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"Himba sind glücklichere Menschen"

Ethnotourismus zu den Himba im Nordwesten Namibias

©2001 Examensarbeit 228 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die wirtschaftlich schlechte Lage der letzten Jahre hat den Tourismus nicht negativ beeinflusst. Im Gegenteil, die Wachstumsraten sind so hoch, dass von einem regelrechten Boom gesprochen werden kann. Besonders beliebt in den Industrieländern sind Reisen in die Länder der sogenannten „Dritten Welt“. Einige Liberalisierungsmaßnahmen seitens dieser Länder erleichterten den Fernreisetourismus, der sich vor allem auf den Dienstleistungssektor auswirkt.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) unterstützt Vorhaben, die mit dem Tourismus verbunden sind, indem sie Experten für den Aufbau einer Infrastruktur entsenden und Fördermittel zur Verfügung stellt. Mit diesen Maßnahmen sollen die Strukturprobleme der Entwicklungsländer wenigstens zu Teil behoben werden. Der Tourismus soll Devisen ins Land bringen, Arbeitsplätze schaffen und das Land wirtschaftlich nach vorne bringen. Leider sind die Gewinnerwartungen der betroffenen Länder, die mit dem Tourismus verknüpft sind, häufig überzogen. Überspannte Profitideen lassen die Achtung vor der Natur und der im Land lebenden Menschen nur zu oft vermissen.
Einsichtsvolle Kritiker haben diese Entwicklung alsbald erkannt. Der mit hohen Kosten erkaufte wirtschaftliche Nutzen steht nach ihrer Auffassung in keinem angemessenem Verhältnis zur Zerstörung der ursprünglichen Sozialstrukturen, der hohen Umweltbelastung und der zunehmenden kulturellen Verwestlichung. Über diese sozio-kulturellen, ökonomischen und ökologischen Fakten haben viele Wissenschaftler theoretische und empirische Forschungen angestellt, wie z.B. MÄDER oder VORLAUFER.
Kritisch zu betrachten sind ebenfalls die Vermarktungsstrategien der Tourismusbranche.
In den letzten Jahren stieg der Trend, im Urlaub müssten Aktivitäten und Erlebnisse Vorrang vor einem reinen Badeurlaub haben. Dementsprechend passten sich die Reiseveranstalter den Wünschen der Gäste an und vermarkteten oft utopische Erlebnisreisen, die vor Ort nicht den Wünschen der Touristen standhalten.
Um den Tourismus umfassend bewerten zu können, müssen die Bereiche der Ökonomie, Ökologie, Soziokultur, Politik des Landes und die Vermarktungsstrategien der Reiseveranstalter untersucht und unterschieden werden.
Gang der Untersuchung:
Einleitend wird in Kapitel 1 ein allgemeiner Überblick über Reisen in die Entwicklungsländer gegeben, die Touristen werden charakterisiert und die Auswirkungen des Tourismus auf das Entwicklungsland werden […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5649
Priebe, Anja-Kristin: "Himba sind glücklichere Menschen": Ethnotourismus zu den Himba im
Nordwesten Namibias / Anja-Kristin Priebe - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Würzburg, Universität, Staatsexamensarbeit, 2001
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
Vorwort
Ein 4-wöchiger Urlaub in Namibia 1996 hatte mir die Reize Namibias dargeboten.
Damals war ich als Tourist in das Land gereist und hatte die schönen Seiten des
Landes erlebt und auch bewusst aufgenommen. Das teilweise empfundene
Unbehagen als Tourist den Einheimischen gegenüber, weckte mein Interesse dieser
Thematik systematisch und kritisch gegenüberzutreten. Wichtig ist dies v.a., wenn
man bedenkt, dass das touristische Interesse an den ,,Dritte Welt"-Ländern stetig
steigt und aus diesem Grund der Einfluss des Tourismus auf die einheimische
Bevölkerung immer grösser wird.
Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis theoretischer Literaturauswertungen und
empirischer Analysen vor Ort. Begünstigt wurde mein Vorhaben durch meine
Dozenten Prof. Dr. Dieter Böhn und Dr. Helmer Vogel und den Doktoranten Eberhard
Rothfuß, der seine Doktorarbeit über die Auswirkungen des Tourismus auf die
Lebensweise der Himba schreibt. Dies bot mir die Gelegenheit meine zukünftige
Arbeit mit der Doktorarbeit zu kombinieren und ich legte mich auf das Thema ,,Der
Tourismus zu den Himba und deren Vermarktung in Deutschland" fest. Hierbei war
auch wichtig herauszufinden, wie Touristen auf die noch relativ traditionell lebenden
Himba reagieren und ob das in den Medien präsentierte Bild der Himba mit der
Realität übereinstimmt. Dazu nahm ich an einer 8-tägigen Kaokoland-Tour, die von
Desert Adventure Safaris organisiert wurde, teil, schaffte dort die Basis meiner Arbeit
und machte über den Tourismus hinaus wichtige Erfahrungen.
Bei der Durchführung der Studie war ich auf die Hilfe von zahlreichen Menschen
angewiesen, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte:
·
Dem namibischen Tourveranstalter Desert Adventure Safaris, hier v.a. Regine
Küstner und Andy Maier, der mich umsonst mit auf die Tour zu den Himba
genommen hat und mir somit einen Einblick in das Kaokoland und das Leben
der Himba ermöglichte. Ohne deren Offenheit und Bereitschaft diese
Untersuchung zu unterstützen, wäre diese Arbeit nicht zustandegekommen.
·
Familie Dittmar in Windhoek, die mich in den Tagen in Windhoek in ihre
Familie aufgenommen hat und mir durch diese Gastfreundlichkeit,
das Erstellen dieser Arbeit und den Aufenthalt in Namibia erst ermöglicht hat.

II
·
In Deutschland bin ich zu grossem Dank verpflichtet: meinem Onkel Horst
Rehbein, der trotz des grosses Zeitaufwandes die Mühen nicht gescheut hat,
meine Arbeit Korrektur zu lesen und dessen kritische Bemerkungen für die
Erstellung der Arbeit sehr wertvoll waren; meinen Eltern Franziska & Sieghard-
Uwe Priebe für die finanzielle und psychische Unterstützung während dieser
Arbeit und des ganzen Studiums; meinem Freund Burkhard Pfeuffer, der mir
durch Korrekturlesen und bei den Layout-Arbeiten eine sehr grosse Hilfe war
und mich moralisch unterstützt hat.
·
Ein besonderer Dank geht an Eberhard Rothfuß für seine grosse praktische
Hilfe, indem er immer wieder durch neue Ideen meine Arbeit bereicherte hat
und für dessen konstruktive Kritik ich sehr dankbar war.
·
Nicht zuletzt danke ich Dr. Helmer Vogel für seine Hilfestellung.

III
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis
der
Tabellen
VIII
Verzeichnis
der
Abbildungen
VIII
Verzeichnis
der
Karten
VIII
Verzeichnis
der
Photos
IX
Einleitung
1
I. Theoretisch-empirischer Teil
1.
Tourismus in Entwicklungsländer
1.1. Motive des Reisens
3
1.2. Profil eines Entwicklungsland-Touristen
6
1.3. Einflüsse des Tourismus
8
1.3.1. Ökonomische Einflüsse
8
1.3.2.
Ökologische
Effekte
12
1.3.3.
Sozio-kulturelle
Aspekte
16
1.4. Zusammenfassung: Kosten und Nutzen
von Fernreisen in Entwicklungsländer
20

IV
2. Internationaler Tourismus in Namibia ­
Eine Analyse auf nationaler und regionaler Ebene
2.1. Die nationale Ebene: Tourismus in Namibia
22
2.1.1. Grundlagen für die Entwicklung des Tourismus
22
2.1.2. Touristische Raumnutzungsstruktur
24
2.1.3. Arten des Fremdenverkehrs
25
2.1.4. Herkunftsländer der Touristen
28
2.1.5.Tourismus
als
Wirtschaftsfaktor
30
2.1.6.
zukünftige
Prognosen
34
2.1.7.
Zusammenfassung
36
2.2. Die regionale Ebene:
Kaoko - Die nördliche Kunene-Region
38
2.2.1.
Allgemeines
38
2.2.2.
Naturräumliche
Strukturen
41
2.2.2.1.Topographische und geomorphologisch-
geologische Einheiten
41
2.2.2.2.
Klima
47
2.2.2.3.
Fauna
und
Flora
49
3. Die Himba ­ mobile Viehhalter
3.1.
Historie
53
3.2.
Ethnographische
Aspekte und der Halbnomadismus als
angepasste Lebensweise
61
3.3.
Aktuelle
Situation
72

V
4. Der Ethnotourismus in Kaoko
4.1. Definitorische Abgrenzung
79
4.2.
Intentionen,
Motivationen, Phantasien und Ansprüche
von Ethnotouristen
82
4.3 Mediale Vermarktung der Himba
85
4.3.1.
Fernsehen
85
4.3.2.
Internet
91
4.3.3. Reisebüros und -prospekte und Reiseführer
95
4.3.4. Internationale Tourismus Börse in Berlin (ITB)
104
4.3.5.
EXPO
2000
in
Hannover
108
4.4. Empirische Fallstudie: "Mit Desert Adventure Safaris
(DAS)
auf
"Ovahimba-Tour"
114
5. Zusammenfassung: Anspruch und Wirklichkeit bei
Reisen nach Kaoko
124
6. Ausblick und mögliche Perspektiven über das zukünftige
Leben der Himba unter dem Einfluss des Tourismus
131
7.
Resumée
139
Literaturverzeichnis
141
Anhang
151

VI
II. Didaktischer Teil
Stundensequenz in Form eines projektorientierten Unterrichts mit dem
Thema: ,,Die Himba- eine Stammeskultur im Nordwesten Namibias
und wie sie durch den Tourismus vermarktet werden"
1. Didaktische Analyse
1.1. Einordnung der Stunde in den Lehrplan
156
1.2.
Situative
Bedingungen 157
1.2.1. Bemerkung zur Situation an bayerischen Gymnasien
157
1.2.2. Technische-methodische Voraussetzungen
158
1.3. Projetorientierter Unterricht als gesonderte Unterrichtsform
159
1.4.
Lernziele 163
1.4.1. Soziale und methodische Ziele
163
1.4.2. Die Lernziele für die Unterrichtssequenz
164
2. Sachanalyse
2.1. Die Historie Namibias und von Kaoko
167
2.2. Die Himba und ihr traditionelles Leben
174
2.3. Die mediale Vermarktung der Himba
178
2.3.1.
Im
Fernsehen 178
2.3.2.
Im
Internet
179
2.3.3.
In
Reiseprospekten
180
3. Methodische Darstellung
3.1.
Beschreibung
des
Stundenablaufes 182
3.2.
geplante
Stundenmodelle
186
3.3.
geplante
Tafelbilder
195
3.4. Weitere verwendete Unterrichtsmaterialien
195

