"Benes-Dekrete" in tschechischen Printmedien
Eine qualitative Inhaltsanalyse und kritische Betrachtung der Berichterstattung in den tschechischen Qualitätswochenprintmedien zum Thema der Dekrete des tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Benes mit ausführlichem historischen Teil
					
	
		©2002
		Diplomarbeit
		
			
				314 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Ein Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist, die Problematik der s. g. Bene-Dekrete in ihren historischen und neuen Zusammenhängen zu erklären und eine Übersicht darüber zu verschaffen. Damit soll gleichzeitig die Kenntnisgrundlage für die empirische Untersuchung gebildet werden.
Die Problematik der umstrittenen Präsidentendekrete stellt ein symbolisch bekanntes Thema dar, das jedoch im Detail kaum behandelt wird. Die Präsidentendekrete sind ein aktuelles, aber kein neues Problem, das nicht nur Tschechien und das Gewissen der Tschechen, sondern auch die zwischenstaatlichen Beziehungen belastet. Und die Präsidentendekrete sind ein Problem, das nicht nur von den Politikern und Historikern diskutiert werden sollte, sondern auch und vor allem von der Gesellschaft, die es betrifft, und von den Massenmedien, welche ein integrierter und wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft sind.
Das zweite, nicht weniger wichtige Ziel dieser Diplomarbeit ist zu erforschen, wie tief und breit die Massenmedien über die Problematik der diskutierten Präsidentendekrete berichten.
Die Präsidentendekrete stellen Gesetze dar, wobei die Beziehung zwischen den Massenmedien und dem Recht (den Gesetzen) besonders interessant ist. Einerseits müssen die Massenmedien die Gesetze einhalten, wie alle anderen Institutionen und Individuen auch, andererseits sollten sie die Gesetze inhaltlich analysieren, thematisieren und zur öffentlichen Diskussion bereitstellen. Ferner sollten sie die Gesetze einer Kritik unterziehen, die Tätigkeit der Gesetzgeber kontrollieren und somit die Rezipienten in das politische (Sub)System, auf dessen Boden die Gesetze diskutiert, verabschiedet bzw. aufgehoben werden, zu integrieren. Diese politischen Funktionen der Massenmedien resultieren, laut Publizistikwissenschaft, aus ihrer besonderen Position in den demokratischen Gesellschaften, welche unter anderem im Mediengesetz verankert ist. Inwieweit die Massenmedien jene politischen Aufgaben erfüllen, soll untersucht werden.
Die drei tschechischen Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex und Týden wurden für die Untersuchung auf Grund der Annahme gewählt, dass sie über die Problematik der Präsidentendekrete dank deren Bedeutsamkeit für Tschechien (kultureller Nähe, Betroffenheit, Relevanz) umfangreicher und detailierter berichten werden als andere europäische Qualitätswochenprintmedien. Nicht zuletzt war die Tatsache, dass jene Printmedien den Bestandteil einer Gesellschaft […]
	Ein Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist, die Problematik der s. g. Bene-Dekrete in ihren historischen und neuen Zusammenhängen zu erklären und eine Übersicht darüber zu verschaffen. Damit soll gleichzeitig die Kenntnisgrundlage für die empirische Untersuchung gebildet werden.
Die Problematik der umstrittenen Präsidentendekrete stellt ein symbolisch bekanntes Thema dar, das jedoch im Detail kaum behandelt wird. Die Präsidentendekrete sind ein aktuelles, aber kein neues Problem, das nicht nur Tschechien und das Gewissen der Tschechen, sondern auch die zwischenstaatlichen Beziehungen belastet. Und die Präsidentendekrete sind ein Problem, das nicht nur von den Politikern und Historikern diskutiert werden sollte, sondern auch und vor allem von der Gesellschaft, die es betrifft, und von den Massenmedien, welche ein integrierter und wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft sind.
Das zweite, nicht weniger wichtige Ziel dieser Diplomarbeit ist zu erforschen, wie tief und breit die Massenmedien über die Problematik der diskutierten Präsidentendekrete berichten.
Die Präsidentendekrete stellen Gesetze dar, wobei die Beziehung zwischen den Massenmedien und dem Recht (den Gesetzen) besonders interessant ist. Einerseits müssen die Massenmedien die Gesetze einhalten, wie alle anderen Institutionen und Individuen auch, andererseits sollten sie die Gesetze inhaltlich analysieren, thematisieren und zur öffentlichen Diskussion bereitstellen. Ferner sollten sie die Gesetze einer Kritik unterziehen, die Tätigkeit der Gesetzgeber kontrollieren und somit die Rezipienten in das politische (Sub)System, auf dessen Boden die Gesetze diskutiert, verabschiedet bzw. aufgehoben werden, zu integrieren. Diese politischen Funktionen der Massenmedien resultieren, laut Publizistikwissenschaft, aus ihrer besonderen Position in den demokratischen Gesellschaften, welche unter anderem im Mediengesetz verankert ist. Inwieweit die Massenmedien jene politischen Aufgaben erfüllen, soll untersucht werden.
Die drei tschechischen Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex und Týden wurden für die Untersuchung auf Grund der Annahme gewählt, dass sie über die Problematik der Präsidentendekrete dank deren Bedeutsamkeit für Tschechien (kultureller Nähe, Betroffenheit, Relevanz) umfangreicher und detailierter berichten werden als andere europäische Qualitätswochenprintmedien. Nicht zuletzt war die Tatsache, dass jene Printmedien den Bestandteil einer Gesellschaft […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 5710 
Belouskova, Gabriela: "Benes-Dekrete" in tschechischen Printmedien: Eine qualitative 
Inhaltsanalyse und kritische Betrachtung der Berichterstattung in den tschechischen 
Qualitätswochenprintmedien zum Thema der Dekrete des tschecholowakischen Präsidenten 
Edvard Benes mit ausführlichem historischen Teil -  
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002  
Zugl.: Wien, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH 
http://www.diplom.de, Hamburg 2002 
Printed in Germany 
iii
Vorwort 
                                                     ,,Siehe dich jetzt um dich herum  alles,  
                                                      was du siehst, was du berührst,  
                                                      war nur eine unsichtbare Idee gewesen,  
                                                      bis sich jemand entschied, sie zu realisieren."
                                                                                                        Richard Bach
   Die Idee, eine klare, wenn auch umfangreiche, Übersicht über die 
innerhalb und au
erhalb Tschechiens so oft diskutierte Problematik der 
Dekrete des Präsidenten Edvard Benes im Rahmen einer 
wissenschaftlichen Arbeit zu bieten, entstand sukzessive und entwickelte 
sich aus dem persönlichen Interesse für die tschechische Geschichte, 
Kultur und Mentalität. Die Idee, jene Problematik in Bezug auf die 
Berichterstattung in den tschechischen Qualitätswochenprintmedien zu 
untersuchen, resultierte aus der Frage, wie sich die tschechische 
Gesellschaft mit der umfangreichen und komplizierten  Problematik  der     
s. g. ,,Benes-Dekrete" auseinandersetze. Es gab zwei Wege: Eine rein 
soziologische oder eine publizistikwissenschaftliche Untersuchung 
durchzuführen. Ich entschied mich für die zweite Möglichkeit, denn die 
Massenmedien stellen einen bedeutenden Bestandteil jeder modernen 
Gesellschaft dar, und als solche sollten sie nicht unterschätzt werden. 
Tschechische Massenmedien sind noch dazu ein Bestandteil einer 
Gesellschaft, die seit der Wende im Jahre 1989 durch eine politische, 
ökonomische, aber auch soziale und kulturelle Transformationsphase 
geht, was in den tschechischen Massenmedien reflektiert wird.    
   Ich danke meinem Betreuer Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Duchkowitsch für 
seine Geduld und Hilfsbereitschaft sowie sein unendliches Verständnis für 
meine Fragen.  
iv
   Ein besonderer Dank gehört Mag. Manfred Martin, der die ganze 
Diplomarbeit korrigierte, mit mir diskutierte und mir viele sprachliche sowie 
inhaltliche Tips gab. 
   Zu Dank verpflichtet bin ich auch Michal Deus, der mit mir einzelne 
Kapitel stundenlang diskutierte, der mir bei der Suche und Auswahl des 
Untersuchungsmaterials half und mich die ganze Zeit aufmunterte. 
   Ferner bedanke ich mich bei allen Freunden und Bekannten, die mir 
geduldig zuhörten und/oder bei der Lösung vieler partieller Probleme 
bezüglich der Diplomarbeit halfen: Mag. Andrea Hauser, Mag. Sandra 
Dudek, Mag. Markéta Györi und Lenka Benesová. 
   Nicht zuletzt danke ich allen, die mir den Aufenthalt und das Studium    
in Wien angenehm gemacht haben: Edith Nedoma, Mag. Ulrike Nedoma, 
Jana Kocábková, Familie Gruber und Herbert Peyer. 
   Und  ein  gro
er Dank gehört meiner Mutter, der diese Diplomarbeit 
gewidmet ist, für ihre Liebe, Geduld und ihren Mut.  
