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Zur Konjunktur des Musicals in Deutschland

Untersuchungen zur Genese, zu den Ursachen und Wirkungen

©1999 Diplomarbeit 164 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Musical-Boom in Deutschland neigt sich dem Ende zu. Dies läßt sich festmachen an den rückläufigen Besucherzahlen. Bei Les Misérables – Schönberg/Boublil, 1980 im Duisburger Musical Theater liegt die durchschnittliche Besucherfrequentierung bei nur noch 50 Prozent, einige Ensuite-Produktionen müssen nach relativ kurzen Spielzeiten schließen: die deutsche Produktion von Sunset Boulevard – Webber/Hampton/Black, 1993, mußte nach nur 18 Monaten Spielzeit im Mai 1997 ihre Pforten schließen; das Musical Tommy – Pete Townshend, 1969/1992, hielt sich im Musical Theater in Offenbach nur 415 Tage nach seiner Deutschlandpremiere am 28. April 1995. Sogar die Schließung von Musical-Spielstätten, z. B. der „Hangar 2“ für das Musical Space Dreams - Schärer/Schwinger, 1995, ist vom Rückgang des Musical-Booms betroffen. „Nach Jahren des Booms kriselt's jetzt kräftig“, so urteilt das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Trotz alledem oder gerade wegen dieser Wende in der Musical-Branche möchte ich in meiner Arbeit aufzeigen, wie es zum Boom des Musicals in Deutschland gekommen ist, dabei soll aber auch erläutert werden, worin die Faszination „Musical“ besteht und was es so attraktiv macht.
Vor allem in Deutschland zeichnete sich seit dem Erfolg von Cats und dessen Premiere am 18.April 1986 in Hamburg eine wachsende Popularität dieses amerikanischen Genres ab. Bis dahin war jene Form des Musiktheaters eher ein Stiefkind in der deutschen Theaterlandschaft.
Während in den Musicalmetropolen New York und London in den letzten Jahren ein „rückläufiges Angebot“ zu verzeichnen war, setzte vor allem in den deutschsprachigen Ländern die Nachfrage nach Musicals umso intensiver ein, jedoch mit einer „extremen Verzögerung“, wie Hubert Wildbihler bemerkt. Das Musical hat seit dem Erfolg von Cats Hochkonjunktur. Das Schlagwort „Musical-Boom“ war plötzlich allerorten präsent.
Die Voraussetzungen für den Musical-Boom, sowie dessen Ursachen und Wirkungen werden in dieser Arbeit beschrieben, analysiert und kritisch hinterfragt.
Die Konjunktur des Musicals mündete in der Entstehung einer neuen Musical-Branche und in Deutschland kam es basierend darauf zum Musical-Boom. Dieser ging einher mit der Errichtung eigener Spielstätten und einem insgesamt hohen Zuschauerzuspruch. In jeder dieser Spielstätten wird ein Musical als Langzeitaufführung gespielt; es handelt sich mithin um Einsparten-Spielorte.
Da Musicalaufführungen auch in den Staats- und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5380
Meyer, Burkhard: Zur Konjunktur des Musicals in Deutschland: Untersuchungen zur Genese, zu
den Ursachen und Wirkungen / Burkhard Meyer -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Hildesheim, Universität, Diplomarbeit, 1999
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

1
Inhaltsverzeichnis
1...
Einleitung S. 4-7
2. Erläuterungen zur Arbeit
S. 7-12
2.1. Strukturierung der Arbeit
S. 7-8
2.2. Inhaltliche Definitionen und Abgrenzungen
S. 8-12
3.
Vorbedingungen zur Entstehung des Musicals
S. 12-27
3.1. Allgemeine Kriterien des Musicals
Kulturelle Strukturen und Bedingungen in den USA
S. 12-15
3.2. Theorien über das erste Musical
S. 16-17
3.3.
Importe
aus
Europa
S.
17-19
3.4. Drei wegweisende Theatermacher
S. 19-23
3.5. Anfänge - Die Minstrel-Shows
und weitere eigene Unterhaltungsformen
S. 24-26
3.6.
Fazit
S.
27
4. Chronologie des Musicals ­
Zwanziger bis siebziger Jahre
S. 28-67
-
Zwanziger
Jahre
S.
28-33
-
Dreißiger
Jahre
S.
33-36
-
Vierziger
Jahre
S.
36-43
-
Fünfziger
Jahre
S.
43-51
-
Sechziger
Jahre
S.
51-58
-
Siebziger
Jahre
S.
58-67

2
5. Die aktuelle Situation:
Die achtziger und neunziger Jahre
S. 68-79
5.1.
Einleitung S.
68
5.2. Die Entwicklung des Musicals vor Cats
in USA und Großbritannien
S. 69-70
5.3. Die Entwicklung des Musicals nach Cats ­
Allgemein und International
S. 70-72
5.4. Die Entwicklung des Musical nach Cats in Deutschland
S. 72-76
5.5. Resumée und Zusammenfassung
S. 76-79
6.
Die
Umfrage
S.
80-113
6.1.
Einleitung S.
80-81
6.2.
Methodik
S.
81-82
6.3. Die Umfrageergebnisse: Rücklaufquote,
Fragen zur Person und zum Theater
S. 82-87
6.4. Auswirkungen des Musical-Booms auf die
Staats- und Stadttheater und Freien Bühnen Deutschlands S. 87-92
6.4.1. Musical-Kommerz-Branche versus
Konventioneller Theaterbetrieb
S. 92-94
6.4.2. Die Umfrageergebnisse:
Auswirkungen des Musical-Booms
S. 95-113

3
7.
Bilanz
S.
114-137
7.1.
Einleitung S.
114
7.2.
Bilanz
zur
Umfrage
S.
114-119
7.3. Auswirkungen des Musical-Booms auf das Genre Musical
S. 120-130
7.3.1.
Einleitung
S.
120-121
7.3.2. Bilanz zum Genre Musical ­
Auswirkungen des Musical-Booms
auf das Genre Musical
S. 121-130
7.4. Auswirkungen des Musical-Booms
auf die Musiktheaterszene in Deutschland
S. 130-137
7.4.1. Auswirkungen auf die Musiktheaterszene
durch
die
Stella-AG
S.
130-132
7.4.2. Auswirkungen des Musical-Booms
auf die Musiktheaterszene in Deutschland ­
Prognosen
und
Perspektiven
S.
132-137
7.5. Persönliches Fazit und Resumée
S. 137
8.
Anhang
S.
138-153
8.1.
Der
Fragebogen
S.
138-145
8.1.1. Anmerkungen zum Fragebogen
S. 145
8.2. Definitionen von Einzelaspekten
S. 145-149
8.3. Aufführungs- und Besucherzahlen
S. 149
8.4.
Neue
Musical-Themen
S.
150-153
9.
Literaturverzeichnis
S.
154-161

4
1. Einleitung
Der Musical-Boom in Deutschland neigt sich dem Ende zu. Dies läßt sich
festmachen an den rückläufigen Besucherzahlen: ,,[...] die Auslastung aller
sieben Stella-Produktionen sank im Durchschnitt von einst über 90 auf jetzt
noch 78 Prozent"
1
; bei Les Misérables ­ Schönberg/Boublil, 1980
2
im
Duisburger Musical Theater liegt die durchschnittliche Besucherfrequentierung
bei nur noch 50 Prozent, einige Ensuite-Produktionen
3
müssen nach relativ
kurzen Spielzeiten
4
schließen: die deutsche Produktion von Sunset Boulevard ­
Webber/Hampton/Black, 1993, mußte nach nur 18 Monaten Spielzeit im Mai
1997 ihre Pforten schließen; das Musical Tommy ­ Pete Townshend,
1969/1992
5
, hielt sich im Musical Theater in Offenbach nur 415 Tage nach
seiner Deutschlandpremiere am 28. April 1995. Sogar die Schließung von
Musical-Spielstätten, z. B. der ,,Hangar 2"
6
für das Musical Space Dreams -
Schärer/Schwinger, 1995, ist vom Rückgang des Musical-Booms betroffen.
,,Nach Jahren des Booms kriselt`s jetzt kräftig"
7
, so urteilt das
Nachrichtenmagazin ,,Der Spiegel". Trotz alledem oder gerade wegen dieser
Wende in der Musical-Branche möchte ich in meiner Arbeit aufzeigen, wie es
1
Anonymus; Musical: Wahn in der Wanne; in: Der Spiegel 8/1999, S. 208
2
Alle Musicaltitel werden nach diesem Prinzip optisch hervorgehoben. Nur bei der
Erstnennung erfolgt die komplette Angabe mit Autoren und Uraufführungsjahr. Desweiteren
werden aber alle Musical- wie auch Operetten- und Opernnamen kursiv gekennzeichnet.
Songtitel, Namen von Pop- und Rockgruppen etc. werden mit Anführungszeichen versehen.
Wichtige inhaltliche Akzente werden fett, sprachliche Betonungen kursiv hervorgehoben, z. B.
,,ist der Darsteller schlechthin..."
3
Ensuite: ist eine Bezeichnung für eine (Musical-) Langzeitaufführung in einem
Einspartenspielort. Entsprechende Aufführungen finden durchschnittlich pro Woche sechs-
achtmal statt. Andere Begriffe sind auch Blockbuster oder Long-Running-Produktionen.
4
Verglichen mit den langen Spielzeiten von Cats ­ Webber/Eliot/Stilgoe/Nunn, 1981, das in
Deutschland seit 1986 gespielt wird, haben sich die Relationen verschoben und alle anderen
Long-Running-Produktionen werden an diesem Erfolg gemessen.
5
Tommy entstand 1969 zunächst als Rock-Oper, diese wurde jedoch nicht auf einer
Theaterbühne, sondern in Konzertarenen präsentiert. Verfasser war Pete Townshend, Musiker
der Rockband ,,The Who". 1992 präsentierte er die Umgestaltung zum bühnentauglichen
Musical. Kaczerowski, Simone; Musicals in Deutschland; Bottrop 1995, S. 186 ff.
6
Für 14 Millionen DM wurde eine Flughafenhalle des Berliner Flughafens Tempelhof für die
Realisierung des Musicals umgebaut. Nach 13 Monaten Spielzeit mußte Konkurs angemeldet
werden.
7
Anonymus; Musical: Wahn in der Wanne, S. 208

