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Zur Finanzierung von Baufirmen

Einsatz von Eigenmitteln, Liquidität und Sicherheiten zur Finanzierung von Betriebsausstattungen, Vorfinanzierung unfertiger Leistungen und Bürgschaften

©2002 Diplomarbeit 125 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Wirtschaftlicher Zweck jedes Unternehmens ist die Beschaffung von Produktionsfaktoren, ihre Kombination zu Waren oder Dienstleistungen und deren gewinnbringende Verwertung am Markt.“.
Dieser betriebliche Prozess kann jedoch nur ablaufen, wenn finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Wie erhält ein Bauunternehmen das notwendige Kapital? Unter welchen finanziellen Randbedingungen erfolgt die laufende Auftragserstellung und wie kann die Produktionsfähigkeit der Firma langfristig gesichert werden?
Diesen Fragen „Zur Finanzierung von Baufirmen“ wird unter Betrachtung des „Einsatz(es) von Eigenmitteln, Liquidität und Sicherheiten zur Finanzierung von Betriebsausstattung, Vorfinanzierung unfertiger Leistungen und Bürgschaften“ im Rahmen der Diplomarbeit nachgegangen.
Gang der Untersuchung:
Dazu ist die Arbeit grob in die drei Hauptaufgaben der Unternehmungsfinanzierung - der Kapitalbeschaffung, der Kapitalverwaltung und der Kapitalverwendung - untergliedert.
Um die Problematik der Finanzierung einer Firma der Baubranche zu verdeutlichen, wurden zu Beginn die Besonderheiten des ausführenden Baubetriebes herausgearbeitet. In Hinblick auf die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung wird neben den sich ergebenden finanzwirtschaftlichen Zielen auch dargestellt, wie das Eigenkapital (als Geld und Sachkapital) der deutschen Unternehmen derzeit strukturiert ist und wie sich die Eigenheiten des Bausektors auf die Kapitalstruktur der Unternehmen auswirken.
Im dritten Kapitel findet die Frage, wie und von wem welche Finanzmittel auf Grund welcher Sicherheitsleistungen bereitgestellt werden, Beantwortung.
Die Kapitalverwaltung im Rahmen der laufenden Auftragsfinanzierung wird wesentlich von dem Zahlungsverhalten der Auftraggeber beeinflusst. Aus diesem Grund wird das Zahlungssystem der Baubranche und das Forderungsmanagement in Hinblick auf die Auswirkung auf die Liquidität des Unternehmens im vierten Kapitel betrachtet.
Weiterhin werden in diesem Kapitel die Sicherheiten (Bürgschaften und Garantien), die das Bauunternehmen während der Projekterstellung und Gewährleistungszeit für seine Leistungen liefern muss, erläutert.
Der Einsatz der Eigenmittel, der Liquidität und der Sicherheiten muss genau geplant werden, um die Finanzierung des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Welche Einzelplanungen dazu notwendig sind, wie sie in das betriebliche Geschehen einzuordnen und zu koordinieren sind wird im vierten Kapitel, und wie das Kapital […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5415
Schiebel, Ivonne: Zur Finanzierung von Baufirmen: Einsatz von Eigenmitteln, Liquidität und
Sicherheiten zur Finanzierung von Betriebsausstattungen, Vorfinanzierung unfertiger
Leistungen und Bürgschaften / Ivonne Schiebel - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Dessau, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Problemstellung ... 3
2. Das ausführende Bauunternehmen... 5
2.1. Die Eigenheiten des ausführenden Baubetriebes ... 5
2.2. Die Aufgaben und die Bedeutung der Finanzierung ... 11
2.3. Die Kapitalstruktur deutscher Bauunternehmen... 14
3. Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung ... 23
3.1. Die Innenfinanzierung ... 24
3.2. Die Außenfinanzierung... 30
3.2.1. Struktur und Möglichkeiten der Außenfinanzierung ... 30
3.2.2. Sicherheitsleistungen zur Kreditfinanzierung ... 45
4. Die Kapitalverwaltung im Rahmen der laufenden Auftragsfinanzierung ... 55
4.1. Zahlungen und Forderungen in der Baubranche ... 55
4.1.1. Zahlungsmodalitäten und -verhalten ... 55
4.1.2. Forderungsmanagement ... 64
4.2. Sicherheitsleistungen zu Bauprojekten... 71
4.2.1. Der Avalkredit ... 71
4.2.2. Sicherheitsleistungen des Auftraggebers... 78
4.3. Das Ziel der Liquidität ... 81
4.3.1. Die kurzfristige Finanzplanung ... 81
4.3.2. Informationsquellen zur Liquidität... 92
5. Die Finanzmittelverwendung zur Investition ... 97
5.1. Die Investitionsarten... 97
5.2. Die langfristige Finanzplanung ­ Investitionsplanung ... 102
5.3. Investitionsentscheidungen... 104
6. Zusammenfassung und Schlussfolgerung ... 109
Literaturverzeichnis ... 112
Abbildungsverzeichnis ... 114
Anhang ...I - VIII

Kapitel 1
Einleitung und Problemstellung
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
3
1. Einleitung und Problemstellung
,,Wirtschaftlicher Zweck jedes Unternehmens ist die Beschaffung von
Produktionsfaktoren, ihre Kombination zu Waren oder Dienstleistungen und deren
gewinnbringende Verwertung am Markt." (Diederichs; 1999; S. 180)
Dieser betriebliche Prozess kann jedoch nur ablaufen, wenn finanzielle Mittel zur
Verfügung stehen.
Wie erhält ein Bauunternehmen das notwendige Kapital? Unter welchen finanziellen
Randbedingungen erfolgt die laufende Auftragserstellung und wie kann die
Produktionsfähigkeit der Firma langfristig gesichert werden?
Diesen Fragen ,,Zur Finanzierung von Baufirmen" soll unter Betrachtung des
,,Einsatz(es) von Eigenmitteln, Liquidität und Sicherheiten zur Finanzierung
von Betriebsausstattung, Vorfinanzierung unfertiger Leistungen und
Bürgschaften" im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit nachgegangen werden.
Dazu wird diese Arbeit grob in die drei Hauptaufgaben der
Unternehmungsfinanzierung, - der Kapitalbeschaffung, der Kapitalverwaltung und
der Kapitalverwendung - untergliedert.
Um die Problematik der Finanzierung einer Firma der Baubranche zu verdeutlichen,
sollen zu Beginn die Besonderheiten des ausführenden Baubetriebes
herausgearbeitet werden. In Hinblick auf die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung
wird neben den sich ergebenden finanzwirtschaftlichen Zielen auch dargestellt
werden, wie das Eigenkapital (als Geld und Sachkapital) der deutschen
Unternehmen derzeit strukturiert ist und wie sich die Eigenheiten des Bausektors
auf die Kapitalstruktur der Unternehmen auswirken.
Im dritten Kapitel soll die Frage, wie und von wem welche Finanzmittel auf Grund
welcher Sicherheitsleistungen bereitgestellt werden, Beantwortung finden.
Die Kapitalverwaltung im Rahmen der laufenden Auftragsfinanzierung wird
wesentlich von dem Zahlungsverhalten der Auftraggeber beeinflusst. Aus diesem
Grund wird das Zahlungssystem der Baubranche und das Forderungsmanagement
in Hinblick auf die Auswirkung auf die Liquidität des Unternehmens im vierten
Kapitel betrachtet werden.
Weiterhin werden in diesem Kapitel die Sicherheiten (Bürgschaften und Garantien),
die das Bauunternehmen während der Projekterstellung und Gewährleistungszeit
für seine Leistungen liefern muss, erläutert.

