Kognitive Beanspruchung motorischen Lernens
Untersuchungen mit Hilfe der Doppeltätigkeits-Methodik
					
	
		©2002
		Doktorarbeit / Dissertation
		
			
				94 Seiten
			
		
	
				
				
					
						
					
				
				
				
				
			Zusammenfassung
			
				Inhaltsangabe:Einleitung:	
Motorisches Lernen in Sport und Alltag beinhaltet aufwendige Anpassungsprozesse unseres zentralen Nervensystems. Zahlreiche Phasenmodelle motorischen Lernens gehen davon aus, dass solche Anpassungsprozesse in charakteristischen Abschnitten mit jeweils vorherrschenden informationsverarbeitenden Prozessen ablaufen. Daher wurde postuliert, dass der Bedarf an kognitiven Rechenressourcen während des Lernens ansteigt, und dass spezifische Ressourcen zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Lernens dominant beansprucht werden.
Diese Arbeit untersuchte den Ressourcenbedarf einer Adaptation an veränderte visuelle Feedbackbedingungen mit Hilfe der Doppeltätigkeits-Methodik. Dazu führten Versuchspersonen mit ihrer dominanten Hand eine Trackingaufgabe unter verschiedenen Feedback-Bedingungen und gleichzeitig mit der anderen Hand verschiedene Zweitaufgaben durch. Die Zweitaufgaben bestanden aus unterschiedlichen Reaktionszeit-Aufgaben, welche jeweils spezifische informationsverarbeitende Prozesse beinhalteten. Im Vergleich zu einer Kontrollbedingung beanspruchte eine Zweitaufgabe besonders viel Aufmerksamkeit, eine andere dagegen eine visuell-räumliche Rotation und eine weitere Zweitaufgabe eine aufwendige Bewegungsprogrammierung.
Zu Beginn des Lernens stieg die Doppeltätigkeits-Interferenz zwischen Tracking- und Zweitaufgaben stark an und reduzierte sich im weiteren Verlauf des Übens wieder. Dabei war in einer frühen Phase des Lernens die aufmerksamkeitsbeanspruchende Zweitaufgabe und die Aufgabe mit räumlicher Drehung besonders störend für die Trackingleistung. Im Gegensatz dazu interferierte die Zweitaufgabe mit komplexer Bewegungsprogrammierung und -ausführung vorherrschend zu einem späteren Zeitpunkt des Lernens.
Diese Ergebnisse liefern somit seltene empirische Hinweise für die These, dass sich der Ressourcenbedarf während des motorischen Lernens quantitativ und qualitativ verändert.
Die Anpassung an modifizierte Feedback-Bedingungen benötigt vermehrt kognitive Ressourcen, deren Bedarf im Verlauf des Lernens im Allgemeinen immer mehr abnimmt. Außerdem kommt es für bestimmte Ressourcen, welche zu verschiedenen Zeitpunkten des Lernens vorherrschend beansprucht werden, zu einer zunehmenden Belastung. Die Interferenzmuster deuten dabei auf eine spezifische Ressourcenbeanspruchung hin, welche mit den postulierten Inhalten der Phasenmodelle gut übereinstimmt. Eine frühe Phase des Lernens scheint vermehrt Aufmerksamkeit und […]
	Motorisches Lernen in Sport und Alltag beinhaltet aufwendige Anpassungsprozesse unseres zentralen Nervensystems. Zahlreiche Phasenmodelle motorischen Lernens gehen davon aus, dass solche Anpassungsprozesse in charakteristischen Abschnitten mit jeweils vorherrschenden informationsverarbeitenden Prozessen ablaufen. Daher wurde postuliert, dass der Bedarf an kognitiven Rechenressourcen während des Lernens ansteigt, und dass spezifische Ressourcen zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Lernens dominant beansprucht werden.
Diese Arbeit untersuchte den Ressourcenbedarf einer Adaptation an veränderte visuelle Feedbackbedingungen mit Hilfe der Doppeltätigkeits-Methodik. Dazu führten Versuchspersonen mit ihrer dominanten Hand eine Trackingaufgabe unter verschiedenen Feedback-Bedingungen und gleichzeitig mit der anderen Hand verschiedene Zweitaufgaben durch. Die Zweitaufgaben bestanden aus unterschiedlichen Reaktionszeit-Aufgaben, welche jeweils spezifische informationsverarbeitende Prozesse beinhalteten. Im Vergleich zu einer Kontrollbedingung beanspruchte eine Zweitaufgabe besonders viel Aufmerksamkeit, eine andere dagegen eine visuell-räumliche Rotation und eine weitere Zweitaufgabe eine aufwendige Bewegungsprogrammierung.
Zu Beginn des Lernens stieg die Doppeltätigkeits-Interferenz zwischen Tracking- und Zweitaufgaben stark an und reduzierte sich im weiteren Verlauf des Übens wieder. Dabei war in einer frühen Phase des Lernens die aufmerksamkeitsbeanspruchende Zweitaufgabe und die Aufgabe mit räumlicher Drehung besonders störend für die Trackingleistung. Im Gegensatz dazu interferierte die Zweitaufgabe mit komplexer Bewegungsprogrammierung und -ausführung vorherrschend zu einem späteren Zeitpunkt des Lernens.
Diese Ergebnisse liefern somit seltene empirische Hinweise für die These, dass sich der Ressourcenbedarf während des motorischen Lernens quantitativ und qualitativ verändert.
Die Anpassung an modifizierte Feedback-Bedingungen benötigt vermehrt kognitive Ressourcen, deren Bedarf im Verlauf des Lernens im Allgemeinen immer mehr abnimmt. Außerdem kommt es für bestimmte Ressourcen, welche zu verschiedenen Zeitpunkten des Lernens vorherrschend beansprucht werden, zu einer zunehmenden Belastung. Die Interferenzmuster deuten dabei auf eine spezifische Ressourcenbeanspruchung hin, welche mit den postulierten Inhalten der Phasenmodelle gut übereinstimmt. Eine frühe Phase des Lernens scheint vermehrt Aufmerksamkeit und […]
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
ID 5666 
Eversheim, Udo: Kognitive Beanspruchung motorischen Lernens: Untersuchungen mit Hilfe der 
Doppeltätigkeits-Methodik / Udo Eversheim - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002  
Zugl.: Köln, Sporthochschule, Dissertation / Doktorarbeit, 2002
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Diplomica GmbH 
http://www.diplom.de, Hamburg 2002 
Printed in Germany 
Inhaltsverzeichnis 
Inhaltsverzeichnis 
1.