5
zum Boom des Musicals in Deutschland gekommen ist, dabei soll aber auch
erläutert werden, worin die Faszination ,,Musical" besteht und was es so
attraktiv macht
8
.
Vor allem in Deutschland zeichnete sich seit dem Erfolg von Cats und dessen
Premiere am 18.April 1986 in Hamburg eine wachsende Popularität dieses
amerikanischen Genres ab. Bis dahin war jene Form des Musiktheaters eher ein
Stiefkind in der deutschen Theaterlandschaft.
Während in den Musicalmetropolen New York und London in den letzten
Jahren ein ,,rückläufiges Angebot"
9
zu verzeichnen war, setzte vor allem in den
deutschsprachigen Ländern die Nachfrage nach Musicals umso intensiver ein,
jedoch mit einer ,,extremen Verzögerung"
10
, wie Hubert Wildbihler bemerkt.
Das Musical hat seit dem Erfolg von Cats Hochkonjunktur. Das Schlagwort
,,Musical-Boom" war plötzlich allerorten präsent.
Die Voraussetzungen für den Musical-Boom, sowie dessen Ursachen und
Wirkungen werden in dieser Arbeit beschrieben, analysiert und kritisch
hinterfragt.
Die Konjunktur des Musicals mündete in der Entstehung einer neuen Musical-
Branche und in Deutschland kam es basierend darauf zum Musical-Boom.
Dieser ging einher mit der Errichtung eigener Spielstätten und einem insgesamt
hohen Zuschauerzuspruch. In jeder dieser Spielstätten wird ein Musical als
Langzeitaufführung gespielt; es handelt sich mithin um Einsparten-Spielorte.
Da Musicalaufführungen auch in den Staats- und Stadttheatern inszeniert
wurden und werden, stellt sich die Frage, wie der Musical-Boom auf die Staats-
und Stadttheater sowie weiteren subventionierten Freien Bühnen zurückwirkt.
Dabei sind folgende Reaktionen denkbar:
8
Ein Aspekte der Attraktivität sind z. B. die identifikationsverstärkenden Merkmale des
Musicals, auf die immer wieder in der Arbeit hingewiesen wird.
9
Wildbihler, Hubert; Musical Know-How ­ Das Handbuch und Kontaktforum der
Musicalszene; Passau,
2
1998, S. 7
10
Ebda.

6
-
die subventionierten Theater versuchen, durch ein eigenes übermäßiges
Musicalangebot mit den neuen kommerziellen Spielstätten zu konkurrieren,
um Teil zu haben an dem Boom und an dessen finanziellen Ergebnissen
-
die subventionierten Theater treiben ihre Arbeit unbeeinflusst weiter fort
-
die subventionierten Theater nehmen ihre eigenen Musicalinszenierungen
zurück, um nicht ihre Energie in einem Konkurrenzkampf zu
verschwenden, der nicht zu gewinnen ist.
Die vorliegende Arbeit stellt in ihrem ersten Hauptteil (Kapitel 2. ­ 5.5.)die
Entwicklungsgeschichte des Musicals von seinen Anfängen bis heute dar.
Der zweite Hauptteil (Kapitel 6.) zeigt die Auswirkungen des Musical-Booms
auf Staats- und Stadttheater sowie Freie Bühnen in Deutschland. Dazu wurden
alle in Frage kommenden Spielstätten einer Befragung unterzogen
11
.
Musical-Konjunktur und Musical-Boom
Das Phänomen des aktuellen Musical-Booms wird verständlicher, wenn man
den langen Entwicklungsprozess des Genres Musical betrachtet. Denn nur über
die Kenntnis der Historie der bislang so ,,boomenden" Musiktheatergattung
können bestimmte gegenwärtige Aspekte in einem Zusammenhang gesehen und
besser verstanden werden, z. B. warum viele Musicals einen so ausgeprägten
Showcharakter haben. Durch Konzentration auf die Entwicklungsaspekte ist es
möglich, allgemeine Kriterien und Gesetze über das Wesen des Musicals durch
die Geschichte hindurch herauszuarbeiten und zu dokumentieren.
Die Entwicklungsgeschichte des Musicals zeigt enge Verflechtungen mit den
gesellschaftlich-kulturellen Entwicklungen in den USA
12
, auf die entsprechend
im Rahmen des Themas immer wieder Bezug genommen wird.
11
Der Fragebogen ist im Anhang - Der Fragebogen zu finden.
12
Die Kulturgeschichte der USA ist meiner Meinung nach vereinfacht betrachtet auch
gleichzeitig die Geschichte des Musicals und einzelner Aspekte des Showbusiness; die
Kulturhistorie in den USA verläuft nahezu parallel bzw. vermischt sich mit der Geschichte des
Musicals.

7
Diese Verbundenheit macht auch gleichzeitig verständlich, daß die
Dokumentation der Musicalentwicklung zunächst auf die US-amerikanische
Musiktheatergeschichte zu focussieren ist, bevor das Augenmerk auf
Großbritannien und mit dem Beginn der achtziger Jahre auf Kontinentaleuropa
gerichtet wird, da sich die Entwicklung des Musicals in Europa ab diesem
Zeitraum manifestiert.
Die Genrebeschreibung zeigt auf, warum sich unter Einfluß der gegebenen
historischen Faktoren bestimmte Elemente und Formen herauskristallisierten
und immer wieder neue hinzukamen, denen die älteren Strukturen Platz machen
mußten. Dafür gab es verschiedene Gründe, die in dieser Arbeit erörtert
werden. Dabei versuche ich Gesichtspunkte aufzuzeigen, die für heutige,
aktuell gespielte Musicals bedeutsam sind und die maßgeblich waren zur
Entstehung des Musical-Booms.
Kommerzielle Kriterien und Stukturen des Genres, die schon früh in der
Geschichte zu erkennen waren und die heute eines der Fundamente größerer
Musicalproduktionen bilden sowie erneuernde Aspekte des Musicals werden
besondere Beachtung finden.
2. Erläuterungen zur Arbeit
2.1. Strukturierung der Arbeit
Strukturierung der Entwicklungsgeschichte
Die Darstellung der Entwicklungsgeschichte ist ab den zwanziger Jahren des
20.Jahrhunderts in Dekaden eingeteilt worden, systematisiert nach inhaltlichen
Gesichtspunkten. Trotz der Strukturierung in Jahrzehnte beschreibe ich keinen
stringenten chronologischen Entwicklungsverlauf, denn es werden immer
wieder bewußt Querverweise zu anderen Dekaden gebildet, um so inhaltliche
Parallelen oder vergleichbare Tendenzen zu Musicals anderer Zeiträume
aufzudecken.

8
Die achtziger und neunziger Jahre sind in einem Kapitel zusammengefaßt.
Jenes Kapitel befasst sich insbesondere mit der Vielzahl von neuen
Erscheinungen, die sich in diesem Zeitraum in der Manifestierung einer neuen
Musical-Ära zeigen. Die Tendenzen und Innovationen dieser beiden Jahrzehnte
strahlen noch unmittelbar auf die aktuelle Musicalszene aus und stehen
gleichsam in einer direkten Verknüpfung mit dem Phänomen Musical-Boom.
Zugeordnet ist diesem Kapitel eine Analyse dessen, was der Musical-Boom an
Veränderungen und Diskussionen im Theaterbetrieb allgemein ausgelöst hat.
Diese Analyse wird verflochten mit den Ergebnissen der Umfrage (siehe
unten). Allerdings werde ich durch die gesamte Arbeit hindurch einen
Überblick zu diesem Themenkomplex geben. Diese Kontinuität der Übersicht
ist möglich durch die oben beschriebenen, bewußt intendierten Querverweise.
Die Umfrage
Die eben erwähnten Auswirkungen des Musical-Booms werden durch den
empirischen zweiten Hauptteil dieser Arbeit untermauert (Kapitel 6.).Dieser
stellt die Vorstellung und Auswertung einer von mir entwickelten Umfrage dar,
die an Intendanten/Innen, Regisseure/Innen und Dramaturgen/Innen der 98
deutschen Staats- und Stadttheater sowie Freie Bühnen in postalischer Weise
gerichtet wurde.
2.2. Inhaltliche Definitionen und Abgrenzungen
Definition und Qualitätsmerkmale des Musicals
Die Darstellung der Geschichte wird zeigen, daß eine Definition des Musicals
bzw. Beschreibung der grundlegenden Wesens- und Qualitätsmerkmale zur
besseren Verständlichkeit der historischen Zusammenhänge dienen wird. Die
expliziten konstitutiven Eigenschaften des Musicals werden in anderen
Sachverhalten zwar nochmals aufgegriffen und durch Details ergänzt, jedoch