Kapitel 1
Einleitung und Problemstellung
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Der Einsatz der Eigenmittel, der Liquidität und der Sicherheiten muss genau geplant
werden, um die Finanzierung des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Welche
Einzelplanungen dazu notwendig sind, wie sie in das betriebliche Geschehen
einzuordnen und zu koordinieren sind wird im vierten Kapitel, und wie das Kapital
mit dem Ziel die Marktposition der Unternehmung zu sichern und zu verbessern
eingesetzt werden kann, wird im fünften Kapitel dargestellt.
Die gesamte Betrachtung wird sich überwiegend auf die Finanzierung von
Baufirmen des Mittelstandes beziehen. Dabei werden wie allgemein üblich die
Unternehmen als mittelständisch bezeichnet, die weniger als 250 Mitarbeiter
beschäftigen, die einen Umsatz von höchstens 40 Mio erwirtschaften, eine
Bilanzsumme von maximal 27 Mio ausweisen und sich höchstens zu einem Drittel
im Besitz eines anderen Unternehmens befinden.
Als ,,Baufirmen" werden in dieser Arbeit alle Rechtsformen privatrechtlicher
Unternehmungen, also der Einzelbetrieb, die Personengesellschaften (BGB-
Gesellschaft, OHG, KG, Stille Gesellschaft), die Kapitalgesellschaften (AG, GmbH)
sowie Mischgesellschaften (KGaA, Genossenschaften, GmbH & Co. KG)
angesehen. Wobei in Deutschland Bauunternehmen überwiegend (zu 65,18 %) als
Einzelunternehmen geführt werden, den größten Umsatz im Baugewerbe jedoch die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) verzeichnen.
Diese Verteilung der Rechtsformen und Umsätze im Baugewerbe (Stand 1999) ist in
der Anlage I grafisch dargestellt.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lehrenden und Mitarbeitern der
Hochschule Anhalt bedanken, die das Studium positiv gestalten, mir umfangreiches
Wissen vermittelten und interessante Anregungen zum Selbststudium gaben.
Speziell Prof. Dr.-Ing. Tauber und Prof. Dr.-Ing. Hermansen danke ich für ihre
unterstützenden Tätigkeiten während meines Studiums und für die Betreuung im
Rahmen dieser Diplomarbeit.
Besonders bedanken möchte ich mich auch bei Frau Dorandt, die mir hilfreiche
Auskünfte über die Realität der Finanzierung eines Bauunternehmens gab, sowie
bei Herrn Dietrich, der ebenfalls jederzeit bereit war, mir Fragen zur Führung und
Finanzierung einer Baufirma zu beantworten.
Auch Herrn Gilka (Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V.),
Herrn Karpenstein (Verband der Vereine Creditreform e.V.), Herrn Krause
(Handwerkskammer Leipzig) sowie Herrn Dr. Plattner (Kreditanstalt für
Wiederaufbau) gilt mein Dank für die umfangreichen Informationen.

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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2. Das ausführende Bauunternehmen
Die Betriebswirtschaft einer Baufirma unterscheidet sich von der anderer
(waren)produzierender Unternehmen. Die Eigenheiten resultieren vor allem aus den
typischen Produkt- und Prozesseigenschaften der Baubranche und haben
unterschiedliche Auswirkungen auf die Finanzwirtschaft des Unternehmens.
Die Besonderheiten des ausführenden Baubetriebes, die Ziele finanzwirtschaftlichen
Handelns und die Kapitalstruktur von Baufirmen sollen Thema dieses Kapitels sein.
2.1. Die Eigenheiten des ausführenden Baubetriebes
Betrachtet man die übrige Wirtschaft, so charakterisiert diese eine überwiegende
Massenproduktion durch stationäre Industrie.
Typisch für den ausführenden Baubetrieb hingegen sind: - Einzel-,
-
Auftrags-, und
-
Baustellenfertigung.
Einzelfertigung dahingehend, dass die von den Bauherren bestellten Bauwerke
sich hinsichtlich der anzuwendenden Bauverfahren, sowie der technischen und
auch organisatorischen Schwierigkeitsgrade unterscheiden.
Durch die individuellen Anforderungen der Auftraggeber an das ,,Endprodukt" gibt
es in der Baubranche keinen Angebotsmarkt für fertige Güter und keine Marktpreise
im Sinne der übrigen (massen-) produzierenden Industrie. Der Bauherr als
Auftraggeber sucht sich das geeignete ausführende Unternehmen für die Gesamt-
oder Teilleistung im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens. Für jedes
Angebot, welches das Bauunternehmen einem potentiellen Auftraggeber
unterbreitet, sind im Vorfeld Untersuchungen und Berechnungen notwendig. Diese
Leistungen werden nicht extra vergütet, sie müssen durch die Gemeinkosten der
Baustelle, bzw. wenn das Unternehmen den Auftrag für das Projekt nicht erhält,
durch Erträge aus anderen Aufträgen finanziert werden.
Beim Vergleich mit der übrigen Industrie ist auffallend, dass bei den
Wirtschaftssektoren, deren Produktion durch Massen- und Serienfertigung
gekennzeichnet ist, in der Regel auch der chronologische Ablauf des
wirtschaftlichen Leistungsprozesses divergent zu dem des Baugewerbes ist. Denn
in der Baubranche erfolgt die Auftragserteilung, der Vertragsabschluss, und damit
der Absatz der Leistung bevor der Herstellungsprozess beginnt. Mit dieser Umkehr
sind verschiedene Kalkulationsrisiken verbunden.
Ein Problem, welches sich bereits während der Angebotsbearbeitung aufzeigt und

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Das ausführende Bauunternehmen
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teilweise bis zur Fertigstellung andauert, sind die mangelnden bzw. ungenauen
Informationen über das endgültige Bauwerk, die anfallenden Bauleistungen,
sowie die Umstände unter denen das Bauwerk entstehen wird. Daraus resultieren
dann mehr oder weniger Ungefährlösungen für die gesamte Planung. Hinzu
kommt, dass für die Leistungsfähigkeit des Personals und der Geräte Werte
angenommen werden müssen, die eventuell auf Erfahrungswerten anderer
Bauwerke beruhen. Auch die Preise der Baustoffe, deren Markt Schwankungen
unterliegt, können nur annähernd genau einberechnet werden. Mit den ungenauen
Vorgaben wird der Personal-, Material- und Zeitaufwand geplant, welcher wiederum
die Grundlage zur Berechnung der aufzubringenden Finanzmittel stellt.
Die tatsächlich entstandenen Kosten stehen frühestens nach Fertigstellung des
Bauwerkes fest (eventuell treten im Nachhinein noch Kosten im Rahmen der
Gewährleistung auf).
Der Bauvertrag, einschließlich Vertragssumme und Fertigstellungstermin, wird aber
bereits vor Baubeginn abgeschlossen. Je nach Vertragslage entstehen dann für das
Bauunternehmen in Folge der Ungefährlösungen Kosten bzw. eine Verringerung
des Gesamterlöswertes z.B. durch Vertragsstrafe wegen Nichteinhaltung des
Fertigstellungstermins, durch nicht durchsetzbare Nachtragsleistungen oder weil
zusätzliches Kapital aufgebracht werden musste, welches laut Finanzplan nicht
vorgesehen war.
Dieses Risiko der fehlerbehafteten Kalkulation ist bei funktionalen
Ausschreibungen und Pauschalpreisverträgen größer als bei Einheitspreisverträgen.
Am realsten für das Baugewerbe sind die Kostenerstattungs- oder
Selbstkostenverträge, doch werden diese in der aktuellen wirtschaftlichen Situation
der Baubranche (desolate Auftragslage und große Konkurrenz) kaum noch von
einem Bauherrn unterschrieben. Aufgrund der Gefahr des Vertragsabschlusses auf
Basis einer unvollständigen Planung hat sich eine neuere Vertragsform bzw. eine
Weiterentwicklung des klassischen Pauschalvertrages (GU-Vertrag), der GMP-
Vertrag (Garantierter-Maximal-Preis-Vertrag) herausgebildet. Das Ziel des
GMP-Modells liegt nicht darin, das Bauwerk möglichst billig einzukaufen, sondern in
der gemeinsamen Suche der Projektbeteiligten nach Möglichkeiten der Optimierung
bei Planung und Ausführung und in der Kostensicherheit. Inwieweit diese
Vertragsformen erfolgreich in Deutschland zustande kommen ist fraglich, auch kann
Partnerschaft und Fairness nicht durch einen Vertrag erzwungen werden.
In der Bauwirtschaft existieren keine standardisierten Vertragsformen. In
rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei Bauverträgen stets um Werkverträge, deren
Grundtypus durch die Bestimmungen der Paragraphen 631 bis 650 des
Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt ist. Diese Bestimmungen gelten, wenn die
Vertragspartner keine abweichenden Vereinbarungen treffen. Da das BGB-
Werkvertragsrecht den spezifischen Bedürfnissen der Baupraxis nicht ausreichend

