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Der Sanierungsplan

©2002 Diplomarbeit 134 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das heutige Insolvenzrecht ist entstanden aus der Zusammenführung von Konkursordnung, Vergleichsordnung und Gesamtvollstreckungsordnung. Es bietet erstmals seit dem 1.1. 1999 neben der Zerschlagung von Unternehmen im Rahmen des Insolvenzverfahrens (Regelverfahren) auch die Möglichkeit zur Erstellung eines Insolvenzplans (Planverfahren). Damit erhalten Gläubiger und Schuldner die Möglichkeit die Verwertung, Fortführung oder den Verkauf des Unternehmens privatautonom zu regeln. Das bisherige Instrumentarium zur Sanierung insolventer Unternehmen hatte sich als völlig unzureichend erwiesen.
Deutlich wird dies an der permanent steigenden Zahl der Insolvenzen in Deutschland, wie auch in Europa. Wirtschafts- und Konjunkturkrisen tragen ihr übriges dazu bei. Die momentane Wirtschaftslage scheint den Trend zu verstärken. Besonders betroffen ist z. B. die Baubranche, deren Beschäftigungslage so schlecht ist wie seit 50 Jahren nicht mehr, aber auch die Dienstleistungsbranche. Banken- und IT-Branche verzeichnen deutliche Umsatzrückgänge. Gewinnwarnungen sind an der Tagesordnung und haben an den weltweiten Wertpapiermärkten z. T. zu dramatischen Verlusten geführt. Hier besonders betroffen der Neue Markt, der bis zu 90 % seines Wertes verlor. In Folge der Umsatz- und Ergebnisrückgänge kommen viele Unternehmen in existentielle Schwierigkeiten. Mit Personalentlassungen und Restrukturierungsprogrammen wird versucht, die angespannte Lage zu vermindern. Leider gelingt dieses Unterfangen nicht immer, wie die Insolvenzstatistiken zeigen.
„Die allgemeinen schädlichen Folgen von Insolvenzen als Störfälle der Wirtschaft und Ursache sozialer Härten machen sich gerade in den heutigen Industriestaaten besonders bemerkbar. Sie sind mit ihrer arbeitsteiligen, ineinander verflochtenen Wirtschaft und der Masse ihrer lohnabhängigen, auf Arbeitsplätze angewiesenen Bevölkerung gegen das Umsichgreifen eines finanziellen Zusammenbruchs besonders empfindlich. Dem Erhalt eines schuldnerischen Unternehmens kommt als Alternative zur Zerschlagung daher ein hoher Stellenwert zu, auch wenn ein unrentables Unternehmen nicht entgegen dem Gesetzen der Wettbewerbswirtschaft künstlich am Leben erhalten werden darf, eine Sanierung also nicht immer eine Lösung.“.
Unternehmenssanierungen gehören zu den schwierigsten unternehmerischen Führungsaufgaben. Sie müssen daher sorgfältig geplant werden, um Risiken frühzeitig zu erkennen und verbleibende Chancen konsequent zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5662
Konen, Christian: Der Sanierungsplan / Christian Konen -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Oldenburg, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Seite
A. Insolvenzplan als Instrument zur Sanierung von Unternehmen
01
B.
Unternehmung
in
der
Krise
03
B.I.
Definition
des
Krisenbegriffs
03
B.II. Kennzeichen von Unternehmenskrisen
04
B.III.
Arten
von
Unternehmenskrisen
06
B.IV.
Krisenursachen
08
B.V.
Verlauf
einer
Krise 11
C.
Unternehmensinsolvenzrecht
12
C.I.
Regelverfahren nach der Insolvenzordnung
12
C.I.1.
Rechtsgrundlagen
12
C.I.2.
Insolvenzantrag
13
C.I.3.
Insolvenzgründe
15
a.
Zahlungsunfähigkeit
15
b.
Drohende
Zahlungsunfähigkeit
16
c.
Überschuldung
17
C.I.4.
Eröffnetes
Insolvenzverfahren 18
C.I.5.
Beendigung
des
Verfahrens
20
C.II. Insolvenzplanverfahren nach der Insolvenzordnung
22
C.II.1.
Vorbemerkungen
22
C.II.2. Ziele, Arten und Regelungsstruktur von Insolvenzplänen 23
C.II.3. Informationsgrundlagen der Insolvenzpläne
33
C.II.4. Darstellender Teil im Insolvenzplan
34
C.II.5. Gestaltender Teil im Insolvenzplans
36
C.II.6. Plananlagen im Insolvenzplan
40
C.III. Änderungen in der Insolvenzordnung
42
D.
Unternehmenssanierung
44
D.I.
Sanierungsbegriff
44
D.I.1.
Definition
44
D.I.2. Abgrenzung zu Restrukturierung, Turnaround,

II
Reorganisation und Krisenmanagement
45
D.II.
Sanierungsprüfung 47
D.II.1. Anlässe zur Sanierungsprüfung
47
D.II.2. Aufgabenstellung und Aufgabenverteilung innerhalb
der
Sanierungsprüfung 49
D.II.3. Unternehmensanalyse als Hilfsmittel der
Sanierungsprüfung
55
D.II.4. Zielsetzung der Sanierungsprüfung
56
D.III.
Sanierungsplan
58
D.III.1. Strategische Planung als Grundlage des Sanierungsplan 58
D.III.2. Planerstellung unter dem Leitziel nachhaltiger
Sanierungsfähigkeit
60
a.
Vorgehensweise bei der Planerstellung
60
b.
Aufgabenschwerpunkte im Rahmen der Planerstellung 62
c.
Planung des Sanierungsprogramms
65
D.III.3. Anforderungen an Sanierungskonzepte
67
a.
Vorbemerkungen
67
b.
Beschreibung des Unternehmens
68
c.
Ausgangssituation des Unternehmens
68
d.
Leitbild des sanierenden Unternehmens
70
e.
Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens
72
f.
Planverprobungsrechnung
74
D.IV.
Insolvenzrechtliche
Sanierung
75
D.IV.1.Vor- und Nachteile für das Schuldnerunternehmen
75
D.IV.2.Vor- und Nachteile für die Gläubiger
77
E. Insolvenzplanverfahren als alternative Sanierungsform
78

III
Abbildungsverzeichnis
Seite
für Abbildungen/Tabellen im Textkörper
Abb. 01 Beispiele zur Auslösung von Krisen
5
Abb. 02 Arten von Krisen
7
Abb. 03 Existenzvernichtende/Existenzbedrohende Krise
8
Abb. 04 Krisenmerkmale/Krisenstadium
11
Abb. 05 Insolvenzpläne
25
Abb. 06 Quantitative Analysebereiche
55
Abb. 07 Qualitative Analysebereiche
56
Abb. 08 Planungsprozess
60
für Abbildungen/Kataloge/Checklisten im Anhang
Anh. 01 /1 Insolvenzen in Europa; /2 Insolv. in Deutschland
84
Anh. 02 Insolv. nach Wirtschaftszweigen und Branchen
85
Anh. 03 Krisensymptome
85
Anh. 04 Endogene/Exogene Krisenursachen
88
Anh. 05 Der Krisenprozess
89
Anh. 06 An welchen Indikatoren lassen krisenhaften ...
89
Anh. 07 Krisenursachen ­ Eine Zusammenfassung
90
Anh. 08 Aufbau der Insolvenzordnung (InsO)
92
Anh. 09 Verwertungsalternativen im Insolvenzplan
94
Anh. 10 Gesamtübersicht zum Verfahrensablauf
95
Anh. 11 Darstellung der IDW FAR 1/1996 Stellungnahme
96
Anh. 12 Stellung des Sanierungsplans im Insolvenzverfahren
97
Anh. 13 Insolvenzkosten
97
Anh. 14 Arten von Insolvenzplänen
98
Anh. 15 Wesentliche Bestandteile eines Insolvenzplans
99
Anh. 16 Abstimmungsbeispiel für einen Insolvenzplan 100
Anh. 17 Muster eines Insolvenzplans 101
Anh. 18 Anforderungen an Insolvenzpläne 104