9
soll die nachfolgende Erläuterung zunächst einen Einstieg bieten zur
Eingrenzung des Begriffes ,,Musical":
Vielfältigkeit und Integration der verschiedenen künstlerischen
Gestaltungsmittel bezeichnet meiner Meinung nach das konstitutive Merkmal
der Gattung Musical. Diese künstlerischen Gestaltungselemente sind: Gesang,
Tanz, Schauspiel, gesprochene Dialoge, Bühnenbild, Kostüme, Bühnentechnik
und Showeffekte. Aber auch die thematische Offenheit des Musicals ist
prägend für dieses Genre, denn nahezu alles kann Thema eines Musicals sein.
Das am 27.12.1927 uraufgeführte Musical Show Boat des Komponisten Jerome
Kern und Textdichters Oscar Hammerstein II., vereint in sich
Qualitätsmerkmale, die seitdem maßgebend für nachfolgende Musicals waren.
Selbstverständlich kann den folgenden aufgeführten Komponenten, die dieses
Werk auszeichneten, in anderen Stücken eine jeweils andere Gewichtung
zufallen (weiterhin wird die Geschichte zeigen, daß einzelne der unten
aufgeführten Aspekte modifiziert und neue hinzukommen werden):
-
Sujet: Bearbeitung eines ernsten und heiklen Themas, also
Gesellschaftskritik. In Show Boat war dies die Rassenproblematik: Mulattin
verliebt sich in US-Amerikaner; Dokumentation von persönlichen
Schicksalen
-
Dramaturgie: das Musical hat eine durchgehende Handlungsbezogenheit
-
Realitätsnähe: Figuren des Alltags bieten Identifikationsmöglichkeiten für
den Rezipienten
-
Musik: die Musik trifft den Geschmack und Zeitgeist; in Show Boat hat die
Musik vor allem volksliedhaften Charakter
-
Songs: die Songs sind handlungsbezogen und transportieren die Handlung
weiter
-
Sprache: die Sprache ist umgangssprachlich gestaltet und ist in ihrer
Wirklichkeitsbezogenheit dem Schauspiel näher gekommen
-
Rollenbesetzung: es wird größerer Wert auf eine angemessene Besetzung
der Rollen gelegt

10
-
Bühnenbild: das Bühnenbild ist naturalistisch, ohne Effekthascherei
gestaltet
-
Autoren: die Autoren sind Amerikaner
-
Spielort: die USA sind Spielort der Handlung
-
Arbeitsweise: Produzent, Autoren, Choreograph und Regisseur arbeiteten
im Teamwork
-
Gesamteindruck: Perfekte Integration der künstlerischen Gestaltungsmittel
Im Kapitel 4. ,,Zwanziger Jahre" wird auf diese Punkte noch einmal
differenziert Bezug genommen.
Zur Beschreibung der Wesensmerkmale des Musicals gehört auch die
Deskription des produktiven Prozesses, denn auch dieser hat charakteristische
Züge, die für das Gesamtverständnis zur Konjunktur des Musicals Erwähnung
finden müssen:
im Musical muß alles auf die äußerste Effektivität gerichtet werden. Dafür
zeichnet ein komplexes, eng zusammenarbeitendes System von Teamwork
oder Kreativteam (Autoren, Regisseur, Choreograph, Bühnenbildner,
Techniker, Darsteller), an dessen Spitze der Produzent steht, verantwortlich.
Der Produktions - und Inszenierungsstab eines Musicals setzt durch die
Anforderungen für die Herstellung eines Stückes neue Maßstäbe. So ist z. B.
die Personalunion (z. B. der Autor und Regisseur ist eine Person, siehe
fünfziger Jahre) und ein sich ergänzendes kongeniales Team ein unbestrittener
Vorzug und unbedingte Notwendigkeit in einem Theatersystem, in dem die
Herstellung eines Stückes und seine Aufführung eine feste Einheit bilden. Dies
ist wichtig für die Integration der künstlerischen Elemente und der
Gesamtaussage. Kein anderes Genre verlangt zudem von den Darstellern eine
künstlerische Allroundausbildung oder Allroundtalent wie das Musical (Tanz,
Gesang, Schauspiel, Artistik). Das ist auch zugleich ein
wichtiges
Unterscheidungsmerkmal von anderen Musikgattungen, wie z. B. der Oper oder
Operette! In den Gattungen Oper und Operette sind die gesanglichen und
schauspielerischen Qualitäten vorrangig. Tanzleistungen sind selten gefordert

11
und haben wenn auch nur eine dramaturgisch eher untergeordnete Funktion.
Der Tanz im Musical z. B. hingegen ist jedoch ein wichtiges künstlerisches
Ausdrucksmittel.
Musical-Operette: eine Abgrenzung
Die vorliegende Beschreibung der Entwicklungsgeschichte wird zeigen, daß
das Musical Resultat ist aus vielen Experimenten mit verschiedensten Formen
der Unterhaltung und Einflüssen des Musiktheaters. Ein direkter Vorläufer des
Musicals war jedoch die europäische Operette. Da ein Vergleich dieser beiden
Genres sich immer wieder durch die Arbeit ziehen wird, ist ein Exkurs zur
Erklärung der grundlegenden Unterschiede der Gattung Operette zum Musical
an dieser Stelle angebracht:
-
Dramaturgie: die Operette zeichnet sich aus durch manifeste, starre
Personenkonstellationen (z. B. zwei bis drei Paare geraten im Laufe der
Handlung in Verwicklungen und Verwirrungen); damit ist auch oftmals ein
ähnlich verlaufender dramaturgischer Handlungsablauf verbunden
-
Sujet: das Spielfeld ist häufig im aristokratischen Milieu angesiedelt
-
Musik: die Gesangsnummern stehen dramaturgisch im Vordergrund
gegenüber den Sprechszenen
-
Tanz: die Tanznummern erfolgen häufig handlungsunmotiviert, treiben
diese nicht voran, haben dramaturgisch eine untergeordnete Funktion.
Viele dieser Aspekte haben sich in der Entwicklung zum Genre Musical
verändert in Richtung auf Integration der einzelnen künstlerischen Elemente
(siehe oben), die alle gleichberechtigt und handlungsfördernd sein können. Das
alles baute sich mit einem Schwerpunkt zur durchgehenden Handlung in
Richtung Schauspiel sowie einer thematischen und musikalischen Offenheit
aus.

12
Der Ausprägung des Genres Musical in seiner oben gezeigten Form ging aber
eine lange Entwicklungsphase voraus. Inwiefern die Entwicklung zum Musical
vollzogen wurde, zeigt die nachfolgende Entwicklungsgeschichte.
3. Vorbedingungen zur Entstehung des Musicals
3.1. Allgemeine Kriterien des Musicals
Kulturelle Strukturen und Bedingungen in den USA
In den Anfängen des Vorläufers des Musicals finden sich Kriterien, die
durchgehend die Genregeschichte prägen und auf die seitdem nicht mehr
verzichtet werden konnte. Um diese grundlegenden Elemente verständlich zu
beschreiben, erscheint es mir sinnvoll, einige Aspekte der Grundmuster
amerikanischer Kultur zu skizzieren, die für die Beschaffenheit des Musicals
relevant sind. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die in der Fußnote
13
angegebene weiterführende Literatur, da die Erläuterung der amerikanischen
Kultur und des amerikanischen Kulturverständnis zu komplex ist, um an dieser
Stelle ausführlich darauf einzugehen.
Die amerikanische Kultur ist stark geprägt von populistischen und
patriotisch-nationalistischen Werten. Dies läßt sich begründen im
gemeinsamen Entstehungsprozess der amerikanischen Kultur und der Republik
USA. Im Vergleich zu Europa ist Kultur in den USA in geistesgeschichtlicher
Hinsicht andersartig gewachsen.
In Europa war Kultur Ausdruck von hierarchisch organisierter Macht, z. B. im
18. Jahrhundert: das Begehren des (Musik-) Bürgertums nach öffentlichen
Konzerten oder das Etablieren öffentlich-bürgerlicher Konzerte, gerichtet gegen
die feudalistische Herrschaftsstruktur.
13
Ostendorf, Berndt; Levine Paul, Kulturbegriff und Kulturkritik ­ Die amerikanische
Definition von Kultur und die Definition der amerikanischen Kultur; in: Adams, Willi PaulM;
Czempiel, Ernst-Otto; Ostendorf, Berndt; Shell, Kurt L.; Spahn, P. Bernd; Zöller, Michael
(Hg.); Länderbericht USA II; Bonn,
2
1992, S. 515-526