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Das ausführende Bauunternehmen
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Rechnung trägt, wurde vom Deutschen Verdingungsausschuss für Bauleistungen
die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) geschaffen. Diese
standardisierten Vertragsbedingungen können, durch ausdrückliche Verein-
barungen, zum Vertragsbestandteil gemacht werden. In der Vertragspraxis werden
jedoch häufig weitere Klauseln eingebracht, die teilweise vom reinen Typus des
BGB- oder VOB-Werkvertrags abweichen, und den individuellen Regelungs-
vorstellungen der Vertragspartner entsprechen, bzw. mehr oder weniger der Stärke
ihrer Verhandlungsposition. Durch die individuellen Vertragsvereinbarungen können
sich für das ausführende Bauunternehmen mit jedem Projekt andere Rechte und
Pflichten bzw. rechtliche und wirtschaftliche Positionen ergeben, auf die es sich neu
einzustellen gilt und welche zusätzliche Finanzierungsrisiken bergen.
Solche Risiken entstehen, wenn beispielsweise die Gewährleistungszeit, welche
laut der Verdingungsordnung für Bauleistungen 2 Jahre beträgt, zu Ungunsten des
Auftragnehmers auf 5 Jahre verlängert wird, oder wenn durch die
Vertragsvereinbarung die 10 % -Mengenklausel ausgeschlossen wird.
Auch in der Baubranche besteht, wie generell in der Produktionsindustrie, die
Gefahr des Ausfalls oder des Verzugs von Zahlungsleistungen. Zusätzlich besteht
jedoch im Baugewerbe die Notwendigkeit der Abnahme der Leistung zur Stellung
und damit zur Begleichung der Schluss- bzw. Abschlagsrechnungen. Das heißt,
wenn zum Beispiel der Auftraggeber das Ergebnis der Tätigkeit des
Bauunternehmens als nicht vertragsgerecht beurteilt, kann sich dies verzögernd auf
die Vergütung der Leistung auswirken.
Weiterhin scheidet in dieser Branche meist der Eigentumsvorbehalt als
Sicherungsinstrument für Forderungen aus. Dies ist dann der Fall, wenn die
Baufirma nicht auf ihrem eigenen Grundstück baut, sondern wie oft üblich auf dem
des Auftraggebers, oder eines Dritten. Denn die Paragraphen 93 und 94 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regeln den gesetzlichen, also automatischen
Eigentumsübergang von
Einbauleistungen (Produktionsleistungen) des
Bauunternehmens an den jeweiligen Grundstückseigentümer. Zwar bestehen
Möglichkeiten der Sicherungshypothek (§ 648 BGB) und des Bauhandwerks-
sicherungsgesetzes (§ 648 a BGB), auf welche im vierten Kapitel unter
,,Sicherheiten zu Bauprojekten" näher eingegangen wird, doch fallen diese im
Allgemeinen dem Wettbewerb zwischen den Bietern zum Opfer.
Zusätzlich zu den benannten Finanzierungsrisiken, die vor allem für ein
ausführendes Bauunternehmen bestehen, unterliegen diese, wie auch alle
Unternehmen anderer Wirtschaftszweige dem Risiko konjunktureller
Schwankungen.
Eine auftragsunabhängige Fertigung ist in dem Wirtschaftsbereich des
Baugewerbes nicht möglich. Ein Bauwerk kann erst dann entstehen, wenn es durch

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den Auftraggeber ,,definiert", der Auftrag erteilt, das Baugrundstück bereitgestellt
und der Bau auch behördlich genehmigt wurde. Hierdurch entsteht eine
Auftragsabhängigkeit für das gesamte betriebliche Geschehen. Es müssen bei
stets unbestimmter zukünftiger Auslastung hohe Kapazitätsreserven bereitgehalten
und die damit entstehenden (fixen) Kosten beglichen werden. Diese
Fixkostenbelastung durch das Vorhalten nicht genutzter Geräte und durch nicht
beschäftigtes Stammpersonal kann zu Liquiditätsproblemen, zur Zahlungs-
unfähigkeit und letztendlich zur Insolvenz führen.
Die Erstellung eines Bauwerkes findet auf der Baustelle statt, so müssen schwere
Maschinen transportiert und eventuell das Personal untergebracht werden. Je nach
Entfernung der Baustellen untereinander, bzw. vom Firmensitz, entstehen dadurch
unterschiedlich hohe Kosten und Ausfallzeiten. Diese begrenzen die Reichweite
der Tätigkeit und damit die Zahl der potentiellen Auftraggeber. Denn mit steigenden
Gemeinkosten sinkt die Möglichkeit ein gewinnbringendes und gleichzeitig, im
Vergleich zu den regionalen Unternehmen, wettbewerbsfähiges Angebot zu
unterbreiten.
Eine weitere Folge der Baustellenfertigung ist die Witterungsabhängigkeit, vor
allem bei Tätigkeiten am Rohbau. Auch diese Faktoren können bei der Kalkulation,
mit dem Ziel den Zuschlag für das Angebot zu erhalten, nicht ausreichend
einkalkuliert werden. Aus ihnen resultieren zum einen die oben beschriebenen
Folgen auf den Gesamterlöswert der Baustelle. Zum anderen stellen gerade
Verzögerungen im Rohbaubereich, welcher zu Beginn der Kette der zu
koordinierenden Gewerke steht, erhöhte Anforderungen an den Steuerungs- /
Managementbereich des Bauprojektes.
Ein weiteres Merkmal, welches sich aus der Mehrzahl der Gewerke ergibt, sind die
Schwierigkeiten die dadurch entstehen können, dass jedes Gewerk auf ein anderes
aufbaut. Einerseits folgen daraus die erwähnten Anforderungen an die
Ablaufplanung eines Bauprojektes bzw. die Folgen von Verzögerungen und
andererseits baut, im wahrsten Sinne des Wortes ,,bauen" als herstellen, ein
Gewerk auf die Leistungen des vorherigen auf. Dies kann zu zusätzlichen
Leistungen führen, wenn die Qualität des zuvor tätigen Unternehmens nicht
ausreichend für die folgenden Arbeiten ist und somit Verbesserungen stattfinden
müssen.
In kaum einer anderen warenproduzierenden Unternehmung sind derartige
Abstimmungen der Beteiligten, der Verfahren, der Materialauswahl und -lieferungen,
des Personaleinsatzes etc. bei jedem einzelnen ,,Produkt" aufs Neue notwendig.
Dieser vermehrte Aufwand entsteht zum Beispiel in der Automobilindustrie nur bei
der Herstellung von Prototypen, die dann allerdings keinen direkten Einfluss auf den
aktuellen Unternehmenserfolg haben, sondern Weiterentwicklungen darstellen.