IV
Anh. 19 Fortführungs- und Liquidationsalternativen
106
Anh. 20 Unternehmensinsolvenz / Unternehmensfortführung
106
Anh. 21 Sanierungsplanung als Prozess
107
Anh. 22 Sanierungsplan als Ergebnis des Sanierungsprozesses 107
Anh. 23 Sanierungsstrategien der Unternehmung
108
Anh. 24 Sanierungsmaßnahmen
108
Anh. 25 Teilplanungskomplexe des Sanierungsplans
112
Anh. 26 Darstellung der aktuellen Unternehmenssituation
113
Anh. 27 Bestimmung von Fortführungswerten
116
Anh. 28 Funktionen der Sanierungsplanung
116
Anh. 29 Leitbild des sanierten Unternehmens
117
Anh. 30 Verfahrensalternativen
118

V
Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
AktG
Aktiengesetz
Alt.
Alternative
BB
Zeitschrift ,,Der Betriebsberater"
Begr
Begründung
BegrRegE
Begründung/Regierungsentwurf
Beil.
Beilage
Beschl. Beschluss
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BFH
Bundesfinanzhof
BFHE
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
bzw.
beziehungsweise
d. h.
das heißt
DB
Zeitschrift ,,Der Betrieb"
Diss.
Dissertation
DStR
Zeitschrift ,,Deutsches Steuerrecht"
DZWiR
Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EGInsO
Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung
EinsO
Entwurf einer Insolvenzordnung
Entsch. Entscheidung
ErgLfg
Ergänzungslieferung
EStG
Einkommensteuergesetz
etc.
et
cetera
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung

VI
ff. fortfolgende
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gem.
gemäss
GenG
Genossenschaftsgesetz
GesO
Gesamtvollstreckungsordnung
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GmbHR Zeitschrift
,,GmbH-Rundschau"
GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
Hdb.
Handbuch
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
i. d. F.
in der Fassung
i. d. R.
in der Regel
i. S. d.
im Sinne des
i. V. m.
in Verbindung mit
InsO
Insolvenzordnung
InVO
Insolvenz und Vollstreckung
KG
Kommanditgesellschaft
KO
Konkursordnung
Komm. Kommentar
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbe-
reich
KSchG
Kündigungsschutzgesetz
KTS
Zeitschrift ,,Konkurs-, Treuhand und Schiedsgerichtswesen"
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
Nr.
Nummer
NWB
Neue Wirtschafts-Briefe, Zeitschrift für Steuer- und Wirt-
schaftsrecht

VII
NZI
Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung
OHG
Offene Handelsgesellschaft
OLG
Oberlandesgericht
Rdnr.
Randnummer
RegE
Regierungsentwurf
Rpfleger
Zeitschrift ,,Der Deutsche Rechtspfleger"
RpflG
Rechtspflegergesetz
RWS
Verlag Kommunikationsforum Recht ­ Wirtschaft ­ Steuern
S. Seite
SGB
Sozialgesetzbuch
StGB
Strafgesetzbuch
u. a.
unter anderem
u. U.
unter Umständen
vgl.
vergleiche
VglO
Vergleichsordnung
WPg
Zeitschrift ,,Die Wirtschaftsprüfung"
WP-Handbuch Wirtschaftsprüfer-Handbuch
z. B.
zum Beispiel
Ziff.
Ziffer
ZInsO
Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis
zit.
zitiert
ZPO
Zivilprozessordnung

1
A. Insolvenzplan als Instrument zur Sanierung von Unternehmen
Das heutige Insolvenzrecht ist entstanden aus der Zusammenführung von Konkurs-
ordnung, Vergleichsordnung und Gesamtvollstreckungsordnung. Es bietet erstmals
seit dem 1.1. 1999 neben der Zerschlagung von Unternehmen im Rahmen des Insol-
venzverfahrens (Regelverfahren) auch die Möglichkeit zur Erstellung eines Insol-
venzplans (Planverfahren). Damit erhalten Gläubiger und Schuldner die Möglichkeit
die Verwertung, Fortführung oder den Verkauf des Unternehmens privatautonom zu
regeln. Das bisherige Instrumentarium zur Sanierung insolventer Unternehmen hatte
sich als völlig unzureichend erwiesen.
Deutlich wird dies an der permanent steigenden Zahl der Insolvenzen in Deutsch-
land, wie auch in Europa. Wirtschafts- und Konjunkturkrisen tragen ihr übriges dazu
bei. Die momentane Wirtschaftslage scheint den Trend zu verstärken. Besonders
betroffen ist z. B. die Baubranche, deren Beschäftigungslage so schlecht ist wie seit
50 Jahren nicht mehr, aber auch die Dienstleistungsbranche. Banken- und IT-
Branche verzeichnen deutliche Umsatzrückgänge. Gewinnwarnungen sind an der
Tagesordnung und haben an den weltweiten Wertpapiermärkten z. T. zu dramati-
schen Verlusten geführt. Hier besonders betroffen der Neue Markt, der bis zu 90 %
seines Wertes verlor. In Folge der Umsatz- und Ergebnisrückgänge kommen viele
Unternehmen in existentielle Schwierigkeiten. Mit Personalentlassungen und Re-
strukturierungsprogrammen wird versucht, die angespannte Lage zu vermindern.
Leider gelingt dieses Unterfangen nicht immer, wie die Insolvenzstatistiken
1
zeigen.
,,Die allgemeinen schädlichen Folgen von Insolvenzen als Störfälle der Wirtschaft
und Ursache sozialer Härten machen sich gerade in den heutigen Industriestaaten
besonders bemerkbar. Sie sind mit ihrer arbeitsteiligen, ineinander verflochtenen
Wirtschaft und der Masse ihrer lohnabhängigen, auf Arbeitsplätze angewiesenen
Bevölkerung gegen das Umsichgreifen eines finanziellen Zusammenbruchs beson-
ders empfindlich. Dem Erhalt eines schuldnerischen Unternehmens kommt als Alter-
native zur Zerschlagung daher ein hoher Stellenwert zu, auch wenn ein unrentables
Unternehmen nicht entgegen dem Gesetzen der Wettbewerbswirtschaft künstlich am
Leben erhalten werden darf, eine Sanierung also nicht immer eine Lösung."
2
1
Siehe Anhang 01/1, 01/2 sowie 02
2
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, 2001, § 1 Rdnr. 24

2
Unternehmenssanierungen gehören zu den schwierigsten unternehmerischen Füh-
rungsaufgaben. Sie müssen daher sorgfältig geplant werden, um Risiken frühzeitig
zu erkennen und verbleibende Chancen konsequent zu nutzen. Im Insolvenzverfah-
ren bietet der Insolvenzplan als Sanierungsplan die Möglichkeit, eine insolvente Un-
ternehmung zu sanieren und mit dem bisherigen Inhaber fortzuführen. Wird die Er-
haltung der Unternehmung als Sanierungsziel unterstellt, so muss danach gefragt
werden, was es in Bewältigung der Krise zu erhalten bzw. zu schaffen gilt. Die In-
solvenzordnung gibt dem Planersteller einen Spielraum bei der Ausgestaltung des
Sanierungsplans. Die Struktur des Sanierungsplan kann den in der Literatur darge-
stellten Musterplänen angepasst werden. Hier zu nennen sind die ,,Anforderungen an
Sanierungskonzepte", sowie ,,Anforderungen an Insolvenzpläne", die vom Institut
der Wirtschaftsprüfer
3
(IDW) ausgearbeitet wurden. Sanierungskonzepte sind auch
die Grundlage für den insolvenzrechtlichen Sanierungsplan, der eine Unterform des
Insolvenzplans ist. In diesem Zusammenhang werden die wichtigsten Begriffsdefini-
tionen des Insolvenzrechts erläutert und der Ablauf eines Insolvenzverfahrens darge-
stellt. Der Inhalt eines Sanierungsplans richtet sich in der Regel nach dem Sanie-
rungskonzept, muss aber für die jeweilige Unternehmung individuell angepasst wer-
den. Die Sanierungsmassnahmen werden auf Grundlage der Krisenursachenanalyse
ermittelt. Ursachen und Symptome einer Unternehmenskrise können vielfältig sein.
Bevor aber ein Unternehmen aus der Krise geführt werden kann, muss im Rahmen
einer Sanierungsprüfung festgestellt werden, ob dieses Vorhaben Erfolg verspricht.
Im Zuge einer Unternehmenskrise wird zunächst versucht, die Ursachen der Krise
selbst zu ermitteln und ggf. zu lösen. Kommt es bei dieser außergerichtlichen Sanie-
rung, ohne gesetzlichen Zwang, nicht zu den gewünschten Erfolgen, so kann die Sa-
nierung auch mittels eines insolvenzrechtlichen Verfahrens als gerichtliche Sanie-
rung durchgeführt werden. Welche Vorteile und Nachteile dabei eine gerichtliche
Sanierung bietet, soll zum Abschluss der Arbeit aufgezeigt werden. Um nicht in eine
Insolvenz zu geraten, bedarf es einer genauen Überwachung der gesamten Unter-
nehmensabläufe. Ein gut funktionierendes Controlling-System kann der Unterneh-
3
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck nicht auf einen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Mitglieder sind Wirtschaftsprüfer und Wirtschafts-
prüfungsgesellschaften. Der Sitz ist in Düsseldorf. Aufgaben sind u. a. Förderung der Fachgebiete
des Wirtschaftsprüfers durch Facharbeit, Fortbildung der Wirtschaftsprüfer, sowie Entwicklung
verschiedener Standards zu Fachgebieten.