13
In den USA war die Möglichkeit, ,,[...] Kultur als Instrument politischer Macht
zu inszenieren [...]"
14
zwar auch vorhanden, wurde aber durch den ,,Gedanken
der Volkssouveränität"
15
innerhalb der amerikanischen Entstehungsgeschichte -
verbunden mit dem Gründungsmythos - durchkreuzt.
Auch die ,,Abwesenheit einer normativen, hohen Kultur [...]"
16
so wie sie in
Europa vorherrschte, bedingte das Entstehen der nationalistisch eingefärbten
Kultur. ,,Mit Kultur sollte sich also kein Staat machen lassen, denn Kultur
ebenso wie Religion waren als Macht verpönt"
17
. ,,Kultur, auch die kritische,
ist also in den USA somit dem politischen System eines Republikanismus
immanent [...]"
18
und bewegt sich folglich innerhalb der Eckpfeiler eines
Gesamtkonzeptes, was letztlich die populäre (patriotische) und kommerzielle
Kultur erklärt. Das heißt Kunst und Kultur in Amerika sind gemeinsam
gewachsen mit der Republik und deren Werte und impliziert somit auch
deutlich republikanische und nationalistische Normen. Dies schließt aber, wie
schon erwähnt, eine kritische Kultur nicht aus.
Jene Kultur in Amerika ist zudem oftmals eine erfolgreiche Synthese mit
Kommerz eingegangen.
Die Entwicklungsgeschichte des Musicals wird Beispiele von Künstlern oder
Werken zeigen, die gesellschaftskritische Mißstände widerspiegeln (siehe Show
Boat, Strike up the band ­ Gershwin/Gershwin, 1930) und trotzdem einen
Publikumserfolg landen konnten. Die Brüder Gershwin verstanden es z. B.
kritische Texte mit anspruchsvoller und eingängiger Musik zu kombinieren und
stießen damit bei Kritik und Publikum auf eine positive Resonanz (siehe
dreißiger Jahre).
Auch die Entwicklung des Musicals läßt sich vor dem Hintergrund eines auf
populistischen, republikanischen Werten basierenden Fundamentes erklären.
14
Ebda., S. 522
15
Ebda.
16
Ebda., S. 523
17
Ebda., S. 522
18
Ebda., S. 521

14
Fußend auf den oben eingeschobenen Exkurs ist nachzuvollziehen, warum das
Musical ein populär ausgerichtetes Unterhaltungsmetier ist.
Das Hauptanliegen des Musicals ist die Unterhaltung, das Vergnügen, die
Ablenkung
19
. Unterhaltung ist Showbusiness und Showbusiness geht nur einher
mit einem großen Publikum, denn die Regel Nr. 1 im Showbusiness heißt: nur
die Masse bringt Gewinn. Also muß das Musical Unterhaltung für die Masse
sein. Daraus folgt, daß dem Publikum das gegeben werden muß, wonach es
verlangt (was aber auch das Bedürfnis nach kritischen Aspekten nicht
ausschließt). Das erklärt auch weiterhin, warum Kommerz bzw.
Kommerzialisierung sehr stark mit dem Showbusiness verbunden ist. Jener
Anspruch, die Erwartungshaltungen des Publikums nicht zu enttäuschen, hat
sich sogar historisch bedingt in subventioneller Hinsicht ergeben, denn in den
USA finanziert in erster Linie das Publikum durch seinen Eintritt das Theater.
Das heißt also, seitdem es öffentliche Spielstätten in den USA gibt, seit ca.
1735, besteht aus finanziellen Gründen die Notwendigkeit, den Erwartungen
des Publikums zu entsprechen. Erst seit Ende der sechziger Jahre des 20.
Jahrhunderts gibt es ein staatliches Kulturfinanzierungssystem. Die staatlichen
Zuwendungen für Kultur sind in den Vereinigten Staaten deutlich geringer als
in westeuropäischen Ländern. Die Hauptfinanzierung wird weiterhin
überwiegend durch das zahlende Publikum getragen, weshalb sich das oben
beschriebene Verhältnis zum Publikum nicht grundlegend veränderte.
Weiterhin heißt das aber auch nicht, daß wegen geringerer staatlicher
Subventionen Kultur in den USA ausschließlich kommerziell ausgerichtet ist.
19
Das Musical wird in der Literatur dem Genre Unterhaltung zugewiesen. Mittlerweile halte ich
diese einseitige Definition für nicht mehr zutreffend und aktuell. Die Musicalgeschichte wird
zeigen, daß es genügend Werke gibt, die vom Anspruch der Unterhaltungsdominanz abweichen
und weitaus vielschichtigere und kunstvolle Elemente aufweisen, z. B. die West-Side-Story ­
Bernstein/Sondheim, 1957 oder A little night music, Sondheim, 1973.

15
Einige Zahlen über das Kulturförderungssystem in den USA sollen dies im
folgenden belegen. Die Kulturförderung unterteilt sich in ein dreigliedriges
System:
1.) Staatliche Unterstützung mit 0,008 % des Staatshaushaltes, Stand: USA,
Mitte der siebziger Jahre, (Vergleich BRD: 0,13 %)
2.) Stiftungen: NEA (National Endowment for the Arts); NEH (National
Endowment for the Humanities) seit 1965
3.) Sponsorship (Industrie).
1992 beliefen sich die finanziellen Unterstützungen dieser drei Bereiche auf
jeweils 400 Millionen Dollar
20
.
Das bedeutet also, daß in der Vergangenheit das Theater fast ausnehmlich auf
zahlendes Publikum angewiesen war und somit dem Anliegen der Unterhaltung
besonders Rechnung getragen werden mußte
21
.
Da dementsprechend dem
Publikumsinteresse aus o. g. Gründen besonders Rechnung getragen werden
muß, bedeutet dies, daß die Qualität der Aufführung, d. h., die ,,live­
Präsentanz", für den Amerikaner
schlichtweg auch ,,Show", besonders
wichtig
ist. Das Musical muß also publikumswirksam sein; hieraus erklärt sich, daß das
Musical ein ,,Gebrauchsgegenstand" ist. Es ist produziert für den kurzfristigen
Konsum, nicht aber für eine kurze Laufzeit. Produzenten müssen Trends
erkennen, auf wechselndes Interesse der Zuschauerschaft eingehen. ,,Musical ist
ein Produkt des Industriezeitalters"
22
und somit vergängliche Theaterware. Das
zeigt sich auch daran, daß es nur wenige Stücke inhaltlich-zeitlosen Charakters
gibt.
20
Die oben aufgeführten Zahlen sind dem 1992 erschienenen Länderbericht USA II
entnommen. Mittlerweile können sich diese selbstverständlicherweise geändert haben.
Wheatley, Steven C., Kulturförderung und Erziehung ­ Träger der Kultur und Kulturförderung;
in: Adams, Willi Paul; Czempiel, Ernst-Otto; Ostendorf, Berndt; Shell, Kurt L.; Spahn, P.
Bernd; Zöller, Michael (Hg.); Länderbericht USA II; Bonn,
2
1992, S. 576-588
21
siehe hierzu Ostendorf, Berndt; Levine Paul; S. 515-526
22
Bartosch, Günter; Die ganze Welt des Musicals; Wiesbaden 1981, S.22

16
3.2. Theorien über das erste Musical
In der Literatur findet man verschiedene Theorien über das erste Musical, die
zu erwähnen aufschlußreich sind.
Das Problem dabei ist aber, welche Kriterien man zur Definition eines Musicals
hierbei zugrunde legt (siehe oben).
In der Sekundärliteratur werden zwei Werke erwähnt, die - spekulativ - zu den
Ur- Musicals zählen könnten.
1.) The Beggar`s Opera von J. C. Pepusch (Musik) und John Gay (Text),
Uraufführung 1728 in London, Erstaufführung 1751 in New York, hat
zweifelsfrei Elemente, die den Kriterien eines klassisches Musicals nicht
widersprechen. The Beggar`s Opera, stilistisch der englischen Balladen-Oper
23
zuzuordnen, ist eine unbestreitbare Parodie auf eine Oper, zeigt also damit
kritisches Potential. Das musikalische Material besteht, unter Verwendung von
traditionellem Liedgut, vorwiegend aus ,,Gassenhauern", d. h. eingängigen
Melodien, sogenannten ,,Ohrwürmern". Dieser Aspekt ist sicherlich adäquat zu
übertragen auf die Schlager und Hits im modernen Musical des zwanzigsten
Jahrhunderts. Denn viele erfolgreiche Musicals weisen sehr populäre Lieder auf
(Cats ­ ,,Memory", Hello Dolly ­ Jerry Herman, 1964 ­ ,,Hello Dolly", My fair
Lady - Frederick Loewe/Alan Jay Lerner, 1956 ­ ,,I could have danced all
night", ,,The rain in spain" u.v.m.). Die bissigen, satirischen Texte, immer
wieder aktualisiert, hatten einen aktuellen Zeitbezug und diese Bettler-Oper
hatte ganz offensichtlich Unterhaltungs - und Vergnügungsaspekte, was mit zu
den entscheidenden Faktoren eines Musicals gehört. Betrachtet man nun
kritisch diese Pro-Musical-These, so liegt nicht unbedingt der Schluß nahe,
dieses Werk als erstes Musical zu betrachten. Diese Kriterien könnten genauso
zutreffend sein für eine Operette im Offenbachschen Stil. Jacques Offenbachs
23
Balladen-Oper oder Ballad-Opera: im 18. Jahrhundert in England eine bestimmte Form der
komischen Oper mit gesprochenen Dialogen, volkstümlichen Liedern mit austauschbaren
Texten.

