Lade Inhalt...

Stationäre Amphibienschutzanlagen (ASA) als Naturschutzmaßnahme im Regierungsbezirk Leipzig

Untersuchungen zur technischen Funktionstüchtigkeit sowie ihrer Perspektive in der Naturschutzarbeit

©2002 Diplomarbeit 164 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Durch die in den letzten Jahrzehnten zunehmenden Landnutzungsansprüche des Menschen, treten im Bereich des Straßennetzes verstärkt oftmals tragische Konflikte mit den Lebensraumansprüchen von Tieren auf. Insbesondere die hohen Verluste straßenquerender Amphibienpopulationen haben in den letzten 20 Jahren, teilweise begleitet von einem großem öffentlichen Interesse, zu vielfältigen ehrenamtlichen und amtlichen Naturschutzaktivitäten geführt.
In vielen Fällen soll aktuell durch stationäre Amphibienschutzanlagen (ASA) dauerhaft eine wesentliche Verringerung oder sogar Vermeidung von amphibischen Verkehrsopfern an erfassten Konfliktstellen gewährleistet werden. Dabei wird die Anwendung dieser aus naturschutzfachlicher Sicht zumeist sehr teuren Maßnahme von einer umfassenden Diskussion zur tatsächlichen Effizienz derartiger Anlagen für den Tier- und Artenschutz begleitet (Funktion). Darüber hinaus existieren neue grundlegende Untersuchungen, um die Funktionalität von stationären Amphibienschutzanlagen zu verbessern.
Die vorliegende Arbeit reflektiert vor diesem Hintergrund die Anwendung dieser Naturschutzmaßnahme in einem regionalen Maßstab (Regierungsbezirk Leipzig/ Sachsen). Hauptziel ist die Bewertung der technischen Funktionstüchtigkeit von 20 Amphibienschutzanlagen im Untersuchungsgebiet. Dabei wird zwangsläufig nicht der Weg über umfangreiche Fangkontrollen an den Anlagen beschritten, sondern vielmehr versucht, über die Entwicklung von Funktionalitätskatalogen zeitsparend Kartierungsergebnisse zum technischen Standard, der baulichen Umsetzung sowie zum Pflegezustand zusammenzutragen. Planerische Aspekte wurden vorab recherchiert und fließen in eine Analyse zur technischen Funktionstüchtigkeit ein. Die Arbeit umfasst fast alle existierenden Anlagen im Untersuchungsgebiet und analysiert sowohl sehr kleine Bauten an Kreisstraßen als auch eine sehr große Anlage an einer Autobahn. Die Betrachtung der Anlagen wird im Zusammenhang mit einer Analyse der Konfliktstellen von Amphibienwanderungen im regionalen Straßennetz vorgenommen.
Aufbauend auf den Erfahrungen und Ergebnissen werden grundsätzliche Probleme bei der Anwendung derartiger Anlagen aber auch Vorschläge zu einem verbesserten Einsatz in der Naturschutzarbeit benannt. Eine umfassende Betrachtung der biologischen, naturschutzfachlichen, rechtlichen und auch praktischen Teilaspekte des Amphibienschutzes, ermöglichte in Kombination mit Experteninterviews eine […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5646
Büttner, Lars: Stationäre Amphibienschutzanlagen (ASA) als Naturschutzmaßnahme im
Regierungsbezirk Leipzig: Untersuchungen zur technischen Funktionstüchtigkeit sowie ihrer
Perspektive in der Naturschutzarbeit / Lars Büttner -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Leipzig, Universität, Diplomarbeit, 2002
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die
der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen,
der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der
Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung,
vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im
Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der
Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche
Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten
wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht
vollständig ausgeschlossen werden, und die Diplomarbeiten Agentur, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
INHALTSVERZEICHNIS
1. PROBLEMSTELUNG...1
2. UNTERSUCHUNGSGEBIET, UNTERSUCHUNGSZIELE UND METHODIK...4
2.1 Untersuchungsgebiet...4
2.2 Untersuchungsziele...5
2.3 Untersuchungsmethodik...6
3. AMPHIBIEN...9
3.1 Ausgewählte physiologische, ökologische und ethologische Merkmale der Amphibien.. 10
3.1.1 Das Amphibienbiotop...10
3.1.2 Zu den saisonalen Migrationen der Amphibien...11
3.1.2.1 Gefährdung von Amphibien während der Wanderungen durch den
Straßenverkehr...13
3.1.2.2 Notwendigkeit und Effizienz von Schutzmaßnahmen an Straßen
aufgrund von Wanderbewegungen der Amphibien...15
3.1.3 Zur Orientierung der Amphibien innerhalb der Wanderungen...16
3.1.4 Weitere ausgewählte physiologische und ethologische Aspekte der Amphibien. 17
3.1.5 Ausgewählte ökologische Aspekte der Amphibien...18
3.2 Bestandssituation und Bestandsentwicklung...18
3.3 Gefährdungsursachen...21
3.3.1 Überblick zu den Gefährdungsursachen...21
3.3.2 Einwirkungen von Straßen auf Amphibienpopulationen...23
4. AMPHIBIENSCHUTZ AN STRAßEN...26
4.1 Rechtliche Grundlagen...26
4.2 Artenschutzprogramme als Basis des Amphibienschutzes...27
4.3 Schutzmöglichkeiten an Straßen...28
5. STATIONÄRE AMPHIBIENSCHUTZANLAGEN IM REGIERUNGSBEZIRK LEIPZIG... 32
5.1 Konflikte durch Amphibienwanderungen an Straßen im Regierungsbezirk Leipzig...32
5.2 Zur Entwicklung einer Dringlichkeitsliste für Gefahrenstellen an Straßen im
Regierungsbezirk Leipzig...35
5.3 Grundsätzliche Bemerkungen zu Stationären Amphibienschutzanlagen...38
5.3.1 Funktion und Funktionalität von stationären Amphibienschutzanlagen...38
5.3.2 Zur Entwicklung eines Kartierbogens zur Erfassung baulicher Eigenschaften
und der technischen Tauglichkeit von stationären Amphibienschutzanlagen im
RB
Leipzig...42
5.4 Einschätzung bestehender stationärer Amphibienschutzanlagen im
Regierungsbezirk Leipzig...46
5.4.1
Vorbemerkungen...46
5.4.2 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Pressel (Nr.1)...49
5.4.3 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Doberschütz (Nr.2)...53
5.4.4 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Krensitz (Nr.3)...57
5.4.5 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Kleinliebenau (Nr.4)... 59
5.4.6 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Frankenheim (Nr.5)...62
5.4.7 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Störmthal/Oberholz
(Nr.6)...65
5.4.8 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Schnaudertrebnitz
(Nr.7)...69
5.4.9 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Cöllnitz (Nr.8)...73

II
5.4.10 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage
Borna - Am Wilhelmsschacht (Nr.9)...77
5.4.11 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage
Borna - Am Goethepark (Nr.10)...81
5.4.12 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Dittmannsdorf (Nr.11)...84
5.4.13 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Schönau (Nr.12)...86
5.4.14 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Prießnitz (Nr.13)...90
5.4.15 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage an der Lehmlache
Lauer
(Nr.14)...93
5.4.16 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Großbardau (Nr.15)...97
5.4.17 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Grimma (Nr.16)... 100
5.4.18 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Posthausen (Nr.17)...103
5.4.19 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Brandis (Nr.18)...106
5.4.20 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Kühnitzsch (Nr.19)... 110
5.4.21 Einschätzung der stationären Amphibienschutzanlage Mahlis (Nr.20)...113
5.4.22 Überblick zu weiteren stationären Amphibienschutzanlagen (Nr.23, 24, 25)... 116
5.4.23 Überblick zu den kartierten Laichgewässern...120
5.4.24 Überblick und Schlussfolgerungen zu den stationären
Amphibienschutzanlagen im Regierungsbezirk Leipzig...122
6. PERSPEKTIVENDISKUSSION:
ZUM STELLENWERT STATIONÄRER AMPHIBIENSCHUTZANLAGEN
IM AMPHIBIENSCHUTZ (AN STRAßEN)...128
6.1 Praxisprobleme und Vorschläge zu einem effizienten Einsatz...128
6.2 Einschätzung der Perspektive...132
7. SCHRIFTENVERZEICHNIS...135
8. ANHANG...141

III
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Seite
Abb. 1: Neugebaute Umgehungsstraße B180 bei Eisleben (Sachsen-Anhalt)... 1
Abb. 2: Amphibienpopulationen verzeichnen an Straßen hohe Verluste... 2
Abb. 3: Zielentwicklung... 8
Abb. 4: Lebensräume heimischer Amphibienarten... 11
Abb. 5: Ansprüche an das Laichgewässer verschiedener Amphibienarten... 12
Abb. 6: Das Raum-Zeit Wanderverhalten der heimischen Amphibienarten... 13
Abb. 7: Wanderstrecken und Wanderzeiten heimischer Amphibienarten... 14
Abb. 8: Grasfrosch beim Erklettern eines Hindernisses... 17
Abb. 9: Gewässerneuanlage in der Nähe von Störmthal südöstlich von Leipzig
(Im Hintergrund der Tagebau Espenhain)... 29
Abb. 10: Prinzipskizze einer ASA mit den drei Bauteilen: Durchlässe, Leit-Sperrsystem
und
Fallgitter... 38
Abb. 11, 12, 13: Beispiele für kleine Mängel und deren Wirkung... 41
Abb. 14: Modell einer idealen Amphibienschutzanlage... 42
Abb. 15: Leiteinrichtung im Bereich von Durchlass 1 auf der Teichseite... 49
Abb. 16: Funktionsunfähiges Fallgitter... 50
Abb. 17: Massiver Schaden im Leitsystem gegenüber Teich... 53
Abb. 18: Tunneleingang mit Einleitsystem, Straßenschäden... 54
Abb. 19: Tunneleingang mit Einleitsystem, Straßenschäden... 57
Abb. 20: Der Durchlass 3 auf der Teichseite mit Einleitsystem... 59
Abb. 21: Fallgitter im Kreuzungsbereich mit zu geringen Gitterweiten... 60
Abb. 22: Durchlass auf Teichseite mit Einleit- und Betonsystem... 62
Abb. 23: Südende der ASA auf der Teichseite... 63
Abb. 24: Verlauf der Leiteinrichtung am Beginn des Einschnittes gegenüber Teich... 65
Abb. 25: Zusätzlich angeschlossener Gewässerdurchlass (DL2) gegenüber Teich... 66
Abb. 26: Leitsystem an Teichseite und Anbindung an den Tunnel (DL1)... 69
Abb. 27: Durch die Einbeziehung der ,,Schnauderbrücke" wurde ein idealer
Amphibiendurchlass geschaffen... 70
Abb. 28: Leitsystem an der Südseite (Teichseite)... 73
Abb. 29: Wasserführender Straßengraben an der Teichseite... 74
Abb. 30: Leitsystem gegenüber Teich im Bereich von Tunnel 4... 77
Abb. 31: Mangelhafte Anbindung des Leitsystems an das Fallgitter (Teichseite)... 78
Abb. 32: Abgebaute ASA am ,,Breiten Teich", Borna... 81
Abb. 33: Tunneleingang gegenüber Teich... 84
Abb. 34: Leitsystem im westlichen Bereich der Anlage (Teichseite)... 86
Abb. 35: Ungeeignete Tunneltypen führten schließlich zum Verlust von Durchlässen... 87
Abb. 36: Leitsystem mit sichtbaren Unterspülungen... 90
Abb. 37: Durchlass 2 auf der Westseite... 91
Abb. 38: Das neue ACO-PRO-Betonsystem auf der Südseite der Anlage... 93
Abb. 39: Einbaulösung im Bereich des Elsterflutbeckens... 94
Abb. 40: Leitsystem im Bereich von Durchlass 4 (gegenüber Teich)... 97