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Die Witterungseinflüsse, die Grundstücksverhältnisse sowie die individuellen
Wünsche der Auftraggeber machen jedes Bauwerk zu einem Unikat. Durch diese
Einzelfertigung entsteht eine vergleichsweise geringe Wiederholbarkeit von
Arbeitsvorgängen. Rationelle und somit gemeinkostensenkende Produktions-
verfahren, wie in anderen Wirtschaftsbereichen üblich, können hier kaum zum
Einsatz kommen.
Weiterhin wird dadurch von den Angestellten ein hohes Maß an Flexibilität
verlangt, um (auch regional) als Bauunternehmen erfolgreich zu sein.
Entscheidend für das Finanzsystem des Bauunternehmens ist es, dass die
konstanten Ausgaben durch unregelmäßige Einnahmen ausgeglichen werden
müssen. Dies ist einerseits durch die saisonalen Ertragsschwankungen bedingt.
Andererseits fallen während dem verhältnismäßig langen Prozess der Entstehung
eines Bauwerkes ständig Kosten für Material, Lohn etc. an, denen dann nicht
konstante Abschlagszahlungen des Auftraggebers gegenüberstehen.
Der Zeitpunkt und die Höhe der Abschlagszahlungen werden vertraglich festgesetzt.
Dabei wird Vorauszahlungen, also Zahlungen für noch nicht erbrachte Leistungen,
nur selten vom Auftraggeber zugestimmt. Zudem liegen zwischen dem Einreichen
der Abschlagsrechnung und der Abschlagszahlung nicht selten mehr als 6 Wochen.
Auch Schlussrechnungen werden vielfach erst 2 Monate nach Rechnungsstellung
bezahlt. Somit muss ein ausführender Baubetrieb eigene liquide Mittel zur
Vorfinanzierung der Bauvorhaben aufbringen. Die möglichst kurze Dauer dieses
Zustandes hängt dabei von einer guten Liquiditätsplanung für die Baustelle, bzw.
von den Summen und Terminen der vereinbarten Abschlagsrechnungen, aber auch
von dem Verhandlungsverhalten der beiden Vertragspartner ab.
Das Begleichen der vielen Zahlungsausgänge mit den verhältnismäßig wenigen,
dafür aber wertmäßig höheren Eingängen stellt eine besondere Anforderung an die
Liquiditätsplanung eines Bauunternehmens. Auf diese wird im vierten Kapitel näher
eingegangen.
Typisch für die Bauwirtschaft ist die Projekterstellung in Arbeitsgemeinschaften
(ARGEn). Teilweise wünscht der Auftraggeber die Beteiligung bestimmter
Unternehmen an der Bauausführung und verlangt die Gründung einer ARGE. Für
die einzelnen Unternehmen kann die Beteiligung an Arbeitsgemeinschaften eine
Verbesserung der Auftrags- und Finanzlage sowie eine kontinuierliche Personal-
und Geräteauslastung bewirken. Verfügt ein einzelnes Bauunternehmen nicht über
spezielle Kenntnisse und Geräte die für eine bestimmte Projekterstellung notwendig
sind, so hat es durch den Anschluss an eine ARGE trotzdem die Möglichkeit bei
dem Auftrag mitzuwirken und mitzuverdienen.
Durch die Mitarbeit in einer Arbeitsgemeinschaft können sich die Kenntnisse des
Personals, einschließlich der Führungskräfte verbessern und die Unternehmung
dadurch langfristig ihre Konkurrenzfähigkeit steigern.

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Spezielle Finanzierungsvorteile können sich dann ergeben, wenn ein finanzstarker
Partner den Großteil der Vorfinanzierung übernimmt, und das Bauunternehmen
dadurch nicht selbst teure Bankkredite in Anspruch nehmen muss.

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2.2. Die Aufgaben und die Bedeutung der Finanzierung
Im Gegensatz zu den Einflüssen auf die Finanzwirtschaft eines Unternehmens sind
die Ziele der Finanzierung für alle Unternehmen, unabhängig vom Wirtschaftssektor,
ähnlich.
Bei der Gründung des Unternehmens soll das zugeführte Kapital die
Unternehmensprozesse in Gang setzen.
Im späteren Verlauf gilt es dann, verstärkt durch die Öffnung der Märkte und damit
dem Auftreten neuer Konkurrenten, die Marktposition zu halten und möglichst zu
verbessern.
Um dies zu erreichen, bedarf es einerseits der Sicherung der Existenz des
Unternehmens, des betrieblichen Produktionsgeschehens. Andererseits muss
versucht werden, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Einen Vorteil zum
Beispiel durch Senkung der Produktionskosten, wozu Innovationen und auch
Investitionen notwendig sind, welche wiederum Kapital erfordern.
Damit ergibt sich als Aufgabe für das Bauunternehmen bzw. für den
finanzwirtschaftlichen Bereich, die Sicherung und Verbesserung der
Unternehmensfinanzierung.
Durch die Finanzierung soll die Bewahrung der Liquidität, die Maximierung der
Rentabilität und die Schaffung von Sicherheit erreicht werden. Als strategische Ziele
sind Flexibilität und Unabhängigkeit von großer Bedeutung.
Die Bewahrung der Liquidität bedeutet in diesem Zusammenhang, zu
gewährleisten, dass das Unternehmen immer zahlungsfähig ist, es also allen
fälligen Zahlungsverpflichtungen zu jedem Zeitpunkt nachkommen kann. Werden
rechtsverbindliche Zahlungen nicht termingerecht geleistet, so hat dies meist
erhebliche Konsequenzen. Es leidet die Kreditwürdigkeit des Unternehmens,
eventuell treten Kosten in Form von Verzugszinsen und Vertragsstrafen auf. Auch
Pfändungen und der Abbruch von Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten und
Subunternehmen können die Folge sein und sich somit schädigend auf das
Unternehmen und seine Marktposition auswirken.
Die Liquidität hat eine existenzentscheidende Bedeutung, denn die
Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens ist, neben der drohenden
Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung, ein Grund, dass auf Antrag des
Gläubigers oder Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Das Vorhandensein liquider Mittel muss auch dann gewährleistet sein, wenn es zu
Einzahlungsausfällen seitens der Auftraggeber, oder zu zusätzlichen Ausgaben
kommt. Damit sind umfassende Planungsaufgaben verbunden, deren größte
Schwierigkeit in der ungewissen Zukunft liegt. Auf diese Planungen wird im vierten
Kapitel näher eingegangen.

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Um immer zahlungsfähig zu sein, wäre eine hohe Liquidität für das Unternehmen
von Vorteil, in Hinsicht der Rentabilitätsmaximierung jedoch von Nachteil, da sie
keine oder nur geringe Verzinsung bewirken. Dem Unternehmen können durch zu
hohe Bestände an Zahlungsmitteln Zinserträge verloren gehen. So bedeutet eine
hohe Liquidität eine geringe Eigenkapitalrentabilität. Ein niedriger Bestand an
liquiden Mitteln kann die Rentabilität verbessern, aber eben auch den Fortbestand
des Unternehmens gefährden.
Das Verhältnis zwischen Rentabilitäts- und Liquiditätsziel ist dadurch
gekennzeichnet, dass die Rentabilität als maßgebliches Oberziel und die Liquidität
als existenzielle Bedingung jeder unternehmerischen Tätigkeit anzusehen ist.
Mit dem Ziel der Liquiditätssicherung steht das Finanzierungsziel der Sicherheit in
engem Zusammenhang. Die Schaffung von Sicherheit, vor allem in Form von
Eigenkapital, soll der Risikominimierung in Hinsicht auf die Folgen von zum Beispiel
Forderungsausfällen und Fehlinvestitionen dienen.
Für das zukünftige Bestehen eines Unternehmens ist es notwendig, möglichst
unabhängig von Kapitalgebern zu werden. Denn jede Aufnahme externen
Kapitals bringt neue Abhängigkeitsverhältnisse mit sich oder verstärkt die bereits
bestehenden. Um dies zu umgehen, muss möglichst viel Eigenkapital aufgebaut
werden.
Denn es erhöht nicht nur die Kreditwürdigkeit und stellt einen Insolvenzschutz
dar, sondern ermöglicht dem Unternehmen Investitionen und Forschungs-
aufwendungen ohne oder mit einem geringen Anteil an Fremdkapital zu tätigen.
Somit sind diese Tätigkeiten des Unternehmens, die auch zu einer
Unternehmenssicherung und einem Wachstum des Unternehmens beitragen, nicht
mehr von Entscheidungen des Kreditinstitutes als Kapitalgeber abhängig.
Bei fehlendem Eigenkapital sind derartige Innovationen nicht möglich, dann leidet
die Wettbewerbsfähigkeit, und Ergebnisverschlechterungen sind die Folge. Dieser
Kettenreaktion schließt sich dann noch das Kreditinstitut an, welches auf Grund
schlechter Bilanzen dann höhere Sicherheiten fordert.
Die Bedeutung der Eigenkapitalquote des Unternehmens wird, bezogen auf die
Kreditvergabe und vor allem auf die entstehenden Kreditkosten, zunehmen. Denn
als Folge des Baseler Akkord II, der voraussichtlich ab dem Jahr 2005 in Kraft treten
wird, werden die Banken den Kredit für ein Unternehmen mit hohem Risiko
(bezüglich Insolvenz und Forderungsausfall) mit mehr Eigenkapital unterlegen
müssen, als bei einem solventerem Kunden. Dementsprechend werden
Unternehmen mit schwacher Bonität höhere Zinsen für die ausgereichten Kredite
zahlen müssen. Und im Mittelpunkt der Bonitätsbewertung steht die
Eigenkapitalquote.