EINLEITUNG ...1
1.1 Motorisches Lernen...2 
1.2 Leistungsverbesserungen durch motorisches Lernen...5 
1.3 Theorien motorischer Lernprozesse...6 
1.3.1 Phasenmodelle motorischer Lernprozesse...7 
1.3.1.1 Zweiphasige Modelle ...7 
1.3.1.2 Dreiphasige Modelle ...8 
1.3.1.3 Zusammenfassung...10 
1.4 Empirische Studien zu motorischen Lernprozessen ...11 
1.4.1 Korrelationsstudien...11 
1.4.2 Studien mit unterschiedlichem Training...12 
1.4.3 Studien mit Doppeltätigkeiten...13 
1.4.3.1 Interpretation von Doppeltätigkeits-Interferenz...13 
1.4.3.2 Frühere Doppeltätigkeits-Studien ...18 
1.5 Intention der eigenen Untersuchungen...21 
2.
ALLGEMEINE METHODIK UND MATERIAL...24
2.1 Versuchspersonen...24 
2.2 Apparatur...25 
2.3 Motorische Lernaufgabe...25 
2.4 Zweitaufgaben ...27 
2.5 Versuchsablauf...28 
2.5.1 Einführungssitzung...29 
2.5.2 Experimentelle Sitzung...29 
3.
EXPERIMENT A ...31
3.1 Spezielle Methode...31 
3.1.1 Lernaufgabe...31 
3.1.2 Zweitaufgaben...32 
3.2 Ergebnisse...33 
3.2.1 Lernaufgabe...33 
3.2.2 Zweitaufgaben...38 
3.3 Diskussion...39 
Inhaltsverzeichnis 
4.
EXPERIMENT B ...43
4.1 Spezielle Methode...43 
4.1.1 Lernaufgabe...43 
4.1.2 Zweitaufgaben...44 
4.2 Ergebnisse...44 
4.2.1 Lernaufgabe...44 
4.2.2 Zweitaufgaben...47 
4.3 Diskussion...49 
5.
EXPERIMENT C ...51
5.1 Spezielle Methode...52 
5.1.1 Lernaufgabe und Zweitaufgaben...52 
5.2 Ergebnisse...52 
5.2.1 Lernaufgabe...52 
5.2.2 Zweitaufgaben...55 
5.3 Diskussion...56 
6.
EXPERIMENT D ...58
6.1 Spezielle Methode...59 
6.1.1 Lernaufgabe...59 
6.1.2 Zweitaufgaben...59 
6.2 Ergebnisse...61 
6.2.1 Lernaufgabe...61 
6.2.2 Zweitaufgaben...63 
6.3 Diskussion...64 
7.
ALLGEMEINE DISKUSSION...66
7.1 Ressourcenbedarf motorischen Lernens ...66 
7.2 Zusammenhang mit spezifischer Gehirnaktivität...68 
7.3 Schriftliche Vorinformation verändert den Ressourcenbedarf...70 
7.4 Doppeltätigkeits-Interferenz aufgrund peripherer Mechanismen...71 
7.5 Weiterentwicklung der Doppeltätigkeits-Methodik...72 
8.
ZUSAMMENFASSUNG ...74
9.
LITERATUR ...77
ANHANG A ... A
ANHANG B ... B
1. Einleitung 
1 
1. Einleitung 
Der Mensch gilt anthropologisch als ein auf Lernen angelegtes Wesen. Sowohl der 
Erwerb kognitiver Fähigkeiten als auch das Lernen neuer motorischer Fertigkeiten ist 
von fundamentaler Bedeutung für die Entwicklung des Menschen. Dabei ist das 
Erlernen neuer und verbesserter Bewegungsabläufe von fast täglicher Präsenz in 
Beruf und Alltag und hat darüber hinaus bei jeglicher sportlicher Aktivität einen 
besonderen Stellenwert. 
Wie wohl jeder aus eigener Erfahrung weiß, bereitet das Lernen einer neuen 
Bewegung oder Sportart zu Beginn oft große Schwierigkeiten. Umso größer ist die 
Freude, wenn nach einiger Zeit immer weniger Fehler gemacht werden und die 
Bewegung zunehmend genauer und fließender wird. Nach ausreichender 
Übungsdauer, welche sich allerdings über Jahre erstrecken kann, beherrscht man die 
Bewegung dann mit so konstanter und guter Qualität, dass man sich gleichzeitig auf 
andere Dinge konzentrieren kann. Welche Prozesse ermöglichen es uns, neue 
Bewegungen zu erlernen, und welche Beanspruchungen stellen sie an das 
sensomotorische System des Menschen? Sind die gleichen Prozesse sowohl zu 
Beginn als auch in späteren Abschnitten des Lernens wirksam, oder verändern sie 
sich während des Lernens? Obgleich die Wissenschaft hierzu zahlreiche 
Erkenntnisse hervorgebracht hat, sind viele der zugrundeliegenden Mechanismen 
von Lernprozessen noch weitgehend unklar. Diese Arbeit versucht einen kleinen 
Beitrag zu leisten, um etwas mehr Licht ins Dunkel des Erlernens neuer Bewegungen 
zu bringen. 
Im ersten Abschnitt der Einleitung wird eine mögliche Definition motorischen 
Lernens und der sich daraus ergebenden Konsequenzen vorgenommen. Auf der Basis 
dieser Sichtweise werden dann Modelle motorischer Lernprozesse vorgestellt und 
diskutiert. Anschließend folgt eine Einführung in die Untersuchungsmethodik von 
Lernprozessen, insbesondere in die Methodik der Doppeltätigkeit. Zum Abschluss 
der Einleitung werden frühere Studien zusammenfassend vorgestellt und die 
Zielsetzung der eigenen Untersuchung dargelegt. 
1. Einleitung 
2 
1.1 Motorisches Lernen 
Motorisches Lernen bezeichnet keinen singulären Vorgang, sondern steht vielmehr 
für eine Reihe komplexer sensomotorischer Prozesse, welche die Ausführung und 
Aneignung neuer Bewegungsmuster beinhalten. Man unterscheidet verschiedene 
Formen motorischen Lernens: nicht-assoziatives, konditioniert-assoziatives, 
adaptives und das Erlernen neuer Fertigkeiten (Leonard 1997). In seiner einfachsten 
Form verläuft Lernen nicht-assoziativ, z.B. durch Habituierung oder Sensitivierung. 
Bei einer Habituierung wird eine Reaktion auf einen sich oft wiederholenden Reiz 
zunehmend unterdrückt, während sich eine Reaktion durch Sensitivierung allmählich 
steigert. Als klassisches Beispiel konditioniert-assoziativen Lernens, auch Reiz-
Reaktions-Lernen genannt, ist Pawlows Konditionierungs-Experiment bekannt. 
