anforderungen ein verbessertes Klassifikationskonzept entwickelt und vorgestellt.
In den folgenden Kapiteln 6 bis 10 wird ein durchgängiger bauteilorientierter Ansatz für die Bereiche des Entwurfs, der Mengenermittlung, der Ausschreibung, der Arbeitsvorbereitung und der Dokumentation erarbeitet und vorgestellt. Dabei wird u.a. auf die jeweiligen Aufgaben und die daraus resultierenden Anforderungen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Bauteilorientierte Fertigungsverfahren
2.3 Neue Konzepte bauteilorientierter Fertigungsverfahren

3 Überblick über bauteilorientierte Klassifikationen
3.1 Allgemeines
3.2 Klassifikation nach DIN 276/
3.3 Klassifikationen im Fertigteilbau
3.4 Klassifikationen in CAD-Systemen

4 Überblick über leistungsorientierte Klassifikationen
4.1 Standardleistungsbuch
4.2 StLB-Bau – Dynamische Baudaten
4.3 Klassifikationen in AVA-Systemen
4.4 Stand der Entwicklung integrierter Softwarelösungen

5 Entwicklung eines verbesserten Klassifikationskonzeptes
5.1 Ziele und Anforderungen des verbesserten Klassifikationskonzeptes
5.2 Erstellung des verbesserten Klassifikationskonzeptes
5.3 Vergleich mit der bauteilorientierten Klassifikation nach DIN

6 Entwurf des Modells
6.1 Anforderungen an das Modell
6.2 Beschreibung des Modellierungsprozesses
6.3 Neue Möglichkeiten bauteilorientierter Modellierung

7 Mengenermittlung
7.1 Allgemeine Anforderungen
7.2 Möglichkeiten der Mengenermittlung
7.3 Von der Mengenermittlung zur Bauteilliste

8 Ausschreibung
8.1 Allgemeine Anforderungen
8.2 Spezielle Anforderungen einer bauteilorientierten Ausschreibung
8.3 Konzept einer bauteilorientierten Ausschreibung

9 Arbeitsvorbereitung
9.1 Aufgaben und Ziele
9.2 Bauteilorientierte Arbeitsvorbereitung
9.3 4D-Construction Modeling – Neue Möglichkeiten der Ablaufplanung

10 Dokumentation
10.1 Allgemeines
10.2 Bauteilorientierte Dokumentation
10.3 Datenbereitstellung für das Facility Management

11 Bewertung und Zusammenfassung
11.1 Bewertung der Praxistauglichkeit des bauteilorientierten Ansatzes
11.2 Zusammenfassung
11.3 Ausblick

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Anhang

Anhang

Anhang

Anhang

Inhalt der CD-ROM

Danksagung

Selbständigkeitserklärung

Thesen T

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Bei einer näheren Betrachtung der im Bauwesen eingesetzten Software wird man feststellen, dass schon verschiedene Systeme zu den jeweiligen Aufgabenstellungen für den Entwurf (CAD), die statische Berechnung (FEM), die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) sowie die Gebäudeverwaltung (CAFM) vorhanden sind. Allerdings zeigen Recherchen ( [10, S. 30] und [18, S. 24, 25] ), dass diese Systeme noch in vielen Fällen aufgrund fehlender oder inkompatibler Schnittstellen nicht miteinander verknüpft werden können. Dabei würde die Schaffung eines durchgängigen Datenflusses zu einer wesentlichen Verringerung der Baukosten und –zeiten führen, weil so ein Teil der heute notwendigen Arbeitsprozesse eingespart und die schon vorhandenen Daten weitaus effektiver genutzt werden könnten. Außerdem könnte dadurch der gesamte Bauprozess wesentlich flexibler und transparenter gestaltet werden.

Eine entscheidende Ursache für dieses Schnittstellenproblem besteht darin, dass heute der Entwurf bauteilorientiert durchgeführt wird, während die Ausschreibung und Ausführung leistungsorientiert erfolgen. Das Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist es, den aufgezeigten Gegensatz zu beseitigen, indem anhand der vorhandenen Bauteile eines Modellraums ein verbessertes bauteilorientiertes Klassifikations­konzept entwickelt wird. Aufbauend auf dieser Grundlage soll dann ein durchgängig bauteilorientierter Planungs- und Ausführungsansatz erarbeitet, vorgestellt und bewertet werden.

Dazu werden im Rahmen der Grundlagenermittlung mehrere heute schon vorhandene bauteilorientierte Fertigungsverfahren vorgestellt und kurz analysiert sowie zusätzlich neue Konzepte aufgezeigt. Danach werden die wichtigsten bauteil- und leistungsorientierten Klassifikations­möglichkeiten für die Planung und Ausführung von Bauvorhaben erläutert und auf die Erfüllung hinsichtlich wesentlicher Anforderungen wie Allgemeingültigkeit und Flexibilität untersucht. Ausgehend von diesen Ergebnissen wird dann auf der Grundlage der aufgestellten Ziele und Anforderungen ein verbessertes Klassifikationskonzept entwickelt und vorgestellt. In den folgenden Kapiteln 6 bis 10 wird ein durchgängiger bauteilorientierter Ansatz für die Bereiche des Entwurfs, der Mengenermittlung, der Ausschreibung, der Arbeitsvorbereitung und der Dokumentation erarbeitet und vorgestellt. Dabei wird u.a. auf die jeweiligen Aufgaben und die daraus resultierenden Anforderungen eingegangen. Weiterhin werden am Beispiel eines im Rahmen der Aufgabenstellung erstellten Modellraums Möglichkeiten und Wege aufgezeigt und näher untersucht, die sich aus der durchgängigen Bauteilorientierung ergeben, wobei die Durchgängigkeit der Daten eine entscheidende Rolle spielt. Danach wird im Kapitel 11 eine Bewertung der Praxistauglichkeit des vorgestellten bauteilorientierten Ansatzes vorgenommen. Abschließend erfolgt eine kurze Zusammen­fassung der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit.

Als Grundlage dieser Diplomarbeit dienen eigene baupraktische Erfahrungen und Beobachtungen sowie Interviews mit verschiedenen Mitarbeitern der Bauhaus-Universität Weimar und von unterschiedlichen Planungsbüros und Bauunternehmen. Daneben wurden Informationen aus der Literatur und dem Internet für die Erarbeitung der vorliegenden Arbeit genutzt.