17
Orpheus in der Unterwelt, 1858, als Verspottung der Oper konzipiert, zielt ganz
bewußt in parodistischer, satirischer Weise auf das damalige Kaiserregime und
die Pariser Gesellschaft und entspricht somit den oben erwähnten Musical-
Kriterien.
Die Brecht/Weill`sche Nachdichtung Die Dreigroschenoper ­ Kurt Weill/Bert
Brecht, 1928, basiert auf The Beggar`s Opera und wird in den USA dem Genre
Musical zugeordnet. Möglicherweise entstand als Rückschluß auf das
erfolgreich gespielte Musical The three penny opera, (so der englische Titel der
Dreigroschenoper), die These, The Beggar`s Opera als erstes Musical
einzuordnen.
2.) Als zweites Ur-Musical gilt The Archers of mountainers of Switzerland,
1752 von Lewis Hallam, dem ersten professionellen Theatermacher in den
USA. Dieses Stück geht auf die Schweizer Wilhelm-Tell-Sage zurück und gilt
eigentlich nur als amerikanisches Werk, weil der Autor Amerikaner war und
kam damit quasi in den Genuß der Zuordnung ,,Musical". Im Grunde ist dieses
,,Musical" nur Abbild der europäischen Operette.
3.3. Importe aus Europa
Vom 18. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Opern, Opera Buffa und
Operetten aus Europa importiert und sehr erfolgreich in den USA gespielt.
Dieser Import setzte sich auch noch fort, während die Amerikaner schon eigene
Formen ausprobierten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als die USA zur
Unabhängigkeitserklärung (1776) gelangt waren, begannen die Amerikaner
vorsichtig mit eigenen Produktionen, die ihre thematischen Stoffe jedoch noch
aus Europa bezogen, woher auch die meisten Einwanderer kamen.

18
Die Operette hatte den wichtigsten Einfluß. Zunächst gab es amerikanische
Plagiate dieses europäischen Vorbilds, aber durch die Einbindung in den
amerikanischen Alltag (z. B. USA ist Spielort der Handlung) und die
amerikanische Geschichte, kam es zu einer schrittweisen Veränderung.
Zur genaueren Betrachtung unterscheidet die Literatur überwiegend drei Phasen
des Importes:
1. Phase: 1735 - 1879: Einführung der englischen Balladen-Oper (u. a. The
Beggar`s Opera von Gay/Pepusch, bewirkte erste Impulse für eigene
Produktionen
2. Phase: 1879 - 1918: Import-Welle von europäischen Operetten
3. Phase: 1918 - 1920er Jahre: Einebbung des Importes; Blütezeit der Operette
in Europa zu Ende
Die erste Phase begann 1735 mit der Einführung der englischen Balladen-Oper
Flora (Autor unbekannt). In nordamerikanischen Kolonien aufgeführt und oft
nachgeahmt, kam das amerikanische Musiktheater zunächst als europäisches
Import-Genre in Bewegung. Diese Phase dauerte an bis ca. 1879.
In der zweiten und für die Entwicklung des amerikanischen Musiktheaters
wichtigsten Phase, beginnend mit William S. Gilbert und Arthur Sullivan H. M.
S. Pinaforte - das Mädchen, das einen Seeman liebt, 1879, (so die deutsche
Übersetzung) und weiteren Operetten aus der Feder der beiden populären
englischen Autoren, setzte die größte Import-Welle aus Europa ein. Über 72
Operetten waren in diesem Zeitraum in den USA vertreten. Zu der 1. Operette
hinzu kamen zehn weitere von Gilbert und Sullivan. Bekannte Importe anderer
Autoren waren außerdem Die Fledermaus - Johann Strauß, 1874, Bocaccio -
Franz von Suppé, 1879, Werke von Offenbach, Millöcker, Lecocq, Genée.
Der herausragendste Erfolg in den USA war aber Die lustige Witwe (The merry
widdow) -Franz Lehâr, 1905, sowie The Pirates of Penzance - Gilbert/Sullivan,
1879/80. Überhaupt rangierten an der Spitze der Beliebtheit die Werke von
Gilbert und Sullivan. Die literarischen Feinheiten, geschliffenen Dialoge sowie

19
der hintergründige Humor der Werke von Gilbert und Sullivan übertrafen bei
weitem die klobigen Nachdichtungen der oftmals schnell und schlecht
übersetzten französischen und deutschen Werke. Ein weiteres Handicap der
französischen und deutschen Operetten war das aristokratische, adelige Milieu,
für das es in Amerika keine Entsprechungen gab. Das Volk suchte nach
Unterhaltung, die Identifikation ermöglichte. Unterhaltung sollte mit dem
Alltag der eigenen Geschichte und Gegenwart zu tun haben (siehe oben).
Der dritte zeitliche Abschnitt ist nach dem 1 Weltkrieg, 1918 bis in die 1920er
Jahre hinein anzusetzen. In dieser Zeit wurden nur noch wenige europäische
Werke importiert, weil die Amerikaner (siehe 3.4. und 3.5.), mittlerweile zu
einer eigenen Schaffensperiode gelangt waren und auch in Europa die Blüte der
Operette, also des dominanten Importmittels, zu Ende gegangen war.
3.4. Drei wegweisende Theatermacher
Dem oben formulierten Anliegen ­ Unterhaltung, die Identifikation ermöglichte
- wurden drei Amerikaner gerecht: Victor Herbert, George M . Cohan und
Florenz Ziegfeld jr..
Diese drei Persönlichkeiten zählen zu den bedeutendsten Theatermachern
Amerikas Ende des 19. Jahrhunderts, Anfang des 20. Jahrhunderts; sie trugen
zur Stärkung des amerikanischen Bewußtseins im amerikanischen Musical bei.
Alle drei leisteten bei ihren Bemühungen auf dem Wege zur Entwicklung eines
amerikanischen Musiktheatergenres einen jeweils individuellen Anteil,
kreierten unterschiedliche Beiträge zur Formgestaltung des Genres und
konzeptionelle Ideen, die im Verlauf der weiteren Geschichte in das Metier
Musical in integrativer Weise einflossen.
Victor Herbert, dessen erste Operette die 1894 aufgeführte Prince Ananias
war, initiierte eine Art Vorläufer eines ,,Starmusicals"
24
. Sein kreativer Anteil
24
In den 1960er Jahren taucht die Bezeichnung ,,Starmusical" bzw. diese Musicalausrichtung
noch einmal prägnanter auf. Starmusical: Der Erfolg eines Musicals hängt fast ausschließlich
von der Popularität eines Musicalstars ab.

20
zur Entwicklung einer amerikanischen Musiktheaterform war, daß er zur
simplen Erkenntnis gelangte, daß man ,,den Stars des Showbusiness die Stoffe
auf den Leib schneidern muß, wenn man Erfolg haben will"
25
. Die Stars dienten
als ,,Zugpferde" und waren gleichsam Garanten für einen Erfolg. Das war ein
schon kommerzieller Anspruch, der in seiner ausgeprägten Form in den 1960er
Jahren deutlicher Konturen annehmen wird. Diese Maxime machte sich in der
dreißigjährigen Karriere von Victor Herbert fast immer bezahlt und wurde in
der Musicalgeschichte immer wieder, insbesondere in den achtziger und
neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
26
beherzigt.
Herbert war ein wahrhaft kommerzieller Komponist, der es verstand, sich den
rasch wechselnden Geschmacksrichtungen des Publikums anzupassen. Eine
solche musikalische Nähe zum Publikum vermochten die europäischen
Operetten wahrscheinlich nicht zu erreichen. Eine dem Publikum gefällige
Musik hat somit möglicherweise einen identifikationsstärkenden Effekt zum
gesamten Werk. Allerdings bediente sich Herbert ,,hemmungslos der Vorbilder
aus der Alten Welt"
27
und mußte sich aus diesem Grund sogar dem Vorwurf
des Plagiats stellen. Seine Werke glichen in Inhalt, Aufbau und Ablauf stark
den europäischen Operetten. Er spekulierte damit wohl auf einen
Wiedererkennungseffekt, denn die europäischen Werke waren während dieses
Zeitraumes noch sehr populär. Inwiefern Herbert also ein origineller und
originärer, d. h. mit eigenem, nicht plagiatem Material arbeitender Hitschreiber
war, läßt sich aufgrund der Quellenangaben nicht mehr nachvollziehen. Fakt ist,
daß er ein profundes Musikwissen hatte - er hatte ein Musikstudium in
Deutschland abgeschlossen ­ und es ist nicht auszuschließen, daß er seine
Werke den ihm bekannten Musiktheaterwerken aus Europa anlehnte und diese
mit eigenem musikalischem Material anreicherte. Im patriotischen Amerika
25
Weck, Peter; Sonderhoff, Joachim; Musical: Geschichte-Produktionen-Erfolge;
Braunschweig 1986, S. 39
26
siehe hierzu Sechziger Jahre und Anhang ­ Definitionen von Einzelaspekten b.)
,,Starmusical"
27
Weck; Sonderhoff, S. 39