I
Inhaltsverzeichnis 
Abbildungsverzeichnis                                                                           VII 
Einleitung                                                                                                   1             
1 
Präsidentendekrete  historiografische Aspekte und  
              die Analyse                                                                                   4                        
1.1 
Einführende Worte in die Problematik der Präsidentendekrete     5 
1.2 
Biografie und politische Bedeutung von Edvard Benes                 8 
1.3 
Analyse der Dekrete und ihre Bedeutung                                    15      
1.3.1 
1945, 19. Mai, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik     
              Nr. 5/1945 Slg., über die Ungültigkeit einiger  
              eigentumsrechtlicher Verhandlungen aus der Zeit  
              der Unfreiheit und über die nationale Verwaltung  
              der Vermögenswerte der Deutschen, Magyaren,  
              Verräter und Kollaboranten und einiger Organisationen  
              und Anstalten                                                                               16 
1.3.2 
1945, 21. Juni, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik    
              Nr. 12/1945 Slg., über die Konfiskation und  
              beschleunigte Aufteilung des landwirtschaftlichen  
              Vermögens der Deutschen, Magyaren sowie der Verräter  
              und Feinde des tschechischen und slowakischen Volkes           22 
1.3.3 
1945, 17. Juli, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik     
              Nr. 27/1945 Slg., über die einheitliche Regelung der  
              inneren Besiedlung                                                                      29 
II
1.3.4 
1945, 20. Juli, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik     
              Nr. 28/1945 Slg., über die Besiedlung des landwirtschaftlichen 
              Bodens der Deutschen, Magyaren und anderer  
              Staatsfeinde durch tschechische, slowakische und  
              andere slawische Landwirte                                                        33 
1.3.5 
1945, 25. Oktober, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 108/1945 Slg., über die Konfiskation  
              des feindlichen Vermögens und die Fonds  
              der nationalen Erneuerung                                                          37 
1.3.6 
1945, am 19. Juni, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 16/1945 Slg., über die  
              Bestrafung nationalsozialistischer Verbrecher, Verräter  
              und ihrer Helfer und über die au
erordentlichen  
              Volksgerichte                                                                               48 
1.3.7 
1945, 27. Oktober, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 126/1945 Slg., über Sonderabteilungen  
              für Zwangsarbeit                                                                          54 
1.3.8 
1945, 27. Oktober, Prag.  Verfassungsdekret  
              des Präsidenten der Republik Nr. 137/1945 Slg.,  
              über die Sicherstellung der als staatlich  
              unzuverlässig angesehenen Personen  
              während der Revolutionszeit                                                       57 
1.3.9 
1945, 27. Oktober, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 138/1945 Slg., über die Bestrafung  
              einiger Vergehen gegen die nationale Ehre                                60 
1.3.10  1945, 2. August, Prag.  Verfassungsdekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 33/1945 Slg., über die Regelung  
              der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft  
              von Personen deutscher und magyarischer Nationalität             63 
III
1.3.11  1945, 19. September, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 71/1945 Slg., über die Arbeitspflicht  
              von Personen, welche die tschechoslowakische 
              Staatsbürgerschaft verloren hatten                                             72 
1.3.12  1945, 18. Oktober, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 122/1945 Slg., über die Auflösung  
              der deutschen Universität in Prag                                               77 
1.3.13  1945, 18. Oktober, Prag.  Dekret des Präsidenten  
              der Republik Nr. 123/1945 Slg., über die Auflösung  
              deutscher technischer Hochschulen in Prag und in Brünn          79 
1.3.14  Zusammenfassung                                                                      80 
1.4 
Entstehung der dekretalen Kompetenz                                       83 
1.4.1 
Innenpolitische Ordnung in der 
CSR 1918-1938                         84 
1.4.1.1  Erste Verfassung der 
CSR aus dem Jahre 1920                         84 
1.4.1.2  Politische Parteien in der 
CSR in den Jahren 1918-1938           89 
1.4.2 
Münchener Abkommen                                                                91 
1.4.2.1  Entstehung und Inhalt des Abkommens                                      91 
1.4.2.2  Folgen des Abkommens für die 
CSR                                           97 
1.4.3 
Protektorat Böhmen und Mähren                                               101    
1.4.4 
Entstehung der Exilregierung und ihre Tätigkeit                        107 
1.4.5 
Zusammenfassung                                                                    112 
1.5 
Nachkriegspolitik in der 
CSR                                                     115 
1.5.1 
Innenpolitische Ordnung bis zum Jahre 1948                           116 
1.5.2 
Kaschauer Regierungsprogramm                                              123 
1.5.3 
Exkurs: Abschub der Sudetendeutschen aus der 
CSR             126 
1.5.4 
Einige rechtliche, die Präsidentendekrete und  
              den Abschub ergänzende oder regelnde Vorschriften              134 
IV
1.6 
Internationale Rechtsdokumente                                               137        
1.6.1 
Potsdamer Abkommen                                                              137 
1.6.2 
Andere Verträge und Abkommen                                              141 
1.7 
Zusammenfassung                                                                    151 
2 
Entwicklung der tschechischen Printmedien                       157 
2.1 
Printmedien als Mittel kommunistischer Propaganda  
              in den Jahren 1948-1989                                                           159 
2.2 
Printmedien nach der Wende 1989                                           165 
3 
Theoretische Grundlage für die empirische Analyse           170 
3.1 
Massenkommunikation und Massenmedien                              171 
3.2 
Politische Funktionen der Massenmedien in den 
              demokratischen Gesellschaften                                                178 
3.3 Qualitätsprintmedien  insbesondere  
              Qualitätswochenzeitschriften und zeitungen                           187 
3.3.1 
Allgemeines                                                                               187                          
3.3.2 
Berichterstattung                                                                        190 
3.3.2.1  Nachrichten- und Themenauswahl                                            190 
3.3.2.2 Grundformen journalistischer Darstellungsweisen                     193 
3.3.2.2.1  Nachricht                                                                                 194 
3.3.2.2.2  Bericht                                                                                     195 
3.3.2.2.3  Reportage                                                                                196 
3.3.2.2.4  Interview                                                                                  198 
3.3.2.2.5  Magazingeschichte                                                                  199 
3.3.2.2.6  Infografiken                                                                              200 
V
3.3.2.2.7  Kommentar                                                                              201 
3.3.2.3  Informations- und Argumentationsstrategien                             202 
3.3.2.4  Sprache und Textaufbau                                                            203 
4 
Empirische Untersuchung                                                      205 
4.1 
Forschungsleitende Fragestellung                                             205 
4.2 
Festlegung der Analyserichtung und des  
Untersuchungszieles                                                                  215 
4.3 
Eigene Ausgangspositionen                                                      217 
4.4 
Bestimmung des Ausgangsmaterials                                         220 
4.4.1 
Allgemeines                                                                               220 
4.4.2 
Respekt                                                                                      222 
4.4.2.1  Allgemeine Charakteristik                                                          222 
4.4.2.2  Layout und Strukturmerkmale                                                    222 
4.4.3 
Reflex                                                                                         223 
4.4.3.1  Allgemeine Charakteristik                                                          223 
4.4.3.2  Layout und Strukturmerkmale                                                    223 
4.4.4 
Týden                                                                                         224 
4.4.4.1  Allgemeine Charakteristik                                                          224 
4.4.4.2  Layout und Strukturmerkmale                                                    224 
4.5 
Bestimmung des Analysematerials und zeitraums                  225 
4.5.1 
Charakteristik                                                                             225 
4.5.2 
Auswahlmethode                                                                       227 
4.6 
Methodisches Vorgehen                                                            228 
4.6.1 Qualitative 
Inhaltsanalyse nach S. Lamnek und  
              P. Mayring                                                                                 228 
VI
4.6.2 
Angewandte Methode                                                                234 
4.6.2.1  Festlegung von Analyseeinheiten                                              235 
4.6.2.2  Bestimmung einzelner Analyseschritte                                      237 
4.7 
Ergebnisse und ihre Interpretation                                             239 
4.7.1 
Analyseergebnisse: Respekt                                                     240 
4.7.2 
Analyseergebnisse: Reflex                                                        255 
4.7.3 
Analyseergebnisse: Týden                                                         265 
4.8 
Resümee: Untersuchungsergebnisse und erkenntnisse         274  
5 Abschlie
ende Bemerkungen                                                280 
Literaturverzeichnis                                                                              282 
1 
Verwendete Literatur und Internetadressen                              282 
2 
Empfohlene Literatur und Internetadressen                              288 
Anhang                                                                                                   290 
1 
Abkürzungenverzeichnis                                                            290 
2 
Verzeichnis der in der qualitativen Inhaltsanalyse  
              analysierten Zeitschriftenartikel                                                 293 
2.1 
Respekt                                                                                      293 
2.2 
Reflex                                                                                         298 
2.3 
Týden                                                                                         300 
3 
Adressen und Telefonnummern von Respekt,  
              Reflex und Týden                                                                      302 
VII
Abbildungsverzeichnis 
Abbildung 1: Übersichtliche Zusammenfassung der  
                       analysierten Dekrete                                                           82 
1
Einleitung 
   Ein Ziel der vorliegenden Diplomarbeit ist, die Problematik der s. g. 
,,Benes-Dekrete" in ihren historischen und neuen Zusammenhängen zu 
erklären und eine Übersicht darüber zu verschaffen. Damit soll gleichzeitig 
die Kenntnisgrundlage für die empirische Untersuchung gebildet werden.    
   Die  Problematik  der  umstrittenen Präsidentendekrete stellt ein 
symbolisch bekanntes Thema dar, das jedoch im Detail kaum behandelt 
wird. Die Präsidentendekrete sind ein aktuelles, aber kein neues Problem, 
das nicht nur Tschechien und das Gewissen der Tschechen, sondern 
auch die zwischenstaatlichen Beziehungen belastet. Die 
Präsidentendekrete sind ein Problem, das nicht nur von den Politikern und 
Historikern diskutiert werden sollte, sondern auch und vor allem von der 
Gesellschaft, die es betrifft, und von den Massenmedien, welche ein 
integrierter und wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft sind. 
   Das zweite, nicht weniger wichtige Ziel dieser Diplomarbeit ist zu 
erforschen, wie tief und breit die Massenmedien über die Problematik der 
diskutierten Präsidentendekrete berichten.  
   Die  Präsidentendekrete  stellen Gesetze dar, wobei die Beziehung 
zwischen den Massenmedien und dem Recht (den Gesetzen) besonders 
interessant ist. Einerseits müssen die Massenmedien die Gesetze 
einhalten, wie alle anderen Institutionen und Individuen auch, andererseits 
sollten sie die Gesetze inhaltlich analysieren, thematisieren  und             
zur öffentlichen Diskussion bereitstellen. Ferner sollten sie die Gesetze 
einer Kritik unterziehen, die Tätigkeit der Gesetzgeber kontrollieren und 
somit die Rezipienten in das politische (Sub)System, auf dessen Boden 
die Gesetze diskutiert, verabschiedet bzw. aufgehoben werden, zu 
integrieren. Diese politischen Funktionen der Massenmedien resultieren, 
laut Publizistikwissenschaft, aus ihrer besonderen Position in den 
demokratischen Gesellschaften, welche unter anderem im Mediengesetz 
verankert ist. Inwieweit die Massenmedien jene politischen Aufgaben 
erfüllen, soll untersucht werden.  
2
   Die  drei  tschechischen  Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex 
und Týden wurden für die Untersuchung auf Grund der Annahme gewählt, 
dass sie über die Problematik der Präsidentendekrete dank deren 
Bedeutsamkeit für Tschechien (kultureller Nähe, Betroffenheit, Relevanz) 
umfangreicher und detailierter berichten werden als andere europäische 
Qualitätswochenprintmedien. Nicht zuletzt war die Tatsache, dass jene 
Printmedien den Bestandteil einer Gesellschaft bilden, die sich seit 
dreizehn Jahren in einer politischen, ökonomischen und sozialen 
Transformationsphase vom totalitären Regime zum demokratischen Staat 
befindet, nicht uninteressant. 
   Die forschungsleitende Fragestellung lautet: Wie tief und breit berichten 
die tschechischen Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex und 
Týden über die Problematik der s. g. ,,Benes-Dekrete"? 
   Die  theoriebezogenen  Fragestellungen  lauten: Inwieweit erfüllen die 
tschechischen Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex und Týden 
bezüglich der Problematik der umstrittenen Präsidentendekrete die 
politischen Funktionen der Massenmedien, welche die 
Publizistikwissenschaft definiert? Weisen die tschechischen 
Qualitätswochenprintmedien Respekt, Reflex und Týden bezüglich der 
Problematik der umstrittenen Präsidentendekrete noch andere, von der 
Publizistikwissenschaft nicht erkannte, politische Funktionen auf? 