2 Grundlagen

2.1 Begriffsbestimmung

Da das Ziel der Diplomarbeit die Entwicklung eines bauteilorientierten Planungs- und Ausführungsansatzes ist, muss an dieser Stelle kurz auf die wesentlichen Unterschiede zwischen der Bauteil- und der Leistungsorientierung eingegangen werden.

Grundlage der Bauteilorientierung ist die Gliederung des Gebäudes in einzelne Bauteile bzw. Elemente, die zuvor definierten Klassen angehören. Jedes dieser Elemente besitzt eine Menge individueller Merkmale, die als Daten innerhalb der weiteren Phasen des Planungs- und Ausführungsprozesses übergeben werden müssen. Dazu gehören nach [11, S. 92]:

- geometrische Eigenschaften , z.B. Länge und Höhe des Elementes sowie seine Lage innerhalb des CAD-Modells
- funktionelle Eigenschaften , z.B. tragend oder wärmeisolierend
- technische Eigenschaften , z.B. der verwendete Baustoff

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1-1: Beispiel für wählbare Eigenschaften einer bauteilorientierten Wand in ArchiCAD

So erfolgt heutzutage der Entwurf von Bauwerken mit allen modernen CAD-Systemen bauteilorientiert. Der Grund dafür ist, dass beim Entwurf der Zustand eines Bauwerkes zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. Fertigstellung Rohbau, beschrieben wird. Dazu werden die realen Bauteile durch digitale Elemente innerhalb eines CAD-Systems unter Angabe ihrer geometrischen, funktionellen und technischen Eigenschaften, wie in Abbildung 2.1-1 dargestellt, abgebildet und logisch miteinander verknüpft.

Im Gegensatz zum bauteilorientierten Entwurf wird die Ausschreibung von Bauvorhaben leistungs­orientiert durchgeführt. Die Ursache dafür ist, dass ab der Leistungsphase 6 nach HOAI – „Vorbereitung der Vergabe“ – mit der Erstellung der Leistungsbeschreibung eine Umstellung hin zu Bauprozessen und Bauleistungen erfolgen muss. So ist gem. § 9, Abs. 1 VOB/A „die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können.“ Daraus ergeben sich nach [20, S. 729] für die Leistungsbeschreibung folgende Anforderungen:

- Die zu erbringende Leistung muss eindeutig und unmissverständlich beschrieben werden, um eine sichere Kalkulation zu ermöglichen.
- Da die Leistungsbeschreibung als Grundlage für die Kosten­steuerung vom Kostenanschlag bis zur Kostenfeststellung dient, ist eine gewerkeorientierte Ausschreibung erforderlich.
- Die Teilleistungen müssen nach fertigungstechnischen Gesichtspunkten beschrieben werden.

Gegenüber dem CAD-Modell, dass sich aus einzelnen Elementen zusammensetzt, besteht eine Leistungsbeschreibung demzufolge aus einer Vielzahl von Teilleistungen, die eine Beschreibung des Herstellungsprozesses eines Elementes liefern. Dazu gehören, wie in der nachfolgenden Abbildung dargestellt, u.a. Angaben zum Einbauort, zur Beschaffenheit des Elementes, zum verwendeten Baustoff, zu den Abmessungen, zur Ausführung und zur Leistungsmenge.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1-2: Beispiel der Beschreibung einer Teilleistung [20, S. 735]

2.2 Bauteilorientierte Fertigungsverfahren

Während bei der traditionellen Bauweise die Planung bauteil- und die Ausführung leistungsorientiert erfolgt, wird im Fertigteilbau die Bauteilorientierung in allen Phasen der Planung und Ausführung beibehalten. Dazu muss, wie bei der Begriffsbestimmung beschrieben, das zu erstellende Gebäude in einzelne Elemente zerlegt werden, um deren Struktur und Aufbau wesentlich besser erfassen und darstellen zu können. Bei Interviews mit Verantwortlichen im Bereich der Projektierung und Herstellung von Fertigteilbauten wurde festgestellt, dass sich die Klassifikation der Fertigteile sehr stark an der DIN 276 orientiert. So gliedert z.B. die Fa. WeberHaus ihre Gebäude in die Elementklassen Außenwände, Zwischenwände, Decken, Dachkonstruktion, Dachbeläge und Einbauobjekte (vgl. Abschnitt 3.3). Die Zuordnung der einzelnen Elemente muss dabei eindeutig geregelt sein. Weiterhin ist es erforderlich, genau definierte Schnittstellen zwischen den einzelnen Elementen festzulegen, um diese während der Montage auf der Baustelle ohne zusätzliche Anpassungs­arbeiten miteinander verbinden zu können. Voraussetzung zur Erfüllung all dieser Anforderungen an die Erstellung von Fertigteilbauten ist eine detaillierte Planung.

So wurde bei den Recherchen zum Fertigteilbau festgestellt, dass die vorhandenen CAD-Technologien in diesem Bereich schon intensiv genutzt werden. Folgende Vorteile des CAD-Einsatzes wurden als besonders wesentlich erkannt:

- Durch den Einsatz von Bauteil-Katalogen kann während der Planungsphase zeit- und kostensparend gearbeitet werden, da auf schon bestehende CAD-Objekte zurückgegriffen werden kann. Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit, in relativ kurzer Zeit verschiedene Varianten des Gebäudes zu erzeugen.
- Anhand des erstellten CAD-Modells kann die Mengenermittlung automatisiert durch das CAD-System erfolgen.
- Die digitalen Bauteildaten aus dem CAD-Modell können ohne größere Nachbearbeitung direkt in das vorhandene CAM-System zur Vorfertigung der Elemente übernommen werden. Damit kann der relativ zeitaufwändige Prozess der manuellen Programmierung der einzelnen Maschinen eingespart werden.

Ein wichtiges Ergebnis der Recherchen zum Fertigteilbau ist, dass der Einsatz computer­unterstützter Fertigung (CAM) in den verschiedenen Bereichen unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Unter anderem wurde festgestellt, dass sich bei der Herstellung von Stahlbetonfertigteilen der Einsatz von CAM-Technologien vor allem auf die Vorfertigung von Wand- und Deckenplatten beschränkt. Dazu werden von den entsprechenden Fachplanern mit CAD-Systemen Schal- und Bewehrungspläne erstellt, welche über eine digitale Schnittstelle den CAM-Systemen übergeben werden. Anhand der übermittelten geometrischen Bauteildaten kann das CAM-System die Maschinen zum hydraulischen oder elektro­mechanischen Verstellen der Schalung, Schalungsroboter und Betonverteiler vollautomatisch steuern. [22, S.142ff.]