Pawlows Hund lernte, einen bestimmten Stimulus assoziativ mit der Fütterung zu 
verknüpfen, so dass nach einiger Zeit der Stimulus alleine ausreichte um 
Speichelfluss auszulösen. Adaptation bezeichnet die Anpassung des motorischen 
Systems an veränderte sensorische Informationen, beispielsweise bei der Gewöhnung 
an eine neue Korrekturbrille. Diese produziert neben einer höheren Schärfe auch oft 
Verzerrungen, an die sich das visuelle System anpassen muss. Adaptationen werden 
häufig für experimentelle Untersuchungen verwendet, da sie sich leicht unter 
Laborbedingungen erzeugen und kontrollieren lassen, wie beispielsweise eine 
Adaptation an Prismengläser, welche die visuelle Wahrnehmung verändern (z.B. 
Stratton 1897; Helmholz 1925; Kohler 1955; Ingram et al. 2000; Redding & Wallace 
2000). Das Lernen von Bewegungsfertigkeiten umfasst in erster Linie den Erwerb 
von neuen oder neuartigen Bewegungsmustern, welche zu einer Verbesserung der 
Bewegungsleistung hinsichtlich Geschwindigkeit, Genauigkeit und Effizienz führen 
(Donoghue et al. 1996). Zu einem gewissen Grade greift aber auch das Erlernen 
neuer Fertigkeiten auf bereits vorhandene Bewegungsmuster zurück. 
Grundsätzlich beinhalten die verschiedenen Formen motorischen Lernens sowohl 
spezifische als auch gemeinsame Prozesse und Mechanismen. Vor allem das Lernen 
neuer Fertigkeiten und die Adaptation sind inhaltlich oft nur schwierig voneinander 
zu trennen: Bedeutet klassischer Skilanglauf beispielsweise das Erlernen neuer 
Bewegungsprogramme oder adaptiere ich "n ur" meinen Gang an Gleiten und 
1. Einleitung 
3 
Abstoßen? Daher werden beide Bezeichnungen von vielen Autoren synonym 
verwendet. In dieser Arbeit wird Adaptation als eine mögliche Form motorischen 
Lernens betrachtet, welche viele grundsätzliche Prinzipien des motorischen Lernens 
beinhaltet. 
Assoziatives Lernen, nicht-assoziatives Lernen und das Erlernen einfacher 
Fertigkeiten wird einem, aus der Tradition des Behaviorismus stammenden, Lern- 
und Gedächtnismechanismus zugeschrieben, der als prozedural-implizit bezeichnet 
wird. Prozedural-implizites Lernen erfolgt ohne Beteiligung des Bewusstseins und 
ohne ausgeprägte kognitive Auseinandersetzung mit der Aufgabe (Squire & Zola-
Morgan 1991; Knowlton et al. 1996). Es erfolgt kein Zugriff auf bereits vorhandene 
Gedächtnisinhalte. Des weiteren können während des Lernens erworbene Inhalte 
später nicht bewusst wiedergegeben werden. 
Dem prozedural-impliziten Lernen wird das deklarativ-explizite Lernen 
gegenübergestellt, welches seinen Ursprung in der Kognitionspsychologie des letzten 
Jahrhunderts hat. Deklarativ-explizites Lernen bezeichnet einen bewussten Erwerb 
und Abruf von Fakten und Ereignissen (Squire 1987). Dabei werden Inhalte des 
Kurzzeitgedächtnisses durch ständiges aktives Wiederhohlen ins Langzeitgedächtnis 
überführt und so eine überdauernde Gedächtnisspur, das Engramm, gebildet. Dieser 
Vorgang wird als Konsolidierung bezeichnet (Alvarez & Squire 1994; Brashers-Krug 
et al. 1996). 
Obgleich das Lernen von Fertigkeiten und die Adaptation klassischer Weise dem 
prozedural-impliziten Lernen zugeordnet wird, beinhalten komplexe motorische 
Lernprozesse oft auch explizite Wissensaneignung (Kandel et al. 1995). Lernt man 
z.B. Windsurfen, so bedeutet dies nicht nur einen impliziten Erwerb neuer 
Bewegungsmuster, sondern auch eine kognitive Verarbeitung von Informationen. 
Beispielsweise werden erfolgreiche und nicht erfolgreiche Versuche interpretiert, 
sowie neue Wind- und Wasserbedingungen nach Möglichkeit vorab analysiert. 
Andererseits können durch konstantes Üben explizite Gedächtnisinhalte in implizite 
Formen überführt werden. So benötigt das Fahren eines Autos zu Beginn sehr viel 
1. Einleitung 
4 
Aufmerksamkeit und bewusste Kontrolle, wird aber später oft zu einem 
automatischen und unbewussten Bewegungsablauf. 
Lernen ist Forschungsgegenstand zahlreicher Wissenschaften, beispielsweise von 
Teilgebieten der Psychologie (z.B. experimentelle Psychologie), der Biologie (z.B. 
Neurobiologie) und der Sportwissenschaft (z.B. Bewegungsphysiologie und 
Trainingslehre), welche motorische Lernprozesse auf z.T. sehr unterschiedlichen 
Ebenen des Systems Mensch untersuchen. So kann man Lernen beispielsweise auf 
einer molekularen Ebene, einer Ebene neuronaler Netze oder auf einer Ebene 
"äußer lich sichtbarer" Veränderungen von Bewegungen erforschen.  
Aus einer Perspektive des beobachtbaren Verhaltens lässt sich folgende Definition 
von motorischem Lernen formulieren: 
Motorisches Lernen stellt eine Reihe von Prozessen dar, welche mit Übung und 
Erfahrung verbunden sind und zu relativ dauerhaften Veränderungen von 
Bewegungsfertigkeiten führen (verändert nach Schmidt & Lee 1999). 
Diese Definition impliziert bestimmte Charakteristika des motorischen Lernens. So 
besteht motorisches Lernen aus einer Reihe von Übungsprozessen, d.h. 
Bewegungsmuster werden wiederholt, möglichst verbessert und erneut wiederholt. 