   Als  Methode  wurde  die  qualitative Inhaltsanalyse gewählt, wobei die  
aus der Analyse resultierenden Ergebnisse in die Richtung der 
forschungsleitenden und theoriebezogenen Fragestellungen interpretiert 
wurden.        
   Die vorliegende Arbeit ist für alle gemeint, die sich für die Problematik 
der s. g. ,,Benes-Dekrete" sowie für die tschechischen Printmedien, 
insbesondere für die Diskussion über die politischen Funktionen der 
Massenmedien und deren Berichterstattung interessieren. 
   Diese Diplomarbeit basiert auf folgenden Annahmen:  
   Es ist nicht möglich, sich mit der Gegenwart auseinanderzusetzen und 
die Zukunft zu planen, ohne die Vergangenheit zu kennen. Das bedeutet, 
3
dass keine gegenwärtigen und zukünftigen Probleme effektiv gelöst 
werden können, wenn die Ursachen dieser Probleme, welche in der 
Vergangenheit liegen, nicht bekannt sind und analysiert werden.  
   Menschen erfassen die Wirklichkeit und somit die Wahrheit nicht in ihrer 
Ganzheit. Ein Mensch nimmt nur das wahr, was ihm seine Perspektive 
offenbart. Der Wille, auch andere Perspektiven zu entdecken, kann jedoch 
Hand in Hand mit der Intuition, auf welche die Wissenschaft leider 
verzichtet, zur Erkenntnis jener Wirklichkeit und somit zur Wahrheit führen. 
Alles, was der Mensch schafft und erkennt, ist ein Steinchen eines 
Wirklichkeitsmosaiks. 
   Das  Literaturverzeichnis  beinhaltet  verwendete  und  empfohlene 
Literatur. Diese umfassen die Verzeichnisse wissenschaftlicher sowie 
populärwissenschaftlicher Literatur, der Zeitungs- und Zeitschriftenartikel 
und der Internetadressen.  
Zur verwendeten Literatur gehört die Literatur, aus welcher in der 
Diplomarbeit zitiert oder paraphrasiert wurde. Zur empfohlenen Literatur 
gehört die Literatur, die mit dem jeweiligen Thema zusammenhängt und 
erwähnt werden sollte.  
   Im  Abkürzungenverzeichnis  werden die Abkürzungen erklärt, manche 
werden ins Tschechische oder Deutsche übersetzt. Die Übersetzungen 
stehen immer in den Klammern nach dem Gleichheitszeichen. 
Das Abkürzungenverzeichnis, das Verzeichnis der analysierten 
Zeitschriftenartikel, die Adressen und Telefonnummern der untersuchten 
Zeitschriften sowie ihre Titelseiten und der Lebenslauf der Autorin sind   
im Anhang zu finden. 
   Alle  tschechischen  Zitate  wurden  von  der  Autorin  der  Diplomarbeit      
ins Deutsche übersetzt und von Mag. Manfred Martin kontrolliert.  
   Auch  die  Präsidentendekrete,  bei denen immer die Internetadressen 
deutscher Fassungen angegeben werden, wurden aus dem 
Tschechischen ins Deutsche übersetzt. 
4
1  Präsidentendekrete  historiografische Aspekte 
und die Analyse 
   Ohne die Kenntniss der Geschichte können wir weder die Gegenwart 
verstehen noch die Zukunft planen. Zu jener Kenntnis gehört das 
Grundwissen über die Zusammenhänge, die sich aus anderen 
Zusammenhängen entwickelten und zu anderen Zusammenhängen 
führen. Und jenes Grundwissen ist eine der Voraussetzungen jedes 
wissenschaftlichen Arbeitens. Deshalb werden wir uns mit den 
historiografischen Aspekten bezüglich der Problematik der 
Präsidentendekrete beschäftigen und mit dem Inhalt der am meisten 
umstrittenen Dekrete kritisch auseinandersetzen müssen, um die 
Kenntnisgrundlage für die empirische Untersuchung zu bilden.   
   Die folgenden Subkapitel sind so konzipiert, dass sie die gesamte 
Problematik der Präsidentendekrete umfassen: Die Entstehung der 
dekretalen Kompetenz, die Inhalte und Konsequenzen der diskutierten 
Präsidentendekrete, die Nachkriegspolitik in der 
CSR und die rechtliche 
und politische Bestätigung der Präsidentendekrete, der Abschub der 
Sudetendeutschen aus der 
CSR in den Jahren 1945/46 und die 
internationalen Rechtsdokumente, welche die Problematik betreffen.    
Es wird nicht beabsichtigt, endgültige Lösungen und eindeutige 
Kommentare zur behandelten Thematik vorzulegen. Die folgende 
Auseinandersetzung mit der Problematik bietet eine der Perspektiven, aus 
der die Thematik offenbart werden kann.  
5
1.1  Einführende Worte in die Problematik der 
Präsidentendekrete 
   Die  Präsidentendekrete
1
 (= dekrety prezidenta republiky), oft ungenau 
als ,,Benes-Dekrete" bezeichnet, sind rechtliche Dokumente, welche seit 
ihrer Entstehung in den Jahren 1940 bis 1945
2
 ein gültiger Bestandteil der 
tschechischen bzw. der tschechoslowakischen Rechtsordnung sind. 
Einige wurden in den ersten Nachkriegsjahren durch die damalige 
Gesetzgebung jedoch au
er Kraft gesetzt.  
   Insgesamt  gibt  es  142
3
  Präsidentendekrete.  44  davon  wurden               
im Tschechoslowakischen Verordnungsblatt (= Ú ední v
stník 
ceskoslovenský) im Exil
4
 verkündet, 98 Dekrete wurden in der 
Tschechoslowakei erlassen und im Gesetz- und Verordnungsblatt der 
Tschechoslowakischen Republik (= Sbírka zákon
 a na ízení republiky 
Ceskoslovenské) verkündet.
5
 8 Dekrete
6
 von 142 betreffen direkt die s. g. 
sudetendeutsche Frage, andere 5 Dekrete
7
 hängen mit der 
sudetendeutschen Problematik eng zusammen. 
   Alle  Präsidentendekrete  waren  zuerst von der Regierung entworfen, 
diskutiert und verabschiedet worden, bevor der Präsident über sie 
verhandeln konnte. Und jedes Dekret musste vom tschechoslowakischen 
Präsidenten, in diesem Fall von Edvard Benes
8
, und dem Vorsitzenden 
bzw. einem Mitglied der Regierung signiert werden, bevor es verkündet 
und erlassen wurde.
9
1
 Aus dem Tschechischen wörtlich übersetzt, hie
e es: Dekrete des Präsidenten der  
   Republik.  
2
 Offiziell wurden die Präsidentendekrete erst durch das Verfassungsgesetz Nr. 57/1946  
   Slg. vom 28.3. 1946 zu gültigen Gesetzen genehmigt und verkündet.  
3
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 50 ff. 
4
 Vom 21.7. 1940 bis zum 4.4. 1945 wirkte das provisorische Staatswesen der   
   Tschechoslowakischen Republik im Exil (London).  
5
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 50 ff. 
6
 Siehe dazu Kap. 1.3. 
7
 Siehe dazu ebd. 
8
 Siehe dazu Kap. 1.2. 
9
 Siehe dazu Kap. 1.4.4. 
6
   Mit der Existenz der 13 umstrittenen Präsidentendekrete hängen nicht 
nur eigentumsrechtliche Streitverfahren zwischen Tschechien und den 
hauptsächlich in Deutschland lebenden Sudetendeutschen zusammen, 
sondern auch die Leiden dieser Menschen während des Abschubs
10
aus der Tschechoslowakei in den Jahren 1945/46. 
   Es ist nicht möglich, in der Debatte über die Präsidentendekrete nur 
über den Abschub zu sprechen, ohne politisch-historische 
Zusammenhänge, die zu dieser Katastrophe führten, zu berücksichtigen. 
Genauso ist es aber auch nicht möglich, über die Präsidentendekrete zu 
diskutieren, ohne den Abschub zu erwähnen. Aus diesem Grund 
entschied ich mich, das Kapitel über den Abschub nicht auszulassen, 
obwohl sich der erste Teil der Arbeit hauptsächlich auf den Inhalt, die 
Entstehung und die Entwicklung der Präsidentendekrete konzentriert. Der 
Abschub der Sudetendeutschen wird genauer, jedoch verkürzt im Exkurs
11
behandelt. 
   Die  Präsidentendekrete  bedeuten  kein neues, um so mehr aber ein 
aktuelles Thema.    
Aus der Sicht ihrer Erhaltung bzw. Aufhebung in der tschechischen 
Rechtsordnung stellen sie vor allem ein politisches, zwischen- und 
innerstaatliches Problemthema dar, denn sie wurden am politisch-
rechtlichen Boden verankert und realisiert.
12
   Nach mehr als 50 Jahren ihrer Existenz dürften die Präsidentendekrete 
wieder 
nur
durch 
neue 
Gesetze 
aufgehoben 
werden, 
die                          
im Abgeordnetenhaus und Senat verabschiedet und vom Präsidenten 
signiert werden müssten.  
10
 In der deutschsprachigen Literatur werden hauptsächlich die Termini Vertreibung  
    (= vyhnání) oder, wie im Potsdamer Abkommen erwähnt wurde, Ausweisung                
    (= vyhost
ní) und Überführung (= peprava) verwendet. In der tschechischsprachigen  
    Literatur werden dagegen die Termini odsun (= Abschub), p
esídlení (= Übersiedlung),  
    transfer (= Transfer) und seltener vyhnání (= Vertreibung) verwendet. Da der Terminus  
    Abschub, denke ich, ein für alle Betroffenen akzeptabler Ausdruck ist, entschied ich  
    mich für diesen.   
11
 Siehe dazu Kap. 1.5.3. 
12
 Siehe dazu Kap. 1.4.4.
7
   In der letzten Zeit bemühen sich einige deutsche und österreichische 
Politiker
13
, den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen 
Union mit der Aufhebung einiger Präsidentendekrete zu junktimieren. Dies 
führt zu heftigen Diskussionen, an denen sich vor allem Politiker und 
Experten beteiligen. 
   Im Falle der Aufhebung jener Präsidentendekrete, auf deren Grundlage 
das Vermögen der Sudetendeutschen
14
 konfisziert wurde, würde es sich 
für Tschechien um ein wirtschaftliches und soziales Problem handeln. Es 
entsteht unter anderem die Frage, wo genau der Schlussstrich bezüglich 
der Restitutionen gezogen werden sollte: vor dem Jahr 1945, vor dem 
Beginn des Zweiten Weltkrieges oder vor dem Münchener Abkommen? 
   Für 
die 
tschechische 
Gesellschaft sind die umstrittenen 
Präsidentendekrete und der Abschub der Sudetendeutschen primär ein 
(historisch) moralisches Problem.    