3
mungsleitung bei der Überwachung behilflich sein. Leider werden Fehlsignale in
vielen Fällen nicht ernst genommen.
Es gibt verschiedenste Gründe, weshalb ein Unternehmen in der Krise deutliche
Krisensignale ignoriert, nicht wahrnimmt und versucht, die Krise durch die Realisie-
rung der letzten stillen Reserven oder danach durch bilanzielle Manipulationen zu
überdecken. Die Sanierungsnotwendigkeit wird in selbstverschuldeten Fällen vom
Top-Management erst viel zu spät eingestanden, dem Aufsichtsrat gegenüber darge-
legt und von dritter Seite zu spät erkannt.
Als Hauptursache der Insolvenz werden in der Literatur
4
, Mängel in der Unter-
nehmensführung angeführt. Managementfehler sind daher oft die Ursache von Un-
ternehmenskrisen, nicht zuletzt auch der Insolvenz. Um dem vorzubeugen, bedarf es
zunächst einer genauen Analyse der Unternehmenskrise, die im folgenden Kapitel
dargestellt werden soll.
B. Unternehmung in der Krise
B.I. Definition des Krisenbegriffs
Im betriebswirtschaftlichen Sinne bezeichnet man eine Notsituation eines Unterneh-
mens als Krise. Es geht also um das Endstadium, in dessen Verlauf sich die Erfolgs-
potentiale, das Reinvermögen und/oder die Liquidität des Unternehmens so ungüns-
tig entwickeln, dass dessen Existenz bedroht ist.
5
Ist die Lebensfähigkeit des Unter-
nehmens gefährdet, so ist dieses ohne die Einleitung von Sanierungsmassnahmen
nicht mehr in der Lage, sich weiterhin am Markt behaupten zu können.
Der Beginn einer Unternehmenskrise kann definiert werden als Zustand, in der es
der Unternehmensleitung nicht mehr gelingt, durch geeignete Entscheidungen im
Investitions- und Finanzbereich den Unternehmensgesamtwert zu steigern oder auf
dem einmal erreichten Niveau zu halten. Damit liegt der Beginn dort, wo die Er-
folgspotentiale zu erodieren beginnen.
6
Eine Unternehmenskrise liegt dann vor, wenn die Gefahr besteht, dass die für den
Fortbestand des Unternehmens substantiellen Ziele nicht erreicht werden können und
4
Bspw. : Schmidt, K./Uhlenbruck, W., Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, 1999
5
Vgl. Harz, M., Sanierungsmanagement, 1999, S. 28
6
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, 2001, § 2

4
ein Ausscheiden als wirtschaftlicher Faktor aus dem Markt droht.
7
Unternehmenskri-
sen werden i. d. R. von einer Störung des finanzwirtschaftlichen Gleichgewichts, in
Form einer drohenden Illiquidität oder Überschuldung, begleitet. Zudem können Un-
ternehmenskrisen rein finanzwirtschaftlich verursacht sein, wenn z. B. Banken auf
die sofortige Rückzahlung fälliger Kredite bestehen.
Schreitet die Krise fort, gerät das Unternehmen in eine Lage, in der es die Interes-
sen der Parteien, die finanzielle Ansprüche an das Unternehmen stellen, nicht mehr
wie geplant erfüllen kann. Es ist gezwungen, ungeplante Anpassungsentscheidungen
zu treffen. Die Anpassungsmaßnahmen hängen von der Schwere der Krise ab. Sie
reichen von der Kürzung der Ausschüttungen (Entnahmen) über bilanzielle Fehlbe-
träge, Kürzungen von Investitionsprogrammen, Entlassungen von Arbeitnehmern,
Verhandlungen mit den wichtigsten Gläubigern bis zum Verkauf von strategischen
Geschäftseinheiten und der Schließung von Betriebsteilen. Bringen diese Anpas-
sungsmaßnahmen den Fall des Unternehmensgesamtwertes nicht zu einem Halt,
sondern setzt sich die Erosion der Erfolgspotentiale fort, werden die Zustände er-
reicht, die die Insolvenztatbestände (§§ 17-19 InsO) beschreiben.
8
B.II. Kennzeichen von Unternehmenskrisen
Um einen möglichen Zusammenbruch eines Unternehmens in Folge der Insolvenz
vorzubeugen, ist es ratsam, zunächst die Kennzeichen von Krisen zu analysieren.
Oftmals werden Unternehmenskrisen zu spät erkannt, so dass eine außergerichtliche
Sanierung kaum noch Erfolg verspricht und das Unternehmen zum Insolvenzfall
wird. Unternehmenskrisen müssen frühzeitig erkannt werden.
Aus der Sicht der Eigenkapitalgeber liegt eine Krise der Unternehmung bereits
dann vor, wenn sie ,,ökonomische Verluste" erzielt, d. h. die Unternehmungseigen-
tümer müssen über eine längere Zeit Renditen auf ihr investiertes Kapital hinneh-
men, die deutlich niedriger sind als in vergleichbaren Investitionen. Als Alternative
bieten sich hier sichere Staatspapiere, wie z. B. Bundesschatzbriefe oder Bundesan-
leihen an. Ein Engagement im Aktienmarkt kann auf längere Sicht ebenfalls Erfolg
versprechen. Der Deutsche Aktien Index (DAX) konnte im Jahr durchschnittlich eine
7
Vgl. Walker, A., Shareholder Value Analyse, 1999, S. 1670
8
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, 2001, § 2 Rdnr. 2 f.

5
Rendite von ca. 8 Prozent auf das eingesetzte Kapital erwirtschaften.
9
Eine Situation,
wo schon ,,ökonomische Verluste" für Eigenkapitalgeber erzielt werden, liegt in aller
Regel weit vor der Zeit, in der die Unternehmung buchhalterische Verluste ausweist.
Da gewöhnlich eine Reihe von Jahren vergeht, bis aus dieser ökonomische Krise eine
akute Unternehmenskrise wird, ist in dieser Zeit ein beträchtlicher Teil des Unter-
nehmenswertes bereits vernichtet. Unternehmenskrisen drücken sich demnach in der
andauernden und signifikanten Vernichtung des Unternehmungswertes aus.
Manche Unternehmen nehmen Krisen bereits frühzeitig wahr. Der Unternehmer
erkennt die Signale, möchte aber die Krisenvorläufer nicht als solche erkennen. Er
wird versuchen sein Fehlverhalten dadurch zu verschleiern, in dem möglichst neue
Geldquellen erschlossen werden und dem Unternehmen Liquidität zugeführt wird.
Außerbetrieblichen Gruppen, mit denen die Unternehmung in enger Beziehung steht,
wie z. B. Kunden, Lieferanten, Kreditinstitute, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Un-
ternehmensberater, werden die Krisensymptome oft schon sehr frühzeitig bekannt.
An der Börse haben dann regelmäßig die Anleger das nachsehen, weil Meldungen
über die bereits dann fortgeschrittene Krise zu Kursverlusten führen. Die ,,Wachs-
tumsaktien" am Neuen Markt
10
verzeichnen in der Regel zweistellige Kursverluste
nach solchen Meldungen. Krisensymptome werden von den Marktteilnehmern zwar
wahrgenommen, aber viele Anleger verkaufen die Aktien auch dann nicht. Sie hoffen
auf bessere Zeiten, die aber all zu oft für das Unternehmen im Insolvenzverfahren
und für den Anleger im Totalverlust enden.
9
Die jährliche Durchschnittsrendite wird von Fachleuten unterschiedlich angegeben. Prof. Richard
Stehle (Humboldt-Universität Berlin) errechnete in einer Studie von 1947-1999 durchschnittlich
10,9 Prozent. Andere Quellen sprechen von rund 9,0 Prozent. Aufgrund der momentan schlechten
Börsenverfassung kann die Durchschnittsrendite des DAX wohl eher bei 8 Prozent pro Jahr ange-
setzt werden.
10
Neuer Markt (NM), Wachstumssegment der Frankfurter Wertpapierbörse, gegründet am 10.3.1997.
Ziel des NM ist es, risikobewusste Investoren und wachstumsstarke und innovative Unternehmen
zusammenzuführen, um den Unternehmen neue Chancen der Eigenkapitalaufnahme zu ermögli-
chen. Kennzeichnend ist eine hohe Transparenz, die Unternehmen den Investoren in diesem Markt
bieten. Für die am NM notierten Unternehmungen gelten erweiterte Publizitätsvorschriften. Ferner
ist der N. M. Bestandteil des EURO.NM, eines paneuropäischen Netzwerkes von Wachstumsbör-
sen. Emittenten des Neuen Marktes sind kleine und mittlere, innovative Wachstumsunternehmen,
die in zukunftsweisenden, aber auch in traditionellen Branchen bei Produkt-, Prozess- oder Servi-
ce-Innovationen tätig sind. Sie haben meist eine internationale Ausrichtung und besitzen eine hohe
Bereitschaft zur aktiven Investor-Relations-Politik.