IV
Abb. 41: Nur ungenügend integrierter Grabendurchlass (DL1) am Ostende der Anlage... 98
Abb. 42: Leitsystem an der Teichseite... 100
Abb. 43: Stelztunnel mit Einleitsystem... 101
Abb. 44: Leitsystem im Bereich der Bahnanlage... 103
Abb. 45: Eingangsbereich Durchlass 1 auf Ostseite... 104
Abb. 46: Leitsystem an der nördlichen Teilanlage... 106
Abb. 47: Wasseraustritt an gegenüberliegender Straßenseite von Teich ,,B"... 108
Abb. 48: Ungenügende Anbindung eines feuchten Grabens... 110
Abb. 49: Tunneleingang und Leitsystem an Teichseite... 111
Abb. 50: Einleitsysteme im Bereich des Tunnels 4 auf Anwanderseite... 114
Abb. 51: Blick vom alten auf das neue Laichgewässer (Hintergrund)... 115
Abb. 52: Leitsystem an der A38... 116
Abb. 53: Großräumiger Durchlass mit Trockenbermen an der A38... 117
Abb. 54: Leiteinrichtung mit installiertem Umlenkelement... 118
Abb. 55: Ideal ausgebauter Grabendurchlass... 118
Abb. 56: Wasserführender Graben zwischen Gewässerneuanlage und Tunnel... 119
Abb. 57: Verlandender Laichplatz nahe Kühnitzsch (Anlage Nr.19)... 121
Abb. 58: Überfluteter Durchlass ohne Leitsysteminstallation... 128
TABELLENVERZEICHNIS
Tab. 1: VERBREITUNG DER AMPHIBIENARTEN IN DEUTSCHLAND UND SACHSEN... 9
Tab. 2: GEFÄHRDUNGSEINSTUFUNG DER AMPHIBIEN IN DEN ROTEN LISTEN FÜR
DEUTSCHLAND UND SACHSEN... 19
Tab. 3: KONFLIKTSTELLEN ZWISCHEN WANDERNDEN AMPHIBIEN UND DEM
STRAßENVERKEHR IM REGIERUNGSBEZIRK LEIPZIG... 33
Tab. 4: ANZAHL VON STRAßENABSCHNITTEN MIT ENTSPRECHENDER
WANDERINTENSITÄT IM REGIERUNGSBEZIRK LEIPZIG... 35
Tab. 5: ANZAHL VON SCHUTZANLAGEN IM REGIERUNGSBEZIRK LEIPZIG... 35
Tab. 6: STATIONÄRE AMPHIBIENSCHUTZANLAGEN IM REGIERUNGSBEZIRK LEIPZIG -
UNTERSUCHTE ANLAGEN... 47
Tab. 7: WEITERE STATIONÄRE AMPHIBIENSCHUTZANLAGEN IM REGIERUNGSBEZIRK
LEIPZIG... 48

K
APITEL
1 - P
ROBLEMSTELLUNG
1
A
BBILDUNG
1:
Neugebaute Umgehungsstraße B180 bei Eisleben (Sachsen-
Anhalt), eigene Aufnahme
1. PROBLEMSTELLUNG
Die in den letzten Jahrhunderten durch menschliche Tätigkeit in Mitteleuropa geschaffene
Kulturlandschaft zeichnet sich
durch eine reichhaltige Ausstattung
an Lebensräumen und eine
entsprechende Artenvielfalt aus. Im
Zuge des technisch-
wissenschaftlichen Fortschritts und
damit verbundener gesellschaft-
licher Entwicklungen, hat sich in
den letzten Jahrzehnten der
anthropogene Nutzungsdruck auf
die Landschaft jedoch nochmals
bedeutend verstärkt (A
BBILDUNG
1).
Die daraus resultierenden negativen Einflüsse auf die Lebensbedingungen heimischer
Tiere werden vor allem an Straßen auf tragische Weise offensichtlich: Obwohl durch andere
Nutzungsformen die Lebensräume wesentlich stärker in Anspruch genommen sind, wird
durch die vielen ,,Verkehrsopfer" auf dem zunehmend dichteren Straßennetz der ,,Konflikt"
zwischen dem Landnutzungsanspruch des Menschen und dem Lebensraumanspruch von
Tieren deutlich. Straßen besitzen daher im bildlichen Sinne die Funktion einer ,,Bühne",
durch welche zwei Fragen offen dargestellt werden:
· Welchen Platz haben Tiere als Teil unserer Umwelt in der heutigen Landschaft?
· Welchen Platz bieten wir ihnen?
Insbesondere die Amphibien haben offensichtlich wichtige Impulse zu einer seit über 25
Jahren andauernden Beschäftigung mit dem Einfluss von Straßen auf die Tierwelt gegeben.
Amphibien stellen eine von den Straßenverlusten besonders stark betroffene Artengruppe
dar, da sie auf ihren jährlichen Wanderungen zwischen dem Laichplatz und den
terrestrischen Lebensräumen zunehmend zur Überquerung von Straßen gezwungen sind
und dabei massenhaft überfahren werden (BMV (H
RSG
.) 2000, P
AURITZSCH
et al. 1985; vgl.
A
BBILDUNG
2, S.2). Dadurch entstehen sowohl Tierschutz- aber auch Artenschutzprobleme
aufgrund der Ausrottung ganzer Populationen.
Diese Probleme wurden vor dem Hintergrund eines allgemeinen Bestandsrückganges von
Amphibienpopulationen beobachtet. Seit den 80er Jahren werden verstärkt Maßnahmen
zum Amphibienschutz an Straßen durchgeführt (F
ELDMANN
& G
EIGER
1987).

K
APITEL
1 - P
ROBLEMSTELLUNG
2
A
BBILDUNG
2:
Amphibienpopulationen verzeichnen an Straßen hohe Verluste,
eigene Aufnahme
Im Ergebnis der Auseinandersetzung mit dieser Situation existiert heute ein Bund-
Länderarbeitskreis ,,Amphibienschutz", der grundsätzliche Empfehlungen für
Schutzmaßnahmen an Straßen erarbeitet und diese in einem ,,Merkblatt zum
Amphibienschutz an Straßen (MAmS)" veröffentlicht hat. Aber auch auf den ,,unteren" und
,,mittleren" Ebenen nehmen Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen ein wichtigen Platz in
der Naturschutzarbeit ein: So wird die Durchführung von Schutzvorhaben für Amphibienarten
in ,,Konfliktbereichen mit dem Verkehr" als regionaler Schwerpunkt des Artenschutzes im
Regierungsbezirk Leipzig angesehen (RPV 1996: A - 14).
Zur dauerhaften Lösung oder
Minimierung dieser ,,Konflikte"
stehen verschiedene Möglich-
keiten zur Verfügung, von denen
eine von besonderer Bedeutung
zu sein scheint: Stationäre
Amphibienschutzanlagen werden
seit 15 Jahren verstärkt
eingesetzt, um Straßenverluste
von Amphibienpopulationen zu
minimieren oder völlig zu
unterbinden. Erstmals wurden sie 1969 in der Schweiz eingesetzt (D
EXEL
1987). Heute
finden sie in vielen Ländern Europas Anwendung. Aufgrund der entsprechenden Nachfrage
existiert aktuell ein umfangreicher Markt für Produkte aus diesem Bereich der
,,Naturschutztechnik".
Stationäre Amphibienschutzanlagen sind aus naturschutzfachlicher Perspektive teure
Maßnahmen. Des weiteren ist ihr Einsatz verbunden mit einer Diskussion über ihre
Ausstattung, das eingesetzte Material, die Art und Weise des Einbaus und die Möglichkeiten
und Begrenzungen ihrer Schutzfunktion im Rahmen des Artenschutzes. Zu diesen Aspekten
liegen mittlerweile grundlegende Untersuchungen (D
EXEL
1987, F
REY
& N
IEDERSTRAßER
2000,) und zahlreiche Diskussionsbeiträge (zum Beispiel W
OLF
& I
GELMANN
1995, W
OLF
2000, M
ÜNCH
1999) vor. Entsprechend haben sich die Anforderungen an das Baumaterial
und die Vorstellungen über eine funktionsgerechte Anlage in den letzten zehn Jahren sehr
verändert.
Seit Anfang der 90er Jahre wird auch im Regierungsbezirk Leipzig auf diese
Naturschutzmaßnahme zurückgegriffen. Es erscheint sinnvoll, die bislang erzielten
Ergebnisse ihrer Anwendung zu überprüfen, gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu

K
APITEL
1 - P
ROBLEMSTELLUNG
3
erarbeiten und aufbauend auf den Erfahrungen möglicherweise auch neue Strategien zu
einem effektiven Amphibienschutz (an Straßen) im Regierungsbezirk Leipzig zu entwickeln.
Letztlich geht es um eine positive Beantwortung der aufgeworfenen beiden Fragen. Diese
Arbeit soll dazu ein Beitrag sein.
Die Arbeit enthält einen ,,allgemeinen" und einen ,,speziellen" Teil, die auch für sich allein
benutzt werden können.
Der
allgemeine Teil enthält neben grundlegenden Informationen zum
Untersuchungsgebiet, den Untersuchungszielen und der angewendeten Methodik (K
APITEL
2), auch themenrelevante Ausführungen zur Biologie der Amphibien, sowie Informationen
zur Bestandsentwicklung der Tiere und deren Ursachen (K
APITEL
3). Aufbauend auf diese
Verstehensbasis wird auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen und schließlich die
Möglichkeiten von Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen eingegangen (K
APITEL
4). Es
folgen Ausführungen zur aktuellen ,,Konfliktsituation" an Straßen im Regierungsbezirk Leipzig
und ihrem derzeitigen ,,Bearbeitungsstand" (K
APITEL
5.1-5.2). Nach Informationen zur
Funktion und Funktionalität von stationären Amphibienschutzanlagen (K
APITEL
5.3) werden
schließlich im speziellen Teil die einzelnen Anlagen eingeschätzt (K
APITEL
5.4).
Diese Ausführungen können übersprungen werden, falls nur grundsätzliche Informationen
gewünscht sind: Dem speziellen Teil folgt eine Zusammenfassung der Probleme (K
APITEL
5.4.23). Die entsprechenden Schlussfolgerungen (K
APITEL
6.1) werden abschließend vor
dem Hintergrund der Planungs- und Verwaltungspraxis reflektiert (K
APITEL
6.2).
Der spezielle Teil dient der Einschätzung der Anlagen und ist daher auf punktuellen, auf
die jeweilige Anlage, bezogenen Gebrauch ausgerichtet. Die Einschätzungen enthalten
Analysen. Die dafür zugrunde liegenden Basisinformationen wurden in einer ACCESS-
Datenbank verarbeitet und können dort gegebenenfalls nachgesehen werden.
Die Arbeit beinhaltet in ihrem Anhang Kartenmaterial, Interviewtranskriptionen sowie
einen Ausdruck des Kartierbogens und der kompletten Datenbank. Des weiteren wurde auch
eine Kopie des verwendeten Biotoptypenkartierschlüssels beigelegt. Zum Exemplar für das
Naturschutzinstitut Wurzen/Dehnitz gehört darüber hinaus eine ca. 170 Aufnahmen
umfassende Fotoserie. Allen Exemplaren liegt eine digitale Version der Datenbank, der
Konfliktstellentabelle und des GIS-Projektes bei.
Die Arten werden zumeist mit der deutschen Bezeichnung benannt. In den Tabellen zum
Vorkommen der einzelnen Amphibienarten werden jedoch auch die lateinischen
Bezeichnungen verwendet. Auf eine Angabe des Beschreibers und dem Jahr der
Beschreibung wurde verzichtet.

K
APITEL
2 - U
NTERSUCHUNGSGEBIET
, U
NTERSUCHUNGSZIELE UND
M
ETHODIK
4
2. UNTERSUCHUNGSGEBIET, UNTERSUCHUNGSZIELE UND METHODIK
2.1 Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet umfasst den Regierungsbezirk (RB) Leipzig, der in
naturschutzfachlichen Kartierungen in Sachsen auch als ,,Region Nordwestsachsen"
bezeichnet wird (Z
ÖPHEL
1998). Er stellt für das Naturschutzinstitut (NSI) Wurzen/Dehnitz
(Region Leipzig) den ,,Bearbeitungsraum" dar, weshalb im Rahmen dieser Arbeit
entsprechende Daten erhoben werden sollen. Auch das Staatliche Umweltfachamt (StUFA)
Leipzig übernimmt für dieses administrative Gebiet Aufgaben. Für das Straßennetz des RB
Leipzig (mit Ausnahme der Gemeindestraßen und Autobahnen) sind zwei Straßenbauämter
(SBA Leipzig, SBA Torgau-Döbeln) zuständig. Der Regierungsbezirk besteht aus fünf
Kreisen und der kreisfreien Stadt Leipzig. Die administrativen Grenzen sind in den K
ARTEN
1
und 2 einzusehen (A
NHANG
V).
Die Landschaften des RB Leipzig umfassen morphologisch und klimatisch verschieden
ausgestattete Gebiete, was die Artenzusammensetzung der Herpetofauna (vgl. S.9)
beeinflusst hat (B
ERGER
et al. 1983). So sind die meisten der in der Bundesrepublik
Deutschland vorkommenden Amphibienarten im Untersuchungsgebiet vertreten (vgl.
T
ABELLE
1, S.9).
Der Bezirk Leipzig umfasste folgende Landschaften, die auch nach den Gebietsreformen
im Regierungsbezirk Leipzig zu finden sind (B
ERGER
et al. 1983):
· planare Stufe (Flachland): Leipziger Land, Dahlener und Dübener Heide, Elbetiefland
(tangiert die östlichen Randgebiete im Kreis Torgau-Oschatz)
· colline Stufe (Hügelland): Porphyrhügelland an der Mulde, Teile des Altenburger
Lößgebietes (südliche Teile des Kreises Leipziger Land), Mittelsächsisches Lößgebiet
(bei Döbeln), Oschatzer Hügelland
· montane Stufe (Bergland): Erzgebirgsvorland (tangiert den Kreis Döbeln an der
Freiberger Mulde)
Neben diesen Landschaftstypen existieren im RB Leipzig an der Elbe, der Mulde und der
Weißen Elster auch Auenlandschaften. Im Süden und im Norden von Leipzig sind des
weiteren großräumige Bergbaufolgelandschaften zu finden. Letztlich sind auch die
Siedlungsgebiete zu erwähnen (urbane Landschaften). Die Gewässer besitzen bislang einen
nur sehr kleinen Flächenanteil, prägen jedoch verschiedene Landschaften wesentlich
(B
ERGER
et al. 1983: 7). Aufgrund dieser Vielfalt an Landschaftstypen finden sich zahlreiche
Lebensräume für Amphibienpopulationen und für die meisten Amphibienarten.