Andererseits bezeichneten 52% der Befragten  in  einer  Untersuchung      
im Jahre 1995 den Abschub der Sudetendeutschen als ,,gerecht". 
Signifikant wuchs die Zustimmung zum Abschub mit zunehmendem Alter 
der Befragten. Diejenigen (24%), welche den Abschub als ,,unrecht" 
bezeichneten, wollten mehrheitlich einen ,,dicken Schlussstrich" unter der 
Vergangenheit ziehen. Nur 4% wollten sich entschuldigen. In den 
ehemaligen Sudetengebieten Nord- und Westböhmens hie
en 59% den 
Abschub gut, in Südböhmen 40%.
15
13
 In Deutschland ist es vor allem die bayerische CDU/CSU, und in Österreich ist es die    
    neue Regierungspartei FPÖ. 
14
 Es betrifft nicht nur das Vermögen der Sudetendeutschen. Stark betroffen waren auch  
    Ungarn, und bis heute wurde die Frage des jüdischen Besitzes nicht vollständig  
    behandelt, obwohl daran gearbeitet wird.  
15
 Vgl. dazu Vodi
cka, 1996, S. 238 f. 
8
1.2  Biografie und politische Bedeutung von Edvard 
Benes
16
   Edvard  Benes  wurde  am  28.  Mai 1884 in Kozlany in Böhmen geboren. 
Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in der vor allem durch die 
nationalen Interessen geprägten Zeit, in der unter anderem auch 
Tschechen nach einer neuen Identität suchten und heftig nach Autonomie                  
in Österreich-Ungarn strebten.  
   Seit 1909 arbeitete er als Dozent für die Nationalökonomie an der 
Prager Karlsuniversität und ab 1915 als der enge Mitarbeiter von T. G. 
Masaryk. 
   Im Jahre 1916 gründete der zukünftige erste Präsident der Ersten 
Republik, T. G. Masaryk, in Paris den Tschechoslowakischen Nationalrat 
(= Národní rada 
ceskoslovenská), der sich hauptsächlich um die 
Gründung eines unabhängigen tschechoslowakischen Staates bemühte, 
und dessen Generalsekretär ab 1917 Benes war. 1918 wurde der Rat   
von den Ententemächten als vorläufige tschechoslowakische Regierung 
anerkannt.  
   Am 28. Oktober 1918 wurde die Erste Tschechoslowakische Republik  
(= 
Ceskoslovenská republika (CSR)) ausgerufen.
17
 Da Benes auf Grund 
seiner Erfahrungen im Ausland in der Au
enpolitik gut bewandert und ein 
enger Vertrauter von Masaryk war, wirkte er von 1918 bis 1935 als 
Au
enminister der Tschechoslowakei. Daneben wurde er in den Jahren 
1921/22 zum Ministerpräsidenten und ab 1923 zum Mitglied der 
Tschechoslowakischen Nationalsozialistischen Partei (= 
Ceskoslovenská 
strana národn
 socialistická). Als Auenminister führte er die 
tschechoslowakische Delegation bei den Pariser Friedensverhandlungen 
1919/20 und vertrat die 
CSR beim Völkerbund.  
16
 Folgende Daten wurden aus Brockhaus Enzyklopädie, 3. Band, 1996, S. 91 und   
    Encyklopedický slovník, 1993, S. 108 entnommen. 
17
 Mit der unmittelbaren Vorgeschichte und dem Verlauf der Entstehung der Ersten  
    Republik sowie dem Wesen des Tschecho-Slowakismus setzt sich Kalvoda, 1986,  
    672 S. auseinander. 
9
   Am  18.  Dezember  1935  wurde  er zum zweiten Staatspräsidenten 
gewählt. Damals musste Masaryk
18
 aus gesundheitlichen Gründen 
abtreten, und er schlug Benes als seinen Nachfolger vor.  
   Nach 
dem 
Münchener 
Abkommen
19
abdizierte 
Benes, 
und                   
am 22. Oktober 1938 verlie
  er  die  Republik.  Im  Exil  blieb  er                   
bis zum Kriegsende.
20
   Nach  dem  Zweiten  Weltkrieg  kam Benes nach Prag zurück und wurde 
zum Präsidenten der neu errichteten Republik gewählt, die erst im Jahre 
1946 bestätigt wurde.
21
   Am 7. Juni 1948 trat er jedoch unter Druck der im Februar die Macht 
ergreifenden Kommunisten zurück.  
   Drei Monate später starb er am 3. September 1948 in Sezimovo Ústí    
in Südböhmen ohne direkte Nachkommen. 
   Meinungen über die Persönlichkeit von Edvard Benes als Menschen und 
Politiker sind bis heute genauso unterschiedlich und disparat wie jene 
über die ganze sudetendeutsche Frage. Aus der Literatur, Dokumenten 
und Briefen bekommen wir von Benes ein Mosaik, in dem jedoch einige 
wichtige Steine fehlen.  
   Grundsätzlich  war  Benes  einerseits ein prinzipientreuer Mensch, der 
sein Leben der Politik widmete und an den unabhängigen Staat der 
Tschechen und Slowaken fest glaubte und diesen Gedanken seine ganze 
politische Karriere unermüdet und treu verfolgte. Andererseits verlie
 er 
18
 Tomás Garrigue Masaryk (1850-1937) war am 14.11. 1918 zum ersten   
    Staatspräsidenten gewählt worden. In den Jahren 1920, 1927, 1934 wurde er  
    wiedergewählt. 
19
 Das Münchener Abkommen wurde am 29.9. 1938 in München von Sir Arthur Neville   
    Chamberlain (Gro
britannien), Édouard Daladier (Frankreich), Adolf Hitler  
    (Deutschland) und Benito Mussolini (Italien) unterzeichnet. Von der  
    tschechoslowakischen Regierung wurde es am 30.9. 1938 angenommen. Auf Grund  
    des Abkommens musste die Tschechoslowakei zwischen dem 1. und dem 10. Oktober  
    1938 umfassende Gebiete an Deutschland abtreten. Siehe dazu Kap. 1.4.2.   
20
 Mehr dazu Kap. 1.4.2 und 1.4.4. 
21
 Siehe dazu Kap. 1.5.1. 
10
nach dem Münchener Abkommen ,,seine Nation"
22
 und führte sie einige 
Jahre später in die Krallen von Stalin.  
Einerseits betonte er immer wieder, er sei gegen die Gewalt und für den 
Frieden und demokratische Prinzipien, andererseits  plante  er  den        
zum grö
ten Teil gewalttätigen Abschub der Sudetendeutschen mit, 
welche Bürger des tschechoslowakischen Staates waren, und lie
 ihn 
schlie
lich zu.  
Einerseits vertrat er die Politik des Verstandes, der Vernunft, der Treue 
und die Voraussicht in der Politik, andererseits fehlte gerade ihm die 
Loyalität gegenüber seinen engsten und treusten Kollegen und der 
Weitblick hinsichtlich der Stalin´schen Politik.
23
   Pavel  Tigrid,  ein  tschechischer Journalist und politischer Publizist, 
beschreibt Benes als einen Menschen, dem ,,
die Herzlichkeit, Spontaneität, 
Innigkeit, das wirkliche Interesse am Leben und am Schicksal des anderen, die 
Fröhlichkeit, von der Zügellosigkeit keine Rede
"
24
 fehlten. ,,
Er war ein kalter, 
wenig zugänglicher und wahrscheinlich schüchterner Herr.
"
25
Tigrid urteilt so nach den Aussagen und Kommentaren von Beness engen 
Mitarbeitern und nach seinen öffentlichen Reden und Briefen.  
   Er sieht Benes als einen Menschen, der sich zu rächen wusste, und der 
an Narzismus litt. Er verweist auf öffentliche Reden und Briefe, in denen 
die Sätze oft mit ,,
wie ich sagte, wie ich richtig abschätzte, ich wusste es        
von Anfang an, meine Gespräche, meine Reise, ich berufe alle, ich ersuche sie, 
ich erkläre feierlich, ich wurde vom richtigen Gedanken geführt (...)
"
26
 beginnen.  
   Laut Tigrid war Benes ein Politiker von Kopf bis Fu
, jedoch ein 
schwacher Redner ohne Stil, der aber gerne  und  oft  lange  Monologe       
in Debatten mit politischen Partnern führte.
27
22
 So bezeichnete Benes in seinen öffentlichen Reden die Tschechen und Slowaken. 
23
 Beness Leben und seine Art der Politik werden genauer und umfangreicher im Werk  
    von Klimek/Zeman, 1997, 293 S. analysiert. 
24
 Tigrid, 2000, S. 133. 
25
 Ebd. 
26
 Ebd., S. 136. 
27
 Vgl. dazu ebd., S. 133. 
11
,,Besser: die Politik war sein Leben, seine Leidenschaft, seine Unterhaltung, 
sein  Sport,  auch  wenn  er  lange  Spaziergänge  mit  dem  Hund  und               
in Begleitung von politischen Freunden mochte, mit denen er beim Gehen  
über die Politik  sprach."
28
,,Und wie schon gesagt wurde, Herr Präsident sprach viel und lange. Es 
waren fast immer Monologe, auch dann, wenn mit ihm Persönlichkeiten wie 
Churchill, Eden, Roosevelt oder Ressortminister sprachen, welche doch 
über die verhandelnde Frage möglicherweise mehr wissen mussten als ihr 
tschechischer Partner. Benes mochte es leidenschaftlich zu belehren, und 
noch mehr mochte er zu prophezeien, und er erregte einen nicht unbedingt 
günstigen Eindruck, dass er alles besser wisse."
29
   Tigrid  hebt  auch  Beness  positive  Seiten hervor. Er war ein gebildeter, 
flei
iger, aufgeweckter und geduldiger Mensch, der an der Masaryks Seite 
die Idee des unabhängigen tschechoslowakischen Staates international 
durchsetzte. Dafür und auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit in der 
Au
enpolitik und im Völkerbund gewann er bei anderen Politikern 
zumindest am Ansehen.
30
Tigrid beschlie
t seine Überlegungen über Benes mit diesen Worten: 
,,Alles wog und bewertete er aus der Sicht der politischen Zweckmä
igkeit; 
und der opferte er wahrscheinlich alles."
31
   Karel 
Capek, ein bedeutender tschechischer Schriftsteller und 
Journalist, der Benes jahrelang persönlich kannte, bewundert und verehrt 
Benes in seinen Briefen und Artikeln. Er sieht ihn als einen geistig starken, 
intelligenten und prinzipientreuen Mann und Politiker, welcher einen 
ausgeprägten Sinn für das logische und analytische Denken hatte. 
28
 Tigrid, 2000, S. 133. 
29
 Ebd., S. 135. 
30
 Vgl. dazu ebd., S. 136. 
31
 Ebd., S. 137. 