6
Krisensymptome sind Anzeichen, die eine Krise signalisieren, ohne ursächlich für
deren Entstehung zu sein. Dazu gehören beispielsweise Unterbilanzen, negative
Entwicklung der Umsätze und der Rentabilitäten sowie der Deckungsbeiträge.
11
Ent-
scheidend für das früh- und rechtzeitige Erkennen von Krisensymptomen ist ein gut
ausgebautes Führungsinstrumentarium. Je besser das Rechnungswesen und das Cont-
rolling ausgebaut sind, um so schneller sind wesentliche Unternehmenszahlen in ih-
rer Entwicklung zu erhalten und um so eher ist eine Krisenlage erkennbar. Ergänzend
zum innerbetrieblichen Rechnungswesen, aber vor allem auch dann, wenn dieses
unzureichend ist, kommen Erkenntnisquellen aus allen Funktionsbereichen des Un-
ternehmens in Betracht.
12
Die Vielzahl von Krisensymptomen, die eine Unternehmenskrise erkennen lassen,
lässt unterschiedliche Schlüsse auf deren Herkunft zu und charakterisieren damit
verschiedene Arten von Unternehmenskrisen.
B.III. Arten von Unternehmenskrisen
Unternehmenskrisen lassen sich also durch unterschiedliche Merkmale abgrenzen.
Zunächst sollen die verschiedenen Ausprägungen der Krise bezüglich der Herkunft
dargestellt werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen endogenen Krisen, d. h. im
Unternehmen selbst entstanden, und in exogenen Krisen, d. h. solchen, die von au-
ßerhalb auf das Unternehmen einwirken.
13
Beispiele zur Auslösung von
Endogene Krisen
Exogene Krisen
Fehlkalkulation
Extrem hohe Zinsen
Qualitätsmängel Arbeitskräftemangel
Falsche Finanzvorschau
Unterbrechung der Rohstoff-
versorgung
Desolater Vertriebsapparat
Streiks
Abb. 1
11
Vgl. Keller, R., Unternehmenssanierung, 1999, S. 15
12
Vgl. Keller, R., Unternehmenssanierung, 1999, S. 16, ebenso Anhang 03
13
Vgl. Hess, H., Insolvenzplan, 1999, S. 86, ebenfalls Anhang 04

7
In Anlehnung an die Zielsysteme einer Unternehmung lassen sich Krisen wie folgt
einteilen
14
:
Strategische Krise
Erfolgskrise
Liquiditätskrise
Die in der Regel langfristig
wirkenden Erfolgsfaktoren
(Erfolgspotentiale) sind ge-
stört oder zerstört.
Wenn das Unternehmen Ver-
luste macht und diese Verlus-
te zum Aufbrauchen des Ei-
genkapitals führen mit der
drohenden Gefahr der Über-
schuldung.
Eine Entwicklung, die die
konkrete und akute Gefahr
der Zahlungsunfähigkeit in
sich birgt oder die bereits
zum Erlöschen der Zah-
lungsfähigkeit geführt hat.
Abb. 2
Eine Strategische Krise kann hervorgerufen werden durch z. B. einen falschen Un-
ternehmensstandort, falsche Produktpolitik oder auch überalterte und unterqualifi-
zierte Belegschaft.
Die Erfolgskrise ist dadurch gekennzeichnet, dass die Ursachen maßgeblich im
leistungswirtschaftlichen Bereich liegen. Die Ursachen können in der Strategiekrise
oder in einer unzureichenden Effizienz im operativen Bereich liegen. Es ist auch
möglich, dass das Management nicht in der Lage ist, das vorhandene Erfolgspotential
für die Ertragslage optimal zu nutzen.
15
Die Liquiditätskrise hat ihren Ursprung durch eintretende Schwierigkeiten im fi-
nanzwirtschaftlichen Bereich. Meist können die fälligen Zahlungsverpflichtungen
nur mit Schwierigkeiten erfüllt werden. Hinzu treten früher oder später regelmäßig
Kreditkündigungen, die die Situation noch verschärfen. Damit verbunden ist die
konkrete Gefahr der Zahlungsunfähigkeit.
16
Zwischen den drei Krisenarten lassen sich zeitliche Verknüpfungen feststellen. In
der Regel lautet die Entstehungsfolge
17
:
Strategische Krise
[langfristig]
Erfolgskrise
[mittelfristig]
Liquiditätskrise [kurzfristig]
14
In Anlehnung an Hess, H., Insolvenzplan, 1999, S. 86 f.
15
Vgl. Böckenförde, B., Unternehmenssanierung, 1996, S. 19 Z
16
Vgl. Hess, H., Sanierungshandbuch, 1998, S. 20 f.
17
Siehe Anhang 05

8
Diese Abfolge der Krisenzustände deckt mit den Insolvenztatbeständen, wie sich
ergeben aus den §§ 17-19 InsO.
Unternehmenskrisen können auch nach dem Grad der Bedrohung unverzichtbarer
Unternehmensziele (Liquidität, Kapitalerhaltung) eingeteilt werden. Man unterschei-
det
18
:
Existenzvernichtende Krise
Existenzbedrohende Krise
Unternehmensfortführung in bisheriger Form
ist nicht mehr möglich.
Das Unternehmen ist zwar konkret gefähr-
det, aber kann u. U. durch Sanierungsmaß-
nahmen erhalten werden.
Illiquidität liegt vor, und es besteht keine
Möglichkeit, flüssige Mittel zuzuführen.
Überschuldung liegt vor, die Gläubiger sind
nicht zum Forderungsverzicht bereit und die
Gesellschafter können kein Eigenkapital zu-
führen.
Illiquidität droht, ist aber durch schnelle Ver-
äußerung von Vermögensteilen vermeidbar.
Überschuldung droht, aber die Gesellschafter
erklären sich bereit, neues Haftungskapital
zuzuführen.
Abb. 3
Nachdem nun die Krisen nach ihrer Herkunft dargestellt wurden, soll nun der
Schwerpunkt auf die Entstehung solcher Krisen verlagert werden.
B.IV. Krisenursachen
Als Grundlage einer Krisenanalyse muss zunächst die Ausgangslage des Unterneh-
mens ermittelt werden. Dabei gilt es, Schwachstellen sowohl im finanz- wie leis-
tungswirtschaftlichen Bereich zu lokalisieren, deren Beseitigung Aufgabe der späte-
ren Sanierungsmassnahmen sein muss.
Die Schwierigkeit einer Krisenursachenanalyse liegt einerseits darin, dass Unter-
nehmenskrisen im Regelfall multikausal sind und die wichtigsten Faktoren extrahiert
sowie gegeneinander hinsichtlich Ursachen und Wirkungen abgegrenzt werden müs-
sen. Andererseits kann sie durch eine Verschleierungstaktik des Managements oder
durch Mängel im Controlling-System und Rechnungswesen der Unternehmung wei-
ter erschwert werden.
19
Die Analyse der Krisenursachen lässt sich nur in geringem
Masse standardisieren. Vielfach existieren jedoch bereits erste Vorstellungen über
18
In Anlehnung an Harz, M., Sanierungsmanagement, 1999, S. 31
19
Vgl. Vogt, M., Sanierungsplanung, 1999, S. 196