Diese Übungsprozesse führen dann, bei ausreichend langer Dauer, zu verbesserten 
Bewegungsfertigkeiten. Motorisches Lernen ist demnach zu unterscheiden von 
Reifung im Sinne von Veränderungen durch ontogenetische Prozesse. Die 
individuelle Entwicklung, wie beispielsweise die des zentralen und peripheren 
Nervensystems, kann aber sehr wohl Grundlage für motorisches Lernen sein, auf 
deren Basis dann neue Fertigkeiten entstehen. Des weiteren sind durch motorisches 
Lernen entstandene Verbesserungen von relativ stabiler und dauerhafter Natur, d.h. 
sie sind, zumindest teilweise, auch noch nach einer bestimmten Zeitspanne ohne 
Bewegungsausführung vorhanden. Lernen unterscheidet sich dadurch klar von 
Leistungsverbesserungen, welche auf Veränderungen temporärer Variablen wie 
beispielsweise Motivation, Ermüdung, Trainingszustand, Aufmerksamkeit oder 
1. Einleitung 
5 
Biorhythmus beruhen und deshalb nicht von Dauer sind. Der Kontrolle temporärer 
Variablen fällt daher bei Lernexperimenten eine kritische Rolle zu, zumal nicht jede 
Verbesserung der Leistung zwangsläufig einen Lernprozess darstellt (Shea & 
Morgan 1979). Anders formuliert, nicht jede Leistungskurve, welche eine 
zunehmend bessere Bewegungsausführung beschreibt, repräsentiert gleichzeitig eine 
Lernkurve. 
Eine weitere Schwierigkeit von Untersuchungen motorischen Lernens besteht darin, 
ablaufende innere Prozesse zu registrieren. Lernt man beispielsweise Tennis zu 
spielen, so können die dabei auftretenden Veränderungen des zentralen 
Nervensystems, wie etwa neue synaptische Verbindungen, in den meisten Fällen 
nicht erfasst werden. Sehr wohl messbar sind jedoch äußerlich sichtbare 
Leistungsverbesserungen, wie etwa Geschwindigkeit, Genauigkeit und Effizienz 
einer Schlagbewegung. Werden dabei temporäre Variablen konstant gehalten, so 
kann man auf innere Lernprozesse rückschließen. 
1.2 Leistungsverbesserungen durch motorisches Lernen 
Die vorrangige, aber dennoch nicht triviale Beobachtung von Lernen ist eine 
Verbesserung der Leistung. Oft ist diese ausgeprägt und offensichtlich, sie kann aber 
auch unmerklich sein und nur durch besondere Untersuchungsmethoden sichtbar 
werden. So kann es beispielsweise dazu kommen, dass keine Leistungsverbesserung 
mehr registriert wird, aber dennoch weiteres Lernen stattfindet, z.B. im Sinne einer 
zunehmenden Automatisierung. Das Plateau einer Leistungskurve muss demnach 
nicht immer mit einer Stagnation des Lernprozesses korreliert sein. Durch die 
Anwendung besonderer Methoden, wie beispielsweise der gleichzeitigen Ausführung 
einer weiteren Aufgabe (Doppeltätigkeits-Methodik, s.u.), können auch in solchen 
Fällen Lernprozesse weiterhin untersucht werden (vgl. Schmidt & Lee 1999). 
Die Leistungsverbesserung ist zu Beginn des Lernens meist rapide und sprunghaft 
und wird im weiteren Übungsverlauf kontinuierlich geringer. Leistungskurven, als 
graphische Darstellung von Bewegungsleistungen gegen die Übungszeit, ähneln 
1. Einleitung 
6 
deshalb gewöhnlich exponentiellen Funktionen. Statt der absoluten Werte kann man 
ebenso den Logarithmus der Leistung gegen den Logarithmus der Übungszeit 
darstellen, welches dann eine lineare Funktion ergibt und als "law of practice" 
bezeichnet wird (Snoddy 1926)
1
. Dieses impliziert, dass das Ausmaß der 
Leistungsverbesserung zu einem beliebigen Zeitpunkt des Übens umgekehrt 
proportional zu der noch restlich möglichen Leistungssteigerung ist. Anders 
formuliert bedeutet dies, je höher das Leistungsniveau ist, desto langsamer lernt man 
dazu. Daraus ergibt sich des weiteren, dass auch auf hohem Leistungsniveau weitere 
Verbesserungen zwar schwierig, aber bei entsprechend langer Übungsdauer dennoch 
möglich sind. So erhöhte sich beispielsweise die Leistung von Arbeitern einer 
Zigarrenfabrik auch nach 7 Jahren und mehr als 10 Millionen angefertigten Zigarren 
immer noch (Crossman 1959). 
Die in den letzten beiden Paragraphen beschriebenen Veränderungen durch Lernen 
lassen sich bei einer weiten Bandbreite motorischer Aufgaben beobachten (vgl. Fitts 
1964). Sie sind allerdings nur eine Beschreibung des Zusammenhangs von Leistung 
und Übung und liefern keinen weiteren Aufschluss über die dem Lernen 
zugrundeliegenden Prozesse. 
1.3 Theorien motorischer Lernprozesse 
Schon gegen Ende des 19ten Jahrhunderts formulierte James (1890) als einer der 
Ersten die Vorstellung, dass Lernprozesse von einer bewusst kontrollierten 
Steuerung hin zu einer immer mehr aufmerksamkeitsfreien, d.h. automatisierten 
Ausführung verlaufen. Empirische Befunde für sein Modell konnte er allerdings 
nicht präsentieren. 
1
 "Law of practice" als logarithmische Darstellu ng: Log(Z) = Log(a)  b(Log P); Z = Zeit eine Aktion 
zu beenden, P = Praxisumfang, a und b = Konstanten. 
1. Einleitung 
7 
Bryan und Harter (1897, 1899) untersuchten motorische Prozesse während des 
Erlernens der Telegraphie. Ihre Daten zeigten einen Lernfortschritt, welcher in 
abwechselnden Phasen von Verbesserung, Stagnation mit Plateaubildung und 
erneuter Verbesserung voranschritt. Sie interpretierten dies als eine stufenartige 
Aneignung hierarchisch aufgebauter sogenannter "Habits".  
Im 20sten Jahrhundert entwickelte sich vermehrt die Modellvorstellung, dass Lernen 
sukzessive Phasen oder Ebenen durchläuft und dass jede Phase jeweils typische 
sensomotorische Prozesse beinhaltet. Shiffrin und Schneider (Schneider & Shiffrin 
1977; Shiffrin & Schneider 1977) präsentierten eine Reihe von Experimenten, 
welche hauptsächlich aus visuellen "Wiedererkennungsaufgabe n" von Zahlen und 
Buchstaben bestanden. Sie postulierten eine Veränderung im Verlauf des Lernens 
von einer kontrollierten Informationsverarbeitung, charakterisiert als langsam, 
bewusst, seriell und aufmerksamkeitsabhängig, hin zu einer automatischen 
Informationsverarbeitung mit schnellen, unbewussten, parallelen und 
aufmerksamkeitsunabhängigen Prozessen. Ähnliche Modelle sind auch für 
motorische Lernprozesse vorgeschlagen worden, welche im Folgenden dargestellt 
werden. 