12
,,Herr Benes ist noch dazu ein Mensch beschert mit analytischem und 
logischem Geist. Egal, was er sagen oder erklären mag, jedesmal teilt er 
das behandelte Thema mit einer mathematischen Sicherheit in Grundteile, 
und er wirft alle Aspekte auf, die aus dem Thema logisch resultieren; (...). 
In seiner Weltauffassung haben vereinfachte und bequeme Lösungen 
sowie der Glaube, der Berge versetzt, keinen Platz."
32
Capek geht in seinen Überlegungen über Benes noch weiter: 
,,Edvard Benes wird oft von seinen Mitbürgern für sein ausschlie
liches und 
einseitiges Durchsetzen des Rationalismus beschuldigt. Ich frage mich, ob 
in ihm nicht mehr Einigkeit ist als in vielen von uns, weil er der politischen 
weltlichen und einheimischen Szene die Früchte der eigensten Qualitäten 
des tschechischen Volkes aufblühen lassen hat: den Sinn für die Realität, 
Ausdauer und den Sinn für die Standhaftigkeit. Sei dieser Weltbürger und 
gleichzeitig Europäer für die Verkörperung der wichtigsten Tugenden 
seines Volkes gehalten. Es hat für uns eine tiefe Bedeutung, denn es ist 
unsere Visitenkarte."
33
   Jakub 
Cermín beschreibt Benes als einen überzeugten Demokraten und 
vergleicht  seine  politische  Bedeutung  für  die  Tschechoslowakei            
zum beliebten böhmischen König Ji í z Pod
brad
34
.  
,,Edvard Benes war ein überzeugter Demokrat, er glaubte an die 
Verwirklichung des Sozialismus, jedoch unter der Bedingung, dass die 
persönliche Freiheit des Menschen beachtet wird. Das war die Bedingung 
sine qua non. Er war ein unermüdlicher Kämpfer für die Ideale, welche eine 
32
Capek, 2000, S. 91 f. 
33
 Ebd., S. 93. 
34
 Ji í z Pod
brad (1400-1471) legte einen groen Wert darauf, ein gerechter  
    Herrscher sowohl für Kalixtiner (Hussiten) als auch für Katholiken zu sein, und er  
    versuchte im Jahre 1464, die international-politische Isolation mit der Ausarbeitung des  
    Antrages der Friedensunion der europäischen christlichen Herrscher durchzubrechen.  
    Er stammte aus einem Adelsgeschlecht. Zum böhmischen König wurde er im Jahre  
    1458 als erster Herrscher ohne dynastische Abstammung gewählt.     
13
bessere Zukunft nicht nur für sein Volk, sondern für die ganze Menschheit 
aufbauen sollten."
35
   Alle  Vorwürfe  an  Benes,  dass  er 1938 kämpfen und später Stalin nicht 
vertrauen sollte, und dass er zu radikal bei der Lösung des 
sudetendeutschen Problems war, räumt 
Cermín mit folgenden Sätzen 
vom Tisch:  
,,Aber eines kann man Edvard Benes niemals vorwerfen. Er liebte sein Volk 
aus dem ganzen Herzen, und er trug mit seiner Tätigkeit zu seinem 
Aufblühen bei."
36
   So könnten wir über Benes als Mensch und Politiker seitenlange 
Kommentare und Meinungen bringen, die trotzdem kein genaues und 
klares Bild von ihm entstehen lassen. Im Grunde ist es auch nicht wichtig, 
wie Edvard Benes tatsächlich war, obwohl uns sein Charakter einiges 
über sein politisches Handeln erklären kann.  Für  die  Gegenwart  und      
vor allem die Zukunft sind jedoch nicht seine Gefühle, Einstellungen oder 
Begabungen das Entscheidende, sondern ausschlie
lich seine politischen 
Taten und deren Folgen.    
   Beness  politische  Bedeutung  besteht unter anderem sicher darin, dass 
er an der Seite von Masaryk und einiger treuer Kollegen die Gründung der 
Ersten Tschechoslowakischen Republik international anstrebte und 
durchsetzte. Als Au
enminister und in den ersten Jahren seiner 
Präsidentschaft bemühte er sich, die neue Republik als einen 
demokratischen Staat im Ausland zu vertreten und zu präsentieren. 
Inwieweit die Tschechoslowakei tatsächlich demokratisch war, inwieweit 
zum Beispiel die international übliche Minderheitengesetzgebung, die 
auch ein Bestandteil der tschechoslowakischen Rechtsordnung war, in der 
Praxis realisiert wurde, ist ein anderes Thema.  
35
Cermín, 1995, S. 7. 
36
 Ebd.  
14
   Benes glaubte fest an die Demokratie, den Sozialismus und einen 
starken, unabhängigen tschechoslowakischen Staat. Er wusste, dass es 
Jahrzehnte dauern würde, bis die Tschechoslowakei ihre wahre Identität 
und ihren Platz in Europa findet. Er wusste aber auch, und immer wieder 
betonte er, dass gerade deswegen die Staatskontinuität keinesfalls 
abgebrochen werden dürfe. Das Leben in der Republik musste rechtlich, 
politisch, wirtschaftlich, kulturell und sozial ungebrochen fortgesetzt 
werden. Seine politischen Prinzipien sollten dazu verhelfen: 1) Treue     
zur tschechoslowakischen Verfassung aus dem Jahre 1920 und Loyalität 
gegenüber der tschechoslowakischen Bevölkerung
37
, 2) Erhaltung 
demokratischer Prinzipien und 3) politische und kulturelle Orientierung   
auf den Westen, vor allem Frankreich und Gro
britannien.  
   Es  war  aber  gerade  Benes,  der  mit  seinem  politischen  Handeln           
zur Unterbrechung der Staatskontinuität stark beitrug, auch wenn wir 
bedenken, dass jede seiner Entscheidungen von anderen Politikern 
zumindest akzeptiert werden musste, um sie zu verwirklichen. Spätestens 
seit dem Münchener Abkommen brach Benes sukzessive alle seinen 
Grundprinzipien. Damit verriet er sich selbst, seine treusten Freunde und 
vor allem ,,sein Volk". Das war sein grö
ter politischer Fehler. Und es ist 
meiner Meinung nach der einzige Fehler, den wir Benes tatsächlich 
vorwerfen können. Die Folgen daraus waren politische Entscheidungen 
und Taten, die schlie
lich für die Tschechoslowakei ein fatales Ende 
bedeuteten  vierzig Jahre des kommunistischen Diktates und Terrors. 
   Benes hätte vieles nicht verhindern können, er hätte jedoch zumindest 
brutalen Vorfällen nach dem Krieg und Stalin´scher Politik seinen Namen 
als Demokrat und politische Autorität nicht verleihen sollen.
38
37
 Hier sind alle BürgerInnen mit der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft, egal  
    welcher Nationalität, gemeint.  
38
 Vgl. dazu Peroutka, 1999, S. 14 ff. 
15
1.3  Analyse der Dekrete und ihre Bedeutung 
   Im  Rahmen  dieses  Kapitels  werden 13 Präsidentendekrete, welche die 
sudetendeutsche Problematik betreffen, inhaltlich analysiert. Andere 
Dokumente, die mit den diskutierten Präsidentendekreten bzw. der 
sudetendeutschen Problematik eng verbunden sind, werden in darauf 
folgenden Kapiteln
39
 behandelt. 
   Einzelne  Vorschläge  der  Dekrete entstanden während des Zweiten 
Weltkrieges im Exil, als sich die provisorische Exilregierung der 
CSR     
auf die Nachkriegszeit vorbereitete. Sie wurden jedoch sukzessive der 
aktuellen international-politischen Situation in Europa und in der 
CSR 
angepasst.     
   Der Inhalt jedes einzelnen Dekretes wird kurz zusammengefasst, wobei 
wichtige Paragraphen zitiert und erörtert werden. Da ich jedoch weder 
juristische noch politologische Ausbildung habe, werden die 
Präsidentendekrete nicht tiefer kommentiert. Das Anliegen ist es nicht, die 
Position eines Historikers anzustreben, sondern die Dekrete dem Leser 
durch die Dokumentenanalyse anzunähern, das für das Thema 
Wesentliche hervorzuheben und die Dekrete um Hintergrundinformationen 
und Hinweise auf andere, damit zusammenhängende, rechtliche 
Dokumente zu erörtern.  
   Die  Präsidentendekrete  sowie  die meisten Kommentare dazu stammen 
aus dem Buch von Karel Jech. Die im Kapitel zitierten Gesetzestexte 
wurden von der Autorin der Diplomarbeit übersetzt und von Mag. Manfred 
Martin kontrolliert.  
   Bei jedem angeführten Dekret steht auch der Quellenhinweis auf die 
Internetadresse, unter welcher die deutsche Fassung des ganzen 
Dekretes zu finden ist. 
Im Kapitel 1.3.14 werden die wichtigsten Erkenntnisse über die 
Präsidentendekrete noch einmal zusammengefasst und kurz ergänzt.  
39
 Siehe dazu Kap. 1.5.2, 1.5.4 und 1.6. 
16
1.3.1  1945, 19. Mai, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik    
Nr. 5/1945 Slg., über die Ungültigkeit einiger 
eigentumsrechtlicher Verhandlungen aus der Zeit der 
Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der 
Vermögenswerte der Deutschen, Magyaren, Verräter und 
Kollaboranten und einiger Organisationen und Anstalten.
40
   Schon aus der Benennung des Dekretes geht hervor, welchen Gruppen 
von tschechoslowakischen Staatsbürgern Deutsche und Ungarn 
eingeordnet wurden: nämlich zu Verrätern und Kollaboranten. Als solche 
stellten sie ein ungewolltes Element in der Republik dar. Dies war mehr 
ein psychologisches Signal an alle Bürger als ein nötiger politischer 
Schritt, um klarzustellen, wer im Staat nichts mehr zu sagen hatte.     
   Dieses  Dekret  steht  auf  zwei  wesentlichen Pfeilern: Erstens erklärt es 
alle Vermögensübertragungen und eigentumsrechtliche Verhandlungen, 
die nach dem 29. September 1938 aus politischen, nationalen oder 
rassischen Gründen abgeschlossen wurden, für ungültig (§ 1). Zweitens 
stellt es das Vermögen staatlich unzuverlässiger Personen unter die 
nationale Verwaltung (§ 2).    
,,
§ 1 
   (1) 
Alle 
Vermögensübertragungen 
und 
alle 
eigentumsrechtliche 
Verhandlungen, sei es bewegliches oder unbewegliches, öffentliches oder 
privates Vermögen, sind ungültig, sofern sie nach dem 29. September 1938 unter 
dem Druck der Okkupation oder der nationalen, rassischen oder politischen 
Persekution abgeschlossen worden sind.
40
 Vgl. dazu deutsche Fassung:  
   URL: http://www.iolaos.com/scriptorium/deutsch/archiv/weissbuch/dasd86.html  
   [4.3. 2002]. 