21
genügte jedoch anscheinend die Tatsache, daß seine Werke in den USA
entstanden waren (siehe oben). Herberts Werke wurden aufgrund dieser
Tatsache als originäre amerikanische Operetten deklariert. Also hat auch dieses
Faktum der Originalität für den Amerikaner eine identifikationsbindende
Wirkung.
Ein aktueller Vergleich zeigt, daß auch heutige Komponisten ebenfalls nach
diesem Prinzip des kommerziellen Sicherheitsdenkens arbeiten, denn im
Grunde ist es ein Versuch nach einer kalkulierbaren Resonanz, wenngleich es
ein garantiertes Erfolgsrezept nie gibt. So setzte z. B. Jim Steinman, Komponist
von Tanz der Vampire, (UA 05.10.1997, Wien), einige seiner einstmals
erfolgreichen Pop-Hits in diesem Werk ein. Unter anderem verwendete er den
Bonnie Tyler-Hit ,,Total eclipse of the heart", welches aber zu skeptischen
Kritiken in der Presse führte, u. a. ,,Steinman griff tief in sein Repertoire, vor
allem die Bonnie Tyler-Nummer ,,Total Eclipse Of The Heart" wird immer
wieder bemüht, [...]. [...] Komponist Jim Steinman hat offenbar gar nicht
versucht, für den ,,Tanz der Vampire" eine neue Kernmelodie zu schreiben. [...]
in der nicht falschen Annahme, daß ein Hit ein Hit bleibt [...]"
28
. Meiner
Meinung steht hinter diesem Arbeitskonzept eindeutig das Prinzip des
musikalischen Déjà-vu-Effektes oder wie Erwe schreibt, den ,,Schein des
Bekannten"
29
zu wahren und die Spekulation auf eine mögliche Erfolgsgarantie.
Die Anfänge dieser Arbeitsweise liegen also schon lange zurück und sind
verknüpft mit der Person Victor Herbert.
George M. Cohan gab seinen entworfenen Musical-Comedies eine stark
nationale, patriotische Einfärbung. Diese Musical-Comedies waren im Grunde
Sketchsammlungen mit Musik, verbunden durch einen lockeren
28
Knopf, Gerhard; Tanz der Vampire; in: musicals - Das Musicalmagazin; Ausgabe Dezember
1997/Januar 1998, Heft 68, S. 4-7, S. 6
29
Erwe, Hans Joachim; Das Musical ­ Populäres Musiktheater in der Schule; in: Musik und
Unterricht 30; 1995, S.4-8, S. 6

22
Handlungsfaden
30
. Er schuf Stücke, die das wahre Leben auf die Bühnen
brachten, ,,Menschen und keine Kunstfiguren"
31
. Sein Verdienst war es, daß
,,der Broadway
[
sich] immer mal wieder auf historische Geschehnisse und
Persönlichkeiten"
32
besann. ,,Vornehmlich, aber nicht immer, handelt es sich
um Themen aus der Geschichte der Vereinigten Staaten"
33
. Cohan trug u. a.
damit zum amerikanischen Selbstbewußtsein im Musical bei und ebnete den
Weg für die sich später häufig zeigende nationalistische Grundstimmung in
diesem Metier.
Florenz Ziegfeld jr. kreierte Anfang des 20.Jahrhunderts die ,,Ziegfeld
Follies". Nach dem Pariser Vorbild der berühmten Ausstattungsrevuen im
,,Folies Bergère" produzierte Ziegfeld aufwendige Shows mit steigendem
Erfolg bis 1924 (bis zu seinem Tod 1932 folgten noch drei Follies). Seine
Revues unterschieden sich jedoch im Laufe der Zeit vom französischen
Vorbild, denn sie hatten einen Handlungsfaden, waren aufwendiger und
,,amerikanischer, d.h.:
-
er schuf das ,,American Girl"
34
, welches schnell zur Seele seiner Shows
wurde
-
er pflegte die Präsenz der amerikanischen Nationalfarben, amerikanische
Attribute verschiedenster Art.
-
die Shows waren allgemein üppiger gestaltet , mit aufwendigen
Bühnenbildern, Kostümen etc. (Effekthascherei)
Oftmals implantierte er diese neuen Elemente, einschließlich des ,,American
Girl" in die teils übernommenen und weiterverarbeiteten europäischen Werke.
30
Musical-Comedy ist eine begriffliche Spezifizierung und charakterisiert den komödiantischen
Schwerpunkt dieser Musicalausrichtung.
31
Weck; Sonderhoff, S. 41
32
Bartosch, S. 103
33
Ebda.
34
,,American Girl" meint eine Solotänzerin oder ein Chorus-Girl (Ensemble-Tänzerin), oft
verkleidet in den amerikanischen Nationalfarben, mit viel erotischem Appeal. ,,Die zum
Abschluß ihres Auftritts in ein golddurchwirktes Negligée und Stöckelschuhe gesteckte
Schönheit [...] tanzte sich in die Herzen." Weck; Sonderhoff, S. 43

23
Seine Shows hießen dann z. B. Up, Up, Up in My Aeroplanes, 1910 oder
schlicht, The Ziegfeld Follies 1908.
,,Gloryfying the American Girl"
35
, d. h. die Glorifizierung des
amerikanischen weiblichen Stars, war eines seiner großen Verdienste für die
Weiterentwicklung des Musicals, [ohne] ,,die das spätere Musical nur schwer
auskommen konnte"
36
. Ziegfeld war in den zwanziger Jahren ebenfalls noch
erfolgreicher Produzent verschiedener Musicals, z. B. bei dem 1927
entstandenen Show Boat.
Die Film-Biographie Ziegfeld`s Himmlische Träume, 1949, beweist unter
anderem die Bedeutung und Anerkennung dieses Künstlers.
In der weiteren Musicalentwicklung gab es eine Reihe von Werken, die die drei
oben beschriebenen Elemente ­ ,,American Girl", amerikanische Attribute,
üppige Gestaltung - in sich vereint haben. In Annie get your gun - Irving Berlin,
1946, zeigen sich vor allem die Aspekte ,,amerikanischer Nationalismus" und
,,weiblicher Star" nur allzu offensichtlich.
Das musikalische Material, das diesen Theatermachern und ihren Werken
zugrundelag, war aber nicht so innovativ wie die anderen erwähnten Aspekte
ihres Schaffens. Der Kompositionsstil war oftmals den europäischen Operetten
sowie den Berliner und Pariser Revuen entlehnt.
Rückblickend ist zu resümieren, daß die Innovationen dieser drei
Persönlichkeiten als paradigmatisch für das anfangs beschriebene
amerikanische Kulturverständnis zu werten sind.
35
Ebda.
36
Ebda.

24
3.5. Anfänge - Die Minstrel-Shows und weitere eigene
Unterhaltungsformen
Weitere Wege zur Entwicklung einer amerikanischen Unterhaltungsform zeigte
sich vor allem in den Minstrel-Shows
37
. Von 1820 bis zur Mitte der zwanziger
Jahre dieses Jahrhunderts wurden diese äußerst erfolgreich gespielt. Es handelt
sich dabei um drei-aktige, kabarettistische Stücke mit Vaudeville
38
- und
Burlesken-Elementen
39
. Als Farbige verkleidet karikierten weiße Solisten die
Folklore und Gospel-Songs der schwarzen Sklaven. Diese Shows verliefen nach
einem genau durchstrukturierten Muster, wobei es exakt festgelegte Rollen und
Charaktere gab. Sie sind theatergeschichtlich zu vergleichen mit der Commedia
Dell`Arte und deren Stereotypen-Strukturen. So gab es, als Hauptfiguren, den
Interlocator (Spielleiter), die End-men (diese saßen außerhalb des Halbkreises,
in welchem sich die anderen Darsteller befanden) - Mr. Tambo
(Tambourinspieler) und Mr. Bones (Kastagnettenspieler), sowie Jim Crow (der
in den Tag hineindösende Plantagenarbeiter)
40
.
Diese Minstrel-Shows waren sehr erfolgreich, wurden trotz oder gerade wegen
ihres Erfolges jedoch später immer kommerzieller. Das heißt, immer mehr und
größere Ensembles entstanden und die Shows näherten sich in Inhalt und
Struktur an. Wegen der wachsenden Konkurrenz drängten sich die merkantilen
Aspekte gegenüber den künstlerischen in den Vordergrund. Insgesamt
entwickelte sich ein Überangebot der Minstrel-Shows (gegen 1850), was einen
Verlust an Attraktivität und damit ein Auslaufen dieses Genres bedeutete. Auch
die heutige kommerzielle Musicalszene weist ähnliche Tendenzen auf. Die
Musicals gleichen sich in Form und Inhalt an und auch die kommerziellen
Gesichtspunkte sind vielfach vorrangig.
37
Minstrel: a.) Negersänger b.) herumziehende Spielleute, die Bänkelsang und Moritat
vortrugen; Ebda., S. 25
38
Vaudeville: auf Pariser Jahrmärkten entstandene, mit Liedern durchsetzte Komödie
39
Burlesk: keine einheitliche Definition; Burleske: im 16./ 17. Jahrhundert als Parodie von
antiken Stoffen enstandene Form der Unterhaltung.
40
siehe hierzu Weck; Sonderhoff, S. 25 ff.; Bez; Degenhardt; Hofmann; S. 15 ff.