1.3.1 Phasenmodelle motorischer Lernprozesse 
1.3.1.1 Zweiphasige Modelle 
Als Erster postulierte Snoddy (1926) ein Modell, welches motorisches Lernen als 
einen in zwei Phasen ablaufenden Prozess beschrieb. Seine Versuchspersonen malten 
geometrische Figuren, während sie als visuelles Feedback nur das Spiegelbild ihrer 
Hand sahen. Snoddy unterteilte den Lernprozess in eine "adaptive Stufe", in welcher 
die Aneignung der erforderlichen Bewegungsmuster erfolgte und eine anschließende, 
die Leistungsfähigkeit verbessernde "Erleichterungsstufe". 
Adams (1971) beschrieb, aufbauend auf seiner "closed loop" Theorie, zwei Phasen 
eines motorischen Lernprozesses. Eine frühe "verbal-motorische Phase", in welcher 
1. Einleitung 
8 
mittels eines Abgleichs von erzieltem Ergebnis (knowlegde of results) und eigener 
Wahrnehmung der Bewegungsausführung Abweichungen des Sollwertes erkannt, 
verbalisiert und zur Fehlerkorrektur verwendet werden. Dieser schließt sich eine 
"motorische Phase"  an, in der durch eine zunehmend ausgebildete 
Wahrnehmungsspur (perceptual trace) eine weitere Verbesserung und Stabilisierung 
der Bewegung auch ohne explizite Verarbeitung der Rückinformation stattfindet. 
Gentile (1972) unterscheidet ebenfalls zwei Phasen des motorischen Lernens, denen 
sie unterschiedliche Verarbeitungsprozesse zuordnete. In einer ersten Phase geht es 
darum, das Ziel der Bewegung zu erkennen (getting the idea of the movement). 
Charakterisierend hierfür sind u.a. Prozesse der selektiven Aufmerksamkeit, 
Entwicklung eines Bewegungsplanes und Feedback-Verarbeitung. Diesem schließt 
sich eine zweite Phase an, die von der Art der Bewegungsaufgabe abhängig ist. Für 
"closed skills", d.h. vorhersagbare Aufgaben, wird das beste Bewegungsmuster 
stabilisiert (fixation). Für "open skills" mit wechselnden äußeren Bedingungen geht 
es um den Erwerb von Bewegungsvariationen (diversification), welche an die 
jeweilige Situation angepasst werden. 
1.3.1.2 Dreiphasige Modelle 
Ein oft zitiertes Modell ist das von Fitts (1964), welches drei aufeinanderfolgende 
Phasen des motorischen Lernens unterscheidet. In einer "kognitiven Phase"  zu 
Beginn des Lernens versucht der Übende, die Anforderungen der Aufgabe zu 
begreifen und mögliche Lösungsstrategien zu entwickeln. Dies ist oft geprägt durch 
eine bewusste Verbalisierung und Selbstinstruktion der Aufgabe bzw. der 
Sollbewegung. Adäquate Lösungen werden beibehalten, schlechte verworfen. Diese 
Phase ist oft verbunden mit großen und sprunghaften, aber noch sehr unbeständigen 
Leistungsverbesserungen. 
In einer sich anschließenden "assoziativen Phase"  erfolgen feinmotorische 
Verbesserungen und eine Ökonomisierung der Bewegung. Sie ist gekennzeichnet 
durch langsame, aber kontinuierliche und stabile Leistungsverbesserungen. 
1. Einleitung 
9 
Durch weiteres Üben gelangt der Lernende schließlich in die "autonome Phase" . 
Diese ist gekennzeichnet durch überwiegend automatisierte Bewegungsprozesse mit 
einhergehender Reduzierung der notwendigen Aufmerksamkeit. Es können jetzt, 
gleichzeitig zur Bewegungsausführung, weitere Informationen ohne 
Leistungseinbußen zusätzlich verarbeitet und genutzt werden, beispielsweise für 
taktische Handlungen oder Bewegungsvariationen. 
Den drei Phasen von Fitts entsprechen bei Anderson (1982) zwei 
aufeinanderfolgende Phasen mit einem Übergangsprozess. Diese basieren auf 
Andersons ACT-Modell, dem eine Unterscheidung von deklarativem und 
prozeduralem Wissen zugrunde liegt. Die initiale Phase zu Beginn des Lernens nennt 
Anderson "deklarative Ebene" . Notwendige Informationen werden kontinuierlich im 
Arbeitsgedächtnis wiederholt, oft verbunden mit verbaler Selbstinstruktion. Durch 
weiterführendes Üben kommt es zu einem graduellen Prozess der 
"Wissensaneignung" . Diese Phase charakterisiert einen Übergangsprozess und 
entspricht Fitts assoziativer Phase. Nach erfolgter Aneignung gelangt man in die 
"prozedurale Ebene" , in der es zu einer weiteren Feinabstimmung des 
Bewegungsmusters kommt. 
Meinel und Schnabel (1998) unterscheiden ebenfalls zwischen drei Lernphasen. In 
der Phase der "Entwicklung der Grobkoordination"  kommt es zu einem Erfassen der 
Lernaufgabe, welches eine grobe, vorwiegend optische Vorstellung des 
Bewegungsablaufes beinhaltet. Hieraus entwickelt sich ein noch ungenaues und 
instabiles Bewegungsprogramm. Während der "Entwicklung der Feinkoordination"  
werden zunehmend kinästhetische Informationen mit einbezogen. Vor allem die 
Bewegungskoordination wird fortlaufend verfeinert und optimiert, kann jedoch durch 
äußere Faktoren noch relativ leicht gestört werden. Schließlich werden in der Phase 
der "Stabilisierung der Feinkoordination und Entwicklung der variablen 
Verfügbarkeit"  die Bewegungsmuster zunehmend verfestigt und die 
Informationsverarbeitung auf die wesentlichen Aspekte der Bewegung konzentriert. 
Immer weniger Aufmerksamkeit wird für die Bewegungsausführung benötigt und 
1. Einleitung 
10 
steht somit für andere Prozesse, wie beispielsweise Bewegungsvariationen, zur 
Verfügung. 
1.3.1.3 Zusammenfassung 
Unabhängig von den unterschiedlichen Begrifflichkeiten und theoretischen 
Hintergründen weisen die verschiedenen Modelle von Lernprozessen bestimmte 
Gemeinsamkeiten auf. 