VII
Literaturnachweis
196
Anhang
199

VIII
Verzeichnis der Tabellen
Tab. 1:
Boomfaktoren der touristischen Expansion in den
Entwicklungsländern
5
Tab. 2:
Nutzen und Kosten der touristischen Entwicklung in den
Entwicklungsländern
20
Tab. 3:
Herkunftsland und Anzahl der Touristen in Namibia
29
Tab. 4:
Psychische-soziale-und kulturelle Motive der
Ethnotouristen
84
Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 1:
Durch den Tourismus verursachte ökologische Probleme 15
Abb. 2:
Soziokulturelle Folgen des Tourismus
19
Abb. 3:
Postkarte aus der Kolonialzeit
56
Abb. 4:
Siedlungsformen eines Himba-Haushaltes
68
Abb. 5:
Intensität interkultureller Kontaktformen
80
Abb. 6:
Der Vorgang der Raum- und Umweltwahrnehmung:
Informationsauswahl-
und
verarbeitung
82
Abb. 7:
Unbekleidete Himba-Frauen
92
Abb.
8: Bilder
einer
Internetseite
93
Abb. 9:
Himba-Kinder im Kaokoland
98
Abb. 10:
Rinderhirten der Himba nahe Ruacana
102
Abb. 11:
Himbafrau mit Haartracht
und
Schmuck
106
Abb. 12:
Grundriß des Namibia-Pavillons
109
Abb. 13:
Das ,,Magische Dreieck": Naturschutz-Bevölkerung-
Tourismus
133
Verzeichnis der Karten
Karte 1:
Fremdenverkehrsattraktionen in Namibia
27
Karte 2:
Regionale Verteilung der Beherbergungskapazität
33
Karte 3:
Tourismusentwicklungszonen 1992-2002 (NTDS)
35
Karte 4:
Topographische Karte der nördlichen Kunene-Region
40

IX
Karte 5:
Topographische Gliederung des Kaokolandes
43
Karte 6:
Die zehn ,,homelands" nach dem Odendaalplan
von
1966
58
Karte 7:
Ethnographische Karte der nördlichen Kunene-Region
62
Karte 8:
Touristisch genutzte Räume der nördlichen Kunene-
Region/Namibia unter Berücksichtigung der ethnischen
Siedlungsgebiete
(Stand
1996)
78
Verzeichnis der Photos
Photo 1:
Panoramaaufnahme südlich des Van Zyl´s Pass
41
Photo 2:
Landschaft im Übergang von Damaraland ins Kaokoland
45
Photo 3:
Himbamädchen mit traditioneller Haartracht und Schmuck 64
Photo 4:
Himbafrau mit erembe und Schmuck
65
Photo 5:
Tiergehege mit Hütte im Hintergrund
68
Photo
6:
Verlassene
Himbahütte
69
Photo
7:
Tankstellenkinder
73
Photo 8:
Ein mobile Schule für Himba-Kinder in der Nähe
von
Opuwo
74
Photo 9&10: Die Namibiavertretung bei der ITB 2000
104
Photo 11:
Aussenansicht des Namibia-Pavillons
110
Photo
12:
Namibischer
Verkaufsstand 111
Photo 13: Der von der Reisegruppe besucht Kraal
118
Photo 14:
Weite Ebene im Marienflusstal
126
Photo 15: Eine Himba-Frau beim Einkaufen in einem Super-
markt
in
Opuwo
129
Photo 16:
Himba, die am Strassenrand handgemachte Gegen-
stände
verkaufen
134
Photo 17:
Eine mit Müll gesäumte Himba-Hütte in der Nähe
von
Etanga
136

1
Einleitung
,,Grundlage jeder wahren Verantwortung und damit der höchsten Form von
Menschenwürde bleibt es, sich darüber klar zu werden, was das, was man tut,
wirklich bedeutet."
(Max Steenbeck, 1904-81)
,,Natur, Menschen und Kulturen als Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, als
Wegwerfware des touristischen Konsums. Das touristische Zerstörungspotential
ist unermesslich."
(Kurt, 1986, S.75)
Die wirtschaftlich schlechte Lage der letzten Jahre hat den Tourismus nicht negativ
beeinflusst. Im Gegenteil, die Wachstumsraten sind so hoch, dass von einem
regelrechten Boom gesprochen werden kann. Besonders beliebt in den
Industrieländern sind Reisen in die Länder der sogenannten ,,Dritten Welt". Einige
Liberalisierungsmaßnahmen seitens dieser Länder erleichterten den
Fernreisetourismus, der sich vor allem auf den Dienstleistungssektor auswirkt.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) unterstützt
Vorhaben, die mit dem Tourismus verbunden sind, indem sie Experten für den
Aufbau einer Infrastruktur entsenden und Fördermittel zur Verfügung stellt. Mit diesen
Maßnahmen sollen die Strukturprobleme der Entwicklungsländer wenigstens zu Teil
behoben werden. Der Tourismus soll Devisen ins Land bringen, Arbeitsplätze
schaffen und das Land wirtschaftlich nach vorne bringen. Leider sind die
Gewinnerwartungen der betroffenen Länder, die mit dem Tourismus verknüpft sind,
häufig überzogen. Überspannte Profitideen lassen die Achtung vor der Natur und der
im Land lebenden Menschen nur zu oft vermissen.
Einsichtsvolle Kritiker haben diese Entwicklung alsbald erkannt. Der mit hohen
Kosten erkaufte wirtschaftliche Nutzen steht nach ihrer Auffassung in keinem
angemessenem Verhältnis zur Zerstörung der ursprünglichen Sozialstrukturen, der
hohen Umweltbelastung und der zunehmenden kulturellen Verwestlichung. Über
diese sozio-kulturellen, ökonomischen und ökologischen Fakten haben viele
Wissenschaftler theoretische und empirische Forschungen angestellt, wie z.B.
MÄDER oder VORLAUFER.
Kritisch zu betrachten sind ebenfalls die Vermarktungsstrategien der
Tourismusbranche.

2
In den letzten Jahren stieg der Trend, im Urlaub müssten Aktivitäten und Erlebnisse
Vorrang vor einem reinen Badeurlaub haben. Dementsprechend passten sich die
Reiseveranstalter den Wünschen der Gäste an und vermarkteten oft utopische
Erlebnisreisen, die vor Ort nicht den Wünschen der Touristen standhalten.
Um den Tourismus umfassend bewerten zu können, müssen die Bereiche der
Ökonomie, Ökologie, Soziokultur, Politik des Landes und die Vermarktungsstrategien
der Reiseveranstalter untersucht und unterschieden werden.
Einleitend wird in Kapitel 1 ein allgemeiner Überblick über Reisen in die
Entwicklungsländer gegeben, die Touristen werden charakterisiert und die
Auswirkungen des Tourismus auf das Entwicklungsland werden aufgezeigt.
In Kapitel 2 folgt eine Analyse des internationalen Tourismus in Namibia, wobei
zwischen einer nationalen und regionalen Ebene unterschieden wird. Auf der
nationalen Ebene wird die Struktur des Tourismus in Namibia aufgezeigt und
dargestellt, welchen Nutzen der Staat und das Land daraus ziehen können. Bei der
Analyse der regionalen Ebene wird auf die im Nordwesten liegende nördliche
Kunene-Region eingegangen und erläutert, welche Voraussetzungen hier für den
Tourismus vorhanden sind.
Das Hauptgewicht der Arbeit liegt auf der lokalen Ebene der nördlichen Kunene-
Region, Kapitel 3 bis 6. Im Vordergrund steht hier die Schilderung der Lebensweise
der Einwohner dieser Region, der Himba. Im folgenden wird analysiert, was der
Ethnotourismus
1
bedeutet und wie die Himba in verschiedenen modernen Medien für
Tourismuszwecke vermarktet werden. Nach der Beschreibung einer selbst
unternommenen Kaokoland-Tour, wird in einer zusammenfassenden Synthese
dargestellt, wie der Anspruch der Touristen und die Wirklichkeit der Reisen in das
Kaokoland zusammenpassen und welche Perspektiven sich den Himba schliesslich
unter dem Einfluss des Tourismus eröffnen.
In der Arbeit erwähnte feststehende Begriffe der Himba werden in kursiver Schrift
geschrieben, um die Deutlichkeit zu erhöhen.
1
Der Ethnotourismus wird in Kapitel 4.1. und 4.2. genauer erklärt. Hier sei nur erwähnt, dass sich diese Art des
Tourismus mit den Besuchen von Touristen bei den einheimischen Bevölkerungsgruppen beschäftigt.

3
1.
Tourismus in Entwicklungsländer
1.1. Motive des Reisens
2
In unserer Gesellschaft nimmt der Wunsch nach Freizeit und Erholung einen
erheblichen Stellenwert ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem allmählich
folgenden Abbau von Zwängen und Einschränkungen in der Lebensführung wuchs
das Bedürfnis der Menschen nach einer individuellen Gestaltung der Freizeit. Diese
Entwicklung wurde maßgebend gefördert durch einschneidende Veränderungen in
der Arbeitswelt. Die zunehmende Mechanisierung zahlreicher Arbeitsvorgänge
erlaubte nach und nach eine Verringerung der Arbeitszeit und parallel dazu den
Zuwachs an Freizeit. Höhere Löhne und Gehälter förderten gleichzeitig den Grad der
Mobilisierung und machten die Menschen unabhängiger, so dass sie die freie Zeit
vielfältiger gestalten und intensiver nutzen konnten.
Urlaub wird seit den 60er Jahren mit Schlagworten wie Entspannung, Erholung,
Besinnung, Erlebnis, Abwechslung und Entdeckungen verbunden. Diese Art der
Freizeit ist der Versuch dem Alltag zu entfliehen und einen ,,Tapetenwechsel"
vorzunehmen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welcher Sinn mit dem
Wort ,,Erholung" verknüpft ist. Es gibt heute wurde keine zwingende Definition dieses
Begriffes, doch in BENTHIENS ,,Geographie der Erholung und des Tourismus", 1997,
versucht der Autor ihn folgendermaßen zu definieren:
,,den Übergang von einem gewaltsamen Zustand zu demjenigen, der uns
natürlich ist.
[...] Geistesruhe, mit sinnvoller Bewegung verbunden, sowie
andererseits in der Wiederherstellung unseres Naturganzen nach einseitiger
Entspannung."
(BENTHIEN, 1997, S.13)
Es besteht demnach ein direkter Zusammenhang zwischen Arbeit, Freizeit und
Erholung. Mittlerweile ist der Begriff ,,Erholung" zu den Daseinsgrundbedürfnissen zu
zählen. Seit der Industrialisierung gilt der Urlaub als ,,sozialer Bestandteil". Man
gewinnt den Eindruck, dass es den Menschen nicht mehr nur um die reine Erholung
und den Urlaub geht, sondern auch darum, was man am Ende der Ferien seinen
Arbeitskollegen an Erlebnissen zu berichten hat.
Solche Verhaltensweisen sind von der Tourismusindustrie natürlich sehr erwünscht.
Deshalb werden diese Bedürfnisse und Wünsche durch die Medien, die Reisebüros
und -kataloge, geschickt vermarktet und künstlich stimuliert.
2
vgl. KRAMER/LUTZ, 1993