9
mögliche Krisenursachen. Als Instrumente können zunächst Checklisten und stan-
dardisierte Analyseraster für eine Identifizierung und Untersuchung von Krisenursa-
chen genutzt werden.
20
In der Praxis stellen spezialisierte Unternehmungsberatungen
hierfür ihre Dienste bereit.
21
Die Einflüsse, die als Ursache betrieblicher Krisen gelten, lassen sich nach ihrer
Entstehung in drei Bereiche
22
unterteilen:
- Überbetriebliche
Krisenursachen
- Zwischenbetriebliche
Krisenursachen
- Innerbetriebliche
Krisenursachen
Als wesentliche krisenauslösende Momente im überbetrieblichen Bereich lassen
sich Änderungen in der Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik nennen. Weitere
krisenfördernde Ursachen sind die Verschlechterung bzw. Schwankungen der Kon-
junktur-, Kredit- und Währungsverhältnisse. Überbetriebliche
23
Krisenursachen wir-
ken endogen, beispielsweise Rezession oder Steuerlast.
Zwischenbetriebliche Krisenursachen liegen dann vor, wenn das Unternehmen
nicht in der Lage war, sich an den Märkten, insbesondere in den Bereichen Beschaf-
fung und Absatz, zu behaupten. Ebenso zählt hierzu eine ungenügende Personalpoli-
tik und auch eine mangelhafte Versorgung mit Fremdkapital. Als weitere zwischen-
betriebliche Krisenursachen sind zu nennen: Versäumnisse der Kreditinstitute, Ver-
änderungen im Verhalten der Verbraucher, Änderungen im Verhalten der Lieferan-
ten und das Verhalten der Konkurrenz. Zwischenbetriebliche Krisenursachen wirken
ebenfalls von außen, aber mit Mitwirkung des Unternehmens, auf das Unternehmen
ein, wie z. B. eine Verschlechterung der Zahlungsmoral oder Wettbewerbsdruck.
Innerbetriebliche
24
Krisenursachen entstehen oftmals aus der Unternehmensfüh-
rung heraus, sind also im Unternehmen selbst entstanden, wie z. B. Fehlkalkulation
oder Qualitätsmangel. Das Management (Führungskräfte) hat dabei nicht den Hand-
20
Vgl. Brandstätter, J., Sanierungsfähigkeit, 1993, S. 159 ff.
21
Unternehmensberatungen, die sich auf den Schwerpunkt Sanierung spezialisiert haben, sind bspw.
Arthur D. Little International, Inc., Wiesbaden; DGM Deutsche Gesellschaft für Mittelstandsbera-
tung mbH, Hamburg oder Roland Berger Partner GmbH, International Managements Consul-
tants, München.
22
Vgl. Reske, W., Insolvenzursachen, 1978, S. 55
23
Überbetriebliche Krisenursachen werden auch als exogene Ursachen deklariert, vgl. Anhang 04
24
Sie werden auch als endogene Krisenursachen bezeichnet, vgl. Anhang 04

10
lungserfordernissen entsprechend geplant, gesteuert und kontrolliert. Die individuelle
Managementleistung entscheidet, wie stark ein Unternehmen von der Krise getroffen
wird. Ursachen für Führungsfehler sind u. a. mangelnde Qualifikation, ungenügende
Führungskenntnisse, eine übersteigerte Risikobereitschaft und ein zu stark ausge-
prägtes Streben nach Gewinn und Wachstum. Letztendlich sind damit alle Krisen der
Unternehmensführung anzulasten, denn es ist ihr im Krisenfall nicht gelungen, z. B.
auf Änderungen der Umwelt und der Märkte rechtzeitig zu reagieren. Weitere Ent-
stehungsbereiche betrieblicher Krisen bestehen in der Betriebsstruktur, der Finanzie-
rung und dem Rechnungswesen sowie im gesamten leistungswirtschaftlichen Be-
reich.
25
Die gesamte Analyse der Krisenursachen untergliedert sich in fünf Teilanalysen.
Im einzelnen können folgende Analysebereiche unterschieden werden, die ihrerseits
jeweils weitere Teilanalysen beinhalten
26
:
- die Analyse der Finanzlage,
- die Analyse der Ertragslage,
- die Analyse des Managements,
- die Analyse der Unternehmensumwelt und
- die Analyse der strategischen Lage.
Die Analyse dieser fünf Aspekte soll ein umfassendes Bild der Lage des sanierungs-
bedürftigen Unternehmens liefern und Ansatzpunkte für Sanierungsmassnahmen
aufzeigen, so dass unter Berücksichtigung des Sanierungskonzeptes eine Beurteilung
der Sanierungsfähigkeit möglich wird.
Nach den laufenden Erhebungen der Deutschen Bundesbank gelten als Hauptursa-
chen für Unternehmensinsolvenzen
27
:
- Eigenkapitalmangel (91 % bei Mehrfachnennungen)
- Absatzprobleme
(40 % bei Mehrfachnennungen)
- Managementfehler (21 % bei Mehrfachnennungen)
25
Vgl. Peemöller, V., Sanierungskonzeptprüfung, 1995, S. 2313
26
Vgl. Brandstätter, J., Sanierungsfähigkeit, 1993, S. 158
27
Erhebung der Deutschen Bundesbank [zit. nach Harz, M., Sanierungsmanagement, 1999, S. 83],
vgl. auch im Anhang 06

11
Die zahlreichen als Krisenursachen wirkenden Strukturmerkmale und Handlungs-
muster sind in einer Zusammenfassung
28
gesammelt und systematisch verdichtet
worden; sie bilden die vorherrschenden Grundtypen von Krisenunternehmen ab. Je
nachdem wie die Krisenursachen gelagert sind, lassen sich verschiedene Abläufe von
Krisen feststellen.
B.V. Verlauf einer Krise
Die Krisenprozesse verlaufen höchst unterschiedlich. Dennoch entstehen die Unter-
nehmenskrisen nicht ohne Vorwarnung. Umfang und Intensität von Krisen können
im Ablauf unterschiedlich sein.
,,Unternehmenskrisen führen in ihrem Verlauf zu einem Sinken des Unterneh-
mungswertes, bis in einem akuten Stadium zwangsläufig eine Entscheidung über
eine Fortführung oder Liquidation der Unternehmung gefällt werden muss. Deshalb
wird der Unternehmungswert ­ je nach gewählter Alternative ­ durch ihren Fortfüh-
rungs- oder Liquidationswert repräsentiert. Der Wert, der aus Sicht der Kapitalgeber
durch eine Sanierung geschaffen wird, ist damit die Differenz zwischen dem Liqui-
dationswert und dem Fortführungswert der Unternehmung und wird auch als Sanie-
rungswert bezeichnet."
29
Anhand von bestimmten Merkmalen lässt sich beschreiben, in welchem Stadium
sich die Unternehmenskrise zur Zeit befindet
30
.
Merkmale einer Krise
Stadium der Krise
stagnierende oder rückläufige Betriebsleis-
tung
strategische Krise
Jahresfehlbeträge, schrumpfende Eigenka-
pitalbestände; von Durchschnittswerten
der Branche nach oben abweichende, stei-
gende Verschuldungsgrade
Erfolgskrise
hoher relativer Zinsaufwand, Liquiditäts-
probleme; drohende Zahlungsunfähigkeit
Liquiditätskrise
Abb. 4
28
Siehe Anhang 07
29
Vgl. Vogt, M., Sanierungsplanung, 1999, S. 130
30
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, 2001, § 2 Rdnr. 6