Kapitel 2
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Die benannten Ziele machen eine möglichst hohe Eigenkapitalausstattung für jedes
Bauunternehmen notwendig, um am Markt zu bestehen.
Auch unter diesem Aspekt sollen im Folgenden die Kapitalstrukturen, als
Zusammensetzung des Gesamtkapitals aus Eigen- und Fremdkapital, von
deutschen Bauunternehmen betrachtet werden.

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2.3. Die Kapitalstruktur deutscher Bauunternehmen
Um die Kapital- und Finanzierungsstruktur der Unternehmen einer Branche zu
erkennen, ist es notwendig, deren Bilanzen näher zu betrachten und auszuwerten.
Die meist mehrjährige Abwicklung von Bauprojekten, die unter 2.1. benannten
Risiken des Baugeschäftes, sowie die Bedeutung von Arbeitsgemeinschaften in der
Bauwirtschaft prägen die Strukturen der Baubilanzen.
Im Folgenden werden die Bilanzpositionen bzw. -strukturzahlen die für die
Darstellung der Kapitalstruktur von Bedeutung sind und die Besonderheiten der
Bilanzen von Bauunternehmen näher darstellt.
Die Bilanz einer Baufirma
Die im März 2001 veröffentlichte Unternehmensbilanzstatistik der Deutschen
Bundesbank zeigt für das Jahr 1998 und für das gesamte westdeutsche
Baugewerbe, also einschließlich aller Rechtsformen und Unternehmensgrößen, in
hochgerechneter Form folgendes Bild:
( Darstellung siehe nächste Seite)
Anmerkung:
Die dargestellte Bilanzstatistik entspricht nur in ihrer Grobgliederung den
handelsgesetzlichen Vorschriften ( § 266 HGB).
Die Prozentzahlen wurden aus den absoluten Zahlen der Quelle errechnet, Differenzen in
der Summe sind durch Rundungen begründet.
In der Position ,,Sachanlagevermögen" sind auch die immateriellen Vermögensgegenstände
(Konzessionen, Geschäfts- oder Firmenwert etc.) enthalten.
Die Position ,,nicht abgerechnete Leistungen" enthält neben den nicht abgerechneten
Bauleistungen auch die sonstigen Leistungen sowie geleistete Anzahlungen auf
Vorrätebestellungen, da eine konkrete Untergliederung in der Quelle nicht vorhanden ist.
Diese Position entspricht jedoch weitestgehend den nicht abgerechneten Bauleistungen, da
die sonstigen Leistungen und die Anzahlungen auf Vorrätebestellungen eine eher
untergeordnete Rolle spielen.

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Aktiva
Passiva
Anlagevermögen
Eigenkapital
5,1 %
Sachanlagevermögen
14,7 %
Umlaufvermögen
Vorräte
43,8 %
darunter
Roh-, Hilfs- u. Betriebsstoffe
2,2 % Rückstellungen
10,3 %
Unfertige Erzeugnisse
8,6 % darunter Pensions-
fertige Erzeugnisse, Waren
3,7 % rückstellungen
2,9 %
nicht abgerechnete Leistungen
29,3 %
Sachvermögen
58,5 % Verbindlichkeiten
84,4 %
kurzfristige
70,7 %
Forderungen
29,2 % darunter Forderungen
kurzfristige
26,6 % gegenüber Kreditinstituten
10,2 %
darunter aus Lieferungen
aus Lieferungen
und Leistungen
16,3 % und Leistungen
13,4 %
langfristige
2,6 % langfristige
13,7 %
Wertpapiere
2,2 % darunter
Beteiligungen
2,6 % gegenüber Kreditinstituten
10,2 %
Kassenbestand
6,2 %
Forderungs- / Finanzvermögen
40,3 % Fremdmittel
94,7 %
Rechnungsabgrenzungsposten
1,2 % Rechnungsabgrenzungsposten
0,1 %
Angaben in % der Bilanzsumme
Quelle der Werte: Deutsche Bundesbank, Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse
westdeutscher Unternehmen im Jahr 1999, Monatsbericht der Deutschen
Bundesbank; März 2001; S. 39
Abbildung 2-1 Bilanzstruktur im Baugewerbe, 1998
Auf der Aktivseite der Bilanz wird das Anlage- und Umlaufvermögen eines
Unternehmens ausgewiesen.
Sachanlagen, die 1998 14,7 Prozent der Bilanzsumme beinhalteten, sind
körperliche Vermögensgegenstände wie z.B. Grundstücke und Bauten, technische

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
16
Anlagen und Maschinen oder Betriebs- und Geschäftsausstattung. Dass das
Baugewerbe im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen eine Branche mit relativ
geringem Sachanlagevermögen ist, zeigt die Betrachtung dieser Position in dem im
Anhang beigefügten ,,Vergleich ausgewählter Verhältniszahlen der Bilanzen von
Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige aus dem Jahr 1996" (Anlage II).
Weiterhin ist auffallend, dass knapp die Hälfte der Sachanlagen, im Gegensatz zu
den anderen Wirtschaftszweigen, auf Grundstücke und Gebäude entfällt. Auf die
Gründe dafür wird im Zusammenhang mit der Betrachtung der Kapitalstruktur näher
eingegangen. Sachanlagen gehören zum Anlagevermögen, welches weiterhin
immaterielle Vermögensgegenstände (z.B. Patente, Lizenzen, Warenzeichen) und
Finanzanlagen als Anteile an verbundenen Unternehmen umfasst.
Eine wichtige Position auf der Aktivseite bilden die Vorräte, auf welche 1998
43,8 Prozent der Bilanzsumme entfallen. Vorräte sind nach § 266 Abs. 2 HGB
(Handelsgesetzbuch) folgendermaßen zu gliedern:
1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe;
2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;
3. fertige Erzeugnisse, Waren;
4. geleistete Anzahlungen.
Da nicht abgerechnete Bauleistungen im Rahmen der gesamten Aktivitäten eines
Bauunternehmens eine große Bedeutung und eine besondere rechtliche Stellung
haben, bilanzieren Bauunternehmen diese Position gesondert.
Somit ergibt sich für Bauunternehmen die Bilanzierung der Vorräte in folgender
Form:
1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe;
2. unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen;
3. nicht abgerechnete Bauleistungen;
4. fertige Erzeugnisse, Waren;
5. geleistete Anzahlungen.
In der Bauwirtschaft enthalten die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe auch die
Ersatzteile für Baugeräte. Da die Baustoffe meist projektbezogen bestellt, auf die
entsprechende Baustelle geliefert und dort umgehend eingebaut werden, erfolgt
keine übermäßige Lagerung. Dadurch ist diese Position in Baubilanzen
unbedeutend, im Jahr 1998 umfasste sie 2,2 Prozent der Bilanzsumme, dies ist im
Vergleich zu anderen Branchen der stationären Industrie relativ gering.
Die Position der ,,unfertigen Erzeugnisse und unfertige Leistungen" beinhaltet
physische Produkte und Dienstleistungen, die sich noch in der Produktion befinden.
Unfertige Erzeugnisse treten nur bei Bauunternehmen auf, die zum Beispiel