4
Tourismus ist also nicht mehr nur Erholung für die Bevölkerung, sondern ,,Erholung
und Tourismus sind zu den Objekten einer auf Gewinn ausgerichteten Wirtschaft, zu
Handelswaren geworden, und ihre humanen Inhalte können nur schwerlich bewahrt
werden." ( BENTHIEN, 1997, S. 157)
Bei der Betrachtung der Trends der letzten Jahre wird aber immer deutlicher, dass
die Reisenden gesteigerten Wert auf ausgefallene Reisen legen. Es besteht der
Wunsch, Orte zu sehen, die noch ursprünglich sind, ,,unverfälschte Kulturen,
grandiose Landschaften, wilde Natur, tropische Vegetation, exotische Tierwelt, viel
Sonne und Wärme" (MAURER, 1992, S.48), also alles, was ganz im Gegensatz zu
dem steht, was man im normalen Alltag erlebt und sieht. Abwechslung, Spannung,
neue Erlebnisse und Entdeckungen werden verlangt, jedoch möglichst unter
Beibehaltung des gewohnten Standards.
Heutzutage reisen viele Menschen in die Länder der ,,Dritten Welt". Nach
BAURIEGEL kann die ,,Dritte Welt" wie folgt definiert werden:
,,Unter dem Begriff Dritte Welt versteht man ­ ebenso wie unter dem Begriff
Entwicklungsländer ­ Staaten geringeren Entwicklungsstandes. Er entstand 1955
während der Zeit des Kalten Krieges zwischen der so genannten Ersten
(westlichen) und Zweiten ( sozialistischen) Welt und bezeichnet ursprünglich
diejenigen Länder, die keinem dieser beiden Blöcke ideologisch, militärisch oder
wirtschaftlich zuzuordnen waren. Im Gegensatz dazu betont das Konzept der
Entwicklungsländer den dynamischen Aspekt, d.h. die Einsicht und den Willen
dieser Staaten, den bestehenden Zustand der wirtschaftlichen Unterentwicklung
zu überwinden."
(BAURIEGEL, 1999, S.32)
,,Die Europäer begnügten sich nicht mehr mit den Mittelmeerländern; sie reizte nun
Afrika und Asien." (MAURER, 1992, S.48). Dort besteht die Hoffnung, traditionell
lebende Menschen oder unberührte Naturräume zu sehen, aber gleichzeitig in
grossen Hotelkomplexen seine gewohnten Bedürfnisse (Käse aus Frankreich oder
das Bier aus Deutschland) befriedigen zu können.
Es stellt sich die Frage, nach den Beweggründen, die einen Touristen veranlassen,
in die Entwicklungsländer zu reisen. Die wichtigsten der zahlreichen Boomfaktoren
für die touristische Expansion in den Entwicklungsländern sind in der folgenden
Tabelle zusammengefasst:

5
Tab. 1: Boomfaktoren der touristischen Expansion in den
Entwicklungsländern
Nachfrage in den Industrie-
Potentiale in den Entwicklungs-
ländern
ländern
Zuwachs an Einkommen, Freizeit,
Naturfaktoren:
Bildung und Informationen (z.B.
Warme Küsten, `unberührte' Landschaften
durch Masenmedien)
(Vulkanismus, Wüsten, tropische
Vegetation,
exotische Tierwelt), Klima-
Einkommenelastizität der
beständigkeit (ausgeprägte Trockenzeiten
touristischen Nachfrage
und warme Winter), grosses Flächenan-
gebot
Zunehmendes Erholungsbedürfnis,
Interesse an Landschaften, Kultur,
Kulturfaktor:
Bevölkerung fremder Länder,
Zeugen vergangener Hochkulturen, viel-
`Reiz der Ferne', Abenteuerlust,
fältige Lebensformen, Handfertigkeiten,
Prestige
und
Behausungen
fremder
und
archai-
scher
Völker,
traditionelle
Agra-
und
Negative Fluchtmotivation, z.B.
Kulturlandschaften (z.B. Reisterrassen),
Überdruss an der Industriege-
Kultbauten und Zeremonien fremder
sellschaft
Religionen
Steigender Bedarf an Freizeitraum,
Sozioökonomische Faktoren:
Überfüllung nahegelegener Er-
Grosses Angebot `billiger' und unqualifi-
holungsgebiete
zierter
Arbeitskräfte,
niedriges
Preisni-
veau,
tourismuspolitische Willfährigkeit
Ökologische Degradierung der
vieler Regierungen, wenig restriktive
Lebensräume Regelungen, Steuererleichterungen,
Bereitstellung
von
Infrastruktur
auf
Entwicklung moderner Verkehrs-
Staatskosten
technik
Aggressive Strategien zur Wer-
bung und Vermarktung von
Fernreisen, sinkende Reise-
preise
Quelle: GORMSEN, 1983, S.612 (vereinfacht dargestellt)
In wieweit diese Art Tourismus die ,,Dritte Welt" - Länder beeinflusst, darauf wird in
den folgenden Kapiteln noch näher eingegangen.
Die verschiedenen Ausprägungen des Reiseverhaltens der westlichen Touristen sind
also gegenläufig und so unterschiedlich die jeweiligen Bedürfnisse sind, so
unterschiedlich sind auch die Charakterisierungen der einzelnen Touristen.

6
1.2. Profil eines Entwicklungsland - Touristen
3
In VORLAUFER (1996, S. 43ff.), wird eine genaue Typologisierung von Touristen in
Bezug auf den Entwicklungsländer-Tourismus dargestellt. Das Reiseverhalten der
westlichen Touristen richtet sich nach den unterschiedlichsten Bedürfnissen.
Dementsprechend sind ihre unterschiedlichen Verhaltensweisen zu charakterisieren.
Nach einer empirischen Studie, beschrieb der Autor, wie typische deutsche
Touristen, die Urlaub in einem Dritte-Welt Land unternehmen, aussehen:
"
sie sind überwiegend zwischen 20 - 49 Jahre alt, die Altersgruppe der 20 -
29jährigen und der Anteil der Männer ist überproportional hoch;
sie verfügen über ein vergleichsweise hohes monatliches Nettoeinkommen
und eine hohe formale Bildung (Sprachkenntnisse!);
sie gehören mehrheitlich oberen Sozialschichten an;
sie sind politisch aktiver, kulturell interessierter und reisefreudiger;
sie verhalten sich (zumindest nach der Selbsteinschätzung) umweltbewusster
und nehmen Umweltprobleme deutlicher wahr."
Generelle Typisierungen sollten jedoch differenziert betrachtet werden. Dieser Typ
Tourist, der sich in dieser Umfrage herauskristallisiert hat, ist derjenige, der sich auf
Fernreisen beschränkt und der nicht mit demjenigen verwechselt werden darf, der
beispielsweise für eine Woche zum Badeurlaub nach Tunesien fliegt.
Die "Fernreisenden bewerten ihre Reise am häufigsten als eine
Studien-/Besichtigungs- oder Bildungsreise, während Nahziel-Reisende des Dritte-
Welt-Tourismus ihre Ferienreise vornehmlich als Bade- und Sonnenurlaub
kennzeichnen." (VORLAUFER, 1996, S. 13)
Die Reisemotive sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden und die
Erwartungen an einen Urlaub sind höher angesetzt. Mittlerweile wollen auch solche
Touristen, die sich als Bildungsreisende bezeichnen, eine bade -und
sonnenorientierte Komponente in ihre Reise einbeziehen.
Noch bis zum Ende der 80er Jahre waren die Interessen eines deutschen
Entwicklungsländer-Reisenden wie folgt ausgerichtet:
3
vgl. VAN DEN BERGHE, 1994

7
"
sich vor Reiseantritt über die sozialen und politischen Probleme des
Reiselandes und über die Entwicklungshilfen der Einheimischen genau zu
informieren;
auf der Reise über die Entwicklungshilfe informiert zu werden, und in Kontakt
mit Einheimischen zu kommen, um deren soziale und wirtschaftliche
Probleme und deren Kultur kennenzulernen
das bereiste EL weniger über organisierte Touren, als durch
Eigeninitiative kennenzulernen;
in kleineren landestypischen Hotels zu wohnen anstatt in grossen
Betrieben internationalen Standards."
( VORLAUFER, 1996, S.44)
Die Beschreibung scheint jedoch nicht mehr aktuell zu sein. Denn heute ist die Zahl
der Touristen, die sich in grosse internationale Hotels, mit westlichem Standard
einbuchen, weit höher, als die jener Touristen, die kleine Hotels bevorzugen. Dieser
Zustand beruht darauf, dass grosse Hotels oft billiger angeboten werden als kleine
familiäre und landestypische Hotels. Hinzukommt, dass viele Touristen das Land auf
eigene Initiative bereisen, weil angebotene Pauschalreisen und Touren durch das
Land oftmals teurer angeboten werden. Was dies jedoch für Folgen für die
Landschaft und die dort lebende Bevölkerung hat, wird im Laufe der Arbeit genauer
untersucht.
Werte wandeln sich und es ist kaum vorauszusagen, wie der "typische" Tourist
aussehen wird und wie sich die Reiseerwartungen in den nächsten Jahren oder
Jahrzehnten entwickeln werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass es auch wieder
zu einer Rückbesinnung auf den einfachen und heimischen Urlaub kommt. Der
gegenwärtige Trend des Fremdenverkehrs in die Entwicklungsländer übt jedenfalls
erheblichen Einfluss auf die strukturelle Entfaltung der betroffenen Länder aus, was
in dem folgenden Kapitel erläutert wird.

8
1.3. Einflüsse des Tourismus
1.3.1. Ökonomische Einfüsse
"Bevölkerungsexplosion, Massenarbeitslosigkeit, Verelendung, schnell
wachsende Bevölkerungsteile, Verschärfung sozialer und räumlicher
Disparitäten, zunehmende Ressourcenzerstörung, steigende
Zahlungsbilanzdefizite, gravierende Verschuldungsprobleme und - damit eng
verknüpft - wachsende politische Instabilität kennzeichnen mehr und mehr
Entwicklungsländer (EL) und zwingen sie dazu, alle verfügbaren Ressourcen zur
Überlebenssicherung einzusetzen. Zu diesen Ressourcen zählen auch für den
Tourismus nutzbare Potentiale wie ein für die "Reichen aus dem Norden"
angenehmes, warmes Klima, häufig von der modernen Zivilisation (oft scheinbar)
noch nicht überformte, ökologisch intakte, "unberührte" Landschaft oder
exotische Kulturen und Völker."
(VORLAUFER, 1996, S.1)
Gerade diese Potentiale, die in einem Entwicklungsland stecken, werden den
Tourismussektor immer weiter anwachsen lassen. Seit dem Ende der 60er Jahre
boomen die Fernreisen und so kommt es, dass die Tourismusindustrie heute eine
der bedeutendsten Wachstumsbranchen ist. Begünstigt wurde und wird diese
Entwicklung durch immer billigeren Charterflüge sowie eine Zunahme der Urlaubszeit
in den Industrieländern. Deutschland hat bei Reisen in die Entwicklungsländer eine
mittlerweile führende Position eingenommen. Vor allem nach der Wiedervereinigung
1990 stiegen die Urlauberzahlen, auch von Urlaubern aus den neuen Bundesländer,
erheblich an.
Der Anstieg der Urlauberraten begünstigt Länder, deren Bruttosozialprodukt nicht
allein auf Landwirtschaft und Industrie beruht. Der Fremdenverkehr ist ein Weg zur
wirtschaftlichen Entwicklung, er bringt Devisen, schafft Arbeitsplätze und bietet den
Beschäftigten im Tourismusbereich ein höheres Einkommen. All diese zunächst
positiv erscheinenden Aspekte müssen jedoch auch kritisch betrachtet werden.
Bevor der Tourismus in einem Entwicklungsland entstehen kann, müssen in
zahlreichen Bereichen Investitionen getätigt werden. Die Infrastruktur (Hotels,
Strassen, Flugplätze, Häfen) muss, in der Regel mit ausländischen Geldern,
vorfinanziert werden. Dies bedeutet, dass Schulden aufgenommen werden müssen
bevor sich der Tourismus in einem Land entwickeln kann. Der Versuch, durch die
Einnahmen in dem entstehenden Tourismus die Schulden zu begleichen, gelingt nur
mäßig.