12
Das Ende von Unternehmenskrisen kann sowohl durch ihre erfolgreiche Bewälti-
gung und damit der Existenzsicherung der Unternehmung markiert werden, als auch
durch eine Existenzvernichtung der Unternehmung als rechtlich selbständige Wirt-
schaftseinheit. Krisen beinhalten damit auch die Chance, der Wendepunkt für eine
bessere Entwicklung zu sein.
31
Im Folgenden soll davon ausgegangen werden, dass die Unternehmenskrise nicht
beseitigt werden kann und stattdessen die Krise fortgeschritten ist, bis an den insol-
venznahen Bereich. Schon bei einer Überschuldung kann der Unternehmer die Insol-
venz der Unternehmung beantragen. Die Grundlagen des Insolvenzrechts werden im
folgenden Kapitel aufgezeigt, insbesondere mit dem Ziel der Fortführung des insol-
venten Unternehmens mit Hilfe des Insolvenzplans.
C. Unternehmensinsolvenzrecht
C. I. Regelverfahren nach der Insolvenzordnung
C. I. 1. Rechtsgrundlagen
Mit der Einführung der Insolvenzordnung
32
(InsO) wurde ein einheitliches Verfah-
ren geschaffen, das eine Vielzahl von Verwertungsarten gleichberechtigt anbietet
und den Beteiligten die Entscheidung überlässt, das Schuldnervermögen bestmöglich
zu verwerten. Die Insolvenzordnung will eine flexible Insolvenzabwicklung unter
Einbeziehung aller Beteiligten, auch der Gläubiger und des Schuldners, ermöglichen.
Das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Insolvenzrecht sieht in § 1 S. 1 InsO die
Möglichkeit vor, neben der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung durch Ver-
wertung des Schuldnervermögens (sog. Regelabwicklung), in einem Insolvenzplan
abweichende Regelungen ,,insbesondere zum Erhalt des Unternehmens" zu treffen.
Dieses in Anlehnung an US-amerikanische Vorbilder in den §§ 217-269 InsO gere-
gelte Insolvenzplanverfahren bildete das Kernstück der Insolvenzrechtsreform. Inhalt
31
Vgl. Vogt, M., Sanierungsplanung, 1999, S. 26
32
Die Insolvenzordnung vom 05.10.1994 (BGBl. I 1994, 2866) ist am 01.01.1999 in Kraft getreten.
Das Gesetz wurde inzwischen mehrfach geändert, so zuletzt durch das Gesetz zur Änderung der
Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26.10.2001 (BGBl. I 2001, 2710), deren Fassung am
01.12.2001 in Kraft getreten ist. Einen Überblick über den Aufbau der Insolvenzordnung gibt die
Tabelle im Anhang 08 wieder.

13
und Aufbau eines Insolvenzplans sind vom Gesetzgeber nicht im einzelnen geregelt
und wurden in der Literatur zum Teil kontrovers diskutiert.
Das Insolvenzrecht sieht somit zwei Verwertungsmöglichkeiten für insolvente Un-
ternehmen vor, zum einen das Regelverfahren mit dem Ziel der Zerschlagung bzw.
Liquidation des Unternehmens, sowie das Insolvenzplanverfahren, welches den Er-
halt, somit die Sanierung und Fortführung des Unternehmens vorsieht
33
.
Rechtlich gesehen ist das Insolvenzverfahren ist ein Vollstreckungsvorgang
34
, bei
dem Gläubiger gegenüber ihrem gemeinsamen Schuldner ihre Forderungen zwangs-
weise durchsetzen. Anders als die Einzelvollstreckung ergreift das Insolvenzverfah-
ren das gesamte Vermögen des Schuldners und dient der Verwertung und Verteilung
an alle Gläubiger.
35
Sobald zur Krise im betriebswirtschaftlichen Sinne noch ein Insolvenzeröffnungs-
grund (§ 17-19 InsO) hinzukommt, besteht grundsätzlich eine insolvenzrechtliche
Pflicht (bei Vorliegen der Eröffnungsgründe Überschuldung oder Zahlungsunfähig-
keit) bzw. ein Recht (bei Vorliegen des Eröffnungsgrundes drohende Zahlungsunfä-
higkeit) zur Stellung eines Insolvenzantrags.
C. I. 2. Insolvenzantrag
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht setzt voraus,
dass die formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sind.
Zu den formellen Voraussetzungen gehört, dass der Schuldner insolvenzfähig ist
und dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
36
gestellt wurde. Insol-
venzfähig sind natürliche und juristische Personen. Über das Vermögen einer Gesell-
schaft ohne Rechtspersönlichkeit, wie OHG, KG, Partnergesellschaft oder EWIV
37
,
kann gleichfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet werden.
38
Zur Stellung eines An-
33
Siehe Anhang 09
34
Im Rahmen der Gesamtvollstreckung (hier Insolvenzverfahren) kann der Gläubiger seine Forderung
ohne Prozess und ohne Vollstreckungstitel durchsetzen. Besonders in der Krise versuchen Schuld-
ner oftmals, Prozesse zu verschleppen, um eine Titulierung und Einzelzwangsvollstreckung in ihr
Vermögen zu verhindern.
35
Vgl. Pelka, J. et al., Wirtschaftsrechtshandbuch, 2001, S. 880
36
Das gilt auch für das Verbraucherinsolvenzverfahren, das im übrigen aber besonderen Regeln folgt.
Vgl. §§ 304 ff. InsO; siehe auch Anhang 09
37
Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung
38
Zu Einzelheiten siehe die §§ 11, 12 InsO

14
trags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind der Schuldner und die Gläubiger
berechtigt; das Verfahren kann nicht von Amts wegen eröffnet werden (§ 13 InsO).
Das Vorliegen eines Insolvenzgrundes löst für Privatpersonen und Gesellschaften
des Handelsrechts mit natürlichen Personen als persönlich haftenden Gesellschaftern
keine gesetzliche Insolvenzantragspflicht aus. Dem Einzelkaufmann oder dem Ge-
schäftsführer einer OHG bzw. KG ist es überlassen, im Einzelfall zu entscheiden, ob
und wann er den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. Gleiches gilt
für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die gem. § 11 Abs. 2 S. 1 InsO insolvenz-
fähig ist.
Materielle Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist das
Vorliegen eines Eröffnungsgrunds (§ 16 InsO). Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die
Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO). Alternativ bilden die drohende Zahlungsunfähig-
keit sowie die Überschuldung den Eröffnungsgrund (§§ 18, 19 InsO).
Liegen die formellen und materiellen Voraussetzungen vor, hat das Insolvenzge-
richt alle Massnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um bis zur Eröffnung des
Insolvenzverfahrens nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuld-
ners zu vermeiden. Zu diesen Sicherungsmaßnahmen gehören die Bestellung eines
vorläufigen Insolvenzverwalters sowie die Anordnung eines Verfügungs- und Ver-
waltungsverbots zu Lasten des Schuldners (§§ 21-25 InsO).
Zuständig für das Insolvenzverfahren ist das Insolvenzgericht (Amtsgericht), in
dessen Bezirk der Schuldner ansässig ist (§§ 2, 3 InsO). Das Gericht fällt Grundent-
scheidungen nur in einigen, wenn auch bedeutsamen Punkten, wie z. B. Verfahrens-
eröffnung, Aufhebung und Einstellung des Verfahrens. Darüber hinaus wird das Ge-
richt in einer Reihe von Einzelfällen zur Aufsicht, Sicherung, Prüfung und Bestäti-
gung tätig, überwiegend auf Antrag anderer Verfahrensbeteiligter (Gläubigerver-
sammlung, Insolvenzverwalter, Gläubigerausschuss sofern bestellt).
39
Der Insolvenz-
antrag kann bis zum Wirksamwerden des Insolvenzeröffnungsbeschlusses wieder
zurückgenommen werden. Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Verfahrens,
hat er eine Vermögensübersicht sowie ein Gläubiger- und ein Schuldnerverzeichnis
vorzulegen.
39
Vgl. Gottwald, P. et al., Insolvenzrechtshandbuch, § 17 Rdnr. 1