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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Fertigteile selbst herstellen oder bei Bauunternehmen, die als Bauträger bzw.
Projektentwickler tätig sind und in dieser Position unfertige Bauwerke auf eigenen
Grundstücken ausweisen. Unfertige Leistungen beinhalten nur Dienstleistungen
zum Beispiel auf planerischer Art, da unfertige Bauleistungen gesondert
ausgewiesen werden.
Wie aus den abgebildeten Bilanzdaten ersichtlich bilden die nicht abgerechneten
Bauleistungen mit einem Anteil von zwei Dritteln die Hauptposition unter den
Vorräten. Mit dieser Position wird das Vermögen abgebildet, das in den unfertigen
bzw. noch nicht abgenommenen Bauwerken gebunden ist. Die nicht abgerechneten
Bauleistungen haben eine wichtige Bedeutung für die gesamte Baubilanz, denn
keine andere Bilanzposition bietet solch einen Bewertungs- und somit
Gestaltungsspielraum. Bewertet werden die Herstellungskosten des noch nicht
abgerechneten Bauwerkes, dabei bestimmen den Umfang der einzubeziehenden
Kostenarten und -bestandteile verschiedene handelsrechtliche und steuerrechtliche
Einbeziehungspflichten, -wahlrechte und -verbote. Durch die Bewertung
entsprechend der Unter- bzw. Obergrenzen kann das Ergebnis der Bilanz
wesentlich gestaltet werden. Bewertet ein Bauunternehmen die unfertigen
Bauleistungen nur sehr vorsichtig, so stecken stille Reserven in der Bilanz. Um
Baubilanzen korrekt interpretieren zu können, muss Klarheit über die nicht
abgerechneten Bauleistungen bestehen.
Fertige Erzeugnisse sind Vorräte, deren Herstellung abgeschlossen ist und die
verkaufsfertig sind. Zu dieser Rubrik gehören die auf eigenem Grund selbst
erstellten fertigen und zum Verkauf bestimmten Bauten eines Bauunternehmens,
dass als Projektentwickler bzw. Bauträger tätig ist.
Eine weitere sehr wichtige Position auf der Vermögensseite der Bilanz sind neben
den Vorräten die Forderungen. Im Jahr 1998 umfassten sie 29,2 Prozent der
Bilanzsumme aller Bauunternehmen. Mehr als die Hälfte stellen dabei die
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen dar. Beim Posten der Forderungen
bieten sich zwar weniger Gestaltungsmöglichkeiten als bei den Vorräten, jedoch
sind Forderungen hinsichtlich ihres Risikogehaltes bilanzanalytisch interessant.
Zum einen ist die Bonität des Schuldners entscheidend, zum anderen können
Forderungen auch Nachträge enthalten, die vom Auftrageber noch nicht schriftlich
bestätigt wurden, und somit eventuell nicht anerkannt werden. Gerade Nachträge
wie zum Beispiel auf Grund von Leistungs- und Mengenänderungen treten im
Baugeschäft häufig auf und können dementsprechend erhebliche Beträge
umfassen. Wird die schriftliche Nachtragsanerkennung des Bauherrn nicht
abgewartet, resultiert daraus ein Risiko über die Bezahlung.

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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Ist ein Bauunternehmen Mitglied einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE), birgt auch dies,
aus bilanzanalytischer Sicht, Risiken und verändert die Struktur der Bilanz. So ist
das anteilige ARGE-Vermögen in der Bilanz nicht erkennbar und schwankt von Jahr
zu Jahr. Auswirkungen auf die Ergebnisse und Struktur der Bilanz der ARGE-
Gesellschafter hat die Art der Übernahme der ARGE-Ergebnisse.
Weiterhin wird die Bilanzstruktur dahingehend durch eine ARGE-Beteiligung
verändert, dass die nicht abgerechneten Bauleistungen, die zum ARGE-Projekt
gehören, nicht in die Bilanz der ARGE-Gesellschafter übernommen werden. Somit
wird der Anteil der unfertigen Bauten letztendlich niedriger ausgewiesen als diese
tatsächlich vorhanden sind.
Auf der Passivseite der Bilanz ist die Finanzierung des Bauunternehmens
abgebildet. Die Passivseite ist grob untergliedert in:
- Eigenkapital
- Rückstellungen
- Verbindlichkeiten
- Rechnungsabgrenzungsposten.
Der Anteil der Rückstellungen an der Bilanzsumme ist im Baugewerbe deutlich
niedriger als in anderen Branchen (siehe dazu ,,Vergleich ausgewählter
Verhältniszahlen der Bilanzen von Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige
aus dem Jahr 1996" im Anhang), so bildeten 1998 die Rückstellungen 10,3 Prozent
der Bilanzsumme, 1996 war dieser Anteil mit 10,8 Prozent nicht wesentlich höher.
In der Automobilindustrie bildeten Rückstellungen 42,7 Prozent der Bilanzsumme,
was fast dem Vierfachen des Anteils in der Baubranche entspricht. In den übrigen
betrachteten Branchen bilden dabei circa die Hälfte dieser Rückstellungen
Pensionsrückstellungen, im Baugewerbe ist es hingegen nur etwa ein Drittel. Dies
könnte damit begründet werden, dass die Struktur der Bauwirtschaft hauptsächlich
mittelständisch ist und bei kleinen und mittleren Unternehmen Pensionszusagen
nicht so verbreitet sind wie in Großunternehmen.
Zur Kapital- und Finanzierungsstruktur
Die Vermögensquellen eines Unternehmens lassen sich je nach Mittelherkunft in
Eigen- und Fremdkapital untergliedern.
Das Verhältnis von Eigenkapital zum Gesamtkapital stellt die Eigenkapitalquote des
Unternehmens dar. Ausgehend von der Statistischen Sonderveröffentlichung der
Deutschen Bundesbank, in welcher die Jahresabschlüsse der Unternehmen von
1971 bis 1996 aufgeführt sind, wurden die Eigenkapitalquoten aller Unternehmen im

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Zeitverlauf ermittelt. Diese Berechnung und die grafische Darstellung der
Ergebnisse ist im Anhang unter: ,,Die Eigenkapitalquote aller westdeutschen
Unternehmen im Zeitverlauf" (Anlage III), beigefügt.
Betrachtet man den zeitlichen Verlauf dieser Quote, so fällt ein fast stetiges Sinken
auf. Betrug die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Unternehmen im Jahr 1971
noch 25,42 Prozent, so sank sie bis zum Jahr 1983 auf 18,88 Prozent, im Jahr 1996
besteht durchschnittlich nur 17,96 Prozent der Bilanzsumme aller westdeutschen
Unternehmen aus Eigenkapital.
Diese Entwicklung kann vielfältige Ursachen haben, zum Beispiel kann eine niedrige
Eigenkapitalrentabilität im Vergleich zur Fremdkapitalrendite dazu führen, dass sich
die Unternehmen zunehmend fremd finanzieren. Aber auch sinkende Erträge oder
eine veränderte Gewinnausschüttungspolitik können dieses Sinken begründen.
Betrachtet man die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen differenziert nach
Wirtschaftszweigen, so ergibt sich folgendes Bild:
Eigenkapitalquoten verschiedener Wirtschaftszweige
im Vergleich
24,4
38,5
3,9
3,1
3,8
5,9
20,4
21,0
23,6
1,6
15,9
3,2
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
30,0
35,0
40,0
45,0
Bau-
gewerbe
Maschinen-
bau
Kraftwagen-
bau
Elektro-
technik
Chemische
Industrie
alle
Unternehmen
%
Eigenkapitalquote
Verschuldungsgrad
Abbildung 2-2 Eigenkapitalquoten verschiedener Wirtschaftszweige
im Vergleich, 1996
Der Verschuldungsgrad gibt hierbei das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital
wieder.
Bei diesem, wie auch bei der Eigenkapitalquote, auf welcher das Hauptaugenmerk