9
Die ,,Dritte Welt" - Länder sind in einem hohen Umfang von den Deviseneinnahmen
aus dem Export
4
abhängig. Überwiegend exportieren sie mineralische und
agrarische Rohstoffe, deren Weltmarktpreise seit Jahren fallen. Auf der anderen
Seite steigen aber kontinuierlich die Preise für die Waren, die die Entwicklungsländer
importieren müssen. Sie brauchen also immer mehr Devisen, um die dabei
entstehenden Schulden zu begleichen. Der steigende Tourismus löst Probleme nur
scheinbar, denn Touristen, die in dem Land Urlaub machen, verzichten nicht auf
ihren alltäglichen Luxus verzichten wollen, so dass die Entwicklungsländer in
grossem Umfang westliche Waren für das Wohl der Touristen importieren müssen.
Somit fließen grosse Mengen der gewonnenen Devisen wieder direkt in die
westlichen Länder zurück. Um dieses gerade beschriebene Phänomen der Wünsche
der westlichen Touristen, deutlich zu machen, werde ich im folgenden einen kleinen
Einschub vornehmen. Bei MAURER, 1992, S. 53, wird nämlich diese Erscheinung in
einer kleinen Geschichte dargestellt:
Butter aus Dänemark
"Als Watzler seine Butter aus der Verpackung wickelte, las er darauf, dass die
Butter aus Dänemark kam.
Dann öffnete er die in Plastik gegossene Marmelade, die sich als englisches
Produkt erwies. Das Käsedreieck, in Stanniol gewickelt, war aus Frankreich
importiert. Der Kaffee kam vielleicht aus Kenia oder Brasilien. Das Getreide, aus
dem die Brötchen gebacken waren, wuchs auch nicht auf den Kanarischen
Inseln.
...Fest stand, dass keine einzige Zutat seines Frühstücks ein kanarisches
Produkt war. Eine Banane wurde nicht serviert...
Während Watzler das Frühstück verzehrte, stellte er sich die Kette der
Charterflugzeuge vor, die pausenlos auf den Kanarischen Inseln landeten. Aus
den Bäuchen der Flugzeuge strömten die Touristen mit den begehrten Devisen in
den Portemonnaies. Auf der anderen Seite sah Watzler die Kette der
Handelsschiffe, mit denen all das gebracht wurde, was für den Aufenthalt der
Touristen notwendig war: Stahl, Zement, Generatoren, Klimatechnik, Vorhänge,
Geschirr und nicht zuletzt Lebensmittel, Coca Cola und deutsches Bier. Wenn die
Touristen den Heimflug antraten, waren die von ihnen ausgegebenen Devisen
längst wieder in ihre Länder zurückgeflossen. Die Handelsbilanz blieb
unausgeglichen, von Entwicklungshilfe durch Tourismus keine Spur. Als
Exportkaufmann war Watzler der Kreislauf des Kapitals geläufig, doch erst seit er
als Inspektor herumreiste, sah er die Auswirkungen genauer."
(BERGMANN,1966, S.20, in: MAURER, 1992, S.53)
Nicht nur für die einheimische Lebensmittelproduktion birgt dies geschilderte
Sachlage ein Risiko. Auch der Souvenirkauf der Touristen vor Ort bringt oft nicht die
4
vgl. auch LEFFLER, 1993

10
finanziellen Erfolge, die sich die Einheimischen davon versprechen. Im Normalfall
kommt der Gewinn des Verkaufs von selbst gefertigten Souvenirs direkt der
Bevölkerung zugute. Doch die gesteigerte Nachfrage nach diesen Artikeln führt am
Ende zur kommerzialisierten und industrialisierten Massenproduktion. Das bedeutet,
dass die Einheimischen, ihre in Handarbeit angefertigten Waren, teurer verkaufen
müssen und mit der billige produzierten Massenwaren in Konkurrenz stehen. Da der
Tourist auch im Urlaub auf den Preis achtet, wird er künftig die billigere Ware
vorziehen mit der Folge, dass auch dieser mögliche Verdienstzweig den
Einheimischen verloren geht.
Zum anderen spielt natürlich die Höhe der Aufenthaltskosten generell eine wichtige
Rolle. Die Länder mit ,,weicher" Währung, d.h. Länder, deren Währung nicht stabil ist,
bieten den Besuchern aus ,,Hartwährungs-" Ländern einen relativ billigen Urlaub an.
Die niedrigen Preise locken zwar mehr Touristen ins Land, aber es fehlt dann an
Geld, um die Schulden zu tilgen. Zudem können dann auch die Bauern, die ihr Land
oftmals wegen der Touristenparks oder der neu erschlossenen Naturschutzgebiete
aufgeben mussten, vom Staat nicht ausgezahlt werden.
Anerkennenswert ist der Versuch, durch die von dem Tourismus geschaffenen
Arbeitsplätze die hohe Arbeitslosigkeit zu verringern und die strukturelle
Unterbeschäftigung zu beseitigen.
Solche Aspekte, wie Verringerung der Arbeitslosigkeit etc., haben aber auch eine
andere, eine negative Seite. In vielen Dritte-Welt-Ländern ist es so, dass die von
ausländischen Investoren erbauten Hotelkomplexe für die Einheimischen keinen
Nutzen bringen. Gerade die grossen internationalen Hotelkonzerne verlassen sich
nicht auf einheimische Produkte. Sie greifen sowohl beim Bau des Hotels als auch
bei der Versorgung der Gäste auf importierte Waren aus dem eigenen Land zurück.
Zudem fehlt es in den ,,Dritte Welt" - Ländern an qualifizierten Arbeitskräften, so dass
gerade die führenden Positionen, auch in der Hotelbranche, mit westlichen
Spezialisten besetzt werden. Die Arbeiten, die von Einheimischen übernommen
werden, werden oftmals von überqualifizierten Arbeitskräften, selbst Akademikern,
ausgeübt, da sie durch die möglichen Fremdsprachenkenntnisse einige Vorteile als
Arbeitskraft mit sich bringen. Diese Fachkräfte fehlen in anderen Branchen, in denen
sie ihr Wissen besser einsetzen könnten. Zusätzlich gehört in den Tourismusländern
,,die geregelte Arbeitszeit und damit ein Anspruch auf Freizeit und gar bezahlten
Urlaub ("leaf with pay") zu den ,,Märchen aus 1001 Nacht"."

11
(BENTHIEN, 1997, S. 159). Generell sind die Beschäftigten in der Tourismusbranche
schlecht bezahlt, so dass die erhoffte, höhere Kaufkraft ausbleibt und die Sparquote
sehr gering ist. Immerhin versucht man mittlerweile, in speziellen
Ausbildungsprogrammen, Mitarbeiter ausschliesslich für den Tourismussektor zu
schulen. Leider profitiert von solchen Programmen meist nur die Stadtbevölkerung,
die schon benachteiligte Bevölkerung aus den ländlichen Regionen bleibt
ausgespart. Solche Ausbildungsprogramme werden meist von ausländischen, gut
bezahlten Fachkräften geleitet. So entstand z.B. in den letzten Jahren auf Jamaika
eine Hotelfachschule, die von der ,,Deutschen Gesellschaft für technische
Zusammenarbeit" (GTZ) finanziell und mit Fachpersonal unterstützt wurde und wird.
5
Diese Schule wird nach westlichem Standard geführt, die Werte der Ausbildung
entsprechen den westlichen Werten und die führenden Positionen werden von
westlichen Fachkräften besetzt.
Auch in den Ländern der ,,Dritten Welt" gewinnt die globale Verflechtung des
Verkehrs immer mehr an Bedeutung. Die rasante Intensivierung und die räumliche
Expansion des Tourismus führen dazu, dass sich immer weniger periphere und
gering erschlossene Gebiete dem Einfluss des Tourismus entziehen können.
Obwohl in vielen Entwicklungsländern der Anteil des Tourismus am
Bruttoinlandsprodukt (BIP) sehr groß ist, weist diese Entwicklung durchaus auch
negative Seiten aus. Gerade in kleinen Staaten nimmt der Tourismussektor oftmals
schon über 50% des Wirtschaftseinkommens ein. Eine solche einseitige Festlegung
auf einen bestimmten Wirtschaftsfaktor birgt das Risiko der Monostrukturierung in
sich. Dieser Wandel vom bisherigen primären Sektor, wie etwa Landwirtschaft und
Bergbau, zum Dienstleistungssektor bedeutet vielfach einen Wechsel von einer
Abhängigkeit in die andere. Darüber hinaus wird der Fremdenverkehr oft zu hoch
eingeschätzt, so dass häufig viele Gelder in touristische Infrastrukturen investiert
wurden, ohne den erhofften Tourismus zu beleben. Der Tourismus bedeutet für diese
Länder kein Heil, sondern eher ein neues Übel.
Ein weiteres Problem für die Entwicklungsländer, die sich dem Tourismus
verschrieben haben, ist die Saisonalität des Fremdenverkehrs. Länder der "Dritten
Welt", die auf der Nordhalbkugel liegen, werden meist in den Sommermonaten von
Juni bis August bereist, wohingegen Länder auf der Südhalbkugel die
sonnenhungrigen Touristen in unseren Wintermonaten Oktober bis Februar
5
Quelle: Gespräch mit H. Dittmar vom 19.08.2000