15
Der Insolvenzantrag setzt voraus, dass die Forderung des Gläubigers und der In-
solvenzgrund glaubhaft gemacht werden können (§ 14 Abs. 1 InsO). Die Glaubhaft-
machung der Forderung kann z. B. durch eidesstattliche Versicherung des An-
tragstellers erfolgen, nicht erforderlich ist ein Vollstreckungstitel (Urteil o. ä.). Zur
Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes genügt in der Regel die Bescheinigung
eines Gerichtsvollziehers über einen ergebnislosen Mobiliarvollstreckungsversuch
(Fruchtlosigkeitsattest), die nicht älter als sechs Monate sein sollte. Soweit kein Voll-
streckungstitel vorliegt, kommen als Mittel der Glaubhaftmachung einer Zahlungsun-
fähigkeit des Schuldners z. B. Scheck- oder Wechselproteste in Betracht sowie die
vom antragstellenden Gläubiger eidesstattlich versicherte Nichtzahlung einer fälligen
oder angemahnten Forderung.
40
Bevor der Gläubiger bzw. Schuldner einen Insolvenzantrag stellt, sollte er aber die
Vor- und Nachteile eines Gesamtvollstreckungsverfahren gegenüber der Einzel-
zwangsvollstreckung sorgfältig abwägen.
41
Dabei ist zu prüfen, ob ein Insolvenz-
grund überhaupt nachweislich vorliegt.
C. I. 3. Insolvenzgründe
a. Zahlungsunfähigkeit
In der Regel entscheidet das Insolvenzgericht nicht sofort über den Insolvenzantrag,
sondern stellt Ermittlungen an, um die Voraussetzungen für eine Verfahrenseröff-
nung zu überprüfen. Diese Voraussetzungen sind das Vorliegen eines Insolvenz-
grundes (§§ 17-19 InsO) sowie eine ausreichende freie (d. h. von Drittrechten unbe-
lastete) Masse, um die Kosten des Verfahrens zu decken.
Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (§ 17
Abs. 1 InsO). Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die
fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, insbesondere wenn er seine Zahlungen einge-
stellt hat (§ 17 Abs. 2 InsO). Das Unvermögen des Schuldners, die fälligen Zah-
lungspflichten zu erfüllen, muss von einer gewissen Dauer sein, da anderenfalls nur
eine Zahlungsstockung und keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt. ,,Ganz geringfügige
40
Vgl. Pelka, J. et al., Wirtschaftsrechtshandbuch, S. 881
41
Zu den Vor- und Nachteilen eines Insolvenzverfahren (Gesamtvollstreckungsverfahren) befinden
sich nähere Ausführungen im Kapitel D. IV.

16
Liquiditätslücken oder eine kurzfristige Zahlungsstockung sind keine Zahlungsunfä-
higkeit."
42
Kurzfristig ist eine Zahlungsstockung dann, wenn sie eine Dauer bis zu 14 Tagen
aufweist.
43
Dagegen liegt eine Zahlungseinstellung vor, wenn der Schuldner für die
beteiligten Verkehrskreise sichtbar nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zah-
lungspflichten zu erfüllen. Es ist dabei bereits ausreichend, wenn diese nach außen
erkennbar gewordene Zahlungsunfähigkeit von einem Gläubiger als Grund der
Nichtzahlung erkennbar wird.
44
b. Drohende Zahlungsunfähigkeit
Neben den Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit ist mit Einführung der Insol-
venzordnung der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit getreten. Der
Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der
Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu
erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO). Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist nur dann Eröff-
nungsgrund, wenn der Schuldner selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bean-
tragt.
Mit dem Begriff der drohenden Zahlungsunfähigkeit soll einem notleidenden Un-
ternehmen die Chance gegeben werden, sich rechtzeitig unter dem Schutz eines In-
solvenzverfahrens zu stellen und durch einen Insolvenzplan mit Hilfe der Gläubiger
eine Sanierung herbeizuführen. Liegt der Insolvenzgrund einmal vor, so ist der
Schuldner bzw. Schuldnerunternehmen im Rahmen gesetzlicher Insolvenzantrags-
pflichten
45
verpflichtet, den Antrag unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei
Wochen, zu stellen. Ferner soll es dem Schuldner ermöglicht werden, der Zerschla-
42
Uhlenbruck, W., Insolvenzordnung, 1995, S. 195, 197
43
Möhlmann, Th., Zahlungsunfähigkeit im Insolvenzverfahren, 1998, S. 947, 950
44
Vgl. Pelka, J. et al., Wirtschaftsrechtshandbuch, 2001, S. 881 Rdnr. 6-8
45
Antragsverpflichtet sind bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes die Organe juristischer Personen,
wie Geschäftsführer und Liquidatoren einer GmbH (§§ 64, 71 Abs. 4 GmbHG), Vorstandmitglie-
der und Abwickler einer AG und einer KGaA (§§ 92 Abs. 2, 268 Abs. 2, 278 Abs. 3, 283 Nr. 14
AktG), Vorstandsmitglieder und Liquidatoren einer eG (§ 99 GenG), Vorstand eines rechtsfähigen
Vereins (§ 42 Abs. 2 BGB), bei Personengesellschaften ohne natürliche Personen als persönlich
haftende Gesellschafter der persönlich haftende Gesellschafter (§ 130a HGB), der/die Erben oder
Nachlassverwalter bei Überschuldung des Nachlasses (§§ 1980, 1985 BGB) und auch die Erben
bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§§ 1489 Abs. 2, 1980 BGB).

17
gung von Vermögenswerten durch Einzelzwangsvollstreckungen der Gläubiger früh-
zeitig zu begegnen und ein Sanierungskonzept vorzulegen.
46
c. Überschuldung
Bei juristischen Personen ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. Sie liegt vor,
wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr
deckt (§ 19 Abs. 2 InsO). Dies ist anhand eines Überschuldungsstatus
47
zu ermitteln,
in den alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten nicht mit den Buchwerten,
sondern mit ihrem wirklichen Wert einzustellen sind. Bei der Ermittlung des wirkli-
chen Wertes ist die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese
nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist (§ 19 Abs. 2 InsO). Steht dage-
gen fest, dass das Unternehmen aufgelöst werden muss, erfolgt die Bewertung der
Vermögensgegenstände auf der Basis der Einzelveräußerungserlöse (Zerschlagungs-
oder Liquidationswerte).
48
Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung liegen häufig, aber nicht zwingend ne-
beneinander vor. Es ist durchaus denkbar, dass ein Schuldner trotz fehlender Über-
schuldung zahlungsunfähig ist (Beispiel: werthaltige Aktiva sind gebunden und kön-
nen weder als Kreditunterlage benutzt noch veräußert werden) oder dass er trotz Zah-
lungsunfähigkeit überschuldet ist (Beispiel: eine überschuldete GmbH bekommt
noch Kredit). In diesen Fällen kommt es dazu, dass der Insolvenzgrund der Zah-
lungsunfähigkeit zwar durch den Kredit beseitigt wird, dafür tritt aber aufgrund der
Neuverschuldung eine Überschuldung der Gesellschaft ein, die wiederum zum Insol-
venzantrag verpflichtet.
49
Gerade das zweite Beispiel zeigt, dass der Eröffnungs-
grund der Überschuldung den Insolvenzzeitpunkt häufig vorverlegt.
Wenn ein Unternehmen bilanziell überschuldet ist, erfordert dies in der Regel von
der Geschäftsführung schnelles Handeln, um der drohenden Insolvenzantragspflicht
zu entgehen. Gerade in der Zeit der Krise ist es jedoch schwer, die Gesellschafter
46
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, § 6 Rdnr. 10
47
Aufgabe des Überschuldungsstatus ist es, den zu Liquidationswerten angesetzten Vermögenswerten
alle im Insolvenzverfahren fälligen und durchsetzbaren Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Im
Überschuldungsstatus wird das Vermögen zu Liquidationswerten bemessen. Davon ist nur abzu-
weichen, sofern eine Fortbestehensprognose die Lebensfähigkeit des Schuldners bejaht hat. In die-
sem Fall können dann die Aktiva mit Fortbestehenswerten bewertet werden. Vgl. Schema im An-
hang 11
48
Vgl. Pelka, J. et al., Wirtschaftsrechtshandbuch, 2001, S. 882 Rndr. 10
49
Vgl. Gottwald, P., Insolvenzrechtshandbuch, 2001, § 6 Rdnr. 20