Ein alternatives System der Herstellung von Fertigteilen bietet die Fa. Kunz an [38]. Dabei werden im Werk nur die Hohlwände vorgefertigt, die dann auf der Baustelle montiert und mit Ortbeton ausgegossen werden. Dazu werden die geometrischen Bauteildaten des CAD-Modells aus der Planung direkt an das CAM-System übergeben, welches dann die Säge-, Fräs- und Schraubautomaten zur Fertigung der Hohlwände steuert. Diese bestehen aus zwei Holzwerkstoffplatten, die mit Abstandshaltern verbunden werden. Der Vorteil von vorgefertigten Hohlwänden gegenüber Vollwänden besteht in ihrem wesentlich geringeren Transportgewicht. Zusätzlich können die Hohlwände an bauliche Änderungen vor Ort leichter angepasst werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2-1: Beispiel einer vorgefertigten Hohlwand [38]

Neben den beschrieben Herstellern von einzelnen Bauteilen, wie Wände oder Decken, gibt es auch Anbieter kompletter Fertigteilhäuser. Diese Anbieter, wie WeberHaus und SchwörerHaus in Deutschland oder Sekisui Chemical [43] in Japan, setzen die vorhandenen CAD/CAM-Technologien schon wesentlich stärker ein. Dazu werden in der Planungsphase inzwischen von all diesen Unternehmen bauteilorientierte CAD-Systeme genutzt. Zur Anwendung kommen dabei in ihrem Aufbau standardisierte Elemente. Der Grund dafür ist, dass die Fertigungsverfahren speziell auf diese Elemente abgestimmt sind, so dass ein hoher Automatisierungsgrad gewährleistet werden kann. Trotz des Einsatzes standardisierter Elemente ist es jedoch nach Aussagen von interviewten Mitarbeitern verschiedener Anbieter möglich, die Fertigteilhäuser in ihrer Geometrie vollkommen individuell zu entwerfen und herzustellen. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Fertigteilbau in der früheren DDR, wo man an starr vorgegebene Raster gebunden war.

An dieser Stelle muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Detaillierungsgrad während der Planung sehr hoch sein muss, um z.B. zusätzliche Anpassungsarbeiten auf der Baustelle aufgrund zueinander nichtkompatibler Elemente zu vermeiden. Das bedeutet, das Gebäude muss in all seinen Bestandteilen komplett durchgeplant sein, bevor die Datenübergabe an das CAM-System erfolgt, da jede nachträgliche Änderung während des Herstellungs- oder Montageprozesses mit einer erheblichen Kostenerhöhung verbunden ist.

Nach dem Entwurf erfolgt die Übergabe der CAD-Daten an das Fertigteilwerk auf digitalem Wege per Datenträger oder über das Internet. Im Fertigteilwerk müssen die Daten noch einmal für die Übertragung an die CAM-Systeme nachbearbeitet werden. So wurde fest­gestellt, dass bei der Fa. WeberHaus erst dort die einzelnen Elemente des CAD-Modells in Bauteilabschnitte zerlegt werden. Die Zerlegung erfolgt in Abhängigkeit von folgenden Punkten:

- Anforderungen des Montageprozesses
Höhe und Länge eines Elementes sind davon abhängig, ob die Hauptmontage­richtung horizontal oder vertikal verläuft. Daneben werden die Abmessungen und die Masse des Elementes auch von der Art des Arbeitsmittels – z.B. Kran oder Aufzug – bestimmt, welches während des Montageprozesses zum Einsatz kommt.
- Anforderungen der StVO
Da die Elemente nach der Vorfertigung mit Fahrzeugen zur jeweiligen Baustelle transportiert werden, sind deren Abmessungen bei der Benutzung öffentlicher Straßen von den Festlegungen nach § 22 StVO abhängig. So dürfen die transportierten Elemente nicht die Länge von 12 m, die Breite von 2,5 m und die Höhe von 4 m überschreiten.

Nachdem die Elemente den jeweiligen Anforderungen angepasst wurden, erfolgt die digitale Datenübergabe an das CAM-System. Dabei werden nur die geometrischen Daten der Rohbauteile übergeben, da insbesondere die Ausbauarbeiten bei allen untersuchten Fertighausanbietern aufgrund ihrer Komplexität noch manuell erstellt werden.

Zur Gewährleistung einer hohen Materialqualität erfolgt allgemein die Vorfertigung der Elemente witterungsunabhängig im Fertigteilwerk. Für die Herstellung der Rohbauteile, z.B. Wände, werden häufig Holzrahmen verwendet, die mit zementgebundenen Holzwerkstoff­platten beplankt werden. Der Vorteil besteht darin, dass sich der Fertigungsprozess relativ leicht automatisieren lässt.

Danach werden die Rohbauteile wie die Außenwände oder Deckenplatten, mit allen erforderlichen Durchbrüchen, Schlitzen, Leerrohren sowie Einbauteilen wie Fenster und Türen komplettiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2-2: Prozesse zur Herstellung eines Fertigteilhauses [43]

Auf der Baustelle werden die einzelnen Elemente an ihren Schnittstellen miteinander verbunden. Danach müssen vor Ort nur noch die fehlenden Ausbauleistungen, z.B. die Installationsarbeiten für die Heizungs-, Sanitär- und Elektroanlagen, durchgeführt werden. Durch diese Arbeitsweise kann eine Montagezeit von wenigen Tagen bis Wochen gewährleistet werden.