12
anlocken. Dadurch entsteht in den betroffenen Ländern ein wirtschaftliches
Ungleichgewicht, denn gerade in der Hauptsaison benötigt auch die Landwirtschaft
die durch den Tourismus gebundenen Arbeitskräfte am nötigsten. Bei dem
entstehenden Interessenkonflikt muss sich die Landwirtschaft immer wieder vor den
Interessen des Tourismus beugen. Infolge der vernachlässigten Agrarwirtschaft
nimmt die Versorgung der in den ländlichen Gebieten lebenden Menschen
bedrohliche Formen an. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass immer mehr
junge Menschen aus den peripheren Räumen in die Tourismusgebiete ziehen und
nur noch ältere Menschen als Arbeitskräfte für die Landwirtschaft tätig sind.
Ob der Tourismus für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ein Gewinn ist, kann und
muss ebenfalls kritisch betrachtet werden.
"Die Hoffnung, durch den Tourismus die strukturelle Arbeitslosigkeit beseitigen zu
können, scheint sich nicht zu erfüllen. Insbesondere für die einheimische
Bevölkerung ist wenig Nutzen zu erwarten. Sollte der einzige Erfolg die
Schaffung eines Heeres von Strandverkäufern, Schuhputzern, Putzfrauen,
Zimmermädchen sein, die nur für wenige Monate im Jahr Arbeit haben, so ist der
Aufwand mehr als fragwürdig."
(MAURER, 1992, S. 51)
1.3.2. Ökologische Effekte
Da der Tourismus immer weiter in nicht für den Tourismus geeignete Regionen
vordringt, kommt zunehmend die Forderung nach seiner Nachhaltigkeit auf. Unter
Nachhaltigkeit versteht man im geographischen Sinne folgendes:
" Nachhaltigkeit bedeutet bei Nutzungen von Landschaftsökosystemen, dass das
Leistungsvermögen des Landschaftshaushaltes bzw. die Regenerationsfähigkeit
von Ökosystemen nicht durch Nutzung geschädigt wird."
(LESER, 1982, S. 539)
Wenn immer mehr Touristen in die Entwicklungsländer reisen, wird die einheimische
Bevölkerung mit bisher unbekannten Problemen Müll konfrontiert, wie z.B. der
Müllentsorgung. Vor allem die Inseln der ,,Dritte Welt"-Länder sehen sich von diesem
Problem berührt. Sie wissen nicht, wie sie mit den Müllbergen umgehen sollen, bzw.
wo sie den Müll entsorgen können. Es mangelt an dem erforderlichen ,,know-how",
insbesondere auch an ausreichendem Kapital, um kostspielige
Müllverbrennungsanlagen errichten zu können. Man ist sogar auf den Ausweg
verfallen, die Touristen zu beten, ihren auf der Insel produzierten Müll, wieder mit

13
aufs Festland zu nehmen. Ob der Tourist sich auf eine solche Art der Müllentsorgung
einlässt, erscheint fraglich. Man findet z.B. in MÄDER, 1991, S. 93, folgenden Satz:
"Weil sie ihre eigene Umwelt verpfuscht haben [...] beginnen die Angehörigen der
Konsumgesellschaft mit Ungestüm, diejenigen der anderen zu konsumieren."
Ein weiteres Problem stellt das der Natur unangepasste Verhalten der Touristen dar.
Sie wollen, ohne Rücksicht auf die vorhandenen natürlichen Bedingungen, ihre
Aktivitäten ausüben. So fahren z.B. viele Touristen mit schweren Allrad-Fahrzeugen
oder Quads durch die Wüsten und Dünen und beschleunigen mit diesem Verhalten
die Degradationsprozesse der Vegetation und die Bodenerosion in diesen Gebieten.
Aber nicht nur die Vegetation ist durch solch ein Querfeldeinfahren belastet, auch die
Tierwelt leidet darunter. So wird z.B. durch generelles Verlassen der Fahrwege,
durch Motorenlärm und Autohupen die Tierwelt in ihrem Dasein gestört. Dies
geschieht nicht nur in der freien Wildbahn, sondern auch und besonders in
ausgewiesenen Naturschutzgebieten oder Naturparks. ,,In vielen Schutzgebieten
stellen zudem die oft zahlreichen Lodges und Campingplätze und den daraus
resultierenden Ver- und Entsorgungsproblemen eine Umweltbelastung dar."
(VORLAUFER, 1996, S.223)
Um solchen Situationen Herr zu werden, versuchen einige Länder wie Zimbabwe,
Botswana, Namibia aber auch Tanzania z.B. durch den "high price approach" die
Besucherzahlen der Tragfähigkeit des jeweiligen Landes anzupassen."
(VORLAUFER, 1996, S.223)
Um grosse Hotelanlagen errichten zu können, werden grosse Flächen benötigt.
Sollten diese nicht vorhanden sein, werden oftmals grossflächig Areale abgeholzt.
Dabei nimmt man weder Rücksicht auf die Umwelt noch auf die Vegetation oder die
Tierwelt.
Speziell in den afrikanischen Ländern ist ein erheblicher Bedarf an Elektrizität
entstanden.
6
Selbst in den tief im Busch gelegenen Lodges ist fliessendes Wasser
und Strom eine Selbstverständlichkeit. Um solche Voraussetzungen für den
Tourismus zu schaffen, bedarf es eines extremen Eingriffs in die Natur.
Zum anderen leidet durch die Einfuhr von ausländischen Waren die einheimische
Landwirtschaft, wie bereits erläutert, und dies hat wiederum Folgen für die Umwelt.
Wenn weniger einheimische landwirtschaftliche Produkte verlangt werden, veröden
die kultivierbaren Flächen oder fallen brach.
6
vgl. dazu auch MAURER et al. 1992

14
Zu einer direkten Konkurrenz zwischen Tourismus und Landwirtschaft kommt es
auch beim Wasserverbrauch. Dies beschränkt sich heute nicht mehr nur auf die
touristischen Stadtzentren, sondern setzt sich in der Peripherie und in ökologisch
labilen Gegenden fort.
"So lockt beispielsweise die Wüste immer mehr gelangweilte
Strandtouristen an, einen Kamel- oder Bustrip zu wagen. [...] Meistens
werden sie mit klimatisierten Geländewagen erreicht. Für Annehmlichkeit
sorgt nach den Strapazen die luxuriöse Ausstattung des Hotels. Fliessend
Kalt- und Warmwasser sind eine Selbstverständlichkeit. Den Nomaden
und Oasenbauern steht hingegen immer weniger Wasser zur Verfügung."
(MÄDER, 1991, S. 93ff.)
Durch den ansteigenden Verbrauch von Wasser in den Hotels sinkt der
Grundwasserspiegel drastisch, was die Landwirtschaft sehr bedroht. Bei MÄDER,
1991, S. 94ff., werden verschiedene Beispiele gerade aus Tunesien beschrieben,
wie z.B.:
"Allein in Tozeur ist der tägliche Wasserverbrauch durch Touristen zwischen
1983 und 1985 von rund 500.000 Litern auf 1.2000.000 Liter angestiegen. Das
würde zur Versorgung von nahezu 50 Hektar Oasenland mit 12.000
Dattelpalmen genügen. In der tat verdorrt aber die landwirtschaftliche Vegetation,
derweil die Ziergrünanlagen der Hotels spriessen."
(MÄDER, 1991, S. 94)
Der durchschnittliche Wasserverbrauch eines Touristen am Tag beträgt ca. 300 Liter,
was ein Zehnfaches des durchschnittlichen Verbrauchs durch die einheimische
Bevölkerung bedeutet. (MAURER, 1992, S. 59ff.)

15
Abbildung 1 :
Auf Grund der Nachhaltigkeit, werden immer mehr Forderungen an die Touristen
gestellt:
Knappe Güter schonen.
Abfälle beseitigen. In extremen Klimazonen, wie z.B. der Wüste, wird Abfall
kaum abgebaut.
Einheimische Speisen entdecken.
Energie sparen.
(MÄDER, 1991, S. 100ff.)
Die Bewohner der Touristengebiete in den Entwicklungsländern sind letztendlich vom
Verständnis und dem Umweltbewusstsein der Touristen anhängig. Zwar haben die
Länder die Möglichkeit, bestimmte Gesetze zum Schutz der Umwelt zu erlassen,
doch ist fraglich, ob die westlichen Urlauber die Risiken und die Einwirkungen, die sie
auf die Umwelt ausüben, wirklich erkennen. Nur so besteht eine Chance für einen
umweltverträglichen Tourismus.
Durch den Tourismus verursachte ökologische Probleme
(MÄDER, 1991, S. 99)

16
1.3.3. Sozio-kulturelle Aspekte
Neben den ökonomischen und ökologischen Folgen durch den Tourismus müssen
auch die sozio-kulturellen Implikationen bedacht werden.
Der Tourismus soll für viele Menschen ein Beitrag zur Völkerverständigung sein,
doch oftmals hält die geistige Mobilität mit der räumlichen nicht Schritt. Der Tourist
unternimmt eine über Tausende von Kilometern weite Reise in ein fernes Land und
eine fremde Kultur, doch vor Ort möchte er seine eigenen Gewohnheiten nicht
zurückstecken. Nur wenige Touristen sind bemüht, sich den kulturellen
Gegebenheiten des Gastlandes teilweise anzupassen.
Bei ORLOVIUS/WETZELS, 1986, wird versucht die Sachlage wie folgt zu
beschreiben:
" Was geht in einem Bauern vor, wenn er beim Wasserschleppen sieht, wie sich
Touristen im Swimmingpool tummeln und das kühle Nass verspritzen, das ihm
fehlt? Was denken Einheimische, die nur mit Krawatte und gegen hohes
Eintrittsgeld Lokalitäten besuchen dürfen, wo Touristen in Shorts und mit offenem
Hemd ein -und ausgehen? Was denken unsere GastgeberInnen, wenn ihnen der
Zugang zum Badestrand, wo sie bislang noch fischten, untersagt bleibt?"
7
(ORLOVIUS/WETZELS, 1986, S. 79, in: MAURER, 1992)
Die Verhaltensweisen der Touristen führen eher dazu, dass sich die Einheimischen
in ihrem eigenen Land den Sitten der Gäste anpassen müssen. ,,Somit fördert der
Tourismus weniger die Völkerverständigung als den Rassismus." ( MÄDER, 1991,
S.82)
In den afrikanischen und islamischen Ländern besitzen auch heute noch Religionen
und Traditionen einen hohen Stellenwert. Doch viele Touristen reisen mit sehr wenig
Basiswissen über das Land und die Kulturen in den Urlaub und missachten durch
ihre Unkenntnis leichtfertig religiöse oder kulturelle Sitten, was die Einheimischen als
entwürdigend betrachten müssen. Wer z.B. eine islamische Moschee in kurzen
Hosen und nur mit dem Hemd bekleidet betritt, handelt gegen dir guten Sitten, die
besagt, dass der Körper bis zu den Handgelenken und den Fussknöchel bedeckt
sein muss.
Traditionelle Vorführungen werden heute oft von den Tourveranstaltern gebucht,
obwohl die Darsteller sich längst von diesen Traditionen entfremdet haben. Viele
dieser Veranstaltungen werden von Leuten gestaltet, die in ihrem normalen Leben
einem ganz normalen Beruf nachgehen und solche angeblich traditionellen
7
kursive Schrift im Original