K
APITEL
2 - U
NTERSUCHUNGSGEBIET
, U
NTERSUCHUNGSZIELE UND
M
ETHODIK
5
2.2 Untersuchungsziele
Untersuchungsobjekte dieser Arbeit sind stationäre Amphibienschutzanlagen (ASA) und
nicht zeitweilige (temporäre) Schutzzäune (,,Krötenzäune"). Betrachtet wird des weiteren die
derzeitige ,,Konfliktsituation" zwischen dem Straßenverkehr und den Amphibien im RB
Leipzig, da sie den Hintergrund zur Anwendung dieser Naturschutzmaßnahme bildet. Die
Arbeit verfolgt dabei zwei Zielstellungen:
Zum einen werden praktisch anwendbare Informationen für die Arbeit des
Naturschutzinstitutes Wurzen/Dehnitz gesammelt und analysiert. So ist die Sammlung von
Daten zu ,,Konfliktstellen" an den Straßen und ihre Einordnung in eine Dringlichkeitsliste mit
dem Ziel verbunden, aktuelle ,,Brennpunkte" zu benennen und damit einen Beitrag zu einer
effizienten Anwendung von Schutzmaßnahmen zu leisten. Die Darstellung soll auch den
vorhandenen Bearbeitungsbedarf und daher Bearbeitungsmöglichkeiten aufzeigen.
Die Betrachtung der ASA erfolgt mit dem Ziel der Einschätzung ihrer technischen
Funktionstüchtigkeit. Dadurch sollen Untersuchungsansätze und Diskussionsgrundlagen zu
ihrer Verbesserung erarbeitet werden. Es wird versucht, in Hinsicht auf die baulichen
Eigenschaften, die Pflege sowie die Planungshintergründe Erfahrungen zusammenzutragen,
damit bei weiteren Bauten gegebenenfalls auf dieser Basis mitgewirkt werden kann.
Die Arbeit stellt eine Untersuchungsanregung und diesbezügliche Orientierungshilfe dar.
Ziel ist nicht die jeweilige Kontrolle der tatsächlichen Effizienz! Eine derartige
Effizienzkontrolle (vgl. zum Beispiel W
EBER
2000) benötigt einen völlig anderen Zeit- und
Untersuchungsrahmen, um statistisch auswertbare und artenspezifische Daten zur
Frequentierung und Benutzung der einzelnen Anlagen durch die Amphibien zu erhalten. Dies
erfolgt im Rahmen dieser Arbeit nicht.
Eine Einschätzung der technischen Funktionstüchtigkeit auf ,,breiter Basis" ist dennoch
sinnvoll: So erbrachte die Effizienzkontrolle einer ASA in der Nähe von Wurzen (Bennewitz-
Schmölen) den Nachweis, dass durch (kartierbare) bauliche Mängel die Gesamtfunktionalität
der Anlage erheblich gesenkt wird und dadurch ca. 20% der anwandernden Tiere im Bereich
der ASA überfahren werden (W
EBER
2000: 24). Entsprechend kann im Rahmen dieser Arbeit
auf relativ einfache und schnelle Weise wertvolles Datenmaterial für fast alle ASA im RB
Leipzig gesammelt werden.
Eine weitere Zielstellung besteht in einer Diskussion um den Beitrag von ASA im
Amphibienschutz allgemein und beim Amphibienschutz an Straßen speziell. Konkretes Ziel
ist das Umreißen eines praktikablen und effektiven Einsatzes dieser Naturschutzmaßnahme.
Daher beschäftigt sich die Arbeit mit den folgenden Fragen:

K
APITEL
2 - U
NTERSUCHUNGSGEBIET
, U
NTERSUCHUNGSZIELE UND
M
ETHODIK
6
· Welchen Beitrag leisten Straßen zum beobachtbaren Bestandsrückgang von Amphibien?
· Welche Möglichkeiten des Schutzes von Amphibienpopulationen an Straßen existieren?
· Wie hoch ist der gegenwärtige Stellenwert von ASA unter diesen Möglichkeiten?
· Welche planerischen, gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen existieren für
den Bau von ASA?
· Welche Möglichkeiten, aber auch Probleme und Begrenzungen sind mit der Anwendung
von ASA verbunden?
· Auf welche Weise kann der Einsatz von ASA als Schutzmaßnahme gegebenenfalls
verbessert werden?
·
Welchen Stellenwert werden ASA in Zukunft als Naturschutzmaßnahme und
Planungsobjekt haben?
· Welchen Stellenwert sollten sie diesbezüglich haben?
Eine Zielentwicklung für diese Arbeit beinhaltet A
BBILDUNG
3
(vgl. S.8).
2.3 Untersuchungsmethodik
Als Methoden kamen neben der Kartierung und dem Interview, auch eine umfassende
Datenbearbeitung und Sichtung der vorhandenen Literatur in Betracht. Die Einbindung der
verschiedenen Methoden in die Arbeit verdeutlicht A
BBILDUNG
3 .
Die als Übersicht zur derzeitigen ,,Konfliktsituation" dienende EXCEL-Tabelle basiert auf
umfangreichen Datenbearbeitungen, deren Ergebnisse mittels GIS (ESRI-ARC-VIEW) auch
kartographisch umgesetzt wurden (K
ARTEN
1 und 2). Nähere Ausführungen dazu finden sich
in den Kapiteln 5.1 und 5.2.
Zur Erfassung der technischen Funktionstüchtigkeit der ASA wurden zunächst kurze
Interviews (Vorab-Gespräche) durchgeführt, um Informationen zum Planungshintergrund und
zu Erfahrungen mit den Anlagen zu sammeln. Die jeweiligen Gesprächspartner sind in der
T
ABELLE
6 (S.47) aufgeführt. Zum Teil fanden diese Gespräche in den Dienststellen statt.
Teilweise wurden jedoch auch telefonisch Informationen gewonnen. Sie sind in die
Einschätzung der jeweiligen Anlage mit eingeflossen. Ein Verzeichnis der Gespräche
befindet sich im Anschluss an das Literaturverzeichnis (S.140).
Die auf diesen Gesprächen aufbauende Kartierung wurde mit Hilfe eines im Rahmen
dieser Arbeit entwickelten Kartierbogens durchgeführt. Nähere Angaben zu seinem Inhalt
finden sich im Kapitel 5.3.2.

K
APITEL
2 - U
NTERSUCHUNGSGEBIET
, U
NTERSUCHUNGSZIELE UND
M
ETHODIK
7
Der Kartierbogen beruht, ebenso wie die zum Einsatz kommenden Kataloge, auf einer
Sammlung von Literaturhinweisen zum Bau, zur Pflege und zur Optimierung von ASA. Zur
Verwendung kamen dabei vor allem (siehe auch Literaturverzeichnis): BMV (H
RSG
.) (2000),
BWA (H
RSG
.) (1999), F
REY
& N
IEDERSTRAßER
(2000), SWA (H
RSG
.) (1998), B
ENDER
(1998),
D
EXEL
(1987), B
ERTHOUD
& M
ÜLLER
(1987), LIS
T
G
MB
H (1999). Der Kartierbogen ist im
Anhang beigelegt (A
NHANG
I); die Kataloge sind im Kapitel 5.3.2 (S.44/45) einzusehen.
Von den bekannten Anlagen (T
ABELLEN
6 und
7, S.47/48) wurden 20 untersucht. Im
Rahmen der Kartierfahrten wurden jedoch auch die anderen ASA als ,,Exkurse" besichtigt.
Dabei erfolgte eine Aufnahme ,,grober" Daten (Material, Dimensionierung, auffällige
Merkmale im Verbau). Diese Eindrücke werden im Kapitel 5.4.22 gesondert wiedergegeben.
Die Auswahl ergab sich durch die Zeitplanung und durch Absprache mit dem NSI
Wurzen/Dehnitz. So existieren dort für die ASA in Podelwitz (Nr. 21) und Schmölen (Nr. 22)
bereits weitgehende Angaben. Die ASA Nr. 23, 24 und Nr. 25 wurden erst im Rahmen der
Vorab-Gespräche und nach Festlegung der Routen- und Zeitplanung bekannt.
Während der Kartierarbeiten an den Anlagen wurden auch Daten zu den Laichgewässern
erhoben: Neben einer Erfassung der Biotoptypen in der Umgebung der Gewässer und einer
allgemeinen, nicht artenspezifischen Einschätzung der Laichplatzqualität, erfolgte auch die
Aufnahme wasserchemischer Parameter (pH-Wert, O
2
-Gehalt, elektrische Leitfähigkeit,
Wassertemperatur). Diese Aufnahmen wurden in Absprache mit dem NSI Wurzen/Dehnitz
zur Erhöhung der Datendichte in der Gewässerkartei durchgeführt und im Rahmen dieser
Arbeit nicht analysiert. Es wird jedoch eine Gesamteinschätzung der Laichgewässer
vorgenommen (K
APITEL
5.4.23).
Die Ergebnisse der Kartierung wurden mit Hilfe von ACCESS zu einer Datenbank
zusammengefasst, die neben Informationen zum Laichplatz und zur Verkehrssituation vor
allem Angaben zu Schäden und Mängeln sowie Optimierungshinweise zu den einzelnen
ASA enthält. Sie bietet auch eine Übersicht zu den baulichen Eigenschaften der Anlagen
Die Diskussion basiert neben einer Auseinandersetzung mit der Lebensweise der
Amphibien und den daraus resultierenden Problemen des Amphibienschutzes (an Straßen)
sowie den Kartierungsergebnissen vor allem auf den durchgeführten Leitfadeninterviews.
Diese wurden mit Vertretern des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes, sowie einer
Straßenbehörde und eines Planungsbüros durchgeführt. Dadurch konnten auch regionale
Aspekte des Amphibienschutzes in die Arbeit einfließen. Die Interviews wurden transkribiert.
Sie sind im Anhang (A
NHANG
IV) einzusehen. Bei der Transkription erfolgte eine
Stilanpassung im Ausdruck, jedoch wurde auf eine völlige Anpassung im Sinne des
Schriftdeutschen verzichtet, um die Bedeutung bestimmter Aussagen wiederzugeben. Die
Textauswertung im Rahmen der Auswertung erfolgte im Sinne der Hermeneutik.

A
BBILDUNG
3:
Zielent
w
icklung, eigener Ent
w
urf
A
U
SGA
N
GSPUNKT
E:
Q
U
ALIT
ÄT
BEST
EHENDER
ST
AT
IONÄRER
AMPHIBIENSCHUT
ZANLAGEN
BET
RACHT
UNG :
- AKT
UELLER ST
AND DER ,,KONFLIKT
S
IT
UAT
ION"
- PRAX
ISPROBLEME ANW
E
NDUNG AMPHIBIENSCHUT
ZANLAGEN
- ALT
E
RNAT
IVE/ UNT
ERST
ÜT
ZENDE MÖGLICHKEIT
E
N
KONKRET
E
F
R
A
G
EST
EL
L
UNG
EN:
B
aul
ic
he E
igens
chaf
ten und
te
chni
sc
he Funk
tions
ch
tigk
ei
t bes
te
-
hender s
tat
ionärer A
m
phi
bi
ens
chut
zanl
a-
gen i
m
RB
Lei
pzi
g
A
kt
ue
lle
s
,,K
onf
lik
tpot
ent
ia
l" an
S
traßen i
m
RB
Lei
p-
zi
g
A
kt
uel
le
r S
tand von
S
chut
zm
aßnahm
en
an S
traßen/
B
edeut
ung s
tat
io
n-
ärer A
m
phi
bi
en-
sc
hut
zanl
agen
A
kt
ue
lle
,,B
rennpunk
te
"
P
robl
em
e bei
der Organi
sa
tion,
der
P
lanung,
dem
B
au und der P
flege
st
at
ionärer A
m
phi
bi
ens
chut
zanl
a-
gen:
Urs
ac
hen/
Lös
ungen
A
N
GEW
A
NDT
E
ME
T
H
O
D
IK
:
- Literaturrec
herc
h
e
- Vorbereitende Interv
iew
s
(Vorab-G
espräche)
- Erarbeitung eines Kartierbogens
- Kartierung v
o
n 20 stationären
Amphibienschutz
a
nlagen
und
anliegender
Laichgew
ässer
- Fotodokumentation
- Literaturrec
herc
he
- Leitfadengespräche mit
Vertretern ehrenam
tlic
her/
amtlicher N
a
turschutz
, Stra-
ßenbauamt, Planungsbüro
- Herm
eneutik
- D
a
tenrecherche z
u
,,Konfliktstellen"
- Erarbeitung einer
aktuellen T
abelle
(EX
C
EL)
- Erstellung v
on Karten
m
ittels
GIS (ARC-VIEW
)
ERG
E
BNIS:
- AC
C
ESS-D
atenbank mit:
Schadens- M
angelangaben,
O
p
timierungshinw
eisen,
Laichplatz
informationen
- v
e
rbale Bew
e
rtung der Anlagen
- Konflikstellentabelle
- D
iskussionsbeitr
ag für
eine Prioritätsliste durch
Erarbeitung einer
D
ringlichkeitsliste
- D
iskussion z
u
m effektiv
en
Einsatz
dieser
N
a
turschutz
m
aßnahme
Z
IEL
ST
EL
L
UNG
:
PRAKT
ISCH
ANW
E
NDBARE
INFORMAT
IONEN
PERSPEKT
IVEN-
DISKUSSIO
N