25
Nur wenige Gruppen überlebten damals und präsentierten ihre Darbietungen in
luxuriösen Saloons der New Yorker Theaterszene. Die Minstrel-Shows zählen
zu den ersten eigenen Formen des Vergnügens und der Unterhaltung.
Allenthalben könnte man sie zur ersten amerikanischen Show überhaupt
zählen. Ein wichtiger Schritt zur Ausprägung des Musicals wurde hiermit
konstituiert.
Die Minstrel-Shows, in ihrer karikaturistisch angelegten Form, sind auch als
Beispiel einer kritischen, mitunter sogar oppositionellen amerikanischen
Unterhaltungsform zu bezeichnen und integrieren die bereits erläuterte
Synthese von Kultur und Kommerz.
Andere Theatermacher experimentierten, um zu eigenen Unterhaltungsformen
zu finden, indem sie z. B. Stücke schufen aus Versatzstücken verschiedener
Kunstformen (z. B. Ballett, Zirkus, Varieté, Operette, Instrumentalwerke). So
integrierten sie beispielsweise rücksichtslos Tanz in Theaterstücke mit Musik-
Collagen aus verschiedenen bekannten europäischen Werken. In dieser
Tradition, die nicht ganz abweichend ist von den Schöpfungen der o. g.
Theatermacher, stehen weitere Darbietungsbezeichnungen wie Extravaganza
(üppige, effektvolle Ausstattungsrevuen), Humpty-Dumpty (Artistik, Tiere,
Zirkus) etc. Allen diesen Formen gemeinsam ist ein lockerer Handlungsfaden,
viel Glamour und Effekthascherei, Striptease, Sexappeal, Betonung des
,,American-Girl", eine Chorus-Line, Artistik, Comedy und Slapstick.
Betrachtet man die heutige Musical-Hausse, so tut sich hier (bezogen auf die
oben genannten Experimentierformen) meiner Meinung nach eine Parallele zu
dieser damaligen Tendenz auf, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Das heißt,
damals experimentierte man, um neue Darstellungsformen zu kreieren, heute ist
es evtl. ein Mangel an neuen Ideen, die Motivation aus dem großen Musik- und
Theaterfundus zu schöpfen. In vielfältiger Weise gibt es in den neunziger
Jahren wieder Musiktheaterkreationen, die in revuehafter Form ein

26
Konglomerat aus verschiedenen Bausteinen des Musiktheatervorrats
konstruieren. Das Ergebnis ist oft ein Kaleidoskop aus Zeitrevue, Musical-
Comedy und einer Abfolge von bewährten Songs. Die Strategie, diese Shows
überdies mit dem Etikett ,,Musical" erfolgreich zu rechtfertigen, geht in den
meisten Fällen sogar auf. Aktuelle Beispiele, die diesen beschriebenen
Strukturen entsprechen, sind Let´s Pop - verschiedene Autoren, 1997, eine
sechziger Jahre Revue im Berliner ,,Theater des Westens", Pico - verschiedene
Autoren, 1997, deklariert als Das Star-Club Musical, im DELPHI Musik-
Theater, Hamburg, sowie Crazy for you - George Gershwin (Musikmaterial aus
verschiedenen seiner Werke), 1992, im Berliner ,,Theater des Westens"
41
.
Letzteres zeichnet ein oft auftretendes Merkmal aus, bei einem (fast nur) auf
kurzweilige Show ­ und Wiedererkennungseffekte ausgelegten Konstrukt,
nämlich den Mangel an durchgehender Handlung. Zu diesem Geshwin-Musical
bemerkt Klaus-Dieter Kräft: ,,[...] eine handvoll Musical-Evergreens werden
durch eine simpel gestrickte Handlung miteinander verbunden, [...]"
42
. Die
Gershwin-Hits lieferten genaugenommen nur die Chance, quasi unter dem
populären Namen Gershwin, ein ,,neues" Musical auf den Markt zu bringen.
Anhand dieser Beispiele kann man auch vermuten, daß die Musicalmacher nach
in der Vergangenheit erfolgsbewährten Mustern arbeiten bzw. erfolgserprobte
einzelne Elemente bewußt einsetzen. Wie ich oben gezeigt habe, sind diese
collageartigen Verschnitte - ohne dramaturgisch-relevanten Handlungsfaden
mit Ziel eines kommerziellen Erfolges - durchaus auf die Anfang dieses
Jahrhunderts ausprobierten Formen zu beziehen und zu vergleichen.
41
siehe hierzu Kräft, Klaus-Dieter; Crazy for you-Der Broadway-Hit im deutschen Theater; in:
musicals ­ Das Musicalmagazin; Ausgabe Oktober/November 1996, Heft 61, S. 5; Wigand,
Walter; Pico ­ Das Star-Club Musical im DELPHI Musik-Theater; in: musicals ­ Das
Musicalmagazin; Ausgabe Juni/Juli 1997, Heft 65, S. 19; Jansen, Wolfgang; Let`s Pop; in:
musicals ­ Das Musicalmagazin; Ausgabe Juni/Juli 1997, Heft 65, S. 74

27
3.6. Fazit
Bis zum Beginn der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts gab es also
verschiedene Ausrichtungen des amerikanischen Entertainments. Alle
waren bestrebt, eine oder die amerikanische Form der Unterhaltung zu finden
oder zu kreieren. Die lange Vorgeschichte des Musicals brachte Erfahrungen
und Details (wie sich noch zeigen wird), die dem Genre Musical zugute kamen.
Die (mittlerweile) vielfältigen Varianten des Musicals sind also Resultat aus
historischen Erfahrungen und Experimenten mit dem Metier Unterhaltung.
Jedoch läßt sich eine klare, stringente Entwicklungslinie nicht zurückverfolgen.
Die Entwicklungen und Experimente verliefen gleichfalls parallel, nicht linear
oder ineinandergreifend in eine bestimmte Richtung.
Der europäische Einfluß ist ganz offensichtlich sowie die Einwirkungen
zahlreicher weiterer Formen des Musiktheaters oder diverser anderer Arten der
darstellenden unterhaltenden Kunst. Jedoch haben die Amerikaner durch
Veränderung und kulturelle Einbindung
43
des Genres bzw. der Musical-
Vorläufer, einen neuen Beitrag zum Musiktheater geleistet, der sich in seiner
offensichtlichen Ausprägung aber erst in der zweiten Hälfte der zwanziger
Jahre zeigt.
42
Kräft, Klaus-Dieter; Crazy for you, S. 5
43
Kulturelle Einbindung heißt z. B. , daß die Sujets etwas mit der amerikanischen Geschichte
zu tun haben etc.

28
4. Chronologie des Musicals - Zwanziger bis siebziger Jahre
Zwanziger Jahre
-
Die Operette erlebt ihre letzte Importwelle und eine kurze Wiederbelebung
-
George und Ira Gershwin forcieren das Musical-Comedy Lady be good,
1924
- 1927
-
Show Boat markiert einen Wendepunkt in der Musical-Geschichte;
neue Qualitätsmerkmale und erstes musikalisches Gesamtkunstwerk;
Musical erreicht Vorbildcharakter
-
1927 - erster Tonfilm The Jazz-Singer ­ löst Zeit der Konkurrenz zwischen
Kino und Bühne aus.
-
1929 ­ Weltwirtschaftskrise ­ negative Einwirkungen auf Bühnenkultur
Die zwanziger Jahre waren die Dekade zum Durchbruch des Musicals und zur
Charakterisierung des Genres Musical.
Zunächst erlebte aber die Operette eine letzte und kurze Wiederbelebung (siehe
3.3.), doch diese europäische Unterhaltungsform war, auch aufgrund ihrer
langen Importzeit, ausgereizt und erstarrt. So war es nur natürlich, daß etwas
Neues kam bzw. kommen mußte.
Die Brüder George und Ira Gershwin gingen 1924 mit dem Musical Lady be
good einen Schritt in die richtige Richtung. Mit diesem Werk forcierten sie die
bereits von George M. Cohan initiierte Musical-Comedy. Jazzige, temporeiche
Songs mit leichten Melodien, gekoppelt mit einer amüsanten Story, waren das
neue Konzept, das dem Lebensgefühl der schnellen zwanziger Jahre
entgegenkam. Das prägende Charakteristikum dieser auch als
Slapstickcomedies bezeichneten Werke war auch hier immer noch die
Dominanz der Musik und die entsprechende Unterordnung der
Handlungsdramaturgie. ,,Die Handlungen der Musical-Comedies waren meist

29
stereotyp, und immer standen die Einfälle der Komponisten, die Schlager, im
Mittelpunkt, und die Autoren führten ein verschämtes, zweitklassiges
Dasein"
44
. Weitere bekannte Stücke dieser Richtung waren No, No Nanette -
Caesar/Harbach, 1925; Stepping Stones, 1923 und Sitting Pretty, 1924 von
Jerome Kern. Obwohl die Präsenz der erfolgreichen Revuen (Ziegfeld-Follies
etc.) einen Durchbruch dieser komödiantischen Musical-Form
45
und anderer
neuer Kunstformen langfristig verhinderte, waren die Musical-Comedies dem
späteren Musical schon ein Stück nähergekommen. Zunächst aber mußten
Niveau und Anspruch der Maxime Unterhaltung, Nonsens und Amusement
weichen.
Show Boat - Der Wendepunkt in der Musical-Geschichte
Identifikationsverstärkende Aspekte eines Musicals
Der endgültige Wendepunkt in der Geschichte des Musicals wurde mit dem
1927 entstandenen Show Boat (UA 27.12.1927) von Jerome Kern und Oscar
Hammerstein II. gekennzeichnet.
Dieses von Florenz Ziegfeld jr. produzierte Werk war ein bedeutender
Meilenstein in der Entwicklung des Musicals, welches zurecht als erstes die
Bezeichnung ,,Musical" verdiente und auch ebenfalls berechtigterweise als das
erste gepriesene ,,Gesamtkunstwerk"
46
bezeichnet wurde.
Beschrieben werden die Zeit und die Schicksale der Unterhaltungsmacher auf
den Vergnügungsdampfern des Mississippi. Im Mittelpunkt stehen die Mulattin
Julia und der Spieler Gaylord Ravenal, die - durch ihre Lebensumstände
erzwungen - getrennt werden und nach Jahren der Trennung wieder
zusammenfinden. Show Boat setzte Maßstäbe für alle nachfolgenden Musicals
44
Bez, Helmut; Degenhardt, Jürgen; Hofmann, Hans Peter;
Musical ­ Geschichte und Werke; Berlin 1981, S. 24
45
In den neunziger Jahren erleben Musical-Comedy Shows eine Art Renaissance, in Form von
Revuen. Beispiele: Keep Cool ­ Rima/Schneider/Wachter, 1992
46
Weck; Sonderhoff, S. 48