17
§ 2 
   (1) Das Vermögen staatlich unzuverlässiger Personen auf dem Gebiet der 
Tschechoslowakischen Republik wird gemä
 weiterer Bestimmungen dieses 
Dekretes unter die nationale Verwaltung gestellt. 
   (2) Als Vermögen staatlich unzuverlässiger Personen wird auch das durch 
diese Personen nach dem 29. September 1938 übertragene Vermögen 
angesehen, es sei denn, dass der Erwerber keine Kenntnis von dem Umstand 
gehabt hat, dass es sich um solches Vermögen handelt.
"
41
   Laut § 3 musste die nationale Verwaltung in allen Betrieben und 
Vermögenssubstanzen eingeführt werden, ,,
wo es der laufende Gang der 
Herstellung 
und 
des 
wirtschaftlichen 
Lebens 
erfordert, 
insbesondere                   
in  verlassenen  Betrieben,  Unternehmungen  und  Vermögenssubstanzen  oder     
in solchen, welche sich in Besitz, in Verwaltung, in Miete oder Pacht staatlich 
unzuverlässiger Personen befinden
"
42
.     
   Für  die  sudetendeutsche  Problematik ist die Definition der ,,staatlich 
unzuverlässiger Personen" in § 4 von gro
er Bedeutung. Neben den 
Personen, die eine Tätigkeit ,,
gerichtet gegen die staatliche Souverenität, 
Selbständigkeit, Integrität, demokratisch-republikanische Staatsform, Sicherheit 
und Wehrkraft der Tschechoslowakischen Republik"
43
 entwickelt haben,
oder 
den Personen,
,,
die zu solcher Tätigkeit angeregt oder andere Personen dazu 
verführt und absichtlich, in welcher Art auch immer, deutsche und magyarische 
Okkupanten
"
44
 unterstützt haben, werden nämlich ,,
Personen deutscher oder 
magyarischer Nationalität
"
45
 genannt. 
,,
§ 6 
   Als Personen deutscher oder magyarischer Nationalität sind jene anzusehen, 
welche sich bei irgendeiner Volkszählung seit dem Jahre 1929 zur deutschen 
41
 Jech, 1995, S. 216. 
42
 Ebd. 
43
 Ebd. 
44
 Ebd. 
45
 Ebd. 
18
oder magyarischen Nationalität bekannt haben, oder Mitglieder nationaler 
Gruppen oder Formationen oder politischer Parteien geworden sind, in denen 
Personen deutscher oder magyarischer Nationalität vereinigt gewesen sind.
"
46
   In weiteren 22 Paragraphen werden die Bedingungen für die Einführung 
der nationalen Verwaltung und die Regeln, Kompetenzen und Aufgaben 
der nationalen Verwaltung konkreter bestimmt.
47
   § 24 ist für unser Thema wichtig: 
,,
§ 24 
   (1) Das unter die nationale Verwaltung gestellte Vermögen, das Arbeitern, 
Landwirten, Gewerbetreibenden, kleinen und mittleren Unternehmern, Beamten, 
Angehörigen freier Berufe und Personen in ähnlicher sozialer Stellung gehört 
hatte, und das sie infolge nationaler, politischer oder rassischer Verfolgung 
eingebü
t haben, ist, sofern es sich nicht um die in § 4 genannten Personen 
handelt, aus der nationalen Verwaltung auszunehmen und sofort den früheren 
Besitzern bzw. deren Erben zurückzustellen. 
(2) Auch die in § 4, Abs a) angeführten Personen, sofern es sich um Arbeiter, 
Landwirte, Gewerbetreibende, kleine und mittlere Unternehmer, Beamte, 
Angehörige freier Berufe und Personen in ähnlicher sozialer Stellung bzw. deren 
Erben handelt, können um die Ausscheidung ihres Vermögens aus der 
nationalen Verwaltung und um die Rückstellung desselben ansuchen, wenn sie 
glaubwürdig nachweisen können, dass sie ein Opfer der politischen oder 
rassischen Verfolgung gewesen sind, und dass sie der demokratisch-
republikanischen Staatsidee der Tschechoslowakischen Republik treu geblieben 
sind. 
(3) Über das bezügliche Ansuchen entscheidet laut § 7 die zuständige Stelle. 
   (4) Das übrige beschlagnahmte Vermögen verbleibt bis zu einer neuen 
legislativen Regelung unter der nationalen Verwaltung.
"
48
46
 Jech, 1995, S. 217. 
47
 Vgl. dazu ebd., S. 217 ff. 
48
 Ebd., S. 221. 
19
   Mit anderen Worten: Das Vermögen aller Personen deutscher und 
ungarischer Nationalität, egal ob sie das Vermögen nach oder vor dem  
29. September 1938 erworben hatten, wurde unter die nationale 
Verwaltung gestellt. Nur Deutsche und Ungarn, welche nach dem Krieg 
kein Vermögen hatten, da es ihnen aus rassischen oder politischen 
Gründen nach dem Münchener Abkommen konfisziert worden war, und 
welche als Arbeiter, Landwirte, Gewerbetreibende, kleine und mittlere 
Unternehmer,  Beamte,  Angehörige  freier  Berufe  und  Personen                 
in ähnlicher sozialer Stellung nachweisen konnten, dass sie aus oben 
genannten Gründen während der nationalsozialistischen Zeit verfolgt 
worden waren, (z. B. deutsche und ungarische Juden), hatten ein Recht 
auf die Ausnahme und Rückgabe ihres (ehemaligen) Vermögens aus der 
nationalen Verwaltung. Es wird jedoch nicht näher bestimmt, wie solch ein 
Nachweis, dessen Beurteilung in vielen Fällen schwierig ist, ausschauen 
sollte.  
   Au
erdem ist hier das Phänomen der kollektiven Schuld erkennbar, 
denn es wird allgemein über Deutsche und Ungarn gesprochen. 
Ausgenommen sind nur diejenigen, die ihre Ausnahme glaubwürdig 
nachweisen konnten. Was war aber mit all jenen, die weder gegen die 
Tschechoslowakei noch für sie gekämpft hatten, (wie auch viele 
Tschechen und Slowaken), und mit gemischten Familien?  
Das Dekret wurde von Dr. E. Benes (Präsident), Z. Fierlinger 
(Regierungsvorsitzender; SD), Stellvertretern des Regierungsvorsitzenden 
J. David (NS), K. Gottwald (KS
C), V. Siroký (KSS), Dr. J. Srámek (L) und  
J. Ursíny (DS), V. Nosek (Innenminister; KS
C), Dr. V. Srobár 
(Finanzminister; DS), Dr. I. Pietor (Minister  für  Innenhandel;  DS),            
Dr. H. Ripka (Minister für Au
enhandel; NS), J.  uris 
(Landwirtschaftsminister; KSS), Dr. J. Soltész (Minister für Arbeitsschutz 
und soziale Fürsorge; KSS), Dr. A. Procházka (Minister für 
Gesundheitswesen; L), Gen. L. Svoboda (Minister für 
Nationalverteidigung), Dr. Z. Nejedlý (Minister für Schulwesen und 
20
Volkskultur; KS
C), V. Kopecký (Minister für Informationen; KSC),         
Gen. A. Hasal (Verkehrsminister), F. 
Hála 
(Postminister; 
L),                    
Dr. J. Stránský (Justizminister; NS), V. Majer (Minister für Ernährung; SD), 
B. Lausman (Minister für Industrie; SD), Dr. V. Clementis (Staatssekretär 
des Au
enministeriums; KSS) für J. Masaryk (Auenminister),             
Gen. Dr. M. Ferjen
cík (Staatssekretär des Ministeriums für 
Nationalverteidigung) und J. Lichner (Staatssekretär des Ministeriums für 
Au
enhandel; DS) unterzeichnet.
49
Anmerkungen:  
   Über einige Schwerpunkte dieses Dekretes verhandelte Edvard Benes 
mit der Exilführung der KS
C in Moskau schon im Dezember 1943. 
   Ursprünglich wurde das Dekret als gesamtstaatlicher legislativer Akt 
konzipiert. Da jedoch der Slowakische Nationalrat (= Slovenská národní 
rada (SNR)) damit nicht einverstanden war, wurden aus dem 
Einführungssatz die Worte ,,
und in Vereinbarung mit dem Slowakischen 
Nationalrat
" ausgelassen.
50
   Mit  dem  Dekret  Nr.  5  sind  auch andere legislative Vorkehrungen 
verbunden:  
   Die Anordnung des SNR vom 5. Juni 1945, Nr. 50/1945 Slg. SNR, über 
die nationale Verwaltung;  
allgemeine Richtlinien für nationale Verwalter vom 18. Juni 1945;  
die  Verlautbarung  des  Finanzministeriums  vom  25.  Juni  1945,                
Nr. 82 Aa d. 
CSR I, über die Sicherstellung des Vermögens der Verräter 
und Kollaboranten;  
die  Verlautbarung  des  Finanzministeriums  vom  25.  Juni  1945,                
Nr. 83 Aa d. 
CSR I, über die Sicherstellung des deutschen Vermögens;  
49
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 222. 
50
 Vgl. dazu ebd. 
21
die  Verlautbarung  des  Finanzministeriums  vom  28.  Juli  1945,                 
Nr. 124 Aa d. 
CSR I, über die Sicherstellung des Vermögens staatlich 
unzuverlässiger Personen;  
Richtlinien vom 19. März 1946 zur Durchführung des § 24 des Dekretes 
des Präsidenten der Republik vom 19. Mai 1945, Nr. 5/1945 Slg., über die 
Ungültigkeit einiger eigentumsrechtlicher Verhandlungen aus der Zeit der 
Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der 
Deutschen, Magyaren, Verräter und Kollaboranten und einiger 
Organisationen und Anstalten, und  
das Gesetz vom 16. Mai 1946, Nr. 128/1946 Slg., über die Ungültigkeit 
einiger eigentumsrechtlicher Verhandlungen aus der Zeit der Unfreiheit 
und über die aus dieser Ungültigkeit und aus anderen Eingriffen in das 
Vermögen resultierenden Ansprüche.
51
51
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 223. 
22
1.3.2  1945, 21. Juni, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik   
Nr. 12/1945 Slg., über die Konfiskation und beschleunigte 
Aufteilung des landwirtschaftlichen Vermögens der 
Deutschen, Magyaren sowie der Verräter und Feinde des 
tschechischen und slowakischen Volkes.