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
9
3. AMPHIBIEN
Die Amphibien, im deutschen auch als Lurche bezeichnet, sind systematisch betrachtet
eine eigenständige Tierklasse (Amphibia) aus dem Unterstamm der Wirbeltiere (Vertebrata),
zu denen auch die Fische, Reptilien, Vögel und Säugetiere gehören. Es sind aktuell ca. 4000
Arten bekannt, die mit Ausnahme der Polargebiete weltweit verbreitet sind (G
ÜNTHER
1996).
Unterteilt werden sie in 3 Ordnungen (Schwanzlurche - Urodela; Froschlurche - Anura;
Blindwühlen - Apoda), die sich in zahlreiche Familien aufteilen. Nach G
ÜNTHER
(H
RSG
.)
(1996) existieren in Deutschland 21 Arten, davon 7 Schwanzlurche und 14 Froschlurche
(T
ABELLE
1). Der Alpenkammolch wird danach als eigenständige Art betrachtet. Auf weitere
Beziehungen innerhalb der Systematik soll nicht eingegangen werden.
Amphibien und Reptilien werden innerhalb einer gemeinsamen zoologischen
Fachdisziplin, der Herpetologie, erforscht und zur Herpetofauna zusammengefasst
(,,herpeton" [griechisch
]
= kriechendes Tier). Dieser Sonderfall in der speziellen Zoologie ist
historisch bedingt, da sie bis Anfang des 19. Jhd. einer Klasse zugeordnet wurden (O
BST
1996). Dennoch handelt es sich um zwei völlig voneinander abzugrenzende, wenn auch
evolutionär nah verwandte Tiergruppen (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992, B
LAB
& V
OGEL
1996), die
nur wenige ähnliche Merkmale vorweisen, was auch durch eine Unterscheidung auf Ebene
der Klasse zum Ausdruck kommt. In dieser Arbeit werden nur die Amphibien betrachtet.
TABELLE 1: VERBREITUNG DER AMPHIBIENARTEN IN DEUTSCHLAND UND SACHSEN
(Die in Klammern angegebenen Zahlen stellen Fundorte dar und basieren auf Nachweisen im Rahmen der
landesweiten Amphibienkartierung Sachsen 1996/1997 [Z
ÖPHEL
1998].)
Amphibienart Verbreitung:
Vorkommen = +
Vorkommen allochthon = +*
BRD Freistaat Sachsen RB Leipzig (Nordwestsachsen)
Feuersalamander (Salamandra salamandra)
+ +
(60)
Alpensalamander (Salamandra atra)
+
Kammolch (Triturus cristatus)
+
+ (401)
+ (99)
Alpenkammolch (Triturus carnifex)
+
Bergmolch (Triturus alpestris)
+
+ (954)
+ (26)
Teichmolch (Triturus vulgaris)
+
+ (1508)
+ (223)
Fadenmolch (Triturus helveticus)
+ +
(16)
Gelbbauchunke (Bombina variegata)
+ +*
(6)
Rotbauchunke (Bombina bombina)
+
+ (379)
+ (48)
Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans)
+
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus)
+
+ (587)
+ (156)
Erdkröte (Bufo bufo)
+
+ (3373)
+ (473)
Wechselkröte (Bufo viridis)
+
+ (305)
+ (156)
Kreuzkröte (Bufo calamita)
+
+ (119)
+ (25)
Laubfrosch (Hyla arborea)
+
+ (666)
+ (240)
Teichfrosch (Rana kl. esculenta)
+
+ (1672)
+ (621)
Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae)
+
+ (131)
+ (48)
Seefrosch (Rana ridibunda)
+
+ (212)
+ (101)
Grasfrosch (Rana temporaria)
+
+ (3142)
+ (395)
Moorfrosch (Rana arvalis)
+
+ (462)
+ (134)
Springfrosch (Rana dalmatina)
+
+ (146)
+ (116)

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
10
3.1 Ausgewählte physiologische, ökologische und ethologische Merkmale der
Amphibien
Die evolutionäre Stellung der Amphibien als erste Wirbeltiere, welche das Land als
Lebensraum erschließen konnten, dabei jedoch weiterhin vom Wasser abhängig waren,
bedingt eine Vielzahl von charakteristischen biologischen Merkmalen. Im folgenden wird
versucht, die für die Thematik des Amphibienschutzes an Straßen wichtigen
physiologischen, ökologischen und ethologischen Aspekte herauszuarbeiten. Bei fast allen
hier allgemein erörterten biologischen Merkmalen treten beträchtliche artenspezifische,
teilweise auch geschlechts- und sogar individuenspezifische Unterschiede auf. (T
HIELCKE
et
al. 1991, B
LAB
1986, S
INSCH
1987). Sie sind in den Abbildungen einzusehen.
Die Notwendigkeit, die Probleme und auch Lösungsansätze für den Amphibienschutz an
Straßen sind vor allem begründet durch:
· den komplexen Lebensraumanspruch mit Wasser- und Landlebensräumen
(amphibisch [aus dem Griechischen] = beidseitig lebend),
· das daraus resultierende komplexe Raum- Zeit Verhalten einzelner Arten im Rahmen von
Wanderungen zu bestimmten Jahreszeiten (saisonale Migrationen) zwischen den
einzelnen Lebensräumen unter Ausnutzung eines differenzierten
Orientierungsvermögens.
3.1.1 Das Amphibienbiotop
Amphibien benötigen sowohl Land- als auch Wasserlebensräume. Zentraler Bestandteil
eines Amphibienbiotops ist das Laichgewässer, da sich die Tiere im Gewässer fortpflanzen
(laichen) und sich der Laich anschließend innerhalb einer Metamorphose zu einer im Wasser
lebenden, kiemenatmenden Larve und letztlich zur lungenatmenden, landbewohnenden
Amphibie entwickelt. Die meisten Amphibien sind r-Strategen: Sie verfügen über eine hohe
Reproduktionsrate, betreiben jedoch keine Brutpflege. Es wird eine große Anzahl
befruchteter Eier produziert, die an artenabhängig unterschiedlichen Strukturen im Wasser
befestigt werden oder einfach auf dem Wasser schwimmen. Bei den in Deutschland
vorkommenden Arten ist nur der lebendgebärende Alpensalamander nicht vom Wasser als
Reproduktionsstätte abhängig.
Darüber hinaus sind die Tiere auch an Land auf Feuchtigkeit angewiesen, da ihre
feuchte, kaum verhornte Haut nur ungenügend gegen Austrocknung geschützt ist und auch
für die Atmung eine große Bedeutung besitzt (B
LAB
& V
OGEL
1996). Amphibien sind daher
zumeist dämmerungs- oder nachtaktiv und bevorzugen oftmals Lebensräume mit
entsprechenden Feuchtigkeitsangebot. Weiterhin gehören sie zusammen mit den Fischen
und Reptilien zu den wechselwarmen Wirbeltieren, was ihre Aktivität von der Temperatur
und damit von den klimatischen Bedingungen einer Jahreszeit beziehungsweise den

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
11
A
BBILDUNG
4:
Lebensräume heimischer Amphibienarten,
Quelle: BMV (Hrsg.) 2000: 6
mikroklimatischen Bedingungen ihres Umfeldes abhängig macht (E
NGELMANN
et al.
1993).
Amphibien halten in Mitteleuropa deshalb eine Winterruhe, beziehungsweise fallen in
Winterstarre und suchen zu diesem Zweck geeignete Verstecke an Land auf. Zum Teil
überwintern sie aber auch in den
Laichgewässern (B
LAB
& V
OGEL
1996).
Aufgrund dieser Lebensweise ergibt sich
ein
komplexer Jahreslebensraum,
bestehend aus Laichgewässer sowie
Sommer- und Winterquartier. Die
terrestrischen Lebensräume können auch
identisch sein. Bewohnt werden alle
Biotope, die geeignete mikroklimatische
Bedingungen und Möglichkeiten zur
Nahrungsaufnahme bieten. Es existieren
jedoch beträchtliche artenspezifische
Unterschiede in der Bevorzugung
bestimmter Lebensräume (A
BBILDUNG
4)
und ebenso hinsichtlich der Struktur eines
geeigneten Laichgewässers (A
BBILDUNG
5,
S.12).
3.1.2 Zu den saisonalen Migrationen der Amphibien
Das Wanderverhalten (saisonale Migrationen) der einzelnen Amphibienarten ist aufgrund
physiologischer und verhaltensbiologischer Eigenschaften sehr differenziert ausgeprägt
(A
BBILDUNG
6, S.13). Weitere diesbezüglich beeinflussende Faktoren können die Struktur
oder die geographische Lage des Jahreslebensraums sein. Für die Arten sind sehr
unterschiedliche Aktionsräume (Aktionsradius) nachgewiesen (A
BBILDUNG
7, S.14). Das für
eine Population notwendige Mindestareal für Fortpflanzung oder Nahrungserwerb ist daher
ebenfalls artenspezifisch von unterschiedlicher Größe. Letztlich werden die Wanderungen
auch innerhalb verschiedener Zeiträume durchgeführt (B
LAB
& V
OGEL
1996).
Allgemein betrachtet beginnen die jährlichen Migrationen mit der Anwanderung der Tiere
zum Laichgewässer (Frühjahrswanderung). Nach dem Ende der Laichzeit schließt sich die
Abwanderung der Alttiere in das Sommerquartier an, in dem sich alle Amphibien durch eine
stationäre Lebensweise auszeichnen (B
LAB
1986). Im Sommerquartier wird zumeist die
größte Entfernung vom Laichgewässer erreicht. Nach dem Ende der Metamorphose erfolgt
im Spätsommer der Auszug der Jungtiere aus dem Laichgewässer, von denen ein Teil über
oftmals weite Strecken zu neuen Lebensräumen wandert (B
LAB
& V
OGEL
1996).

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
12
A
BBILDUNG
5:
Ansprüche an das Laichgewässer verschiedener
Amphibienarten , Quelle: BMV (Hrsg.) 2000: 15
Mit der Herbstwanderung beginnen viele Amphibien, vor allem die als Frühlaicher
bezeichneten Arten (siehe S.14), wieder in Richtung des Laichgewässers zu wandern und
überwintern zum Teil dort, falls sie es erreicht haben (B
LAB
& Vogel 1996). Oftmals graben
sich die Tiere jedoch auf halber Wegstrecke ein, überwintern und setzen dann in der
Frühjahrswanderung ihren Weg zum Laichgewässer fort. Einige Tiere überwintern auch in
den Sommerquartieren (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992).
Die Beziehungen zwischen Wanderung und
Fortpflanzung sind sehr eng, die
Fortpflanzungsfähigkeit ist aber keine
unabdingbare Voraussetzung für die
Wanderung, da sich nachweislich bei vielen
Arten auch nicht geschlechtsreife Jungtiere an
ihr beteiligen (B
LAB
1986). Dem gegenüber
verbleiben möglicherweise auch
geschlechtsreife Tiere in den terrestrischen
Lebensräumen (B
LAB
& V
OGEL
1996, Q
UASNITZ
2001 - mündliche Mitteilung).
Auslösende Faktoren für die Wanderungen,
insbesondere die Frühjahrswanderung, sind vor
allem Regen, Temperatur und Lichtstärke
("Dämmerungsgrad", vgl. N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992: 31). Sie sind artenverschieden
ausgeprägt. Bei ungünstigen Bedingungen
wandern die Tiere nicht und legen teilweise lange Pausen ein. Bevorzugt werden
Geländestrukturen wie Waldungen, Wiesen und Weiden, sowie lineare
Landschaftsbestandteile wie Hecken oder feuchte Straßengräben. Intensiv genutzte Felder
können je nach Anbaufrucht, Bewirtschaftung, Bodenart und Feuchtigkeitsverhältnissen
wichtige Wanderareale oder auch Migrationshindernisse darstellen (B
LAU
2000). Straßen
und Feldwege werden wetterabhängig entweder völlig gemieden oder bei Regen sogar als
Zugstrecke genutzt (M
ÜLLER
& S
TEINWARZ
1987, B
ÖRNCHEN
2001 - mündliche Mitteilung).
Allen Arten ist in Bezug auf die Frühjahrswanderung ein hormonell ausgelöster
,,Wandertrieb" gemein: Das Laichen ist auf bestimmte ,,Sollzeiten" ausgerichtet, so dass im
fortschreitenden Jahresverlauf die meisten Tiere auch bei ungünstigen Bedingungen auf
kürzestem Weg zum Laichgewässer wandern (B
LAB
1986).