17
Vorführungen nur des Geldes wegen inszenieren. In Afrika, wo schwarze Menschen
erwartet werden, die noch immer in Rundhütten leben, werden gelegentlich Dörfer,
nur der Touristen wegen, künstlich erschaffen. Im Ergebnis werden also die
Vorstellungen der Touristen auf das Entwicklungsland auf Kosten der eigenen
Identität übertragen.
Zwar wurde zu Beginn der 60er Jahre über die möglichen negativen Einflüsse des
Tourismus in den Entwicklungsländern diskutiert, doch hatte sich der
Fernreisetourismus bis in die 80er Jahre soweit etabliert, dass keine Veränderungen
eintraten, obwohl die "Negativwirkungen des Tourismus auf verschiedenen Ebenen
offensichtlich wurden und die wirtschaftlichen Erfolge ausblieben". (VORLAUFER,
1996, S.6) Das Reisen der Reichen in die Länder der Armen wurde immer beliebter.
Infolge dessen nimmt die Abhängigkeit der Entwicklungsländer vom Tourismus stetig
zu. Das wirkt sich schliesslich entwicklungshemmend auf das Land aus, da es sich
nur einseitig in einer Wirtschaftsbranche entwickelt. Zum anderen ist es
gesellschaftsdeformierend, da die Spanne zwischen den Reichen, die zu Gast in
dem Land sind und den Armen, die dort leben, immer grösser wird.
Solche sozio-kulturellen Effekte können jedoch nicht verallgemeinert werden. Denn
jedes Land hat eine unterschiedliche Fremdenverkehrsintensität, ein anderes
Ausgabeverhalten der Touristen, unterschiedliche Altersklassen, Herkunft, Status
und Aktivitäten.
Zu beachten ist ferner, dass viele Tourismusländer der ,,Dritten Welt" nicht nur durch
den Tourismus einen sozio-kulturellen Wandel erleben, sondern sich die
Entwicklungsländer auch ohne Tourismus in einer Umbruchsphase befinden. Dies
wird nach VORLAUFER, 1996, S.201, durch die Industrialisierung, die
Verstädterung, die zunehmende Schulausbildung, die verbesserten
Kommunikationsmöglichkeiten u.v.m. bewirkt.
"Das Hauptargument der Kritiker des Dritte-Welt-Tourismus besagt, dass
durch den Fremdenverkehr die gastgebende Gesellschaft gleichsam
gezwungen wird, ihre immateriellen und materiellen Kulturgüter zu
kommerzialisieren, den Touristen als Ware anzubieten. Religiöse Feste,
Rituale, Kulturgegenstände und -anlagen werden ebenso vermarktet und
schliesslich dem Geschmack, den Bedürfnissen und den Wünschen der
Touristen angepasst [...]. Der Ausverkauf der Kultur wird begleitet von
einer Kommerzialisierung sozialer Beziehungen."
(VORLAUFER, 1996, S.202)
8
8
siehe auch MAY, 1985; VAN DEN BERGHE, 1994

18
Auf der anderen Seite können die Folgen von Fehlentwicklungen auch zur
Rückbesinnung auf die eigene Kultur innerhalb der Gesellschaft führen. Manche
Mitglieder der Gesellschaft mögen vielleicht schon die eigenen Bräuche und Sitten im
Zuge der Zivilisation verlernt oder vergessen haben, aber durch die Vorführungen für
die Touristen mag die Erinnerung an diese Traditionen wieder aufkeimen.
Generell betrachtet wird aber eine Veränderung in dem Verhalten der Einheimischen
durch den Tourismus festzustellen sein. Durch den Tourismus werden Normen,
Lebensstile und das Denken der Industriegesellschaft auf die jeweiligen
Urlaubsländer übertragen. Da die Touristen den Einheimischen gegenüber als
reiche, freie und erfolgreiche Leute auftreten, werden vor allem die Jugendlichen von
diesem Verhalten sehr beeindruckt und schliesslich die Sitten und Gewohnheiten der
Fremden übernommen. Aus diesem Grund versuchen viele junge Einheimische, ihr
Heil im Bereich des Tourismus zu finden und Geld zu verdienen, um sich schliesslich
in Ermangelung von Alternativen dem Lebensstil der westlichen Urlauber
anzupassen. Gerade in autochthonen Gesellschaften, in denen die Grossfamilie eine
bedeutende Stellung einnimmt, sind diese Veränderungen mit grossen Wirkungen
verbunden. Die Großfamilien, die sich im Regelfall finanziell gegenseitig
unterstützen, fallen durch den Wegzug der jüngsten Generation auseinander. Die
Folge ist, dass es in den Familien zur Vereinsamung und zum Verlust der sozialen
Bindungen kommen kann. So findet man sowohl in Afrika als auch in Südamerika
viele Menschen, die auf der Suche nach dem grossen Geld in die Städte abwandern,
dort keine Arbeit bekommen und in den Slums um die Großzentren herum landen.
Einerseits versuchen also die Einheimischen die westlichen Gewohnheiten und
Sitten anzunehmen, doch andererseits sind sie von ihrer eigenen Kultur so geprägt,
dass sie zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen schwanken.
Bei der einheimischen Bevölkerung entsteht beim Kontakt mit den westlichen
Urlaubern leicht das Gefühl der Unterlegenheit. Viele Touristen glauben, sich mit
ihrer dicken Geldbörse alles erlauben und erkaufen zu können. Dieser Ausdruck
beabsichtigter Überlegenheit kann nur zu leicht Minderwertigkeitsgefühle unter den
Einheimischen erzeugen. Allerdings werden den Volksgruppen, die im ständigen
Kontakt mit den Reisenden sind, auch die Schwächen der Touristen bewusst, und es
kommt zu ,,Verachtung und Hochmut bei der Begegnung mit ungleichen Partnern."
(MAURER, 1992, S.20) Diese Rollenverteilung zeigt auch der Cartoon bei denselben
Autoren, auf Seite 20.

19
Abbildung 2:
Da aber auch die Touristen manche Erwartungen, die durch Reiseveranstalter und
Medien geweckt wurden, nicht erfüllt sehen, ziehen sie sich nicht selten in
Tourismuszentren zurück, wo man unter Gleichgesinnten über die ,,unterentwickelten
Wilden" diskutieren kann. ,,Die Rückständigkeit der Entwicklungsländer wird mit der
Unfähigkeit, Faulheit und Dummheit der Bevölkerung erklärt, der gegenüber
überhebliches, gönnerhaftes und beleidigendes Benehmen angemessen erscheint."
(MAURER, 1992, S. 21)
BENTHIEN beschreibt die Sachlage abschliessend mit folgendem Zitat:
" Ob der erwartete wirtschaftliche Nutzen eintritt und nachhaltig andauert oder ob
negative Auswirkungen im soziokulturellen und ökologischen Bereich letztlich
den "Bereisten" zum Schaden gereichen, ist eine Frage, die nicht pauschal
beantwortet werden kann. Vorschnelle Urteile in der einen oder anderen
Richtung sind fehl am Platz. Es bleibt zu hoffen, dass schliesslich endogene und
nicht kolonisierende Entwicklungen die Oberhand gewinnen."
(BENTHIEN, 1997, S. 160)
Soziokulturelle Folgen des Tourismus
(MAURER, 1992, S.20)

20
1.4. Zusammenfassung: Kosten und Nutzen von Fernreisen in
Entwicklungsländer
Tab.2: Nutzen und Kosten der touristischen Entwicklung in den
Entwicklungsländern
Möglicher Nutzen:
Mögliche Kosten:
wirtschaftlich:
· Hohe Deviseneinnahmen
· Hohe Sickerrate durch Importe etc.
· Erhöhung des Bruttosozialproduktes
· Größere externe Kontrolle über die
durch direkte und indirekte Wachs-
Wirtschaft, unproduktive Aufblähung
tumseffekte
des Tertiärsektors
· Erhöhte Steuereinnahmen
· Erhöhte Staatsausgaben für touris-
tische
Infrastruktur
· Schaffung von Arbeitsplätzen, auch für
· Niedrige Qualität vieler Arbeitsplätze,
Unqualifizierte
Saisonalität, Krisenabhängigkeit
· Stimulierung von vorgelagerten Wirt-
· destruktive Wirkungen wegen
schaftssektoren
Konkurrenz um Produktionsfaktoren
(Wasser, Boden, Kapital Arbeit etc.)
· Inwertsetzung peripherer Räume,
· Migration, überstürzte Urbanisierung,
Bildung von Entwicklungspolen
keine produktive Rückkopplung mit
Dem Umfeld touristischer Komplexe
soziokulturell:
· Modernisierung traditioneller Gesell-
· Polarisierung der Sozialstrukturen
schaftssysteme, soziale Mobilität,
(z.B. ungleiche Einkommensvertei-
Abbau von Hierarchien
lung), Individualisierung
· Völkerverständigung, Abbau von Vor-
· Bestätigung rassist. Einstellungen
urteilen, interkulturelle Begegnungen
Kriminalität etc. wegen grosser
ökonomischer Differenz
· Aufwertung traditioneller kultureller
· Auflösung autochthoner Kulturen
Ausdrucksformen
durch Kommerzialisierung,
Verwestlichung

21
ökologisch:
· Keine Abgabe von Schadstoffen wie
· spezifische Belastungen
bei anderen Wirtschaftszweigen
(Landschaftszerstörung, hoher
Wasserverbrauch, Flugverkehr etc.)
· Trägt zur Erhaltung von natürlichen
· Degradation durch starke oder
Landschaften, Monumenten, Altstäd-
unangepasste touristische Nutzung
ten etc. bei.
Quelle: SHAW / WILLIAMS, 1994: Tabelle 2.8 (stark verändert)

22
2.
Internationaler Tourismus in Namibia ­
Eine Analyse auf nationaler und regionaler Ebene
2.1. Die nationale Ebene: Tourismus in Namibia
2.1.1. Grundlagen für die Entwicklung des Tourismus
"Namibia ist unter verschiedenen Gesichtspunkten ein ideales Reiseland. Es
verbindet ein hervorragendes Klima, kontrastreiche Landschaften, eine
einzigartige Fauna und Flora mit einer sehr intakten touristischen Infrastruktur.
[...] Die Weite und Stille des Landes sind es, die Namibia so fremd und
gleichzeitig wieder so anziehend machen."
(IWANOWSKI, 1999, S. 196)
Der Tourismus in Namibia spielt für die Wirtschaft des Landes eine grosse Rolle. Die
Einnahmen aus dem Tourismussektor gehen zum Grossteil in den Staatshaushalt ein
und werden zur Verbesserung der Infrastruktur und zur Schaffung neuer
Arbeitsplätze verwendet.
Die Hauptattraktionen des Landes sind überwiegend naturgeographischer Art. Da
der Tourismus, wie bereits erwähnt, in den Entwicklungsländern, und somit auch in
Namibia, immer weiter ansteigt, sind gerade in Namibia Schutzmassnahmen zur
Sicherung der natürlichen Potentiale nötig.
Der Vorteil, den der Tourismussektor hat, ist der, dass in relativ kurzer Zeit grosse
Gewinne zu verbuchen sind. Das ist besonders wichtig in einer Zeit, in der die
Weltmarktpreise für landwirtschaftliche- und Bergbauprodukte immer weiter fallen.
Somit ist der Fremdenverkehr ein Mittel, um die schwache Exportstruktur und die
daraus resultierenden niedrigen Gewinne auszugleichen.
Nach SPEICH, 1994, S. 61, verspricht sich Namibia folgende Erfolge durch den
Tourismus:
"
Steigerung der Wirtschaftskraft des Landes durch
die Schaffung von Arbeitsplätzen und
die Steigerung der Deviseneinnahmen
Entwicklung der wirtschaftsräumlichen Struktur des Landes"
Es gibt zahlreiche Gründe, die einen Touristen reizen, Namibia zu besuchen. Die
politische Lage eines Landes ist ein sehr entscheidender Aspekt. Die meisten
Touristen wollen ein sicheres Land bereisen. Oft wird Namibia in diesem
Zusammenhang als "Insel des Friedens" (LAMPING, 1994, S.21) bezeichnet, da im
Nachbarland Angola noch immer blutige Unruhen herrschen. Namibia ist das