Die Modulbauweise, u.a. angeboten von der Fa. GS-Modulbau [40], geht bei der Vorfertigung von Elementen noch einen Schritt weiter. Dabei werden abweichend von der Arbeitsweise anderer Fertighausanbieter die Häuser komplett im Werk vorgefertigt und danach in transportable Module von bis zu 12 m Länge, 2,5 m Breite und 4 m Höhe zerlegt. Auf der Baustelle werden die einzelnen Module dann an ihren Schnittstellen nur noch miteinander verbunden. Als Gründung ist nur ein Streifenfundament notwendig, da in die Module des Erdgeschosses schon die erforderliche Bodenplatte integriert ist. Durch diese Bauweise ist es möglich, die Montagezeit auf der Baustelle auf wenige Tage zu verkürzen. Ein entscheidender Nachteil dieser Bauweise ist jedoch, dass die Transportkosten aufgrund des hohen Platzverbrauchs der einzelnen Module sehr hoch sind.

à Allgemein wurde bei den Recherchen festgestellt, dass der Automatisierungsgrad durch CAM-Technologien bei den bauteilorientierten Fertigungsverfahren z.B. gegenüber der Automobilindustrie relativ niedrig ist. Der Grund dafür ist, dass nur wenige Fertigteile in Serienproduktion vorgefertigt werden. Das macht es erforderlich, den Herstellungs­prozess individuell auf die einzelnen Elemente abzustimmen.

2.3 Neue Konzepte bauteilorientierter Fertigungsverfahren

Inzwischen werden neue Konzepte für eine noch stärkere Einbindung von CAD/CAM-Technologien bei der Herstellung von Fertighäusern entwickelt. Beispiele dafür sind das „Europahaus“ [37] und die „Individuelle Massenproduktion intelligenter Häuser“ [41]. Ziel beider Konzepte ist die Verbesserung der Produktqualität bei gleichzeitiger Verringerung von Herstellungszeit und -kosten. Dies soll durch eine weitere Erhöhung des Automatisierungs­grades in der Produktion erreicht werden. Dazu soll beispielsweise für das Projekt „Europahaus“ in Berga, Sachsen-Anhalt, ein Werk errichtet werden, in dem mit Hilfe von 300 Maschinen und 120 Industrierobotern pro Tag etwa 20 individuell konstruierte Häuser ´am Fließband´ gefertigt werden.

Als Ergebnis der Recherchen zu diesen Konzepten wurde jedoch festgestellt, dass der angestrebte hohe Grad an Automatisierung schon während der Planung einen sehr hohen Detaillierungsgrad und eine umfassende Arbeitsvorbereitung erfordert. So müssen neben dem detaillierten Entwurf der einzelnen Bauteile beispielsweise auch alle erforderlichen Arbeitsabläufe und die Materialzufuhr genau geplant werden, um einen reibungslosen Herstellungsprozess zu gewährleisten. Daraus ergibt sich gegenüber der herkömmlichen Baustellenfertigung die Notwendigkeit, dass alle Detail­planungen schon vor Beginn der Ausführung komplett abgeschlossen sind. So muss beim Entwurf mit den eingesetzten CAD-Systemen ein identisches, digitales Abbild des zu erstellenden Gebäudes geschaffen werden. Durch den Einsatz von standardisierten Bauteil-Katalogen, wie sie heute schon bei vielen überregionalen Fertighausanbietern angewendet werden, kann der Planungsaufwand jedoch in erheblichem Maße verringert werden. So können die standardisierten Bauteile mit den vorhandenen CAD-Systemen durch Veränderung der entsprechenden Parameter, z.B. Länge, Höhe und verwendeter Baustoff, an die jeweiligen geometrischen und funktionellen Anforderungen angepasst werden.

Nach Fertigstellung des CAD-Modells erfolgt, wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, die Übergabe der digitalen Daten an das CAM-System. Vergleichbar der Fertigung in der Automobilindustrie soll bei den neuen Konzepten der überwiegende Teil der erforderlichen Fertigungsschritte CAM-gesteuert durch Automaten und Roboter erfolgen. Die endgültige Montage der im Werk vorgefertigten Elemente zum Fertigteilhaus wird dann auf der Baustelle innerhalb weniger Tage realisiert.

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass sich die vorgestellten Konzepte des „Europahauses“ und der „Individuellen Massenproduktion intelligenter Häuser“ noch in der Entwicklung befinden und deren Realisierung aufgrund der vielfältigen Anforderungen noch nicht absehbar ist.

3 Überblick über bauteilorientierte Klassifikationen

3.1 Allgemeines

Um ein verbessertes Klassifikationskonzept zu entwickeln, muss zuerst auf die schon vorhandenen Klassifikationen näher eingegangen werden.

So versteht man im logischen Sinne unter einer Klassifikation eine ´systematische Einordnung von Klassen´. Daraus ableitend besteht die Hauptaufgabe jeder Klassifikation in der hierarchischen Gliederung vordefinierter Klassen. Diesen Klassen können dann Elemente mit gleichen Eigenschaften zugeordnet werden. Dazu müssen eindeutige Regeln aufgestellt werden, um eine einheitliche und vor allem übersichtliche Struktur dieser Klassen zu schaffen. So besteht eine wesentliche Anforderung an eine Klassifikation darin, dass die unterschiedlichen Elemente eines Gegenstandsbereiches, z.B. Produkte oder Bauteile, innerhalb der vorgegebenen Struktur den jeweiligen Klassen eindeutig zuzuordnen sind. Weiterhin sollte diese Struktur innerhalb der aufgestellten Regeln flexibel erweiterbar sein, um diese den jeweiligen Bedingungen anpassen zu können.

Abhängig von den jeweils zu erfüllenden Aufgaben wurden auch im Bauwesen unterschiedliche Klassifikationen geschaffen. In den folgenden Kapiteln 3 und 4 werden die für die Planung und Ausführung von Bauvorhaben wesentlichen Klassifikationen vorgestellt. Dazu werden diese vor allem nach der Erfüllung der Anforderungen nach

- Allgemeingültigkeit,
- Eindeutige und übersichtliche Strukturierung,
- Flexibilität und Erweiterbarkeit und
- Schnittstellen

untersucht.

3.2 Klassifikation nach DIN 276/277

Aufgabe der DIN 276 ist „die Ermittlung und die Gliederung von Kosten im Hochbau.“ (Punkt 1 „Anwendungsbereich“ DIN 276) Diese Norm soll damit die „Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Kostenermittlungen schaffen.“ Dazu werden im Punkt 3.2 die Arten der Kostenermittlung festgelegt. So unterscheidet man, abhängig von den Leistungsphasen nach HOAI, zwischen Kostenschätzung, -berechnung, -anschlag und -feststellung.