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
13
A
BBILDUNG
6: Das Raum-Zeit Wanderverhalten der heimischen Amphibienarten,
Quelle: BMV (Hrsg.) 2000: 9
3.1.2.1 Gefährdung von Amphibien während der Wanderungen durch den Straßenverkehr
Die Bedeutung potentieller Gefahren durch den Straßenverkehr im Rahmen der
Wanderungen ist für die einzelnen Amphibienarten unterschiedlich groß und zunächst
abhängig von der ,,Auftreffwahrscheinlichkeit" auf eine Straße. Diese steigt mit zunehmenden
Aktionsradius (A
BBILDUNG
7, S.14) und einem ausgeprägten Wanderverhalten.
Aus natur-
schutzfachlicher
Sicht ist jedoch
vor allem ent-
scheidend, ob die
Individuen einer
Population jährlich
konzentriert
einem bestimmten
Laichgewässer
zuwandern und
sich daher die
Einwirkungen des
Straßenverkehrs
langfristig auf die
gesamte Population auswirken können (BWV (H
RSG
.) 1994). Dies ist von der Beziehung der
Art zum Laichplatz abhängig, welche auf der jeweiligen Steuerung der Frühjahrswanderung
im Sinne des Geschlechterfindens beruht (B
LAB
1986).
So gibt es Arten mit individueller Präferenzreaktion auf ein Laichgewässer. Als Lockmittel
zur Fortpflanzung dienen oftmals weittragende Chorrufe; die Paarung erfolgt über einen
längeren Zeitraum. Die Populationen der betreffenden Arten am Laichgewässer sind zumeist
recht klein. Zu diesen Laichplatz vagabundierenden Arten zählen Wechselkröte, Kreuzkröte,
die Arten der Gattung Bombina (B
LAB
1986), sowie der Laubfrosch
und die Knoblauchkröte.
Beim Feuersalamander und der Geburtshelferkröte erfolgt die Paarung außerhalb des
Gewässers. Nur die Weibchen (Feuersalamander), beziehungsweise die Männchen
(Geburtshelferkröte) suchen anschließend hydrotaktisch orientiert (vgl. S.16) ein geeignetes
Gewässer zum Ablegen der Larven auf (B
LAB
1986, T
HIELCKE
et al. 1991). Auch sie gehören
damit zu den Laichplatzvagabunden, zeigen jedoch keine im Zusammenhang mit der
Fortpflanzung stehenden Wanderungen. Gleiches gilt für die oftmals ganzjährig an
Gewässern zu findenden Arten der Gattung Bombina,
(B
LAB
1986), obwohl auch diese nach

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
14
A
BBILDUNG
7:
Wanderstrecken und Wanderzeiten heimischer
Amphibienarten, Quelle BMV (Hrsg.) 2000: 8
N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
(1992) in dynamischen Lebensräumen wie Auen teilweise sehr weit
wandern. Auf den Sonderfall des Alpensalamanders wurde bereits verwiesen (vgl. S.10).
Bei anderen Amphibienarten erfolgt die Fortpflanzung auf der Basis einer
überindividuellen Koordination im Sinne eines Raum-Zeit-Systems für das Zusammenfinden
am Laichplatz zu einem bestimmten Zeitpunkt. Tiere dieser Arten sind daher teilweise in
großen Massen am Laichgewässer zu
finden.
Bei einigen Arten ist das Zeitsystem
allerdings weniger ,,straff". Von besonderer
Bedeutung können daher auch
Habitatqualitäten sein; die Tiere sammeln
sich hydrotaktisch geleitet an günstigen
Laichplätzen. Teilweise erfolgen Chorrufe,
wie bei den unter dem Oberbegriff
,,Grünfroschkomplex" zusammengefassten
Arten (Seefrosch, Teichfrosch,
Wasserfrosch). Des weiteren gehört auch
der Kammolch zu dieser Artengruppe (B
LAB
1986). Diese Arten sind ebenfalls nicht
unbedingt standorttreu, oftmals aufgrund
ihrer bevorzugt an das Wasser gebundenen
Lebensweise jedoch ganzjährig an oder um
ein bestimmtes Gewässer herum zu finden.
Andere Amphibien besitzen ein stärker synchronisiertes Raum-Zeit-System und sind auf
einen Laichplatz fixiert. Diese Tiere werden auch als laichplatztreue Arten bezeichnet. Es
sind dies die Erdkröte, der Grasfrosch, der Springfrosch sowie im geringer ausgeprägten
Maße auch die Arten der Gattung Triturus und der Moorfrosch. Diese Arten treffen oftmals
sehr früh am Laichgewässer ein (Februar, März) und werden daher als Frühlaicher
gekennzeichnet. Als besonders auf einen Laichplatz geprägt und daher laichplatztreu gelten
Erdkröte und Springfrosch (B
LAB
1986).
Durch Untersuchungen speziell an der Erdkröte konnte jedoch belegt werden, dass eine
absolute Laichplatzprägung- und treue auch bei diesen Tieren nicht besteht (W
OLF
1994).
Teilweise erfolgen zum Beispiel hormonelle Umstimmungen zu einem späten Zeitpunkt der
Anwanderung, so dass sich einzelne Tiere hydrotaktisch orientieren und an andere
Gewässer gelangen. Dennoch sind insbesondere bei diesen Amphibien
Massenanwanderungen zum Laichgewässer zu beobachten.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
15
Mit Berücksichtigung der Angaben zum Wanderverhalten (A
BBILDUNG
6) und zum
Aktionsradius (A
BBILDUNG
7) kann somit festgehalten werden, dass im Rahmen der
Frühjahrsanwanderung vor allem folgende Amphibienarten durch potentielle Gefahren des
Straßenverkehrs betroffen sein können: Erdkröte, Springfrosch, Grasfrosch, die
verschiedenen Molcharten, vor allem der Bergmolch (BWV (H
RSG
.) 1994), sowie der
Moorfrosch (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992). Vermutlich gehören stellenweise auch Arten des
,,Grünfroschkomplexes" (Teichfrosch, Wasserfrosch) dazu. Die Bedeutung des
Straßenverkehrs als ganzjährige Gefahrenquelle sollte jedoch auch bei vagabundierenden
Arten wie der Kreuzkröte nicht unterschätzt werden (B
LAB
& V
OGEL
. 1996). Vor allem die
Erdkröte, sowie Springfrosch und Grasfrosch gelten aber als die am weitesten betroffenen
Arten (vgl. T
HIELCKE
et al. 1991). Alle weiteren Erläuterungen biologischer Merkmale
orientieren sich vorrangig an der Erdkröte.
3.1.2.2 Notwendigkeit und Effizienz von Schutzmaßnahmen an Straßen aufgrund von
Wanderbewegungen der Amphibien
Die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen an Straßen ergibt sich aus
naturschutzfachlicher Sicht bei Gefährdung einer ganzen Population durch den
Straßenverkehr. Die naturschutzfachliche Effizienz von ergriffenen Schutzmaßnahmen an
Straßen ist im wesentlichen davon abhängig, ob für eine Amphibienpopulation die
charakteristischen Anwanderrichtungen und Anwanderkorridore zum Gewässer festgestellt
werden können. Sowohl die Notwendigkeit, als auch die Effizienz können anhand der
Anwandersituation an einem Gewässer beschrieben werden. Diese ist abhängig vom
dortigen Arteninventar, den artenspezifischen Beziehungen zum Laichplatz, der
Lebensraumstruktur im Umfeld des Gewässers und der Richtungsprägung der Jungtiere.
Der Auszug der Jungtiere wurde am Beispiel der Erdkröte untersucht (W
OLF
& I
GELMANN
1995, M
ÜLLER
& S
TEINWARZ
1987). Er wird durch die bereits genannten Faktoren
Temperatur, Licht, und Feuchtigkeit entscheidend beeinflusst und durch zwei
,,Entscheidungskriterien" gestaltet: Ein Teil der Jungtiere folgt einer vorgegeben genetisch
fixierten Richtung, ein anderer Teil orientiert sich insbesondere anhand mikroklimatischer
Gunsträume (feucht, kühl, schattig), die bestenfalls auch einen nur geringen räumlichen
Widerstand bieten. Dabei erfolgt eine Umprägung auf diese Richtung im Sinne einer
Wanderachse (W
OLF
& I
GELMANN
1995). Es ist deshalb davon auszugehen, dass bei
Erdkrötenpopulationen aus verschiedenen Richtungen Tiere an das Laichgewässer
anwandern. Abhängig vom Lebensraumangebot können aber bestimmte
Anwanderrichtungen und Anwanderkorridore von besonderer Bedeutung sein.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
16
Die Notwendigkeit von dauerhaften Schutzmaßnahmen an Straßen kann daher erst nach
Überprüfung der Anwandersituation begründet werden. Sie können bei laichplatztreuen
Arten längerfristig effizient wirksam sein. Bei Laichplatzvagabunden sind verschiedene und
vor allem wechselnde Anwanderrichtungen verhaltensbedingt vorgegeben. Dem
entsprechend sind Schutzmaßnahmen an Straßen für diese Arten weniger effizient.
3.1.3 Zur Orientierung der Amphibien innerhalb der Wanderungen
Bei der Wanderung in das Sommerquartier bewegen sich die Tiere verstärkt unter dem
Einfluss von Mikroklima und Nahrungsangebot fort.
Zur Findung des Laichplatzes in der Frühjahrswanderung besitzen Amphibien jedoch ein
breites Spektrum an Orientierungsmöglichkeiten (multisensorisches Orientierungssystem),
das insbesondere artenspezifisch, jedoch auch geschlechts- und individuenspezifisch
ausgeprägt ist. Die Individuen sind auch unterschiedlich erfolgreich bei der Auffindung eines
Laichgewässers. Es wird zwischen einer Anfangsorientierung und einer Orientierung in Nähe
zu einem Laichgewässer unterschieden. Als wesentliche Orientierungsfaktoren werden
genannt: Erdmagnetfeld, von Gewässern ausgehende Wärmestrahlung und ,,Gerüche"
(hydrotaktisch), Paarungsrufe, optische Reize in der Landschaft (Silhouetten), polarisiertes
Licht (S
INSCH
1987, 2001 - mündliche Mitteilung, W
OLF
1994, W
OLF
& I
GELMANN
1995).
Insbesondere die Orientierungsleistung bei Arten mit Laichplatzprägung ist noch Gegenstand
intensiver Diskussionen (B
LAB
& V
OGEL
1996).
Bei der Erdkröte belegen Untersuchungen, dass die Tiere mit Hilfe des Erdmagnetfeldes
innerhalb der Anfangsorientierung in der Lage sind, ihre Wanderachse einzuhalten und in
Nähe zu ihrem Laichgewässer zu gelangen. Dort orientieren sie sich anhand der
Wärmestrahlung des Gewässers sowie möglicherweise durch bekannte
Landschaftsstrukturen (W
OLF
1994, W
OLF
& I
GELMANN
1995). Die Tiere sind dabei nur
begrenzt fähig, Ablenkungen in der Anwanderrichtung auszugleichen. Der Grund hierfür liegt
in ihrem Bestreben, ihre Wanderachse einzuhalten und ,,energiesparend" zu wandern
(O
ERTER
1994: 173). Stoßen sie auf ein Hindernis, wandern sie in die Richtung, die mit
einem Raumgewinn (Verkürzung der Entfernung) zum Laichgewässer verbunden ist. Diese
Tatsache wird mit zunehmender Nähe zum Laichgewässer bedeutender, denn für die Tiere
ist es dann schwerer, Ablenkungen zu ,,kompensieren" (W
OLF
& I
GELMANN
1995). Es kann
dann zum ,,Pendeln" um ein unüberwindbares Hindernis und anschließend zum Abbruch der
Wanderaktivität kommen. Insbesondere bei zusätzlichen Störungen ihrer Orientierungssinne
(zum Beispiel hinsichtlich Erdmagnetfeld) kehren die Tiere um.
Amphibienschutzmaßnahmen an Straßen müssen diesen Verhaltensweisen Rechnung
tragen.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
17
A
BBILDUNG
8:
Grasfrosch beim Erklettern eines
Hindernisses, Quelle: F
REY
&
N
IEDERSTRAßER
2000: 24
Erdkröten sind jedoch auch in der Lage, sich neue Laichmöglichkeiten zu erschließen:
Sind sie zu weit vom Laichgewässer entfernt oder zu spät, um am ,,eigenen" Laichgewässer
anzukommen, können sie hydrotaktisch orientiert ein anderes Gewässer finden (W
OLF
&
I
GELMANN
1995). Gleiches gilt für die Situation, dass ein Laichgewässer nicht mehr über die
notwendige Qualität verfügt.
3.1.4 Weitere ausgewählte physiologische und ethologische Aspekte der Amphibien
Die Gefährdung von Amphibien und die Probleme des Amphibienschutzes an Straßen
sind auch durch verschiedene weitere Verhaltensweisen und physiologische Eigenschaften
der Tiere begründet. Straßen können zunächst durchaus Umweltqualitäten aufweisen. K
UHN
(1987) zitiert S
ANDER
et al. (1977) mit dem Hinweis, dass verschiedene Amphibienarten
Straßen als Wärmeinsel nutzen und sich die Verweildauer auf ihnen entsprechend
verlängern kann (vgl. auch B
LAB
1978). Salamander und Erdkröten nutzen Straßen aufgrund
von Nahrungskonzentrationen nachweisbar auch als Jagdterritorium (INT 1977; O
BST
1986
in: B
ITZ
& S
IMON
1996). Des weiteren werden Straßen oder auch Feldwege wie bereits
erwähnt bei geeigneten Wetter, vor allem von Jungtieren, als hindernisarme Wanderwege
benutzt. Speziell von der Erdkröte ist zudem bekannt, dass
Männchen bei der Frühjahrswanderung auf der Straße
aufgrund ihrer Übersichtlichkeit in Spähstellung nach einem
Weibchen verharren (H
EUSSER
1968a in: K
UHN
1987).
Eine besondere Bedeutung hat die Schreckreaktion, die
bei der Erdkröte mehrfach nachgewiesen wurde (S
ANDER
et
al. 1977, G
ROSSENBACHER
1981 in: K
UHN
1987). Sie wird
durch Beleuchtung oder Erschütterung ausgelöst und kann
zu einen ca. 10-minütigen Verharren an Ort und Stelle
führen. Desorientierung und erneutes Betreten der Straße
nach Überquerung derselben, Umkehr oder beschleunigtes
Gehen oder Hüpfen sind weitere beobachtete
Verhaltensweisen, die individuell verschiedene Bedeutung
haben (K
UHN
1987).
Amphibien bewegen sich im allgemeinen relativ langsam und schwerfällig, sind aber unter
anderen Gesichtspunkten sehr leistungsfähig: Schwierige und steile Hindernisse können in
vielen Fällen durch Klettern überwunden werden (F
REY
& N
IEDERSTRAßER
2000, A
BBILDUNG
8), wobei Molche und insbesondere der Laubfrosch dafür besonders befähigt sind. Aber
auch Erdkröten vermögen auf ihren Wanderungen zum Laichgewässer, teilweise bereits
verpaart, bedeutende Hindernisse zu überwinden und zeigen dabei eine außerordentliche
Ausdauer (W
OLF
2001 - mündliche Mitteilung).