30
und hatte Vorbildcharakter. Das auf der Romanvorlage von Edna Ferber
basierende Libretto von O. Hammerstein II. markierte einen Schlußpunkt hinter
der Zeit der inhaltlichen Oberflächlichkeit.
Die Qualitätsmerkmale, die dieses Werk auszeichnen, wurden bereits unter 2.4.
beschrieben, ergänzend dazu sollen noch folgende Anmerkungen und
Schlußfolgerungen, die speziell dieses Musical betreffen, aufgeführt werden.
Die Bearbeitung eines ernsten und zugleich heiklen Themas
(Rassenproblematik) in einem Musical war ein Novum, und der Erfolg dieses
Werkes zeigte damit auch zugleich die Akzeptanz des Publikums, sich einer
solchen Problematik anzunehmen. Auch zeigt dies wieder die Möglichkeit des
Genres Musical, Unterhaltung und Kritik zu vereinen.
Es ging um glaubwürdige Beziehungen, Schicksale, die das Publikum
nachvollziehen konnte. Es handelte von normalen Menschen, die
Identifikationsmöglichkeiten für das Publikum boten, keine Kunstfiguren,
sondern Figuren des Alltags. Zudem blieb die so lange vorherrschende banale
Comedy in diesem Stück außen vor.
Die Musik sprach den Geschmack und damaligen Zeitgeist an: ,,Jerome Kern
überwand in seiner Musik operettenhafte Züge mit volksliedartigen Songs wie
,,Ol` man river"
47
. Dieses ,,Ol` man river" ist übrigens, wie viele andere
Musical-Songs auch, so populär geworden, daß es zu einer Art amerikanischem
Volkslied avancierte
48
. Gerold Bordman bezeichnete
die Musik Kerns als
,,depended heavily on native patterns"
49
, also als eine sehr ,,amerikanische"
Musik, die allgemein auf eine große Resonanz stieß.
47
Bez; Degenhardt; Hofmann, S. 26
48
Viele Musical-Hits wurden so bekannt, daß sie zu weltweiten Evergreens wurden. ,,Leider
werden sie fast nie mit den Musicals, denen sie entsprungen sind, identifiziert." Weck;
Sonderhoff, S. 102. Das ist insofern bedauerlich, daß die Werke, denen die Hits entnommen
sind, nicht entsprechend zugeordnet werden können und somit viele Gesamtwerke unbekannt
bleiben.
49
Wilmeth, Don B.; Variety entertainment and outdoor amusements-
A reference guide, London 1982, S. 57

31
Weiterhin transportieren die Songs die Handlung logisch weiter, sind
dramaturgisch eingebunden, d. h. die handelnden Personen verfallen nicht
grundlos in Gesang.
Die Sprache in dem in seiner Wirklichkeitsbezogenheit dem Schauspiel
nähergerückten, Musical ist umgangssprachlich gestaltet. Dieser Aspekt der
sprachlichen Nähe zum Publikum trägt ebenfalls zu einer Bindung zur
Zuhörerschaft bei.
Die Autoren sind ,,native", d. h. rein amerikanischen Ursprungs. Auch diese
Tatsache kann zur stärkeren Bindung des Publikums beigetragen haben und
entspricht der nationalistisch gepägten Kulturideologie der Amerikaner.
Letztlich unterstützte auch der Spielort der Handlung, die USA, diesen Effekt.
Aus den hervorgehobenen Identifikationsmomenten sind folgende Schlüsse zu
ziehen: die Identifikationsbeziehung zwischen Publikum und Stück
unterstreicht den Unterhaltungswert des Musicals und dies auf einer sehr
subtilen Ebene: diese Form der Unterhaltung schafft Vertrautheit und
Verbundenheit des Publikums zum Werk, spricht insgeheim das Lebensgefühl
der Rezipienten an (siehe 3.4. -Drei wegweisende Theatermacher).
Der deutsche Textautor und Übersetzer zahlreicher fremdsprachiger Musicals
50
,
Dr. Michael Kunze, äußerte sich zu diesem Aspekt in einem Interview dazu
folgendermaßen: ,, Ein Musical [muß] im weitesten Sinne einen Zeitbezug
haben, musikalisch interessant sein [und] inhaltlich Menschen bewegen [...]. Ich
mache Musiktheater, weil das, was auf der Bühne passiert, aktuell sein sollte
[...]. [...] und ich sehe die große Chance, im Theater [dieses] Lebensgefühl
rüberzubringen"
51
. Diese Aussage Kunzes deckt sich meiner Meinung nach
letztlich mit dem, was Show Boat mit den oben genannten Punkten
wahrscheinlich bewirkt hat, nämlich in intensiver Weise die Menschen berührt
50
Dr. Michael Kunze war u. a. Textautor von Elisabeth, 1992, Sylvester Levay (Musik), sowie
Übersetzer von Sunset Boulevard.

32
und zugleich intellektuell angeregt, somit Identifikation geschaffen zu haben.
Die aufgeführten Aspekte bedingten den großen Erfolges dieses Stückes, was
zugleich inspirierend auf nachfolgende Autoren gewirkt hat. Ebenso zeigt
dieser Identifikationscharakter des Musicals Show Boat das mögliche Potential
des Genres Musical zur thematischen und persönlichen Auseinandersetzung.
Das bedeutet wiederum eine anspruchsvolle und auch kritische Art der
Unterhaltung.
Neben den oben aufgeführten Innovationen war das zusammenarbeitende
Teamwork eine absolute und wegweisende Neuheit und seitdem verpflichtend
für alle nachfolgenden Musical-Schöpfer: der Produzent Florenz Ziegfeld
inszenierte Show Boat gemeinsam mit dem Choreographen und bezog die
beiden Autoren Kern und Hammerstein II., die ihrerseits wiederum eng
zusammenarbeiteten, in die inszenatorische Produktion mit ein.
Mit dem Show Boat, dem ersten als Gesamtkunstwerk gepriesenen Musical und
all seinen verpflichtenden Erneuerungen, schien ,,der Broadway erwachsen und
ernsthaft geworden zu sein, denn Show Boat ist außerdem historisch genaues
Abbild einer Zeit, die Amerika nicht gerade zur Ehre gereicht"
52
.
Leider bewirkte dieses Werk nicht die erhoffte Initialzündung für die
Entwicklung des Musicals. Zwei Ereignisse sorgten in der Musical-
Entwicklung für eine kreative Stille. 1927 entstand der erste Ton-Film The
Jazz-Singer, mit Minstrel-Star Al Jolson in der Hauptrolle. Die Zeit der
Konkurrenz zwischen Bühne und Kino begann (siehe auch fünfziger Jahre).
Das neue Medium war attraktiver und zeitgemäßer für das Publikum. Diese
technische und mediale Innovation löste eine Krise am Broadway aus. Es gab
zunächst keine kreative Gegenwehr, und die Stars wanderten ab nach
51
Reinhardt, Angela; Interview mit Michael Kunze; in: musicals ­ Das Musicalmagazin;
Ausgabe Oktober/November 1997, Heft 67; S. 18-21, S. 20
52
Weck; Sonderhoff, S. 48

33
Hollwood, denn Hollywood bot höhere Gagen und bessere
Realisierungsmöglichkeiten.
Die zweite Krise setzte 1929 mit dem ,,Schwarzen Freitag" ein, dem Beginn der
Weltwirtschaftskrise.
Dreißiger Jahre
-
Weltwirtschaftkrise ­ negativer Einfluß auf Bühnenkultur und
gesellschaftliches Leben
-
Kino-Konkurrenz verschärft sich ­ Theater reagiert mit Qualität
-
George und Ira Gershwin: gesellschaftskritische Musicals Strike up the
band und Of thee I sing, 1931
-
Of thee I sing erhält Pulitzer-Preis ­stimulierende Wirkung und Belebung
der Musical-Kultur/Motivation für Musical-Autoren
-
George Gershwin und Kurt Weill ­ neue musikalische und inhaltliche
Qualität
-
Der Tanz (On your toes, 1937) wird als unverzichtbares künstlerisches
Element forciert
Die dritte Dekade dieses Jahrhunderts war geprägt von der
Weltwirtschaftskrise. Wirtschaftsunternehmen und somit auch Unternehmen
der Unterhaltungsindustrie standen am Rande des wirtschaftlichen Bankrotts.
Die Bühne hatte aufgrund der Existenzsorgen der Bevölkerung und somit
geringerer finanzieller Möglichkeiten des Publikums weniger Zulauf. Der
Broadway verlor zunehmend das Massenpublikum an die Kinos, in denen
Entertainment billiger angeboten wurde als in den Theatern. Die Theatermacher
suchten nach einer Antwort, um mithalten zu können, bzw. sich trotz der
wirtschaftlichen und politischen Notlage zu stabilisieren. Man mußte sich
besinnen und die dem Theater ureigenen Mittel aktivieren. Es begann die Zeit
der kreativen Auseinandersetzung. Produzenten und Verantwortliche stellten
einen Forderungskatalog auf, indem sie wieder mehr künstlerische

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1999
ISBN (eBook)
9783832453800
ISBN (Paperback)
9783838653808
Dateigröße
947 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hildesheim (Stiftung) – unbekannt
Note
1,5
Schlagworte
kommerz theater musical staatstheater stadttheater
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Titel: Zur Konjunktur des Musicals in Deutschland
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