Daraus ableitend ist die Zielstellung der DIN 276, Kostengruppen zu schaffen, die einen einfachen und transparenten Soll-Ist-Vergleich während der gesamten Planungs- und Ausführungsphase ermöglichen. Aus diesem Grund wurde in Punkt 4 der Norm eine bauteilorientierte Kostengliederung geschaffen. Diese Gliederung besteht aus 3 Ebenen, die gem. [7, S. 59] folgende Struktur bilden:

1. Ebene – Auf dieser Hierarchiestufe wird das Gebäude nach Makroelementen in 7 Kostengruppen gegliedert. Nach Punkt 3.2.1 DIN 276 ist diese Ebene mindestens Grundlage der Kostenschätzung.
2. Ebene – In der untergeordneten 2. Ebene erfolgt die weitere Auflösung des Gebäudes in Grobelemente. Basierend auf diesen Grobelementen sollen nach Punkt 3.2.2 und 3.2.4 DIN 276 die Kostenberechnung sowie die Kostenfeststellung erstellt werden.
3. Ebene – Die unterste Ebene gliedert die einzelnen Grobelemente in Bauteile bzw. Gebäude­elemente. Mindestens diese Hierarchiestufe soll nach Punkt 3.2.3 DIN 276 Grundlage des Kostenanschlags sein, so dass die Mengen, Einheitspreise und sonstigen Angaben erst auf dieser 3. Ebene geführt werden.

Um die Arbeit mit den einzelnen Elementen der verschiedenen Ebenen weiter zu vereinfachen, wurde zusätzlich eine Kennzeichnung mit dreistelligen Ordnungszahlen eingeführt.

Die nachfolgende Abbildung 3.2-1 verdeutlicht den Aufbau der Kostengliederung nach DIN 276 am Beispiel der nichttragenden Trennwand in Achse 1 des ArchiCAD-Modells.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2-1: Hierarchische Struktur der Kostengruppen nach DIN 276

Anhand von der Abbildung wird ein wesentlicher Vorteil der hierarchischen Kostengliederung nach DIN 276 deutlich. Dieser besteht darin, dass die Struktur der Gliederung eindeutig und übersichtlich ist. Dadurch wird eine in allen Leistungs­phasen relativ einfache und transparente Kostenzuordnung gewährleistet. Bei der Analyse der Struktur wurde festgestellt, dass alle wesentlichen Elemente eines Gebäudes darin erfasst wurden. Allerdings wurde auch erkannt, dass die Kostengliederung nach DIN 276 aufgrund ihrer starr vorgegebenen Struktur kaum Erweiterungsmöglichkeiten bei der Einarbeitung nicht berücksichtigter Elemente bietet.

Spätestens auf der 2. Gliederungsebene wird ein großer Nachteil der mit der Norm geschaffenen Klassifikation deutlich: Zwischen der bauteilorientierten Gliederung der DIN 276 und den leistungs­orientierten Leistungs­beschreibungen wurden keine eindeutigen Schnittstellen geschaffen. In Folge dessen ist die Zuordnung der erforderlichen Teilleistungen zu den Gebäudeelementen nicht immer eindeutig, so dass ein durchgängiger Datenfluss nicht gewährleistet werden kann. Zum Beispiel wird im StLB – LB 013 – Beton- und Stahlbetonarbeiten unter Punkt 3.2 „Aufgehende Bauteile“ bei den Ortbetonwänden nicht zwischen Außen- und Innenwänden abgegrenzt, während u.a. nach Schachtwand, Treppenhauswand und Widerlager unterschieden wird. Nach der DIN 276 erfolgt jedoch schon auf der 2. Kostengruppenebene bei den Grobelementen eine Abgrenzung zwischen Außen- und Innenwänden.

Um das beschriebene Problem der nicht eindeutigen Schnittstellen zu umgehen, wurde in Punkt 4.2 DIN 276 die Möglichkeit geschaffen, in bestimmten Einzelfällen „die Kostengruppen der 1. Ebene nach herstellungsmäßigen Gesichtspunkten“ zu unterteilen. Dazu können z.B. Gliederungen nach Standardleistungs­buch (StLB) oder nach VOB/C verwendet werden. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass die in der Norm geschaffene, einheitliche Gliederungsstruktur aufgelöst wird. Als Folge wäre ein Vergleich zwischen verschiedenen Bauvorhaben nur noch sehr schwer möglich.

Ergänzend zur DIN 276 wurde die DIN 277 geschaffen, welche Regeln zur „Berechnung der Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken oder Teilen von Bauwerken“ enthält. Diese Norm schafft damit die Voraussetzungen für eine einheitliche Mengenermittlung, wobei die Bauteilklassifikation nach DIN 276 gilt.

In der DIN 277-1 werden die jeweiligen Grundflächen und Rauminhalte nach ihrer Zweckbestimmung gem. Punkt 2, wie in Abbildung 3.2-2 dargestellt, gegliedert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2-2: Gliederung der Gebäude-Grundflächen nach DIN 277

Diese Flächen- und Raumgrößen sollen die Grundlage für die Kosten- und Wirtschaftlich­keitsermittlung legen. Für die umfassende Leistungsbeschreibung eines Bauvorhabens sind diese Größenangaben jedoch unzureichend, da z.B. die unbedingt erforderlichen Wand- und Deckenflächen nicht berücksichtigt werden. Aus diesem Grund werden in der DIN 277-3 die Mengen und Bezugseinheiten für die jeweiligen Gebäudeelemente nach DIN 276 festgelegt.

- Die DIN 276/277 können aufgrund ihrer konstruktionsbezogenen Gliederung nur für den Vergleich der unterschiedlichen Kostenermittlungen in den jeweiligen Leistungsphasen angewendet werden.