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
18
3.1.5 Ausgewählte ökologische Aspekte der Amphibien
Als letzter wesentlicher Aspekt soll im folgenden die Stellung der Amphibien im
Ökosystem betrachtet werden.
Den Tieren kommt aufgrund ihrer zentralen Position im Nahrungsnetz eine besondere
Bedeutung im Naturhaushalt zu (BWV (H
RSG
.) 1994, B
LAB
& V
OGEL
1996, G
ÜNTHER
1996).
Sämtliche Amphibien ernähren sich hauptsächlich von Würmern, Schnecken, Insekten und
deren Larven, Spinnentieren und Asseln. Ihre Larven tragen wesentlich zur Selbstreinigung
der Gewässer bei, da sie Algen sowie tote Tiere und Pflanzen verzehren. Sowohl die Larven,
als auch die Adulten sind Kannibalen; kleinere Artgenossen werden verschlungen (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992). Auch der Laich einer Amphibienart wird von anderen Amphibien als
Nahrung genutzt. Vor allem sind die Tiere jedoch einem starken Prädationsdruck durch
Reptilien, Vögel und verschiedene Säuger ausgesetzt. Für Fische und verschiedene
Wasserinsekten bilden Laich und Larven eine wichtige Nahrungsquelle.
Die Verluste bei Laich, Larven und Jungtieren sind deshalb außerordentlich hoch und
liegen jeweils um 80-95% (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992, T
HIELCKE
et al. 1991). Die Sterblichkeit
bei geschlechtsreifen Tieren ist dem gegenüber wesentlich geringer, da sie über
verschiedene Möglichkeiten der Feindabwehr verfügen. Bedeutende Minimierungsfaktoren
können jedoch ungünstige Witterungsverhältnisse sein (Erfrieren, Eintrocknen). Von der
Erdkröte ist bekannt, dass die Weibchen oftmals während des Laichens von den vielen
paarungswilligen Männchen unter Wasser gedrückt werden und ertrinken (B
ÖRNCHEN
2001 -
mündliche Mitteilung, N
ESTLER
2001 - mündliche Mitteilung).
In den meisten Fällen sind Amphibien nach 1-3 Jahren geschlechtsreif, wobei für die
jeweilige Dauer insbesondere das Nahrungsangebot entscheidend ist. Die Erdkröte benötigt
allgemein 3-4 Jahre, so dass ein vollständiger Ersatz der fertilen Generation um Jahre
versetzt erfolgt und nur ein bestimmter Teil dieser Generation pro Jahr ausscheiden darf.
Dieser Wert wird mit ca. 25% angegeben (INT 1977).Die meisten Tiere laichen aufgrund der
hohen Mortalität möglicherweise nur einmal in ihrem Leben. Dabei ist für den
Reproduktionserfolg vor allem die Laichplatzqualität und die Witterung von Bedeutung
(T
HIELCKE
et al. 1991).
Zahlen zur Bestandsentwicklung von Amphibienpopulationen sind demnach vor dem
Hintergrund der zahlreichen Einflussfaktoren zu reflektieren. Die Populationsdynamik von
Amphibienbeständen ist im allgemeinen sehr groß.
3.2 Bestandssituation und Bestandsentwicklung
Auf den hohen Rückgang von Amphibienpopulationen ist in den letzten Jahren und
Jahrzehnten mehrfach verwiesen worden (G
ÜNTHER
1996,
E
NGELMANN
et al. 1993, B
LAB
1986, B
LAB
& V
OGEL
1996, N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992). Beobachtet wurde zum einen eine

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
19
Arealregression und damit eine kumulative Aufgabe von Kolonien an verschiedenen
Standorten eines abgrenzbaren Verbreitungsgebietes (B
LAB
1986). Aber auch die
Individuenzahl der einzelnen Populationen ist oftmals rückgängig. Von diesen Tendenzen
sind alle in Deutschland vorkommenden Arten betroffen (B
LAB
& V
OGEL
1996), wobei die
Angaben zur Bestandshöhe jedoch vor dem Hintergrund von ökologisch bedingten
Verbreitungsschwerpunkten (zum Beispiel Höhenstufen) zu werten sind. Es existieren daher
sowohl für das Bundesgebiet insgesamt, wie auch für die einzelnen Bundesländer eigene
Rote Listen, in denen die betroffenen Arten bestimmten Gefährdungskategorien zugeordnet
werden.
In der Bundesrepublik Deutschland sind 14 von 21 Amphibienarten (=67%) in den
Gefährdungskategorien erfasst. Zwei Arten werden in der Vorwarnliste genannt. Im Freistaat
Sachsen sind von 18 vorkommenden Arten 13 (=72%) in der Roten Liste enthalten. Des
weiteren werden Grasfrosch, Bergmolch und Teichmolch als in ihrem Bestand
zurückgehende Arten vermerkt (T
ABELLE
2).
TABELLE 2: GEFÄHRDUNGSEINSTUFUNG DER AMPHIBIEN IN DEN ROTEN LISTEN FÜR DEUTSCHLAND
UND SACHSEN (Eine Definition der Gefährdungskategorien erfolgt an dieser Stelle nicht und kann entsprechend
eingesehen werden [vgl. BFN 1998, LFUG 1999].)
Amphibienart
Rote Liste
* = Nur allochthone Vorkommen
BRD (1998),
BFN 1998
Sachsen (1999),
LFUG 1999
Feuersalamander (Salamandra salamandra)
Vorwarnliste Stark
gefährdet
Alpensalamander (Salamandra atra)
Geographische
Restriktion
Kein Verbreitungsgebiet
Kammolch (Triturus cristatus)
Gefährdet Stark
gefährdet
Alpenkammolch (Triturus carnifex)
Vom Aussterben bedroht Kein Verbreitungsgebiet
Bergmolch (Triturus alpestris)
Zurückgehende
Art
Teichmolch (Triturus vulgaris)
Zurückgehende
Art
Fadenmolch (Triturus helveticus)
Vom Aussterben bedroht
Gelbbauchunke (Bombina variegata)
Stark gefährdet
Ausgestorben*
Rotbauchunke (Bombina bombina)
Vom Aussterben bedroht Stark gefährdet
Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans)
Gefährdet Kein
Verbreitungsgebiet
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus)
Stark gefährdet
Gefährdet
Erdkröte (Bufo bufo)
Wechselkröte (Bufo viridis)
Stark gefährdet
Stark gefährdet
Kreuzkröte (Bufo calamita)
Gefährdet Stark
gefährdet
Laubfrosch (Hyla arborea)
Stark gefährdet
Gefährdet
Teichfrosch (Rana kl. esculenta)
Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae)
Gefährdung
anzunehmen
Stark gefährdet
Seefrosch (Rana ridibunda)
Gefährdet Gefährdet
Grasfrosch (Rana temporaria)
Vorwarnliste Zurückgehende
Art
Moorfrosch (Rana arvalis)
Stark gefährdet
Gefährdet
Springfrosch (Rana dalmatina)
Gefährdet Gefährdet

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
20
Rote Listen basieren als wichtiges Argumentationsinstrument des Naturschutzes auf
umfangreichen Datensammlungen (S
CHNITTLER
et al. 1994). Es muss daher von einer
rückläufigen Bestandsentwicklung bei vielen Amphibienarten ausgegangen werden (vgl.
auch BFN (H
RSG
.) 1998). Dies gilt auch für den Nordwestsächsischen Raum (B
ERGER
1993).
Allzu pessimistische Beurteilungen und Prognosen treffen dennoch erfahrungsgemäß
meist nicht zu (D
AHMER
2001 - mündliche Mitteilung). Die Kartierungsergebnisse aus 20
Jahren Feldarbeit (B
ERGER
1976, 1993; Z
ÖPHEL
1998) zeigen im Vergleich bei vielen Arten
(zum Beispiel Erdkröte, Kammolch, Knoblauchkröte) eine steigende Zahl von
Nachweisstellen, was auf die nur allmählich mögliche Erfassung von Vorkommen und die
erstmals umfassende Datenerhebung im Rahmen der sächsischen Amphibienkartierung
1996/1997 zurückzuführen ist. Trotz negativer Prognosen aus den 80er Jahren können
heute noch alle Arten im Regierungsbezirk Leipzig nachgewiesen werden (D
AHMER
2001 -
mündliche Mitteilung). Beobachtungen zeigen allerdings, dass große Massenansammlungen
selten geworden und einige Arten (vor allem Rotbauchunke, Kammolch) in Nordwestsachsen
nur noch in wenigen Populationen zu finden sind (D
AHMER
2001 - mündliche Mitteilung).
Bundesweit im Rückgang befindlich sind nach B
LAB
(1986) insbesondere Arten,
· die abhängig von hohen Grundwasserständen sind (Moorfrosch, Rotbauchunke),
· Verbundsysteme aus strukturreichen Gewässern benötigen (Laubfrosch),
· mit Schwerpunktverbreitung im planar-collinen Bereich (Springfrosch, Rotbauchunke),
· des Offenlandes allgemein (zum Beispiel Wechselkröte, Kreuzköte, Knoblauchkröte),
· die Klein- und Kleinstgewässer bevorzugen (Gelbbauchunke, Kreuzkröte).
Jedoch werden mittlerweile auch bei den anpassungsfähigen Arten (Erdkröte, Grasfrosch,
,,Grünfroschkomplex", Teichmolch) Bestandseinbußen beobachtet (B
ITZ
& S
IMON
1996).
Aufgrund ihrer teilweise großen Aktionsräume ist dies vor allem in Ballungsgebieten der Fall
(B
LAB
1986).
Zusammenfassend betrachtet, sind demnach vor allem Arten mit spezifischen
Lebensraumansprüchen stark rückläufig. Gleiches gilt auch für die Arten, die den vom
Menschen besonders intensiv genutzten planar-collinen Bereich bewohnen. Eine Reihe der
als potentiell von der Straßengefahr betroffen gekennzeichneten Arten werden in den Roten
Listen geführt. Die Erdkröte, als diesbezüglich besonders hervorgehobene Art, wird nicht
aufgezählt. Eine interessante Frage ist daher, in welchem Maße Straßen durch die
Ausrottung oder Schwächung von Populationen zur derzeitigen Bestandssituation der
Amphibien beitragen. Offensichtlich ist jedoch die Notwendigkeit, die Lebensräume der
heimischen Arten abzusichern.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
21
3.3 Gefährdungsursachen
Insbesondere Amphibienarten, die Habitate im Offenlandbereich bevorzugen
(Teichmolch, Laubfrosch, Arten des ,,Grünfroschkomplexes"), profitierten in den letzten
Jahrhunderten von Waldrodungen ebenso, wie von der Anlage verschiedenster Gewässer
(Mühlteiche, Weidetümpel, Fischteiche). Auch durch den oberflächennahen Abbau von
Rohstoffen wie Ton und Kies entstanden vielfältige Laichmöglichkeiten und ebenso
terrestrische Lebensräume. Letztlich konnten viele Arten ihre Bestände erhöhen (G
LANDT
1981).
Durch den verstärkten Nutzungsdruck auf die Landschaft seit einigen Jahrzehnten und
der Umgestaltung der Kulturlandschaft in eine auf Effizienz ausgerichtete
,,Wirtschaftslandschaft", sind diese positiven Auswirkungen jedoch durch gegenteilige Effekte
der Landnutzung ersetzt worden. Sie verändern die Lebensräume und damit die
Lebensgrundlagen der Tiere maßgebend. Weitere anthropogene Schadeinflüsse sind
Vandalismus, Fang oder Verschleppung.
Durch Faunenverfälschung kann sich die Nahrungskonkurrenz oder der Prädatorendruck
auf heimische Amphibien verstärken, wie zum Beispiel durch Ansiedlung des
Amerikanischen Ochsenfrosches (Rana catesbeiana). Diese Schadeinflüße können lokal
oder regional von größerer Bedeutung sein (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992).
Diskutiert wird auch ein negativer Einfluss des derzeitigen Klimas, da in den letzten
Jahrzehnten zunehmend kühlere Sommer festgestellt wurden. Dies könnte über eine
Beeinflussung der Gewässertemperatur Auswirkungen auf den Reproduktionserfolg einiger
Arten haben. Genannt werden in diesem Zusammenhang Laubfrosch und Rotbauchunke
(N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992). Als weiterer flächenhaft wirkender Schadfaktor wird eine
erhöhte UV-B- Strahlung gekennzeichnet, die nachweislich das Erbgut befruchteter Eizellen
im Wasser schädigen kann (B
LAB
& V
OGEL
1996).
Verglichen mit den Auswirkungen einer veränderten Landnutzung, wird jedoch die
Bedeutung dieser Einflüsse auf die dargestellten Tendenzen der Bestandsentwicklung
relativiert (N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992).
3.3.1 Überblick zu den Gefährdungsursachen
Die wichtigsten Gefährdungsursachen werden übereinstimmend in folgenden Faktoren
gesehen (J
EDICKE
(H
RSG
.) 1996, B
LAB
1986, B
LAB
& V
OGEL
1996, N
ÖLLERT
& N
ÖLLERT
1992,
B
ITZ
& S
IMON
1996):