52
   Das Dekret, das allgemein Deutsche und Ungarn in die Klasse der 
Verräter und Feinde der 
CSR einstuft, beginnt mit diesen Worten: 
   ,,
Um dem Ruf der tschechischen und slowakischen Landwirte und Landlosen 
nach einer konsequenten Verwirklichung der neuen Bodenreform entgegen zu 
kommen, und geleitet von der Bestrebung vor allem ein für allemal den 
tschechischen und slowakischen Boden aus den Händen der fremden deutschen 
und magyarischen Grundbesitzer sowie aus den Händen der Verräter der 
Republik zu nehmen und ihn in die Hände der tschechischen und slowakischen 
Landwirte und Landlosen zu geben, bestimme ich auf Vorschlag der Regierung: 
§ 1 
   (1) Mit augenblicklicher Wirksamkeit und entschädigungslos wird für die 
Zwecke  der  Bodenreform  das  landwirtschaftliche  Vermögen  konfisziert,  das      
im Eigentum ist:  
   a) aller Personen deutscher und magyarischer Nationalität, ohne Rücksicht   
auf die Staatsangehörigkeit, 
b) der Verräter und Feinde der Republik beliebiger Nationalität und 
Staatsangehörigkeit,  welche  diese  Feindschaft  vor  allem  in  der  Krise  und           
im Krieg in den Jahren 1938 bis 1945 zum Ausdruck gebracht haben, 
c) von den Aktiengesellschaften und anderen Gesellschaften und 
Korporationen, deren Verwaltung absichtlich und zielgerichtet der deutschen 
Kriegsführung oder faschistischen und nationalistischen Zwecken gedient hat. 
   (2)  Personen  deutscher  und  magyarischer  Nationalität,  welche  sich  aktiv       
am Kampf für die Wahrung der Integrität und für die Befreiung der 
52
 Vgl. dazu deutsche Fassung:  
   URL: http://www.iolaos.com/scriptorium/deutsch/archiv/weissbuch/dasd87.html  
   [4.3. 2002]. 
23
Tschechoslowakischen Republik beteiligt haben, wird das landwirtschaftliche 
Vermögen nach Absatz 1 nicht konfisziert. 
   (3)  Darüber,  ob  eine  Ausnahme  nach  Absatz  2  zulässig  ist,  entscheidet         
auf Antrag der zuständigen Bauernkommission der zuständige 
Bezirksnationalausschuss. Zweifelhafte Fälle legt der Bezirksnationalausschuss 
dem Landesnationalausschuss vor, der sie mit seinem Gutachten zur endgültigen 
Entscheidung 
an 
das 
Landwirtschaftsministerium 
weiterleitet, 
das                       
im Einvernehmen mit dem Innenministerium entscheidet.
"
53
   Der  einleitende  Absatz  formuliert eindeutig, obwohl zu allgemein, das 
Ziel und die Absicht des Dekretes.  
Allen Deutschen und Ungarn wurde laut dieses Dekretes das 
landwirtschaftliche Vermögen ohne das Recht auf die Rückgabe und 
Entschädigung konfisziert. Die einzige Ausnahme stellten Deutsche und 
Ungarn dar, welche sich aktiv am Kampf für die Befreiung der 
CSR 
beteiligt hatten. Diese Menschen besa
en jedoch mit gröter 
Wahrscheinlichkeit nach dem Krieg kein landwirtschaftliches Vermögen 
mehr, da sie auf Grund ihrer politischen Aktivitäten gegen das 
nationalsozialistische Regime oder ihrer Rasse (deutsche und ungarische 
Juden) ihr Vermögen schon längst verloren hatten. Deshalb konnte ihnen 
nach dem Krieg auch kein Vermögen konfisziert werden. Die Rückgabe 
eines solchen Vermögens den in der NS-Zeit gegen das Regime 
kämpfenden oder aus politischen oder rassischen Gründen verfolgten 
Personen deutscher und ungarischer Nationalität wird im Dekret weder 
erwähnt noch geregelt.      
   § 2 bestimmt, wer als Person deutscher oder ungarischer Nationalität 
galt: 
,,
§ 2 
   (1) Als Personen deutscher oder magyarischer Nationalität gelten Personen, 
welche sich bei irgendeiner Volkszählung seit 1929 zur deutschen oder 
53
 Jech, 1995, S. 276. 
24
magyarischen Nationalität bekannt haben oder Mitglieder nationaler Gruppen 
oder Formationen oder politischer Parteien gewesen sind, die sich aus Personen 
deutscher oder magyarischer Nationalität zusammengesetzt haben. 
   (2) Ausnahmen von der Bestimmung des Absatzes 1 werden durch ein 
besonderes Dekret festgesetzt.
"
54
   In § 4 wird das landwirtschaftliche Vermögen näher bestimmt: 
,,
§ 4 
Unter dem landwirtschaftlichen Vermögen (§ 1, Abs 1) ist der 
landwirtschaftliche Boden und der Forstboden, die zu ihm gehörenden Gebäude 
und Einrichtungen, Betriebe der landwirtschaftlichen Industrie, die eigener 
landwirtschaftlichen Wirtschaft und Forstwirtschaft dienen, sowie auch das 
bewegliche Zubehör (lebendes und totes Inventar) und alle Rechte, die mit dem 
Besitz des konfiszierten Vermögens oder seiner Teile verbunden sind, zu 
verstehen.
"
55
   Wenn die Konfiskation physische oder juristische Personen betraf, die  
in § 3 nicht genannt sind, gewährte der Nationale Bodenfonds (= Národní 
pozemkový fond) auf Antrag des örtlichen Nationalausschusses ihnen 
Ersatz für die laufenden Auslagen und Investitionen (§ 5, Abs 1).
56
   Die s. g. ,,Braven" (= ,,hodní"), welche aus § 1 ausgenommen sind, deren 
Vermögen jedoch trotzdem konfisziert wurde, hatten laut § 5, Abs 2 das 
Recht 
auf 
die 
Entschädigung, 
die 
der 
Nationale  Bodenfonds                   
zur Verfügung stellte.
57
   In § 6 wird der Nationale Bondenfonds bestimmt. 
,,
§ 6 
   (1)  Das  landwirtschaftliche  Vermögen,  das  laut  §  1  konfisziert  wurde,  wird      
bis  zur  Übergabe  an  die  Zuteilsempfänger  vom  Nationalen  Bodenfonds               
54
 Jech, 1995, S. 276. 
55
 Ebd., S. 277. 
56
 Vgl. dazu ebd. 
57
 Vgl. dazu ebd. 
25
beim Landwirtschaftsministerium, der hiermit errichtet wird, verwaltet. Die 
Regierung wird ermächtigt, das Statut dieses Fonds zu erlassen.
"
58
   Das  landwirtschaftliche  konfiszierte Vermögen wurde laut § 7 
ausschlie
lich an Personen slawischer Nationalität zugeteilt. Die Gröe 
des zugeteilten Bodens wurde nach dem Zuteilsempfänger 
(Deputatenempfänger und landwirtschaftlicher Arbeiter; Kleinlandwirt; 
vielköpfige Landwirtsfamilie; Gemeinde und Bezirke; Bau-, 
Landwirtschaftsgenossenschaften 
und andere Genossenschaften; 
Arbeiter, öffentliche und private Angestellte und Kleingewerbetreibende)
59
abgestuft. 
   § 7 war für die deutsche Bevölkerung entscheidend. Sie hatten kein 
Recht auf Zuteilung des Bodens. 
,,
§ 7 
   (1) Vom landwirtschaftlichen Vermögen, das vom Nationalen Bodenfonds 
verwaltet wird, ist der Boden Personen slawischer Nationalität als Eigentum 
zuzuteilen: 
   (...). 
(2) In Bezirken mit überwiegender Bevölkerungsmehrheit deutscher 
Nationalität, falls es keine Bewerber tschechischer oder anderer slawischer 
Nationalität, die laut Absatz 1, Lit a) bis f) qualifiziert sind, gibt, bleibt der Boden 
in der Verwaltung des Nationalen Bodenfonds für den Gebrauch der inneren 
Besiedlung. 
   (...).  
   (6) Das Vorzugsrecht auf Zuteilung haben Personen, welche sich im nationalen 
Befreiungskampf ausgezeichnet und verdient gemacht haben, insbesondere 
Soldaten und Partisanen, ehemalige politische Häftlinge und Deportierte und ihre 
Familienangehörigen und gesetzliche Erben sowie durch den Krieg geschädigte 
Bauern. Das Vorzugsrecht ist entsprechend nachzuweisen.
"
60
58
 Jech, 1995, S. 277. 
59
 Vgl. dazu ebd., S. 278. 
60
 Ebd. 
26
   §§ 8 bis 14 regeln einzelne Schritte und Ma
nahmen in der Verwaltung 
des konfiszierten Vermögens.
61
   Das  Dekret  Nr.  12  wurde  von  Dr.  E. Benes (Präsident), Z. Fierlinger 
(Regierungsvorsitzender; SD), V. Nosek (Innenminister; KS
C),               
Dr. J. Stránský (Justizminister; NS), Dr. V. Srobár (Finanzminister; DS),   
J. 
uris (Landwirtschaftsminister; KSS) und V. Majer (Minister für 
Ernährung; SD) unterzeichnet.
62
Anmerkungen: 
   Schon im Exil in London und in Moskau entstanden einige Projekte der 
Bodenreform, die mehr oder weniger an die unvollendete Bodenreform 
aus der Zwischenkriegszeit anknüpfen sollten.
63
   ,,(...),  die  antifaschistischen,  antideutschen  und  antimagyarischen 
Sichten, die auf die Zerstörung der 
CSR, auf erzwungene Eingriffe in den 
Bodenbesitz in den abgetrennten Gebieten oder auch im Inneren des 
Landes, auf die Beschlagnahme des jüdischen landwirtschaftlichen 
Vermögens usw. reagiert haben, sind jedoch schrittweise in den 
Vordergrund vorgerückt."
64
   Das Dekret galt nicht gesamtstaatlich. Die Slowakei hatte ihre eigenen 
Normen, die sich in vielen Punkten von dem oben erwähnten Dekret 
unterschieden. Die Konfiskation des landwirtschaftlichen Vermögens hatte 
deshalb in beiden Teilen der Republik einen unterschiedlichen Verlauf. 
Während in den tschechischen Ländern über die landwirtschaftlichen 
Konfiskate das Verwaltungsamt im Doppelinstanzverfahren entschied, 
hatten in der Slowakei die revolutionär konstituierten 
61
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 279 ff. 
62
 Vgl. dazu ebd., S. 281. 
63
 Vgl. dazu ebd. 
64
 Ebd. 
27
Konfiskationskommissionen, die an keine Verwaltungsvorschriften 
gebunden waren und gegen deren Entscheidungen es keinen wirksamen 
Rechtsschutz gab, das entscheidende Wort.  
Nach der slowakischen Norm wurde die deutsche oder ungarische 
Nationalitätenangehörigkeit nach der Sprache, die in der Familie 
gesprochen wurde, von der Konfiskationskommission bestimmt. Dadurch 
wurden hauptsächlich slowakische Juden, die gewöhnlich in der Familie 
deutsch oder ungarisch sprachen, benachteiligt. So wurde ihr 
landwirtschaftliches Vermögen, das sie im faschistischen Regime verloren 
hatten, nach dem Krieg, ohne Restitution, als das Vermögen der 
Deutschen, Ungarn, Verräter und Feinde konfisziert.