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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liegen soll, bilden die baugewerblichen Unternehmen das Schlusslicht. Die
chemische und elektrotechnische Industrie
haben eine weit höhere
Eigenkapitalausstattung.
Jedoch muss dieser Darstellung hinzugefügt werden, dass eine direkte
Vergleichbarkeit der einzelnen Wirtschaftsbereiche nur bedingt möglich ist. In
diesem Zusammenhang sei auf die schon mehrfach in diesem Kapitel erwähnten
Sonderheiten des Bausektors bzw. der Bauunternehmen hingewiesen.
So zum Beispiel hat die Bilanzposition der ,,nicht abgerechneten Bauleistungen" im
Umlaufvermögen Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote. Die Beträge dieser
Position müssen aus Gründen des Vorsichtsprinzips als Kosten bewertet und
anteilige Gewinn dürfen erst nach der Schlussabnahme gezeigt werden.
Wie dargestellt ist diese Position meist von großem Umfang. Mit den unfertigen
Leistungen kann die Bilanzsumme insgesamt erhöht werden und somit ergibt sich
zwangsläufig eine geringere Eigenkapitalquote. Zur realistischen Ergebnisfindung ist
eine zeitnahe Abrechnung der Bauvorhaben anzustreben.
Die Besonderheiten der Branche relativieren zwar die niedrige Eigenkapitalquote,
jedoch wird der große Unterschied zu anderen Wirtschaftszweigen dadurch nicht
aufgehoben.
Wie bei der Betrachtung der Bilanzkennziffern bereits erwähnt, ist die Baubranche
mit einer Sachanlagenquote von knapp 14 Prozent im Jahr 1996 eine Branche mit
einem geringen Sachanlagevermögen. Zum Vergleich: im Kraftwagenbau betrug der
Anteil der Sachanlagen im gleichen Jahr 21,7 Prozent der Bilanzsumme.
Die statistische Sonderveröffentlichung der Deutschen Bundesbank, welche die
Jahresabschlüsse westdeutscher Unternehmen von 1971 bis 1996 präsentiert,
erlaubt eine Betrachtung dieser Sachanlagenquote über den benannten Zeitraum.
Dabei fällt auf, dass das Sachanlagevermögen nahezu stetig von etwa 20 Prozent
der Bilanzsumme auf die benannten 14 Prozent gesunken ist. Dieser Abwärtstrend
spiegelt sich, teilweise noch dramatischer, auch in den anderen betrachteten
Wirtschaftszweigen wieder. Die grafische Darstellung der Werte befinden sich im
Anhang unter: ,,Sachanlagenquoten westdeutscher Unternehmen" (Anlage IV). Das
Sinken dieses Anlagevermögens könnte sich damit begründen lassen, dass gerade
Bauunternehmen immer mehr dazu neigen, Baugeräte zu mieten statt zu kaufen.
Mit diesem Trend sind mehrere Vorteile für das Finanzsystem verbunden, welche an
gegebener Stelle (Abschnitt 3.2.1 unter ,,Kreditsubstitute als
Finanzierungsinstrumente") näher erläutert werden.
Die Finanzierungsstruktur der Bauunternehmen zeigt sich in der Gesamtdarstellung
aller westdeutschen Unternehmen als extrem fremdkapitallastig.

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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Die Eigenkapitalquote von 5,9 Prozent gibt jedoch den Durchschnitt wieder, in der
folgenden Grafik wurde die Ausstattung der Unternehmen mit Eigenkapital nach
Unternehmensgröße bzw. in Abhängigkeit vom Umsatz der Firmen dargestellt.
Eigenkapitalquoten im Baugewerbe nach Umsatzgröße
2,6
8,3
14,8
7,5
-1,3
-4,0
-2,0
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0
16,0
weniger
als 5
5 bis
unter 10
10 bis
unter 25
25 bis
unter
100
100 und
mehr
Mio DM Umsatz p.a.
%
Abbildung 2-3 Eigenkapitalquoten im Baugewerbe nach Umsatzgröße, 1998
Diese Verteilung der Eigenmittelausstattung lässt sich durch die
Finanzierungsunterschiede erklären. So haben nur größere Kapitalgesellschaften
einen Zugang zum organisierten Kapitalmarkt, fast ausschließlich
Aktiengesellschaften erfüllen die entsprechenden Kriterien. Wie gering jedoch der
Anteil dieser Rechtsform im Baugewerbe ist, zeigt die Abbildung... ,,Rechtsformen
im Baugewerbe" im Abschnitt ,,Einlagen- und Beteiligungsfinanzierung" (unter
3.2.1).
Die Statistik über die Eigenkapitalquoten nach Umsatzgröße ist auch dahingehend
nicht vollständig vergleichbar, da die bilanzielle Eigenmittelquote bei
Einzelunternehmen und Personengesellschaften eher von sekundärem Interesse
ist, da hier oft auch andere Haftungsmittel von Bedeutung sind. Und vor allem bei
kleineren Unternehmen überwiegt dieser Anteil der Rechtsform, wie auch die oben

Kapitel 2
Das ausführende Bauunternehmen
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
22
benannte Abbildung belegt. So sind etwa 65 Prozent (Wert von 1999) der deutschen
Baufirmen Einzelunternehmen, und bei diesen Personengesellschaften ist die
Haftung über das Eigenkapital hinaus auf das Privatvermögen der Komplementäre
ausgedehnt. Die Eigentümer der Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) haften im
Gegensatz dazu nur mit ihrer Einlage.
Die Konsequenzen einer niedrigen Eigenkapitalausstattung wurden bereits in
Verbindung mit den Finanzierungszielen erläutert, und äußern sich hauptsächlich
darin, dass die Investitions- und Forschungstätigkeit des Unternehmens erschwert
wird oder nicht möglich ist. Dies wirkt sich dann negativ auf das
Unternehmenswachstum und -sicherheit aus. Eigenkapital erfüllt in einem
Unternehmen die Funktionen der Finanzierung, der Kreditwürdigkeit, der Haftung
und des Insolvenzschutzes.

Kapitel 3
Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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3. Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung
Wie unter 2.1 ,,Eigenheiten des Baubetriebes" beschrieben, werden von Baufirmen
Ausgaben getätigt, ohne dass diese direkt von Einnahmen kompensiert werden. Es
werden erst in der Zukunft Einzahlungen erwartet, welche die anfangs erforderlichen
Ausgaben mindestens decken. Dies geschieht in kleinerem Umfang während der
Ausführung der einzelnen Bauprojekte, aber auch in größerem Ausmaß in Form von
Investitionen für beispielsweise neue Geräte. Die größten Ausgaben, ohne direkte
Einnahmen, werden während der Gründung des Bauunternehmens getätigt. Zum
Zeitpunkt dieser Investitionen, egal in welcher Höhe, sind Mittel zur Deckung
bereitzustellen.
Die Arten der in Anspruch genommenen Finanzmittel sind, vor allem beim
Fremdkapital, von der Branchenzugehörigkeit und auch der Kapitalstruktur
abhängig. In dem Zusammenhang soll an dieser Stelle noch einmal darauf
hingewiesen werden, dass in diesem Kapitel hauptsächlich die Möglichkeiten der
Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung näher erläutert werden, die für
mittelständische Bauunternehmen in Betracht kommen.
Finanzmittelbeschaffung bzw. ­bereitstellung
durch
durch
Selbst-
finanzierung
Beteiligungs-
finanzierung
Finanzierung aus
Abschreibungen
Finanzierung durch
Bankkredite
in Form
in Form
Innen-
finanzierung
Außen-
finanzierung
von
Finanzierung aus
Rückstellungen
Finanzierung durch
Handelskredite
von
Finanzierung aus
Kapitalfreisetzung
Kapitalmarkt-
finanzierung
Subventions-
finanzierung
Abbildung 3-1 Möglichkeiten der Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung