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
22
· Negative Einflüsse auf Laichgewässer
1. Beseitigung oder teilweise Verfüllung von Klein- und Kleinstgewässern
2.
Gewässerverschmutzung durch Einleitungen oder atmosphärischen Eintrag
(einschließlich Saurer Regen - Veränderung des pH-Wertes)
3. Gewässerausbau- und verbau, Wegfall notwendiger Laichplatzstrukturen
4. Grundwasserabsenkungen und sonstige geförderte Verlandung
5. Wegebefestigung und Wegfall von Kleinstgewässern wie Wagenspuren
6. Intensivierung von Fischzucht und Angelsport - Zerstörung von Laichplatzstrukturen
sowie erhöhter Feinddruck auf Laich und Larven durch hohen Fischbesatz
(eingeschränkt bei der Erdkröte)
7. Rekultivierung von Abgrabungsgewässern und Ödlandflächen unter fehlender
Berücksichtigung artenschutzbezogener Aspekte
· Negative Einflüsse auf Landhabitate
1. Intensivierung der Forstwirtschaft und damit verbundene Rückdrängung artenreicher,
lichter Laubwälder und Laubmischwälder
2.
Intensivierung der Landwirtschaft: Verlust bevorzugter Lebensräume durch
Flurbereinigung und Entwässerung, verstärkte Anwendung von Bioziden und
Düngemitteln mit direkter Einwirkung (Primärvergiftung) oder Folgewirkungen
(Sekundärvergiftung über Nahrungskette, Verlust der Nahrungsbasis) auf Amphibien
3. Zunehmender Landschaftsverbrauch und Flächenversiegelung durch Siedlungen,
Industrieanlagen, Gewerbeflächen oder Straßen und damit verbundener
Lebensraumverlust, Zerschneidung von Lebensräumen bedingt Isolierung
benachbarter Populationen und Entstehung von Gefahrenquellen für die Tiere (Straße,
Kanalisation, Gräben, Schächte)
· Direkte Reduktion von Tieren, vor allem in Ballungsgebieten
1. Fang und Verschleppung von Tieren, Laich oder Larven
2. Bewusstes Töten
Hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Gefährdungsursachen ist der Verlust von
intakten Laichgewässern hervorzuheben (B
LAB
& V
OGEL
1996, BFN (H
RSG
.) 1998). Ein
zweiter wesentlicher Komplex ist der Verlust von Landlebensräumen. Die Einwirkungen von
Straßen auf die Bestandsentwicklung werden nach B
LAB
& V
OGEL
(1996) bei allen Arten mit
Ausnahme der Amphibien mit einem oftmals geringen Aktionsradius (Rot- Gelbbauchunke,
Geburtshelferkröte, Seefrosch) als nicht unwichtig, jedoch nur selten (Erdkröte, Grasfrosch,
Kreuzkröte) als gewichtig angesehen. Für die Erdkröte scheint dies sogar die wichtigste
Gefahrenquelle zu sein.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
23
3.3.2 Einwirkungen von Straßen auf Amphibienpopulationen
Die BRD verfügt über eines der weltweit dichtesten Straßennetze, welches auch weiterhin
verstärkt ausgebaut wird (R
ÖSER
1995). Die Dichte des Straßenverkehrs ist in den letzten
Jahrzehnten bedeutend gestiegen und wird wohl, gerade im Hinblick auf ein
zusammenwachsendes Europa und auch angesichts der hohen Akzeptanz des
Individualverkehrs, weiterhin steigen. Für den Regierungsbezirk Leipzig wurde, wie für die
neuen Bundesländer allgemein, ein großer Bedarf beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
festgestellt (RPW 1996a).
Die Einwirkungen von Straßen auf die Landschaft und die verschiedensten Arten,
darunter die Amphibien, sind sehr vielgestaltig. Zwar nehmen Straßen als lineare
Landschaftselemente nur relativ wenig Raum für sich in Anspruch; in diesen kommt es
jedoch zu einer völligen Umgestaltung der Flächen (P
LACHTER
1991). Des weiteren sind
Verkehrswege von grundlegender Bedeutung für die weitere Erschließung durch den
Gewerbe- oder Wohnungsbau und initiieren weiteren Flächenverlust durch die Anlage von
Auffahrten, Parkplätzen oder Tankstellen.
Straßen entfalten gegenüber Tieren daher zunächst allgemein primäre Wirkungen durch
die Überbauung und damit Zerstörung von Lebensräumen. Sie können allein dadurch bereits
maßgeblich zum Rückgang von Amphibienpopulationen beitragen.
Davon zu unterscheiden sind sekundäre und tertiäre Wirkungen, von denen in Bezug auf
die Amphibien der Zerschneidungseffekt von Straßen in der Landschaft und damit von
Jahreslebensräumen als wichtigster Einfluss zu nennen ist. Amphibienkonflikte an Straßen
sind letztlich Probleme des Biotopverbundes. Diese können wesentliche Auswirkungen auf
Amphibienpopulationen haben, wie noch dargestellt wird. Weitere Probleme von zumeist
geringerer Bedeutung sind Belastungen im Randbereich von Straßen durch Lärm,
Erschütterung, Streusalz oder Herbizide; Veränderungen des Mikroklimas oder
lokalklimatischer Verhältnisse, Verletzungen durch Mahd am Straßenrand sowie die
Entstehung von Einwanderungskorridoren für fremde Arten und damit auch von
Nahrungskonkurrenten oder Prädatoren (P
LACHTER
1991, INT1977, P
AURITZSCH
et al. 1985).
Als zusätzliche Gefahrenquellen aufgrund ihrer Fallenwirkung sind auch technische
Einrichtungen, zum Beispiel der Oberflächenentwässerung, zu nennen (J
UNGELEN
1996). Auf
sie wird nicht weiter eingegangen.
Die für die Amphibien wichtigen Auswirkungen des Zerschneidungseffektes sind (INT
1977):
· Tod durch Kollision mit Verkehr
· Durchschneidung von Minimalarealen
· Populationszersplitterung

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
24
Verschiedene den Straßentod begünstigende physiologische Eigenschaften und
Verhaltensweisen wurden bereits genannt. Der Straßenverkehr selbst ist erfahrungsgemäß
in der Lage, ganze Populationen auszulöschen (F
REY
& N
IEDERSTRAßER
2001; H
EUSSER
1960 in: K
UHN
1987; F
ISCHER
1969 in: INT 1977,
V
AN
G
ELDER
1973 in: INT 1977, D
AHMER
2001- mündliche Mitteilung).
So zeigen Untersuchungen an der Erdkröte, dass bereits sehr geringe Verkehrsdichten
von 4 Kfz/h in der Lage sind, 10% der anwandernden Tiere zu töten. Bei ansteigender
Verkehrsdichte auf 20 Kfz/h können bereits über 20% überfahren werden. Berücksichtigt
man Hin- und Rückwanderung, sind diese Werte entsprechend zu verdoppeln (K
UHN
1987).
Es existieren auch Untersuchungsergebnisse mit noch höheren Werten (H
EINE
1987).
Des weiteren können mit zunehmender Geschwindigkeit der Fahrzeuge zahlreiche Tiere
allein durch die auftretenden aerodynamische Belastungen getötet werden, da aufgrund
stoßartiger Druckveränderungen der gesamte Organismus kurzzeitig zusammengepresst
wird und dadurch innere Organe aus den Körperöffnungen heraustreten (H
UMMEL
2001).
Letztlich kann auch die Oberfläche der Straße für Amphibien eine Todesursache sein, da
die Tiere wetterabhängig auf ihr anfrieren oder festkleben können (A
GARD
1996).
In Hinblick auf die genannte mögliche Verlustrate von 25% in Erdkrötenpopulationen ist
deshalb festzustellen, dass durch Konflikte an Straßen Populationen langfristig bedeutend
geschwächt oder eliminiert werden können. Auch ist beim Jungtierauszug mit hohen
Sterblichkeitsraten auf Straßen zu rechnen (K
UHN
1987), obwohl dafür der Auszugszeitpunkt
(Nacht, Tag) aufgrund wechselnder Verkehrsbelastungen von entscheidender Bedeutung ist
(Q
UASNITZ
2001 - mündliche Mitteilung). Es wurde auch bereits darauf hingewiesen, dass
nicht alle Tiere einer Population aus einer Richtung an das Gewässer wandern. Eine
Konzentration der Anwanderung auf einen von der Straße betroffenen Korridor ist deshalb
nicht unbedingt vorauszusetzen. Amphibienpopulationen können weiterhin, wie ebenfalls
bereits dargestellt, witterungsbedingt erhebliche Schwankungen in ihrer Reproduktionsrate
aufweisen. Ausschlaggebend für die Entwicklung einer Population ist daher vor allem der
Reproduktionserfolg im Gewässer, durch den Verluste an der Straße möglicherweise
kompensiert werden können (G
ROSSENBACHER
1981 in: K
UHN
1987). Das Verhältnis
zwischen Verkehrsdichte und dieser Kompensationsfähigkeit wird aufgrund dessen oftmals
entscheidend für die Bestandsentwicklung betroffener Populationen sein. Aber auch die
Qualität der terrestrischen Lebensräume ist grundlegend für deren Fortbestand.
Letztlich ist daher die populations- und damit artenschutzbezogene Bedeutung von
Verlusten durch Straßenüberquerung nicht ohne eingehendere Untersuchungen kalkulierbar
und ortspezifisch sehr verschieden. Das einzelne Individuum (Tierschutz beziehungsweise
Individuenschutz) ist jedoch offensichtlich betroffen.

K
APITEL
3 - A
MPHIBIEN
25
Eine massenhafte Überquerung der Straße durch Amphibien ist ein Zeichen für einen
gestörten Biotopverbund. In Zusammenhang mit der Zerstörung von Land- und
Wasserlebensräumen können Straßen aufgrund ihres Zerschneidungseffektes auch dazu
beitragen, dass Flächenbeträge von Minimalarealen unterschritten werden. Durch die
fehlende Möglichkeit der Fortpflanzung oder dem Fehlen geeigneter Flächen zum
Nahrungserwerb oder als Verstecke sind die betroffenen Populationen schließlich nicht mehr
lebensfähig.
Straßen können schließlich auch dazu beitragen, Populationen in kleinere
Teilpopulationen aufzuspalten. Diese sind anfälliger für Minimierungsfaktoren aus der
natürlichen Umwelt wie zum Beispiel extreme Witterungsereignisse und können sich
aufgrund einer möglichen genetischen Verarmung auch nicht mehr optimal
Umweltanforderungen anpassen (INT 1977). Eine solche genetische Verarmung tritt aber
nicht zwingend auf, da zur Auffrischung des Genpools nur sehr wenige Tiere ausreichen
(N
ESTLER
2001 - mündliche Mitteilung, W
OLF
2001 - mündliche Mitteilung).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass Straßen in mehrfacher Hinsicht
Amphibienpopulationen nachhaltig stören und auch zerstören können. Die Einflüsse auf das
einzelne Individuum sind offensichtlich und aus ethischer Sicht tragisch. Eine
Artenschutzproblematik im Sinne der Populationserhaltung allein aufgrund der Überquerung
ist an Straßen jedoch nicht von vornherein vorauszusetzen. Der dafür erforderliche Nachweis
der Straßenüberquerung als alleinige oder wesentlichste Ursache des Bestandsrückganges
ist aufgrund der Vielzahl an Wirkungsfaktoren auf die Bestandsgröße einer Population
oftmals nur schwer zu erbringen.
Gleichwohl sind Amphibienkonflikte aufgrund ihrer Tragik in den letzten Jahrzehnten ein
wesentlicher Anlass gewesen, die Einwirkungen von Straßen auf die Tierwelt und den
Naturhaushalt allgemein zu überdenken und in die Planung einzubeziehen. Des weiteren
wurden aufbauend auf ehrenamtlichen Engagement Ideen zur Vermeidung und
Abschwächung derartiger Konflikte entwickelt. Der Amphibienschutz an Straßen als Teil des
gesamten Amphibienschutzes enthält daher sowohl planerische als auch konkret praktische
Ansätze (T
HIELCKE
et al. 1991).