Grundsätzlich wird angenommen, dass in einer frühen "kognitiven Phase"  des 
Lernens die Betonung auf der Ausbildung einer Bewegungsvorstellung liegt. In 
dieser Phase geht um ein Erfassen der Bewegungsanforderungen, d.h. der Lernende 
fragt sich "Was muss ich machen?". Für Fehlerkorrekturen wird besonders visuelles 
Feedback verwendet. Die vorherrschenden informationsverarbeitenden Prozesse 
können beschrieben werden als kognitiv, (selbst-) verbalisierend, bewusst und 
aufmerksamkeitsabhängig. 
In späteren Abschnitten des Lernens kommt es zu einer stetigen Verbesserung und 
Ausdifferenzierung des Bewegungsmusters, vermehrt durch die Verarbeitung 
kinästhetischer Rückinformation. Nun steht die Frage "Wie muss ich es machen?" im 
Vordergrund. Unnötige motorische Anteile fallen weg und die Bewegung wird 
kontinuierlich ökonomischer, koordinierter und feinmotorischer. Diese Phase wird 
deshalb oft als "motorische Phase"  bezeichnet. 
Im weiteren Verlauf des Lernens wird die Bewegung zunehmend verfestigt und 
automatisiert. Damit ist fortschreitend weniger Aufmerksamkeit für die 
Bewegungsausführung nötig, welche daher auf andere Aspekte gerichtet werden 
kann. Dieser Abschnitt des Lernens lässt sich deshalb als "autonome Phase"  
kennzeichnen. 
Einer Einteilung von motorischen Lernprozessen in diskrete Phasen, unabhängig 
davon ob zwei oder drei Phasen unterschieden werden, liegt die Vorstellung 
zugrunde, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Lernens spezifische 
1. Einleitung 
11 
sensomotorische Verarbeitungsprozesse dominieren. Dabei sind die Übergänge 
zwischen den Phasen oft fließend, so dass die Prozesse ineinander übergehen. 
1.4 Empirische Studien zu motorischen Lernprozessen 
Untersuchungen von motorischen Lernprozessen sind mit besonderen 
Schwierigkeiten verbunden. Betrachtet man "natürliche" Lernprozesse aus Beruf und 
Alltag, dann ist es sehr schwer, die zahlreich wirksamen Variablen (z.B. Übungszeit 
und Umgebungsbedingungen) so zu kontrollieren, dass eine wissenschaftliche 
Interpretation möglich ist. Untersucht man statt dessen Lernprozesse unter 
Laborbedingungen, so werden (z.B. aus Zeitgründen) meist simple Lernaufgaben 
verwendet. Hieraus ergibt sich wiederum die Problematik, ob die Ergebnisse von 
eher einfachen Lernprozessen auch auf komplexere Lernprozesse übertragen werden 
können. 
Mögliche experimentelle Methoden motorisches Lernen zu untersuchen sind 
Korrelationsstudien, Studien mit unterschiedlichem Training und Studien mit 
Doppeltätigkeiten. 
1.4.1 Korrelationsstudien 
In Korrelationsstudien über individuelle Unterschiede wird die Bewegungsleistung 
zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Lernens korreliert mit spezifischen Fähigkeiten 
der Versuchsperson, welche in vorherigen Tests ermittelt wurden (Fleishman & 
Hempel 1954, 1955; Fleishman & Rich 1963). So bestand beispielsweise die 
Lernaufgabe von Fleishman und Rich (1963) darin, einem sich zweidimensional 
bewegenden Punkt mit einem Cursor zu folgen, wobei jede Hand eine 
Achsenrichtung des Cursors steuerte. Vorab wurden in zwei Vortests die 
kinästhetische Differenzierungsfähigkeit sowie die räumliche Orientierungsfähigkeit 
der Versuchspersonen bestimmt. Fleishman und Rich fanden eine hohe Korrelation 
von guten Bewegungsleistungen in frühen Phasen des Lernens mit guten Leistungen 
im Vortest über räumliche Orientierungsfähigkeit. Des weiteren hatten 
1. Einleitung 
12 
Versuchspersonen mit guten Leistungen im Vortest über kinästhetische 
Differenzierungsfähigkeit gute Bewegungsleistungen in späteren Phasen des 
Lernens. Ihre Ergebnisse sind interpretierbar als Hinweise dafür, dass in frühen 
Phasen des Lernens vermehrt räumliche Orientierung und in späteren Phasen eher 
kinästhetische Verarbeitung dominante Prozesse für eine gute Leistung darstellen. 
1.4.2 Studien mit unterschiedlichem Training 
Wenn zwei Gruppen von Versuchspersonen die gleiche Bewegungsaufgabe mit 
unterschiedlichem Training erlernen und sich dabei Unterschiede in der 
Leistungsverbesserung ergeben, so kann dies auf spezifische Auswirkungen des 
Trainings zurückgeführt werden. Bei Müller (1995) mussten die Probanden eine 
grobmotorische Ganzkörperbewegung ("große Körperwelle vorwärts") erlernen. Er 
untersuchte den Einfluss von "observativ -mentalem Training" (ständige Vorgabe der 
Sollbewegung ohne eigene Bewegungsausführung) und "physischem Training" 
(nach einmaliger Vorgabe nur eigene Bewegungsausführung), sowohl in frühen als 
auch in späten Abschnitten des Lernens. Seine Ergebnisse zeigten höhere 
Leistungsverbesserungen der Gruppe mit observativ-mentalem Training zu einem 
frühen Übungszeitpunkt, was als eine Dominanz kognitiv-konzeptbildender 
Teilprozesse in frühen Phasen des motorischen Lernens interpretiert wurde. Für späte 
Abschnitte des Lernens konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede 
bezüglich der beiden Trainingsmethoden gezeigt werden, so dass keine Hinweise für 
eine erhöhte Bedeutung motorisch-adaptiver Teilprozesse in späten Phasen des 
Lernens gefunden wurden. 
Sowohl Studien mit unterschiedlichem Training als auch Korrelationsstudien 
beziehen sich auf interindividuelle Unterschiede und sind deshalb unsensibel für 
mögliche Veränderungen während des Lernens innerhalb einer Versuchsperson. 
1. Einleitung 
13 
1.4.3 Studien mit Doppeltätigkeiten 
Eine weitere Möglichkeit motorische Lernprozesse zu untersuchen ist die Methode 
der Doppeltätigkeit (für eine generelle Übersicht siehe Heuer 1996). Hierbei wird 
eine motorische Lernaufgabe kombiniert mit der gleichzeitigen Ausführung einer 
weiteren Aufgabe, welche als Zweitaufgabe bezeichnet wird. Die Zweitaufgabe hat 
dabei oftmals eher kognitiven Charakter. 