18
davon zu überzeugen, dem Unternehmen weitere Eigenmittel zur Verfügung zu stel-
len. In diesem Fall müssen Auswege aus der Krise gesucht werden, die allein darin
bestehen können, die Überschuldung ohne Zufuhr liquider Mittel zu überwinden.
Eine Beseitigung der Überschuldung ist durch nachfolgende Maßnahmen möglich
50
:
Kapitalerhöhung Nachschüsse
Freiwillige Zuschüsse
Rangrücktritt
Forderungsverzicht mit Besserungsschein Endgültiger
Forderungsverzicht
Verlorener Zuschuss
Verzicht auf Pensionszusage
C.I.4. Eröffnetes Insolvenzverfahren
Nach Eingang des Insolvenzantrags prüft das Insolvenzgericht die Zulässigkeit des
Ansuchens und kann bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Insolvenz-
verwalter bestellen, der bis zur Verfahrenseröffnung unter anderem eine Prüfung der
Fortführungsaussichten des Verfahrens vorzunehmen hat (§§ 21 Abs. 2 und 22 Abs.
1 Nr. 3 InsO). Falls die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
erfüllt sind, d. h. insbesondere eine Deckung
51
der Verfahrenskosten gewährleistet ist
(§ 26 InsO), erfolgt ein Eröffnungsbeschluss
52
. Mit dem Beschluss wird auch der
(endgültige) Insolvenzverwalter bestellt (§ 27 InsO).
53
Der Insolvenzverwalter er-
langt die Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des
Schuldners (§§ 80 Abs. 1 und 148 Abs. 1 InsO) und die Gläubiger werden aufgefor-
dert, ihre Forderungen innerhalb eines vom Gericht festgesetzten Zeitraums (mindes-
50
In Anlehnung an Harz, M., Sanierungsmanagement, 1999, S. 58
51
Reicht die verwertbare Insolvenzmasse nicht einmal aus, um die Verfahrenskosten zu decken, so
braucht der Staat das Verfahren und seine Organe nicht unentgeltlich zur Verfügung zu stellen,
denn das Insolvenzverfahren wird nicht im öffentlichen Interesse, sondern im Interesse der Gläu-
biger durchgeführt. Vielmehr weist das Insolvenzgericht den Eröffnungsantrag dann mangels
Masse als unbegründet ab (§ 26 Abs. 1 S. 1 InsO), es sei denn, es wurde eine ausreichender Geld-
betrag (Massekostenvorschuss) vorgeschossen.
52
Der Eröffnungsbeschluss wird öffentlich bekannt gemacht und bei Grundstücken, als deren Eigen-
tümer der Schuldner eingetragen ist, in das Grundbuch eingetragen.
53
Sofern ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, ist dieser im Regelfall auch der Insol-
venzverwalter. Das Insolvenzgericht kann aber auch eine andere Person zum Insolvenzverwalter
ernennen. Die Gläubiger haben in der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des
Insolvenzverwalters erfolgt, die Möglichkeit, den vom Gericht bestimmten Insolvenzverwalter
durch eine Person ihrer Wahl zu ersetzen (§ 57 InsO).

19
tens zwei Wochen, höchstens drei Monate) anzumelden und mitzuteilen, welche Si-
cherungsrechte sie in Anspruch nehmen (§ 28 InsO).
Der Verwalter hat jetzt die Insolvenzmasse in Besitz, sichtet und verwaltet die Be-
stände (§§ 148 ff. InsO). Er muss über die Fortsetzung oder Beendigung schweben-
der Prozesse (§§ 85 ff. InsO) und Verträge entscheiden (§§ 103 ff. InsO). Ausserdem
kann er Gegenstände, die in anfechtbarer Weise aus dem Schuldnervermögen her-
ausgelangt sind, im Wege der Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurückho-
len (§§ 129 ff. InsO).
54
Dabei muss beachtet werden, das alles, was nach §§ 811 ff.,
850 ff. ZPO unpfändbar ist, nicht für die Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners
verwertet werden kann.
55
Das Insolvenzgericht
56
kann jedoch in Ausnahmefällen auf die Bestellung eines
Insolvenzverwalters verzichten. Der Schuldner behält dann die Verfügungsbefugnis
über sein Vermögen, wird jedoch, im Rahmen der Eigenverwaltung unter die Auf-
sicht eines ,,Sachverwalters" gestellt (§§ 270-285 InsO).
Der Berichtstermin, wie auch der Prüfungstermin werden im Eröffnungsbeschluss
bestimmt. Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen überprüft, wo-
bei zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin mindestens eine
Woche, höchstens zwei Monate liegen sollen (§ 29 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO). Im
Berichtstermin, der spätestens drei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
abzuhalten ist, beschliessen die Gläubiger über den Fortgang des Verfahrens (§ 29
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO).
57
Grundlage für diesen Beschluss bildet ein Bericht des Insolvenzverwalters über die
wirtschaftliche Lage des Schuldners und deren Ursachen. Der Insolvenzverwalter hat
darzulegen, ob Aussichten bestehen das Unternehmen des Schuldners im Ganzen
oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen
und welche Auswirkungen für die Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger eintre-
54
Vgl. Bork, R., Einführung in das neue Insolvenzrecht, 1995, S. 10 Rdnr. 23
55
Vgl. Bork, R., Einführung in das neue Insolvenzrecht, 1995, S. 56
56
Die Aufgaben des Insolvenzgerichts beschränken sich im wesentlichen auf die (1) Aufsicht über
den Insolvenzverwalter (§ 58 f. InsO), (2) Einsetzung eines Gläubigerausschusses (§ 67 InsO) und
die Leitung der Gläubigerversammlung (§ 76 Abs. 1 InsO) mit dem Berichtstermin (§ 29, 156 In-
sO) und dem Prüfungstermin (§ 29, 176 InsO).
57
Vgl. Scheffler, W./Biegel, P.-Ch., Der Steuerberater als Insolvenzverwalter, 2000, S. 1279

20
ten würden (§ 156 Abs. 1 InsO). Die stimmberechtigten Gläubiger entscheiden, ob
das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder fortgeführt werden soll.
Ab diesem Zeitpunkt können also prinzipiell zwei Wege zur Verwertung und
Verteilung des Schuldnervermögens eingeschlagen werden. Die Gläubiger
entscheiden über den Verfahrensweg. Sie müssen darüber befinden, ob sie diesen
Weg beschreiten wollen. Es ist nicht sicher, ob eine Sanierung wirklich zu einer
höheren Quote für die Gläubiger führt, als die Liquidation. Ferner bestimmen sie
darüber, eine Sanierung auf der Basis eines Insolvenzplans durchzuführen, oder der
Insolvenzverwalter nach allgemeinen Regeln vorgehen soll.
Zum einen kann die Gläubigerversammlung mit einfacher Mehrheit ­ berechnet
nach den Forderungssummen ­ eine Zwangsverwertung und ­verteilung nach den
entsprechenden gesetzlichen Vorschriften beschließen. Sie beschließt also, inwieweit
das Verfahren mit einer Liquidation, einer Sanierung bzw. übertragenden Sanierung
fortgesetzt werden soll
58
.
Alternativ besteht die Möglichkeit zur Erarbeitung eines Insolvenzplans. Dieser
kann nach Auftrag der Gläubigerversammlung durch den Insolvenzverwalter (§ 157
InsO) oder durch den Schuldner erstellt werden. Der Insolvenzplan ist als ein univer-
selles Instrument zur Masseverwertung zu verstehen, mit dem die Gläubiger, ohne an
die Verwertungsvorschriften der InsO gebunden zu sein, jede Art der Haftungsver-
wirklichung beschliessen können, um das Vermögen des Schuldners ­ zu ihrem Vor-
teil ­ auf wirtschaftlich effektive Weise einzusetzen.
59
Weitere Ausführungen zum
Insolvenzverfahren mit dem Ziel der Erstellung eines Insolvenzplans finden sie ab
Kapitel C. II. An dieser Stelle soll der Verlauf des Insolvenzverfahrens nach allge-
meinen Regeln, also mit dem Ziel der Zerschlagung des Unternehmens, dargestellt
werden.
C.I.5. Beendigung des Verfahrens
Hat die Gläubigerversammlung im Berichtstermin die Liquidation
60
beschlossen, so
schliesst sich die Verwertung des Schuldnervermögens an (§ 159 ff. InsO). Dazu
58
siehe Anhang 12
59
Vgl. Vogt, M., Sanierungsplanung, 1999, S. 98
60
Unter Liquidation ist der Wegfall des Unternehmensträgers unter gleichzeitiger Beendigung der
wirtschaftlichen Einheit des Unternehmens zu verstehen. Der rechtliche Mantel des Unternehmens
wird durch die Löschung der Eintragung des Unternehmens im Handelsregister endgültig beseitigt.
Die einzelnen Vermögensgegenstände werden aus ihrem technisch-organisatorischen Verbund

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832456627
ISBN (Paperback)
9783838656625
DOI
10.3239/9783832456627
Dateigröße
2.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg – Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2002 (Juli)
Note
2,0
Schlagworte
insolvenzplanverfahren sanierungsbegriff unternehemnsinsolvenzrecht sanierungsprüfung unternehmenskrise
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Titel: Der Sanierungsplan
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