23
afrikanische Vorbild für Demokratie. Seit den ersten unabhängigen und
demokratischen Wahlen 1990 ist das Land politisch vereint, und seit diesem
Zeitpunkt gab es keine politischen Unruhen mehr. Leider hat sich dieses friedvolle
Miteinander im letzten Jahr geändert. Dadurch, dass die Caprivi-Region im
Nordosten mit in den Bürgerkrieg in Angola hineingezogen wurde, durften bis vor
kurzen keine Touristen durch dieses Gebiet reisen. Auch heute darf man nur mit
einer Polizeieskorte das Gebiet passieren.
9
Diese Nachrichten erreichen aber meist
nicht die Reiseveranstalter und Anbieter in Deutschland, so dass die Touristen
weiterhin mit der Vorstellung des friedlichen Urlaubslandes nach Namibia fliegen.
Zwar sind die Übergriffe nicht gewalttätig, doch würde jeder Urlauber genau
überlegen, ob er die Reise in ein politisch unruhiges Land wagen soll. Hinzu kommt,
dass die politisch gesteuerten Auseinandersetzungen zwischen Weissen und
Schwarzen in Zimbabwe wegen der Landzuteilung bedenklich schnell auf Namibia
überschwappen könnten. Zum einen belegen das die guten Verbindungen zwischen
dem Präsidenten Nujoma aus Namibia und dem Präsidenten Mugabe aus Zimbabwe
und zum anderen die ängstlichen Vorahnungen der weissen Farmer in Namibia.
Namibia ist leider politisch nicht mehr so sicher und stabil wie es häufig dargestellt
wird.
,,Seit der Unabhängigkeit hat es im Tourismus ein rasantes Wachstum von über 30%
jährlich gegeben." ( LAMPING, 1994, S. 22) Bereits vor der Unabhängigkeit waren
aus historischen Gründen Touristen aus Deutschland und Südafrika die häufigsten
Gäste. Zwar nahm ihre Zahl in den Jahren vor 1990 geringfügig ab, da die politische
Weichenstellung Namibias nicht klar erkennbar war, doch nahm der Touristenstrom
seitdem wieder stark zu. Die Touristen, die heute nach Namibia reisen, lassen relativ
viel Geld im Land, wobei hier zwischen den südafrikanischen und den internationalen
Touristen unterschieden werden muss. Südafrikanische Touristen fahren meistens
mit ihren eigenen Autos nach Namibia und sind primär Selbstversorger. Ihre Einkäufe
im Land beschränken sich auf wenige Güter, zumal ihre Aufenthaltsdauer auf wenige
Tage begrenzt ist. Bei den Touristen, die von Übersee kommen, sieht die Sachlage
anders aus. Ihnen ist es durch die Anreise mit dem Flugzeug unmöglich, mit eigenem
Auto und einem Vorrat an Lebensmitteln aus der Heimat das Land aufzusuchen. Sie
benötigen vor Ort in der Regel ein angemietetes Fahrzeug oder sie schliessen sich
organisierten Reisegruppen an, die für teures Geld von Reiseveranstaltern
9
Quelle: Gespräch mit F. Dittmar vom 20.08.2000

24
angeboten werden. Aus welchen Herkunftsländern die Touristen stammen und
welchen Einfluss sie auf die wirtschaftlichen Verhältnisse in Namibia ausüben, wird in
den folgenden Kapiteln beschrieben.
2.1.2. Touristische Raumnutzungstruktur
Die touristischen Schwerpunkte Namibias sind auf einige wenige Regionen
beschränkt. Abgesehen von dem Städtetourismus in Windhoek, Swakopmund und
Lüderitz, richtet sich das Hauptaugenmerk auf die ,,wilden, weithin menschenleeren
Naturlandschaften, lebensfeindlich und herausfordernd zugleich und dabei
ökologisch sensibel, wie auch die einmalige Tier- und Pflanzenwelt." ( LAMPING,
1994, S.35)
In Windhoek, Swakopmund und Lüderitz überwiegt, wie bereits erwähnt, der Städte-
und Besichtigungstourismus, da dort die deutsche Geschichte hautnah zu erleben
ist. Ausserdem fällt in der städtischen Umgebung die Umstellung auf den Kontinent
Afrika nicht so schwer. Man erlebt dort zwar Afrika, nimmt aber in erster Linie die
alten, kolonialen Bauten wahr, und ist erstaunt, dass sich die deutsche Sprache
erhalten hat. Bei Windhoek kommt hinzu, dass es die Hauptstadt Namibias ist mit
dem internationalen Flughafen, so dass viele Touristen über Windhoek das Land
betreten, wo sich auch die öffentlichen Einrichtungen, grossen Geschäfte und
Firmensitze befinden.
Die beiden Küstenstädte Swakopmund und Lüderitz liegen zwar direkt am Atlantik,
sie können jedoch nicht als Badeorte bezeichnet werden. Der Benguelastrom, der
den Atlantik vor allem zwischen April und November eisig kalt werden lässt, bringt
nur wenige Urlauber dazu, sich in die Fluten zu stürzen. Allerdings eignet sich
Swakopmund als Ausgangsort für interessante Reisen entlang der Küste, z.B. zu der
grössten Robbenkolonie der Welt in Cape Cross, oder ins Landesinnere zu den
Dünen der Namib. Von Lüderitz aus werden Ausflüge in die alte Diamantenstadt
Kolmanskoppe oder in die Erosionslandschaft Fish River Canyon besonders gerne
unternommen.
Die unterschiedlichen Landschaften, für die Namibia berühmt ist, sind neben dem
Fish River Canyon die Wüste Namib und der daran anschliessende Namib-Naukluft-
Park entlang der Küste, das Waterberg-Plateau im zentralen Bereich, der Capivi-

25
Streifen im Nordosten, das Damaraland und das Kaokoveld im Nordwesten sowie
der Etoscha-Nationalpark im Norden. Anziehungspunkte sind, neben den
landschaftlichen Formationen, auch die Tier- und Pflanzenwelt in diesen Gebieten.
Viele der Pflanzen sind endemische Pflanzen
10
, wie die Welwitschia mirabilis, auf
deren Erscheinungsbild später noch einmal genauer eingegangen wird, und auch die
Tierwelt, die sehr artenreich ist. Einer der beliebtesten Reiseorte, an dem zahlreiche
Tierarten, wie Löwen, Leoparden, Antilopen, Elefanten u.a., beobachtet werden
können, ist der Etoscha-Nationalpark, das älteste Tierreservat Namibias.
Zusätzlich sind ,,12% der Gesamtfläche als "protected areas" unter Naturschutz
gestellt." (LAMPING, 1994, S. 34) ,,Dies entspricht einer Gesamtfläche von 99 616
km²." (STATISTISCHES BUNDESAMT, 1992, S. 108) Zu den "protected areas" zählt
auch der Namib Naukluft Park, mit einer Fläche von 49 768km². (STATISTISCHES
BUNDESAMT, 1992, S. 108) Der Besucher muss Gesetze befolgen und Verbote
beachten, und der Eintritt in diese Gebiete erfolgt nur gegen Zahlung einer relativ
geringen Zugangsgebühr. Diese Gebühren sind so niedrig, dass der Staat den
Unterhalt der Regionen nicht mehr tragen kann. Man plant deshalb für die nächsten
Jahre, solche "protected areas" in Privathand zu übergeben. Dann wird mit höheren
Eintrittsgeldern zu rechnen sein.
Die sich dem Land bietenden touristischen Möglichkeiten müssen sorgsam
erschlossen und nachhaltig gepflegt werden. Denn die Natur ist das einzige
touristische Potential das dem Land zur Verfügung steht. Sie so wenig wie möglich
zu belasten, ist Grundvorraussetzung für die Erhaltung des Tourismus.
2.1.3. Arten des Fremdenverkehrs
Wegen der natürlichen Voraussetzungen ist der Natur- und Safaritourismus in
Namibia der bedeutendste Teil des Fremdenverkehrs. Da, wie bereits erwähnt, etwa
12% der Gesamtfläche als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, bieten die meisten
Reiseanbieter -und unternehmen, "game drives"( Anmerkung: organisierte
Autotouren, bei denen der Hauptaspekt der Tierbeobachtung zufällt), und
Landschaftstouren an. Ein Teilbereich des Safaritourismus ist der Fly-In-
Safaritourismus. Dies bedeutet, dass einige Unternehmen ihre Gäste meist mit
10
,,endemische Pflanzen" sind die Pflanzen, die nur in Namibia anzutreffen sind

26
einmotorigen Cessna-Maschinen über bestimmte Landschaften fliegen, damit diese
aus der Vogelperspektive die Landschaft betrachten können. Übernachtet wird dann
in einsamen und einfachen Camps, von wo aus Rundfahrten mit dem Allrad in die
Umgebung unternommen werden.
Der Städtetourismus hat sich, wie bereits erwähnt, auf die Hauptstadt Windhoek
und Swakopmund konzentriert. Seit kurzem wird auch Lüderitz miteinbezogen.
Wegen des kalten Benguelastroms und der abschreckenden Namib-Küstenwüste ist
der strandbezogene Erholungsurlaub in Namibia kaum zu finden. Da die Küste
touristisch nicht genutzt werden kann, wird hier vor allem Hochseefischerei betrieben.
Ein weiterer Aspekt ist der Jagdtourismus. Zwar ist er nur partiell anzutreffen, aber
gerade für Farmer, die Klein- und Grosswild auf ihren Farmen halten, ist dies ein
lukrativer Nebenverdienst.
11
Schliesslich lassen sich die meisten westlichen
Touristen ihre Trophäen etwas kosten. Obwohl es im Vergleich zu den anderen
genannten Fremdenverkehrsarten einen relativ geringen Stellenwert einnimmt, ist
Namibia das Entwicklungsland, das für Jagdtourimus weltweit bekannt ist.
Die letzte nennenswerte Tourismusart, die für diese Arbeit eine grosse Rolle spielt,
ist der Ethnotourismus. An dieser Stelle sei nur kurz erwähnt, dass es sich bei
Ethnotourismus um eine Art Tourismus handelt, der sich mit dem Besuch und der
Beobachtung ,,ursprünglicher" Völker befasst, die vorwiegend noch nach ihren alten
Traditionen leben. Diese Fremdenverkehrsart, die noch wenig betrieben wird, betrifft
in Namibia `die San' ( `Buschleute' ), die im Osten Namibias leben, und die
`halbnomadischen Himba' im Nordwesten des Landes.
Die jeweilige Verteilung der Touristenzentren in Namibia wird in Karte 1 ersichtlich
und zeigt die Konzentration des Fremdenverkehrs auf den Süden und das Zentrum
des Landes.
11
Die Trophäenjagd wurde 1994 von 2063 aus Übersee (über die Hälfte davon aus Deutschland) auf 373
Jagdfarmen ausgeübt. Dies erbrachte 1991 auf kommerziellem Farmland Einnahmen von 13 Mio. N$ für die
Farmbesitzer. Lediglich 2% (220.000N$) dieser Summe entfielen dabei für den namibischen Staat (MET, 1996a,
S.101f.)