65
   Mit dem Dekret hängen weitere Vorschriften zusammen: 
   Das  Dekret  des  Präsidenten  der  Republik  vom  20.  Juli  1945,               
Nr. 28/1945 Slg., über die Besiedlung des landwirtschaftlichen Bodens der 
Deutschen, Magyaren und anderer Feinde des tschechischen Staates;  
die Anordnung der Regierung vom 3. September 1945, Nr. 70/1945 Slg., 
womit 
das 
Statut 
des 
Nationalen 
Bodenfonds                          
beim Landwirtschaftsministerium festgelegt wurde;  
das  Dekret  des  Präsidenten  der  Republik  vom  25.  Oktober  1945,           
Nr. 108/1945 Slg., das die nicht landwirtschaftliche 
Konfiskationsproblematik regelte;  
Richtlinien für den Nationalausschuss über die nötigsten Ma
nahmen      
in der Landwirtschaft vom 10. Mai 1945;  
Richtlinien für die Bestimmung der Entschädigung für das lebende und 
tote Inventar und andere Einrichtungen von dem konfiszierten 
landwirtschaftlichen Vermögen der Deutschen, Magyaren und Verräter 
laut  Dekret  des  Präsidenten  der  Republik  vom  21.  Juni  1945,                  
Nr. 12/1945 Slg., und vom 20. Juli 1945, Nr. 28/1945 Slg.;  
der Erlass des Landwirtschaftsministeriums  vom  5.  November  1945,      
Nr. 50133/45-IX/S, über die Konfiskation des landwirtschaftlichen 
65
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 281 f. 
28
Vermögens der Deutschen, vor allem der Deutschen österreichischer 
Staatsangehörigkeit und s. g. Antifaschisten, laut Dekret Nr. 12/1945 Slg.; 
Richtlinien des Landwirtschaftsministeriums vom 7. Dezember 1945,      
Nr. 56.279/45-IX/S, über die Konfiskation des landwirtschaftlichen 
Vermögens laut Dekret Nr. 12/1945 Slg., damit wurden 
Miteigentumsanteile geregelt;  
Richtlinien für die Bestimmung der Entschädigung laut § 10 des Dekretes 
des Präsidenten der Republik Nr. 12/1945 Slg. und laut § 7 des Dekretes 
des Präsidenten der Republik Nr. 28/1945 Slg.;  
Richtlinien für die Bestimmung der Entschädigung für Wälder laut § 10 des 
Dekretes des Präsidenten der Republik Nr. 12/1945 Slg. und laut § 7 des 
Dekretes Nr. 28/1945 Slg.;  
der 
Erlass 
des 
Landwirtschaftsministeriums 
Nr. 
25377/45-IX/D              
vom 30. Juli 1945, über die Sicherstellung der kulturell wertvollen Objekte     
auf dem Boden, der im Zuteils- und Besiedlungsverfahren konfisziert 
wurde;  
das Gesetz vom 8. Mai 1947, Nr. 90/1947 Slg., über die Durchführung der 
Buchordnung des konfiszierten feindlichen Vermögens und über die 
Regulierung einiger Rechtsverhältnisse, die sich auf das zugeteilte 
Vermögen beziehen;  
das Gesetz vom 12. Juli 1950, Nr. 98/1950 Slg., über die Auflösung des 
Nationalen Bodenfonds beim Landwirtschaftsministerium und der Fonds 
der Bodenreformen und über die Vereinigung ihres Vermögens.
66
66
 Vgl. dazu Jech, 1995, S. 282 f. 
29
1.3.3  1945, 17. Juli, Prag.  Dekret des Präsidenten der Republik    
Nr. 27/1945 Slg., über die einheitliche Regelung der inneren 
Besiedlung.
67
   Mit diesem Dekret wurden die s. g. Besiedlungsämter zur Regelung der 
inneren Besiedlung errichtet und ihre Aufgaben und Organisation definiert.   
Die innere Besiedlung bedeutete die Rückgabe aller 
tschechoslowakischen Gebiete der slawischen  Bevölkerung  (§  1).          
Mit Personen deutscher und ungarischer Nationalität wurde in der 
Regelung der inneren Besiedlung eindeutig nicht gerechnet. Klare Signale 
sendeten Formulationen wie ,,
die Rückgabe (...) dem ursprünglichen 
slawischen Element
" (§ 1) und ,,
wenn der Vorsitzende ein Tscheche ist, wird 
sein Stellvertreter ein Slowake sein und umgekehrt
" (§ 4).  
   ,,
Auf Regierungsvorschlag und im Einvernehmen mit dem Slowakischen 
Nationalrat bestimme ich: 
§ 1 
   Unter der inneren Besiedlung wird der Komplex aller Ma
nahmen verstanden, 
durch welche nach besonderen darüber erlassenen Vorschriften die Rückgabe 
aller Gebiete der Tschechoslowakischen Republik dem ursprünglichen 
slawischen Element erreicht werden soll.  
§ 2 
   (1) Zur einheitlichen Regelung und Gleichschaltung der inneren Besiedlung 
werden das Besiedlungsamt mit dem Sitz in Prag für die Gebiete der Länder 
Böhmen, Mähren und Mährisch-Schlesien und das Besiedlungsamt mit dem Sitz                
in Pre
burg für die Slowakei errichtet. Diese Ämter verrichten ihre Wirksamkeit  
in der Zentralleitung der Zentralkommission für die innere Besiedlung (weiterhin 
nur Zentralkommission).  
   (2) Die sachliche Wirksamkeit der einzelnen Ministerien und der anderen 
Zentralämter im Bereich der inneren Besiedlung, welche durch besondere 
67
 Da zu diesem Dekret keine deutsche Fassung greifbar war, wird hier das ganze Dekret  
    übersetzt. 
30
Vorschriften bestimmt wird, bleibt unbetroffen; sie wird jedoch in der 
Übereinstimmung mit den Richtlinien der Zentralkommission und der 
Besiedlungsämter verrichtet.
"
68
   Weitere  Paragraphen  bestimmten  die Organisation, Struktur und den 
Aufgabenbereich der Besiedlungsämter (§§ 3-5).  
,,
§ 3 
   (1) An der Spitze jedes Besiedlungsamtes ist der Vorsitzende, den der 
Präsident der Republik auf Regierungsvorschlag ernennt. Die Vorsitzenden der 
Besiedlungsämter nehmen an den Sitzungen der Zentralkommission mit der 
beratenden Stimme teil. 
   (2) Die Zusammensetzung, Organisation und Tätigkeit der Besiedlungsämter 
regelt das Statut ausführlicher, welches die Regierung auf Vorschlag der 
Zentralkommission erlässt; der Innenminister verkündet es im Gesetz- und 
Verordnungsblatt. 
§ 4 
(1) Die Zentralkommission wird beim Innenministerium errichtet. Ihr 
Vorsitzender ist der Innenminister, der sich durch einen Beamten seines 
Ressorts vertreten lassen kann. Ihre Mitglieder sind die Vertreter des 
Präsidiumsamtes der Regierung und der Ministerien für Nationalverteidigung, 
Industrie, Landwirtschaft, Innenhandel, Arbeitsschutz und soziale Fürsorge, 
Finanzen und Justiz und zwei Vertreter des Slowakischen Nationalrates. Die 
Zentralkommission wählt aus ihrem Kreis den Vizepräsidenten der Kommission; 
wenn der Vorsitzende ein Tscheche ist, wird sein Stellvertreter ein Slowake sein 
und umgekehrt. Der Generalsekretär der Zentralkommission ist der Vertreter des 
Präsidiumsamtes der Regierung; seine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass die 
Zentralkommission auch auf die Interessen jener Bestandteile der Regierung und 
Ressorts achtet, welche keine direkte Vertretung in der Zentralkommission 
haben. 
68
 Jech, 1995, S. 318. 
31
   (2) Die Zentralkommission arbeitet ihre Geschäftsordnung aus, welche die 
Regierung genehmigt; für die Zeit, bis es so passiert, erlässt der Innenminister 
eine provisorische Geschäftsordnung. 
(3) Der Vorsitzende kann zur Verhandlung der Zentralkommission dem 
Bedürfnis nach den Vertreter anderer Ministerien oder andere Personen wie 
fachliche Berater berufen, vor allem wenn es der Generalsekretär vorschlägt. 
§ 5 
   (1) Auf Vorschlag der Zentralkommission kann die Regierung die Durchführung 
einiger Aufgaben der Besiedlungsämter anderen öffentlichen Ämtern oder 
Organen überlassen oder zu diesem Zweck ihre besonderen Kanzleien oder 
Organe errichten. 
(2) Alle öffentlichen Ämter und Organe sind verpflichtet, mit der 
Zentralkommission und den Besiedlungsämtern auf Ersuchen mitzuwirken, und 
diese bei der Verrichtung ihrer Aufgaben wirkungsvoll zu unterstützen. 
§ 6 
   Dieses Dekret tritt am Tag des Erlasses in Kraft und gilt für das Gebiet des 
gesamten Staates; es wird von allen Mitgliedern der Regierung durchgeführt.
"
69
   Das  Dekret  unterzeichneten:  Dr.  E. Benes (Präsident), Z. Fierlinger 
(Regierungsvorsitzender; SD), Stellvertreter des Regierungsvorsitzenden 
J. David (NS), K. Gottwald (KS
C), V. Siroký (KSS), Dr. J. Srámek (L) und  
J. Ursíny (DS), Gen. L. Svoboda (Minister  für  Nationalverteidigung),       
Dr. H. Ripka (Minister für Au
enhandel; NS), V. Nosek (Innenminister; 
KS
C), Dr. V. Srobár (Finanzminister; DS), Dr. Z. Nejedlý (Minister für 
Schulwesen und Volkskultur; KS
C), Dr. J. Stránský (Justizminister; NS),  
V. Kopecký (Minister für Informationen; KS
C), B. Lausman (Minister für 
Industrie; SD), J.  uris (Landwirtschaftsminister; KSS), Dr. I. Pietor 
(Minister für Innenhandel; DS), Gen. A. Hasal (Verkehrsminister), F. Hála 
(Postminister; L), Dr. J. Soltész (Minister für Arbeitsschutz und soziale 
Fürsorge; KSS), Dr. A. Procházka (Minister  für  Gesundheitswesen;  L),    
69
 Jech, 1995, S. 318 f. 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2002
- ISBN (eBook)
- 9783832457105
- ISBN (Paperback)
- 9783838657103
- Dateigröße
- 1.2 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität Wien – Human- und Sozialwissenschaften, Publizistik und Kommunikationswissenschaft
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- tschechische printmedien qualitative inhaltsanalyse massenmedien tschechoslowakische geschichte sudetendeutsche
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					