1.4.3.1 Interpretation von Doppeltätigkeits-Interferenz 
Werden zwei Aufgaben gleichzeitig ausgeführt, so geschieht dies häufig auf Kosten 
einer Verschlechterung der Leistung einer oder beider Aufgaben im Vergleich zu 
einer zeitlich separaten Durchführung beider Aufgaben. Eine derartige Reduzierung 
der Leistung wird allgemein als Doppeltätigkeits-Interferenz bezeichnet (z.B. Navon 
& Gopher 1979; Heuer 1996). 
Eine Möglichkeit, Interferenz-Effekte von Doppeltätigkeiten zu erklären, ist die 
Annahme, dass beide Aufgaben um gleiche peripher-sensomotorische Mechanismen 
konkurrieren (Kahnemann 1973; Navon & Miller 1987). 
Ein offensichtlicher Wettbewerb zweier Aufgaben um periphere Mechanismen tritt 
auf bei einem gleichzeitigen Zugriff auf physische Strukturen mit identischen Ein- 
und Ausgabevorrichtungen (Heuer 1996). So kann beispielsweise die Hand zu einem 
bestimmten Zeitpunkt nur an einem Ort im Raum sein. Genauso können die Augen 
nur eine Signalquelle zur gleichen Zeit fokussieren, so dass zwei weit auseinander 
liegende visuelle Reize nur mir zeitlichem Verlust verarbeitet werden können. Neben 
einer solchen offensichtlichen Unvereinbarkeit zweier Aufgaben wird Interferenz 
aber auch bei einer Kopplung von Ausgabesystemen erkennbar, wie dies 
beispielsweise bei der gleichzeitigen Bewegung beider Arme der Fall ist. Besonders 
bei hohen Bewegungsgeschwindigkeiten kommt es zu einer Kopplung homologer 
Muskelgruppen, welche bevorzugt simultan (in-phasig) oder alternierend (gegen-
phasig) aktiviert werden (Kelso 1984). Durch entsprechendes Training können 
1. Einleitung 
14 
jedoch auch andere Koordinierungsmuster der Arme erlernt werden (Zanone & 
Kelso 1992; Wenderoth & Bock 2001). 
Generell wird angenommen, dass sich die Interferenz um periphere Mechanismen 
erhöht, je ähnlicher sich Input- und Output-Modalitäten beider Aufgaben sind 
(Damos & Wickens 1980). Einem ähnlichen Ansatz folgend postulierte Kahnemann 
(Kahnemann 1973), dass Interferenz auftritt, wenn zwei Tätigkeiten gleiche 
Rezeptoren oder Effektoren benötigen. Tatsächlich fand man höhere Interferenz für 
eine Kombination zweier manueller Aufgaben im Vergleich zu einer Kombination 
einer manuellen mit einer verbalen Aufgabe (McLeod 1980). Ebenso ergaben sich 
generell bessere Doppeltätigkeits-Leistungen wenn verschiedene Stimulus-
Modalitäten verwendet wurden (für eine Übersicht siehe Damos 1985). 
Viele Umstände jedoch, unter denen Doppeltätigkeits-Interferenz zustande kommt, 
lassen sich nicht oder nur zum Teil durch eine Konkurrenz um periphere 
Mechanismen erklären (vgl. Wickens 1991; Heuer 1996). So ergaben 
Untersuchungen über die Wahrscheinlichkeit eines Autounfalls durch gleichzeitiges 
Telefonieren, dass während der Wahl der Telefonnummern die Unfallgefahr bei der 
Benutzung eines "Handtelefons" im Vergleich zu einer Freisprechanlage erhöht war 
(Briem & Hedman 1995). Dies kann als Zeichen einer peripheren Interferenz von 
manuellen Prozessen des Autofahrens und der manuellen Bedienung des 
Autotelefons interpretiert werden. Darüber hinaus zeigte sich aber, dass die 
Wahrscheinlichkeit eines Unfalls während des Gespräches für beide Telefontypen 
gleich war (Redelmeier & Tibshira 1997). Die Leistung der Autofahrer während des 
Telefonats verschlechterte sich demnach unabhängig von einer motorischen 
Handhabung des Telefons und kann daher nicht durch Konkurrenz um periphere 
Mechanismen erklärt werden. Vielmehr deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass sich 
die kognitive Beanspruchung des Telefonierens störend auf das Autofahren 
auswirkte. Neben peripheren Mechanismen muss es also noch andere eher kognitive 
Prozesse geben, die zu einer Interferenz zweier Aufgaben führen können. 
Eine weitere Möglichkeit Doppeltätigkeits-Interferenz zu erklären, ist die Annahme 
einer Konkurrenz um zentral-kognitive Ressourcen (Kahnemann 1973; Navon & 
1. Einleitung 
15 
Gopher 1979; Wickens 1991). Ressourcen werden dabei als limitierte innere 
Einheiten des zentralen Nervensystems betrachtet, welche für die Durchführung von 
Verarbeitungsprozessen notwendig sind (Navon 1984). Die ersten Ansätze, 
Doppeltätigkeits-Leistungen durch begrenzte Ressourcen zu erklären, gingen von 
einer einzigen zentralen Ressource aus (z.B. Broadbent 1958; Kahnemann 1973). Es 
zeigte sich jedoch, dass dieses "Ein -Ressourcen-Modell" nicht  alle Ergebnisse von 
Doppeltätigkeits-Studien zufriedenstellend erklären konnte. Ein 
Interpretationsproblem trat beispielsweise auf, wenn zwei Aufgaben von nicht 
trivialer Schwierigkeit ohne Leistungsverlust miteinander kombiniert werden 
konnten, jede der beiden jedoch mit anderen Aufgaben zu Interferenz führte 
(McLeod 1977; vgl. auch Wickens 1991). Eine mögliche Erklärung wäre die 
Beanspruchung unterschiedlicher Ressourcen durch beide Aufgaben, so dass es zu 
keiner Konkurrenz kam. Beide könnten jedoch bei einer Kombination mit anderen 
Aufgaben, welche jeweils ähnliche Ressourcen benötigen, Interferenz erzeugen. 
Als eine Erweiterung des "Ein -Ressourcen-Modells" kam es daher zu dem Konzept 
der multiplen Ressourcen (Navon & Gopher 1979; Wickens 1980), welches von der 
Existenz einer unbestimmten Anzahl verschiedener Ressourcen ausgeht. 