3.3 Klassifikationen im Fertigteilbau

Bei den Recherchen zum Fertigteilbau wurde – wie in Abschnitt 2.2 kurz erwähnt – festgestellt, dass sich die Klassifikation der Fertigteile sehr stark an der DIN 276 orientiert. So schlägt u.a. auch die Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V. in ihrer Broschüre „Funktionale Objektbeschreibung für erweiterten Rohbau im Wohnungsbau“ [3, S. 9 - 17] eine Klassifikation nach DIN 276 vor. Von dieser Norm geringfügig abweichend wird z.B. beim Fertigteilhaus-Hersteller WeberHaus folgende Bauteil-Klassifikation vorgenommen:

1) Baugrube und Gründung
2) Außenwände
3) Zwischenwände (tragende und nichttragende Innenwände, Installationswände)
4) Decken
5) Dachkonstruktionen – Sparren und Pfetten
6) Dachbeläge und -bekleidungen
7) Einbauobjekte, z.B. Treppen, Fenster, Türen, Sanitäranlagen

Dabei sind zwei wesentliche Unterschiede zur Klassifikation nach DIN 276 festzustellen:

- Abweichend von der Norm werden die Baugrube und die Gründung zu einer Klasse zusammengefasst, da bei der Fa. WeberHaus alle zu ihrer Erstellung erforderlichen Teilleistungen direkt auf der Baustelle erbracht werden. Im Gegensatz dazu werden die Bauteile aller anderen Klassen im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle an ihren jeweiligen Schnittstellen z.B. durch Schweißnähte oder Zapfen miteinander verbunden.
- In der DIN 276 werden alle Elemente des Daches unter Grobelement 360 – Dächer zusammengefasst. Bei der Fa. WeberHaus wird aus fertigungs­technischen Gründen eine veränderte Gliederung verwendet, da die Dachbeläge und -bekleidungen als komplett vorgefertigte Dachelemente auf die Dachkonstruktion montiert werden.

Allgemein ist für die Fertigteilhersteller eine Orientierung an der DIN 276 sehr sinnvoll, da der Aufbau aller Bauteile bei ihnen standardisiert ist. Das bedeutet, dass in den jeweiligen Unternehmen Bauteil-Kataloge existieren. Darin ist für die Fertigteilwerke genau definiert, welche Teilleistungen mit der Erstellung des jeweiligen Bauteils verbundenen sind. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass keine zusätzliche Leistungsbeschreibung wie bei der traditionellen Bauweise erforderlich ist, da diese schon Bestandteil der unternehmensinternen Bauteildefinition ist.

3.4 Klassifikationen in CAD-Systemen

Bei der Untersuchung bestehender bauteilorientierter Klassifikationen soll auch auf die Klassifikation in CAD-Systemen eingegangen werden. Allerdings waren die CAD-Systeme der ersten Generation um 1985 waren noch zeichnungsorientiert. Das heißt, dass man mit ihnen nur Zeichnungselemente wie Punkte, Kreise, Linien und einfache geometrische Elemente wie Quader, Kegel und Prismen darstellen konnte. Da die Komplexität von Gebäudestrukturen mit solchen Zeichnungselementen nicht sehr gut zu erfassen ist, waren diese Systeme nur begrenzt einsatzfähig. Aus diesem Grund bieten die CAD-Systeme der neueren Generation – ab 1990 – dem Anwender die Möglichkeit, bauteilorientiert zu entwerfen. Das bedeutet, der Anwender ist in der Lage, das komplette Gebäude mit all seinen Elementen digital abzubilden. Um diese Elemente sinnvoll zu gliedern, wurde innerhalb jedes CAD-Systems eine bauteilorientierte Klassifikation geschaffen, die am Beispiel der Programme „ArchiCAD 6.5“ von der Fa. Graphisoft und „Allplan FT 16“ von der Fa. Nemetschek näher untersucht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.4-1: Beispiel für bauteilorientierte Klassifikationen von CAD-Systemen

Anhand von Abbildung 3.4-1 wird deutlich, dass sich die dargestellten Klassifikationen in ihrem grundsätzlichen Aufbau sehr ähnlich sind. So wird bei beiden CAD-Systemen eine Gliederung in die Elementklassen Wand, Stütze, Decke, Dach, Unterzug, Tür und Fenster vorgenommen. Zusätzlich enthalten sie noch weitere Elemente wie z.B. Treppen und Stürze. Dabei orientieren sich beide Klassifikationen relativ eng an der 3. Kostengruppen­ebene des Bereiches Baukonstruktionen der DIN 276. Es wurde jedoch festgestellt, dass bei den CAD-Systemen auf der Ebene der Wände nicht zwischen Außen- und Innenwänden sowie Wandbekleidungen unterschieden wird. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den individuellen geometrischen, funktionellen und technischen Eigenschaften der einzelnen Elemente wie deren Lage innerhalb des CAD-Modells, ihrem Aufbau oder dem verwendeten Material.

Weitere wichtige Bereiche der 1. Kostengruppenebene der DIN 276, wie die Technischen Anlagen des Bauwerks, Außenanlagen sowie Ausstattung und Kunstwerke, werden dagegen in den untersuchten CAD-Systemen nur in geringem Maße oder gar nicht berücksichtigt. Allerdings können diese bei vielen CAD-Systemen über zusätzliche Objektbibliotheken integriert werden.

Weiterhin wurde im Rahmen der Aufgabenbearbeitung bei der Erstellung des CAD-Modells festgestellt, dass in ArchiCAD 6.5 durch den Anwender keine neuen Elementklassen erzeugt werden können. Allerdings besteht die Möglichkeit, neue Elemente bzw. CAD-Objekte zu erstellen. Diese Alternative wurde u.a. bei der detaillierten Modellierung der abgehangenen Decke sehr intensiv genutzt, da sich die programminterne Objektbibliothek nur auf standardisierte Bauteile beschränkt. Somit wird die Forderung nach Flexibilität und Erweiterbarkeit der Klassifikation nur auf der untersten Objektebene vollständig erfüllt.

Weiterhin wurde bei den Untersuchungen festgestellt, dass die Forderung nach Eindeutigkeit und Übersichtlichkeit durch den Aufbau der Struktur bei beiden CAD-Systemen erfüllt wird.