K
APITEL
4 - A
MPHIBIENSCHUTZ AN
S
TRAßEN
26
4. AMPHIBIENSCHUTZ AN STRAßEN
4.1 Rechtliche Grundlagen
Amphibienschutzmaßnahmen basieren auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen, die
der Bestandsentwicklung dieser Tierklasse vor dem Hintergrund der anthropogenen
Landnutzung Rechnung tragen. Dies trifft speziell auch für die Wirkungen von Straßen zu.
Die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen sind zum einen:
· Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG vom 21.9.1998 (insbesondere §§ 1, 2, 3, 8ff, 20ff.)
· Sächsisches Naturschutzgesetz - SächsNatSchG vom 11.4.1994 (insbesondere §§ 1, 8,
9, 10 ,11, 23, 24, 25, 26)
· Bundesartenschutzverordnung - BArtSchV vom 14.10.1999
Ziel dieser Gesetze (vgl. §1 BNatschG, §1 SächsNatSchG) ist es, die Vielfalt, Eigenart
und Schönheit von Natur und Landschaft in der Bundesrepublick Deutschland zu erhalten
und bedrohte Tier- und Pflanzenarten einschließlich ihrer Lebensräume in ihrem Bestand zu
sichern. Viele Arten werden im Rahmen der FFH-(Flora-Fauna-Habitat)-Richtline europaweit
,,gefördert", so zum Beispiel der im Anhang II genannte Kammolch oder die Vertreter der
Gattung Bombina. Auf der Basis der Bundesartenschutzverordnung werden auf nationaler
Ebene bestimmte Arten nochmals unter besonderen Schutz gestellt. Dazu zählen alle
europäischen Lurcharten, so dass sämtliche heimische Amphibien unter Naturschutz stehen.
Verboten sind die direkte Schädigung, der Handel, Fang und Haltung.
Vor allem unterliegen jedoch Eingriffe in Natur und Landschaft der Eingriffsregelung
(BNatSchG, SächsNatSchG §§ 8ff.): Kann demnach ein Amphibienkonflikt an einer Straße
als beeinträchtigender oder gefährdender Faktor für eine Population gekennzeichnet werden,
so gilt dies im gesetzlichen Sinne als erheblicher und nachhaltiger Eingriff in Natur und
Landschaft. Damit verbunden ist die Einleitung von Maßnahmen zur Vermeidung,
Minimierung oder einer anderweitigen Verringerung dieses Eingriffes.
In Hinblick auf die Wirkung von Straßen sind deshalb weitere gesetzliche Grundlagen
einschlägig:
· Bundesfernstraßengesetz FStrG vom 19.4.1994 mit Änderungen vom 18.6.1997
(insbesondere § 3)
· Straßengesetz für den Freistaat Sachsen SächsStrG vom 21.01.1993 (insbesondere § 9)
· Straßenverkehrsordnung StVO vom 16.11.1970 (insbesondere § 40)

K
APITEL
4 - A
MPHIBIENSCHUTZ AN
S
TRAßEN
27
Über die Eingriffsregelung hinaus ist durch diese Gesetze der Straßenbaulastträger
verpflichtet, Belange des Umweltschutzes zu berücksichtigen. Weiterhin sind Maßnahmen
des Amphibienschutzes an Straßen auch im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht
wahrzunehmen, da durch zahlreiche überfahrene Tiere erhebliche
Verkehrssicherheitsprobleme auftreten können (VBW (H
RSG
.) 1994). Für Straßenneubauten
besteht damit eine Handlungspflicht. Amphibienschutzmaßnahmen können aber auch
nachträglich an bestehenden Straßen durchgeführt werden (BVM (H
RSG
.) 2000).
Träger der Straßenbaulast sind entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen für die
einzelnen Straßenkategorien der Bund, die Länder oder die Landkreise und Gemeinden. Die
Verwaltung und damit Verantwortung für die Straßen wird stellvertretend durch öffentliche
Einrichtungen, die Straßenbehörden, übernommen. Dies sind für die Autobahnen die
Autobahnmeistereien und für Bundes- und Staatsstraßen die territorial jeweils zuständigen
Straßenbauämter, die oftmals auch stellvertretend die Verwaltung der Kreisstraßen
übernehmen (N
ESTLER
2001 - mündliche Mitteilung, D
AHMER
2001 - mündliche Mitteilung).
Für die Gemeindestraßen sind die jeweiligen Gemeindebehörden zuständig.
4.2 Artenschutzprogramme als Basis des Amphibienschutzes
Die Bemühungen, seltene oder im Rückgang befindliche Amphibienarten in ihrem
Bestand zu erhalten, umfassen sowohl die Sicherung der Lebensräume (Biotopschutz) als
auch den Schutz von Lebensgemeinschaften. Die dafür notwendigen Maßnahmen bestehen
einerseits aus Pflegearbeiten in wichtigen Biotopen (Biotopmanagement),
Kartierungsarbeiten zur Erfassung von Populationen, der Analyse von Gefährdungsursachen
und die Erarbeitung von Schutz- und Entwicklungszielen für die betroffenen Arten. Weiterhin
wird auf verschiedene Methoden zur Wiederansiedlung oder Umsiedlung von Arten
zurückgegriffen (F
RÖHLICH
et al.
1987).
In vielen Fällen werden diese Maßnahmen im Rahmen von Artenschutzprojekten
durchgeführt (B
ITZ
et al. 1996). Zum Schutz einzelner Populationen können aber auch
Artenhilfsprogramme erarbeitet werden (F
RÖHLICH
et al. 1987). Ein Beispiel hierfür ist die
Organisation von Schutzmaßnahmen für wandernde Amphibien an Straßen. Die daraus
resultierenden vielfältigen Projekte und Hilfsmaßnahmen werden regional teilweise in
Artenschutzprogrammen zusammengefasst. Dabei können einzelne Arten wie die
Rotbauchunke in Nordwestsachsen (O
ERTNER
et al. 1993) oder die gesamte
Amphibienfauna eines Gebietes (B
AUER
1995) die Zielarten für solche Programme sein.

K
APITEL
4 - A
MPHIBIENSCHUTZ AN
S
TRAßEN
28
4.3 Schutzmöglichkeiten an Straßen
Die Zielstellung, Amphibienpopulationen vor den Auswirkungen des Straßenverkehrs zu
schützen, kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, die vor allem in
Kombination miteinander zu wirksamen Schutzeffekten führen können (B
UND
-/
L
ÄNDERARBEITSKREIS
A
MPHIBIENSCHUTZ
1993). Letztlich haben alle Maßnahmen das Ziel,
den Zerschneidungseffekt von Straßen zu minimieren und den Biotopverbund zu verbessern.
Sie sollen im folgenden aufgelistet werden ((BVM (H
RSG
.) 2000, BWA (H
RSG
.) 1999):
· Berücksichtigung von Amphibienwanderungen bei Straßenneuplanungen
· zeitweilige Straßensperrung
· dauerhafte Straßensperrung oder Straßenrückbau
· Geschwindigkeitsbeschränkungen und Gefahrenhinweisschild entsprechend § 40 Abs.6
StVO, Zeichen 101/ Zusatzzeichen 1006-37
· Grünbrücken
· Aufständerung der Straße
· Anlage von Laichgewässern
· Umsiedlung von Amphibienpopulationen
· Maßnahmen zur Optimierung von Lebensräumen (Laichplatz/ Landlebensräume)
· Errichtung zeitweiliger Zäune im Rahmen der Frühjahrsanwanderung (Zaun- Kübel
Methode)
· dauerhafte Anlage mit Tunnel- Leitsystemen (stationäre Amphibienschutzanlage)
· weitere lokale bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Biotopverbindung
Gemäß den Bestimmungen der Eingriffsregelung gilt es zunächst, Konflikte mit
wandernden Amphibien an Straßen zu vermeiden. Bei Straßenneubauten ist daher In
Hinblick auf § 16a FStrG innerhalb der einzelnen Planungsstufen zu überprüfen, inwiefern
Amphibienpopulationen vom Neubau betroffen sind. Im Rahmen der Untersuchungen sind
dann entsprechende Veränderungen in der Trassenwahl möglich (Linienfindung).
Des weiteren können bei Unabwendbarkeit des Eingriffs weitere Schutzmöglichkeiten des
Maßnahmenkataloges der Eingriffsregelung ergriffen werden. Dies erfolgt auf Grundlage des
Minimierungsgebotes beziehungsweise durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen.
Beispiele hierfür sind stationäre Amphibienschutzanlagen als Maßnahmen zur Minimierung
eines Eingriffes oder die Neuschaffung von Gewässern als Ausgleichsmaßnahme.
An bestehenden Straßen besteht der einfachste Weg darin, den betreffenden
Straßenabschnitt zum Zeitpunkt der Wanderaktivität vorübergehend zu sperren.
Diesbezüglich sinnvolle Maßnahmen können jedoch nur auf der Grundlage der Kenntnis des

K
APITEL
4 - A
MPHIBIENSCHUTZ AN
S
TRAßEN
29
Abbildung 9:
Gewässerneuanlage in der Nähe von Störmthal südöstlich von
Leipzig (Im Hintergrund der Tagebau Espenhain),
eigene Aufnahme
Arteninventars und der entsprechenden Wanderzeiten durchgeführt werden. In bestimmten
Fällen müssen Straßensperrungen dann auch über lange Zeiträume durchgeführt werden, so
dass es letztlich Ziel sein kann, auf eine Dauersperrung beziehungsweise den Rückbau der
Straße hinzuwirken. Diese Methoden erscheinen vor allem in Ballungsgebieten mit hoher
Straßennetzdichte als sehr sinnvoll (M
ÜNCH
1990, M
ÜNCH
& B
REGULLA
1990).
Jedoch ist die Akzeptanz derartiger Maßnahmen sowohl bei der Bevölkerung, als auch
bei den zuständigen Behörden sehr gering. Straßen mit Funktionen im Verkehrsnetz werden
kaum zurückgebaut (D
AHMER
2001 - mündliche Mitteilung, N
ESTLER
2001 - mündliche
Mitteilung). Es existieren zwar Beispiele bei denen auch hochrangige Straßen, wie eine
Autobahnzufahrt, gesperrt wurden (K
ARTHAUS
& R
EMLINGER
1987), insgesamt betrachtet
finden diese Maßnahmen aber wenig beziehungsweise keine Verwendung; so auch bislang
im Regierungsbezirk Leipzig (N
ESTLER
2001 - mündliche Mitteilung).
Die Aufständerung von Straßen ist bisher nur in Einzelfällen im Rahmen von
Modellprojekten durchgeführt wurden (BWA 1999). Gleiches gilt für die Anlage von
Grünbrücken, die als Maßnahme der Biotopverbindung nur selten zur Anwendung kommt
(D
AHMER
2001 - mündliche Mitteilung). Weitaus öfter sollten auch einfache bauliche
Maßnahmen an Straßengräben, oder Gewässerdurchlässen in Kombination mit zusätzlichen
einfachen Absperrvorrichtungen angewandt werden. Dadurch können in vielen Fällen
bevorzugte, da mikroklimatisch günstige, Wanderkorridore ausgebaut und die Tiere gezielt
unter die Straße hindurch gelenkt werden. Wertvoll für den Biotopverbund sind auch
großräumige Brückenanlagen, deren Erhalt ein vorrangiges Ziel sein sollte (D
AHMER
2001 -
mündliche Mitteilung).
Ein weiterer Maßnahmen-
komplex ist die Anlage von
Laichgewässern und auch die
Umsiedlung von Amphibien-
populationen. Die Anlage von
Ersatz- oder Zusatzlaichgewässern
ist als besonders wertvolle
Maßnahme zu werten, da hierdurch
Amphibienpopulationen neue Fort-
pflanzungsmöglichkeiten besitzen
und sich die Bestände entwickeln
können (B
EHLERT
1987, W
OLF
&
I
GELMANN
1995, O
ERTER
1994, vgl.
A
BBILDUNG
9).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832456467
ISBN (Paperback)
9783838656465
DOI
10.3239/9783832456467
Dateigröße
11.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (Juli)
Note
1,8
Schlagworte
landespflege artenschutz naturschutz amphibienschutz landschaftsplanung
Zurück

Titel: Stationäre Amphibienschutzanlagen (ASA) als Naturschutzmaßnahme im Regierungsbezirk Leipzig
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
164 Seiten
Cookie-Einstellungen