Kapitel 3
Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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Dieses Schema zeigt die in diesem Kapitel verwendete Untergliederung der
Möglichkeiten zur Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung.
Die Alternativen sind nach der Mittelherkunft (aus Sicht des Unternehmens), in
Innen - und Außenfinanzierung unterschieden.
3.1. Die Innenfinanzierung
Ein bereits bestehendes Unternehmen hat die Möglichkeit sich von innen, aus dem
betrieblichen Umsatzprozess heraus, Finanzierungsmittel zu beschaffen.
Die Innenfinanzierung erfolgt hauptsächlich aus dem erwirtschaftetem Cash-Flow,
aus Gewinn + Abschreibungen + Rückstellungen.
Cash Flow
= lfd. Einzahlungen
-
lfd. Auszahlungen
= Leistungsgewinn
+ Abschreibungen
+ Zuführung von Rückstellungen
Das Bauunternehmen erhält für erbrachte Leistungen (Planungs-, Dienst- und
Bauleistungen) liquide Mittel in Form von Einzahlungen. Sind die erhaltenen
Zahlungen größer als die Ausgaben (für z.B. Lohn, Miete, Steuern, Material,
Tilgungen und Zinsen), so stehen dem Unternehmen liquide Mittel zur Verfügung.
Die eventuell durch den Verkauf nicht mehr benötigter Vermögensanlagen erhöht
werden.
Findet keine Ausschüttung dieser Mittel an Unternehmenseigner statt, so können sie
für Finanzierungszwecke verwendet werden.
Das Bauunternehmen kann diese liquiden Mittel als Rücklagen (Risikokapital) und
als Rückstellungen (zur Begleichung künftiger Verbindlichkeiten) verwenden.
Da die Rückstellungen, für Gewährleistungs- oder Schadensansprüche und
Pensionen, eventuell erst zukünftig ausgezahlt werden müssen, stehen sie dem
Unternehmen bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit zur Verfügung.
Weiterhin kann das Unternehmen durch bilanzpolitische Maßnahmen
(Bewertungsspielräume für Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten) sowie
durch Abschreibungen den bilanziellen Gewinn schmälern und dadurch für einen
gewissen Zeitraum vor der Versteuerung bewahren. Dabei wird der
Jahresabschluss zum Instrument der Innenfinanzierung, das zwar den gesetzlich
vorgeschriebenen Anforderungen entspricht, aber alle Gestaltungsrechte ausnutzt,

Kapitel 3
Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung
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Januar 2002 Zur Finanzierung von Baufirmen Ivonne Schiebel
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um einen möglichst niedrigen Gewinn auszuweisen und damit die
gewinnabhängigen Auszahlungen zu verringern.
Im Folgenden soll auf die einzelnen Möglichkeiten der Innenfinanzierung näher
eingegangen werden.
Dazu bietet sich eine, in der Literatur häufig verwendete Untergliederung an. Diese
unterscheidet die Bereitstellung von Kapital:
-
durch Zurückbehalten von Gewinnen (Selbstfinanzierung)
-
durch Freisetzung von Abschreibungsgegenwerten
-
aus Rückstellungen
und
-
durch den Verkauf nicht mehr benötigter
Vermögensgegenstände.
Selbstfinanzierung
Werden Teile des entstandenen Gewinnes nicht an Unternehmenseigner
ausgeschüttet, sondern für Investitionen verausgabt, und bleiben somit durch diese
Thesaurierung im Unternehmen, spricht man von Selbstfinanzierung.
Dabei wird zwischen der offenen und der stillen oder verdeckten Selbstfinanzierung
unterschieden.
Bei der offenen Selbstfinanzierung bleiben die Bilanzgewinne bei Einzelfirmen und
Personengesellschaften auf dem Kapitalkonto stehen bzw. werden bei
Kapitalgesellschaften auf ein Rücklagenkonto überführt. Der einbehaltene Gewinn
unterliegt dabei der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer sowie der
Gewerbesteuer.
Bei der stillen Selbstfinanzierung werden durch bilanzpolitische Maßnahmen diese
Gewinne nicht ausgewiesen bzw. verdeckt. Sie werden somit vor der Versteuerung
bewahrt und bilden stille Reserven, die erst besteuert oder ausgeschüttet werden,
wenn ihre Auflösung stattfindet. Dadurch, dass zunächst keine Steuerzahlungen zu
leisten sind, führt es zu einem Liquiditäts- und Zinsgewinn für das Unternehmen.
Die stillen Reserven entstehen dadurch, dass Vermögensgegenstände zu den
zulässigen Wertuntergrenzen und Verbindlichkeiten zu den zulässigen Obergrenzen
bewertet werden. Rechtliche Grundlage bilden die nach dem Handelsgesetzbuch
(HGB) möglichen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte.
So entstehen Abrechnungsreserven in den Aktiva durch nicht abgerechnete
(unfertige) Bauleistungen, auf welche bereits unter 2.3 ,,Die Kapitalstruktur von
Baufirmen" näher eingegangen wurde.

Kapitel 3
Die Finanzmittelbeschaffung bzw. -bereitstellung
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Bei den Passiva wird eine stille Selbstfinanzierung durch die Bildung überhöhter
Rückstellungen, z.B. für drohende Gewährleistungs- oder Schadensansprüche, für
Vertragsstrafen sowie für potentielle Verlustaufträge bewirkt.
Durch den Ermessens- und Gestaltungsspielraum der Risiken in der Bilanzierung
hat das Unternehmen die Möglichkeit, durch Bildung und Auflösung stiller Reserven,
einen kontinuierlichen Gewinnausweis zu erreichen. Somit kann ein eventueller
Bilanzverlust verschleiert werden.
Vorteile der Selbstfinanzierung liegen in Hinsicht auf strategische Unternehmens-
führung darin, dass keine neuen Mitsprachrechte, durch zusätzliche Kapitalgeber
geschaffen werden. Auch dass die Unternehmensführung selbst über die
Verwendung der aufgebrachten Mittel entscheiden kann, da keine Zweckbindung
vorliegt, ist ein Vorteil gegenüber der Fremdfinanzierung. Dadurch, dass keine
Zinszahlungen notwendig sind wird die Liquidität des Unternehmens nicht belastet,
auch Sicherheiten für das Kapital müssen nicht aufgebracht werden.
Bei der stillen bzw. verdeckten Selbstfinanzierung muss in Hinsicht der Planungen
beachtet werden, dass als Folge der Bilanzverschleierung auch die
Rentabilitätsberechnung, wenn sie auf dieser Bilanz basiert, nicht der Realität
entspricht. Da das ausgewiesene Eigenkapital als Berechnungsgrundlage dient,
tatsächlich aber zu einem bestimmten Erfolg wesentlich mehr Eigenmittel benötigt
wurden.
Finanzierung aus Abschreibungen
Planmäßige Abschreibungen haben die Aufgabe, Wertminderungen der
Anlagegüter (z.B. Fahrzeuge, Büroeinrichtung, Gebäude) periodenbezogen als
Aufwand zu erfassen und dadurch den Werteverzehr über die Nutzungsdauer zu
verteilen.
Neben der bilanziellen Abschreibung, die als Aufwand in die Gewinn- und
Verlustrechnung eingeht, wird auch die kalkulatorische Abschreibung
unterschieden, welche in der Kostenrechnung angesetzt wird.
In erster Linie stellen Abschreibungen einen Aufwands- bzw. Kostenfaktor dar.
Abschreibungen des Anlagevermögens besitzen aber auch einen
Finanzierungseffekt.
Wie oben gezeigt (Darstellung Cash-Flow), erfolgt durch die Abschreibung eine
Rückführung des gebundenen Kapitals in eine liquide Form. Natürlich nur dann,
wenn die Abschreibungen als Forderung aus dem Umsatzprozess resultieren, und
dem Unternehmen als Einzahlung zugeflossen sind. Da diese
Abschreibungsgegenwerte nicht während der ganzen Nutzungsdauer für

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2002
ISBN (eBook)
9783832454159
ISBN (Paperback)
9783838654157
DOI
10.3239/9783832454159
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Anhalt - Standort Dessau – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (Mai)
Note
1,0
Schlagworte
investition baubetrieb
Produktsicherheit
Diplom.de
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