Unterschiedliche Aufgaben können demnach verschiedenartige Ressourcen 
beanspruchen, so dass Doppeltätigkeits-Interferenz von den spezifischen 
Anforderungen der Aufgabe abhängt. Generell herrscht die Vorstellung, dass 
ähnliche Aufgaben ähnliche Ressourcen benötigen und dadurch zu mehr Interferenz 
führen. Als eine mögliche Klassifikation von Ressourcen, welche als eine grobe 
Vorhersagemöglichkeit von Aufgabenähnlichkeit bzw. Doppeltätigkeits-Interferenz 
fungieren kann, schlugen Wickens et al. (1983) drei Dimensionen vor. In der ersten 
Dimension, der Verarbeitungs-Ebene, gibt es zwei Ressourcen: die eine ist 
verantwortlich für kognitiv-wahrnehmende Prozesse, die andere für Prozesse der 
Programmierung einer Reaktion. Die zweite Dimension unterscheidet zwischen der 
Verarbeitung von räumlicher oder verbaler Information. Entscheidend für die dritte 
Dimension ist die Modalität der Aufgabe, hier wird speziell differenziert zwischen 
akustischen und visuellen Aufgaben. 
1. Einleitung 
16 
Ein wichtiger Aspekt der Ressourcen-Theorie ist der Gedanke der Limitiertheit. Jede 
Ressource hat eine begrenzte Kapazität, wird diese durch eine gegebene 
Ressourcenbeanspruchung überschritten, kommt es zu Leistungseinbußen. Eine 
solche Überschreitung der Kapazität kann beispielsweise durch das Hinzufügen einer 
Zweitaufgabe zustande kommen.  
Ein weiterer bedeutender Gesichtspunkt ist die Vorstellung der Aufteilbarkeit, d.h. 
die Kapazität einer Ressource kann variabel auf zwei oder mehrere Aufgaben 
aufgeteilt werden. Je nach Gewichtung der Aufgaben kommt es zu einer typischen 
Verschiebung der Ressourcen-Zuteilung und somit zu einer Veränderung der 
Leistungen in beiden Aufgaben. Dieser Zusammenhang ist als sogenannte 
"Performance -Operating-Characteristic"  beschrieben worden (POC, siehe 
Abbildung 1.1). 
L eistung A ufgabe A
schlecht
gut
gut
L eistungskurve
bei D oppeltätigkeit
L
ei
st
un
g 
A
uf
ga
be
 B
Abb. 1.1. Schematische Darstellung einer theoretischen Performance-Operating-Characteristic zweier 
simultaner Aufgaben (verändert nach Wickens 1991). Eine gegebene Leistung von Aufgabe A führt 
zu einer bestimmten Leistung in Aufgabe B, markiert durch die gestrichelte Linie. Anhand einer 
gedachten Leistungskurve kann bei einer Veränderung der Priorität die relative Leistung beider 
Aufgaben vorhergesagt werden. 
Die POC beruht auf der Annahme, dass zwei gleichzeitig ausgeführte Tätigkeiten um 
einen begrenzten Ressourcenbedarf konkurrieren. Je mehr Ressourcen von einer 
Tätigkeit beansprucht werden, desto weniger Ressourcen verbleiben für die andere. 
Eine Leistungsverbesserung in einer der beiden Aufgaben ist somit verbunden mit 
einer Verschlechterung der Leistung der anderen Aufgabe. Veränderungen der 
1. Einleitung 
17 
Leistung durch eine Verschiebung der Priorität können sowohl bewusst herbeigeführt 
werden als auch unbewusst ablaufen. Eine typische Veränderung der Leistung zweier 
Aufgaben durch eine bestimmte Prioritätsverteilung, wie sie durch eine POC 
vorhergesagt wird, ist auch für empirische Daten gefunden worden (Schmidt et al. 
1984). 
Leistungseinbußen, welche durch die gleichzeitige Ausführung zweier Aufgaben 
entstehen, werden im allgemeinen durch Übung immer geringer und verschwinden 
oft gänzlich. Eine Kombination zweier Aufgaben ohne Interferenz wurde daher als 
Definitionskriterium für automatische Prozesse vorgeschlagen (Neumann 1984). 
Aufgrund empirischer Studien wurde diese Sichtweise jedoch zunehmend relativiert 
(Neumann 1987). Denn selbst für alltägliche Prozesse mit einem sehr hohen Grad an 
Automatisation lassen sich mögliche Zweitaufgaben finden, welche zu einer 
Beeinträchtigung führen. Doppeltätigkeits-Interferenz ist demnach nicht nur von dem 
Leistungsniveau einer gegebenen Aufgabe abhängig, sondern auch von den 
spezifischen Anforderungen der hinzugefügten Zweitaufgabe. Generell lässt sich 
jedoch sagen, dass reduzierte Doppeltätigkeits-Interferenz ein Zeichen für 
zunehmende Automatisation sein kann (Neumann 1987). 
Ein weiterer Ansatz zur Erklärung von Doppeltätigkeits-Leistungen während eines 
Lernprozesses ist das Konzept der strukturellen Verlagerung und strukturellen 
Einschränkung (Heuer 1984). Werden zwei Aufgaben geübt, so kommt es nach 
Heuer zu struktureller Einschränkung, d.h. die Ausführung wird zunehmend 
aufgabenspezifischer und ihre Doppeltätigkeits-Leistung dadurch generell besser. 
Strukturelle Einschränkung kann deshalb als Zeichen einer fortschreitenden 
Ökonomisierung und Automatisation der Bewegung gedeutet werden. Darüber 
hinaus kann es zu struktureller Verlagerung kommen, indem sich die Anforderung 
einer Aufgabe im Verlauf des Lernens ändert. Eine Zunahme der Doppeltätigkeits-
Interferenz während des Übens wäre daher ein Zeichen für strukturelle Verlagerung. 
Letztere ist von besonderem Interesse, da sie zunehmende Beanspruchungen 
während eines Lernprozesses darstellt. Heuer (1984) erklärte entstehende 
Leistungseinbußen bei Doppeltätigkeiten durch einen Zugriff beider Aufgaben auf 
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2002
- ISBN (eBook)
- 9783832456665
- ISBN (Paperback)
- 9783838656663
- DOI
- 10.3239/9783832456665
- Dateigröße
- 1.5 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Deutsche Sporthochschule Köln – Sportwissenschaften
- Erscheinungsdatum
- 2002 (Juli)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- lernphasen motorik doppelaufgaben interferenz adaptation
- Produktsicherheit
- Diplom.de
 
					