Eine weitere Anforderung, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist die Integration von Schnittstellen zu den AVA-Systemen. Eine Untersuchung der beiden CAD-Systeme „ArchiCAD 6.5“ und „Allplan FT 16“ sowie Gespräche mit Mitarbeitern beider Software-Entwickler ergaben, dass für die jeweiligen CAD-Modelle Mengenlisten erstellt werden können. Darauf aufbauend besteht die Möglichkeit, diese Mengen zumeist über eine ASCII-Schnittstelle an die entsprechenden AVA-Systeme zu übergeben. Allgemein wurde jedoch bei den Recherchen zu diesem Themengebiet festgestellt, dass diese Möglichkeit der Mengenübergabe aus dem CAD-System bei einem großen Teil der Planungsbüros nicht genutzt wird. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:

- Die Schnittstellen der eingesetzten CAD- und AVA-Systeme sind teilweise nicht untereinander kompatibel, so dass kein Datenaustausch erfolgen kann.
- Daneben wurde auch das fehlende Vertrauen der Mitarbeiter in die Ergebnisse der computergenerierten Mengen genannt, da die vom CAD-System intern verwendeten Formeln und Werte in der Mengenliste oftmals nicht dokumentiert sind. Als Folge können die Ergebnisse der automatischen Mengenermittlung von den Mitarbeitern häufig nicht nachvollzogen werden.

4 Überblick über leistungsorientierte Klassifikationen

4.1 Standardleistungsbuch

Das Standardleistungsbuch (StLB) wurde seit 1965 vom Gemeinsamen Ausschuss Elektronik im Bauwesen (GAEB) entwickelt und steht dem Anwender in Buchform und auf Datenträger zur Verfügung. Im Gegensatz zu den im vorangegangenen Kapitel untersuchten Klassifikationen ist das StLB leistungsorientiert.

Die Aufgabe des StLB ist die Vereinfachung und Beschleunigung der Beschreibung von Bauleistungen zur Erstellung von Bauvorhaben. Dazu wurde das StLB in einzelne Leistungsbereiche gegliedert, welche in DIN 276, Tabelle 2 vorgegeben werden (siehe Anhang I). Diese Gliederung orientiert sich sehr stark an der VOB/C und ist somit außerdem gewerkeorientiert, um den Bezug zu den standardisierten Ausschreibungs- und Abrechnungsverfahren zu gewährleisten und alle dafür erforderlichen Teilleistungen zu erfassen. Allgemein ist es jedoch möglich, die Gliederung nach Punkt 4.4, DIN 276 „entsprechend der Weiterentwicklung des StLB“ anzupassen, so dass die Möglichkeit einer Anpassung und Erweiterung der Klassifikation besteht.

Innerhalb der Leistungsbereiche wurde eine Gliederung nach Teilleistungen geschaffen. Die wesentlichen Bestandteile aller Teilleistungen sind die Standardbeschreibungen und die Standardleistungsbeschreibungen, deren Inhalt im Anwender­handbuch des StLB [5, S. 8 – 22] geregelt ist:

- Die Standardbeschreibungen enthalten allgemeine Regelungen wie Technische Regelungen, Abrechnungsvorschriften oder Festlegungen zu Baustoffen und Bauteilen, die den zugehörigen Beschreibungen von Leistungen vorangestellt werden.
- Die Standardleistungsbeschreibungen liegen als freie Textformulierungen vor. Sie können entsprechend den Erfordernissen des jeweili­gen Bauvorhabens ergänzt und variiert werden. Dazu wurden alle Textfragmente hierarchisch gegliedert und mit Nummern hinterlegt. Für die Beschreibung einer Teilleistung werden die zutreffenden Formulierungen aneinandergefügt, so dass sie immer eine 11-stellige Standardleistungsnummer ergeben. Dadurch ist der Anwender in der Lage, eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten von Leistungs­beschreibungen zu erzeugen.

Für die nachfolgende Abbildung 4.1-1 wurde anhand des StLB – Leistungsbereich Trockenbauarbeiten die Leistungsbeschreibung im Lang- und Kurztext zur Erstellung der Trennwand in Achse 1 des im Rahmen der Diplomarbeit erarbeiteten ArchiCAD-Modells aufgestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4.1-1: Beispiel der Beschreibung einer Teilleistung nach StLB

Anhand der Abbildung 4.1-1 kann man sehr deutlich die Vorteile erkennen, die die Arbeit mit dem StLB bietet:

- Aufgrund der Vorgabe von Textformulierungen sind die Leistungsbeschreibungen genau formuliert und enthalten alle erforderlichen Angaben.
- Die korrekten Abrechnungseinheiten werden vorgegeben.
- Die Erweiterbarkeit der Textformulierungen ermöglicht eine individuelle Anpassung an das jeweilige Bauvorhaben.
- Die vorgegebenen Textformulierungen wurden auf Grundlage von § 9 VOB/A erstellt, so dass sie deren Anforderungen erfüllen.
Neben den erläuterten Vorteilen wurden auch folgende Nachteile festgestellt, mit denen der Einsatz des StLB verbunden ist:
- Jede Beschreibung einer Teilleistung muss abhängig von der zu erbringenden Leistung neu erstellt werden.
- Mit Einführung des neuen StLB-Bau im Jahre 1998 werden die Texte des StLB vom GAEB nicht mehr gepflegt, so dass z.B. Veränderungen in der Normung in die Textformulierungen nicht mehr eingearbeitet werden.
- Die Teilleistungen des StLB sind den Gebäudeelementen der Kostengruppen nach DIN 276 nicht immer eindeutig zuordenbar.

4.2 StLB-Bau – Dynamische Baudaten

Inzwischen wurde das im vorangegangenen Abschnitt 4.1 beschriebene StLB durch das neue StLB-Bau ersetzt, welches auf der Software ´DBD-Texte´ der Fa. Dr. Schiller & Partner basiert. Ziel der Entwicklung war es, die Möglichkeiten der heute zur Verfügung stehenden Computertechnik besser zu nutzen. Im Gegensatz zum alten StLB ist das StLB-Bau ein interaktives Werkzeug mit graphischer Benutzerfläche. Die Arbeit mit diesem System erfolgt datenbankorientiert. Dazu hat der Anwender im Unterschied zum StLB die Möglichkeit, eine Liste aller erforderlichen Beschreibungsmerkmale mit den dazugehörigen Ausprägungen zu erstellen, aus der das Programmsystem eine vollständige und korrekte Beschreibung der Teilleistung erzeugt. Die für das StLB beschriebene Gliederung und Erzeugung von Beschreibungen der Teilleistungen aus Textfragmenten wurde im StLB-Bau beibehalten, so dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung 4.2-1: Beispiel der Erzeugung einer Leistungsbeschreibung aus einer Liste ausgewählter Ausprägungen nach StLB-Bau [44, Bilder aus selbstablaufender Demo]