27
Karte 1:
Fremdenverkehrsattraktionen in Namibia
(Ministry of Environment and Tourism (MET), 1996, S. 30f.)

28
2.1.4. Herkunftsländer der Touristen
Das Problem bei der Bewertung statistischer Aussagen über den Tourismus liegt
darin, dass unter der südafrikanischen Verwaltung, also bis 1990, keine exakten
Zählungen für Namibia durchgeführt wurden, und falls sie durchgeführt wurden,
waren sie lückenhaft.
12
Seit 1990 bemüht sich nun das Immigration Department des
Innenministeriums um eine statistische Erhebung der Anzahl der Touristen, der
Beherbergungsorte und deren Kapazitäten.
"Die Unübersichtlichkeit im Tourismussektor ist nicht nur durch die statistischen
Ungenauigkeiten bedingt, auch die seit der Unabhängigkeit stark angestiegene
Zahl der Beherbergungsbetriebe und Reiseunternehmen in Namibia trägt dazu
bei."
(LAMPING, 1994, S. 2)
Ende der 80er Jahre war wegen der politischen Unruhen im Unabhängigkeitskrieg
die Weichenstellung Namibias nicht sicher. Dieser unsichere Zustand trübte das
Touristenaufkommen im Land. 1989/90 kam es zu einem regelrechten Einbruch der
Besucherzahlen.
Seit jedoch Namibia die Unabhängigkeit erlangte, kam es ab 1992 zu einem
plötzlichen und starken Anstieg der Touristenzahlen. In den darauffolgenden Jahren
setzte sich der Anstieg weiter fort, so dass 1997 zum ersten Mal die halbe Millionen
an Besuchern überschritten werden konnte. Die genaue Entwicklung von 1991 bis
1998 kann man an der Tabelle 3 deutlich erkennen.
12
Grosse Probleme gab es bei der Sammlung und Auswertung der Einreiseformulare, weshalb bis
1993 nur Schätzungen vorliegen (KAINBACHER, 1997, S. 101)

29
Tabelle 3:
Herkunftsland
1991 1993 1996 1997 1998
in 1000 in % in 1000
in % in 1000
in % in 1000 in % in 1000
in %
Afrika
Angola *
*
12,7
5,0
144,9
31,4
158,2
31,5
177,3
31,7
Südafrika 134,0
62,9
155,1
60,8
172,5
37,4
187,7
37,4 209,3
37,4
Andere 17,3
8,1
28,8
11,3
34,0
7,4
37,6
7,5
42,9
7,7
Afrika ges.
151,3
71,0
196,6
77,1
351,4
76,2
383,5
76,4 429,5
76,8
Übersee
Europa
Deutschland 29,6
13,9
29,7
11,6
50,9
11,0
55,0
11,0 59,6
10,7
Großbritannien 10,2
4,8
6,0
2,4
11,6
2,5
12,6
2,5
14,0
2,5
Andere 16,1
7,6
14,6
5,7
31,4
6,8
33,6
6,7
37,5
6,6
Europa ges.
55,9
26,3
50,3
19,7
93,9
20,3
101,2
20,2 111,1
19,8
Rest der Welt
USA,Kanada 5,8
2,7
4,9
1,9
8,5
1,9
9,2
1,8
10,1
1,8
Übrige Länder
3,2
1,3
7,5
1,6
8,1
1,6
9,1
1,6
Rest der Welt
ges. 5,8
2,7
8,1
3,2
16,0
3,5
17,3
3,4
19,2
3,4
Übersee ges.
61,7
29,0
58,4
22,9
109,9
23,8
118,5
23,6 130,1
23,2
Touristen ges.
213,0 100,0
255,0 100,0
464,3 100,0
502,0 100,0 559,6 100,0
(HALBACH, 2000, S.144)
Vor allem im Bereich des internationalen Tourismus aus Übersee besteht die
Hoffnung auf weiter steigende Zahlen. So wurde bereits in den Jahren nach 1997 mit
einem Wachstum von 8% bis 10% gerechnet. (HALBACH, 2000, S. 143) Geschätzt
wurde, dass bis zum Jahr 2002 die 800 000 Besuchermarke übertroffen werden
kann.
Die Besucher aus der Republik Südafrika gelten, wie bereits erwähnt, als
,,Billigtouristen". Sie kommen meist mit ihrem Wohnmobil, campieren in der freien
Wildbahn und lassen relativ wenig Geld im Land. Trotzdem stellen bis heute die
Südafrikaner den größten Anteil an Touristen. Aus welchem Land und in welcher
Stärke die Touristen kommen ist aus Tabelle 3 ersichtlich.

30
Zu einer weiteren Klassifikation des Tourismus kommt man bei einer Aufgliederung
der Touristen nach Herkunftsregionen. Man kann zwischen dem Überseetourismus,
den die Deutschen mit einem Drittel aller Besucher anführen, dem
Regionaltourismus, z.B. aus Südafrika, Zimbabwe oder Angola, und dem etwas
unbedeutenderen Binnentourismus unterscheiden, der dadurch entsteht, dass die
Namibier durch das eigene Land reisen. ,,Namibier selbst tragen etwa ein Drittel zu
den registrierten Übernachtungen bei." (HALBACH, 2000, S. 143) Hierzu zählt unter
anderem der Urlaub der Einwohner von Windhoek an der Atlantikküste, z.B. in
Swakopmund, da sie im Sommer versuchen, der Hitze im Landesinneren zu
entfliehen und die kühle Luft an der Küste zu geniessen. Ein weiterer
Anziehungspunkt des Binnentourismus sind die Naturschutzparks, die auch die
Namibier durch ihre Tier- und Pflanzenreichtum anziehen. Zum Grossteil nimmt
allerdings nur die weisse Bevölkerung Namibias an diesem Binnentourismus teil,
während die schwarze Bevölkerung dabei kaum eine Rolle spielt.
2.1.5. Tourismus als Wirtschaftsfaktor
Der Fremdenverkehr in Namibia spielt, wie bereits erwähnt, eine immer wichtigere
Rolle in der Gesamtwirtschaft. Allerdings muss erneut erwähnt werden, dass die
Daten keine exakten Aussagen zulassen, da sie oft unzureichend sind. Nach dem
Bergbau und der verarbeitenden Industrie steht der Tourismus mit ,,einem Beitrag
von 7% zum BIP (= Bruttoinlandsprodukt) an dritter Stelle" (HALBACH, 2000,
S. 142). Zusätzlich ,,leistet er den drittgrößten Beitrag zu den Deviseneinnahmen und
trägt mit aktuell etwa 12.000 direkten Arbeitsplätzen und einer ähnlich hohen Zahl
indirekter bzw. im informellen Bereich Beschäftigter mehr zur Entlastung des
Arbeitsmarktes bei als jeder andere Wirtschaftssektor außerhalb der Landwirtschaft
und des öffentlichen Dienstes.
13
" (HALBACH, 2000, S. 142)
Die Bedeutung des Tourismus (Tourismus 1996: 405 000 Auslandsgäste, 208 Mio. $
Einnahmen) wird deutlich, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt der geringen
Einwohnerzahl Namibias betrachtet. Auf 824 000 km² leben im Schnitt zwei
13
Die Bruttodeviseneinnahmen liegen derzeit bei 1 Mrd. N$ im Jahr; entscheidend sind jedoch die
Nettoeinahmen unter Abzug der touristisch bedingten Importe. Schätzungen für Namibia schwanken
hier zwischen 35 und 50 %. Besonders hoch ist der Devisenabfluß Namibias durch die Einfuhr von
Kraftfahrzeugen und Ölprodukten sowie durch die Errichtung und Instandhaltung der touristischen
Infrastruktur. (KAINBACHER, a.a.O. S. 370 f.)

31
Menschen auf einem Quadratkilometer. Das Steueraufkommen ist mithin
zwangsläufig gering. (Zum Vergleich: In der Bundesrepublik Deutschland leben auf
357 022 km² 82 047 000 Einwohner, das sind 230 Einwohner auf einem
Quadratkilometer (DER FISCHER WELTALMANACH, 2001, S. 179)). Der Tourismus
kann aber allmählich zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen führen.
"Tourismus ist für Namibia überhaupt ein wichtiger Industriezweig
[...] Allein vom
Tourismus kann das Land
[...] schnell Deviseneinnahmen und Arbeitsplätze auch
für die Schwarzen erwarten, die aus dem Buschland in die Hauptstadt Windhoek
drängen und die Matchbox-Siedlungen Katatura ins Uferlose wachsen lassen."
(LAMPING, 2000, S. 26)
Aus dieser Einschätzung ergibt sich, dass der Tourismus vor allem wegen seiner
Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige (Handel, Banken, Verkehrs- und
Servicebetriebe) auch die Situation des schwarzen Teils der Bevölkerung positiv
beeinflusst. Erhöhte Erwartungen dürften jedoch nicht erfüllt werden können, wie ich
beobachten konnte.
Einen Gewinn aus dem Tourismus seit der Unabhängigkeit konnten vor allem die
Anbieter privater Unterkünfte verbuchen.
"Der Hauptanteil der Tourismuseinnahmen, ca. 200 Mio. R (=Rand), das
entspricht etwa 66 Mio. DM, geht auf das Konto der Privatwirtschaft. Die
staatlichen Einnahmen aus dem Tourismus werden dagegen nur mit 120
Mio. R angesetzt. Insgesamt standen 1998 den Besuchern mehr als
13.000 Betten in 118 Hotels, 168 Gästefarmen und 495 Jagdfarmen sowie
97 Rastlagern zur Verfügung."
(HALBACH, 2000, S.145)
Seit 1990 versuchen viele Privatleute ihre Farmen als Gästefarmen anzubieten, um
die Touristen auch beherbergen zu können. Ihre Viehzucht betreiben sie jetzt als
Nebenerwerb. Als Attraktion bieten manche Farmer wilde, freilebende Tiere an, die
der Besucher je nach Wunsch besichtigen oder erlegen kann. Häufig kaufen die
Farmer diese ,,freilebenden" Tiere von Nationalparks an, in denen eine
Überpopulation an Tieren herrscht, so dass sie einen Safari- und Jagdtourismus
durchführen können.
14
Ein solcher Wandel von einer Farm zu einer Gästelodge ist dem Zuwachs an
europäischen Touristen zu verdanken, die möglichst viel sehen möchten, aber den
alltäglichen Luxus nicht missen wollen. Daher befinden sich solche Gästefarmen fast
ausnahmslos im zentralen Bereich Namibias, wo die riesigen Farmen beheimatet
sind.
14
Durch familiäre Atmosphäre, `deutschem Ambiente´ und Geselligkeit sollen hauptsächlich
zahlungskräftige deutsche und deutschsprachige Urlauber angesprochen werden (KAINBACHER,
1997, S.105)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832456498
ISBN (Paperback)
9783838656496
DOI
10.3239/9783832456498
Dateigröße
7.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
mediale vermarktung wirtschaftsgeographie entwicklungsländer semi-nomadismus projektorientierter unterricht
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