Bei den Recherchen [4, S. 40 – 44] wurde festgestellt, dass die gewählten Beschreibungs­merkmale und deren Ausprägungen programmintern mit Identifikatoren hinterlegt werden. Dieses Verfahren hat mehrere wesentliche Vorteile:

- Die Identifikatoren sind mit Kostenkennwerten verknüpft, so dass der Preis der einzelnen Teilleistungen bzw. der Gesamtpreis des Angebotes dynamisch erzeugt werden kann.
- Die Identifikatoren des Leistungstextes können für die Produktrecherche in kompatiblen Katalogen oder im Internet benutzt werden. Dazu werden die gewählten Beschreibungsmerkmale mit den jeweiligen Merkmalen der einzelnen Produkte auf Übereinstimmungen untersucht.
- Bei einem Datenaustausch wird nicht die komplette Leistungsbeschreibung übertragen sondern nur die Identifikatoren. Somit wird der Datenaustausch wesentlich beschleunigt.

Um den Datenaustausch zu realisieren, wurde vom GAEB eine spezielle Schnittstelle entwickelt. Diese GAEB-Schnittstelle ermöglicht es, unabhängig vom eingesetzten AVA-Programmsystem die für Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung erforderlichen Daten auszutauschen. Voraussetzung für einen ungehinderten Datenaustausch ist, dass die GAEB-Schnittstelle in den beteiligten Systemen integriert ist. Weiterhin müssen die zu übertragenden Dateien bestimmte Regeln zu deren Aufbau, Inhalt und Umfang erfüllen. Obwohl diese Schnittstelle schon Bestandteil des StLB war, hat sie sich erst mit Einführung des StLB-Bau durchgesetzt.

Nach überein­stimmenden Aussagen von in der Ausschreibung und Vergabe tätigen Mitarbeitern des Architekturbüros Hartmann + Helm sowie des Staatsbauamtes Erfurt wird heute ein Großteil des Datenaustausches innerhalb der Unternehmen und Ämter sowie zwischen diesen über die GAEB-Schnittstelle abgewickelt.

Das StLB und deren Nachfolger, das StLB-Bau, können somit als leistungsfähige Werkzeuge in den unterschiedlichen Phasen der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung eingesetzt werden. Aufgrund ihrer Gliederung in 64 unterschiedliche Leistungsbereiche könnte allerdings die Übersicht bei der Arbeit mit ihnen eingeschränkt sein. Auf der anderen Seite gewährleistet der GAEB [5, S. 12], dass alle Teilleistungen im StLB bzw. StLB-Bau nur einmal vorkommen. Damit wird in jedem Fall die Eindeutigkeit der Zuordnung innerhalb der Klassifikation gewährleistet.

4.3 Klassifikationen in AVA-Systemen

In diesem Abschnitt soll die leistungsorientierte Klassifikation in AVA-Systemen am Beispiel des Programms „ARRIBA 8.1“ der Fa. RIB untersucht werden.

Die allgemeine Aufgabe von AVA-Systemen besteht in der Schaffung einer durchgängigen Kostenplanung von der Ausschreibung über die Vergabe bis zur Abrechnung. Dazu ist es erforderlich, eine Verknüpfung zwischen der DIN 276 und dem StLB-Bau herzustellen. Um dies zu verwirklichen, wurde die Bauelemente- bzw. Gebäudeelemente-Methode (vgl. [7, S. 86ff.], [13, S. 255ff.] und [20, S. 492ff.] ) entwickelt. Diese Methode wird bei vielen AVA-Systemen, u.a. in „ARRIBA 8.1“, angewendet. Dazu müssen elementbasierte Stammkataloge, z.B. „DBD-Bauteile“ der Fa. Dr. Schiller & Partner oder „sirAdos-Elemente“ der Fa. sirAdos, in das AVA-System integriert werden. In diesen Stammkatalogen wurden tausende von Bauelementen mit den jeweils erforderlichen Teilleistungen z.B. nach StLB-Bau hinterlegt. Nach der Auswahl der jeweiligen Bauelemente kann der Anwender durch das System auf Grundlage der verwendeten Stammkataloge automatisch ein Leistungsverzeichnis (kurz: LV) erzeugen lassen.

Bei der Untersuchung der Arbeitsweise von ARRIBA wurde festgestellt, dass trotz der Verwendung von Bauelementen, das AVA-System weiterhin leistungsorientiert arbeitet, um die Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung gem. § 9 VOB/A zu erfüllen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4.3-1: Aufbaus eines LV`s in AVA-Systemen [Übungsbeispiel in ARRIBA 8.1]

Wie in Abbildung 4.3-1 dargestellt, kann jedoch durch den Einsatz der elementbasierten Stammkataloge eine direkte Verknüpfung zwischen den Kostengruppen nach DIN 276 und den Teilleistungen nach StLB-Bau hergestellt werden. Dazu wird die Kostengruppe des gewählten Elements allen zugehörigen Teilleistungen zugeordnet. Für den Anwender besteht dadurch die Möglichkeit, alle Teilleistungen des LV den einzelnen Kostengruppen nach DIN 276 zuordnen zu lassen. Aus diesem Grund trägt der Einsatz der Bauelemente-Methode wesentlich dazu bei, eine durchgängige Kostenplanung zu gewährleisten.

Beim Einsatz von ARRIBA wurde auch festgestellt, dass es leider mit der Bauelemente-Methode nicht möglich ist, eine direkte Verknüpfung mit den einzelnen Gebäudeelementen im CAD-Modell zu schaffen. Allerdings können über die REB-Schnittstelle die Mengen der Gebäudeelemente aus dem CAD- in das AVA-System übernommen werden.

Abschließend wurde erkannt, dass die Klassifikation des untersuchten AVA-Systems „ARRIBA 8.1“ die Forderungen nach Allgemeingültigkeit sowie Eindeutigkeit und Übersichtlichkeit der Struktur erfüllt, da die Klassifikation auf den allgemein anerkannten Stammkatalogen nach StLB-Bau basiert.

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457167
ISBN (Paperback)
9783838657165
DOI
10.3239/9783832457167
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar – Bauingenieurwesen
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
1,3
Schlagworte
entwurf megenermittlung qausschreibung arbeitsvorbereitung dokumentation
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Titel: Bauteilorientiertes Planen und Bauen
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